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Die Kirchen des Landes Stargard.

Für den, der die Kirchen in dem jetzigen Großherzogthume Meklenburg=Schwerin kennt, sind die Kirchen in dem meklenburg=strelitzischen Lande Stargard eine auffallende Erscheinung, um so mehr, als der Uebergang von einem Baustile zum andern auf der Landesgrenze ohne Vermittelung fast plötzlich ist. Während die Kirchen in Meklenburg=Schwerin vorherrschend aus Ziegeln und nach Zeiten und Ansichten der Baumeister in den mannigfältigsten Formen und Größen und fast immer individuell und sinnreich erbauet sind, haben die Granit=Kirchen des Landes Stargard fast eine und dieselbe Gestalt, so daß sie sich summarisch behandeln und ohne Nachteil unter Einen Baustil zusammenbringen lassen.

Dagegen ist es wieder überraschend, daß im Stargardischen in der Regel jedes Dorf oder Landgut, möge es eine Pfarre haben oder nicht, eine Kirche besitzt, während im Meklenburg=Schwerinschen gewöhnlich nur am Orte der Pfarre und hin und wieder in einem andern Dorfe der Gemeinde eine Filial=Kirche steht, also bei weitem die wenigsten Ortschaften Kirchen besitzen.

Diese Wahrnehmung über den Bau der Kirchen im Lande Stargard läßt sich wenigstens an den meisten Kirchen im nördlichen Theile des Landes machen, namentlich an den

  Kirchen
  zu Reddemin, Neverin, Staven, Roga,
  Dahlen, Salow, Lübberstorf, Broma,
  Golm, Holzendorf, Helpte, Käbelich,
  Cölpin, Teschendorf und Warbende,

welche unmittelbar hinter einander von dem Berichterstatter unter freundlicher Beförderung und Begleitung des Herrn Reichsfreiherrn A. von Maltzan auf Peutsch untersucht sind.

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Bei weitem die meisten Kirchen des Landes bilden nämlich ein einfaches Oblongum mit rechtwinklig angesetzter grader Altarwand, ohne äußere Gliederungen, Strebepfeiler und Ausbaue; die Glocken hangen sehr häufig in einem neben der Kirche gehenden, niedrigen Glockenstuhle, selbst oft wenn Thürme da sind. Der ganze Bau dieser Kirchen besteht aus sorgfältig gewählten und an den Wandecken behauenen Granitblöcken; Sockel, Ecken und Pforten sind aus sorgfältig und in künstlerischen Linien behauenen Graniten ausgeführt, besonders sind die Pforten schön und sorgfältig errichtet; die Fensteröffnungen sind mit Ziegeln ausgekleidet. Kalktünch bedeckt von innen und außen die Kirchen. Die Fenster sind schmal, ohne Gliederungen schräge eingehend, im Uebergangsstyle leise gespitzt; am häufigsten stehen in der Altarwand drei, und in jeder Seitenwand, nach der Größe der Kirche, drei oder zwei mal drei Fenster. Gewölbe sind selten zu finden. Charakteristisch für den Styl ist die Wölbung der Kirche zu Lübberstorf, welche mit zwei Gewölben, je einem für Chor und Schiff, bedeckt ist: der Gewölbeschluß besteht nämlich aus einem großen Reliefkreise, von welchem 8 Rippen hinablaufen; diese Gewölbe finden wir auch in den aus der Zeit des Uebergangsstyls stammenden Kirchen zwischen Sternberg, Güstrow und Schwan (vgl. Jahresber. VIII, S. 102 und oben S. 310).

Alle diese charakteristischen Merkmale sprechen dafür, daß die Kirchen des Landes Stargard zur Zeit des Uebergangsstyls, etwa seit der Besitznahme des Landes durch die Markgrafen von Brandenburg nach dem Vertrage von Kremmen vom J. 1236, und zwar nach märkischen Mustern, erbauet sind, da sich Kirchen dieses Styls auch in der Mark öfter finden; jedenfalls sind alle diese Kirchen zu einer und derselben Zeit gebauet und die ersten steinernen Kirchen der Gemeinden. Noch die größere Kirche der im J. 1248 gegründeten Stadt Friedland hat eine Pforte von behauenem Granit, wie die genannten Landkirchen, obgleich sie von Ziegeln erbauet ist.

