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Siegel des Fürsten Albrecht II. von Meklenburg
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I.

Ueber die

Vormundschaft und den Regierungs=
Antritt

des

F ue rsten Albrecht II. (I.) des Großen
von Meklenburg,

von

G. C. F. Lisch.


W enn sich die Geschichte auch nicht nach vorgefaßten Meinungen und Constructionen philosophischer Lehrmeinungen in Systeme fügt, welche schon vor Durchdringung der Begebenheiten nach den Satzungen Anderer entworfen und hierauf für jeden Fall angepaßt werden, so ist es doch unbestreitbar, daß gewisse Männer und Ereignisse einen bedeutenden Einfluß nicht allein auf die Mitwelt, sondern auch auf die Nachwelt haben, einen Einfluß, der wieder nicht periodenweise aufhört, sondern sich oft bis in die spätesten Zeiten verfolgen läßt. Zu den Männern von einer solchen Bedeutung, nicht allein für Meklenburg, sondern für den ganzen Norden gehört denn auch der Fürst Albrecht II. von Meklenburg, welcher im J. 1348 seinem Fürstenhause die Herzogswürde erwarb. Zu einer rechten Würdigung dieses Mannes sind seine einzelnen Handlungen urkundlich noch lange nicht sorgfältig genug bearbeitet, um ein sicheres und umfassendes Urtheil über ihn begründen zu können, wenn auch der Zeitraum seiner langen Regierung den Geschichtschreibern Stoff genug dargeboten hat.

Läßt sich aber ein Mann nicht selten aus den ersten Richtungen seiner jugendlichen Thätigkeit erkennen, wie eine Handlung gewöhnlich nach ihren ersten Veranlassungen am richtigsten beurtheilt werden kann, so möchte sich Albrechts Denkweise vorzüglich in seinen ersten Regentenhandlungen offenbaren, welche allerdings die Grundlage aller folgenden großen Begebenheiten seines reichen Wirkens wurden. Leider ist bis jetzt

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aber die Zeit seines Regierungsantritts nicht bekannt gewesen, so viel auch darnach geforscht ist, weil die Erkenntniß dieses Zeitpunctes ein helles Licht auf die damaligen Zeitverhältnisse zu werfen im Stande ist,

Albrechts Vater, der Fürst Heinrich der Löwe, starb am 21. Januar 1329. Seine beiden Söhne Albrecht und Johann waren noch minderjährig; der Vater mußte also bis zur Volljährigkeit und Selbstständigkeit seines ältesten Sohnes Albrecht für die Regierung des Landes durch zweckmäßige Veranstaltungen sorgen. Albrechts Mutter lebte nicht mehr, so daß der im vorigen Jahrhundert in den slavisch - deutschen Ländern gültig gewesene Gebrauch der landesherrschaftlichen Vormundschaft und Regierung durch die Landesmutter nicht in Anwendung kommen konnte; seiner erst im J. 1328 erheiratheten dritten Gemahlin und seiner Söhne Stiefmutter mochte der scheidende Fürst bei dem wachsenden Ungestüm und Reichthum der Vasallen nicht Kraft genug zutrauen. Auch war in der Erbverbrüderung zwischen ihm und dem Fürsten Nicolaus von Werle vom 27. Januar 1302 1 ) nicht nur eine Eventual=Succession stipulirt, sondern auch den Herren von Werle die Vormundschaft über die Söhne Heinrichs zugesichert, wobei die Volljährigkeit der Fürsten in das zwölfte Jahr gesetzt ward:

"Si ipsum - - (Hinricum dominum Magnopolensem) prius nobis mori contigerit., heredum suorum tutor erimus, quousque ad annos discretionis perueniant, et a natiuitate ipsorum in anno duodecimo ipsos ad dominium suum restituemus, qualihet occasione pretermissa."

Dennoch überging Heinrich seine Vettern von Werle, und setzte, selbst mit Uebergehung der Geistlichkeit und des gewandten Grafen von Schwerin, zur Vormundschaft ein Collegium ein, welches aus (sechszehn) rittermäßigen Räthen und Vasallen und den Rathmännern der Städte Rostock und Wismar bestehen sollte. Die Gründe, aus welchen Heinrich dies that, sind dunkel 2 ); vielleicht aber mochte er nach den so stürmischen,


1) Gedruckt in Gerdes Sammlungen, S. 671.
2) Die Geschichte der Vormundschaften in den fürstlichen Häusern Meklenburgs ist dargestellt in den Programmen der Universität Rostock von Ostern und Pfingsten 1796 von J. M. Martini: "Welche Grundsätze befolgte man in dem hohen meklenburgischen Regentenhause bei eintretenden Fällen der anzuordnenden Vormundschaften?" - Die muthmaßlichen Gründe Heinrichs des Löwen zur Bestellung eines vormundschaftlichen Collegii sind hier auch im Oster=Programm S. 16, berücksichtigt.
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wenn auch gewinnreichen Jahren seiner Regierung seine Kinder und sein Land lieber seinen Vasallen in die Hände liefern wollen, als sie von ihnen befehden lassen; die Städte sollten wohl das Gegengewicht bilden nach Kirchberg geschah diese Vormundschaftsbestellung auf Anrathen seiner Räthe.

Die älteste und zuverlässigste Quelle, welche über die Einsetzung der Vormundschaft berichtet, ist Kirchberg cap. 169:

Dy czid von Mekilnborg Hinrich
recht als eyn lewe mudiglich
gelebit hatte syne tage,
hevyel mit eynre krangheit phlage,
dy waz genant quartnea.
Synen rad besante her dar na
geyn Sterrenberg; nach irme rade
syn testament her saste drade,
Von erst soulden sy mit gantzir craft
syne kind vursten yn vormuntschaft,
so daz sy synre gebornen vrunde
keyme stadeten, zu eyme vormunde
daz her syne kint soulde virstän:
dar myd daz testament hub an.

Eben so klar lautet denn auch die Urkunde des jungen Fürsten Albrecht vom 18. März 1329 über den Verkauf des fürstlichen Hofes zu Wismar an die Stadt 3 ):

"na rade - - user vormunder, den use leue vader her Hinrik van Meklenborch - us und use land beuohl in dem letzten".

Und der Fürft Heinrich sagt selbst an dem Tage vor seinem Tode in seiner letzten Willenserklärung 4 ), durch welche er seine Tochter Beatrix dem Kloster Ribnitz übergab, zu seinen Getreuen, daß sie seine Lande verwalten sollten, indem er die Erfüllung dieses Willens ans Herz legt:

"uniuersis et singulis suis fdelibus terrarum prouisioni praeficiendis, - - - sicut de eis coram districto iudice iustam reddere cupitis racionem".

Auf welche Weise und wie lange diese Vormundschaft regiert, wie der junge Fürst nach erlangter Volljährigkeit die Regierung fortgeführt habe, darüber fehlt es bisher an sicheren Nachrichten. Alle Angaben unserer Geschichtschreiber sind von einander abweichend, je nachdem sie dieses oder jenes Ereigniß


3) Urk. Nr. I.
4) Vgl. Rudloff Urk. Lief. Nr. CXXX.; vgl. Nr, CXXIX.
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als eine Bezeichnung der begonnenen Selbstregierung ansahen. Alle Meinungen 5 ) hier kritisch zu prüfen, würde zu weit führen; außer der Thatsache, daß die ältern Historiker die Vermählung Albrechts gewöhnlich in das Jahr 1336 setzen, genüge es hier, die Ansichten der beiden neuesten Forscher anzuführen. Rudloff 6 ) sagt, der Fürst habe im J. 1335, nach seiner Vermählung mit Euphemia von Schweden, das Ruder der Regierung übernommen; v. Lützow 7 ) berichtet, daß Albrecht bereits seit dem J. 1333 in landesherrlicher Thätigkeit begriffen gewesen sei und im J. 1335 Anstalten zu seiner Vermählung getroffen habe, wenn gleich der urkundliche Beweis für den Eintritt seiner Volljährigkeit fehle. An einem andern Orte berührte auch ich diesen Gegenstand 8 ) mit der Behauptung, dass Albrecht bald nach seines Vaters Tode unter eigenem Namen und Siegel Verträge geschlossen habe, also bald nach demselben mündig geworden sein müsse. Weitere Schlüsse wagte ich nicht zu machen. Denn wirklich ist in den gedruckten Urkunden von


5) Die Ansicht der frühern Historiker bis in das 17. Jahrhundert ist über diesen Gegenstand sehr unbestimmt und allgemein; als ihren Repräsentanten kann man Alb. Krantz in seiner Vandalia VIII., cap. XV., ansehen, indem er sagt:

"Henricus dominus de Magnopoli per; hec tempora circa tricesimum post mille trecentos concessit in fata, relinquens duos parvulos, Johannem et Albertum. Commendabat autem moriens urbium suarum primariis Rostockii atque Wismariae presidibus, ut tutelam filiorum impuberum suorum principum fide credita implerent, quoadusque iam adulti possent rebus ,ipsi suis preesse atque prospicere. Albertus autem prior uxorem duxit, germanam regis Sueciae Magni. Ipse tum gubernacula apprehendens, prudenter et fortiter terram suam gubernabat".

6) Rudloff Mecklb. Gesch. II., S. 279. Ebendas. S. 359 setzt Rudloff die Volljährigkeit Albrechts um "etwa 1336". - Die Annahme, daß Albrecht im J. 1335 vermählt und mündig geworden sei, kommt wohl daher, daß die Vermählung Albrechts in den Auszügen aus Detmars Chronik in Gerdes Sammlungen IX., S. 40, wohl durch einen Druckfehler, ohne Jahrszahl geblieben und hinter das Jahr 1335 eingefügt ist; im Originale steht die Vermählung, nach Grautoffs Ausgabe, im J. 1336.
7) v. Lützow Mecklb. Gesch. II., S. 174. Ein Irrthum v. Lützows ist es jedoch, wenn er durch Anführung einer Urkunde des Grafen Heinrich von Schwerin vom J. 1334 in Gercken cod. Dipl. brand, I., p. 149, darauf hindeutet, als wenn die Vormundschaft in diesem Jahre noch urkundlich bestanden habe. Nicht "als für einen Unmündigen reverfir" sich der Graf für Albrecht; nach einer andern Urkunde vom J. 1334 in Gercken a. a. O. I., p. 148, tritt der Graf nur als Schiedsrichter nicht nur für Albrecht, sondern auch, nach Gercken a. a. O. I., p. 251, für Johann von Werle auf. Von der Vormundschaft und Unmündigkeit Albrechts ist in allen diesen Urkunden mit keiner Sylbe die Rede; daß Albrecht noch "junchere", d. h. noch nicht Ritter war, kann bekanntlich nichts entscheiden.
8) Lisch in "Albrecht der Zweite und die norddeutschen Landfrieden", Schwerin und Berlin, 1835, S. 2, Not.
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Minderjährigkeit und Vormundschaft keine Spur 9 ) zu finden; vielmehr sind alle Urkunden vom Tode Heinrichs an unter dem Namen Albrechts und "mit seinem Siegel" ausgestellt 10 ).

Dennoch war es kaum zu glauben, daß eine für die meklenburgische Geschichte so wichtige Begebenheit, wie Albrechts Regierungsantritt in der That ist, im Geschäftsgange spurlos vorüber gegangen sein sollte. Eine glückliche Entdeckung führte bald zu den günstigsten Ergebnissen, welche alle Zweitel zu lösen im Stande sind. Die Lösung liegt in einem Copialbuche im Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, welches eine Reihe von Urkunden über das Dorf Jürgenshagen (Jordaneshagen) bei Schwan, Pfarre Neuenkirchen, Amts Bützow, enthält.

Am ersten Sonntage Advent (3. Dec.) des Jahres 1329 verkauften die Gebrüder von Oldenstad den Gebrüdern Dietrich und Johann Wilden 11 ), Bürgern zu Rostock, für 1800 Mark Rostocker Pfennige das Lehngut und nachmalige bischöflich=schwerinsche Gut Jordaneshagen, welches sie auch den Käufern am 5. Januar 1330 zu Wismar vor der Lehnsherrschaft aufließen 12 ). An demselben Tage verlieh der Fürst Albrecht den Wilden dasselbe Gut zu Lehn 13 ) und stellte am 25. Februar 1330 den ausführlichern, den Kauf bestätigenden Lehnbrief aus. Die einflußreichen rostocker Patricier aus dem Geschlechte Wilden gingen aber noch weiter und erwarben am 18. Junii 1334, was namentlich damals nicht schwer war, Eigenthum, höchstes Gericht, Bede und Roßdienst von dem Gute für 300 lüb. Mark von der Lehnsherrschaft, welche sich jedoch den Wiederkauf vorbehielt. Diese Urkunde 14 ), welche, wie alle übrigen Urkunden aus der Zeit der Vormundschaft, ganz so ausgestellt ist, wie der regierende Fürst Albrecht sie hätte ausstellen müssen, sagt aber ausdrücklich, daß der Fürst Albrecht noch unter Vormund=


9) Das einzige, was urkundlich auf die Volljährigkeit Albrechts hindeuten kann, ist eine Stelle, welche Rudloff, II., S. 279, Not. 9, aus einer Urkunde anführt, in welcher Albrecht sagt: "Nos igitur cmancipati". Und doch läßt Rudloff ihn schon im J. 1335 mündig werden.
10) Auch Nettelbladt war über die Dauer und Art der Vormundschaft nicht zur Erkenntniß gekommen, indem er in den Rost. Nachr. u. Anz. 1753, S. 170, sagt:
"Von demjenigen, was zur Zeit dieser Vormundschaft allhier vorgegangen, haben wir keine besondere Nachricht auffinden können."
aus dem Verlauf seiner Darstellung geht aber hervor, daß er annahm, die Vormundschaft sei schon im J. 1333 beendigt, weil Urkunden in des Fürsten Namen in diesem Jahre ausgestellt wurden.
11) Am 3. Dec. war ein Gerwinus Wilde, Rathmann der Rostock.
12) Vgl. Urk. Nr. V.
13) Vgl. Urk. Nr. VI.
14) Vgl. Urk. Nr. XIII.
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schaft stehe und daß er sich das Recht des Rückkaufs vorbehalten habe, wenn er zu seinen vollkommenen Jahren gelangt sei und drei Jahre darnach, mit den Worten:

"hac interposito conditione, quod huiusmodi proprietatem, Judicium, precarias et seruicium dextrarii reemere poterimus, quandocumque nobis reemendi facultas suppetit, adhuc sub tutoribusi existentes, et in triennio postea, cum emancipati fuerimus et ad annos discretionis peruenerimus".

Kaum war der Fürst nach Beendigung seiner Minderjährigkeit zur Regierung gelangt, als er sich veranlaßt sah, am 22. Februar 1337 diesen Verkauf, unter Transsumirung der Verkaufsurkunde, welche mit dem für die Zeit seiner Minderjährigkeit geschnittenen großen Siegel besiegelt sei:

"magno nostro sigillo, dum adliuc in minori etate et sub tutoribus essemus, nobis sculpto sigillata",

zu bestätigen, und zwar nach erlangter Volljährigkeit unter Anhängung seines neuen Siegels:

postquam ad legitime discretionis annos peruenerimus, sub alio nouo sigillo, quod tunc ex causa quadam speciali fieri fecimus".

Am Schlusse Sagt der Fürst noch ein Mal, daß er diese Transsumirung durch Anhängung seines neuen Siegels bekräftige:

"noui sigilli nostri apprensione".

Die Urkunden, namentllch die letztere, geben, außer mehrern wichtigen Zeitbestimmungen, die wichtige Nachricht, daß die Vormundschaft zwar alle Urkunden im Namen des Fürsten ausstellte, sich aber eines eignen großen Siegels bediente, der Fürst Albrecht sich dagegen bei seinem selbstständigen Regierungsantritte ein neues großes Siegel stechen ließ 15 ); er hatte dies nach seiner eigenen Angabe aus


15) Ein ähnlicher Fall fand ungefähr um dieselbe Zeit in der Mark Brandenburg statt, auch hier war mit dem fürstlichen Siegel während der Minderjährigkeit des jungen Markgrafen Ludwig Mißbrauch getrieben. Daher erklärte sein Vater, der römische König Ludwig, am 17. Mai 1333 im Fürstengericht zu Nürnberg alle Siegel für kraftlos, welche während der Minderjährigkeit seines Sohnes; des Markgrafen Ludwig von Brandenburg, ohne seiner Vormünder und seines Vaters Bewilligung verfertigt seien. Vgl. Gercken Cud. Dipl. Brand. I., S. 138, und II., S. 530, Not. - Auch im Hause Pommern =Wolgast waren die drei Herzoge von 1326 bis 1338 minderjährig.
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besondern Beweggründen gethan. - Auch in einer doberaner Kloster=Urkunde vom 9. März 1337 sagt er, daß er die Briefe mit seinem neuen Siegel:

"novo nostro sigillo roboratas"

gegeben habe. Auf diese Siegelveränderung deutete auch der Bischof Lubolph von Schwerin, als er am 26. Jan. 1339 eine rostocker geistliche Urkunde Albrechts vom 9. Nov. 1338 vidimirte, welche mit des Fürsten ächtem Siegel:

"suo vero sigillo"

besiegelt gewesen sei.

