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Kupfernes Pferdebild von Varchentin.

Der Herr Dr. Jenning zu Stavenhagen hat ein kleines Pferdebild geschenkt, welches sichern Erkundigungen zufolge vor mehreren Jahren zu Varchentin bei Stavenhagen beim Mergelgraben in einer kleinen Steinkiste zwischen den Scherben einer zertrümmerten Urne gefunden ist. Das Bild ist vorne gut 1 1/2 ", hinten nur 5/8 " hoch und ungefähr 2 " lang. Es ist einfach und roh gearbeitet; die Beine sind zusammengegossen und nur unten an der Stelle der Füße getrennt und auseinander gebogen; die vordern Beine sind noch einmal so hoch, als die hintern; die Ohren stehen wie kleine Hörner aufwärts;

Kupfernes Pferdebild von Varchentin

ein Schwanz fehlt. Der Rost ist nur leicht. Dicht unter dem Kopfe ist der Hals durchbohrt und das regelmäßige Loch zeigt Spuren, daß das Bild an einem Ringe getragen ist. Der Leib des Ringes ist voll gegossen und aus rothem Kupfer, die Ohren sind jedoch aus Bronze.

Die Verbreitung und Bedeutung solcher Thierbilder ist noch sehr wenig zur Sprache gekommen. In Meklenburg=Schwerin ist unser varchentiner Bild das erste, welches bekannt geworden ist. - In der großherzoglichen Sammlung zu Neustrelitz werden 3 gleich große Bilder ähnlichen Styls aufbewahrt; eines von diesen ist zu Warbende beim Pflügen gefunden, der Fundort der andern ist nicht bekannt. Diese 3 Bilder sind offenbar Stierbilder, nach ihrer kurzen, gedrungenen Gestalt und den langen Hörnern. Alle drei sind voll aus Bronze gegossen und alt; namentlich hat das bei Warbende gefundene schönen edlen Rost. Ein viertes, ganz gleiches Exemplar eines kleinen Stierbildes ward, nach den zuverlässigen Mittheilungen des Herrn Gymnasiallehrers Masch zu Neu=Ruppin, der dasselbe mehrere Male gezeichnet und auch dem Vereine eine Zeichnung geschenkt hat, dem längst verstorbenen Kammerrath Mende zu Neustrelitz gebracht; dasselbe war zu Rödlin

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bei Neustrelitz beim Pflügen unter einer Menge kleiner, feiner Knöchelchen gefunden. Der Drath, der die Hörner bildete, war in einem Loche beweglich. Nach Mende's Tode ward das Bild mit dessen Münzsammlung in Dresden verkauft. - In der Sammlung des Herrn Grafen von Zieten auf Wustrau bei Neu=Ruppin befindet sich ein gleich großes metallenes Bild, welches nach dem langen, runden Leibe, dem langen Rüssel, der Stellung der Beine und dem Mangel an Hörnern einem Schweine gleicht. Der Fundort ist unbekannt. - Bei Schlieben ward in der Urne eines Grabhügels ein dem varchentiner ähnliches Pferdebild gefunden, welches jetzt in der Sammlung vaterländischer Altertümer zu Berlin aufbewahrt wird; vergl. Klemm Handbuch der germanischen Alterthumskunde S. 366 und Abbildung T. XXII, und Bericht der deutschen Gesellschaft in Leipzig, 1831, S. 8 flgd. und Abbildung Fig. 1. - Klemm besitzt nach seiner Mittheilung a. a. O., Not. 5, zwei dem schliebenschen ähnliche Pferdebilder, welche auf dem Rücken ein Oehr haben.

Dies sind, so weit unsere Nachrichten reichen, die bisher bekannt gewordenen, in Norddeutschland gefundenen Thierbilder. Alle sind von gleicher Arbeit und gleichem Styl und gehören offenbar einer sehr alten Zeit an. Der edle Rost, welchen mehrere tragen, weiset sie in die Zeit der reinen Kegelgräber aus der Bronze=Periode zurück, und zwar in eine sehr frühe Zeit derselben, da unser varchentiner Bild noch aus rothem Kupfer gegossen, die Ohren aber später aus Bronze angesetzt sind. Die Bildungen sind Stiere oder Pferde, eines vielleicht auch ein Eber, also Darstellungen heiliger Thiere der Germanen. Offenbar waren es Votivbilder oder vielmehr Amulete, da die meisten zum Tragen eingerichtet und alle sehr klein und von derselben Größe sind.

G. C. F. Lisch.