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vom
Archivar Lisch zu Schwerin.
Zu S. 40.
"Die Brüder des gemeinsamen Lebens im "Ringkgau" (S. 40) waren die "Kogelherren" oder die Brüder vom gemeinsamen Leben im Kloster Marienthal (oder Mergenthal) im Rheingau (fratres clerici communis vitae Valis Saucte Marie Moguntinensis dioecesis in Rinkavia), eine Stunde von Eltvill und eine Stunde von Geisenheim im Johannisberger Grund in einem schönen
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Thale an der Klingelbach. Im J. 1463 beriefen die Patronatsherren des Klosters Marienthal einige Brüder aus dem Fraterhause auf der Weidenbach in Kölln, welches von der Haupt=Congregation zu Windesheim gestiftet war, und überwiesen ihnen das Kloster Marienthal mit allen seinen Besitzungen. Die vier Priester, welche es 1471 bewohnten und mit den Fraterhäusern zu Königstein und Butsbach in Verbindung standen, druckten ungefähr von 1474 bis 1508. Der älteste, datirte Druck und das größte Werk von ihnen ist: Subjectum volumen psalterii breviariique moguntinensis impressoriae artis industria perfectum est in domo fratrum clericorum communis vitae Valis Sancte Marie ejusdem dioecesis in Rinkauia Anno Dni 1474 Sabato post reminiscere, in 4, die erste Auflage des mainzer Breviers, welches Jahrb. S. 40 ein "Psalter" genannt ist. - Schon vor dem J. 1540 hatten die Brüder ihr Kloster verlassen.
Nach den Annalen des Vereins für nassauische Alterthumskunde, Bd. I, Heft 2, S. 60 flgd.
1523.
Zu S. 165.
Der schapherders Kalender
ist auf der Großherzogl. Regierungs=Bibliothek zu Schwerin aufgefunden. Er enthält nach den Seitenzahlen im Ganzen ciii Blätter in 4, mit Sign. A - R und S mit 4 signirten und 3 unsignirten Bl., ohne Custoden, mit Columnentiteln. Fol. i und ii enthält Titel und Register, Fol. iii - v Vorrede; Fol. v b - xxvii enthält den Kalender mit kurzen gereimten und ungereimten Vorschriften und Beobachtungen. Darauf folgt Fol. xxxviii - xli Van der Natur der planeten ganz in plattdeutschen Versen und Fol. xli von den Himmelszeichen, Fol. lvii - lviii Chore der hemele und Fol. lviii - lxvu Spera mundi, ferner lxvii - lxx Van den iiii coplexien. Hierauf von Fol. lxx b Erkenninge des minschen kranckheyt mit vielen Unterabtheilungen: Regiment des minschen, Uthleginghe der aderen, Van ader lathen, Van koppe setthende, Van deme badende, Van water beseen, Van arstedye to brukende und Van den iiii winden; dieser Abschnitt schließt Fol. lxxxix mit den Worten:
Hyr endet siek der schapherders
kalender. vnde volget hyr na de
klene Phisonomie.
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Fol. xc hat die Ueberschrift:
Dyt ys de kleyne
Phisonomie
dorch
welkere me le=
ren vnde klaerliken
erkennen
mach eynes yewelcken
mynschen nature.
Dieser Abschnitt enthält eine ausführliche Physiognomik bis ans Ende.
Auf der letzten Seite steht:
Gedruckt vnde fulendet yn der louelyken
Stadt Rozstock dorch Ludouicum
Dyetz.
In dem jare na Christi
vnses heren
geborth. M.
CCCC. vn dree
vnde
twyn=
tych.
Am auen=
de der
Hillighen
Dre konin=
ghe.
Das Druckerzeichen darunter ist eines der neuern: ein Weinstamm, an welchem ein von zwei Löwen gehaltener Schild mit der kreuzgeschmückten Kugel mit L. D. hängt; unter dem Schilde liegt ein Band mit . L . DIETZ.
Das Buch enthält viele erläuternde Holzschnitte, welche zwar kräftig und charakteristisch, jedoch nicht sehr sauber sind.
1540.
Zu S. 185.
Dat Nye Testament Jhesu Christi
na dem
Grekeschen
recht gr
ndtlick vord
deschet. Mit schonen vnd
korten
Summarien
wol geordinerten
vn vormerden Concordantien
Vormals jnn
Sassischer sprake nicht geseen. Tho
Rozstock
by Ludowich Dyetz gedr
ckt. M. D. XXXIX.
Am Ende:
Gedruckt vnd volendet tho Rostock by Ludowich Dyetz. Im jar M. D. xl. Des Mandages nha Quasimodogeniti.
