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Kegelgrab und Opferstätte von Peccatel
bei Schwerin, Nr. 2.

Mit einer lithographischen Abbildung.

In Jahrb. IX, S. 369 - 378, ist die Aufdeckung eines sehr merkwürdigen Kegelgrabes zu Peccatel bei Schwerin beschrieben, eines der merkwürdigsten Kegelgräber, welche je in Deutschland aufgedeckt sind. Ebendaselbst S. 370 - 371 ist eines andern, größern Kegelgrabes gedacht, welches ganz nahe bei jenem liegt; an diesem haften bei den Bewohnern der umherliegenden Dörfer viele Sagen, von denen dort einige mitgetheilt sind. Der Hauptinhalt der Sagen ist folgender.

In dem Berge, welcher "Rummelsberg" genannt wird, wohnen die Unterirdischen, welche hier ihre vollständige Wirthschaft haben. Mitunter kommen sie auch ans Tageslicht und halten auf der Spitze des Hügels Tafel, wozu sie sich auch Kessel und andere Geräthe aus den andern Bergen leihen. Kommt ein Mensch dazu und nimmt etwas von der Tafel, so kann diese nicht eher verschwinden, als bis das Weggenommene wieder hingelegt ist. - Dies ist der Hauptinhalt einer Sage, welche vielfach gestaltet und ausgeschmückt bei dem Volke umhergetragen wird. Die Begriffe: Unterirdische, Tafel und Kessel, bilden aber die Hauptegriffe der Erzählungen.

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Die Berührung des Grabes war den Bewohnern des Dorfes Peccatel strenge untersagt. Nachdem aber der Dorfschulze gestorben war, hatte der Besitzer des Ackerstückes, auf welchem das Grab liegt, nicht nur den übrigen Bewohnern des Dorfes erlaubt, von dem Grabe Sand zu holen, sondern hatte auch selbst, bei wankenden Vermögensumständen, nach Schätzen in demselben geforscht, da das andere Grab so viel Ausbeute gegeben hatte. Er hatte bei diesen Untersuchungen mit einer Stange ein Steingewölbe in der Mitte des Grabes getroffen, war von oben herab hineingedrungen und zufällig gerade auf viele Bronzen gestoßen, welche er kaum hervorgeholt hatte, als die umherliegenden Steine in die Tiefe des Loches nachstürzten. In seinen Hoffnungen getäuscht, zeigte er bei dem großherzoglichen Domanial=Amte zu Schwerin den Fund als einen "zufällig am Rande des Hügels" gemachten an und lieferte die gefundenen Bronzen ein, um die Abtragung des Hügels auf Anderer Kosten zu erreichen und Theil an den in demselben enthaltenen Schätzen zu gewinnen, für welche, wie er in vollem Ernste versicherte, man das ganze Dorf kaufen könne. Unter solchen Umständen, da das Grab Aussicht auf wissenschaftlichen Gewinn eröffnete und vor unberufenen Händen nicht länger zu schützen war, mußte die Aufdeckung des Grabes vorgenommen werden. Ich begab mich daher sofort nach Peccatel, nahm die vorbereitenden Erdabgrabungen vor und deckte in Gegenwart und mit Hülfe des Herrn Dr. Beyer am 22. Novbr. 1845 alle Stellen auf, welche Gewinn verhießen. Geldeswerth und seltene Geräthe wurden auffallender Weise gar nicht gefunden, so sehr auch an manchen Stellen der Anschein dafür sprach; dagegen war der wissenschaftliche Gewinn sehr erheblich.

Der Hügel maß 120 Schritte im Umkreise und im Durchmesser 45 Schritte von Osten gegen Westen und 40 Schritte von Norden gegen Süden; er war in der Mitte ungefähr 10 Fuß hoch, von der Grundfläche der Aufthürmungen im Innern, und sehr rund und regelmäßig gewölbt, so daß er fast wie ein regelmäßiger Kugelabschnitt erschien; das ganze Erdreich, auf welchem der Hügel stand, schien von Natur etwas erhöhet zu sein. Er war, mit Ausnahme einzelner Steinsetzungen im Innern, ganz von Erde aufgeführt, deren Masse von den Arbeitern auf ungefähr 4000 vierspännige Fuder geschätzt ward. Der ganze Hügel bestand aus dem groben, lehmhaltigen Sande, aus welchem die ganze, durchaus flache Feldmark in der Tiefe unterhalb der Tragerde besteht, war jedoch an vielen Stellen verschieden gemischt.