Und bei Vergleichung der Original=Urkunden des Großherzogl. Archivs fiel denn die Verschiedenheit beider Siegel sogleich ins Auge. Sie sind auf der beigegebenen Steindrucktafel abgebildet: Nr. I. ist das Siegel der Vormundschaft 16 ), Nr. II. ist das Siegel Albrechts nach erlangter Volljährigkeit. Beide sind gleich groß, beide haben dasselbe Zeichen: den mächtigen Stierkopf mit dem weitaufgerissenen Maule, welcher seitdem unterscheidendes Wappenbild des meklenburgischen Hauses blieb; aber beide Siegel unterscheiden sich wesentlich dadurch, daß das Vormundschaftssiegel schildförmig ist und den Stierkopf im leeren Siegelfelde trägt, der Fürst aber den Stierkopf auf einen, unter Blumen stehenden, ritterlichen Schild im runden Siegel gestellt hat; auch das Abweichende haben die großen Siegel Albrechts, daß die Umschrift aus ihnen nicht über der Mitte des Schildes, sondern an der linken Schildecke beginnt. Die Umschriften weichen ebenfalls bedeutend ab. Um das Vormundschaftssiegel steht als Umschrift: Umschrift
Umschrift . Auffallend ist, daß in dieser Umschrift des Vormundschaftssiegels das: Umschrift fehlt. Das neue Siegel des Fürsten Albrecht hat die Umschrift: Umschrift
Umschrift . Dieses große Siegel des Fürsten bleibt sich, mit Ausnahme der Umschrift und einiger unbedeutender Abweichungen in der Lage der Blumenverzierungen, während seiner ganzen Regierung völlig gleich;


16) Das Siegel Nr. I. der Vormundschaft ist das erste, welches den meklenburgischen Stierkopf in der später geltenden, bezeichnenden Gestaltung hat; dazu ist die Auffassung des Stierkopfes künstlerisch so ausgezeichnet, daß sich unter allen meklenburgischen Siegeln wohl keines finden möchte, welches mit so großem Rechte zum Vorbilde dienen dürfte. Es möchte sich überhaupt nirgends eine bessere Auffassung dieses Wappenzeichens finden.
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die Umschrift ändert sich natürlich schon mit der Annahme der Herzogswürde. Nach der Erwerbung der Grafschaft Schwerin kommen mehrere kleine Siegel des Fürsten zum Vorschein. In der ganzen ersten Hälfte seiner Regierung bedient er sich aber sehr häufig noch eines kleinen runden Secretsiegels 17 ), welches auf der Steindrucktafel Nr. III. abgebildet ist. Dieses hat nichts als einen befiederten Helm im runden Siegelfelde, auf welchem außerdem noch sieben Sterne stehen. Die Umschrift lautet: Umschrift

Durch Hülfe der Siegel und der urkundlichen Andeutungen wird es jetzt leicht sein, den Regierungsantritt Albrechts ziemlich genau zu bezeichnen. In einer dem Schweriner Dom=Capitel ausgestellten Bestätigungs=Urkunde vom 9. Januar 1337, welche jedoch nur copeilich vorhanden ist, sagt er, daß am 30. April 1334 dem Capitel Güter geschenkt seien unter Beistimmung seiner Vormünder:

"tutorum nostrorum ac omnium heredum suorum consensu".

Bis zu diesem Zeitpuncte, erweislich seit dem 21. Mai 1329, sind auch alle, noch im Originale vorhandenen Urkunden mit dem Vormundschaftssiegel besiegelt, namentlich zwei Urkunden des Klosters Doberan vom 13. Januar und vom 3. Februar 1334 und eine Urkunde des Klosters Eldena vom 27. April 1334; wenigstens sind im Großherzogl. Archive zu Schwerin keine Urkunden vor dem Anfange des J. 1337 mit dem neuen Siegel Albrechts vorhanden. Nach den angeführten Urkunden über das Gut Jürgenshagen stand er noch am 18. Junii 1334 unter Vormundschaft. In einer doberaner Bestätigungs=Urkunde vom 9. März 1337 sagt der Fürst, daß er am 29. Junii 1335 noch unter Vormundschaft gestanden habe, indem ein Gut verliehen sei:

"tutorum nostrorum et heredum ipsorum proximorum beneplacito".

Das letzte urkundliche Vorkommen der Vormundschaft findet sich in einer dem Kloster Reinfelden über das Dorf Wichmannsdorff zu Grevismühlen am 6. Februar 1336


17) Dieses Secretsiegel des Fürsten ist dadurch interessant, daß es die spätere Helmzierde für den meklenburgischen Schild schon vollständig ausgebildet hat: Helm, Schirmbretter, Pfauenwedel und einen Stierkopf auf einem querliegenden Schilde hinter den Schirmbrettern vor dem Pfauenwedel; die letztere Bemerkung ist wohl eine neue Entdeckung. - Schon die Regierung Heinrichs des Pilgers gebrauchte im J. 1300 ein Secret mit einem völlig gleich gestalteten und geschmückten Helme.
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ausgestellten Urkunde, welche in zwei Original=Ausfertigungen mit dem Vormundschaftssiegel versehen ist.

Bis zum 6. Februar 1336 bestand also sicher die Vormundschaft.

Es kommt nun darauf an, wann Albrecht als regierender Herr auftrat. Der erste urkundliche Beweis hiefür ist vom 9. Januar 1337: in einer copeilich vorhandenen Urkunde, in welcher er dem schweriner Dom=Capitel 1 1/2 Hufen in Dunkersdorf, als am 30. April 1334 demselben vor ihm und seinen Vormündern geschenkt, bestätigt, sagt er, daß er jetzt der Vormundschaft entlassen sei:

"nos itaque emancipati huiusmodi dimisionem confirmamus".

Eben so drückt er sich am 11. Januar 1337 aus, nach einer von Rudloff II. 9 S. 279 angeführten Stelle aus einer handschriftlichen Urkunde. In der Jürgensdorffer Urkunde vom 22. Februar 1337 bestätigt er den Verkauf:

"postquam ad legitime discretionis annos peruenerimus, sub alio nouo sigillo",

hier also schon unter Anhängung seines eigenen neuen Siegels. In einer doberaner Urkunde vom 9. März 1337, in welcher er eine Verleihung seiner Vormünder vom 29. Junii 1335 ratificirt, sagt er noch klarer, daß er bis dahin unter Vormundschaft gestanden habe, jetzt aber derselben entlassen und mit Gottes Hülfe zu seinen vollkommenen Jahren gelangt sei, mit den Worten:

"adhuc sub tutoribus costituti, nunc ergo emancipati et ad annos legittime discretionis, domino largiente, iam perducti",

und bekräftigt diese Ratification durch sein neues Siegel:

"nouo nostro sigillo".

Von diesem Zeitpunct an wird des Ueberganges von der Vormundschaft 18 ) zur Selbstständigkeit nicht weiter mit Worten gedacht; von dem Anfange des J. 1337 an ist jedoch das Vormundschaftssiegel verschwunden und nur das eigene große


18) Die Vormundschaft über den Fürsten Albrecht war übrigens allgemein bekannt. So nennt der lübecker Cantor in einem Commissorium vom 26. Aug. 1331 zur Schlichtung der Streitigkeiten über die Pfarre zu Barth: "litteras domicelli nobilis Magnopolensis et tutorum snorum", und eben so kommen kurz vorher in einer Klage des Pfarrers zu Barth vor: " nobilis domicellus Magnopolensis ac eius tutores et consiliarii'.
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Siegel Albrechts in Gebrauch. Dieses hängt z. B. an zwei Original=Urkunden, d. d. Stargard d. 1. Mai 1337, über die Güter Berbeck und Trechow, an einer Original=Urkunde des Klosters Dargun vom 4. Junii 1337, an einer Pöler Urkunde vom 26. August 1337, an einer Mirowschen Urkunde vom 10. October 1337 und von hier an unter sehr vielen Urkunden ohne Abweichung.

Sein Bruder Johann war im J. 1337 noch unmündig und Albrecht war für ihn natürlicher Vormund; in der Mirowschen Urkunde 19 ) vom 10. October 1337 giebt er eine Bestätigung, auch für seinen

"bruder Johannes, de noch vnmundich is"

Ostern 1339 führte Johann noch kein eignes Siegel, da sein Bruder Albrecht sagt: "Sigillum etiam fratris nostri dilecti Johannis, cum primo habuerit, in euidenciam sui consensus nostre littere apponetur". Johann ward, nach Rudloff, im Jahre 1344 volljährig.

Mochte die Vormundschaft aber auch noch so selbstständig auftreten, so scheint doch Albrecht schon in seiner Jugend den Gang der Geschäfte beobachtet und durch seine Gegenwart wenigstens Theil an denselben genommen zu haben. Die Residenz der Vormundschaft war die Stadt Wismar: mit Ausnahme einiger wichtigern Staatsurkunden und Verträge mit benachbarten Fürsten sind vorherrschend alle mit dem vormundschaftlichen Siegel ausgestellte Urkunden der Vormundschaft zu Wismar ausgestellt. Der junge Fürst führte jedoch schon während seiner Minderjährigkeit selbst ein eignes Siegel, und zwar schon am 18. März 1329 20 ), nämlich das oben angeführte kleine Secretsiegel . Es sind nun einige Urkunden vorhanden, welche nicht zu Wismar ausgestellt und nicht von den Vormundschaftsräthen, wenigstens nicht allein und vorherrschend von diesen, bezeugt sind: diese Urkunden sind mit Albrechts Secretsiegel versehen; gewöhnlich sind diese Urkunden in Klöstern oder für Klöster ausgestellt. Am Dienstage vor Michaelis 1331 stellt Albrecht z. B. im Convent zu Neukloster ("in conuentu Noui Claustri" 21 )


19) Vgl. Jahrbücher II., S. 260.
20) Vgl. Urk. Nr. II.
21) In einer andern Schenkungsurkunde (gedruckt in Lisch Mekl. Urk. II., S. 137) für das Kloster Neukloster vom 13. Nov. 1338 sagt der Fürst Albrecht, daß das Kloster viele und große Verdienste um ihn habe:

"benemeritis et gratuitis benivolenciis nobis per venerabilem virum dominum Henricum prepositum Novi Claustri et sanetimoniales ibidem plurimum benigne exhibitis".

(  ...  )
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eine Urkunde aus, welche mit dem (jetzt abgefallenen) Vormundschaftssiegel und dem Secretsiegel (sigillis nostris, maiori et minori) besiegelt ist; Zeugen dieser Urkunde sind: die Ritter Erich von Lübbersdorf und Dietrich Clawe, der Knappe Heinrich Bonsack und Albrechts Capellan ("capellanus noster") Willekin von Helpede. Dieser Capellan Albrechts, Willekin von Helpede, aus einer meklenburgischen rittermäßigen Familie, welcher häufig, mit Sicherheit seit dem Anfange des Jahres 1330, in seiner Begleitung erscheint und nach erlangter Volljährigkeit Beweise seiner Dankbarkeit und Anhänglichkeit erhält, scheint Albrechts Erzieher gewesen zu sein. - Am 9. October 1332 bestätigt Albrecht den Verkauf des Gutes Goldenitz an den rostocker Rathmann Johann von Roden von dem Ritter Nicolaus von Axecow; die Urkunde 22 ) ist zu Doberan ausgestellt und ausnahmsweise hier mit dem Vormundschaftssiegel ohne Rücksiegel besiegelt; Zeugen sind die Ritter Heinrich von Barnekow, Eckhard von Bibow, Johann von Plessen, Dietrich Clawe und Nicolaus von Helpede. - Am Dienstage vor Palmsonntag 1331 vidimirt Albrecht zu Parkentin unter Anhängung seines Secretsiegels dem Kloster Doberan eine Urkunde in Gegenwart der Ritter Nicolaus von Helpede, Johann von Plessen, Johann von Axecow, Nicolaus von Axecow, Hermann von Oertzen, Conrad von Moltke und Helmold von Bibow und mehrerer Geistlicher, fast lauter Männer, welche auch später sein Vertrauen behielten oder auch nicht zur Vormundschaft gehörten. - Als die Vormundschaft am 6. Februar 1336 dem Kloster Reinfelden zu Grevismühlen eine Urkunde ausstellte und mit dem Vormundschaftssiegel doppelt ausfertigte, verschaffte sich das Kloster noch eine dritte Ausfertigung mit Albrechts Secretsiegel.

Das Auffallendste ist, daß Albrecht während des ganzen Jahres 1337 alle mit seinem neuen großen Siegel ausgestellten Urkunden auf der Rückseite dieses Siegels außerdem noch mit seinem Secretsiegel versah, gewiß zur größern Versicherung, welche darauf hindeutet, daß sich die Vormünder ihres erloschenen Rechts noch nicht zu begeben und vielleicht gar ihr Siegel noch ferner zu gebrauchen die Absicht hatten. Seit dem J. 1338 kommt die Versicherung des großen Siegels durch das Rücksecret nur in einzelnen Fällen vor.


(  ...  )
Sollte Albrecht einen Theil seiner Bildung in diesem Kloster erhalten haben? In Neukloster beschäftigte man sich mit Erziehung.
22) Die Original=Urkunde befindet sich im Archiv des St. Jürgen=Hospitals zu Rostock; nach Mittheilung des Hrn. Vorstehers Prang.
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Nach allen urkundlichen Zeichen trat Albrecht als regierender Herr selbstständig mit dem Anfange des Jahres 1337 auf. Es ist mir nur Eine Urkunde mit Albrechts eignem großen Siegel aus dem J. 1336 bekannt geworden; dies ist eine Urkunde im Archive des Klosters Dobbertin, ausgestellt am 8. December 1336 (anno millesimo tricentesimo XXX "sexto" ipso die concepcionis Marie in opido nostro Wismarie) in Gegenwart von Heinrich und Johann von Plessen; diese Urkunde 23 ) enthält aber keine andere Hindeutung auf die Vormundschaft.

Bei dieser Gelegenheit ist es von Interesse, mit welchem Lebensjahre Albrecht volljährig ward, und überhaupt: mit welchem Lebensjahre die Volljährigkeit der Fürsten unsers Vaterlandes eintrat. Kennten wir das Fürstenrecht jener Zeiten genauer und den Tag der Geburt unsers Albrecht, so wäre die gegenwärtige Untersuchung überhaupt kurz abgemacht; leider wissen wir von Beidem nichts Bestimmtes. In ältern Rechten unterschied man: zu seinen Jahren kommen und zu seinen Tagen kommen. Nach sächsischem, fränkischem und longobardischem Rechte kam der Knabe zu seinen Jahren mit Vollendung des zwölften Jahres: er ward dann zurechnungsfähig, mündig, auch lehnbar; - zu seinen Tagen kam nach sächsischem Rechte der Jüngling mit Vollendung des ein und zwanzigsten Jahres, d. h. er ward Sslbstständig, volljährig 24 ). - Nach andern mittelalterlichen Rechten, z. B. nach longobardischem, schwäbischem und lübischem Rechte, trat die Volljährigkeit schon mit achtzehn Jahren ein. Diesen Termin bestimmte auch Kaiser Carl IV. in der goldenen Bulle (VII, 4) für die Volljährigkeit der Kurfürsten 25 ). Denselben Termin von achtzehn Jahren haben wir auch wohl für die Volljährigkeit des Fürsten Albrecht anzunehmen. Da Albrechts Mutter, welche schon vor ihm einen früher verstorbenen Sohn gebar 26 ), in der Mitte des Jahres 1315 vermählt ward 26 ), so kann Albrecht frühestens gegen die Mitte des Jahres 1317 geboren sein. Am 24. Julii 1321 ward er mit der schwedischen


23) Gedruckt ist diese Urkunde in Schröder Pap. Mekl. I., S. 1171.
24) Vgl. Sachsenspiegel I., §. 42. und Homeyer Glossar unter Jahr; Kraut deutsches Priv. R., §. 349. flgd.; Eichhorn deutsche St. U. R. Gesch. §. 353; Grimm R. A. S. 410 - 417.
25) Vgl. Kraut und Eichhorn a a. O.
26) Vgl. Rudloff II., S. 266 und Stammtafel.
26) Vgl. Rudloff II., S. 266 und Stammtafel.
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Princessin Euphemia versprochen 27 ), welche er gegen die Mitte des Jahres 1336 heirathete, woraus er spätestens mit dem Anfange des Jahres 1337 als volljährig auftrat. Der sächsische Termin der Volljährigkeit von 21 Jahren kann hier also nicht gelten; eben so wenig der Termin der Mündigkeit von 12 Jahren, da die Zeit der Heirath Albrechts ungefähr mit der Zeit seiner Mündigkeit zusammenfiel. Es bleibt daher wohl nichts anders übrig, als den lübischen Termin von 18 Jahren anzunehmen, der auch bald darauf vom Kaiser für Reichsfürsten festgesetzt ward 28 ). Nimmt man nun an, daß Albrecht, was viel Wahrscheinlichkeit für sich hat, da er das zweite Kind seiner am 6. Julii 1315 vermählten Mutter war, - in der zweiten Hälfte oder um Ostern des Jahres 1318 geboren ward, so würde seine Volljährigkeit mit vollendetem achtzehnten Jahre und seine Vermählung, wie es geschah, ungefähr in die Mitte des Jahres 1336 fallen. Die erste Spur eines selbstständigen Auftretens unsers Fürsten enthält denn auch die Urkunde, welche er als Ritter (dominus), nach seiner Vermählung, am Tage vor seiner Abreise nach Schweden, am 23. Junii 1336 der Stadt Rostock zu Warnemünde ausstellte, in welcher er sagt, daß er zwar mit Beistimmung seiner Räthe, jedoch nach eigener entscheidender und verständiger Ueberlegung,

"propria deliberacione discreta et prudenti",

gehandelt habe 29 ). Daß bei der Volljährigkeit Albrechts nicht der Termin der Mündigkeit von 12 Jahren gemeint sein könne, geht auch daraus hervor, daß Albrecht selbst im Anfange des J. 1337 sagt, daß er zu seinen gesetzmäßig vollkommenen Jahren ( ad legitime discretionis annos ) gelangt sei. Im werleschen Fürstenhause ward freilich der Termin der Mündigkeit von 12 Jahren zum Antritt der Regierung festgesetzt 30 ).