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In gr. 8, mit Foliobezeichnung I - CCCCXClX, und 4 Bl. am Schlusse und 5 Bl. Vorsätze, welche nicht bezeichnet sind, mit Sign. A - Z, Aa - Zz, a - riiii, mit Custoden, Columnentiteln und Randsummarien, auf festem Papier, mit großen, klaren Lettern, im Besitze des Herrn Consistorial=Raths und Professors Dr. Diemer zu Rostock, der es in einer rostocker Familie fand und dem Verein zur Ansicht zustellte.
Dieses bisher gar nicht bekannte Werk, welches im J. 1540 zu Rostock fast zugleich mit der Kirchen=Ordnung und dem Katechismus erschien, vermehrt bedeutend des wackern Druckers große Verdienste, die er nicht allein um die Typographie überhaupt, sondern auch im Besondern um die Verbreitung der Bibel hat (vgl. Jahrb. IV, S. 138, Note 3).
Eine genauere Beschreibung dieser Bibel=Ausgabe wird zugleich ihren Werth in das rechte Licht stellen können.
Der Titel steht in einer in Holz geschnittenen Säulenhalle, an deren Basen und Kapitälern die Symbole der vier Evangelisten stehen; unter dem Titel ist die Kreuzigung und im Hintergrunde derselben die Auferstehung dargestellt.
Auf der Rückseite des Titelblattes steht:
De Dr cker w nschet dem Leser, vel gnade, van Gade dem Vader, vnd vnsem Heylande Jesu Christo.
Nachdem, Christliker Leser, vele jar her, mennigerleye Nye Testamente, allenthaluen mit m gelikem vlyte, jnn Sassischer sprake, gedr ckt. Vnd dennoch gemeinlick mit kleinen littern, daran de Olden vnnd bedageden l de, ein gantz mißfallent, lange jar her, gedragen, stedes vorferdiget. Derhaluen hebben my, vele ders lvigen framen Christen, angelanget vnd gebeden, en jnn s lcken gebreken, tho h lpe tho kamen: Vnd dats lvige Nye Testament, mit gr tern vnd leselikern Littern, dorch den Druck, jnn den gebruck tho stellen. Dewyle dann nicht allene billick, sunder ock Christlick vnd G dtlick, dat ein yder mensche, jnn den saken, de Gadesehre, vnd des negesten salicheit, belangen, will ich vnd vlytich syck ert ge. So hebbe ick, dat Nye Testament, vnses Heren Jhesu Christi, nicht allene mit groten Littern, sunder ock mit nyen vnd korten Summarien. Ock mit vpgesochten vnd woluorordenten Concordantien, de v rmals, jnn
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nenen Sassischen Testamenten, vorlyuet, vpt truwlikeste gedr cket. Dat auerst alle Concordantien, mit a. b. c. d. . vortekent synt, ys vth desser orsake gescheen, Dat ick, mit G dtliker h lpe, jnn korten jaren, de gantze Biblia, jnn grotem Formath, vnd mit gedeelden Columnen, ock mit solcken Summarien vn Concordantien, Dartho mit einem sch nen vnd gantz n thbarlikem Register (dardorch ein yder Leser, mit geringem arbeide, wat he jn der Biblia begert tho weten, erfinden mach) tho dr ckende geneget, Vnd henf rder, jn mehren andern Christliken wercken, dy ock tho denen, gewilliget syn.
Die folgenden 4 Bl. Vorsätze enthalten die "V rrede", und zwar auf den 5 ersten Seiten eine Erklärung über den Begriff des Evangelii, die 6te Seite ein Bekenntniß:
Welcker de rechten vnnd Eddelsten B ke, des Nyen Testamentes synt,
nämlich:
Wente n mliken, ys Johannis Euangelion, vnnd S. Paulus Episteln, sunderliken, de tho den R mern, vnd S. Peters erste Epistel, de rechte kern vnnd margk, manck allen B ken, welkere ock billiken de ersten syn scholden; - - dat synt de B ke, de dy Christum wysen, vnd allent dat leren, dat dy tho wetende nodt vnnd salich ys .
Die 7te Seite enthält das Inhalts=Verzeichniß (der)
De B ke des Nyen Testamentes
und die 8te Seite einen Holzschnitt mit dem Evangelisten Matthäus mit der Ueberschrift:
Dann beginnt mit Fol. I. das Neue Testament. Jedes Capitel hat unter der Ueberschrift ein
am Rande die Bezeichnung der Evangelien und Episteln (der Perikopen) und die Concordanzen, und, was ausgezeichnet ist, am Schlusse eines jeden Capitels
Erklärungen allerlei Art, z. B.
(Messias) Messias: Christus Grekesch, gesaluet D desch, vnd Messias Hebreisch, ys ein dinck. (Zu Ev. Joh. Cap. I. (4).)