Ebenfalls für diese Zeit des Baues redet noch die Kirche zu Golm, welche im Schiffe noch Ansätze zu 2 Gewölben neben einander und daher auch in der Altarwand zwei Fenster hat; vgl. Jahresber. VII, S. 124 und 127.

Die größte und fast einzige Zierde dieser Kirchen sind die oft sehr schön construirten Pforten aus behauenen Granitquadern. Häufig sind sie nur einfach, jedoch oft auch gegliedert, und zwar in drei rechteckigen, eingehenden Gliederungen. Eine der schönsten und am schärfsten ausgeprägten Kirchen ist die

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Kirche zu Dahlen. Die Pforte im Thurme hat eine dreifache, rechteckige Gliederung; die innere und äußere sind aus behauenem Granit, die mittlere aus großen Ziegelstücken mit sehr kräftig und schön modellirtem Laubgewinde über den ganzen Bogen. Außerdem hat die Kirche in der Südwand noch zwei kleinere Pforten im Uebergangsstyl, von denen die westliche Kapitäler aus eingesetzten Reliefziegeln hat.-Ganz dieselbe dreifach gegliederte Thurmpforte aus Granit und Ziegel mit demselben Laubgewinde hat die Kirche zu Holzendorf.

Die Kirche zu Holzendorf hat übrigens außer dieser Pforte nichts dem Bau der übrigen Kirchen Aehnliches; sie ist nämlich ganz, auch im Thurme, von Ziegeln gebauet, hat auch, außer der Thurmpforte, Kirchenpforten aus Ziegeln, etwas weitere, jedoch noch einfache Fenster und Strebepfeiler.

Die Kirche zu Staven hat eine Eigenthümlichkeit, welche sich noch an andern Kirchen des Landes finden soll. Obgleich die Kirche aus Granit ist, so hat sie doch im Aeußern zwischen den Seitenfenstern und am Westgiebel mit Ziegeln ausgemauerte Nischen, welche in zwei Rundbogen gewölbt sind, die im Zusammenstoßen auf einem Tragsteine ruhen.

Aeußerst arm sind die stargardischen Kirchen an alten Geräthen und Denkmälern. Alte Taufkessel (Fünten) finden sich zu Lübberstorf (zerbrochen), Broma und Dahlen, letzterer mit starken Gesichtern verziert, wie die Fünte von Rülow (vgl. Jahresber. V, S. 123), welche jetzt im Schloßgarten zu Neustrelitz aufgestellt ist (vgl. Gentzen Verzeichniß der Gegenstände, um welche das Georgium zu Neustrelitz vermehrt ist, 1843, S. 4). Alte halbmuldenförmig ausghöhlte Weihkessel aus Granit (oder zu Weihkesseln benutzte heidnische Handmühlen?) finden sich an den Kirchen zu Wanzka, Helpte und Warbende. Geschnitzte Altäre sind selten und ohne Bedeutsamkeit; ein altes Bild der schmerzensreichen Mutter Maria (Maria tôr lâdinge) liegt noch im Thurme zu Salow.

Auf den Glocken ist nichts von Bedeutung bemerkt. Von Interesse könnten 2 Glocken zu Staven sein, beide mit gleichen Inschriften:

auf der einen Seite:

JOGIM FRIEDERICH CANS FÜRSTLICHER MECKLENBURGISCHER OBER UND GEHEIMBTEN RATHS PRAESIDENT HAT DIESE KLOCKE UMBGIESSEN LASSEN DATUM DEN 14 JUNIUS 1690.

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auf der andern Seite:

oben:

SOLLI DEO GLORIA

unten:

M. VITES SIEBENBAUM GOSS MICH IN SCHWERIN.

G. C. F. Lisch.