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6.

Die Stiftung der Stadt Neustadt.

Die Stiftung der Stadt Neustadt ist für die Geschichte der meklenburgischen Lande nicht unwichtig, schon z. B. um die Besitzungen der Grafen von Schwerin und Danneberg scheiden und erkennen zu können. Die erste Spur von dieser Stadt finden die meklenburgischen Geschichtsforscher bisher im J. 1291, in einer wichtigen Urkunde, welche vom 2. August 1291 zu Neustadt datirt ist (datum in Noua Ciuitate):

vergl. Rudloff Urk. Lief. Nr. L. Demgemäß hat auch Rudloff in seiner Gesch. der Grafen von Danneberg, S. 36, und in seiner meklenb. Gesch. II, S. 120, die Stiftung der Stadt ungefähr um diese Zeit, und zwar durch die Grafen von Schwerin, angenommen, und ihm sind bisher alle Geschichtschreiber gefolgt. Der Ursprung der Stadt geht jedoch weit höher hinauf.

Um aber die Untersuchung mit vollständiger Gewißheit führen zu können, muß zuvor bemerkt werden, daß der Name Neustadt (Noua Civitas) nicht völlig sicher leitet, da es scheint, daß die Grafen von Schwerin mit diesem Namen öfter auch die Neustadt von Schwerin bezeichnet haben, namentlich in Urkunden, in denen von der Altstadt Schwerin die Rede ist. Die Stadt Neustadt an der Elde führte dagegen den eigenthümlichen Namen Gleve, auch Chlewe. Dies läßt sich um so weniger bezweifeln, als auch das erste, wenigstens aus der Mitte des 13. Jahrh. stammende große Siegel dieser Stadt in der Umschrift:

Umschrift

auch diesen Namen führt. Die Untersuchung hat daher nur dort eine sichere Grundlage, wo die Stadt den Namen "Neustadt Gleve" führt. Ist auf diesem Wege die Gründung der Stadt festgestellt, so läßt sich aus Nebenumständen dann auch bestimmen, ob diese Stadt dort gemeint sei, wo bloß eine "Neustadt" genannt wird.

Die erste bisher bekannt gewordene Original=Schrift, in welcher Gleve vorkommt, ist eine in Lisch Urk. z. Gesch. des Geschl. Maltzan, I, Nr. XLIV, gedruckte Urkunde, durch welche der Graf Guncelin von Schwerin die Stiftung einer Vicarei in seiner Neuen Stadt Gleve (in Noua Ciuitate nostra Glewe) bestätigt. Im Laufe des 14. Jahrhunderts kommt nun der Name Glewe noch öfter vor. So heißt es in zwei eldenaer Urkunden vom J. 1353: Datum in Noua ciuitate Chlewe und Ghlewe, und ciues

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in Noua Ciuitate Chlewe, und noch im J. 1375 heißt es:

ghude lubesche pennighe, also to Grabow edder to der Nigenstat to deme Glewen ghenghe vnde gheue sint.

Nach diesem untrüglichen Zeichen ist aber die Stadt Neustadt viel älter, als bisher angegeben ist. In dem lübeckischen Urkundenbuch I, Nr. CXCVI, ist nämlich ein Brief abgedruckt 1 ), in welchem die Grafen Bernhard und Adolf von Danneberg den Rath von Lübeck bitten, zwei Männer nach der "Neuen Stadt Chlewa" (ad Nouam Ciuitatem Chlewa) zu schicken. Der Brief ist zwar nicht datirt, aber ein anderer zu gleicher Zeit ausgestellter Brief derselben Grafen (Nr. CXCV) ist vom Mai 1253 datirt und ein dritter, auch nicht datirter Brief (CXCIV) giebt Veranlassung, die Urkunde in das J. 1253 zu setzen. Die Urkunde wird auch nach den Ausstellern in diese Zeit fallen, da die Grafen und Brüder Bernhard I. 1230-1264 und Adolf I. 1248-1269 regierten und die datirte Urkunde vom Mai 1253 dieselbe Bezeichnung der Aussteller hat. Uebrigens kommen Bernhard II. 1271-1292, Bernhard III. 1273 und Adolf II. 1270 († vor 1290) vor; jedoch können diese nicht gemeint sein. Daß von den Herausgebern der lübeckischen Urkunden der zweite Graf: Albert, statt Adolf, genannt ist, ist ein Versehen, welches in den Berichtigungen verbessert wird; unter den Grafen von Danneberg kommt der Name Albert gar nicht vor.

Es leidet also keinen Zweifel, daß die Neustadt Glewe schon im J. 1253 gegründet war; und hierauf deutet auch der Styl des alten Stadtsiegels hin.

Hiernach wird es denn erlaubt sein, mehrere alte Stellen, in welchen nur von einer Neustadt die Rede ist, auf die Neustadt Glewe zu deuten. Im J. 1248 stellt der Graf Guncelin von Schwerin dem Kloster Zarrentin eine Urkunde aus: Datum apud Nouam Ciuitatem, und im J. 1251 kommt in einer zarrentiner Urkunde bei demselben Grafen als Zeuge vor: Bernardus plebanus Noue Ciuitatis.

Es steht nun noch zur Frage, ob die Stadt Neustadt zur Grafschaft Schwerin oder zur Grafschaft Danneberg gehört habe. Nach den früher bekannt gewordenen Urkunden kommt die Stadt als eine Stadt der Grafen von Schwerin vor. Grade vom J. 1291 an konnte sie nur durch Vertrag an diese übergegangen sein. Nach der lübecker Urkunde vom J. 1253 scheint sie aber


1) Vergl. unten Urkunden=Sammlung.
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von je her zu der Grafschaft Schwerin gehört zu haben. In dieser

bitten nämlich die Grafen von Danneberg die Stadt Lübeck, ihnen zwei Männer der Stadt unter ihrem Geleite zu schicken, und wenn sie dieselben zu ihnen abzusenden fürchten sollten, sie nach Neustadt Chlewe zu senden, damit die Grafen sie unter sicherem Geleite in ihr Land führen könnten. (Mandamus etiam vestre vniversitati, - - nobis duos homines de uestra ciuitate sub nostro ducatu transmittatis, et si forte ipsos ad nos transmittere formidatis, petimus tamen, ut ipsos ad Nouam Ciuitatem Chlewa mittatis: nos ipsos ad nostram terram in bona custodia ducemus.)

Hier ist offenbar die Neustadt Glewe als außerhalb der Grafschaft Danneberg liegend bezeichnet und deshalb wird sie sicher zur Grafschaft Schwerin gehört haben; und daher wird es denn auch erklärlich, daß die Grafen von Schwerin im 13. Jahrh. öfter in und bei Neustadt erscheinen.

G. C. F. Lisch.