zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Geschichte

der

fürstlichen Residenz=Schlösser

zu

Wismar, Schwerin und Gadebusch

von

G. C. F. Lisch,
großherzoglich=meklenburgischem Archivar etc.

 

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 2 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 3 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Vorwort.

D ie Geschichte des fürstlichen Residenz=Schlosses zu Schwerin ist stets der Gegenstand lebhafter Unterhaltungen gewesen, so wenig man auch über den Bau bisher gewußt hat. Die Befriedigung einer wissenschaftlichen Wißbegierde der Gebildeten war hinreichende Veranlassung dazu, die Geschichte dieses alten Baues zu erforschen. Dringende Aufforderung zur Bearbeitung derselben gab aber eine auf die Quellen zurückgehende Unterhaltung hoher Personen bei der Feier des denkwürdigen Regierungs=Jubiläums des hochseligen Großherzogs Friederich Franz. Seitdem ist die Geschichte dieses Schlosses unausgesetzt der Gegenstand aufmerksamer Forschung gewesen, in welche nach und nach auch die Geschichte der Schlösser zu Wismar und Gadebusch hineingezogen werden mußte, da diese drei Bauten demselben heimischen Baustyl aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts angehören und zur Charakterisirung jener gebildeten Zeit nicht wenig beitragen, überhaupt aber mit ihrer Geschichte oft den Boden der vaterländischen Geschichte und Cultur bilden. Auch die Geschichte der Baukünstler dieser Zeit war zum klaren Verständniß wesentlich nothwendig.

Die Forschung hatte mit den größten Schwierigkeiten zu kämpfen, da über den Bau aller drei Schlösser fast gar keine Acten existiren; alles Material mußte aus unzähligen, weit zerstreueten, gelegentlichen Notizen in Rechnungen, Tagebüchern, Inventarien, Briefen u. s. w. zusammengebracht werden, die nur ununterbrochene Aufmerksamkeit, oft nur ein gutes Glück in die Hände spielte. Uebersehen ist nichts, was einigermaßen Hoffnung zur Gewinnung irgend einer Nachricht gab. Strenge, oft wörtlich aus den Quellen geschöpft ist jeder Satz, fast jedes

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Wort, sobald es irgend eine Thatsache enthält. Die Richtigkeit aller Angaben kann sicher verbürgt werden; dagegen mußte die Mittheilung der Quellen selbst unterbleiben, da für jede Thatsache ein größeres Actenstück von gewöhnlich sonst nicht wichtigem Inhalte hätte abgedruckt werden müssen; durch dieses Verfahren würde diese Abhandlung einen übermäßigen Umfang erhalten haben, ohne dadurch an Werth zu gewinnen. Dennoch wird diese Abhandlung für die Zukunft den Werth der Quellen erhalten, da sich diese schwerlich je werden wieder zusammenbringen lassen. - Die beigegebene Lithographie des Grundrisses des schweriner Schlosses ist nach der saubern, nach dem Bau selbst angefertigten Originalzeichnung des Herrn Bau=Conducteurs Tischbein genommen.

Schwerin, im Februar 1840.

G. C. F. Lisch.

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 5 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

I.

Das Schloß zu Wismar.


D ie fürstliche Residenz zu Wismar hat so viele merkwürdige Schicksale 1 ) erlebt, wie wohl kaum ein anderes Gebäude in Meklenburg. Nachdem die Stadt Wismar sich, nach ihrer Gründung im Anfange des 13. Jahrhunderts, zu einiger Bedeutung erhoben hatte und die fürstliche Burg Meklenburg abgebrochen war, erbauete der Fürst Johann I. von Meklenburg, der Theologe genannt, im J. 1256 eine feste Burg 2 ) in der Stadt Wismar und erhob sie zur Residenz 3 ) der


1) In neuern Zeiten sind hierüber kurze Untersuchungen angestellt von: Schröder Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar, 1743, S.281 u. 657; Rudloff mekl. Gesch. II, S.98 flgd. u. 208; Schröter Rostockische Chronik, 1826, Not. 5, 33, 36 u. 37 und S. 2, 11 u. 12; v. Lützow mekl. Gesch. II, S. 49, 93 u. 172. - Zu bemerken ist jedoch, daß die Verwirrung in allen diesen Angaben, namentlich bei Schröder, unendlich ist. Zu der nächstfolgenden Darstellung sind allein urkundliche und chronistische Angaben zu Hülfe genommen.
2) Vgl. Kirchberg Chron. in Westph. Mon. p. 773, cap. CXXX:
Daz selbe jar, du man schreib da
czwelfhundirt ses und funfzig ja,
gebrochin wart Mekilnborg nider;
der daz tet, balt her buwete wider
eyn andir veste burg aldar
in dy stad zur Wysmar:
daz ted von Mekilnburg Johan
der furste sundir widerstan.
Daz was dy erste burg alda.
Diese Nachricht stimmt auch mit urkundlichen Angaben überein, indem der Fürst Johann im J. 1253 seine Urkunden zu Meklenburg, in den Jahren 1255 und 1256 im Franziskanerkloster zu Wismar und vom J. 1257 an im Schlosse (aula, caminata, castro) zu Wismar ausstellt; vgl. Rudloff II, S. 117. So heißt es in einer Doberaner Urkunde vom 25. März 1257: Actum in castro Wismariae.
3) Daher nennt der Fürst Heinrich der Pilger seinen Vater auch "Johann von Wismar", als er im Kloster Doberan im J. 1267 eine Memorie stiftete: "proremedio animarum parentum nostrorum, patris nostri videlicet domini Johannis de Wismaria et matris nostre domine Luthgardis."
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 6 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Fürsten von Meklenburg 1 ). Diese Burg stand innerhalb der alten, noch nicht ummauerten Stadt auf dem Weberkampe 2 ), vor der jetzigen Stadt rechts am Ausgange vor dem altwismarschen Thore. Als die Wismaraner in den Fehden um die vormundschaftliche Landesregierung während der Pilgerfahrt des Fürsten Heinrichs des Pilgers, auf vorher ausgesprochene Empfehlung desselben, ihre Stadt im J. 1276 mit einer Mauer umzogen 3 ), waren sie schon so übermüthig, durch diese die Burg von der Stadt abzuschneiden 4 ), so daß die Burg vor die Stadt zu liegen kam 5 ); jedoch stand nach Aufführung der Mauer der


1) Außer den ältern Residenzen Meklenburg und Jlow, welche im 13. Jahrhundert eingingen, war fortan neben Wismar noch Gadebusch uralte Residenz der Herren von Meklenburg.
2) Nach Chemnitz Genealogia (vgl. Schröders Wism. Erstlinge S. 185) und Schröders Beschr. v. Wismar S.281 und Pap. Mekl. I, S.1072. - Der Weberkamp lag nach der Sage vor dem altwismarschen Thore rechts von der Straße nach Rostock bis gegen den Mühlenteich und das altwismarsche Mühlenwasser (aqua Wisimara); daher nennt die Urkunde vom 14. April 1266 bei Senkenberg I, p. 562: "munitionem civi "tatis propter aquam seu stagnum Wismariae in superiore "parte molendini situm." - Daher kam es, daß die neuere Burg des 14. Jahrhunderts, welche in der meklenburger Straße neben dem Dominikaner=Kloster nicht weit von der Stadtmauer stand, eine Pforte nach dem Weberkamp hatte; man vgl. weiter unten.
3) Vgl. wismarsche Chronik von 1275-1278 in Jahrb. für mekl. Gesch. III, S.42;
"Tunc temporis (1275-1276) marchio Otto de Brandenborg intravit Zwerin cum comite Holtsatie et intraverunt terram Magnopolensem et potenter devastaverunt et combusserunt dominium Magnopolense; et propter illum timorem firmata fuit civitas Wismariensis secundum commissum domini Henrici Magnopolensis , sieut ore trium locutus fuit suis burgensibus Wismariae sibi et pueris suis ad manus."
Zu derselben Zeit ward auch Mecklenburg wieder aufgebauet; vgl. das. S. 44.
Die Burgmänner zu dieser Zeit, welche auch in der Vormundschaftsführung der Fürstin Anastasia, jedoch nicht alle mit vollem Namen, auftreten (vgl. Jahrb. III, S. 40), waren nach einer Urkunde des Klosters Rehna vom J. 1270:
"Helmoldus de Plesse, Alvericus de Barnecowe, Conradus Dotenberg, Benedictus de Rodenbeke, Hermannus Storm, Hinricus Pren, castellani Wismarienses."
4) Vgl. Schröders Beschr. S. 281 u. 659. Der Vertrag vom 28. März 1300 nennt "muri constructionem" und "castri exclusionem" als Gründe der Feindseligkeiten zwischen Fürsten und Stadt; vgl. Rudloff II, S. 98. Die Ausschließung der Burg von der Stadt durch die Stadtmauer ist also ohne Zweifel.
5) Vgl. die Urkunde vom 28. März 1300 in Senkenberg Sel. juris II, p.480, in welcher genannt werden:
"castrum nostrum situm ante civitatem, cum omnibus areis adjacentibus, utpote granarii, curiae lignorum, et marstalli nostri intra muros civitatis situati."
Nach Schröders Beschr. S. 283 soll das Marstallum domini am lübischen Thore (?) gelegen haben und im J. 1309 völlig eingegangen sein; nach S. 288 lag der Marstall jedoch am altwismarschen Thore und ein anderer lag in der großen Schmiedestraße; dieses letztere Haus gehörte bis in das 17. Jahrhundert zum Amte Meklenburg.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 7 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

fürstliche Marstall noch innerhalb der Stadt 1 ). Diese Burg brannte im J. 1283 ab 2 ), muß aber nach den zunächst folgenden Nachrichten an derselben Stelle wieder aufgebauet sein. Im J. 1300 sah sich der alternde Fürst Heinrich der Pilger nach vielen Zwistigkeiten veranlaßt, mit der widerspenstigen Stadt, als diese zur Züchtigung mit dem Banne belegt war, zur Wegräumung fernerer Hindernisse eines guten Einverständnisses, einen Vertrag 3 ) einzugehen, nach welchem die alte Burg alsbald abgebrochen werden sollte und den Fürsten, weil sie eine Wohnung in Wismar nicht entbehren konnten, ein Platz zur Erbauung eines Hofes ohne Befestigung innerhalb der Stadt angewiesen ward 4 ). Ja der greise Pilger und sein Sohn, der Löwe, mußten sich am 28. März 1300 gegen die Stadt verpflichten, wenn der Abbruch der vor der Stadt gelegenen und an die Stadt verkauften Burg am 1. Mai nicht begonnen sei, mit ihren Räthen und Vasallen auf Einlager nach Wismar zu gehen, und wenn die Burg am 8. Sept. nicht völlig zerstört worden sei, diese mit allen noch stehenden Gebäuden der Stadt zu überlassen ; dabei mußten sie sich ebenfalls unter Verwillkührung des Ein lagers verpflichten, dafür zu sorgen, daß binnen vierzehn Tagen der Bann von der Stadt genommen und der Gottesdienst wieder hergestellt werde 5 ). Den Bau des den Fürsten gestatteten Hofes vollendete der Pilger ( † 2. Januar 1302) wohl noch selbst 6 ). Heinrich II., der Löwe, des Pilgers Sohn, verschmerzte jedoch die Keckheit der Stadt nicht; sein Unwille stieg zum Zorn, als die Wismaraner ihm im J. 1310 die Feier der Vermählung 7 ) seiner Tochter Mathilde mit dem Herzoge Otto von Lüneburg in ihrer Stadt verweigerten 8 ). In der deßhalb entstandenen


