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Urnen von Böhlendorf.

Zu Böhlendorf bei Sülz war eine unebene Wiese, etwa 240 []Ruthen groß, mit dem Erdboden umher ungefähr in gleichem Niveau. Die Wiese enthielt Moder, welcher 25 Fuß tief reichte und aus verfaulten Wasserpflanzen bestand, welche noch in der größten Tiefe zu erkennen waren. Das Feld umher ist, wie die ganze Gegend, flach; der Boden um die Wiese hat eine eigenthümliche Schwärze, als wenn dort früher Wohnungen gestanden hätten. Der Moder ward aus der Wiese herausgefahren, welche jetzt ein 25 Fuß tiefes Wasserloch bildet.

An der tiefsten Stelle des Moderloches, nahe am Boden, ward

1) eine größere Urne gefunden, von kugeliger Gestalt, mit etwas eingezogenem senkrechten Halse und zwei kleinen Henkeln dicht unter dem Halse. Das ganze Gefäß ist 7 ", der Rand 1 1/2" hoch, die Bauchweite ungefähr 7 ", die Weite des Halses 3 1/2". Die Masse ist mit Glimmer und stark mit Kiessand durchknetet und von schwärzlicher Farbe.

Daneben lagen die Scherben von 2 bis 3 Urnen, dem Anscheine nach von ähnlicher Form und Masse. Eine Scherbe von einer Urne ist sehr stark, hat einen starken, jedoch engen Henkel und eine so weite Bauchung, daß das Gefäß wenigstens 13 " im Durchmesser gehabt haben muß. Angebranntes Holz lag unter der Urne und den Scherben und in der Nähe.

2) Eine kleinere Urne, in allen Dimensionen etwas kleiner, von ähnlicher Gestalt, jedoch mehr abgerundet in den Uebergängen und schlanker, auch mit zwei kleinen Henkeln, lag etwa 6 bis 8 Fuß von der größern entfernt auf der tiefsten Stelle. Umher lagen ebenfalls Scherben von mehrern ähnlichen Gefäßen, auch angebrannte Holzstücke.

Nach Form, Masse und Farbe scheinen die Urnen der letzten Zeit der Bronze=Periode anzugehören.

Die beiden Urnen kamen zuerst in die Hände des Herrn Geheimen=Amtsraths Koch zu Sülz. Demselben fiel der Geruch der kleinern Urne auf und es fand sich kohliger Inhalt in derselben; in der größern Urne fand sich auch noch etwas, jedoch weniger von derselben Masse, da dies Gefäß von den Arbeitern

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beim Finden ausgewaschen war. Der Inhalt der kleinern Urne ist offenbar übergekocht gewesen, da die Masse an einer Seite außen übergeflossen ist. Der Herr G.=A.=R. Koch nahm mit dem Herrn Apotheker Bock eine Untersuchung des Inhalts vor, welche folgendes Resultat gab: "Geruch: wie von russischen Juften. Bruch der kohligen Substanz: glänzend. Ins Licht gehalten knistert sie stark, brennt nicht hell, zeigt aber ein Vergehen und Schmelzen mit starkem Geruch. Auf Platinablech geglüht bläht sie sich stark auf, verbrennt mit heller Flamme und sintert in eine kleine Kohle zusammen. Wenn sie ausgelaugt wird, reagirt die Lauge nicht alkalisch, sondern als Säure, ergiebt viel Salzsäure, weniger Schwefelsäure. Substanzen, welche als die kohlige Masse gedacht werden konnten, wie Blutkohle, Benzoe, Bernstein, zeigten nach vorgenommener Verkohlung nichts ähnliches. Fichtenholz, geglüht und verkohlt, gab dagegen eine Kohle von ganz ähnlichem Verhalten und Geruch. Es scheint demnach, als bestände die in der Urne enthaltene Kohle aus einer Mischung von Kochsalz, Fichtenharz und thierischer Substanz.

Nach angestellter Vergleichung mit andern Funden ergiebt sich, daß die Masse dem an andern Orten so genannten Räucherwerk ähnlich ist, welches in Urnen gefunden ward; vgl. Jahresber. II, S. 75. Der Geruch von diesem wie von jener ist gleich, intensiv ungefähr wie die Braunkohle, jedoch ohne den ekelerregenden Beigeruch derselben. Ausgezeichnet ist an der böhlendorfer Masse das starke Knistern in der Flamme; der Bruch zeigt daneben offenbar harzige Bestandtheile. Das Knistern, so wie die Analyse, deutet auf Salz als starken Bestandtheil.

Soll man eine Vermuthung wagen, so dürfte hier etwa eine Salzbereitung statt gefunden haben, da die alten Germanen Salzsoole auf Kohlen gossen, um durch Filtrirung Salz zu gewinnen, und dadurch kohliges, schwarzes Salz gewannen; vgl. Plin. H. N. XXX, 39 und 40 und Tac. Ann XIII, 57. Varro de re rust. I, c. 7, sagt ausdrücklich, daß auch die Gallier, welche kein Stein= oder Meersalz hätten, gesalzene Kohlen statt des reinen Salzes gebrauchten: In Gallia transalpina intus ad Rhenum - - - - ubi salem nec fossicium, nec maritimum haberent, sed ex quibusdam lignis combustis carbonibus salsis pro eo uterentur." - Wir haben in diesen Ueberresten nur den geringen Bodensatz, nicht die Hauptmasse selbst.

3) Endlich ward in der Tiefe neben den Urnen ein Werkzeug wie eine Schaufel von Eichenholz gefunden,

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welches etwa zum Graben oder Schöpfen oder Umrühren u. s. w. gedient haben mag.

Die gefundenen Gegenstände sind von dem Herrn Kammerherrn und Major von Kardorff auf Böhlendorf dem Vereine zum Geschenk gemacht.

Schwerin.

G. C. F. Lisch.