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Da diese Masse zum völligen Abtragen zu groß war, so ward zuerst der Rand tief hinein abgetragen; dieser war nicht mit Steinen umsetzt, sondern ebenfalls nur von Sand gebildet; von Osten und Süden her ward der Hügel bis gegen die Mitte hin zum Theil abgetragen. Sodann ward ein großer Kreuzschnitt von Osten gegen Westen und von Süden gegen Norden bis auf den Urboden gemacht und von diesen Durchschnitten wurden Querdurchschnitte gegen die Ränder hin gemacht und endlich die meisten noch stehenden Theile in die Durchschnitte abgegraben. Es blieben nur einige Segmente, welche keinen Gewinn zu geben verhießen, nach den Rändern hin stehen.

Bei dem Durchschnitte von Osten gegen Westen ward auch der Hauptinhalt des Grabes bloß gelegt, indem genau in dieser Linie alles dasjenige stand, weshalb der Hügel vorzüglich aufgeführt zu sein schien.

Ungefähr in der Mitte des Grabes, etwas mehr gegen Osten hin, stand ein von großen Feldsteinen aufgeführtes Begräbniß, ungefähr ein Würfel von 5 Fuß. In der Tiefe lagen neben den zerbrannten starken Menschengebeinen die Trümmer von zwei Urnen, einer grobkörnigen, hellbraunen Urne und einem feinkörnigen, schwärzlichen Henkelgefäße. Neben diesen Urnentrümmern hatten die Alterthümer gelegen, welche von dem Bauer hervorgeholt und abgeliefert waren, nämlich:

ein Paar Handbergen aus Bronze, wie sie Frid. Franc. Tab. IV und Jahrb. IX, S. 329 abgebildet sind, vom Leichenbrande in sehr viele und verbogene Stücke zersprengt;

zwei gewundene, starke Kopf= oder Halsringe aus Bronze, wie Frid. Franc. Tab. X, Fig. 2, ebenfalls vom Leichenbrande in mehrere Stücke zersprengt;

fünf Handringe aus Bronze, ganz wie Frid. Franc. Tab. XXII, Fig. 7, vom Leichenbrande nicht zerstört;

ein sogenanntes Hütchen oder ein Buckel aus Bronze, von der Bildung wie Frid. Franc. Tab. XXIII, Fig. 10, jedoch ungewöhnlich groß, 4 " im Durchmesser der Platte und ungefähr 3" hoch, durch den Leichenbrand zersprengt und verbogen:

all diese Gegenstände haben starken Rost;

eine Büchse von Bronze, rund und mit plattem Boden und Deckel, wie die in Frid. Franc. Tab. XII, Fig. 3 und 4 abgebildeten, besonders aber wie die Fig. 4 abgebildete und ähnlich wie die in Jahrb. X, S. 281 abgebildete eingerichtet, nämlich

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Opferalter in einem Kegelgrabe zu Peckatel
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mit einem erhaben verzierten Boden, so daß die untere Seite die Hauptsache zu sein scheint, mit einem glatten, nicht verzierten Deckel, durch dessen Handhabe, so wie durch die beiden auf den Seitenrändern des Gefäßes stehenden Oehren ein Riegel gegangen ist, 4 " im Durchmesser und 1 1/2 " hoch, auf dem Boden sehr stark, auf dem Deckel fast gar nicht, auf den Seitenwänden sehr wenig gerostet; der Deckel ist defect, in der Seitenwand fehlt ein kleines Stück schon ursprünglich, eben so sind die Verzierungen eines Viertheils des Bodens durchbrochen gearbeitet: wahrscheinlich ist der Guß an diesen Stellen nicht gekommen und das ganze, sonst hübsche Gefäß bei der Einsetzung in den Hügel noch gar nicht ganz fertig gewesen; dem Leichenbrande ist die Büchse nicht ausgesetzt gewesen, eben so auch nicht

fünf fein durchbohrte Perlen oder Knöpfe von braunem Bernstein, abgeflacht und mit scharfen Rändern, von verschiedener Größe, 1 1/4 ", 1 ", 3/4 " und 1/2 " im Durchmesser und von verhältnißmäßiger Dicke, 3/4 " bis 1/4 " dick.