1) Vgl. vorige Seite Rote 5.
2) "1283. Curia dominorum de Mykelenburg in Wismaria urbe ab
"igne proprio exusta." Corner Chron. p. 934.
3) Dieser Vertrag ist gedruckt in Senkenberg Sel juris II, p. 480.
4) Veram quia mansione in ipsa civitate carere non possumus, consules et uniuersitas praedicti - - nobis aream - - intra muros civitatis erogarunt, in qua curiam aedificabimus, habitationi nostrae competentem, quam jure Lubecensi promittimus et volumus confovere. - - In eadem curia nullam munitionem firmabimus.
Urk. v. 28. März 1300 bei Senkenberg.
5) Vgl. die bisher ungedruckte Urkunde in Vermischten Urkunden der Jahrbücher des Vereins etc. . V, Nr. IV.
6) Vgl. v. Lützow II, S. 49.
7) Die Vermählungen im Fürstenhause spielen immer eine große Rolle in der Geschichte des Schlosses zu Wismar.
8) Rostocker Chronik S. 1 u. 2; vgl. v. Lützow II, S. 84. Eben so hatte die Stadt Wismar dem Fürsten Heinrich dem Löwen das Beilager in der Stadt verwehrt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 8 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Fehde brachen die Rostocker, als Helfer der Stadt Wismar gegen die Fürsten, den fürstlichen Hof im J. 1310 1 ). Jedoch zwang der Fürst bald die Stadt und brachte es dahin, daß er, an der Stelle des von den Rostockern gebrochenen Hofes, innerhalb der Stadtmauern zwischen dem Kloster der schwarzen Brüder und dem meklenburger Thore, im J. 1311 eine Feste mit einem starken hohen Thurme baute 2 ), aus welcher ein Thor , neben einem andern starken, hohen Thurme, durch die Stadtmauer nach dem Weberkamp außerhalb der Stadt führte. Diese Feste lag hiernach unbezweifelt in der meklenburger Straße neben dem noch stehenden sogenannten schwarzen Kloster nach dem meklenburger Thore hin und war von dem Weberkampe, auf welchem das alte Schloß des Fürsten Johann gestanden hatte, nur durch die Stadtmauer geschieden. Der Weberkamp muß sich also von dem altwismarschen Thore gegen das meklenburger Thor hin erstreckt haben. Die Stelle dieser oder der frühern ältesten Feste ging den Fürsten in. der Folgezeit auch nicht verloren; die ganze Folgezeit hindurch bis in das 17. Jahrhundert besaßen sie in der meklenburger Straße einen geräumigen Hof, der meklen=


1) Vortmehr scholden se ehren heren antwerden de slotele tho einem dore der stadt, - - alse lange, bet he binnen der stadt sinen hof hedde wedder gebuwet, den ehm de van Rostock hadden thobraken.
Rostocker Chronik, S. 11, vgl. Not. 35.
Der Hof stand nicht außerhalb der Stadt, wie v. Lützow II. S. 95 annimmt.
2) Die (slotele van dem meckelborgesken dore) behelt he also lange, beth he twisken der swarten brodere clos Teer vund dem vor geschreuenen Meckelborgesken dore hadde eine geueste gebuwet, mit einem starken hogen torne vnnd mit einem dore tho dem weuerkampe wart vth der stadtmuren, dar he ock einen starken hogen torne by vptoch, also dat he in vnnd vth mochte, ahne der borger danck, wen he wolde.
Rostocker Chron. S. 11 und 12.
Doch hatten si klein widerstrebin,
wan ez wart im ubergebin,
daz her von syme eygenen gelde
buwete an dy mur syn hof, zu velde
hatte er eyne porten da,
darynne eyne vesten buwete her ja;
dy porte durch den vesten gar
ging uf den weverkamp virwar;
her hinrich in starkier vestlicher form
liez da buwin eynen torm
vf dy andier syd der vestin
by der porten sunder restin.
     Kirchberg CXLIV, p. 792.
Sollte von dieser Pforte noch das vermauerte Thor herrühren, welches am Ende der meklenburger Straße in der Stadtmauer steht?
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 9 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

burger Hof 1 ) genannt, welcher kurz vor dem Jahre 1644 einstürzte 2 ).

Doch der Wachsthum der Stadt stand noch bevor, und mit diesem stieg ihr Muth, und so wußte sie gleich nach dem Tode des Löwen am 18. März 1329 die in ihren Mauern residirende Vormundschaft seines minderjährigen Sohnes Albrecht des Großen dahin zu bringen, daß diese der Stadt das fürstliche Schloß innerhalb der Stadt am meklenburger Thore 3 ) mit dem Thurme und dem Bergfrit (Burgfried, Verschanzung) verkaufte 4 ). Dagegen gestattete dieselbe den Fürsten die Bewohnung eines andern Hofes innerhalb der Stadt bei der St. Georgen=Kirche, im Osten derselben, welcher Hof schon dem Fürsten Heinrich II., dem Löwen, Albrechts Vater, gehört hatte 5 ).


1) Nach den Acten im Großherzogl. Archive. - Schröder kannte noch die Stelle, welche der meklenburgsche Hof genannt ward. Vgl. v. Lützow II, S. 49. - Nach dem handschriftlichen Registrum parochiae St. Mariae fol. LXII lag der meklenburgische Hof in der Parochie St. Marien; es lag z. B. eine Bude: "bode in opposito curie magnopolensis" (Mittheilung des Hrn. Dr. Burmeister zu Wismar).
2) Dieser meklenburger Hof in der meklenburger Straße lag im J. 1644 unmittelbar neben dem" Stadthause des jedesmaligen Syndicus, " zu der Zeit des damaligen Mitburgemeisters Dr. Arnold Bötticher". Nach der Mittheilung des Hrn. Dr. Burmeister ist das Syndicatshaus erst jüngst von dem Magistrate an den Kaufmann Gerte verkauft; hiernach hätte der meklenburger Hof an der Stelle des dem Amtshauptmann Oldenburg gehörenden Hauses, zwischen dem schwarzen Kloster und dem altwismarschen Thore nach der Stadtmauer hin gelegen. Dies ist also wahrscheinlich ein Theil der Stelle des ältesten Schlosses.
3) Wi Albert van der gnade godes ein junchere van Mekelenborch - - bekennen - -, dat wi - -, na rade - - unser vormundere - -, -. - der gantzen statt - tho der Wismer verkoft hebben - - vsen hoff binnen der statt tho der Wismer vor (d. h. an) dem meklenborger dohre - - mit deme torne und mit dem berchvrede.
Urkunde vom 18. März 1329; gleichmäßig lautet der Consens der Vormünder von dem selben Dato.
Eben so heißt es auch in einer andern Urkunde vom J. 1316 bei Schröder, Beschr. S. 232:
"Hereditas sita in platea Magnopolensi contra curiam domini Magnopolensis."
4) Schon der alte Fürst Heinrich mochte die Macht der Stadt fürchten, als er im J. 1327 einen Theil des fürstlichen Hofes (spacium curiae nostrae in Wismaria) an die Ritter des deutschen Ordens verkaufen wollte, wahrscheinlich zur Erbauung noch einer Feste zu seinem Schutz. Der Magistrat der Stadt brachte den Fürsten jedoch dahin, das den Rittern gegebene Versprechen zurückzunehmen (vgl. Schröders Pap. Mekl. I, S. 1071); nach Beschränkung der fürstlichen Macht erreichten freilich die Ritter während der Vormundschaft des Prinzen Albrecht die Erwerbung eines Hofes, jedoch unter sehr beschränkenden Bedingungen. (Vgl. Schröders Pap. Mekl. I, S. 1100.)
5) Dartho hebben use leue ratmanne us gelaten binnen der stat tho der Wismar, tho ehre unde tho gemake user unde user nakomelinge (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 10 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

An dieser Stelle hat denn auch seitdem immer der fürstliche Hof zu Wismar gestanden, im Osten der St. Georgen=Kirche, zwischen dieser und der St. Marien:Kirche, unter den Namen des Fürstenhofes und des Tribunals 1 ).

Als der Fürst, nachherige Herzog Albrecht, mit dem Anfange des Jahres 1337 nach erlangter Volljährigkeit die Herrschaft seiner Väter selbstständig angetreten hatte, zeigte er sich zwar der Stadt Wismar freundlich, trug jedoch gegen sie schweren Zorn im Herzen wegen der Versetzungen und Zerstörungen der Schlösser 2 ) unter seinen Vorfahren und söhnte sich erst im J. 1339 ganz aus. Seine Macht auf die Städte gründend, befestigte er jedoch den Fürstenhof nicht wieder, sondern war, im Gefühle seines Ansehens, mit dem einfachen Hofe an der St. Georgen=Kirche zufrieden, welchen er um das J. 1356 und späterhin einer seiner Nachfolger Heinrich um das Jahr 1430 weiter ausbauten 3 ). Den Platz der zweiten Feste, der Burg Heinrichs des Löwen, in der meklenburger Straße muß er jedoch von der Stadt Wismar wieder erlangt und mit einem Hofe bebaut haben, da dieser in spätern Zeiten, wie eben bemerkt, unter dem Namen des meklenburger Hofes 4 ) im Besitze der Herzoge vorkommt, wobei zu bemerken ist, daß im 16. und17. Jahrhundert der Für=


(  ...  ) enen hof, de belegen is bi sunte Juriens kerken uppe deme orde in dat osten, de useme leuen vader hadde thogehort.
Urk. v. 18. März 1329.
Dieser Hof hatte schon früh im 13. Jahrhundert dem Fürsten Heinrich I., dem Pilger gehört; dieser hatte ihn (curiam sitam olim retro cimiterium beati Georgii apud aquam) seinem Bruder, dem Präpositus Nicolaus, geschenkt, welcher ihn im J. 1289 an die Stadt für 50 wend. Mark verkaufte (vgl. Schröders Pap. Mekl. I., S. 797 u. 703). Nach der Urkunde vom 18. März 1329 war der Hof wieder in Besitz des Sohnes Heinrich I., Heinrichs des Löwen , gekommen.
1) Tribunal ward das Schloß während der Zeit der schwedischen Herrschaft in Wismar genannt, weil während derselben das schwedische Obergericht (Tribunal) über die Herrschaft Wismar in dem Schlosse seinen Sitz hatte. Das Gebäude ward im J. 1653 dem Gerichtshofe eingeräumt (vgl. Schröders Beschr. S.284).
2) Indignationem, quam nos caperet (?) de antiquo, - - et specialiter nominatim ex parte destructionis turris et transpositionis curie sue.
Aus dem Wismarschen Rathsbuche.
3) Nach Schröder's Beschr. S. 283.
4) So heißt es:
Anno 1464 don wart des hervestes gegaten de grote klocke (zu St. Nicolai) up dem meklenburger Haue.
Ex Mscr. antiquo in Schröder's Pap. Mekl. S. 2169.
Im J. 1436 verbesserten die Söhne der Herzogin Katharina deren Leibgedinge durch
"vnsen hoff tor Wismar nomelken des Mekelenborghes hoff".
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 11 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

stenhof an der St. Georgen=Kirche auch oft der meklenburger Hof genannt wird, während dann der eigentliche meklenburger Hof: das Haus in der meklenburger Straße heißt.

Der Fürstenhof oder das Tribunal.

Die Geschichte des jetzigen Fürstenhofes erfordert eine vorläufige kurze Beschreibung desselben.