27) Vgl. Rudloff Urk. Lief. Nr. CVII.
28) Seit dem Anfange des 16. Jahrh. begann die Volljährigkeit der meklenburgischen Fürsten mit der Vollendung des 25sten Jahres. In den Verhandlungen über die Landestheilung zwischen den Herzogen Heinrich und Albrecht seit dem J. 1521 heißt es:

"Dannoch s. f. g. Herzog Albrecht zu iren vollkomenen Jharen seyndt komen vnd funf vnd zweinzig Jahr alt worden vnd dadurch auch aller Formundschaft, es sey tutela oder eura gnandt, erledigt vnd frey worden".

29) Vgl. Urk. Nr. XV.
30) Vgl. Rudloff II., S. 359.- Im dreizehnten Jahrhundert begann die Mündigkeit in der Regel mit dem zurückgelegten zwölften Jahre. Der Minderjährige hatte dann die Befugniß, sich einen Vormund zu wählen oder nicht; gewöhnlich wählte er sich einen Vormund für die Zeit, bis zum Eintritt seiner Volljährigkeit. Vgl. Michelsen Ueber die erste holsteinische Landestheilung, 1838, S. 8 u. 40.
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Daß Albrecht übrigens auch von seinem Rechte der Mündigkeit mit zwölf Jahren Gebrauch machte, geht wohl daraus hervor, daß er während der Dauer der Vormundschaft (welche ungefähr den Zeitraum seiner Mündigkeit bis zu seiner Volljährigkeit ausfüllte) ein Secretsiegel führte und als Zeuge auftrat. Am frühesten tritt Albrecht 31 ) am Hofe von Dänemark auf und zwar als Zeuge zu Ringstad in einer Urkunde vom Martini=Tage 1329, in welcher sich König Christoph von Dänemark und Herzog Kanut von Halland mit einander vergleichen. Unter den vielen Zeugen, welche diese Urkunde besiegelten, steht hinter den Söhnen Erich und Otto des Königs, den Herren Johann und Henning von Werle und dem Grafen Johann von Holstein unser Albertus domicellus Magnopolensis; sein Siegel ist leider zerbrochen. - Bei seiner Vermählung ward Albrecht im J. 1336 zum Ritter geschlagen; bis dahin heißt er unter der Vormundschaft immer domicellus oder junkhere; nach diesem Zeitpunct, zuerst am 23.Juuii 1336, dominus oder here.

Für manche Verhältnisse kann endlich die Beantwortung der Frage von Bedeutung werden: welche Personen des Fürsten Vormünder waren, Nach Kirchberg setzte der Fürst Heinrich seine Räthe zu Vormündern ein. Franck im A. und R. M. VI. S. 92, nennt vierzehn Personen von Adel; Rudloff M. G. II. S. 268 sagt, es seien sechszehn gewesen, Diese Angaben fließen aus einer der Stadt Wismar ausgestellten Urkunde über den Verkauf des fürstlichen Hofes zu Wismar an die Stadt Wismar, welche in v. Behr Rer. Mecl., p. 250, in lateinischer Uebersetzung und mit Lücken abgedruckt ist. Die Urkunde ist ursprünglich in niederdeutscher Sprache 32 ) an dem anderen sunauende in der vasten ( 18. März ) 1329 zu Wismar ausgestellt und von sechszehn Vormündern bezeugt; v. Behr hat zwei derselben (Hermann von Oertze und Bolte Hasenkop) ausgelassen: daher führt Franck vierzehn und Rudloff sechszehn auf. Die Urkunde lautet im Auszuge folgendermaßen:


31) Uebrigens wird in Urkunden sein Name schon früher genannt, z. B. in einer Urkunde, welche am 25. Junii 1327 sein Vater:

"Hinricus Dei gratia Magnopolensis dominus - - consensu illustris dominae dominae Annae couthoralis nostrae et domicelli Alberti filii nostri"

zu Stargard ausstellt.
32) In niederdeutscher Ausfertigung ist die Urkunde auch gedruckt in Senckenberg Selecta juris etc. II, p. 495, und in der Urkunden=Sammlung zu dieser Abhandlung Nr. II. nach einer Archivabschrift mitgetheilt.
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"Wy Albrecht, en junchere van Mekelenborch, - - na rade vnd vulborde vses leuen ohemes greuen Henrikes von Zwerin - vnd sunderliken vser vormunde, den yse leue vader her Hinrik - vsz vnd vse landt beuohl in deme letzten - - u. s. w. - - Desser ding sind tuge - - vse leuen truwen man vnd vse vormundere
  1) Conrad van Cremon,
  2) Juries Hasenkop,
  3) Hermann van Ortze,
  4) Bolte Hasenkop,
  5) Wipert Lutzow,
  6) Johann van Plesse,
  7) Johann van Bulowe,
  8) Hinrik van Barnekowe,
  9) Berthold Preen,
10) Otto van Dewitze,
11) Heine Manduuel,
12) Claus van Helpede,
13) Gottschalk Storm,
14) Hinrik van Plesse,
15) Eggerd Negendanke, riddere,
16) Henneke Molteke, en knape."

Diese Urkunde befindet sich nur in einer Abschrift im großherzoglichen Archive und hat am Ende die Bemerkung:

Horum curatorum consensus specialibus litteris est conscriptus sub eodem dato, quarum copiam transcribere supervacuum visum est.

Dieser Consens der Vormünder ist in dem von dem Hezoge Albrecht bestätigten Privilegienbuche der Stadt Wismar von 1351 enthalten; die Urkunde ist nach einer Abschrift des Herrn Dr. Burmeister zu Wismar in der Urkunden=Sammlung zu dieser Abhandlung mitgetheilt 33 ). Diese Urkunde, welche von den Vormündern mit ihren eigenen Siegeln besiegelt gewesen ist (- die Original=Urkunden der Stadt sind im J. 1350 verbrannt -), zählt ebenfalls sechszehn Vormünder auf; nur hat diese statt Eggerd Negendanke den Ritter Eggerd Hardenacke.

Im Großherzoglichen Archive zu Schwerin befindet sich eine Urkunde 34 ) vom 11. April 1333, in welcher Wipert


33) Vgl. Urk. Nr. II.
34) Vgl. Urk. Nr. XI.
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Lützow, Heinrich von Barnekow, Johannes von Plesse und die Magistrate von Rostock und Wismar als Vormünder,

"provisores nobilis domimi, domini Alberti Magnopolensis "

das Kloster Doberan über die richtige Auszahlung von 300 Mark Rost. Pf. quittiren, für welche Summe dem Kloster die Bede und das höchste Gericht in Parkentin, Bertramshagen und Stäbelow nach dem Hauptbriefe des Fürsten verpfändet sei. Diese Urkunde ist aber auch nicht zu Wismar, sondern zu Bützow ausgestellt, auch nicht mit dem Vormundschaftssiegel, sondern mit dem Siegel der genannten Aussteller besiegelt. Der Hauptbrief des Fürsten über diesen Gegenstand ist am 7. April 1333 auf dem Kirchhofe zu Cobrow bei Sternberg in seinem Namen ausgestellt, jedoch

"vna cum discretis provisoribus et militibus nostris,"

und als Zeugen werden aufgeführt:

"Testes sunt fideles nostri milites: Georgius Hasencop, Bolte Hasencop, Volradus Smekere, Johannes de Plesse, Hinricus de Barnecowe, Eghardus de Bybowe, Nicolaus de Helpede, Hermannus de Warborch, item Hinricus Friso, Arnoldus de Gotlande, Thidericus Horn, consules in Rozstok, necnon Johannes Rodekoghele magister ciuium in Wysmaria ac Johannes Wise consul ibidem",

In einer andern Urkunde des Klosters Doberan vom 9. April 1333 über dieselbe Angelegenheit wird ebenfalls etwas verheißen:

"domino Alberto Magnopolensis necnon Wyperto Luzowen, Georgio Hasencop, Hermanno de Oritze, Volraro Smekere, militibus, ac eciam Henrico Frisconi et Henrico Roden, consulibus in Rozstok

Dennoch werden diese Männer, unter dem Vormundschaftssiegel, auch häufig gradezu Vormünder genannt, z. B. in einer Urkunde vom 3. März 1331, welche also beginnt:

"Albertus domicellus - - de nostro et tutorum nostrorum omnium et singulorum, scilicet: Georgii Hasencop, Hermanm de Ortze, Johannis de Bulowe, Wiperti Lutzowe, Hinrici

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Barnecowe, Hinrici de Plesse, Godschalci Storm et Echardi Hardenacken, militum, et Johannis Molteken, armigeri, - nos de nostrorum tutorum ac fidelium predictorum consensu, etc.

Am 16. Oktober 1331 ist zu Stargard der Stadt Friedland über zwei Hufen in Lübbersdorf mit dem "secretum nostrum sigillu" eine Urkunde ausgestellt:

"de nostro et nostrorum tutorum consilio"

Nach zuverlässigen, von Zeichnungen begleiteten Nachrichten des Herrn Pastors Masch über das Original hängt an demselben das Secretsiegel Albrechts. Dagegen ist nach denselben Nachrichten die der Stadt Friedland am Palmsonntage 1332 zu Friedland ausgefertigte Verleihung von sechs Hufen zu Lübbersdorf mit dem Vormundschaftssiegel bekräftigt.

Da die Urkunde vom 18. März 1329 einige Wochen nach dem Tode des Fürsten Heinrich am Residenzorte der Vormundschaft ausgestellt ist, so ist es allerdings sehr wahrscheinlich, daß die genannten 16 Ritter die zu Vormündern bestellten Räthe Heinrichs waren. Wahrscheinlich waren es die Hof= und Regierungsbeamten Heinrichs, da er die meisten von ihnen in den letzten Urkunden seines Lebens gewöhnlich zu Zeugen gebraucht und mehrere Male seine consiliarii nennt; Wipert von Lützow war sein Marschall (Oberstallmeister) und Nicolaus von Helpede sein Truchseß (coquinarius, Hofmarschall oder Oberküchenmeister). - Einige von diesen Vormündern kommen in den nächsten Jahren nicht weiter vor, wie

Conrad von Cremon,
Eggerd Negendank,
Bolte Hasenkop,

welcher Letztere dagegen nach Beendigung der Vormundschaft wieder hervortritt. Es ist daher sehr glaublich, daß sich das Collegium der Vormünder bei vorkommenden Abgängen wieder ergänzt habe. Nach sorgfältiger Vergleichung der Urkunden sind folgende Männer 35 ) diejenigen, welche während des größern mittlern Zeitraums die Geschäfte als Vormünder führten:


35) Sie sind in der Reihenfolge aufgeführt, in welcher sie gewöhnlich vorkommen; diejenigen, welche am häufigsten in den Geschäften erscheinen, sind mit gesperrter Schrift gedruckt; am häufigsten kommt Wipert Lützow vor.
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  1) Georg Hasenkop,
  2) Hermann von Oertzen,
  3) Johann von Bülow,
  4) Wipert von Lützow,
  5) Heinrich von Barnekow,
  6) Heinrich von Plessen,
  7) Gottschalk Storm,
  8) Otto von Dewitz,
  9) Nicolaus von Helpede,
10) Johannes von Plessen 36 ),
11) Eckhard Hardenack,
12) Eckhard von Bibow,
13) Heinrich Mandüvel,
14) Barthold Preen,
15) Nicolaus Axekow, Ritter,
16) Johann Molteke, Knappe.

Durch die Mittheilung dieses Resultats glaube ich der Aufführung aller Aufzählungen der Vormünder in den einzelnen Urkunden überhoben zu sein; in der Regel kommen nur 6 bis 9, und zwar als Räthe und alleinige Zeugen der im Namen Albrechts ausgestellten Urkunden vor.

Ueber die Theilnahme der Städte Wismar und Rostock an der Vormundschaft herrscht noch einige Dunkelheit. Rudloff (II., S. 268) und von Lützow (II., 172) sind der Meinung, daß die städtischen Vormünder bald von der Mitregentschaft verdrängt worden seien; Beweise für diese Meinung sind von beiden nicht beigebracht. Freilich kommen die städtischen Rathmänner nicht häufig vor; aber eine gänzliche Verdrängung ist eben so wenig begründet, als eine theilweise Zurückdrängung nach der seltenen Zuziehung allerdings wahrscheinlich ist 37 ). Dennoch waren die Rathmänner beider Städte noch thätige Mitglieder der Vormundschaft, als diese am 25. Februar 1330 zu Wismar den Wilden den Lehnbrief über das Gut Jürgenshagen gab und dabei als Zeugen auftraten:

"Wipertits Lutzow, Georgius Hasencop, Johannes de Bulow, Bertoldus Pren, Godscalcus Storm., Nicolaus de Helpede, Nicolaus de Axecowe, Ericus de Lubberstorp, milites, Ar-


36) Ueber die von Plessen vgl. unten S. 38.
37) Die Ansicht, daß die Magistrate der beiden Städte von der Vormundschaft verdrängt worden seien, mag wohl daher kommen, daß die Urkunde vom 18. März 1329 (Nr. I.) nicht von den Rathmännern mit ausgestellt ist. Dies konnte aber nicht geschehen, da die ritterlichen Vormünder in dieser Urkunde an die Stadt Wismar etwas verkauften.
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noldus Kopmann, Hermannus Wokrenthe, Johannes Pape, Johannes Rode, consules in Rostock, Johannes Cropelin, Johannes Rodekogele, Andreas Lasche (oder "Lasthe"), Gherhardus Wolmerstorp, Martinus de Stromekendorp, consules in Wismaria;

ferner als die Vormundschaft am 5. Junii 1330 eine Urkunde über eine Vikarie am Dom zu Schwerin ausstellte im Namen des Fürsten und

"consiliariorum nostrorum infra scriptorum consensu. - - Testes sunt: Hermannus de Ortze, Johannes de Bulow, Wipertus Lutzow, Bartholomaeus Preen, Hinricus de Barnekow et Godschalcus Storm, milites, Hinricus Friso et Johannes Rufus, consules Rostockcenses, Johannes Rodekogele, Johannes Cropelin, Martinus de Stromkendorp et Echardus de Walmerstorp, consules de Wismaria, consiliarii nostri.

In einer vormundschaftlichen, besiegelten Urkunde des Klosters Reinfelden vom 27. Julii 1333 sind Zeugen: Johannes de Bulowe, Bolto Hasencop. Hinricus et Johannes dicti de Plesse, Hinricus de Barnecowe, Johannes Molteke, milites, Johannes Cropelin et Johannes Rodekogele, consules in Wismar.

In einer andern, unter dem Vormundschaftssiegel ausgestellten Doberaner Kloster=Urkunde vom 14. Januar 1334, d. d. Wismar, sind Zeugen:

"Georg Hasencop, Johannes dePlesse5 milites, Johannes Reschinkel, famulus, Ludolphus de Gotlandia et Hinricus Friso, consules in Rozstock,

und in einer anderen Doberaner Urkunde vom 3. Februar 1334:

"Wypertus Lutzowe, Hinricus de Barnecowe, Johannes de Plesse, Echardus de Bybowe, milites, Johannes Cropelin et Johannes Rodekoghele, consules in Wismar.

Auch ist eine gänzliche Ausschließung, namentlich des Raths zu Wismar kaum anzunehmen, da die Vormundschaft in dieser Stadt ihren Sitz hatte.


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Nach diesen diplomatischen und heraldischen Vorbereitungen wird es schon leichter werden,

die Vermählung Albrechts im J. 1336

näher zu bestimmen und in Verbindung mit seinem Regierungsantritt zu bringen.

Schon im frühen Knabenalter (am 24. Julii 1321) war der Fürst Albrecht mit der schwedischen Königstochter Euphemia versprochen. Kaum war er, wahrscheinlich mit Vollendung seines achtzehnten Lebensjahres, volljährig geworden, als er schon

seine Vermählung ins Werk setzte, um bei den Stürmen, welche von Seiten seiner Vasallen droheten, Frieden und Glück im Hause zu finden. - Rudloff (II., S. 279) setzt seine Vermählung in das Jahr 1335; v. Lützow sagt unbestimmt, daß er bereits im J. 1335 beschäftigt gewesen sei. Anstalten zu seiner Vermählung zu treffen; die frühern Historiker nehmen an, daß die Vermählung im J. 1336 vollzogen sei. Die in neuern Zeiten eröffneten chronistischen Quellen sind jetzt fähig, die urkundlichen Andeutungen zu unterstützen; namentlich sind, da Kirchberg uns hier schon verläßt, die Berichte des lübecker Lesemeisters Detmar, welche kürzlich von Grautoff herausgegeben sind, vom höchsten Interesse und leisten Bürgschaft genug, da die Lübecker einen sehr regen Antheil an dieser Begebenheit nahmen.