Genau in der Linie und in der Richtung von Osten gegen Westen stand ungefähr 10 Schritte westlich von der beschriebenen Begräbnißstelle bis gegen den westlichen Rand des Grabes ein Bau, dessen ganze Beschaffenheit und Regelmäßigkeit von der größten Merkwürdigkeit ist und offenbar einen gottesdienstlichen Zweck gehabt hat, um so mehr da von heidnischer Bestattungsweise unter diesem Bau keine Spur zu finden war. Als von oben hineingegraben ward, entstand die lebhafte Hoffnung, hier eine bedeutende Bestattung zu finden; aber die Hoffnung ward gänzlich getäuscht, jedoch durch eine sichere Ansicht ersetzt, welche sich nach völliger Bloßlegung als unzweifelhaft darstellte.

Die Mitte dieses Baues, welche durch eine beigeheftete lithographische Abbildung der frei gelegten Stelle in dem Durchschnitte des Grabes veranschaulicht ist, nahm ein Altar ein. Auf dem Urboden stand eine ganz regelmäßige, viereckige Erhöhung von 10 Fuß Länge, 10 Fuß Breite und 5 Fuß Höhe, in dem Niveau der Grundfläche des Begräbnisses; das ganze Erdreich schien aber vor dem Bau schon etwas erhöhet zu sein. Sie war ganz von dem gleichmäßigen, groben, lehmhaltigen Sande, aus welchem der umherliegende Acker besteht und welcher bei Aufthürmungen in den Seitenwänden fest steht, ohne irgend eine andere Beimischung, aufgeführt und mit einer doppelten oder dreifachen Lage ungefähr kopfgroßer Feldsteine bedeckt. Weder auf dem Urboden, noch in der Sandaufschüttung, noch auf der Steinbedeckung zeigte sich irgend eine Spur von Knochen oder Kohlen: das Ganze war völlig und durchaus rein. Oben auf stand zwischen einigen höher gestellten Steinen ein ziemliches geradewandiges,

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ungefähr 6 " hohes, schon zerbrochenes, thönernes Gefäß, welches am Rande mit 1 1/2 " hohen, aus weit von einander stehenden Augen o gebildeten Zickzacklinien verziert war, in dieser Form.

Linie auf einem Gefäß

Daneben scheint noch ein anderes thönernes Gefäß in Form einer niedrigen Schale gestanden zu haben, da sich Bruchstücke von dem scharfen Bauchrande eines Gefäßes fanden, welche nicht zu dem ersten Gefäße gehört haben können.

Die Arbeiter waren sehr erstaunt, hier wirklich "die Tafel der Unterirdischen" zu finden; die Verwunderung ward aber noch erhöhet, als sich bald darauf auch der "Kessel" fand.

Oestlich unmittelbar an dem Altare stand ein durchaus regelmäßiger, cirkelrunder Kessel von gebrannter Erde, von 3 Fuß Durchmesser und 2 Fuß Tiefe, mit dem Rande ungefähr 1 Fuß über die Oberfläche des Altars hervorragend. Er stand ebenfalls auf einem Unterbau von demselben lehmhaltigen Sande und war auf dem Boden mit kleinen Feldsteinen ausgelegt und außen mit kleinen Feldsteinen in Sand ummauert, so daß der ganze Kesselbau in dem äußern Rande einen Durchmesser von 5 Fuß hatte. Die Wände des Kessels selbst waren von demselben lehmhaltigen Sande aufgeführt, aus welchem der ganze Hügel bestand. Wegen der Lehmhaltigkeit wird dieser Sand vom Feuer roth gebrannt und fest stehend, durch langes Brennen und Aufnahme von Ruß und Harz aber kohlschwarz und so fest, daß er losen Ziegeln ähnelt 1 ). Der Kessel war an Ort und Stelle von diesem Sande aufgeführt und ausgebrannt; die Wände bildeten eine ungefähr 2" dicke, schwarze Masse, welche so fest war, daß sie mit Spaten abgehauen werden mußte; nach außen hin war der umkleidende Sand roth gefärbt. Das Innere des Kessels enthielt nichts Besonderes, sondern war bei der Aufschüttung des Hügels mit reinem Sande gefüllt worden. Auch der Unterbau enthielt nichts als reinen Sand.

Unmittelbar östlich an dem Kessel stand ein kleiner viereckiger Tisch oder Altar, an jeder Seite 5 Fuß lang, von der Höhe des großen Altars, ebenfalls von reinem Sande aufgeführt


1) Diese Bildungen dürften die ältesten Ziegel sein, um so zu sagen. Lehmziegel und den Brennofen, so wie den Kalk kannten die Germanen noch nicht: Tac. Germ. c. 16: "Ne caementorum quidem apud illos aut tegularum usus".
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und mit einer doppelten Lage von kleinen Steinen gepflastert. Auch diese Erhöhung enthielt nichts außer Sand und Steinen.