Der Fürstenhof besteht jetzt aus drei Theilen, welche einen fast dreieckigen Hof einschließen, von dem die Eingänge in das Innere der Gebäude führen. Diese Theile sind folgende:

1) Der alte Hof, mit der langen hintern Seite der Ostseite der St. Georgen=Kirche gegenüber, "an der hohen Straße", oder am St. Georgen=Kirchhofe der Länge nach in der Richtung von S. nach N. gleichlaufend mit der "hohen Straße", welche vom St. Georgen=Kirchhofe nach der lübischen Straße führt 1 ).

2) Der neue Hof, welcher im rechten Winkel mit dem alten zusammenhängt und der Länge nach von W. gegen O. vom St. Georgen=Kirchhofe gegen die Kirchen=Gebäude von St. Marien läuft, mit den gegenüberliegenden Häusern eine Straße: "am Fürstenhofe", oder: "am Tribunal" bildend.

3) Der Stall auf dem Hofe, schräge hinter den beiden Hauptgebäuden stehend, so daß er mit denselben beinahe ein rechtwinkliges Dreieck bildet.

Vom 14. bis zum 16. Jahrhundert wird des fürstlichen Hofes zu Wismar anders nicht besonders gedacht, als daß seiner auf friedlichem Wege Erwähnung geschieht 2 ). Der alte Bau mußte aber im sechszehnten Jahrhundert neuen Ereignissen weichen, und in dieses Jahrhundert fällt die Erbauung des Fürstenhofes, wie er zum größten Theile jetzt noch steht.


1) "Hof, de belegen is bi sunte Juriens kerken uppe deme orde in dat osten." Urk. vom 18. März 1329. - "Das fürstliche Haus liegt "in der hohen Straßen": Inventarium von 1610. - "In alta platea, qua itur de cemiterio beati Georgii versus plateam lubicensem": wism. Bürgersprache von 1421 in Schröder's Pap. Meckl. S. 1857.
2) So z. B. ward derselbe:
"unser hoff bynnen unser stad Wismar"
am 23. Nov. 1473 vom Herzoge Heinrich seiner Gemahlin Dorothea von Brandenburg zum Leibgedinge verschrieben. Vgl. auch Rudloff II, S. 816.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 12 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1) Das älteste Gebäude.

Ob von den alten Gebäuden des Fürstenhofes an der St. Georgen=Kirche aus dem 14. oder 15. Jahrhundert noch etwas steht, läßt sich nicht mit Bestimmtheit angeben. Wenn noch etwas davon vorhanden ist, so kann dies nichts anders sein, als der jetzige Stall auf dem Hofe.

Wahrscheinlich diente dieses Gebäude immer als Stall; denn der älteste Hof der Fürsten stand an der Stelle des neuesten Gebäudes an der Straßenecke am St. Georgen=Kirchhofe.

Außerdem wird noch von den alten Nebengebäuden öfter genannt:

ein altes Backhaus, ohne Werth;

ein Thorweg auf dem Hofe nach der Marienkirche hin;

ein Stück Mauer in der Fronte des neuen Gebäudes,

nach der Marienkirche hin.

2) Der alte Hof.

Als der Herzog Heinrich der Friedfertige sich mit der Prinzessin Helena von der Pfalz zu vermählen beabsichtigte, bereitete er Festlichkeiten vor, welche zu den größten gehören, die in Norddeutschland gefeiert sind. Die Vermählung ging am 12. Junius 1513 vor sich. Da aber Schwerin die große Zahl der erwarteten Gäste nicht aufnehmen konnte 1 ), so ward die Stadt Wismar zur Feier der Vermählung bestimmt. Zur Aufnahme seiner jungen Gemahlin ließ der Herzog ein neues Schloß an der Stelle des alten Fürstenhofes an der St. Georgenkirche bauen. Das Gebäude ward im Jahre 1512 begonnen und einige Zeit nach Ostern 1513 kurz vor der fürst=


1) Chemnitz sagt hierüber im Leben Heinrichs XI. zum J. 1513: "Weil er aber alle seine anverwandte Fürsten und Herrn darzu einzuladen in willens, und das haus und statt Schwerin gahr zu klein wahr, so viel vornehme Fürsten und Herrn einzunehmen, als hat er ihm vorgesetzet, solches in seiner statt Wismar zu halten." - Vgl. v. Lützow II, S. 326. - Daß, wie v. Lützow will, auch das Schloß zu Schwerin zu klein gewesen sei, ist nicht gut anzunehmen, da schon damals das Schloß zu Schwerin größer war, als der Fürstenhof zu Wismar. Aber für die vielen Fürsten und ihr großes Gefolge mochte es in der Stadt Schwerin eher an "Herbergen" fehlen, als in der rührigern Stadt Wismar; nach den Ausgaberegistern über die Vermählungsfeierlichkeiten waren die Gäste alle in Herbergen in der Stadt Wismar einquartirt. - Bei dieser Vermählung zeigte sich der Rath auch willfähriger, als in frühern Zeiten, indem er nicht nur die große Zahl der geladenen Gäste gern aufnahm, sondern auch "ein Haus mit Fleisch= und Brotscharren, den Fürsten zu Ehren und dem Markt zur Zierde", zum Turnier (vgl. Reimar Kock Chronik) abbrechen ließ und versprach, den Markt nicht anders zu bebauen, als er damals bebauet war, außer mit Stock und Kaek. Vgl. auch v. Lützow a. a. O.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 13 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

lichen Hochzeit vollendet. Die Aufsicht über den Bau und die Rechnungen führte der Priester Heinrich Stolp ( † 1526) zu Wismar, Pfarrherr von Lübow, Vikar an der St. Marienkirche zu Wismar, fürstlicher Capellan und des Herzogs Heinrich vieljähriger vertrauter Diener 1 ). Der "neue Baumeister" hieß Georg 2 ); der Maurermeister hieß Ertman oder Ertmar Boeth oder Bot 3 ). Die Fenster, vielleicht gemalte, lieferte der "Meister Gerdt der Glaser zu Bützow"; wahrscheinlich blühete dort die Glaserei von der Zeit des Bischofs Conrad Loste ( † 24. Dec. 1503), der die Kirche zu Bützow mit schönen gemalten Glasfenstern zieren ließ. Die Steine lieferte der Probst von Neukloster aus seiner Ziegelei. Nach einer Recapitulation ward im J. 1513 aus der Chatoulle des Herzogs Heinrich 1085 Mark "am hauß zur Wißmar verbauet".

Dieser alte Hof Herzogs Heinrich war im J. 1576 und in den folgenden Jahren zwei Stockwerk hoch. Er enthielt unter der Erde die Keller. Im ersten Stock war links die Hofdornitz oder Hofstube 4 ) und rechts die Küche, beide gewölbt, jede mit einem eigenen gewölbten Eingange, wie noch heute; die Gewölbe mit den starken Säulen stehen noch und tragen, wie die Gewölbe in der alten Hofstube des schweriner Schlosses, noch den Charakter einer alten Zeit, sind jedoch kürzer, stärker und ohne Verzierungen.

Nach dem Schloßhofe hin hatte das Haus drei Erker und nach der Kirche hin fünf Giebel in Holz gemauert. Auf dem Hofe stand am Gebäude ein Windelstein (Treppenhaus) in Holz gemauert. Im J. 1576 lag das Gebäude schon sehr wüst.

Im J. 1516 erhielten die Herzoge Heinrich und Albrecht von dem competirenden Bischofe Heinrich von Ratzeburg zur Beförderung des Gottesdienstes die Erlaubniß, einen (verdeckten) Gang von diesem fürstlichen Hofe nach der St.


1) Er verrichtete die Geschäfte eines Berechners, Einnehmers und Küchenmeisters; schon im J. 1507 hatte er die Einnahmen der Vogtei Meklenburg zu berechnen.
2) Diese und die folgenden Angaben sind aus fürstlichen Renterei=Rechnungen entnommen. Wegen der Schreibweise der damaligen Zeit sind die vollen Namen sehr schwer zu finden, da die Personen gewöhnlich nur mit Vornamen, oft gar nicht genannt werden. Dieser Baumeister kommt nur einige Male unter der bloßen Aufführung des "neuen Baumeisters", und nur ein einziges Mal mit dem Namen Georg vor.
3) Der Contract mit dem Maurermeister ist im Großherzogl. Archive noch erhalten und in der Beilage Nr. 1. mitgetheilt.
4) In den alten Schlössern, welche wenig Gemächer hatten, war im ersten Stock gewöhnlich die Hofdornitz, Hofdönsk, später Hofstube genannt, ein großer Saal, zu Versammlungen, Trinkgelagen, zum Aufenthaltsort für die Bedienung bei Festen u. dgl. benutzt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 14 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Georgen=Kirche zu bauen 1 ), unter der Bedingung, daß der Altar, welcher deshalb abgebrochen werden mußte, ohne Schmälerung seiner Einkünfte und ohne Schaden, an eine andere passende Stelle versetzt werde. Wahrscheinlich ging dieser Gang aus dem zweiten Stock und ließ einen Durchgang über die Straße frei; vielleicht mündete er links vom Altar am hohen Chor, wo noch der fürstliche Stuhl (von gewöhnlicher Bauart) 2 ) mit dem geschnitzten meklenburgschen Stierkopf zwischen den Stühlen der Geistlichkeit und des Magistrats der Stadt steht.

Von diesem alten Bau stehen noch die Ringmauern und die Gewölbe des Erdgeschosses. Eine Feuersbrunst verzehrte in der schwedischen Zeit den oberen Theil dieser Seite und den nördlich daran stoßenden Theil ganz und ein neueres Gebäude füllt jetzt die Ecke an der Straße zwischen den beiden Hauptgebäuden.

In dieser nördlichen Ecke, an der Stelle des neuesten Baues in gleicher Flucht mit dem Hofe H. Heinrichs, stand der älteste Hof, drei Stockwerke hoch, ganz in Stein und "vorderwärts" mit vier kleinen Giebeln in Holz gemauert.

3) Der neue Hof.

Mit der Regierung des hochgebildeten Herzogs Johann Albrecht I. begann für Meklenburg eine neue, glänzende Zeit für Wissenschaft und Kunst. Die fürstlichen Schlösser waren alle klein, unwohnlich und verfallen; der junge Fürst richtete daher zuerst sein Augenmerk auf die Erbauung anständiger Fürstenhöfe und öffentlicher Gebäude. Er reis'te im J. 1550 nach Wismar, um die fürstlichen Gebäude zu besichtigen, und fand, daß sie alle einer wesentlichen Verbesserung bedurften. Er schlug daher dem Herzoge Heinrich, seinem Oheim, in einem Schreiben d. d. Wismar 30. Junius 1550 vor, das von demselben 151 2/3 erbauete Haus um ein Stockwerk zu erhöhen, weil darin kein "fürstlich Gelaß sei, um stattliche Gemächer einzurichten". Da man aber dann eine Zeit lang während des Baues gar nichts haben würde, so sei es seine Ansicht, daß man auf dem Platze daneben einige fürstliche Gemächer zurichte, damit es nicht so gar schimpflich stehe und ihnen zum Spott gereiche. Auf die dringenden Bitten des Herzogs


1) Der Consens des Bischofs von Ratzeburg ist unter den Vermischten Urkunden der Jahrbücher des Vereins, V, Nr. VII. mitgetheilt.
2) Gegen die Erbauung eines fürstlichen Chors sträubten sich die wismarschen Bürger noch im 17. Jahrhundert, wogegen der Bischof zur Beförderung der Religiosität am Hofe gerne nachgab.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 15 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Johann Albrecht um Beschleunigung des Baues erwiderte ihm am 15. Julius 1550 der Herzog Heinrich: er habe sich bei seinem Beilager (1513) mit seiner Gemahlin, der Pfalzgräfin, mit den vorhandenen Gebäuden beholfen und könne, namentlich bei bevorstehender Aernte, sich auf nichts weiter einlassen, als den Bau der Schnecke (des Treppenhauses) 1 ) an dem von ihm aufgeführten Gebäude vorzunehmen; jedoch wolle er an den Präceptor des Antonius=Klosters zu Tempzin schreiben, daß er Steine brennen lasse, und den Propst zu Neukloster auffordern, seine verfallene Ziegelei fordersamst wieder aufzurichten.