In den schwedischen Geschichten finden wir wenig, obgleich sich aus Schweden noch viel über die Begebenheiten dieser Zeit erwarten läßt. Dalin 38 ) sagt nichts weiter, als:

"1335 um die Zeit des Eriksfestes 39 ) ward Euphemia mit dem Grafen (!) Albrecht verlobt";

und 38 ):

"Im Anfange des Jahres 1336 ward die Hochzeit der Euphemia in Rostock, die von da mit ihrem Gemahl - - nach Schweden zurückkam, um ihres Bruders und seiner Gemahlin Krönung beizuwohnen, die in Stockholm mit aller Pracht vor sich ging".

Geyer 40 ) sagt nur, daß Euphemia, Albrechts Gemahlin, im J. 1336 eine Verpflichtung unterschrieben (?) habe.

Der ribnitzer Lesemeister Slagghert erzählt in seiner niederdeutschen Original=Chronik:

"Anno ut supra (133A) here Albrecht, eyn sone here Hinrickes tho Mekelenborch des Lowen, hest anghehauen


38) Dalin Gesch. v. Schweden II., S. 343 und 345.
39) Festum Erici Regis Sueciae Mart: 18. Mai.
38) Dalin Gesch. v. Schweden II., S. 343 und 345.
40) Geyer Gesch. v. Schweden, S. 175.
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tho regeren in sinen vederlyken eruen. In der tydt ghemenlyken alle slote vnn borge sines landes weren vorborget vnn vorpandet den guden menren 41 ) van deme adel. Desse here vp ene tydt, so he myt sinen guden menren 41 ) vnn getruwen reth vp deme velde, heft he grepen enen vagel vnn dem vth geplucket syne vedderen 42 ) vnn so ghewyset synen guden menren 41 ) vnn en ghefraget, vste ock de vagel also wol mochte leuendich blyuen. Se antwerden: Nen! So Segge yck ju, dat gy nicht werden leuen, sunder gy vns wedder geuen vnse slote vnn borge, de gy besitten".

In dieser, übrigens höchst charakteristischen Erzählung scheint Slagghert in der Angabe des Jahres zu irren, wenn er unter "mit dem Anfange der Regierung in den väterlichen Erben" nicht etwa einen, uns unbekannten Termin der Mündigkeit vor der Volljährigkeit versteht. - Richtiger redet er von der Vermählung Albrechts:

"Anno dni. M. CCC. XXX VI. here Albrecht, de oldeste sone here Hinrickes des Lowen tho Mekelenborch, vnn eyn broder froychen Beata, do he tho synen vullenkamen iaren nu was ghekamen, heft he myt sinen heren broder, here Johan 43 ), ghedelet er vederlyke erue. So dat here Albrecht, de erste sone, heft beholden Zwerin vnn dat lanth tho Mekelenborch, vnn here Johan dat Lant tho Stargardt. Hyr na dorch rath des adels here Albrecht heft syck laten vertruwen froychen Euphemiam, de suster des konynges tho Zweden Magnus ghenomet, vnn de hochtydt 44 ) vnn brutlach 45 ) myt groter werdycheyt wurt gheholden tho Rostock".

Viel klarer und bestimmter spricht der Lübecker Detmar. Dieser sagt zuerst über die Vormundschaft:

"In deme iare cristi M. CCC. XX. IX. in sunte agneten daghe starf de edele vrome Hinric, de here van Mekelenborch, - - Twe sone he let iung van iaren, den satte he vormundere, sine riddere, de


41) Vasallen.
41) Vasallen.
42) Federn.
41) Vasallen.
43) Fürst Johann war jedoch noch im J. 1339 unmündig; nach Rudloff II., S. 315 ward er im J. 1344 volljahrig und die Landestheilung geschah im J. 1352.
44) hochtyd=feierliches Fest.
45) bratlach, althochdeutsch: brutlouft=Hochzeit.
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he wol belovede, unde darto de ratmanne van Rostock vnde van der Wismer; de vorstunden de kindere unde dat lant mit groten eren bet an de tyd, dat de oldeste, iunghere albert, nam des koninghes suster van Sweden".

Die letzte bisher bekannt gewordene Urkunde, welche die Vormundschaft ausstellte, ist vom 6. Februar 1336 datirt. Ueber die Vermählung giebt nun Detmar eine sehr ins Einzelne gehende, höchst anziehende Schilderung. Nach dieser sandte der König Magnus von Schweden im J. 1336 nach Ostern (in diesem Jahre am 31. März) seine Schwester Euphemia nach Rostock zur Vermählung mit dem Fürsten Albrecht. Die Hochzeit, bei welcher Albrecht vom Herzoge Erich von Sachsen zum Ritter geschlagen ward, ging hier mit großen Festlichkeiten vor sich.

Am Johannistage 1336 fuhr das junge fürstliche Ehepaar mit großem Geleite nach Schweden. Noch am Tage vorher erließ der Fürst zu Warnemünde der Stadt Rostock, in Betracht der vielen ihm erzeigten Gefälligkeiten und des großen Dienstes, die von der Stadt auf nächsten Michaelis zu zahlende Grundsteuer (Orbör) 46 ). Auf der See ward das junge Paar von Gesandten der Stadt Lübeck empfangen, welche es nach Kalmar geleiteten, eine zarte Aufmerksamkeit der mächtigen Hansestadt und der Herrin der Ostsee, welche aber zugleich beweiset, wie früh bei guten Aussichten sich die Stadt um die Gunst des edlen jungen Fürsten bewarb. Vor Kalmar zur See ward das junge Ehepaar von der königlichen Mutter empfangen. Von Kalmar fuhr die Gesellschaft nach Stockholm, wo zur Krönung des schwedischen Königspaares ein Fest gefeiert ward, so glänzend, wie je eines. Darauf trat Albrecht mit seiner Gemahlin die Rückreise nach Meklenburg an, auf welcher sie zur See viel Ungemach erlitten. Nach Detmar kamen sie erst am Michaelistage wieder in Meklenburg an. Dies ist offenbar ein Fehler, da er selbst hinterher sagt, daß die lübecker Gesandten später als er, bis zu Unserer Frauen Tage der Ehren, d. i. Assumptio Mariae (15. August), zu Stockholm geblieben seien, wo ihnen der König von Schweden große Privilegien ertheilt habe 47 ). Zum bessern Verständniß folgt hier die anziehende Stelle aus Detmars Chronik:


46) Vgl. Urk. Nr. XV.
47) Nach Lappenberg Gesch. der Hansa II., S. 847, wurden am 19. August 1386 diese Privilegien ausgefertigt.
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1336.

"In dem iare christi M. CCC. XXX. VI. na paschen do sande de koningh magnus van sweden unde van norweghen sine suster euphemian to rostock alberte, dem heren van mekelenborch; de nam se, unde hadde dar vele heren to der hochtid. Dar wart he riddere van hertoghen erik van sassen.
Darna des neghesten daghes sunte ioannis to middensomere do vor de here van mekelenborch mit siner brut uter wernowe weder to sweden. He hadde mit eme sines omes sone, hertoghen rodolves van sassen, unde hinrike, greven gherdes sone van holsten, unde vele riddere unde knechte. Do se quemen in de see, do weren dar boden van lubeke, de voren ene bette an den kalmersund. Dar quam do des koninghes moder mit eren schepen unde untfeng eren swagher unde ere dochter unde de heren al mit groter vroude, unde voren tosamene mit schalle allerleye speles bet to kalmeren. Dar weren se ghuhden hoghen vif daghe. Darna do voren se to deme stocholmen; dar let de koning schone toreden unde quam dar mit den hoghesten heren unde vruwen des rikes; dar wart he riddere van sinem swagher van mekelenborch. Des anderen daghes quam de koning mit der koninginnen blanken, de eme des iares darvore was ute vlanderen bracht, des greven dochter van ame, to der kerken. Dor was dar komen de vrome biscop ghiselbert van darbathe umme werf sines stichtes; den ereden dar de biscop van vpsale unde andere biscope des rikes, dat he sang de misse unde wyede unde kronede den koning unde de koninghinnen. Na der mysse wart in des koninghes sale, den he dar hadde laten buet lang unde wit, vele hovendes over der tafelen. Na des wart dar danz unde zdustes vele. Dar randen hertogen rodolves sone unde greven gherdes sone unde dar ute den lande unde ute manighen anderen landen manich dure man, unde breken spere al ane tal. Do dat hadde waret dre daghe, do vor de koning van dennen korte tyd, unde quam dar weder. De van mekelenborch mit den anderen heren vor do weder to der see, unde leghen lange borelos. To lesten verstak se de wint, dat se quemen to gotlande; dar wart en hulpen mit spisen unde mit anderen dinghen, dat se vort

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quemen to lande bi sunte michelis daghe, beide mit arbeide unde mit unghemake.
De boden van lubeke bleven to deme stocholme bet to unser vrowen daghe der eren, unde worven bi deme koninghe grote vriheit in sweden unde in deme lande to schonen eweliken to brukende; darup gaf he der stad unde den borgharen to lubeke sine hantvestunghe beseghelet. In der tyd hadden de van lubeke ere boden bi deme koninghe to stocholme".

Nach einer Quittung 48 ) des Fürsten Albrecht, welche er den Rathmännern der Stadt Rostock ausstellte über 60 1/2 Mark rostocker Pfennige, welche sie ihm nach seiner Heimkehr von Schweden zur Bestreitung nothwendiger Bedürfnisse zu Warnemünde und Rostock vorgeschossen hatten, da er wahrscheinlich nach den langen Seeleiden mit dem großen Gefolge von allen Mitteln entblößt seine Heimath betrat.

"pro necessariis, Warnemunde et Rozstock, cum de reysa Swecie veniebamus, consumptis",

wie die Urkunde sagt, war er am 30. August 1336 wieder in Rostock; die Urkunde ist nämlich datirt: MCCCXXX sexto, in crastino decollacionis b. Johannis Bapt. Dies ist die erste bekannte Urkunde, welche von dem Fürsten nach seiner Heimkehr aus Schweden vorhanden ist. Sie ist freilich so abgefaßt, daß es den Anschein hat, der Fürst sei erst vor kurzem vom Schiffe gestiegen; sie ist ohne Zeugen und mit dem Secretsiegel Albrechts ausgestellt. Dennoch finden sich Nachrichten, daß er früher wieder in Meklenburg war.

In dem Kloster Doberan waren zwischen den Mönchen aus den sächsischen und den wendischen Ländern die heftigsten Streitigkeiten 49 ) ausgebrochen (man vgl. weiter unten); die Erbitterung ging so weit, daß sogar Giftmischereien und Zaubermittel versucht wurden, um gehässige Personen aus dem Wege zu räumen, und unter diesen auch den jungen Fürsten Albrecht, dessen strenges Eingreifen man wohl mit Recht fürchten mochte. Albrecht war damals zu Rostock und war bald nach seiner Vermählung eifrig bemühet, die Streitigkeiten im Kloster zu schlichten. Er hielt sich deshalb auf dem doberaner Klosterhofe Satow, ungefähr 2 Meilen südlich von Doberan, auf. Hier ward in den ersten Tagen des Monats Mai sein junger Schildknappe Wedekin von Plate durch einen Laienbruder vergiftet


48) Gedruckt in rostocker wöchentl. Nachr. 1763. S. 177. Vgl. Urk. Nr. XVI.
49) Vgl. die Klage=Artikel Nr. XXXII.
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und darauf am 9. Mai 1336 zu Doberan begraben. Albrecht mochte eine solche Unthat noch nicht ahnen, obgleich der Jüngling gleich ausgesagt hatte, er sei vergiftet worden. Gleich nach, seiner Rückkehr erfuhr jedoch Albrecht, daß derselbe Laienbruder mit einigen Andern ein Weib zu Hohenfelde bei Doberan zu Verfertigung eines Zaubermittels, eines Wachsmännchens, verführt hatten, um ihn durch Anwendung desselben aus dem Wege zu räumen. Da machte Albrecht sich sogleich am 20. Julii 1336 nach Hohenfelde auf, zog das Weib gefänglich ein, brachte es zu einem freiwilligen und offenen Geständnisse, zog mit demselben nach Cröpelin, hielt dort selbst Gericht am 21 Julii und ließ an demselben Tage nach Urtheil und Recht das Weib als Hexe verbrennen 50 ).

Nach diesen Vorgängen war der Fürst Albrecht also schon am Ende des Monats Julii 1336 wieder in Meklenburg.

Daraus schloß der Fürst Albrecht, als "her" von Meklenburg, am 22. October zu Misdorf das erste Bündniß mit den Herren von Werle; an der darüber ausgestellten Urkunde fehlt leider das Siegel. - Am 6. Februar 1336 ist die letzte bekannte Urkunde mit dem Vormundschaftssiegel ausgestellt; gleich nach Ostern 1336 vermählte Albrecht sich zu Rostock und ward Ritter; Johannis 1336 reiste er mit seiner Gemahlin nach Schweden, wo er selbst schon den König von Schweden zum Ritter schlug; nachdem er vor dem 20 Julii 1336 wieder zu Rostock angekommen war, errichtete er, vorzüglich gegen aufrührerische Vasallen, am 22. October 1336 zu Hohen=Misdorff ein Schutzbündniß mit den Herren von Werle; mit dem Anfange des Jahres 1337 erklärte er sich selbst wiederholt für volljährig.

Nach allen beigebrachten Beweisen steht es jetzt wohl kaum mehr zu bezweifeln, daß unser Albrecht mit seiner Vermählung Ostern 1336 volljährig ward, wenn wir auch erst vom Anfange des Jahres 1337 und in, dem Siegel der oben erwähnten dobbertiner Urkunde vom 8. Decbr. 1336 urkundliche Erklärungen darüber haben; der Zeitraum von Ostern 1336 bis Neujahr 1337 ging mit Vermählungs=Feierlichkeiten und Reisen, mit Bündnißschließen und Anstalten gegen die aufsätzigen Vasallen und mit den schwierigen Vorbereitungen zur Einrichtung der neuen Regierung hin.


50) Vgl. die Klage=Artikel Nr. XXXII. Art, XXX - LI. Diesc ausführliche und interessante Darstellung ist die älteste Nachricht von einem Hexen=Processe.
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In dem Schutz= und Trutzbündnisse mit der Stadt Wismar vom 11. Junii 1337 erklärt Albrecht, daß seine Vasallen, und unter diesen vorzüglich die von Plessen darnach getrachtet hätten, ihn zu verderben. In dieser Beziehung ist die oben erwähnte dobbertiner Urkunde vom 8. December 1336 merkwürdig. Diese Urkunde 51 ) ist vom Fürsten Albrecht zu Wismar, also noch in der Residenz der Vormundschaft ausgestellt, jedoch schon mit Albrechts neuem, großem Siegel, welches das Secretsiegel als Rücksiegel trägt, besiegelt; von der Minderjährigkeit des Fürsten und, von seiner Vormundschaft ist aber durchaus nicht die Rede, dagegen sind als Zeugen nur aufgeführt Heinrich von Plessen und Johann von Plessen, welche beide zu den Vormündern gehört hatten. Da weiter keine Zeugen genannt sind, so läßt sich schließen, daß die übrigen Vormundschaftsräthe schon auseinander gegangen waren, diese beiden jedoch nicht weichen wollten, diese also wohl die von Plessen waren, die den Fürsten zu verderben trachteten, da sie dem Fürsten keine Erwähnung seiner Verhältnisse in der Urkunde gestatteten, welches doch seit dem Anfange des J. 1337 so häufig vorkommt.

Eben so wichtig ist gewiß eine Urkunde vom 9. December 1336 im pommerschen Archive 52 ), in welcher

"Johann von Plesse und Johann Moltke, Ritter, bekennen, daß sie Namens Herzogs (?) Alberti zu Mecklenburg zur Wiedereinlösung des Landes Barth - - vom Kloster Neuenkamp 1700 Mark sundischer Pfennige erhalten haben".

Nach dieser Inhaltsanzeige scheinen ebenfalls noch einzelne Vasallen, unter denen sich wieder Johann von Plessen befindet, die Geschäftsführung im Lande fortgesetzt zu haben.

Nach diesen Erläuterungen gewinnt die Geschichte dieser Zeit eine ganz andere Gestalt, indem sich die Veranstaltungen der Vormundschaft klar von den Mitteln scheiden, welche der Fürst Albrecht nach erlangter Volljährigkeit ergriff, so wie anderer Seits die Bemühungen des Grafen Heinrich IV. von Schwerin zwischen beiden Parteien klar hervortreten.


51) Gedruckt ist diese Urkunde in Schröder Pap. Mekl. I., S. 1171; das wohl erhaltene Original liegt im Archive des Klosters Dobbertin.
52) Nach Oelrichs pommerschem Urkunden=Verzeichniß.
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Es kann hier nicht die Absicht sein, die ganze Geschichte der vielfachen, verwickelten Verhandlungen aus dem Zeitraume von 1329 bis 1338 zu schreiben. Es möge hier nur das, berührt werden, was das höchste Ziel des Fürsten Albrecht war: Ruhe und Friede im Lande und lebendiger Verkehr im Innern und nach außen. Dieses Streben läßt sich vorzüglich aus den Landfrieden erkennen, welche in damaliger Zeit geschlossen wurden.

Schon an einem andern Orte 53 ) habe ich auf die große Wichtigkeit der früher oft vernachlässigten Landfrieden hingedeutet und die Wichtigkeit und den Zusammenhang derselben im nördlichen Deutschland darzulegen versucht.

