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XII.

Miscellen und Nachträge.


1.

Bestattung des Fürsten Pribislav im Michaelis=Kloster zu Lüneburg

und

das Dorf Cesemow.

In Jahrb. II, S. 24 ist eine Urkunde des Michaelisklosters zu Lüneburg vom J. 1219, abgedruckt in den vermischten Urkunden S. 291, benutzt, nach welcher in diesem Jahre der Fürst Pribislav noch in dem genannten Kloster begraben lag. Da die Urkunde nur aus einem alten, seltenen Drucke bekannt war, so konnte, im Widerspruche mit andern Angaben, an der Richtigkeit des Datums gezweifelt werden. Seitdem ist aber diese Urkunde durch Wedekind 1 ) neu gedruckt worden und es ergiebt sich jetzt, daß die in den Jahrb. II, S. 291 mitgetheilte Urkunde richtig abgedruckt 1 ) ist, mit


1) Vgl. Wedekind Noten zu einigen Geschichtschreibern des deutschen Mittelalters, III, Heft 10, 1836, S. 309 flgdd. - Die fragliche Urkunde ist, mit Ausnahme des Namens Cesemoue, bis zu den Zeugen ganz so gedruckt, wie sie in den Jahrb. II, S. 291 nach Gebhardi wiedergegeben oder restaurirt ist. Nur in den Namen finden sich bei Wedekind offenbar mehrere Fehler, sei es durch Schuld des Schreibers oder des Lesers, - offenbare Fehler, weil die Namen sonst gleichzeitig öfter vorkommen und außerdem bekannt sind, auch nie so gelesen werden können, wie sie bei Wedekind gedruckt sind. So liest Wedekind:
Aluericus prepositus de Simevelde,
statt: Sunnenvelde, d.i. Sonnenkamp (Campus Solis, Neukloster); ferner:
Oue de Lubonne,
statt: Oue (oder Ouo) de Lubouue (von Lübow); ferner liest und interpungirt er mit Absätzen:
Zlanotech Neopra.
Heinricus Jermeris.
während diese Namen vier slavische Edle bezeichnen, welche noch keinen Vornamen trugen; nach andern gleichzeitigen Original=Urkunden muß ohne Zweifel gelesen und interpungirt werden
Zlauotech. Neopra. Heinricus. Jermeriz.
(  ...  )
1) Vgl. Wedekind Noten zu einigen Geschichtschreibern des deutschen Mittelalters, III, Heft 10, 1836, S. 309 flgdd. - Die fragliche Urkunde ist, mit Ausnahme des Namens Cesemoue, bis zu den Zeugen ganz so gedruckt, wie sie in den Jahrb. II, S. 291 nach Gebhardi wiedergegeben oder restaurirt ist. Nur in den Namen finden sich bei Wedekind offenbar mehrere Fehler, sei es durch Schuld des Schreibers oder des Lesers, - offenbare Fehler, weil die Namen sonst gleichzeitig öfter vorkommen und außerdem bekannt sind, auch nie so gelesen werden können, wie sie bei Wedekind gedruckt sind. So liest Wedekind:
Aluericus prepositus de Simevelde,
statt: Sunnenvelde, d.i. Sonnenkamp (Campus Solis, Neukloster); ferner:
Oue de Lubonne,
statt: Oue (oder Ouo) de Lubouue (von Lübow); ferner liest und interpungirt er mit Absätzen:
Zlanotech Neopra.
Heinricus Jermeris.
während diese Namen vier slavische Edle bezeichnen, welche noch keinen Vornamen trugen; nach andern gleichzeitigen Original=Urkunden muß ohne Zweifel gelesen und interpungirt werden
Zlauotech. Neopra. Heinricus. Jermeriz.
(  ...  )
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Ausnahme des Namens des von Borwin dem Kloster geschenkten Dorfes, welches nach dem Drucke bei Gebhardi nicht Cesemone, sondern nach Wedekind richtiger Cesemoue, d.h. Cesemouw(e) heißt. Uebrigens ist diese Urkunde nicht mehr im Originale vorhanden, sondern nur als Transsumt in einem alten Lehnbriefe des Michaelis=Klosters vom 2. April 1256, wodurch freilich die Zweifel bedeutend verringert, jedoch nicht ganz gehoben worden, wenn das Datum nicht anderweitig unterstützt wird. Dies geschieht durch die in der Urkunde genannten Zeugen: da das Kloster Sonnenkamp (Neukloster) erst im J. 1219 zu Kussin gegründet ward, so konnte der bekannte erste Probst dieses Klosters, Alverich, auch erst in diesem Jahre prepositus de Sunnenvelde genannt werden; - Matheus war 1219-1225 Abt von Doberan, und vor ihm waren 1218 Hugo und 1218-1219 Eilhard seine unmittelbaren Vorgänger (vgl. Jahrb. II, S. 174).