Unmittelbar westlich an dem großen Altare, bis gegen den westlichen Rand des ganzen Hügels, stand auf dem Urboden in kleinen Feldsteinen eine regelmäßige Mulde oder Wanne, ebenfalls aus schwarz gebranntem Sande, gegen 6 ' lang, 3 ' breit und in der Mitte gut 1 ' tief, mit sehr fest gebrannter, 3 " dicker Wand, welche ausgebrochen werden mußte und sich in Stücken sehr gut transportiren und aufbewahren ließ. Diese Mulde, deren oberer Rand 3 Fuß niedriger stand, als die Oberfläche des großen Altars, war ebenfalls an Ort und Stelle gebauet und ausgebrannt, ohne Zweifel durch wiederholten, heftigen Brand, weil sonst die Mulde nicht eine so große Dicke und Festigkeit erlangt haben würde. In dieser Mulde lag eine unverbrannte Leiche, nach Osten und dem Altare hinschauend, mit den Füßen östlich am Altare, mit dem Schädel westlich gegen den Rand des Grabes. Die Leiche war sorgfältig in die Mulde gelegt und lag daher mit dem Becken tief und mit Kopf und Füßen viel höher; das Gerippe nahm daher nur einen horizontalen Raum von 5 Fuß ein: Die Leiche war in schwarze Erde gepackt, welche vielleicht aus den nahen Wiesen, ehemals Erlenbrüchen, genommen ward und daher noch hin und wieder verkohlte Rinde zeigte; diese schwarze Erde, welche sonst nirgends in dem ganzen Hügel lag, zeigte sich schon bei dem ersten Spatenstiche in den Rasen des Grabes. Vielleicht war es Branderde; jedoch ließ sich dieses nicht mit Bestimmtheit ermitteln. Das Gerippe ließ sich in seiner regelmäßigen Lage und ganzen Beschaffenheit sehr klar erkennen, obgleich es so morsch war, wie es in alten Gräbern selten gefunden wird; der Schädel ließ sich zu Moder zerreiben, die starken Schenkelknochen ließen sich zum größern Theile herausholen. Von Alterthümern war auch hier nichts zu finden; einige Scherben von einem thönernen Gefäße lagen seitwärts. Kohlen zeigten sich nirgends.

Dieser ganze Bau ist in seiner Art einzig und merkwürdig 1 ). Unser Verein hat von jeher die gottesdienstliche Deutung der gewöhnlichen Geräthe und gewöhnlichen Steingräber verschmäht, und die Zeiten werden überhaupt vorüber sein, wo man jedes Steingrab für einen Opferaltar und jeden steinernen Keil für ein Opfermesser ausgab. Aber hier, in Gegenwart


1) Ungefähr zu derselben Zeit scheinen unsere eifrig forschenden Mitglieder v. Kardorf und Ritter ungefähr dieselbe Entdeckung in einem Grabe zu Groß=Methling gemacht zu haben, obgleich sie sich derselben noch nicht klar bewußt waren. Vgl. die folgende Aufgrabung.
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zweier Alterthumsforscher, welche nicht tumultuarisch in die Tiefe gruben, sondern mit Vorsicht und Ruhe erst den ganzen Bau umher völlig bloß legten und untersuchten, und in Gegenwart von 38 verständigen Arbeitern aus dem Bauerstande ist ein Irrthum unmöglich. Der Kessel und die Mulde standen stundenlang in den Wänden frei; sie wurden mit Haken und Spaten ausgeräumt; man stieg in sie hinein und sie konnten nur mit Mühe zertrümmert werden, als sie zur Untersuchung des Grundes entfernt werden mußten. Wir sind abgesagte Feinde einer jeden Hypothese, welche sich nicht auf Thatsachen begründen läßt; aber hier läßt sich zum ersten Male eine gottesdienstliche Deutung des Baues nicht abweisen. Der hier so genannte Altar wird wirklich ein Altar zum Schlachten des Opfers, die Leiche, welche zu den Füßen des Altars in der Mulde lag, vielleicht ein geopferter Sklave oder Kriegsgefangener gewesen sein 1 ), da man ihr nicht die Ehre der Verbrennung angethan hat. Der Kessel im Osten des Altars ist entweder als Wasserbehälter oder zu einem besondern Brandopfer, der verbrannten Hauptleiche gegenüber, benutzt worden. Der ganze Bau wird früher bloß gestanden haben und zum Todtencultus für die daneben verbrannten Leichen benutzt worden sein. Nach dem Aussterben eines Geschlechts oder dem Ende irgend einer Periode mögen denn alle Begräbnisse und der Altarbau zu Einem Hügel zugeschüttet worden sein.