Die Landfrieden im nordöstlichen Deutschland waren keinesweges gewöhnliche Polizei=Maßregeln, sondern die Urkunden der Völkerbündnisse und Fürsten=Congresse im heutigen Sinne des Wortes; die Landfrieden des nordöstlichen Deutschlands zeichnen sich vor allen andern vorzüglich dadurch aus, daß sie, ohne Bezugnahme auf den Kaiser und das Reich, aus selbstständiger Macht der Fürsten abgeschlossen und, ohne Einsetzung von Landfriedensrichtern, durch die selbstständige Kraft der abschließenden Parteien aufrecht erhalten werden. Ich habe ferner in der oben angeführten Schrift, auf welche ich hier verweisen muß, näher darzulegen versucht, daß es vorzüglich unser Albrecht war, welcher in der Mitte des 14. Jahrhunderts die Landfrieden groß, dauernd und wirksam schuf, und vorzüglich Landfriedensstifter genannt werden kann. Was mir damals noch dunkel erschien, wird durch die nachfolgenden Untersuchungen eine viel größere Bedeutsamkeit erhalten.

Die vorzüglichste Sorge der Vormundschaft in den ersten Jahren ihrer Wirksamkeit war, mit den benachbarten Fürsten Landfrieden, d. h. Bündnisse zu schließen, um sich von außen her und gegen aussätzige Unterthanen zu sichern. Schon am 5. Junii 1329 schlossen zu Dutzow die Vormundschaft und der Graf Heinrich IV. von Schwerin einen vierjährigen Landfrieden mit den Herzogen Erich und Albrecht von Sachsen=Lauenburg 54 ). Nachdem die Lehns= und Pfand=Verhältnisse mit der Mark Brandenburg geregelt waren 55 ), schloß die Vormundschaft mit dem Markgrafen Ludwig von Brandenburg am 24. Sept. 1329 auf der Görni=


53) "Herzog Albrecht von Meklenburg und die Norddeutschen Landfrieden von Lisch", Berlin und Schwerin, 1835.
54) Vgl. Urk. Nr. III.
55) Vgl. Rudloff II., S. 269.
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chen Brücke einen zehnjährigen Landfrieden 56 ), in welchen auch die eben berührten Lehns= und Pfand=Verhältnisse aufgenommen wurden; es war dieser Vertrag ein schließliches Bündniß, durch welches allen Irrungen ein Ende gemacht werden sollte. In demselben ward für streitige Fälle auf die Grafen Günther von Lindow und Heinrich von Schwerin compromittirt.

Bald darauf ward die Angelegenheit beseitigt, welche der Vormundschaft die wichtigste sein mußte, nämlich der Anspruch der Herren von Werle an die Führung der Vormundschaft; am 20. Mai 1330 ward zwischen den Herren Johann und Henning von Werle und den Vormundschaftsräthen in dem Dorfe Schwisow ein Bündniß 57 ) geschlossen, in welchem den Herren von Werle für die Entsagung der vormundschaftlichen Regierung 3000 kölnische Mark Silbers verheißen und eine gegenseitige Eventual=Succession zwischen den Häusern Werle und Meklenburg bestimmt und ein Landfriede verabredet ward. Nachdem hierauf der Fürst Johann von Werle mit dem Herzoge Otto von Pommern zu Wollin am 13. December 1330 58 ) und mit dem Herzoge Barnim von Pommern zu Demmin am 11. April 1331 ein Landfriedensbündniß 59 ) geschlossen hatte, vereinigte sich die Vormundschaft der Fürsten Albrecht und Johann mit diesem letztern Fürsten am 15. Julii 1331 zu einer gleichen Verbindung 60 ); von den etwanigen Feinden ward wiederum der Graf Heinrich von Schwerin ausgenommen.

Bei allen diesen Bündnissen und den daraus entstehenden Streitigkeiten übernimmt der Graf Heinrich von Schwerin die Rolle der Obhut über die meklenburgischen Lande und die Vormundschaft. Schon bei dem Verkaufe des fürstlichen Hofes in Wismar an die Stadt am 18. März 1329 besiegelte der Graf die Verkaufsurkunde neben dem Fürsten Albrecht 61 ), in dem brandenburgischen Landfrieden vom 24. Sept. 1329 ward sein und des Grafen von Lindow Schiedsspruch für mögliche Streitfälle im voraus anerkannt und in dem pommerschen Landfrieden vom 15. Julii 1331 wird er von den etwanigen Feinden der Verbündeten ausgenommen. Ja, am 17. Julii


56) Vgl. Urk. Nr. IV.
57) Vgl. Urk. Nr. VII.
58) Vgl. Oelrichs Urk. Verz..
59) Vgl. Urk. Nr. VIII.
60) Vgl. Urk. Nr. IX, Unter den Vasallen (leven man, nicht lenenman bei v. Medem in Höfer's Ausw.), welche diesen Landfrieden mitschließen, stehen die, zu diesem Geschäfte abgeordneten Vormünder voran und sind klar von den nachstehenden werleschen Vasallen gesondert.
61) Vgl., Urk. Nr. 11.
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1331 schließt er selbst auf der Fähre (bei Schwerin?) mit dem Herzoge Barnim von Pommern ein Bündniß 62 ) gegen alle dessen Feinde, von denen die jungen Herren von Meklenburg ausgenommen werden.

Einige Jahre bestanden freilich die friedlichen Verhältnisse. Aber Schon im J. 1334 waren sie mit Brandenburg getrübt; der Graf Heinrich von Schwerin glich die Uneinigkeit zwischen Brandenburg und Meklenburg jedoch dadurch aus, daß er, auf den die Entscheidung gestellt war, am 15. August 1334 ein compromissarisches Schiedsgericht zur Beilegung der Irrungen einsetzte 63 ). Da dieser Weg nicht zum Ziele geführt zu haben scheint, so ordnete er am 18. Nov. 1334 ein zweites Compromiß=Gericht an 64 ).

Hierauf gingen die Friedensverhandlungen hin und her, ohne daß etwas besonders Wichtiges erreicht zu sein scheint. Am 28. Junii 1333 hatten bereits die Herzoge Otto und Barnim mit dem Markgrafen Ludwig von Brandenburg zu Lippehn einen Landfrieden auf drei Jahre geschlossen 65 ), von dessen Feinden die Herren von Werle ausgenommen wurden, und am 17. Nov. 1333 kam ein Hülfsbündniß zwischen dem Markgrafen und dem Herzoge Otto von Braunschweig=Lüneburg zu Stande 66 ) gegen alle, mit Ausnahme des Reichs, des Herzogs Otto von Braunschweig und des Herrn Johann von Werle.

Die meklenburgische Vormundschaft tritt in den politischen Verhältnissen zu den Nachbarländern mehr in den Hintergrund. Dagegen scheint sich Alles mehr um den Markgrafen Ludwig von Brandenburg zu drängen, dessen Geschichte im J. 1334 reich an Landfrieden ist. Am 27. Mai d. J. schlichtete Graf Heinrich von Schwerin die Landfriedensirrungen zwischen dem Markgrafen und dem Herrn Johann von Werle 67 ); der Markgraf schloß hierauf Landfriedensbündnisse: am 18. Nov. zu Templin mit dem Grafen Heinrich zu Schwerin 68 ) und dem Bischofe von Camin 69 ), am 23. Nov. zu Templin mit den Herren Johann und Henning von Werle 70 ) und am 3. Dec. zu Schwedt mit den Fürsten von Pommern 71 ),


62) Vgl. Urk. Nr. X.
63) Vgl. Gercken Cod. Dpl. Br. I., p. 255.
64) Vgl. Gercken a. a. O., p. 149.
65) Vgl. Gercken a. a. O., p. 166.
66) Vgl. Gercken a. a. O., p. 178.
67) Vgl. Gercken a. a. O., p. 251.
68) Vgl. Gercken a. a. O., p. 148.
69) Vgl. Gercken a. a. O., p. 152.
70) Vgl. Gercken a. a. O., p. 145 u. 146.
71) Vgl. Gercken a. a. O., p. 150.
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Alle diese Bündnisse aus dieser Zeit im nordöstlichen Deutschland, die sich weiter hin noch mehrfach verzweigen, verrathen einen Mangel an Festigkeit und zeigen nichts als ein Umhertappen und Irren nach Kraft und Ruhe, während das Land Meklenburg sich selbst überlassen blieb und mehr und mehr dem wachsenden Hochmuth der des Oberhauptes entbehrenden Vasallen unterlag. Ein Glück noch war es, daß der durch Ansehn und Bündnisse gestützte Graf Heinrich einigen Einfluß von seiner nahen Veste Schwerin aus die Vormundschaft zu Wismar üben mochte.

Es fehlt bis jetzt leider fast ganz an Nachrichten über die Handlungsweise der Vormünder, wenn sie nicht etwa bekannte Landes= und Privat=Angelegenheiten betrafen, welche auf die gewöhnliche Weise abgemacht wurden. Arg müssen sie es aber getrieben haben, da am 3. August 1333 der Graf Heinrich von Schwerin mit den Herzogen Erich und Albrecht von Sachsen=Lauenburg den Dutzower Landfrieden nach Ablauf desselben zu Lauenburg in der Art erneuerte 72 ), daß die Herzoge sich zu einer mächtigen Folge in die Länder Schwerin, Wittenburg, Boizenburg, Grevesmühlen, Gadebusch und Sternberg verpflichteten, - in Länder, in welchen nur Vasallen gefährlich sein konnten und welche wohl der Tummelplatz der Vormünder waren, wie auch einzelne Stellen der Urkunde anzudeuten scheinen.

Ein besonderer Fall ist aber dennoch aufzuführen. Einer der ältern Vormünder war Bolte Hasenkop, welcher zu der Zeit die Güter Sievertshagen und Köchelstorf bei Rehna inne hatte und dessen Nachkommen noch bis ins 15. Jahrhundert auch aus Rüting, Pokrent, Frauenmark und Eixen, alle in der Nähe von Gadebusch, saßen. Dieser war mit seinen Söhnen Ludolph und Bolte so kühn gewesen, vor dem fürstlichen Hause zu Gadebusch, aus fürstlichem Gebiete, ein Haus, wie einen Zwinger, aufzuführen. Schon in dem lauenburger Bündnisse vom 3. August 1333 73 ) hatte der Graf Heinrich von Schwerin bedungen, daß im Falle die lauenburgischen Herzoge Vesten, namentlich Bolte Hasenkops Veste, gewinnen würden, sie dieselbe ohne seine Zustimmung nicht aus den Händen lassen oder abbrechen lassen sollten. Bolte Hasenkop blieb aber noch einige Jahre im Besitze seiner Gewalt, bis er mit seinen Söhnen am 31. Mai 1335 versprach, das Gebäude vor dem Schlosse Gadebusch abzubrechen


72) Vgl. Urk., Nr. XII.
73) Vgl. Urk. Nr. XII.
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oder es dem Fürsten Albrecht von Meklenburg gegen die taxirte Summe des Werthes abzutreten 74 ). Dies geschah wohl auf Andringen seiner Mitvormünder, da damals noch die Vormundschaft bestand. Ungefähr von dieser Zeit an verschwindet Bolte Hafenkop aus der Reihe der Vormünder; er oder sein jüngerer Sohn gleiches Namens erscheinen jedoch einige Zeit nach dem Regierungsantritte des Fürsten Albrecht wieder in Seinem Gefolge.

So viel zur Erkenntniß des Waltens der meklenburgischen Vormundschaft. In Berücksichtigung dessen wird sich die Geschichte des Regierungsantrittes des Fürsten Albrecht ganz anders gestalten, indem sich von jetzt an jede seiner eigenen Handlungen nachweisen lässt.

Nach Ostern (31. März) 1336, vielleicht an der größten hôchzit (Fest) des Mittelalters, nämlich Pfingsten (19. Mai), oder nach Dalin am Feste des schwedischen Heiligen Erich (18 Mai) 75 ) wird die Vermählung des Fürsten Albrecht mit der Euphemia in der Stadt Rostock mit großer Feierlichkeit vollzogen. Am Johannistage fuhr das junge Ehepaar unter dem Geleite der Lübecker in das Heimathland der Braut, um die Krönung ihres königlichen Bruders zu Stockholm zu feiern. Am Ende des Monats Julii 1336 langte er mit seiner Gemahlin wieder in Rostock an und beschäftigte sich ernsthaft damit, sein Land von den drückenden Leiden zu befreien. Seiner Geldnoth steuerten die Rostocker nach einer Quittung, die er ihnen darüber am 30. August 1336 ausstellte 76 ); diese Urkunde ist ohne alle Zeugen ausgefertigt: vielleicht riß er sich von allen Banden los, die ihn außer seiner Gattin und seinem Vaterlande fesselten.

Er begann seine Laufbahn gewissermaßen von neuem und schloß neue, festere Verbindungen. Zuerst schloß er mit den Fürsten Johann und Henning von Werle, seinen nächsten Freunden, am 22. October 1336 in den Bergen bei Misdorf (in der Nähe von Schwan) ein Landfriedensbündniß, welches, in einem mehr als gewöhnlichen Tone, ein kräftiges Verfahren gegen raubende und mordende, gewaltthätige und aufsätzige Vasallen anordnet. Zu gleicher Zeit ordnete er andere Verhältnisse im nordöstlichen Meklenburg. So verlieh er am 27. Oct. 1336 dem Kloster Ribnitz einige Güter und bestätigte dessen Privilegien und Grenzen, wobei noch Johann, Heinrich,


74) Vgl. Urk. Nr. XIV.
75) Vielleicht irrt Dalin nur in dem Jahre, da er 1335 angibt.
76) Vgl. Urk. Nr. XVI. Diese Urkunde ist die erste bekannte, welche er als Selbstherrscher ausgestellt hat.
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Helmhold und Conrad von Plessen, Heinrich von Barnekow, Johann Moltke und Johann Ummereyse Zeugen waren, und übertrug dem Johann von Plessen die Regulirung der Grenzen in der ribnitzer Heide zwischen der Stadt und dem Kloster bei dem Dorfe Müritz, in welchem Johann von Plessen und sein Bruder Heinrich Güter besaßen.

Bis zum Ende des Jahres 1336 scheint Albrecht mit Vorbereitungen in der Stadt Rostock sich beschäftigt zu haben. Die Vormundschaft verharrte dagegen widerspenstig zu Wismar. Am 8. December 1336 stellt der Fürst zu Wismar dem Kloster Dobbertin noch die oft erwähnte Verleihungsurkunde aus 77 ), welche, im Gegensatze zu den Urkunden aus dem Anfange des Jahres 1337, von der Volljährigkeit und dem neuen Siegel des Fürsten gar nicht redet, und von nur zwei Zeugen, den ehemaligen Vormündern Heinrich und Johann von Plessen, bekräftigt wird. Und am 9. December 1336 quittiren Johann von Plessen und Johann Moltke Namens des Fürsten Albrecht das Kloster Neuenkamp über 1700 Mark zur Einlösung des Landes Barth 78 ). Allem Anscheine nach sind diese Urkunden von diesen Rittern noch in Anmaßung ihrer ehemaligen Vormundschaft dergestalt, ausgestellt, daß sie den jungen Fürsten in Wismar zur Anerkennung und Besiegelung nöthigten.

Da aber führte der Fürst selbst sein neues Siegel, - ein Siegel war zu der Zeit das einzige Zeichen der Gültigkeit, - und erklärte unter demselben mit dem Anfange des Jahres 1337, daß er Herr und Mann geworden sei. Alsbald erhob sich im ganzen alten Lande Meklenburg die Empörung der Vasallen gegen ihn und unter einander, den jungen fürstlichen Mann verachtend, den sie verderben wollten. Er aber nahm Rath und Hülfe von der Stadt Rostock und seinen Freunden von Werle, ließ Hülfe aus dem treu gebliebenen Lande Stargard kommen, zwang die Vasallen, brach ihre Burgen und brachte in kurzer Zeit den Frieden über das ganze Land, - eine That, ewig der Bewunderung werth. Trefflich redet hierüber die lübecker Chronik Detmars also:

1337.

"In der tyd, do albert de here van mekelenborch worden was mundich unde sine stede rostok unde wismer let buten sineme rade, do beghunden sine man in deme lande mekelenborch unde tuschen sic to rovende


77) Gedruckt in Schröder Pap. Mekl., I. p. 1171.
78) Nach Oelrichs Pommerschem Urk. Verz.
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unde to bernende. Se vruchteden clene eren iughen, heren. Do he dat sach, he nam raet und helpe van vronden, de em wol ere ghunden, unde let eme volk komen ute sineme lande to stargharden; darmede dwang he sine man, de schuldich weren. He let vele erer vestene breken unde bernen, unde makede enen ghuden vrede over al dat land. Der ghelike dede oc barnym, de hertoghe van stetyn, bi sinen mannen, de eme to der tyd oc weren vil wederstrevich. Des iares dar bevoren dede de here van wenden oc der gheljk bi sinen mannen".

Dies bestätigen denn auch die Urkunden: daß er das Land beruhigt habe durch einen Feldzug, auf welchem er seine aufrührerischen und uneinigen Vasallen bezähmt habe:

"in reysa, qua iuxta affinium nostrorum suasiones et consilia nostros vasallos inter se bellantes compescere et componere nitebanur".

