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7.
Des Fürsten Heinrich des Löwen
Pilgerfahrt
nach Roccamadonna.
Bekanntlich machte Heinrich der Löwe, nachdem er die Unruhen in Dänemark und Rostock hatte beschwichtigen helfen, eine Pilgerfahrt nach Roccamadonna.
Die einzige Quelle über diese Begebenheit ist Kirchberg in folgender Stelle:
Wy her Hinrich der furste von Mekilnborg czoch geyn Rokemadona zu heilgen steden. CLII.
Do dyse ding 1 ) al irgingen rechte,
do sante syne ritter vnd knechte
wider heym gar wirdiglich
der von Mekilnborg Hinrich;
her czoch nach der heilgen lone
zu vnsir frowen zu Ruckamadone.
Her suchte ovch durch der sele rum
vil anderer heilgen heyligtum,
dar syn vart waz zu begeret,
des wart her dy czid geweret.
Do her synre gelubede trachte
gantz vnd gerlich vollinbrachte,
da czoch her frolich mit prysande
fredelich wider heym zu lande 2 ).
Die Zeit dieser Pilgerfahrt hat Schröter 3 ) wohl richtig in den Herbst des Jahres 1313 gesetzt.
Der Wallfahrtsort ist aber noch nicht ermittelt. Rudloff 4 ) läßt sich gar nicht darauf ein und Schröter 5 ) will sie nicht in Muthmaßungen verlieren; v Lützow 6 ) hält dafür, Roccamadonna sei das Kloster zu "Unser Lieben Frauen (Madonna) Stein" (rocca) im Canton Solothurn in der Schweiz. Aber es ist durchaus unwahrscheinlich, daß von Kirchberg ein deutscher Ort mit einem Namen romanischen Lautes
Indes dy gemeyne burgirschaft
zu Rodestok mit gantzir craft
warin aber czweytrechtig
vnd dem rade widervechtig etc.
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belegt worden sei; überdies werden die Wallfahrtsörter im Mittelalter gewöhnlich sehr klar nach ihrem wahren Namen genannt. Wir dürfen also nur nach der Form Roccamadonna oder einer ähnlichen suchen.
Der Ort war im Mittelalter ein bekannter Wallfahrtsort und ist von Forschern 1 ) des vorigen Jahrhunderts schon öfter zur Untersuchung gezogen. Das Stader Statut nennt ihn Redzemedun, in der Stelle über Wallfahrten:
"over mèr, ofte to sunte Jacob, ofte to unser vruwen to Redzemedun, ofte tu Righe"
und in lübecker Urkunden 2 ) soll er eben so, auch Ratzemedun, Rosemedon und Rochemadon genannt werden.
Der Ort existirt noch 3 ); es ist nach französischen Forschern Roquemadour, Roquemadu oder Rocamadoul, sonst auch Roquemadone, lateinisch Rupes Amatoris, eine kleine Stadt im südlichen Frankreich, im Gebiete des Lot, in Quercy, in der Diöcese von Cahors, in der Flection von Figeac, mit einem Capitel, Dechanten und 13 Domherren, ehedem eine Mönchsabtei zu Unser Lieben Frauen, Benedictiner=Ordens; die abteiliche Tafel ist mit dem Bisthum Tulles in Limosin vereinigt. Den Namen soll die Stadt von dem H. Amator, Bischof von Auxerre, haben und daher ist der gewöhnliche, alte, lateinische Name des Ortes Rupes Amatoris 4 ); andere leiten den Namen von dem Namen eines alten Ortes Rocamagorus ab.
Dieser Ort, zu Unserer Lieben Frau zu Roccamadonna, war ein berühmter Wallfahrtsort. Die Acta Sanct. April. T. II, p. 692 (B) reden darüber ausdrücklich:
Vita b. Bernardi poenitentis §. 51.
Juvenem quendam Anglicum - uno crure claudicantem - ad sanctum venisse audiuimus etc. - Monachus igitur super miserabili incommodo compunctus, sancti lapide crus hominis signavit etc. Post paululum vero juvenis se melius habere dicens, surrexit, - femur suum discooperuit - et stuppas sanguine rubentes ex carne extraxit etc. - - Huius rei causa ad S. Mariam de Rupe Madoli f ) et S. Leonardum g )
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peregre profectus fuerat: sed nusquam sanitatem adeptus tandem ad s. Bernardum venit et tali modo - se ibi sanatum fuisse ostendit.
Annotata.
f) Ita latine reddi putavit locum, qui vulgo Rocamadoul dicitur, revera autem Rupes Amatoris redditur. De famosi autem illius loci patrona deipara historicam relationem scripsit noster Odo Gissaeius (= Gissey). - g) S. Leonardi cultus est in celebri abbatia ejus in agro Lemovicensi: colitur is 6 Novbr.
Die Umwandelung
Rupes Amatoris
Rupe Madoli
Roc a madoul
liegt in dem Charakter der romanischen Sprachen 1 ) und hat eben so leicht durch die Verehrung der H. Jungfrau zu der Form
geführt.
Doch ist wohl die Sache selbst außer allem Zweifel. Die Wallfahrt ging "übers Meer", wahrscheinlich über Bourdeaux.
G. C. F. Lisch.