Wir haben hier ohne Zweifel neben einem Begräbnisse eine Opferstätte, und zwar aus einer frühen Zeit der reinen Bronze=Periode, vielleicht die einzige, die bisher entdeckt worden ist. Denn die bisher für Opferstätten ausgegebenen großen Wälle mit vielen Topfscherben, Lehmstücken, Thierknochen, Metallschlacken etc. . sind durchaus nichts weiter, als wendische oder ältere Wohnstätten, Burgen oder Städte, namentlich die von Wagner bei Schlieben und sonst von ihm und andern entdeckten und vielfach beschriebenen Wälle in der Lausitz und Sachsen (vgl. Klemm German. Alterthsk. S. 106 flgd.), die von Kalina von Jäthenstein weitläuftig beschrie=


1) Tac. Ann. I, c. 61: "Lucis propinquie barbarae arae, apud quos tribunos ac primorum ordinorum centuriones mactaverant". - Grimm R. A. I, S. 344: "Auch bei Begräbnissen und Verbrennungen edler Herren und Frauen wurden Knechte mit getödtet". - Nach einer Urkunde vom J. 1249 in Dreger Cod. dipl. Pom. p. 290 wurden noch damals von den Preußen Menschen und Pferde mit den Todten begraben: "Porro neophiti (Prussiae), "specialiter autem illi de Pomezania, Warmia et Natangia - - promiserunt, quod ipsi et heredes eorum in mortuis comburendis uel subterrandis cum equis siue homiuibus vel cum armis seu vestibus vel quibuscunque aliis preciosis rebus - - de cetero non seruabunt".
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benen, in Böhmen aufgefundenen Fundstätten von Scherben, Knochen etc. ., die am Harze, ja selbst in Meklenburg in der Ravensburg bei Neubrandenburg aufgegrabenen Umwallungen (vgl. Jahresber. V, S. 110 flgd.) Alle Wälle sind den historisch nachweisbaren und untersuchten, aus dem 12. Jahrhundert stammenden, wendischen Burgwällen zu Meklenburg, Werle, Ilow, Dobbin etc. . (vgl. Jahrb. VI und VII) völlig gleich; ja einige dieser sogenannten Opferstätten Mitteldeutschlands und Böhmens sind nichts weiter als mittelalterliche Burgplätze, wie der große Burgwall von Prillwitz in Meklenburg.

Die Bedeutsamkeit des oben beschriebenen Fundes von Peccatel wird durch den Inhalt des unmittelbar bei diesem Grabe aufgedeckten andern Grabes außerordentlich erhöhet. Die in diesem gefundene, auf einem Wagen stehende Bronzevase (vgl. Jahrb. IX, S. 372 flgd.) ist ohne Zweifel ein gottesdienstliches Geräth, welches vielleicht einem Priester angehörte. Beide neben einander stehende Gräber scheinen derselben Zeit anzugehören.

Früher war die ganze Gegend dieser Gräber ganz mit Wald bedeckt; noch seit Menschengedenken ist in der Nähe der Gräber viel Holz abgeräumt. Zwischen den Steinen in der Tiefe dieses Grabes fanden sich oft Reste uralter Baumwurzeln.

Wie es gewöhnlich in großen Gräbern der Fall ist, fanden sich in dem Hügel zerstreut noch mehrere Begräbnisse.

Nicht weit vom Rande gegen Südwesten war eine Brandstätte. Auf derselben stand eine große Urne, welche ganz zertrümmert war, und unter einem großen, flachen Steine ein fast ganz erhaltenes kleines Thongefäß, 2 1/2 " hoch, ungefähr wie das oben S. 362 abgebildete, mit aschenhaltigem Sande. Andere Alterthümer wurden nicht gefunden.

Nahe dabei gegen Südost fanden sich wieder Kohlen und zwei größere Urnen, welche ebenfalls zertrümmert waren.

Nicht weit vom nordöstlichen Rande des Grabes fand sich neben Urnenscherben eine mit edlem Rost bedeckte, zerbrochene, kleine Pincette aus Bronze.

Mehr nach dem Hügel hinein, nordöstlich in der Nähe des mittlern Hauptbegräbnisses, fand sich ein sehr feiner gewundener Halsring und ein sauber gearbeiteter, feiner Handring, beide aus Bronze und zerbrochen.

G. C. F. Lisch.