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(mathe) Metreta jm Grekeschen. Twe Metreten maken by vns schyr eyne ame wyns. (Zu Ev. Joh. Cap. II. (1).)
(de yuer). Juer ys ein lyfflick haet edder torn, wenn me ein dinck so leff hefft, dat me mit harten vnd hande weret, dat dem dinge nicht wat tho schanden geschee, . (Zu d. Cap. (2).)
(warlyken). De vornufft, natur, fryewille . wet nichtes van Gades gnaden vnd wercken. Ja se schuwet se, jck swyge denn, dat se se begeren scholde, alse desse text klarlyken bewyset. (Zu Ev. Joh. Cap. III. (1).)
(Blest) De twe st cke h ren thosamende dath Wordt vnnd Geyst, gelick alse jm wynde de twe st cke by einander synt, dat brusent vnd weyent.(Zu d. C. (2).)
Hin und wieder kommen auch Scholien am Rande vor, z. B. Ev. Joh. Cap. II, V. 4 zu
Frouwe, wath hebbe ick mith dy tho schaffende?
die Randscholie:
(Frouwe) Wat geit ydt my vn dy an.
Mit Ausnahme der Evangelien und der Apostelgeschichte hat jeder folgende Hauptabschnitt eine besondere Vorrede. Aus Fol. CCCCXCV steht
Ende des Nygen Testaments
und
Bericht vnd vnderwysinge dyt Register tho vorstande.
worauf auf 14 Seiten das Register über bie Perikopen der Sonn= und Festtage und auf zwei Seiten das Gebet Manasse folgt, an dessen Ende, wie oben angeführt, Druckort und Druckjahr stehen. Auf der letzten vom Druck freien Seite steht Dietzens Druckerzeichen mit dem Schilde am Weinstocke und den beiden Löwen als Schildhaltern, wie es zum "schapherders Kalender" von 1523 (S. 199) beschrieben ist.
Außer daß Titel und Initialen in Holz geschnitten sind, steht vor jedem Hauptabschnitte ein Holzschnitt; die Offenbarung Johannis enthält besonders 25 Holzschnitte mit Ueberschriften (z. B. De XXV Figur); das ganze Neue Testament enthält außer dem Titel im Ganzen 38 Holzschnitte von dem Formate des Buches. Diese Holzschnitte zeichnen sich durch Erfindung der Darstellung und durch die Perspective in der Architektur, auch
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zum großen Theile durch die Zeichnung und durch die Ausführung im Technischen höchst vortheilhaft aus und verdienen gewiß ein vergleichendes Studium.
Sprache und Theologie dieser alten Bibelübersetzungen fordern zu einem gründlichen Studium auf.
Auf der innern Seite des Deckels, der die Jahrszahl 1545 trägt, steht:
Liber Anne Ludeken, uem ego Hinricus Dobbin senior illi pro xenio dedi.
Für die Geschichte der Buchdruckerei ist es höchst interessant, das es diese Bibel=Ausgabe war, welche der Herzog Heinrich im J. 1542 an arme Prediger, wohl durch seinen Secretair M. Simon Leupold (vgl. Jahrb. V, S. 145) bei der Kirchen=Visitation, vertheilen ließ (vgl. Jahrb. IV, S. 180). Die Zahlung für die vom Fürsten bestellten Exemplare dieses Neuen Testaments und der Kirchen=Ordnung war im J. 1543 noch nicht berichtigt; ein zu gleicher Zeit mit dem Testament aufgefundenes Document im Großherzogl. Archive zu Schwerin lautet also:
Heinrich .
Lieber getreuer. Alsdan Unser Secretarius vnd lieber getrewer Magister Simon Leupolt mit dir den abschiedt genohmen vnd verlassen, das er dich vff Jacobi nehstkunfftig das hinderstellige gelt vor ordenung vnd testament entrichten wolle, So wollen wir Dir nicht verhalten, das wir ihne von hier in etlichen vnsern gewerben eylendes verschickt, vnnd villeicht so balde nicht wieder komen kan. So begern wir gutlich, wo er eyn vierzehen tage lenger verziehen würde, denn er mit dir verlassen, wollest mit ihme gedult tragen; wan er wider komt, wird er dich seiner zusage nach wol zufrieden stellen. Daran thuestu vns guts gefallen widdervmb in gnaden zuerkennen. Datum alten Stargrdt, am Mitwoch nach Margarethe Anno . XLIII (=Julii 18?).
An
Ludwich Dietz.
(Nach dem Concepte von S. Leupolds Hand.)
Wahrscheinlich hatte S. Leupold die nöthigen Exemplare auf seine Rechnung für den Herzog genommen; denn daß er schon zu L. Dietzens Zeiten Buchhandler=Geschäfte getrieben haben sollte (vgl. S. 155), ist durchaus nicht wahrscheinlich.
G. C. F. Lisch.