Kaum hatte der Herzog Johann Albrecht (1552) den Thron bestiegen und in den wichtigen Religionsangelegenheiten durch kriegerisch und reformirende Handlungen seine Stellung einigermaßen befestigt, als er auch ernstlich an die Einrichtung seines Hauses dachte. Zu seiner Vermählung mit der preußischen Prinzessin Anna Sophie (24. Februar 1555), welche wiederum zu Wismar gefeiert ward, ließ er den neuen Hof daselbst aufführen.

Der Bau ward im Sommer 1553 angefangen und im J. 1554 vollendet 2 ). Das Haus ward gegen Osten hin im rechten Winkel an den alten Hof Heinrichs angesetzt, wie es jetzt noch


1) Nach dieser Correspondenz scheint es, daß der "Windelstein" am alten Hofe Heinrichs und der dritte Stock mit den Erkern , welche in jüngern Inventarien aufgeführt werden, jetzt aber nicht mehr vorhanden sind, in spätern Zeiten erbauet wurden: 1550 und 1554.
2) Hiefür reden mehrere Zeugnisse. Zuerst spricht bestimmt ein Contract mit einem Maler vom 13. Jan. 1554: einige Decken zu malen
"in die gemach - - in dem newen gebew, so wir die Zeit über in unserm hoffe zur Wismar werden anrichten lassen."
Ferner sagt der vertraute Freund und Zeitgenosse des Herzogs, der Rath Andreas Mylius, in seinen Annalen (vgl. Gerdes Sammlungen S. 263):
"Es hat auch Hertzog Johann Albrecht in diesem Jahre (1555), gegen das Beilager zu Wismar, das Haus daselbsten erbauen lassen, wie dann auch die Häuser zu Schwerin fast den mehrern Theil um diese Zeit verfertiget worden."
In einer Verzierung von gebranntem Thon am äußersten Fenster der Fronte links im Erdgeschoß steht im Relief die Jahreszahl 1554. - Die Inschrift über dem Portal ist leider zur Hälfte verwittert; es ist nur noch zu lesen:
JOAN. ALBER. PRlNC - - -
SVMPTIBVSQVE. FRV - - -
Nach einem Briefe des Rentmeisters Andreas Bessel sollten am 14. Nov. 1554 die Kirchen vor den Thoren (zum heil. Kreuze vor dem altwismarschen und zu St. Jacob vor dem lübischen Thore) vollends abgebrochen und die Steine von denselben zu dem neuen Hofe verwandt werden, welcher am Ende des Monats November drei Stockwerk hoch unter Dach stehen sollte. Als die Stadt diese Abbrechung damals verweigerte, ward nach einem andern Briefe vom 15. Novbr. die wüste Kirche zu Nakenstorff bei Neukloster abgebrochen, von der viele Steine ebenfalls zum Schloßbau in Wismar verwandt wurden. Vgl. Dr. Burmeisters Nachricht von den wismarschen Kirchen in Jahrb. III, S. 59.
Vgl. Briefsammlung in Jahrbüchern des Vereins V, Nr. 15.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 16 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dasteht. Der Platz war nicht ganz frei, sondern war mit einigen Buden besetzt, welche die Stadt Wismar dem Fürsten zum Abbruch verehrt hatte 1 ).

Das "lange, neue Haus", wie es in den Inventarien immer heißt, war drei Stockwerk hoch. Du die Mitte des Gebäudes ging eine schön gewölbte Auffahrt auf den Hof; links vom Eingange war die Hofstube, rechts der Pförtner und anderer Diener Wohnungen; im zweiten Stock war der "lange Tanzsaal", im dritten Stock (von welchem man eine reizende Aussicht hat) der große Eßsaal, daneben der Herzogin Gemach und die Rathsstube. Auf dem Hofe an der östlichen Ecke stand angebauet ein viereckiger Windelstein (Treppenhaus), welcher zu den obern Gemächern führt; die Gemächer im Erdgeschosse haben Eingänge vom Hofe. Vor dem J. 1574 war das Gebäude mit einem "Schraubdache in Kalk" gedeckt und unterm Dache standen Giebel mit kleinen Gemächern; beide wurden 1574 abgebrochen, weil von der Last dieser Gemächer das ganze Gebäude gesunken war.

Mit Ausnahme der alten Giebel 2 ) steht noch heute das Gebäude in seinen Ringmauern, mit den Gewölben und mit den Verzierungen der Außenseite, so wie mit dem Windelstein, wie es erbauet ist.

Dieser neue Fürstenhof zu Wismar vom Jh. 1554 verdient von allen weltlichen Gebäuden Meklenburgs und vielleicht Norddeutschlands aus alter Zeit die größte Aufmerksamkeit, weil er in einem großartigen Style erbauet ist und alle architektonischen Ornamente nicht allein architektonische Zwecke zeigen, sondern auch noch in ihrer ursprünglichen Bestimmung erhalten sind 3 ).


1) Am 4. Sept. 1554 bestätigte der Herzog Johann Albrecht die Privilegien der Stadt Wismar:
"nachdem die ehrsame bürgermeister, rathmanne und gemeine unsser stadt Wissmar zu verfertigung unsers neuen Gebäudes und hofes zur Wismar, auf unsser Erfordern, etliche buden übergeben und verehret"
Vgl. Senkenberg Sel. juris II, p. 510.
2) Bei einer etwanigen Restaurirung des Gebäudes verdienen diese Giebel alle Beachtung, wenn das Gebäude in dem ursprünglichen Geiste des Erbauers hergestellt werden soll.
3) Aehnliche Bauten aus derselben Zeit finden sich z. B. in den Schlössern zu Schwerin und Gadebusch; hier sind aber die Ornamente wie durch Zufall mehr regellos und ohne Geschmack untergebracht. Der Fürstenhof zu Wismar bleibt Urbild der Schloßbauten in Meklenburg aus der Zeit von 1550 bis 1570. Er hat sich auch bereits den Beifall großer Baukünstler, z. B. Schinkel´s, im hohen Grade erworben, wie es im J. 1834 die ganze Aufmerksamkeit des Königs Otto von Griechenland auf sich zog. In den Grundzügen hat dieser Baustyl Aehnlichkeit mit (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 17 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Vor allen Dingen sind es die großartigen Verhältnisse und Dimensionen, welche die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Bei einer nicht unbedeutenden Länge und Höhe hat das Gebäude in jedem Stockwerk nur sieben Fenster Fronte. Pforten, Fenster und die Balkenlagen zwischen den Stockwerken sind mit Reliefs bekleidet, welche den Charakter der Berechnung für dieses Gebäude tragen. Diese Reliefs zieren beide Hauptseiten des Gebäudes, straßenwärts und hofwärts, den Windelstein mit eingerechnet.

Zwischen dem ersten und zweiten Stock läuft ein Relief aus Sandstein, dem Anschein nach zwei Fuß hoch, gedrängt voll Figuren, muthmaßlich die Darstellung einer und derselben Begebenheit in ihrem Fortgange, vielleicht aus der biblischen Geschichte 1 ).

Zwischen dem zweiten und dritten Stock läuft eine Reihe von Verzierungen aus gebranntem Thon, bestehend aus viereckigen Werkstücken, welche in einem Kranze, wie in einem Medaillon, Brustbilder im Relief zeigen, wie sie auch am Schlosse zu Schwerin vorkommen.

Die in geschwungenen Linien gewölbte Auffahrt ist an beiden Seiten mit Karyatiden aus Sandstein, Satyrn darstellend, geschmückt, jedoch in einem reineren Styl, als die am Portale zu Schwerin. Im Gesimse über der Pforte steht die oben erwähnte Inschrift, über der Inschrift das meklenburgische Wappen (mit zwei Greifen als Schildhaltern).

Die vier Pforten zum Gebäude sind alle auf dem Hofe. Sie sind gewölbt und mit Ornamenten aus gebranntem Thon verziert. Im Gesimse stehen immer vier von den Medaillons mit den menschlichen Köpfen, zwei männliche und zwei weibliche, je paarweise bei einander. In jedem Dreieck unter dem Gesimse neben den Pilastercapitälen steht ein kleineres Medaillon mit Männerköpfen, wie es am Schlosse zu Schwerin nicht vorkommt 2 ). Ueber dem Gesimse steht eine Krönung in Form eines Halbkreises (ein abgerundeter Giebel) aus gebranntem Thon. Das Giebelfeld ist von einer halben Rosette im Relief gefüllt umher steht im Halbkreise die Inschrift:

IS. GOT. MIT. VNS. WOL. KAN. WIDDER. VNS.

(  ...  ) dem Styl der neuen Bauschule zu Berlin: einfache geometrische Construction, große Massen, große Verhältnisse und Abgrenzungen durch Thonverzierungen.
1) Diese Reliefs verdienen wohl ein aufmerksames Studium.
2) An dem wismarschen Schlosse scheinen nach dieser Stellung die Köpfe gewisse Bedeutungen zu haben; vielleicht sind es Portraits der Aeltern und Schwiegerältern des Herzogs Johann Albrecht und standen in Beziehung zu seiner Vermählung. Dies läßt sich jedoch erst nach Gründung einer Gallerie von Bildern der Landesherren erforschen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 18 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Dieselben Werkstücke finden sich auch am Schlosse zu Schwerin 1 ).

Die Fenster sind mit Ornamenten ausgebranntem Thon bekleidet. Verzierungen mit Laubwerk fassen die Fenster ein; an den Seiten stehen flache Karyatiden, welche dreieckige Giebel tragen. Alles zeigt hier weise Berechnung: die Karyatiden am Mitteltheile des Gebändes haben Kapitäler, die am Obertheile nicht.

Die Ornamente aus gebranntem Thon 2 ) (die "gedruckten Steine ") fertigte schon seit der zweiten Hälfte des Jahres 1552 der Steinbrenner Statius von Düren 3 ) auf der Ziegelei zu Schwerin; noch im J. 1557 stand er in herzoglichen Diensten 4 ). Neben ihm lebte im J. 1557 zu Schwerin noch ein "alter Ziegelbrenner". Zu derselben Zeit arbeiteten auch holländische Ziegelbrenner zu Dömitz, und auch in Wismar arbeiteten Ziegelbrenner auf fürstliche Rechnung.