Bereits am 23. März 1337 hatte er das Werk vollbracht, indem er damals schon zu Wismar war 79 ), und an dem großen mittelalterlichen Feste, dem Pfingstfeste, desselben Jahres 1337 hielt er, in Begleitung des Grafen Günther von Lindow und seiner zuverlässigen Anhänger aus dem meklenburgischen Ritterstande, triumphirend Hof in der vormundschaftlichen Residenz Wismar, der Residenzstadt seiner Väter, und belohnte die Getreuen, wie er die Abtrünnigen ernst gestraft hatte.

Vor allen Dingen wählte er sich zuverlässige Männer zu seiner Umgebung. An der Spitze stand der Ritter Otto von Dewitz, der späterhin zum Grafen von Fürstenberg erhoben ward; dann kamen der Ritter Nicolaus von Helpede und sein ehemaliger muthmaßlicher Erzieher, sein Capellan Willekin von Helpede, die Ritter Henning und Bode und der Knappe Zabel von Helpede, ferner der ehemalige Knappe, spätere Ritter Johann Moltke. (Otto von Dewitz, Nicolaus von Helpede und Johann Moltke hatten zur Vormundschaft gehört.) Auch Bolte Hasenkop näherte sich dem Fürsten wieder. Außer diesen erscheinen in seiner Umgebung in den ersten Jahren seiner Selbstregierung noch in seinem Gefolge: Albrecht von Warborch und Lippold Beer, auch Victor von Oertzen. Die meisten seiner ersten Vertrauten waren aus stargardischen Geschlechtern. Z u seinem ("geliebten") Protonotarius


79) Nach der Urk. in Schröder Pap. Mekl. I., 1187.
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erwählte er den rostocker Berthold Rode, der schon im Jahre 1339 als Canzler auftritt 80 ).

Aber vor allen Dingen bedachte er seine geliebte Stadt Rostock. Am Pfingstfeste verhieß er zu Wismar, nach gewonnenem Siege, der Stadt Rostock treuen und kräftigen Beistand in jeglicher Noth und Gefahr, namentlich in derjenigen, welche ihr aus dem treuen Beistande auf der Heerfahrt erwachsen könnte 81 ), und verlieh ihr in voller Anerkennung ihrer Verdienste um ihn zum vollen Eigenthum das Patronatrecht über die Schulen an der St. Marienkirche ihrer Stadt 82 ); seinem geliebten Capellan Willekin von Helpede hatte er zuvor das Pfarramt an der Marienkirche zu Rostock verliehen und der Stadt in demselben sicher einen guten Scholarchen gegeben 83 ). Auch die Stadt Wismar erhielt mancherlei Benadigungen.

Die Stadt Rostock war es jedoch vorzüglich, welcher der Fürst sich ganz hingab. Mit Wismar gestaltete sich das Verhältniß zu ihm erst später freundlicher. Albrecht hielt zwar nach Beruhigung seines Landes seinen Einzug in Wismar und begnadigte sogar die Stadt; sicher geschah dies aber nur, theils um die Vormundschaft in ihrem Sitze auszuheben und sich, den Sieger, der Stadt zu zeigen, welche früher den Fürsten nicht besonders hold gewesen war und in den jüngst vergangenen Zeiten wohl sehr unter dem Einflusse der Vormundschaft gestanden hatte, theils um die Stadt für die Zukunft zu gewinnen. - Die "Verhältnisse Wismars zu seinen Herren waren schon seit längerer Zeit sehr gespannt gewesen, besonders seit der Fürst Johann I. durch Erbauung einer Burg (1256)" die Stadt zur eigentlichen Residenz der Herren von Meklenburg erhoben hatte; die Wismaraner "litten aber den Habicht ungerne so nahe auf dem Hecke" und nahmen gerne jede Gelegenheit zu ernstlichen "Neckereien" wahr, bis es endlich zum offenen Bruche kam, welcher zur Folge hatte, daß Heinrich der Pilger, Albrechts


80) Vgl. Rudloff II., S. 369 u. 370 und Not. z. Berthold Rode war bis 1337 Pfarrherr zu St. Peter in Rostock. Am 8. Dec. 1329 war Johannes Rode Rathmann und Heinrich Rode in den Jahren 1330 u. 1337 Rathwann unb noch im J. 1355 Burgemeister zu Rostock.
81) Vgl. Urk. Nr. XXII. Nach der gütigen Mittheilung des Hrn. Dr. Zastronw zu Rostock ist diese Urkunde mit dem neuen großen Siegel Albrechts besiegelt.
82) Vgl. Urk. Nr. XXIII.
83) In einer ungedruckten Urkunde vom 1. Mai 1337 kommt er schon als: rector ecclesie beate virginis in Rostok vor.
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Großvater, freilich gegen eine Geldentschädigung, aber doch immer nothgedrungen, sich zur Schleifung des fürstlichen Schlosses, welches außerhalb der Stadt auf dem Weberkampe gelegen war, und zur Verlegung der Residenz innerhalb der Ringmauern der Stadt verstand (1300). Aber auch diese Residenz verschlossen die Bürger dem Vater Albrechts, Heinrich dem Löwen, als dieser dort die Hochzeit seiner Tochter Mechthild mit dem Herzoge Otto von Lüneburg ausrichten wollte (1310). Und selbst diesen Hof verkauften die Vormünder (1329) an die Stadt und diese gestattete den Fürsten fortan nur den Besitz eines, zu Stadtrecht in der Stadt liegenden Hauses 84 ). - Eine solche Demüthigung konnte Albrecht aber nicht ertragen und er gedachte im bittern Unmuth der Kränkungen, die seinen Vorfahren und ihm selbst zur Zeit der Vormundschaft von der Stadt verursacht waren: nachdem er sich der Stadt gezeigt hatte, verlieh er ihr einige Begünstigungen und wandte sich dann wieder von ihr. Nachdem er schon am 23. März 1337 der Stadt die Versicherung 85 ) ertheilt hatte, daß nicht mehr als zwei Judenfamilien in derselben wohnen sollten, und in Folge dieser Versicherung der Jude Daniel (?) das Bürgerrecht in Wismar am 1. Mai d. J. gewonnen hatte 86 ), schloß er mit der Stadt am 11. Junii 1337 (also drei Tage später, als Rostock Begnadigungen erhielt) ein Schutz= und Trutzbündniß 87 ) gegen die aufrührerischen Vasallen, namentlich gegen die von Plessen, und bestätigte derselben alle ihre Urkunden, Gerechtsame und Freiheiten.

Weiter ging Albrecht jedoch nicht. Ihn beherrschte noch immer Unmuth gegen die Stadt Wismar; ja sein Unmuth stieg zum Zorn, als der Jude Daniel, der so eben wismarscher Bürger geworden war, einem rostocker Juden, der im Geleite des Fürsten reiste, Arme und Beine zerschlagen hatte. Der Zwiespalt zwischen dem Landesherrn und der vermögenden Stadt konnte aber keine gute Früchte tragen; deshalb nahm


84) Ueber alle diese Verhältnisse vgl. Schröter Beiträge zur meklenburaischen Geschichtskunde, S. 1 u. 2 u. Not. 5, S. 11 u. 12 u. Not. 36 u. 37, und S. XXIII. Verbess.; Rudloff II., S. 98, flgd. und S 208 flgd.; v. Lützow II., S. 93 - 95 u. 172.; Jahrb. V., S. 1, flg. Vgl. Urk. Nr. I. u. II.
85) Die Urkunde ist gedruckt in Schröder Pap. Mekl. I., S. 1187.
86) Die Urk. Vgl. in Schröder P. M. I., S. 1191.
87) Vgl. Urk. Nr. XXIV. Diese höchst interessante Urkunde besaß Rudloff, nach seiner Mekl. Gesch. II., S. 281, Not. r, in Abschrift. Die älteren Urkunden der Stadt Wismar sind bekanntlich im J. 1350 verbrannt, jedoch im J. 1351 wieder in Abschriften gesammelt und in ein sogenanntes Prvilegienbuch unter fürstlicher Auctorität zusammen getragen. Aus diessem Privilegienbuche hat der Herr Dr. Burmeister die Urkunde, welche sonst nirgends zu finden war, in Abschrift mitgetheilt.
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der Kurfürst Rudolph von Sachsen, unsers Fürsten Albrecht Mutterbruder, die Gelegenheit wahr und versöhnte am 2. Nov. 1339 zu Rostock, unter Beistand des Raths der Stadt Rostock, beide Parteien, und Albrecht versprach, allen Unwillen gegen die Stadt Wismar zu vergessen und ihr gnädiger und lieber Horr und Schützer zu sein, wie die Bürger von Wismar ihm treue Mannen sein wollten. Dieser Vertrag ward am 4. Dec. D. J. vor dem Kurfürsten Rudolph in Gegenwart des Fürsten Albrecht und seiner Räthe und zweier Mitglieder des wismarschen Raths, so wie einer Deputation des Magistrats von Rostock, zu Sternberg, wo zu der Zeit die Fürsten Hof hielten, feierlich abgeschlossen. Damit waren denn einstweilen die wismarschen Verhältnisse beruhigt. - Die Darstellung dieser Begebenheiten geht aus einer Stelle des alten wismarschen Rathsbuches hervor; die betreffende Stelle, welche der Herr Dr. Burmeister zu Wismar mitgetheilt hat, lautet folgendermaßen:

Ao. MCCCXXXIX. cum dominus noster Albertus Magnopolensis, Stargardie et Rostok dominus maxime fuerat ad iracundiam provocatus contra nos consules suos et contra Danyese judeum civem nostrum pro eo, quod dixerat, eundem judeum quendam alium judeum de Rostok, Salemonis filium, in conductu et securitate domini nostri in via equitantem percussisse et sibi brachia et crura confregisse. Feria vero tertia ante festum beate Katherine virginis nobilis dominns Rodolfus dux Saxonie in civitate Rostok constitutus una cum quibusdam consulibus Rostokiensibus inter dictum dominum nostrum Magnopolensem et inter nos consules compositionem unam, prout arbiter unus ut erat ex utraque parte ad hoc electus, loquebatur in hune modum. Dictus siquidem dominus noster dilectus omnem indignationem, quam contra nos caperet de antiquo, sive de novo, et specialiter nominatim ex parte destructionis turris et transposicionis curie sue et Danyesis judei memorati, totaliter de corde suo dimittere deberet et nunquam illius de cetero recordari, sed nos et nostram civitatem, cives nostros, in omnibus defendere, tueri et proplacitare et

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nobis esse et manere dominus favorabilis et graciosus. Hoc idem dominus noster dixit se libenter velle per omnia facere et nullius indignacionis contra nos de cetero recordari. Huic composicioni in publico facte presentes fuerunt dominus Enghelbertus de Bomgharden, Ludekinus de Godlande, Hinricus Rode, Johannes Tolner, burgimagistri Rostokienses a communi eorum consilio ad hoc missi. -
Postea vero sabbato post Andree prescripti domini nostri in Sternberghe congregati, pretactus dominus dux Rodolfus vocatis ad hoc infrascriptis, prefatam composicionem de verbo ad verbum reiteravit. Ad quod sepedictus dominus noster publice dixit, quod omnes indignaciones, tam novas, quam antiquas, de quibuscunque causis subortas, quas contra nos habuisset, de corde suo penitus dimisisse, nolens ipsas de cetero ad memoriam revocare, sed vellet nobis in omnibus esse dominus benignus et graciosus et quod nos e converso debemus esse fideles viri sui, prout nos deberemus, Hiis omnibus presente, fuerunt: nobilis dominus dux prenotatus, dominus Nicolaus de Helpede, Johannes de Plesse, Otto de Dewitze, Godscalcus Storm. milites, Vicke Molteke, frater domihi Johannis, dominus Bertholdus cancellarius domini nostri, domimis Ludekinus de Ghodlande et Johannes Rode, consules Rostokienses, et plures alii fide digni.
Ad hec omnia prescripta dominus Johannes Rodecogele et Georgius Wittenbeke, nostri consulatus socii, nuncii nostri fuerunt.

Mit seinen Vasallen war Albrecht bald fertig geworden. Seine Hauptfeinde waren die von Plessen; er selbst sagt in der Schutz= und Entschädigungs=Urkunde 88 ) für die Stadt Wismar vom 11. Jumi 1337:


88) Vgl. Urk. Nr. XXIV.
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"do sick use man, de van Plesse beschedelyken 89 ) met anderen vsen mannen vnde yren helperen vs to vorderuende weder vs hadden gesat".

Die Macht der Vormünder und anderer Vasallen bestand vorzüglich darin, daß der größere Theil des Landes an sie verpfändet war. So war z. B. Wipert Lützow Pfand=Inhaber der ganzen Vogtei Grabow, Heinrich von Barnekow war Vogt zu Schwan, und wie groß allein die den von Plessen verpfändeten Güter waren, ergiebt die Aufzählung derselben bei Rudloff II., S. 341, Not. h. und ihre Besitzung in der Gegend von Wismar und auf der Insel Poel. Auch von Plessen, Heinrich und Johann 90 ), waren es, welche noch im December des J. 1336 Urkunden für Albrecht zu Wismar ausstellten. Doch bald hatte er sie zur Ruhe gebracht und versöhnte sie eben so schnell. Auf des Fürsten "Rath" mußten die Brüder Conrad, Bernhard und Reimbern von Plessen die Burg Eikhof 91 ) bei Sternberg auf der Grenze des meklenburgischen Landes kaufen und dort mit ihren Erben zum Dienst des Fürsten in dem ihm offenen Schlosse sitzen, es zu bewachen; hiefür hatte, der Fürst sie wieder zu Gnaden aufgenommen, nach der Urkunde 92 ):

"hirvmme so hebben se vns wedder ghenomen an eren vrede vnde an eren hoghe (häge=Wohlgefallen, Gnade) an welken stucken vns des nod is; - - och schole wy alle stucke na ereme rade holden".

Ein Zeichen ihres gebeugten Muthes war es auch wohl, daß dieselben Brüder Conrad, Bernhard und Reimar von Plessen für das Seelenheil ihrer selbst und der verstorbenen Brüder Thezen und Heinrich von Zernin, welche früher Eikhof besessen hatten, schon am 30. Nov. 1336 in der Kirche zu Eickelberg bei Eikhof mit 10 lüb. Mark jährlicher Hebungen aus ihrem Gute Ostergolvitz auf Pöl eine Vikarei


89) beschedelyken = namentlich, besonders
90) Dieser Johonn von Plessen war wahrscheinlich der Sohn des Ritters Johann von Plessen, genannt Rosendal, welche beide ungefähr um diese Zeit lebten; denn auf seinem Siegel, welches an der oben genannten Vormundschafts=Urkunde vom 11. April 1333 hängt, nennt er sich: Ritter Johann von Plessen der jüngere:
Ritter Johann von Plessen der jüngere
91) Die kurze Geschichte des Schlosses Eickhof im 14. Jahrh. siehe bei Rudloff II., S. 841. Not. f.
92) Vgl. Urk.Nr. XXVI.
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stifteten. - Dieselben drei Bruder von Plessen verkauften auch am 26. Aug.1337 ihre Güter Stove und Gustekow (jetzt Stove und Güstow) in der Pfarre Dreveskirchen (damals: in parrochia Oetzkerke) in der Nähe von Bukow und nicht weit von Wismar, unter landes= und lehnsherrlichem Consens des Fürsten Albrecht an den Bischof Heinrich von Lübeck; am 5. Sept. 1337 quittiren die von Plessen über die Auszahtung der Kaufgelder.

Auch andere Vasallen außer seinen Vormündern suchte der Fürst bald zu versöhnen. Ein Ritter Raven von Barnekow verstand sich, auf Anhalten des Fürsten, am 7. Nov, 1338 dazu, dem Kloster Neukloster sämmtliche Dienste aus dem Dorfe Kl. Schwaß zu schenken, und der Fürst bestätigte, aus Dankbarkeit für die vielen und großen Verdienste, welche das Kloster um ihn habe, am 13. Nov. D. J. diese Schenkung. Mit solchen Opfern scheint der Fürst, durch Vermittelung der Kirche, die Ungetreuen wieder angenommen zu haben, und nach und nach erscheinen immer mehr Vasallen in seinem Gefolge, wie seitdem auch Raven von Barnekow, Gottschalk Storm und Johann von Lützow.

