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2.

Die Einziehung der Güter der Selbstmörder.

Ueber die in den Jahrbüchern, Bd. I, S. 175-76, berührte Einziehung der Güter eines Selbstmörders haben sich weitere Archiv=Nachrichten gefunden, welche diesen landesüblichen Rechtsgebrauch bestätigen, auch dessen Geltung noch etwas näher bestimmen.

Im J. 1521 ward vom Herzoge Heinrich von Meklenburg an seinen Bruder Herzog Albrecht berichtet:

Beke Grundtgriper (zu Parchim) habe angezeigt: ihr Bruder hätte sein Leben im Gefängnisse geendigt, indem er wegen Verbrechen heimlich habe gestraft werden sollen. Des Herzogs Albrecht Beamte zu Lübz hätten aber "von deswegen das derselbe ire bruder, als gesagt werden wolde, aus Mismut im gefengnus sein leben selbest geendiget", sich unterstanden, in der gemeinschaftlichen Stadt Parchim nicht bloß ihres Bruders, sondern auch ihr Vermögen an sich zu nehmen, namentlich die beweglichen Güter in einer verschlossenen Lade. Der Herzog Heinrich bat deshalb, zu erwägen, "das die rechte soliche anders wollen"; möge Grundtgriper im Gefängniß ein Selbstmörder geworden sein, so könnten deshalb "der armen frawen gutter, ir alleine oder zu iren anpart zustendig, derhalben nicht angegriffen werden"; wären ferner des Grundtgriper Güter verwirkt "vnd die obirkeyt dorzu berechtiget" so habe er, Herzog Heinrich, gleiche Rechte an selbige, da die Stadt Parchim und "die Gerichte vbir den Adel, darran Grundtgriper gewest" gemeinschaftlich seien. Schließlich ersuchte Herzog Heinrich seinen Bruder, die genommenen Güter wieder zur Stelle zu schaffen, bis man sich verglichen, was hinsichtlich derselben billig und recht sei, damit keiner "derhalben vorkortzt" werde.

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Hierauf erwiederte Herzog Albrecht von Meklenburg, d. d. Wismar Montag nach Concept. Mariä 1521: er "halte es gentzlich darfur" was seine Amtleute zu Lübz in dieser Sache gehandelt, daß sie "solchs nach gelegenheit wol wissenn zue vorantworten" etc.

Henneke Smedes oder Smedt, ein Straßenräuber, aus Lage, ward im J. 1525 ergriffen und, wie es scheint, zu Güstrow in peinliche Untersuchung genommen. Er tödtete sich aber selbst im Gefängnisse. Es berichtet dieserhalb (der Vogt?) Hans Rathsten, d. d. Güstrow, am Abend Michaelis 1525, an den Herzog Heinrich von Meklenburg:

"Ick screff J. F. G. inme Jungesthen to Rostock van de nagelaten guderen Hennicke Smedes, na deme he sick suluest to dode brachte. G. H. so screff ick ehm syne schulde, weß he noch vthgande hadde, so wil syne Husfrowe vnd syn broder de scrift van my hebben, vnd ick der se em nicht don. G. H. so J. F. G. wolden ehm de guder loß geuen, mosten se jo tom ryngesthen 1 tunne Rotschar vthgeuen , wente J. F. G. moste jo 1 gulden geuen den bodel; ock ath vnd dranck he wol XI wecken. G. H. weß J. F. G. nv inne guthgeduchte, my scriflick J. F. G. mochten vormelden." -

Daß noch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. der Gebrauch geltend war, scheint die folgende Stelle des Bruch=Registers des Stadtvogtes zu Parchim vom J. 1568 zu beweisen: "Anno 68 in der Vastenn hat sich ein weib gehangenn; das guth ahn mich genohmmen, dauon gemachet 11 fl. 5 ßl."

Es ist zu bemerken, daß die Bambergensis (edit. Rostock 1510, hoch 4., mit Holzschnitten) Tit.: "Straffe eyghener dodynge" folgende Bestimmung hierüber hat:

"Item wener eyn man beclaget vnde in recht gefordert wert, dar dorch (so he ouerwunen de d oe t vorschuldet, edder vth frochten syner myssed ae t, syck sulues dodet, de schal neyne eruen hebben; wu syk ouers eyner buten vorgemelten orsaken, sunder vth kranckheyt synes liues edder gebrekliheyt der synne, sik sulues dodet, dessulfften eruen scholen an erer erueschop nicht gehyndert werden etc.

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Schon das römische Recht unterscheidet (ff. 1. 3, §. 4, 6, 7, de bonis eorum, qui ante sentent. Nov. 134, c. ult.) in ähnlicher Art, wie Art. 135 der P. H. G. O. Nach der Glosse zu B. II, A. 3 des sächsischen Landrechts sollen die Leichname der Selbstmörder verbrannt werden; schimpfliche Bestattung derselben ward in Deutschland gemeinrechtlich. -

In Livland fand um d. J. 1700 eine Einziehung der Güter von Selbstmördern nicht mehr statt; doch ward der Leichnam vom Büttel nach dem Morast gebracht und im Moos vergraben, vor jener Zeit aber verbrannt. War die That in Tiefsinn oder Krankheit geschehen, so fand Vergraben auf dem Kirchhofe nordwärts am Zaun ohne Feier statt. (Vgl. Mittheilungen aus dem Gebiete der Geschichte Liv=, Ehst= und Kurlands, Bd. II, S. 65.)

Uebrigens erwähnen die meklenburgischen Polizei=Ordnungen des 16. Jahrh. nirgends des obigen Rechtsgebrauchs, obgleich die P. O. von 1562 und 1572 sich über die "Erbschaften und wie einer fur dem andern zu dem Erbe gelassen werde", weitläuftig verbreiten. Gegen das Ende heißt es hier nur: "Also wollen wir auch, wann sich hinfuhro Erbfälle zutragen möchten, so aus vorgesatzten Bericht nicht könnten entschieden oder darunter begriffen werden, so soll darin nach gemeinen Kayser=Rechten geurtheilet und gesprochen werden". Eben so wenig scheint sonstig jemals in Meklenburg eine besondere gesetzliche Bestimmung über die Einziehung der Güter der Selbstmörder erlassen zu sein.

Auch die "Formula, wie das Fahrgericht in Wismar zu halten", Wismar, 1686, 4. deutet nicht auf eine solche Bestimmung hin, obgleich hier wiederholt von dem Verfahren mit Selbstmördern die Rede ist und namentlich festgesetzt wird, daß die Körper von Ruchlosen, die sich wegen Verbrechen entleiben, von dem Frohn im Felde eingescharrt werden sollen.

Schwerin.

A. F. W. Glöckler.