Die Deckenverzierungen für die Säle in den Schlössern zu Wismar und Schwerin malte im Jahre 1554 der


1) Eine ähnliche Thür ward im J. 1830 unter dem Abputz und der neuern Verkleidung des Schlosses zu Berlin, als Ueberrest von dem alten Bau von 1538, entdeckt und ist in v. Ledebur's Allgem. Archiv, VIII. S. 65 als etwas Ausgezeichnetes beschrieben.
2) Wie das Mittelalter hindurch das Schnitzen und Graviren (vertiefte Arbeit) in Holz und Messing die höchste Ausbildung der bildenden Kunst in Norddeutschland in sich faßt, so offenbart sich hier im Reformationszeitalter um die Mitte des 16. Jahrh. die höchste Kunstausbildung im Modelliren in Thon (erhöheter Arbeit). Die großherzoglichen Schlösser und das Alterthums=Cabinet zu Schwerin bewahren eine Reihe von Ziegeln und Ofenkacheln, welche eine Gallerie wahrer Meisterwerke von Reliefs enthalten. Zu keiner andern Zeit hat sich diese Kunst in Meklenburg in einer so großen Vollendung entfaltet, daß ihre Erzeugnisse für jede Zeit zum Muster dienen können. Zwar haben wir aus dem 15. Jahrh. viele Reste von Thonreliefs und Thongeschirren, welche sehr hübsch und im höchsten Grade gediegen in der Masse gearbeitet sind, aber sie sind einfach, flach und entbehren jener künstlerischen Ausbildung, welche die Reliefs aus der Mitte des 16. Jahrh. haben. Mit dieser Ausbildung des Reliefs entsteht auch die vielfarbige Glasur auf den Thongeschirren. Leider dauert dieser Kunststyl nur wenige Jahrzehende: mit dem Ende des 16. Jahrh. erlischt der letzte Schimmer der mittelalterlichen Kunsttüchtigkeit.
3) Nach einer Quittung des Maurermeisters Caspar Behm wohnte der "Ziegelmeister Statius von Düren" nach Vollendung der Schloßbauten, welche die Ornamente aus gebranntem Thon tragen, zu Lübeck. C. Behm kaufte von ihm für den Herzog Ulrich von Güstrow einige thönerne Werkstücke und bezahlte für ein "grotes Stück biltwerk" 5 ßl., für ein kleines Stück 2 ßl. In Lübeck steht in der Holstenstraße Nr. 276. noch ein Haus, welches mit antiken Köpfen in einem Kranze auf Werkstücken ausgebranntem Thon verziert ist. Wenn diese Verzierungen auch flacher und schlechter gearbeitet sind, als die wismarschen, so haben sie doch mit diesen viel Aehnlichkeit. Vielleicht können die lübecker Stadtbücher die Geschichte dieses Hauses aufklären.
4) Der Herzog Ulrich hielt sich zu seinem Schloßbau zu Güstrow sicher von 1559 - 1564 den "Formschneider" und "Bildschnitzer" Hans Ferber.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 19 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Meister Jacob Strauß zu Berlin: auf Leinwand mit vergoldeten Rosen; die Decken wurden in Berlin gemalt und nachher angeschlagen.

Die Oberaufsicht und die Geldberechnung über den wismarschen Schloßbau von 1554 führte der Rentmeister Andreas Bessel 1 ).



1) Der Rentmeister Andreas Bessel war bis zum J. 1548 Kammermeister des Herzogs Heinrich von Braunschweig, der aber ihn und mehrere Andere hart behandelte und ihnen ihre Güter nahm. Bessel ging deshalb aus Braunschweig und verklagte den Herzog beim Reichskammergericht. Im J. 1550 trat der Canzler Johann von Lucka mit ihm wegen Eintritts in meklenburgische Dienste in Unterhandlungen, welche auch bald realisirt wurden. Am 1. Mai 1554 stellte ihn der Herzog Johann Albrecht I. auf Lebenszeit an, weil er ihm "viel getreue, angenehme und nutzbare Dienste geleistet", und schenkte ihm 1000 Thaler und ein Haus. Ueber seinen Tod schreibt der Herzog eigenhändig in seinem Tagebuche:
"1560. Merz 1. ist Andreas Bessel mein getrewer Diener zu Schwerin gestorben christlich".
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 20 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Excurs.


Die Baukünstler in Meklenburg

in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.

H öchst interessant wäre die Beantwortung der Frage, welche Künstler und Werkleute das Schloß zu Wismar geschaffen und den Styl desselben verbreitet haben; leider fließen, trotz alles Forschens, die Quellen für den Zeitraum von 1552 bis 1560 nur sehr spärlich. Außerdem ist in Beziehung auf den Schloßbau zu Wismar und die gleichzeitigen Bauten zu Schwerin auch überall nur wenig von bedeutenden Namen zu finden, indem diese Bauten wahrscheinlich von sogenannten Maurermeistern ausgeführt wurden. Im J. 1552 war Gabriel 1 ) von Aken als Maurermeister in des Herzogs Johann Albrecht I. Diensten. Dieser holte in den J. 1552 und 1553 (Fundament=)Steine zum Bau aus Dänemark 2 ), legte den Grund zu dem wismarschen Schlosse und vollendete das Fundament im J. 1553 mit Hülfe eines andern Meisters Michael und dessen Sohnes. Außer Gabriel von Aken lebte in Wismar noch ein zweiter Maurermeister Valentin von Lira. Die Meister Gabriel und Valentin standen nicht freundlich zu einander, und als den Bausteinen Valentins beim Ankaufe der Vorzug gegeben ward,


1) Im J. 1536 kommt ein Baumeister Gabriel (Bühring) zu Boizenburg im Dienste des Herzogs Heinrich vor; vgl. Jahrb. II, S. 207; ein Gabriel war noch 1538 im Dienste des Herzogs, jedoch wird dieser immer Gabriel Wulf genannt.
Gabriel von Aken war nach einem eigenhändigen Briefe ein ächter Niederdeutscher. So schreibt er über seinen Abgang aus herzoglichen Diensten:
"schalt so togân, so byn ick hyr langhe noch gewest, vnde sedde dar vp Andrewes gude nacht".
2) Nach des Königs von Dänemark Schreiben: "aus einem Steinbruche in "Schonen bei Kolla drei Meilen unter Helsingborg", wo die Leute Steine brechen ließen und verkauften.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 21 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

verließ Gabriel von Aken plötzlich den fürstlichen Dienst und zog um Andreä (30. Nov.) 1553 nach Lübeck, von wo er dem Herzoge am 4. April 1554 einen Absagebrief schrieb. Da die Vollendung des Schlosses wegen der bevorstehenden Vermählung des Herzogs (im J. 1555) eilte, so ward die Weiterführung des Baues sogleich dem Maurermeister Valentin von Lira übertragen.

Es hatte aber sicher seine Schwierigkeiten, einen verlassenen großen Bau fortzuführen; daher wandte sich der Herzog Johann Albrecht 1. sogleich nach dem Abgange Gabriels von Aken an den Kurfürsten August von Sachsen mit der Bitte, ihm im Anfange des kommenden Jahres 1554 seinen Oberzeug= und Baumeister Caspar Voigt zu senden, um ihm "zu seinen vorhandenen Gebäuden räthlich zu sein". Der Kurfürst versagte zwar dem Herzoge die Erfüllung dieser Bitte nicht ganz, bemerkte aber in seinem Antwortsschreiben, d. d. Lochau am 19. December 1553, daß sein Baumeister noch mit dem Festungsbau von Dresden beschäftigt sei und den Befehl erhalten habe, gleich nach dem leipziger Weihnachtsmarkte das Fundament zum neuen Schlosse zu Leipzig (der Pleißenburg) abzustecken und die Erde ausgraben zu lassen, damit im nächsten Frühling mit dem Mauerwerke dieses Gebäudes der Anfang gemacht werden könne; wenn der Grund ausgegraben sei, wolle der Kurfürst dem Baumeister gerne auf einige Wochen Urlaub geben. Als der Baumeister Caspar Voigt aber nicht kam, bat der Herzog im April 1554 den Kurfürsten noch ein Mal, denselben zu ihm zu beurlauben, damit er des Herzogs "angefangenen Bau besichtigen und seinen Rath mittheilen" möge; der Kurfürst bedauerte jedoch am 28. April 1554, daß er wegen der vielen unternommenen Bauten seinen Baumeister im nächsten Sommer und Herbste nicht entbehren könne, übrigens denselben auch sonst täglich gebrauchen müsse 1 ). - Am Weihnacht des J. 1554 schickte der Herzog Johann Albrecht seinen "Maurer" nach Weimar an den Herzog Johann Friederich den Aeltern von Sachsen, um dessen Schloß Grimmenstein, namentlich die Schließung der Gewölbe unter dem Walle zu besichtigen; der Herzog erlaubte dies, wiewohl nur ungern und unter strenger Aufsicht, und gab dem Maurer einen erbetenen Polirer oder Meistersknecht mit nach Meklenburg "zu den vorhabenden Bauten".


1) Auch dem durch den Herzog erbetenen Rüstmeister Hans Leithner verweigerte der Kurfürst am 29. Octbr. 1554 den Urlaub.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 22 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der Maurermeister Valentin von Lira führte während der Zeit den Bau zu Wismar im Jahre 1554 zu Ende und war noch im J. 1556 in herzoglichen Diensten; wahrscheinlich fiel er sich am Ende des Jahres 1556 beim Schloßbau zu Schwerin zu Tode 1 ).

Ohne Zweifel ist also der Schloßbau von Wismar von dem niederdeutschen Maurermeister Gabriel von Aken angelegt und von dem Maurermeister Valentin von Lira zu Ende geführt.

Alle Forschungen ergeben nun unbestreitbar daß in der Zeit von 1552 bis 1556 alle Schloßbauten in Meklenburg von Männern ausgeführt wurden, welche den Titel Maurermeister trugen; es kommt in dieser Zeit durchaus kein Baukünstler unter dem Titel eines Baumeisters vor 2 ).

Mit dem Anfange des Jahres 1557, seitdem die Herzoge Johann Albrecht und Ulrich die neuen Schloßbauten zu Schwerin, Dömitz und Güstrow und die Befestigung der Häuser Schwerin und Dömitz begannen, erscheint eine ganze Reihe von Baumeistern und andern Künstlern in Meklenburg und das Bauwesen nimmt hier eine ganz veränderte Richtung.

Zunächst tritt im Dienste der Herzoge eine ganze Künstlerfamilie auf, welche längere Zeit in Meklenburg wirkte: die der Par oder Parr (auch Pharr oder Pahr), dreier Brüder 3 ): Franz Parr, Johann Baptista Parr und Christoph


1) So viel ist actenmäßig, daß sich am Ende des J. 1556 der (freilich nicht genannte) Maurermeister des Schloßbaues zu Schwerin todt fiel. Am 2. März 1557 wurden zu Schwerin 40 Thaler gezahlt für
"Valtin von Lira maurmeister auf seinen nachstehenden Rest".
Nach dieser Zeit kommt Valentin von Lira nicht weiter vor. - Späterhin (im J. 1563) ward auch ein (niederdeutscher) Maurermeister Caspar Behm, auch Meister Caspar genannt, von Wismar nach Schwerin gerufen, um hier Bauten am Schlosse zu übernehmen.
2) Unter der Regierung des Herzogs Heinrich des Friedfertigen erscheinen öfter Baumeister, wie Gabriel Wolf und Gabriel Bühring (ungefähr ums J. 1530). Noch im J. 1550 hatte der Herzog Heinrich einen Baumeister Erhart Moler; ungefähr um dieselbe Zeit empfahl sich "Erhart Altorffer Baumeister des Herzogs Heinrich" dem Herzoge Johann Albrecht durch ein Modell; wahrscheinlich ist dieser Erhart Altorffer mit dem Erhart Moler dieselbe Person, da in der ersten Hälfte des 16, Jahrh. ein " Erhart Alttorffer maler" fürstliche Wappen im Schlosse zu Stavenhagen malte und in fürstlichen Diensten stand.
3) Nach den bisherigen unzweifelhaften Nachrichten waren Johann Baptista und Christoph Parr Brüder; nach den später entdeckten güstrowschen Schloßbaurechnungen von 1558 bis 1565 waren aber auch Franz und Christoph Parr Brüder. Es ist also außer Frage, daß alle drei Parr Brüder waren.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 23 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Parr, welche entweder gleich als Baumeister auftraten, oder sich mit der Zeit zu Baumeistern emporschwangen.