Ja, Albrecht drang sogar in die stillen Mauern der Klöster . Die ehrwürdige Abtei Doberan, das Lieblingskloster der meklenburgischen Fürsten, hatte sich über ein Jahrhundert hindurch des größten Ansehens zu erfreuen gehabt. Mit der sich entfaltenden Blüthe der wendischen Städte erwachte aber das Bewußtsein der Klosterbewohner und es kam unter ihnen zu empörenden Auftritten. Das Kloster Doberan war von dem sächsischen Kloster Amelungsborn 93 ) gestiftet und dieses übte über Doberan die Rechte eines Mutterklosters durch Confirmationen und jährliche Visitationen u. dgl. Aus. Seit alter Zeit waren vorherrschend "sächsische" Mönche in das Kloster Doberan geschickt und mit diesen die Beamtenstellen im Kloster besetzt; die Mönche und Laienbrüder aus den deutschen Ostseeländern, die sogenannten "wendischen" Mönche und Laienbrüder, zu denen die vielen Klosterbrüder aus den mächtigen Hansestädten gehörten, waren dagegen von den "sächsischen" zurückgesetzt und verachtet 94 ). Lange mochten die wendischen Klosterbewohner


93) Im Braunschweigischen bei Stadt=Oldendorf, unfern der Weser. - Ueber die Verbreitung der Cistercienser Mönche vgl. v. Ledebur Neues allg, Archiv. I., 4, S, 341.
94) Die zunächst folgende Darstellung ist vorzüglich aus den im Auszuge mitgetheilten Klage=Artikeln der wendischen Mönche Nr. XXXII. entlehnt, welche in vieler Hinsicht höchst interessant sind und bei dem Mangel an Chroniken und ausführlichen Nachrichten einen tiefen Blick in die Zeitverhältnisse gönnen. Das Actenstück ist eine sehr seltene Reliquie.
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diese Unbill getragen haben; endlich offenbarten sich im Anfange des 14. Jahrhunderts wiederholt Reibungen zwischen beiden Parteien. Das Ansehen des Klosters fing dadurch an zu sinken. Unter der Vormundschaft des Fürsten Albrecht brach der Unfriede zur offenen Feindschaft aus, welche Auftritte erzeugte, wie sie in den Annalen der Klöster kaum erhört sind. Die wendischen Mönche forderten gleiche Rechte mit den sächsischen, namentlich die Verleihung von Beamtenstellen. Dagegen protestirten die Sachsen mit erbitterter Heftigkeit, indem sie aussprachen: Ihnen gehöre das Kloster, sie seien seit langer Zeit dessen Herren und Regierer, und ehe sie ihre Rechte aufgäben, wollten sie lieber, daß kein Stein von dem Kloster auf dem andern bleibe, daß der Grundstein über dem Dachstein zu liegen komme, daß ein Sumpf die Stelle des Klosters bezeichne! Der Abt Johann von Elbingen, ein Nichtsachse ("alterius nationis quam de Saxonia"), der das Kloster gut und lobenswerth regierte, hatte der ehrenden Leitung derr bevorzügten Abtei entsagen müssen, und ein sächsischer Mönch, Conrad, ein hartnäckiger, verschmitzter Mensch, war Abt geworden. Die politischen Spaltungen im Lande erhitzten die Gemüther und der Mangel eines kräftigen Fürsten gönnte den Leidenschaften freien Spielraum. So griffen Hader und Zwietracht immer weiter um sich, bis der Fürst Albrecht die Regierung antrat und ernsthafte Miene machte, mit Kraft alle Unordnungen in seinem Lande, in welchem auch das Kloster lag, zu unterdrücken. Da bemächtigte sich List und Heimtücke der Sachsen und es erwachte der Gedanke, den jungen Fürsten aus dem Wege zu räumen. Ein sächsischer Laienbruder, Johann Unverfehrt, gab sich zu dem Kruge her, in welchen die Galle der sächsischen Klosterbrüder zusammenfloß. Er ging nach Rostock und kaufte dort Gift, um aus demselben einen mörderischen Trank zu bereiten. Mit diesem ging er nach dem Klosterhofe Satow, um den jungen Landesherrn hinzuopfern, der sich damals dort aufhielt, um den Frieden im Kloster wieder herzustellen. Zum Versuche oder aus Versehen bot er den Trank aber des Fürsten jungem Schildknappen, dem Wedekin von Plate, der sogleich über Vergiftung wehklagte, am dritten Tage darauf starb und am 9. Mai 1336 zu Doberan begraben ward. Augenblicklich fiel bei allen Braven, vorzüglich im Kloster und in der Umgegend, der schrecklichste Verdacht auf die sächsischen Brüder des Klosters. Während der Zeit wurden die wendischen Klosterbrüder auf das Härteste gemißhandelt. Um Weihnacht 1335 wollte der Abt Conrad den wendischen Laienbruder Johann Cruse (einen Rostocker?) auf dem Klosterhofe Varpen ohne

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Ursache gefangen nehmen lassen, nachdem er diesem und dem Klosterbruder Heinrich Redewisch schon früher Gewalt gethan hatte. Cruse, gewarnt und Böses ahnend, entfloh, und da er vom Abte weder Gerechtigkeit, noch Milde erreichen konnte, stellte er seinen Pfaden nach und führte ihn am 8. Julii 1336, als er ihm bei Bolhagen begegnete, gefangen in die Burg des Knappen Engelke Pressentin, wo er ihn einige Tage in Fesseln hielt. Durch Bestechung der Wächter ward der Abt seiner Banden ledig und entfloh aus der Burg in sein Kloster. Mit abgefeimter List pflegt sich Aberglaube zu paaren. Als die Sachsen ihre Wuth über ihren wohlverdienten schlechten Ruf nicht auslassen konnten, nahmen sie ihre Zuflucht zu Zaubermitteln! Der Fürst Albrecht war mit seiner jugendlichen Gemahlin Euphemia zu seinem Schwager, dem Könige Magnus, nach Stockholm gefahren, um dort große Feste zu feiern. Mehrere sächsische Laienbrüder, namentlich der oben genannte Johann Unverfehrt, in Gemeinschaft mit Johann Langhals und Johann Oldendorp, verbanden sich nun mit einem Weibe, Margarethe Genseke zu Hohenfelde bei Doberan, um durch Zauberkünste dem beneideten und gefürchteten Fürsten Albrecht in der Ferne das Leben zu nehmen. Das Weib, denn schon damals konnten wohl nur Weiber hexen, machte aus Anstiften der genannten Laienbrüder ein Wachsmännletn ( manoleken ) mit linnenen Fäden, statt der Adern, in Händen und Füßen; das Männchen ward unter Zaubergebräuchen in Gegenwart von Pathen im Namen des Teufels feierlich getauft und mit heiligem Oele gesalbt: so wie die Flamme der angezündeten Fäden das Wachs verzehre, schwinde der bezauberte Mensch dahin, bis die Herzstelle zerschmelze und der Mensch sterbe. So glaubte man den Fürsten Albrecht und die wendischen Laienbrüder Cruse und Redewisch im geheimen tödten zu können. Aber die Thierklauen des Bösen lassen ihre Spuren zurück; der crasse und gemeine Unsinn blieb nicht verborgen, die That ward ruchtbar. Als am 29. Junii 1336 der Abt Conrad für den verstorbenen Burgemeister Heinrich Frehse zu Rostock in der Marienkirche vor einer zahlreichen Gemeinde Todtenmesse las, sprang ein kecker Bürger, Ulrich Foysan, hervor und hielt dem celebrirenden Abte ein Wachsmännlein vor dem ganzen Volke vor Augen. Es entstand ein großes Getümmel; das Volk stürzte schreiend und kichernd aus der Kirche; der bestürzte Abt, der die Meßworte: "Gewarnt durch heilsame Lehren", singen sollte, sprach in der Verwirrung den Segen. - Darauf kehrte der Fürst Albrecht wieder aus Schweden heim, um seinen Thron zu säubern. Er erfuhr die schmutzige Hexengeschichte und mochte

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wohl ernst an die Vergiftung seines armen Plate zu Satow gedenken. Er ging deshalb selbst am 20. Julii 1336 nach Hohenfelde und ließ die Hexe vor sich führen, welche sogleich aus freien Stücken alles bekannte. Als dies die Brüder Unverfehrt und Langhals erfuhren, flohen sie nach Rostock; der Fürst Albrecht zog nun mit dem Weibe nach Doberan, versammelte vor einer großen Menge Volks die Klosterbewohner vor der Kirchenthür, wo das Weib noch einmal freiwillig aussagte, daß sie das Zauberbild auf Zureden der sächsischen Laienbrüder gemacht habe. Sogleich ließ Albrecht das Weib nach der nahen Stadt Cröpelin führen; hier saß der Fürst am 21. Julii selbst zu Gericht und ließ, nach vorausgegangenem, nochmaligem Bekenntnisse und Herbeischaffung des versteckten Wachsmannleins aus Hohenfelde, an demselben Tage, nach Urtheil und Recht, das Weib als Hexe verbrenne 95 ). Einige Tage darauf rief der Fürst den Abt vor seine Schranken und forderte von ihm die Auslieferung der schuldigen Laienbrüder, denen er zur Flucht behülflich gewesen war. Um eine so große Demüthigung zu verhindern und den zürnenden Fürsten zu besänftigen, zahlte diesem derAbt eine Buße von 500 lüb. Mark. Zu deren Aufbringung er das Gut Adamshagen an den Bürger Arnold Kopmann in Rostock verpfändete. Durch solche Vorgänge erhielt aber das Ansehen der Klosterbewohner einen solchen Stoß, daß, wo sich nur ein Mönch blicken ließ, das Volk und die Straßenbuben ihn verhöhnten und beschimpften, unter dem Geschrei: "Mönch, hast du auch ein Wachsmännlein unter deiner Kutte?"

Der Laienbruder Johann Cruse hatte aber während der Zeit seine Selbsthülfe gegen den Abt bereut; er war im Büßerkleide nach Rom gepilgert und hatte dort Ablaß empfangen. Mit päpstlichen Absolutionsbriefen ging er zu seinem Diocesan=Bischofe Ludolph nach Schwerin zurück und erhielt auch hier Absolutionsbriefe. Damit wandte er sich reumüthig und ernst an seinen Abt nach Doberan. Den aber empörte eine so edelmüthige Gesinnung; trotz der demüthigsten Bitten versagte er ihm, wie den übrigen wendischen Mönchen, Gnade, ja selbst Kleidung und Nahrung, und drohete, mit allen Sachsen, ihm und seinen Gefährten mit Gefängniß und Züchtigung. Da riß dem Johann Cruse, als seine Demuth erschöpft war, die Geduld und seine Entsagung verwandelte sich in Grimm: erschreckt und hülflos entfloh er von neuem. Am 27. Nov. 1336 in früher, dunkler Morgenstunde, als der Convent im Chore der Kirche


95) Dies ist wohl die älteste Nachricht von einem Hexen=Processe in Meklenburg.
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die Matutin sang, trat Johann Cruse mit einer großen Schaar bewaffneter Männer, nach Uebersteigung der Klostermauern, mit gezogenen Schwertern und brennenden Fackeln und mit Wurfgeschossen in den Chor, nahm 14 der anwesenden Mönche gefangen und führte sie und 5 andere Mönche in leichter Kleidung in der kalten Winternacht durch den Wald zunächst nach dem nahen Althof, von wo sie auf Wagen weiter gebracht werden sollten; der Abt entfloh durch ein Loch der stürmenden Wuth. Durch nacheilende Hülfe wurden die Mönche jedoch aus den Händen der Rächer befreiet. Voll Angst unterließen die Mönche lange den feierlichen Gottesdienst im Kloster. Immer drohender ward die Stimmung gegen das Kloster und die Sachsenmönche. Der Abt traute dem Schutze der Pergamente allein nicht mehr; als am ersten Adventsonntage 1336 der Convent zu Tische saß, entführte der Abt alle Urkunden und Privilegien und die werthvollern Kelche, Meßgewänder und Meßbücher nach Rostock, übergab sie hier dem sächsischen Bruder Barthold, Vorsteher des doberanschen Hofes zu Rostock, und entfloh, als das Geschrei von seiner Entweichung überhand nahm, nach Amelungsborn, wo er mehrere Monate lang verborgen lebte; von Sachsen aus bestellte er ohne Wissen des Convents einen neuen Klostervogt in der Person des Ritters Conrad Moltke.

Die flüchtigen Laienbrüder Johann Cruse und Johann Redewisch irrten während der Zeit verborgen umher und lauerten auf eine Gelegenheit, ihre Rache zu befriedigen. Da trafen sie am 15. März 1337 bei Parkentin den Prior des Klosters, Johann von Hameln, dem vorzüglich sie ihre unverschuldete, harte Behandlung im Kloster zur Last legten, als er mit dem Kellermeister Gottfried von Lübeck von Rostock nach Doberan zurückfuhr; es schlug die Stunde der Rache: sie rissen den Prior vom Wagen, hieben ihm das Bein unter dem Kniee ab und entflohen mit seinen Pferden. Aus Furcht vor der Rache und hülflos ohne Oberhaupt entflohen alle sächsischen Mönche und Laienbrüder nach Rostock.

Der Abt des Mutterklosters, Henrich von Amelungsborn, konnte aber dem gänzlichen Verfall des Klosters Doberan nicht gelassen zusehen; eben so wenig wollte er das Ansehen der Sachsenmönche sinken lassen. Er machte sich also auf Kosten des Klosters Doberan zur Visitation des Klosters und zur Vertheidigung des Abtes Conrad, in Begleitung desselben und seines Capellans Ludolph, nachmaligen Abtes von Doberan, nach Meklenburg auf und lud dahin zum Beistande vier sächsische Aebte von entfernten Klöstern: Johann von Zinna, Hermann von Lehnin, Johann von Marienthal (bei Helmstädt) und

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Dietrich von Riddagshusen, obgleich mehrere Cistercienser=Klöster (Dargun, Eldena, Neuencamp, Stolpe, Hiddensee, Reinfelden) in der Nähe lagen. Die Aebte gingen in der stillen Wöche des J. 1337 zuerst nach Güstrow, suchten hier den Fürsten Johann von Werle zu gewinnen, schlossen mit demselben und seinen Räthen ein Bündnis zum Schutze des Klosters Doberan und luden dahin 7 wendische Mönche des Klosters. Diese aber, die Macht des Fürsten fürchtend, ließen durch den Bruder Johann Bragen erklären, daß sie nur im Kloster den Gesetzen des Ordens sich fügen würden. Die visitirenden Aebte zogen darauf nach Rostock und forderten von dem versammelten Senat, den rebellischen Mönchen; allen Verkehr mit der Stadt abzuschneiden. Länger vermochten die edler gesinnten Aebte Johann von Dargun und Constantin von Neuencamp den Scandal nicht anzusehen. Voll tiefen Schmerzes über den traurigen Verfall des gefeierten Klosters begaben sie sich auf eigne Kosten nach Rostock, um ein Heilmittel für die Leiden zu finden; jedoch vergebens. Da auch die visitirenden Aebte nichts; ausrichten konnten, wandten sie sich an den Landesherrn Albrecht von Meklenburg, um dessen Schutz zu gewinnen, und versicherten ihm dafür aus dem doberaner Klosterschatze 100 lüb. Mark. Eifrig um das Wohl des Klosters bemüht und durch Bitten und Versprechungen erweicht, ließ sich der junge Fürst bewegen, einen Schritt zur Wiederherstellung des Friedens zu thun. Er führte daher am 6. Mai 1337 sämmtliche Aebte und sächsische Klosterbrüder unter Begleitung von einer großen Menge Ritter und mehrern hundert rostocker Bürgern in Person nach Doberan. Hier versammelte er an der Klosterpforte sämmtltche Aebte und Klosterbrüder und verkündete, auf Eingebung der sächsischen Aebte, daß zur rechtmäßigen legitimen Wiederherstellung der Ordnung der Abt Conrad und die übrigen Beamten des Klosters an ihren Stellen bleiben sollten. Sogleich traten alle nichtsächsischen Mönche zusammen und beschworen den Fürsten, der gewiß noch nicht genau unterrichtet war und vor allen Dingen eine gesetzliche Ordnnng bezweckte, ihnen mit seiner Hülfe beizustehen und sie vor Gewalt und Unrecht zu schützen. Die Sachsen erreichten ihren Zweck nicht, sondern zogen voll Unwillen und Uebermut mit großem Pomp und zahlreichem Gefolge, mit Pferden und Wagen, mit dem Fürsten Albrecht nach Rostock zurück. Das Volk war über solche Herzlosigkeit und Heimtücke höchlich erbittert und brach in lauten Unwillen aus; es schrie an den Wegen: "Wehe, wie schändlich verwüsten diese sächsischenAebte die gute Abtei Doberan durch Spaltungen, die der Visitator begünstigt; diese Klosterleute, die Gott dienen sollen, dienen dem Teufel; keiner soll ihnen Guthes thun!"

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Die treuherzigen Aebte von Dargun und Neuencamp reiseten während der Zeit hin und her und folgten endlich den Sachsen, die im doberaner Hofe zu Rostock lagen; alle Friedensunterhandlungen scheiterten an dem sächsischen Uebermuth. Dieser mußte sich endlich doch beugen, und es ward am 10. Mai 1337 verglichen, daß der Abt Conrad freiwillig seiner Würde gegen ein gewisses Jahrgeld entsagte. Zu seiner Würde ward der Mönch Martin, der einfältigste des ganzen Convents, designirt; man wollte, in Hoffnung auf günstigere Zeiten, keinen bessern geben. Nach diesem zu Rostock geschlossenen Vertrage compromittirten die zu Rostock anwesenden Mönche zur Bestellung eines Abtes auf die Aebte von Zinna, Lehnin, Dargun und Neuencamp. Diese ernannten, um nicht neuen Streit zu erregen, durch den Abt Johann von Dargun den Bruder Martin, wie es verabredet war, zum Abte von Doberan. Am folgenden Tage, dem Sonntage Jubilate, waren sämmtliche Geistlichen zu Doberan versammelt. Alle Mönche compromittirten noch einmal durch Namensunterschrift aus die vier erwählten Schiedsrichter zur Ernennung eines Abtes 96 ), welche feierlich den Bruder Martin proclamirten und dem Vaterabt von Amelungsborn zur Bestätigung präsentirten 97 ). An demselben Tage vollendeten dieselben Aebte, unter Vorsitz des Abtes von Amelungsborn und unter Beistand der Aebte von Marienthal und Riddagshusen, die Reformation des Klosters und setzten auf die Verletzung derselben die härtesten leiblichen Strafen 98 ); es ward Friede und Schweigen geboten und Amnestie verkündigt; die beiden flüchtigen sächsischen Laienbrüder Johann Unversehrt und Johann Langhals, welche der Fürst Albrecht verbannt hatte, sollten Verzeihung und Aufnahme erhalten, wenn sie die Gnade des Fürsten auf irgend einem Wege gewinnen könnten; ihr Genosse Johann Oldendorp ward an ein anderes Kloster verwiesen; die wendischen Laienbrüder Johann Cruse und Heinrich Redewisch wurden von der Amnestie ausgeschlossen und sollten nur unter der Bedingung in einem Kloster geduldet werden, wenn sie nach den Statuten des Ordens bußen wollten. Am 19. Julii 1337 ließ der Bischof Ludolph von Schwerin zu Parum sämmtlichen Reformationshandlungen unter Transsumirung der Urkunden seine Billigung angedeihen 99 ). Unversehrt und Langhals streiften noch mehrere Jahre in der Gegend von Amelungsborn umher und wurden von dem dortigen Abte geschützt.