Die Urkunde Borwins kann daher nicht vor dem Jahre 1219 ausgestellt sein, ist also wohl ohne Zweifel vom J. 1219.

Von Interesse ist die Beantwortung der Frage, wo das von Borwin dem Michaeliskloster verliehene Dorf lag. In der Schenkungsurkunde wird es Cesemoue und in dem Necrol. S. Mich. Szizzimouwe genannt. Nach einer Notiz in dem Necrol. S. Mich. aus dem 13. Jahrh. hieß es damals schon "Mons sancti Michaelis", welches auf Deutsch Michaelsberg heißen würde, und lag in der Herrschaft Werle:

"in Slavia villa Szizzimowe, que nunc dicitur mons S. Michaelis". (Necrol.).

Am 2. April 1256 gab das Michaeliskloster dieses Gut (Cesemoue) den Brüdern Jordan und Heinrich von Bodenstede und Hartwig und Heinrich von Wittenlog zu Lehn 1 ), und bestätigte am 15. Junii 1265, nach dem Tode der Erstern, die Verleihung der Hälfte dieses Gutes, damals Michaelisberg genannt,

"in eadem villa, que dicitur mons sancti Michaelis"

an Heinrich von Wittenlog und Hartwig von Wittenlogs


(  ...  ) Nach dem Neopra scheint das Gut Nepersdorf und das alte Dorf Newopersmolen (Nepersmühlen) zwischen Kl. Pritz und Borkow bei Sternberg benannt zu sein. Endlich kommt statt des
Thedericus de Godebuz
bei Wedekind, in gleichzeitigen Urkunden oft der bekannte Thetlevus de Godebuz und kein anderer gleiches Namens vor.
(  ...  ) Nach dem Neopra scheint das Gut Nepersdorf und das alte Dorf Newopersmolen (Nepersmühlen) zwischen Kl. Pritz und Borkow bei Sternberg benannt zu sein. Endlich kommt statt des
Thedericus de Godebuz
bei Wedekind, in gleichzeitigen Urkunden oft der bekannte Thetlevus de Godebuz und kein anderer gleiches Namens vor.
1) Vgl. Wedekind Noten III, Heft 10, S. 311.
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Erben 1 ); die andere Hälfte überließ das Kloster am 23. März 1271 der Wittwe (Christine) des Jordan von Bodenstede auf Lebenszeit zu Plau vor dem Fürsten Nicolaus von Werle, welcher seinen Consens dazu gab 2 ). Ungefähr um dieselbe Zeit hatten Jerrich von Berscampe und Heinrich von Wittenlog die erstere Hälfte an F. von Hagen und Johann Rodevos verkauft, jedoch das Patronatrecht über die Kirche und deren Dotation von vier Hufen davon ausgenommen 3 ).