Zuerst erscheint der Baumeister Franciscus Parr, welcher im Dienste des Herzogs Ulrich von Meklenburg=Güstrow, des Herzogs Johann Albrecht Bruder, stand aber auch von dem letztern zu Rathe gezogen und öfter nach Schwerin gerufen ward. Er baute seit dem J. 1558 (sicher bis 1565) das Schloß zu Güstrow nach dem Brande für den Herzog Ulrich wieder auf 1 ) und erscheint im J. 1562 zuerst öfter in Schwerin als Rathgeber zu den Bauten des Herzogs Johann Albrecht. - Sein Nachfolger scheint der Bildhauer, "Steinmetz Philipp Brandin" geworden zu sein, der noch im J. 1591 des Herzogs Ulrich "bestallter Baumeister" war.

Ein anderer war der Baumeister Johann Baptista Parr, auch Hans Parr genannt, Bruder des Franz Parr, des Herzogs Johann Albrecht I. Baumeister. Dieser war sicher schon im J. 1557 in des Herzogs Diensten. In der Mitte des J. 1557 holte er Kalk aus Dänemark und im Anfange des J. 1558 Sandsteine aus Pirna; im Laufe des Jahres 1558 bauete er auch den Thurm zu Lübz. Gleichzeitig hatte er auch den neuen Schloßbau zu Schwerin angefangen, zu welchem er im Herbste 1558 die Gerüststangen stellte.

In dieser Zeit wird er nur Maurermeister 2 ) genannt; später erscheint er als Baumeister. Sicher schon im J. 1564 war er in Schwerin ansässig und leitete noch im September 1571 die dortigen neuen Schloßbauten 3 ). Am Neujahr 1570


1) Der Contract über den güstrower Schloßbau ist in der Beilage Nr. 8. mitgetheilt. Ueber diesen Schloßbau sagt eine rostocker Chronik:
"1559. In dissem jar vngevalch wordt dat Kloster Marien Edale âgebraken vnd de stene na gustrow gevort dat slot dar âmyt tho buwen, vnd don Doctor Boucke syne huse buwen âwold yn der breden strate, dar let he ok vast 40 voder halen âvan den stükkstenen van mariene". -
Im J. 1586 brannte der nördliche Flügel dieses Schlosses ab. Nach diesem Brande ward in den Jahren 1587/8 und 1594 das Schloß theils neu gebauet , theils restaurirt.
Vgl. Besser's Gesch. der Vorderstadt Güstrow , III, S. 363 und 398.
2) In den Renterei=Rechnungen heißt es:
1558. "15 Thaler meister Hans Maurer geben die letzte Zalunge für âden Thurm zu Lüptze. Swerin am 29 Julii.
1558. "5 Thaler Hanß Pahr Maurmeister für das Steigeholz âgegeben zu Schwerin d. 8 Nov.â12 Thaler 9 ßl. 4 pf. zu erfüllunge der 30 Thaler, so Hanß âPahr Maurmeister den 6 Nov. empfangen hat, auf den âBaw zu Schwerin, den 10 Nov".
3) Es ist von ihm aus diesem Jahre noch ein Contract übrig, welcher in der Beilage Nr. 4. mitgetheilt ist. - Nach diesem, von ihm eigenhändig unterschriebenen und besiegelten Vertrage war er ein rein hochdeutsch gebildeter Mann, wie es damals schon alle Gebildeten waren; von ausländischer Herstammung oder Erziehung ist in seiner Schreibart keine Spur.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 24 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

erneuerte der Herzog seine Bestallung auf drei Jahre 1 ). Gegen das Lebensende seines Fürsten fühlte Johann Parr jedoch wohl, daß er nicht mehr nach seinen Wünschen wirken könne und ging daher, mit Zustimmung des Herzogs, im J. 1572 in die Dienste des Königs von Schweden 2 ), in welchen er bis in das Jahr 1578 blieb; im October d. J. lebte er schon wieder in Schwerin. - Er besaß während der neuen Schloßbauten zu Schwerin "vor der Burg" ein Haus mit einem Garten, welches er von Andreas Bugenhagen gekauft hatte. Als er nach Schweden ging, verpfändete er für 100 fl. diese Besitzung an den damaligen Marschall Heinrich Below, welcher sie an den Herzog verkaufte, der sie zum Garten 3 ) (dem jetzigen sogenannten "Alten Garten") machte. Nach seiner Rückkunft aus Schweden reclamirte er sein Eigenthum wiederholt, bis ihm im J. 1581 der Herzog Ulrich die geforderte Entschädigung zuerkannte. - Hiernach ist dieser Johann Baptista Parr wohl ohne Zweifel des Herzogs Johann Albrecht I. Baumeister während dessen neuer Schloßbauten zu Schwerin gewesen. - Vor seinem Abgange nach Schweden bauete er noch das fürstliche Haus zu Fürstenberg, so wie im J. 1570 die alte Kanzel im Dom zu Schwerin, am nordwestlichsten Pfeiler neben der Orgel im Auftrage des Dom=Capitels, dessen Wappen und Inschrift zum Gedächtnisse dieses Kanzelbaues noch an dem Pfeiler steht.


1) Es ward ihm durch diese neue Bestallung 220 Thaler Gehalt und ein Hofkleid "gleich den Hofjunkern" versichert.
2) Der Herzog Ulrich überließ 1590 seinen Baumeister Philipp Brandin, der ursprünglich Bildhauer war, dem Könige von Dänemark zur Ausführung des königlichen Baues zu Nyköping.
3) Das Haus des Baumeisters Joh. Bapt. Parr lag auf dem nordöstlichen Ende des jetzigen Alten Gartens zwischen dem Schauspielhause und dem großen See, an der Seite nach dem großen Moor hin. So weit der jetzige Alte Garten geht, reichte nach dieser Seite hin damals die Burgfreiheit. Dort, wo die ersten Privatwohnungen, jetzt Haus und Garten des Großherzogl. Leibarztes und Ober=Medicinalraths Dr. Hennemann, den Alten Garten begrenzen, stand seit alten Zeiten ein Hof mit Thor, Vorplatz, Garten etc. . , der von Rittern bewohnt und im 16. und 17. Jahrhundert die Ravensburg genannt ward, weil sie den von Raven auf Stück eigenthümlich gehörte. Als Francesco a Bornau das Schloß befestigte, ward auch im J.1569 die Burgfreiheit mit einem Graben umzogen, welcher zwischen des Baumeisters Joh. Bapt. Parr Haus und die Ravensburg ging und nothwendig eine Strecke durch den Garten der Ravensburg geleitet werden mußte; dieser Graben ist der, im im J. 1836 gewölbte anal zur Ableitung der Straßenrinnen. J. B. Parr strebte dahin, daß der Graben möglichst weit von seinem Hause geleitet werde; der Herzog befahl aber seinem welschen Baumeister Franc. a Bornau am 3. Mai 1569, den Graben möglichst weit von der Ravensburg und möglichst nahe an des Baumeisters Haus zu ziehen. Im Anfang des 17 Jahrh. war auf dem jetzigen Alten Garten schon ein Garten (Parr's Hausstelle), die Kanzlei und Stallung.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 25 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ein dritter war der Steinmetz und Baumeister Christoph Parr, Bruder des Johann Baptista Parr und des Franz Parr und Schwiegersohn des Schulrectors Dabercusius zu Schwerin. Dieser stand sicher schon seit dem J. 1558 theils als Steinmetzmeister, theils als Baumeister neben seinem Bruder in des Herzogs Johann Albrecht I. Diensten, indem er im J. 1558 die Pforte am Aufgange zum Schlosse zu Schwerin baute 1 ), und hatte sich bald nach dem Jahre 1563 auch ein Haus zu Schwerin gekauft. Von 1558 - 1561 arbeitete er auch als "Steinmetz" unter seinem "Bruder Franz" an dem neuen Schloßbau zu Güstrow; in den Jahren 1562 - 1564 wirkte ein anderer "Steinmetz, Hans Strale", am Schloßbau zu Güstrow. Auch er ging ungefähr im J. 1572 aus des Herzogs Diensten, indem ihn im November 1573 dieser "seinen gewesenen Baumeister" nennt. In den J. 1572 und 73 bauete er (der "Baumeister Christoff Pahr") 2 ) für den Fürsten noch den fürstlichen Kirchenstuhl, der Kanzel gegenüber, das jetzt sogenannte adeliche Chor, im Dome zu Schwerin 3 ). Diesem Manne wird in den Acten Schläfrigkeit, Langsamkeit und Nachlässigkeit zum Vorwurfe gemacht; allerdings kommt er auch am wenigsten in den Verhandlungen und Rechnungen zum Vorschein 4 ).

Ohne Zweifel ist es also, daß Johann Baptista Parr der Hauptbaumeister des Herzogs Johann Albrecht I. während der Neubauten desselben zu Schwerin war.


1) In den Renterei=Rechnungen heißt es:
1558. "60 Thaler dem Steinhawer auf sein vordinge gebenn, der die Pfortenn machet zu Swerin am 9. Martii".
"30 Thaler dem Steinmetzer auf das vordinge der pfortenn gebenn zu Schwerin am 9. Mai".
"30 Thaler dem Christoff Par steinhawer auf daß thor zu machen geben lassen am 18 Julii".
"20 Thaler dem Steinmetzen so daß thor gemachet auf Rechenschaft gebenn den letzten Octobris".
"20 Thaler dem Steinmetzen, Christoffer Pahr gebenn zu gentzlicher betzalunge seins vordinges mit dem gehawenen thor Swerin den 11 Novembris".
2) Auch der Steinmetz Philipp Brandin ward mit der Zeit "bestallter Baumeister" des Herzogs Ulrich, der ihn dem Könige von Dänemark auf einige Zeit zur Ausführung des Baues zu Nyköping 1590 überließ.
3) Der Contract zwischen dem Herzoge und Christoph Parr ist in der Beilage Nr. 5 und die letzte Abrechnung des Baumeisters in der Beilage Nr. 6 mitgetheilt. Aus dem letztern, von Chr. Parr eigenhändig geschriebenen und untersiegelten Actenstücke geht hervor, daß auch dieser Parr ein rein hochdeutsch gebildeter Mann war.
4) Am 31. Oct. 1581 erhielt Christoph Parr für sich, seine Frau und seine Kinder den siebenten Theil von 250 Thalern Gnadengeld, welche dem verstorbenen Rector Dabercusius und dessen Erben von dem Herzoge verschrieben waren; hierüber quitirt in C. Parrs Abwesenheit sein Schwager M. Bernhard Hederich.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 26 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nach der Entdeckung der Baumeister der fürstlichen Schlösser aus dem 16. Jahrhundert in Meklenburg läßt sich vielleicht auch etwas über den Styl ihrer Bauten sagen.

Die mit den thönernen Ornamenten bekleideten Schlösser zu Wismar und Schwerin (1552 - 1556) sind noch von ächt niederdeutschen oder niederländischen Meistern ausgeführt, und es ließe sich dieser eigenthümliche Styl wohl ein niederdeutscher oder niederländischer nennen, um so mehr, da auch die Ziegelbrenner und andere Arbeiter neben den Maurermeistern Niederländer oder Niederdeutsche waren oder doch niederländische Namen führten. Trotz aller anderer Einflüsse hielt sich dieser Styl dennoch einige Zeit in Meklenburg, indem noch im J. 1570 der Herzog Christoph das Schloß zu Gadebusch in demselben Geschmacke aufführen ließ.