96) Vgl. Urk. Nr. XIX.
97) Vgl. Urk. Nr. XX. Am 18. Mai 1337 ist Martin auch schon als Abt thätig.
98) Vgl. Urk. Nr. XXI.
99) Vgl. Urk. Nr. XXV.
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Im J. 1340 schlichen sie sich wieder in Meklenburg ein und brannten am 8. März 1340 zu Redentin eine Scheure mit Pferden und Futter, am 28. Febr. 1341 zu Varpen die Mühle und zu Parkentin andere Gebäude nieder. Das geängstete Kloster wußte sich nicht anders zu retten, als daß es mit den Mordbrennern einen Vergleich schloß und den Langhals mit 100 lüneb. Mark, den Unversehrt mit 10 Mark reinen Silbers abfand. Entstanden auch in der Zukunft nicht so gewaltsame Austritte wieder, so dauerte doch der stille Unfriede noch längere Zeit im Kloster.

Die Visitation und Reformation kostete dem Kloster an 1000, die Mordbrennerei ebenfalls an 1000 Goldgulden. Durch alle die Leiden und Verkümmerungen aber ward das Kloster mit einer Schuldenlast von 7000 Goldgulden, für welche es jährlich 700 GG. Zinsen, und von 10,000 GG., für welche es jährlich 1000 GG. Leibrenten zahlte, beschwert. Und, was das Schlimmste war, das Kloster ward seitdem ein Spott des Volkes 100 )!


Nachdem Albrecht also Geistlichkeit, Städte und Vasallen gewonnen und gesäubert hatte, dachte er daran, neue politische Verbindungen mit andern Staaten anzuknüpfen. Am 25. Sept. 1337 verbündete er sich zu Stavenhagen mit dem Herzoge Barnim von Pommern, dessen Land ebenfalls von der nahen Fehdesucht angesteckt war, in Grundlage der frühern Verhandlungen zu einem Landfriedensbündnisse gegen gewaltthätige und aufrührerische Vasallen in den Ländern Pommern, Werle, Meklenburg und den Ländern des Grafen Heinrich von Schwerin und des Bischofs von Schwerin 101 ) und an demselben Tage schloß der Fürst Johann von Werle ein gleiches Bündniß mit dem Herzoge Barnim 102 ). Detmar sagt zum J. 1337:

"He (Albrecht) makede enen ghuden vrede over al dat land. Der ghelike dede oc Barnym de hertoghe van Stetyn bi Sinen mannen, de eme to der tyd oc weren wederstrevich. Des jares dar bevoren dede de here van wenden oc der ghelike bi sinen mannen".


100) Aus dieser Zeit mögen denn auch wohl die höhnenden Schnitzwerke an den Mönchsstühlen in der doberaner Kirche stammen.
101) Vgl. Urk. XXVII.
102) Vgl. Urk. XXVIII.
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Hieraus sieht man, wie wichtig der Chronist die beiden Bündnisse achtete.

Darauf erfreuete der Fürst Albrecht das Land Stargard mit seiner Gegenwart: am 7. Oct. 1337 war er zu Friedland 103 ), am 10. Oct. zu Stargard 104 ), am 10. 105 ) und 12. Oct. zu Neubrandenburg 106 ), wahrscheinlich um den seinem Bruder Johann zugedachten Landesantheil Stargard zu ordnen und die Treue desselben zu belohnen, an welchen Orten er manche Gnadenbezeugungen austheilte.

Doch das Ziel unsers Albrecht war noch ein höheres, und bie Erreichung dieses Ziels verschaffte ihm und dem Norden ein so bedeutendes Ansehen in der Geschichte. Das welthistorische Bündniß der Hanse hatte sich im 13. Jahrhundert nach und nach 107 ) aus einzelnen Städtebündnissen, aus dem kaufmännischen Verkehr und aus den Bestrebungen zur Erhaltung des Landfriedens 108 ) entwickelt und war gegen das Ende dieses Jahrhunderts, vorzüglich seit dem J. 1283 109 ), zu jenem umfassenden Bündnisse 110 ) geworden, in welchem die sogenannten


103) Vgl. Urk. Nr. XXIX.
104) Vgl. Jahrb. II., S. 259.
105) Vgl. Franck A. u. N. M. VI., S. 116.
106) Vgl. Urk. Nr. XXX. Zu dieser Urkunde vergl. man die Urkunde in Jahrb. II., S. 292, durch welche der Herzog Johann dem Henning Beer das Obermarschallamt mit der Litze verleiht. Henning Beer ward nach der hier mitetheilten Urkunde im J. 1337 Burgmann zu Stargard.
107) "Die erste Entstehung des Bundes wird jedoch in statistischen Urkunden nie vollständig nachzuweisen sein, da sie auf allgemeinen Verhältnissen jener Zeiten beruht"

Sartorius Geschichte des Ursprungs der deutschen Hanse, herausgegeben von Lappenberg, 1830, I., Vorwort, XI.

(Der hansische Städtebund) "entstand der Ausdehnung sowohl des Zweckes als der Theilnehmer nach so allmälig, daß ein Anfangspunct der Hanse gewiß nicht anzugeben ist."

Lappenberg a. a. O. Vorw. I., S. XXVI.

108) "Der Ursprung der Hanse ist in zwei verschiedenen, wenn gleich nahe verwandten Thatsachen zu finden, den Vereinen deutscher Kaufleute im Auslande und den einzelnen sich allmälig ausdehnenden Bündnissen der Städte im nördlichen Deutschland, letztere sind mit so vieler Sorgfalt und einem so reichen Schatze von Materialien in dem vorliegenden Werke untersucht, daß es zwecklos sein würde, hier noch weiter über das hohe Alter der Vereine der wendischen und anderer durch die gemeinsame, von dem lübecker Vorbilde entlehnte Rechtsverfassung verschwisterten Städte, so wie ähnliche Verbindungen zur Erhaltung des Landfriedens, die stets engere Anschließung verschiedener Städte aneinander und deren verschiedenartige Zwecke sich verbreiten zu wollen. Da auch diese sich auf schriftliche Urkunden begründeten, so wird bei dem noch etwa Vermißten der beste Weg der Forschung sein, jenen ferner nachzuspüren."

Lappenberg a a. O. I., Vorw. S. XI.

109) Die Darstellung der Bündnisse in den achtziger Jahren des 18. Jahrhunderts muß einer andern Zeit überlassen bleiben.
110) "Zuerst unter den nordischen Mächten empfand, wie es scheint, König Erich von Norwegen im J. 1284 die Wirkung eines solchen Vereins.

Sartorius a. a. O. I., S. 37.

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wendischen Städte 111 ) der Ostsee, mit Lübeck an der Spitze, eine so bedeutende Rolle spielten. Besonders mächtig und angesehen wurden die Städte durch die Landfriedensbündnisse, durch welche sie in unmittelbaren Verkehr mit den Fürsten kamen 112 ). Am glänzendsten erscheint die Hanse, namentlich die Hanse der Ostsee, im 14.Jahrhundert 113 ). Dieser Glanz ward sicher vorzüglich durch den Einfluß des meklenburgischen FürstenAlbrecht (1338 - 1379) bewirkt; sein ganzes Streben ging dahin, wie er einerseits dem gebildeten Kaiser Karl IV. angenehm war, von der andern Seite seine Macht durch die Städte zu stützen 114 ) So wie ihm und seinem Einflusse, namentlich bei seiner engen Verwandtschaft mit dem Könige Magnus von Schweden, die Städte viel schuldig waren, so verdankte er ihnen wiederum die Erhebung seines Sohnes Albrecht auf den schwedischen Königsthron 115 ). Einsichtsvoll warf Albrecht sich bei Erlangung seiner Volljährigkeit den Städten Rostock und Wismar ganz in die Arme und erzeigte ihnen viele Beweise von Liebe und Zuneigung. Mit dem Jahre der politischen Bedeutsamkeit Albrechts im Norden, dem Jahre 1338, beginnt auch der Glanz der Hanse. Bemerkenswerth ist das oben geschilderte aufmerksame Zuvorkommen Lübecks gegen Albrecht, als er im J. 1336 nach Schweden fuhr, wo Lübeck große


111) "Um diese Zeit (1280) kommt der Name slavische oder wendische Städte auch zuerst vor."

Sartorius a. a. O. I., S. 26.

112) "Die Bündnisse der Städte sind zunächst durch das Bestreben zur Erhaltung des Landfriedens, besonders während des für Deutschlands Ruhe unheilbringenden Interregnums vom J. 1250 - 1273, herbeigeführt und in Gemeinschaft mit Fürsten und Herren eingegangen.

Lappenberg a. a. O. Vorw. I., S. XXVII.

113) "Die Verbindungen der Städte in der letzten Hälfte des 14. Jahrhunderts stellen die Hanse in ihrem ganzen Umfange und in ihrer vollen Ausbildung dar."

Lappenberg a. a. O. I., Vorw. S. XXVI.

114) "Mit den Städten waren auch (1361) von den deutschen Fürsten der Graf Heinrich von Holstein und der Herzog von Meklenburg verbunden.

Sartorius a. a. O. I., S. 61, vgl. 63.

Schon Albert Krantz sagt:

"Albertus quoque dux Magnopolensis singulari tum affectu respexit in finitimas urbes. Lubicam imprimis fovebat: saepe in ea diversatus, convenfus ibi principum agebat, tam gratus civibus, quam illis inclinatus; nec erat, qui rem in ullam sinistram pertraheret suspicionem. Nunc sumptuosum visum est principibus negocium, in preclaris urbibus conventus agere, ideoque patentibus in opidis crebrius solent convenire"

Vand. VIII., cap. XXVI.
115) (Der Schwedenkönig) "Albrecht mußte Alles bestätigen, was die Städte begehrten: ihnen verdankte er den Thron".

Sartorius a. a. O. I., S. 160.

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Freiheiten 116 ) im Norden erwarb: die Städte bezeigten sich auf seinen ersten Schritten in die Welt gegen ihn freundlich.

Das große Werk war eine Vereinigung der wendischen Städte und der benachbarten Fürsten auf einem Tage zu Lübeck im Jahre 1338. Nachdem am 6. Nov. 1334 zu Lübeck schon ein Landfriede zwischen dem Herzoge Erich von Sachsen, dem Grafen Johann von Holstein und den Städten Lübeck und Hamburg geschlossen war 117 ), ward eine große Versammlung zu Lübeck auf den Anfang des Jahres 1338 festgesetzt. Hier ward auf sechs Jahre ein umfassender Landfriede geschlossen. Detmar sagt darüber:

1338.

"in dem iare christi M. CCC. XXX. VIII. to twelften quemen tosamene to lubeke der vorsten, hertoghen, biscopen, greven unde landesheren al umme beseten, mer den twintich, unde boden van den steden hamborch, wismer unde rostok, unde sworen dar tosamende mit den van lubeke enen menen landvrede, to ses iaren truweliken to holdene. Dar lovede de here van mekelenborch sine suster dem iuncheren nucolawese van wenden; de nam he cortliken darna. Defulven heren do to lubeke wol achte daghe weren, unde hadden groten hof unde manighe korte wile".

Am Sonntage nach dem Zwölften (dem Tage Epiphaniä), d. i. am 11. Januar 1338, schlossen diesen Landfrieden zu Lübeck: der Bischof Ludolph von Schwerin, die Herzoge Erich und Albert von Sachsen, Herzog Barnim von Pommern, Herzog Waldemar von Schleswig, Graf Heinrich von Schwerin, die Grafen Gerhard und Johann von Holstein, der Fürst Albrecht von Meklenburg, der Graf Johann von Gützkow, die Fürsten Johann und Nicolaus von Werle, der Graf Adolph von Schauenburg, der Graf Nicolaus von Schwerin und die Städte Lübeck, Hamburg, Rostock und Wismar 118 ). Nach Detmar


116) Ueber die Vortheile, welche die Städte vom Könige Magnus von Schweden vom J. 1336 an verlangten, vgl. Sartorius a. a. O. II., S. 347, I., S. 158 flgd., 176 flgd., 204 flgd.
117) Vgl. Lisch Albrecht II. und die nordd. Landfrieden, S. 21, Not. 1.
118) Vgl. Urk. Nr. XXXI. Merkwürdig ist, daß aus dieser Zusammenkunft bis jetzt nur eine Urkunde bekannt geworden ist; daß nicht noch viele vorhanden sein sollten, ist kaum zu bezweifeln. Jedoch hat sich im Archive zu Schwerin, trotz alles Nachforschens, keine einzige finden wollen. Gedruckt ist diese (  ...  )
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waren noch mehr Herren zu Lübeck versammelt, mehr als zwanzig, welche dort mit großem Hofhalt und vielen Festlichkeiten acht Tage verweilten; nach den Chroniken (vgl. Franck A. u. N. M. VI., S. 119) waren noch gegenwärtig: der Erzbischofs von Bremen, die Bischöfe von Verden, Brandenburg, Halberstadt, Lübeck und Ratzeburg, der Markgraf Ludwig von Brandenburg, die Herzoge von Braunschweig=Lüneburg. Unser Albrecht verlobte unter diesen Festlichkeiten seine etwa achtzehnjährige Schwester Agnes dem Fürsten Nicolaus von Werle.

Daß diese Verhandlungen zu Lübeck auch zugleich Fortsetzungen alter hansischer Verbindungen waren, geht schon daraus hervor, daß am achten Tage nach heil. dreier Könige Tage 1338 die Grafen Johann und Gerhard von Holstein bestätigten, was sie den Lübeckern im J. 1247 zugesichert hatten, nämlich mehrere Freiheiten, besonders in Bezug aus den Zoll, die Fischereien im Holsteinischen und das Strandrecht 119 ).

Diese Verbindung ist in der That die erste große Verbindung des mächtigen wendischen Theils der Hanse, welche so folgenreich ward. Von jetzt an lassen sich die lübecker Landfrieden, welche allerdings die wahren Urkunden der wendischen Hanse sein mögen, in immer größerer Ausdehnung regelmäßig fortgesetzt beobachten, bis Albrecht von Meklenburg am 9. August 1361 zu Beggerow den Landfrieden 120 ) zu Stande brachte, welcher nicht so sehr auf die Macht der Städte gegründet, vielmehr mit Separatverträgen zwischen den Fürsten des nordöstlichen Deutschlands verhandelt war. Wohl mochte damals dem städtischen Einfluß ein Gegengewicht nöthig sein. Diese Verbindungen des 14. Jahrhunderts weiter zu verfolgen, liegt außer dem Plane dieser Abhandlung.

Im hohen Grade wichtig bleibt der lübecker Landfriede mit seinen Fortsetzungen schon dadurch, daß die Städte Rostock und Wismar, welche immer Städte der wendischen Fürsten gewesen waren, aus ihren untergeordneten Verhältnissen gleichsam heraustraten, und, mit großer Selbstständigkeit sich neben die Fürsten stellend, mit diesen wichtige Bündnisse zu umfassenden Zwecken schlossen 121 ). Der Umstand, daß die


(  ...  ) Urkunde schon in Dreyer Beiträgen zum Behuf der holsteinschen Geschichte in Heinze Samml. zur Gesch. u. Staatsw. I., 277.
119) Vgl. Lappenberg a. a. O. II., S. 348.
120) Vgl. Lisch Albrecht II. u. s. w., S. 31.
121) In wie weit diese Bündnisse der Städte und die Bestrebungen unsers Albrecht mit den Planen und Anstalten des gewandten Kaisers Karl IV., der besonders unsers Albrecht Freund war, zusammenhangen, muß einer gewandtern Feder darzustellen überlassen bleiben.
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allerdings schon früher aufstrebenden beiden Städte mit in den Vormundschaftsrath für den Fürsten Albrecht aufgenommen waren, mag nicht wenig dazu beigetragen haben, das Selbstgefühl der Städte zu heben.

Dies sind die Umrisse der Geschichte Meklenburgs aus der Zeit, welche reich ist an Begebenheiten und Folgen. Wohl mag vieles noch einer umständlichern Beleuchtung bedürfen: das Städtewesen, die Ritterschaft, die Güter der Landesherren, die den Rittern verpfändeten und deren eigene Güter, die Verbindungen der Landesherren mit dem Norden, und viel Anderes mehr. Hier sollte jedoch hauptsächlich nur das chronologische Gerüst ausgebauet werden, auf welchem man fortan mit mehr Ruhe und Klarheit fortarbeiten könne; dazu bergen die nordischen und städtischen Archive sicher noch manches, was bis jetzt unsern Augen verborgen ist.