Weiter ist bisher nichts über dieses Gut bekannt geworden. Nach einer, hin und wieder ausgesprochenen Meinung soll Michaelsberg jetzt Cheelsdorf bei Rostock sein; für diese Meinung spricht wohl die erste apocopirte Sylbe dieses Namens: (Mi)chêls - , aber nicht die zweite Sylbe; dazu liegt das einzige Dorf dieses Namens in Meklenburg am rechten Ufer der untern Warnow, Rostock gegenüber, und gehörte daher im 13. Jahrhundert ohne Zweifel zur Herrschaft Rostock. Dieses Gut Chelsdorf wird auch nicht nur von Kirchberg, sondern auch in den Urkunden bis ins 16. Jahrh. Michelesdorf oder Michaelisdorf genannt 4 ). Im Großherzogl. Archive zu Schwerin ist glücklicher Weise noch eine Urkunde aufbewahret 5 ), welche zur Aufklärung dieses dunkeln Verhältnisses zu leiten vermag.

Am 18. März 1436 verpfändete nämlich der Ritter Helmold von Plessen, zu Lübz wohnhaft, an den Dorfschulzen 6 ) Heinrich Reynemann zu Karbow, südlich zwischen Lübz und Plau, fünf Hufen auf dem Felde zu Michaelsberg. Aller Wahrscheinlichkeit nach mußte nun Michaelsberg in der Nähe von Karbow liegen. Eine amtliche Beschreibung des Amtes Lübz vom J. 1570 bestätigt diese Vermuthung völlig, indem es hier heißt:

"Es gebrauchen auch diese Dorfschaft Karbow die Sukower, Michelsbergischen vnd Kritzower


1) Vgl. Wedekind Noten III, Heft 10, S. 312. Beide Verleihungen sind unter die Schenkungsurkunde von 1219 geschrieben.
2) Vgl. daselbst, S. 313.
3) Vgl. daselbst, S. 314.
4) Vgl. Schröter Rostock. Chronik. S. 6 und Specimen dipl. Rost. p. XXIV. Vgl. oben S. 75.
5) Vgl. Vermischte Urkunden, d.d. 18. März 1436, Nr. XI.
6) Diese Urkunde - Nr. XI. - ist außerdem ein merkwürdiges Gegenstück zu der Urkunde in Jahrb. II, S. 294 (vgl. S. 141) und ein wichtiger Beitrag zu der Ansicht, daß ursprünglich die Leibeigenschaft in Meklenburg nicht existirt, sondern sich erst in den Zeiten der neuern Geschichte mißbräuchlich gestaltet habe. In dieser Urkunde verpfändet nämlich ein Ritter einem Bauernschulzen ein Landgut mit den vollkommenen Freiheiten, welche der ritterliche Lehensmann des Fürsten an demselben hatte.
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"Hufen, davon geben sie auch dem Amte Lüptze etzliche Pächte".

In den Ackerregistern dieser Beschreibung wird bei den Aeckern der einzelnen Bauerhufen von Karbow öfter aufgeführt:

"eine Hufe auf dem Felde Michelsberg",

und in der Summirung der Einkünfte aus dem Amte Lübz wird gerechnet:

"Pacht von den Michelsbergschen Hufen III fl."

Es ist daher keinem Zweifel unterworfen, daß die Feldmark Michelsberg früher an Karbow grenzte und jetzt mit der Feldmark Karbow vereinigt ist. Das Gut Michelsberg kam nach den Urkunden schon im 13. Jahrhundert durch Verleihungen und darauf erfolgten Verkauf vom Michaelis=Kloster, und das Dorf selbst ist wahrscheinlich frühe untergegangen, indem in der Urkunde vom 18. März 1436 nur noch des Feldes, aber nicht des Dorfes Michelsberg gedacht wird. Wahrscheinlich lag das Dorf zwischen Vietlübbe, Karbow und Schlemmin in der Nähe des Sandkruges zwischen Plau und Lübz, wo auf der großen Schmettauschen Charte von Meklenburg eine "wüste Feldmark" eingetragen ist. An der Grenze des Dorfes Karbow fließt noch heute der Michelsbach, der sich in die Elde mündet 1 ).

G. C. F. Lisch.     



1) "An dem die Feldmark berührenden Michaelisbache, der in die Elde fließt, soll in alten Zeiten ein Dorf gl. N. gelegen haben". v. Restorff topographisch=geographisches Wörterbuch des Großherzogthums Meklenburg=Schwerin etc. . z. W. Karbow.