Die Herkunft der Parr ist dunkel. Der Name Parr kommt sehr häufig in Spanien vor und es wäre glaublich, daß die Parr spanisch= niederländische Künstler 1 ) waren, welche in der nahen Verbindung zwischen Spanien und den Niederlanden nach Deutschland kamen. Die rein hochdeutsche Bildung dieser Männer läßt jedoch schon auf eine deutsche Geburt dieser Männer schließen; aus dem Begehren des Herzogs Johann Albrecht nach dem kurfürstlich=sächsischen Baumeister möchte man freilich annehmen können, daß er auch die Parr aus Sachsen kommen ließ, wie in der Mitte des 16. Jahrhunderts so viele Sachsen nach Meklenburg kamen, wenn nicht die Schreibweise auf eine rheinisch=niederländische Herkunft deutet. Dennoch blieben italiänische Einflüsse nicht ferne. Der Styl der neuern Bauten des 16. Jahrhunderts dürfte daher wohl eher ein deutsch=italiänischer sein; der ausgezeichnete Bau des güstrowschen Schlosses (jetzigen Landarbeitshauses) scheint auch hiefür zu sprechen.

Der italiänische Einfluß auf die neuern Schloßbauten im 16. Jahrhundert zeigt sich schon mit dem Beginne derselben 2 ).


1) Ueber die Herkunft der Parr könnten vielleicht ihre Wappen entscheiden. Joh. Bapt. und Christoph Parr führen 1571 zum Wappen einen quer getheilten Schild, in der obern Hälfte einen rechts schauenden fliegenden Adler, in der untern Hälfte, wie es scheint, drei brennende Herzen oder drei Haubitzen im schräg links gestreiften Felde; über dem Schilde hat jener die Buchstaben I. B. P., dieser C. P. - Franz Parr führt 1558 ein Monogramm aus den verschlungenen Buchstaben F P im Siegel.
2) Italiänischer Einfluß auf die Baukunst scheint sich in einzelnen Aeußerungen jedoch schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Meklenburg zu zeigen, als nämlich im J. 1534 am Hauptgebäude des Schlosses zu Lübz zwei neue Giebel aufgeführt wurden mit "Erkern nach der neuen welschen Manier", in welchen "nur Ein Stuhl" sollte stehen können.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 27 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Jedoch ist es gewiß, daß italiänische Baukünstler noch nicht zu der Zeit im Lande waren, als die Gebäude mit den thönernen Verzierungen zu Wismar und Schwerin aufgeführt wurden.

Der unmittelbare italiänische Einfluß taucht in Meklenburg zuerst auf, als der Herzog Johann Albrecht I. den Plan faßte, die Schlösser zu Dömitz und Schwerin kunstgemäß zu befestigen. Am 25. Januar 1557 empfahl der Herzog Herkules von Ferrara, welcher mit dem Herzoge Johann Albrecht in Briefwechsel stand, einen Baumeister Francesco a Bornau von Brescia (Bressensis). Dieser ward auch alsbald in Dienst genommen und kam mit wenigstens acht welschen Maurergesellen, alle aus Trient (von Trendt), und einem italiänischen Ziegler gegen das Ende des Jahres 1557 nach Meklenburg 1 ).

Ehe er seine Arbeit begann, hatte jedoch schon ein anderer italiänischer Baumeister, Namens Paul 2 ), vielleicht des Francesco Sohn, mit einem ihm untergeordneten Maurermeister Hanß Rogatsis 3 ) die nothwendigsten Vorarbeiten ausgeführt, zu denen namentlich die Herbeischaffung von Arbeitsgeräth (an "Hacken, Schaufeln und Spaten") und Baumaterialien und Steinen und die Ausgrabung des Grundes gehörte; zu diesem Zwecke besorgte er auch die Abbrechung der Klostergebäude zu Schwerin und Tempzin 4 ).


1) In den Renterei=Rechnungen heißt es:
1557. "200 goltfl. dem welschen Bawmeister geben zur Zerunge vnd damit er das Volk aus Italien bringe, Swerin am 28 Nouembris".
2) Dieser welsche Baumeister Paul kommt vom Anfange des Jahres 1557 bis Ende des Monats October 1558 vor, gewöhnlich nur unter der Bezeichnung des "welschen Baumeisters"; jedoch heißt es in den Renterei=Rechnungen:
1557. "20 goltfl. Paul des welschen Bawmeisters Son geben vf Rechenschaft, d. 28 Martii".
1558. "250 thaler Paul dem welschen Baumeister auf das vordinge zu Swerin am 9 Maii".
3) In den Renterei=Rechnungen heißt es:
1558. "100 fl. dem welschen Baumeister seinem vorordenten Meister Hansen auf das Dömitzer gedinge gegeben, Dömitz den 27 Octobris".
1558. "200 fl. Hans Rogatsis Maurmeister auf das vordinge zu Domitz gegeben den 8 Novembris".
4) Hierüber heißt es in den Renterei=Rechnungen:
1557. "100 Thaler dem welschen Baumeister für Abbrechung des Closters geben Swerin am 24 Aprilis. Rest Ihme noch so uill".
1557. "134 Thaler dem welschen Bawmeister geben zur letzten betzalung für abbrechung des Closters vnd so er bis daher verzert. Swerin am 17 Maii".
Hierunter ist die schöne Kirche des ehemaligen Franziskanerklosters zu Schwerin, an der Stelle des jetzigen Collegien=Gebäudes, (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 28 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Im J. 1558 scheint Francesco a Bornau seine Arbeiten begonnen zu haben 1 ). Unter ihm arbeitete jedoch Meister "Hans Ragatz" fort, welcher noch am 27. März 1562 den Auftrag erhielt, die "neuen Welschen für Dömitz anzunehmen". Im J. 1566 war dieser aber schon gestorben und der Herzog hatte "des verstorbenen welschen Baumeisters Sohn, Jacob Ragatz", der noch im J. 1581 als "Maurer" zu Schwerin auf der Schelfe wohnte, "zu seinem "welschen Posaunenbläser Francesco Magli" auf seine Kosten ins Haus gegeben. In Schwerin führte seitdem unter Francesco a Bornau der Meister Christoph Haubitz die Schloßmauern und Bastionen auf.

Am Ende des Jahres 1568 war Franz von Borno schon mehrere Jahre im Lande gewesen 2 ). - Diese Italiäner arbeiteten, neben den Baumeistern Parr, gewiß bis zum J. 1570 zu Dömitz 3 ), aber auch mitunter zu Schwerin.

Zu der Zeit, als Francesco a Bornau in meklenburgischen Diensten war, ließ der Herzog in den Jahren von 1562 bis 1568 auch mehrere Male des "Churfürsten zu Branden=


(  ...  ) zu verstehen, deren Gewölbe der Hauptmann Veit Saalfeld bei drohender Kriegsgefahr im J. 1554 einschlagen ließ, damit der Feind die Kirche nicht als Vestung gegen das Schloß benutzen könne.
Ueber die Abbrechung des Klostergebäudes der Antonius=Brüder zu Tempzin sagen die Rechnungen:
1557. "5 Thaler dem walmeister zu abbrechung des alten Hauses zu Temptzin, Swerin d. 7 Septembris".
Der Schloßwall zu Schwerin ist daher wohl zum großen Theile mit den Steinen der ehemaligen Klosterkirche daselbst aufgeführt.
Die Abbrechung alter Kirchen und Klöster war damals nicht ungewöhnlich; man vgl. die Geschichte des Schlosses zu Wismar S.15 u. S. 23.
1) Er kommt in den Renterei=Rechnungen zuerst mit Namen vor:
1558. "459 Thaler 28 1/2 ßl. dem welschen Bawmeister Francisco Barnaw gegeben, So er den Ziegelern für hantwerkszeugk, für sein kostgelt vnd anders mehr außgeleget hat, zu Schwerin den 29 Septembris".
1558. "250 thaler demselben Bawmeister auf sein vordinge zu Swerin vordingt, zu Swerin den 29 Septembris".
1558. "350 goltfl. dem welschen buwmeister Francisco Bornaw, daß Er sich zum bawmeister hat gebrauchen lassen, zu Swerin den 1 Octobris".
2) Als er um diese Zeit nach Venedig vor den Senat gefordert ward, gab ihm der Herzog Johann Albrecht ein Vorschreiben mit, welches in der Briefsammlung der Jahrbücher des Vereins V. Nr. 16 mitgetheilt ist.
3) "Bald darauf (1560) hat Hertzog Johann Albrecht das Haus zu Schwerin, folgends auch das Haus Dömitz an der Elbe befestigen lassen und zu solchem Bau einen welschen Baumeister Francisco a Barno aus Welschland mit Maurern und Knechten holen lassen. So ist auch um diese Zeit die Capelle zu Schwerin aufm Hause, desgleichen auch das alte Haus zu Stargardt erneuert und verfertiget worden." Andr. Mylius Ann. in Gerdes Samml. S. 272. (Das Haus zu Dömitz ward durch eine, vom Blitzstrahl veranlaßte Pulverexplosion 1571 wieder zerstört. Mylius a. a. O. S. 294.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 29 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"burg welschen Baumeister Francisco Archiamarel oder besser Chiaramela 1 ), gewöhnlich Giromella in gedruckten Büchern genannt, nach Schwerin holen und empfing von ihm Rath und Pläne (Modelle) 2 ), vorzüglich wohl für die Befestigung der Schlösser zu Dömitz und Schwerin. Am 27. September 1567 bat der "Markgraf" Johann von Brandenburg von Spandau aus den Herzog, dem "Baumeister Franciskus Chiaromella de Gandin, Ritter etc. . " zu Spandau, dafür daß dieser ihm vieler Wege fleißig gedient, eine Ergötzung zu bewilligen.

Gegen das Ende seines viel bewegten und reichen Lebens ward die Wirksamkeit des Herzogs Johann Albrecht einfacher und er beschränkte sich in seinen letzten Jahren mehr auf seine alten Diener, so auch in Hinsicht auf die Baumeister. Die Brüder Johann Baptista und Christoph Parr waren im J. 1572 aus seinem Dienste entlassen und die Arbeiten der Italiäner hören mit dem J. 1570 auf. Statt aller dieser schloß sich der Fürst


1) Ueber diesen Baumeister hat der Herr Archivrath Klaatsch zu Berlin dem Vereine gütigst mehrere interessante Nachrichten zufließen lassen. Einiges ist schon gedruckt in: Fr. Nicolai Beschreibung der königl. Residenzstädte Berlin und Potsdam, Anhang oder Nachrichten von Baumeistern etc. . , Berlin und Stettin, 1786, S. 21. Nach des Hrn. Klaatsch Studien und Vergleichungen hat Nicolai zu diesen Nachrichten das königl. Archiv fleißig benutzt, jedoch nicht ganz zuverlässig. Nach des Hrn. Klaatsch Forschungen gestalten sich die Nachrichten jetzt also:
Er hieß Franz Chiaramela de Gandino, war Ritter und aus Venedig gebürtig. Er ward im März 1562 zum Bau der Festung Spandau bis zum J. 1565 angestellt und blieb mit wiederholten Bestallungen in kurfürstlichen Diensten bis 1584. In einer Schrift, die Nicolai mit "Attest" bezeichnet, nennt er sich Francesco Chiaramel und unterschreibt sich Chiaramelo, im J. 1570 aber Chiaramell; ferner fügt er schon im J. 1562 seiner Unterschrift den Titel cavaler bei, so daß die Geschichte von seinem durch den Kurfürsten erst im J. 1569 vollzogenen Ritterschlage bei Nicolai wohl in Zweifel gezogen werden darf. Bei seiner Bestallung im J. 1562 verpflichtete er sich, ohne kurfürstliche Erlaubniß keine Reise vorzunehmen; seine Reisen nach Meklenburg sind also wohl besondern Umständen zuzuschreiben. - Seine Bestallung ward öfter wiederholt ,z. B. 1572. In demselben Jahre reisete er nach Italien, von wo er im Frühling 1573 zurückkehrte. Am 9. Junii 1573 empfing er eine neue Bestallung so lange ihn der Kurfürst zum Bau zu Spandau oder sonst zur Baunothdurft bedürfen würde. Als Graf Lynar im J. 1578 ankam, erhielt er einen ehrenvollen Abschied. Gedacht wird seiner noch am 28. Dec. 1584 in einem kurfürstlichen Traditionsbriefe an den Grafen Lynar über ein Gehöft der Festung Spandau, wozu auch die Wohnung und die Gärten gehörten, welche "hiebevor unser Baumeister Franciscus Chiaramella bewohnt und innegehabt". - Ein noch aufgefundener Brief von Franc. Chiaramello wird zur Erläuterung nicht ohne Interesse sein; vgl. Jahrb. des Vereins V, Briefsammlung, Nr. 20.
2) Nach des Herzogs eigenhändigen Tagebüchern, z. B.
1562
Jan. 28. "wirdt des Churfursten zu Brandenburgk welscher bawmeister bey mir zu Swerin seyn.
Julii 6. "- 130 Thaler Francisco Archiamarel des Churfürsten zu (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 30 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

an seinen alten Maurermeister Christoph Haubitz, den er zu seinem Baumeister ernannte. Christoph Haubitz ward zuerst im J. 1549 vom Herzoge als Maurermeister zu Wittenburg angenommen 1 ). Im J. 1562 arbeitete er zu Schwerin als Maurermeister bei den neuen Schloßbauten "nach alter Weise". Nachdem er im J. 1563 eine neue Bestallung erhalten hatte, machte er mit dem Herzoge die bekannte Reise nach Preußen, wahrscheinlich um hier Erfahrungen zu sammeln und alte, tüchtige Bauten zu sehen. Seit seiner Rückkehr aus Preußen war er nun fortwährend in Schwerin beschäftigt. Er hatte unter der obern Leitung des Baumeisters Johann Baptista Parr den Bau der Schloßkirche und unter der obern Leitung des Baumeisters Francesco a Bornau den Bau der Wallmauern und Basteien an der südlichen Seite des Schlosses, dem Schloßgarten gegenüber, im Verdinge; im J. 1567 waren bei dem Ausbau und der Einrichtung des neuen Zeughauses und der alten Hofstube viele Arbeiter unter ihm thätig. Nach dem Abgange der Brüder Parr nennt er sich in Contracten und Quitungen ausdrücklich des Herzogs Johann Albrecht "Baumeister" 2 ) und wird auch so genannt. Im J. 1572 verhandelte er zu Wismar mit dem Herzoge "wegen der wismarschen Wasserleitung", die er auch im J. 1573 ausführte, im J. 1574 leitete er die Restauration des fürstlichen Hauses zu Rehna und die Bauten zu Schwerin und Dömitz und noch am 2. Oct. 1575 schloß der Herzog mit ihm 3 ) einen Contract, auf dem Fürstenhofe zu Wismar unter dem alten Hause den Keller zu wölben und in drei Theile zu scheiden, den Marstall zu schrauben und neu zu decken, u. s. w. -In diesen Jahren führt er auch die damals häufig vorkommenden bittern Klagen über rückständige Forderungen: er sei 24 Jahre des Herzogs Diener gewesen, habe viel ausgeführt, sei jetzt kränklich und schwach und habe noch viel zu fordern; endlich


(  ...  ) Brandenburg baumeister zu verehrungk vnd für ein Modell gegeben, zu Swerin.
1568
Julii 30. "- 30 Thaler dem welischen Baumeister von Spandow zur ausquitung vnd vererung vnd zerung, Swerin.
1) Nach seiner ersten Bestallung erhielt er jährlich an Besoldung 20 fl. und ein Hofkleid; die Arbeiten, welche er ausführte, nahm er natürlich in Verdinge. Auf diese alte Bestallung diente er bis zum J. 1563.
2) Am 27. Mai 1574 weiset der Herzog Johann Albrecht I. ihm seine halbjährige Besoldung von 30 Th. an "Christoffer Haubitz bawmeister" quitirt darauf am 8. Julii d. J. - Haubitz schreibt hochdeutsch und gewandt. - Im Wappen führt er eine zerspringende Kugel (Haubitze) und in der Krone darüber drei Dolche.
3) Der Herzog schließt den Contract "mit vnserm Bawmeister und "lieben getreuen" Christoffer Haubitz.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 31 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

war noch seine Besoldung von Michaelis 1575 bis Ostern 1576 rückständig. - Seit dem J. 1570 bauete er auch für den Herzog Christoph das neue Schloß zu Gadebusch und wiederholte, ein Kind älterer Zeit, hier noch ein Mal und wohl zuletzt den Styl der Bauten mit den Verzierungen aus gebranntem Thon, welcher in den Jahren 1554 und 1555 in Wismar und Schwerin Baustyl war. Im J. 1583, als der Herzog Christoph ihn als "Baumeister" in Dienste genommen hatte, verkaufte er sein Haus in Schwerin an den Rath der Stadt. Zuletzt erscheint er im J. 1584 als des Herzogs Christoph Baumeister; auch war er in seiner letzten Zeit Baumeister des Herzogs Johann, so daß er am Ende des 16. Jahrhunderts der einzige Baumeister in Meklenburg gewesen zu sein scheint.

So viel zur Widerlegung der Ansicht, als seien die mit thönernen Ornamenten verzierten Gebäude zu Wismar, Schwerin und Gadebusch italiänischen Ursprungs aus dem 16. Jahrhundert oder gar aus der wallensteinschen Zeit, da die welschen Baumeister erst 1557 ins Land kamen, dagegen die Hauptgebäude dieses Styls zu Wismar und Schwerin schon im J. 1555 vollendet waren, und zwar durch niederdeutsche Künstler, und derselbe Styl sich zu Gadebusch nur noch ein Mal durch einen Jünger dieser alten Schule ausnahmsweise wiederholte.

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 32 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

II.

Das Schloß zu Schwerin.


U eber die frühesten Bauten am fürstlichen Schlosse zu Schwerin und über die Schicksale desselben sind durchaus keine andere Nachrichten vorhanden, als die bekannten, ganz allgemein gehaltenen: daß der letzte Wendenkönig Niclot im J. 1161 die alte wendische Burg Zuerin bei seinem Rückzuge vor der andringenden sächsischen Macht in Brand steckte 1 ) und der Herzog Heinrich der Löwe von Braunschweig sie wieder aufbauen ließ und mit der neuen Grafschaft und der Burg Zuerin den ersten Grafen, Guncelin von Hagen, belehnte, dessen Nachkommen, als Grafen von Schwerin, ihren Hauptsitz in der Burg Schwerin hatten. Mit der Erwerbung der Grafschaft verlegte der Herzog Albrecht von Meklenburg in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts seine Residenz nach Schwerin, und seit dieser Zeit ist die Burg oder "Festung Schwerin" (castrum Zuerin) immer Hauptresidenzschloß der Herzoge von Meklenburg geblieben.

Von allen alten gräflichen und herzoglichen Gebäuden des Schlosses aus dem Mittelalter ist aber nichts mehr vorhanden, sondern im Anfange der neuern Geschichte, vorzüglich während des 16. Jahrhunderts, sind an der Stelle der alten Gebäude nach und nach neue aufgeführt, und von der alten Burg der Grafen ist nichts übrig geblieben, als der bloße Name, um so mehr da die Burg im ganzen Mittelalter keine besonderen Schicksale erlebt hat, wie es bei der Fürstenburg von Wismar der Fall ist. So unbestreitbar dieser Ausspruch, schon nach dem Styl der Gebäude, ist, so schwierig wird dem Forscher der Beweis desselben, da über den Bau auch dieses Schlosses nur wenige unbedeutende Actenstücke vorhanden sind und die


1) Et videns Niclotus virtutem ducis (Henrici) succendit omnia castra sua, videlicet Ilowe, Mikilinburg, Zuerin et Dobin, praecavens obsidionis periculum. - - Dux ergo demolitus omnem terram, coepit aedificare Zuerin et communire castrum. Et imposuit illic nobilem quendam Guncelinum, virum bellicosum, cum militia. Helmold Chron. Slav. I, cap. 87, §. 2 et 7.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 33 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Geschichte desselben vorzüglich nur aus weit zerstreueten Ueberschriften und Inventarien in Landestheilungs= und Vormundschafts=Acten, aus Rechnungen und Tagebüchern und hunderten von kleinen, zufälligen Vorkommenheiten geschöpft werden kann.

So viel ist aber gewiß, daß im Anfange des 16. Jahrhunderts das Schloß zu Schwerin, wie alle Schlösser des Mittelalters, aus einer großen Menge einzelner Gebäude ("Häuser, Gemächer, Gebäude, Säle, Dornitzen" genannt) bestand, an deren Stelle nach und nach eine geringere Zahl größerer Gebäude getreten ist; dennoch ist durch die vielen Bauten am Schlosse noch jetzt keine Einheit hervorgebracht, vielmehr trägt die "Festung Schwerin" der Anlage nach noch immer etwas von dem Charakter des Mittelalters.

Das Schloß zu Schwerin besteht gegenwärtig aus sieben verschiedenen Haupttheilen oder "Häusern" und "Gebäuden", welche einen innern Schloßhof einschließen 1 ).

A. Das lange Haus mit dem Portal.

Der älteste Theil des Schlosses ist in seinen Hauptmauern wohl der nordöstliche Theil desselben, dem großen See gegenüber, derjenige Theil mit den Verzierungen aus gebranntem Thon, an welchen im Schloßhofe das Hauptportal angebauet ist. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, namentlich seit dem J. 1520, werden die "Häuser", welche die Herzoge Heinrich V. der Friedfertige (1503 - 1552) und Johann Albrecht I. (1552 - 1576) auf der Burg Schwerin theils vorfanden, theils neu erbauten, wiederholt genau aufgezählt; in allen Beschreibungen wird dieses Hauses aber als eines, damals schon vorhandenen gedacht: es ist also schon im J. 1503 fertig gewesen. Es ist in den Mauern sicher unter dem Herzoge Magnus II. (1477 - 1503) erbauet, da es in den Acten der Landestheilung vom J. 1520 das "große neue Haus" genannt wird; damals gehörte es dem Herzoge Albrecht 2 ). Daß der Herzog Heinrich der Friedfertige diesen Theil des


1) Zur klarern Ansicht ist ein Grundriß des schweriner Schlosses in Steindruck beigelegt. Die Abtheilungen der folgenden Abhandlung stimmen mit den Buchstabenbezeichnungen auf der Lithographie überein.
2) In der Einleitung zu der Mittheilung der beiden Schloß=Inventarien von 1520 und 1576 im Freimüth. Schweriner Abendblatt, 1819, Nr. 91 flgd. wird ebenfalls der Herzog Magnus als Erbauer dieses Schloßtheils angegeben. Der Bearbeiter und Einsender dieser Actenstücke ist, nach dem Freimüth. Abendbl., 1821, Beilage zu Nr. 111, der wail. Hofmarschall von Oertzen, welcher das Großherzogliche Archiv fleißig benutzte. Wahrscheinlich sind seine Quellen die hier benutzten.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 34 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Schlosses in den ersten Jahren seiner Regierung erbauet haben sollte, ist schon hiernach und auch deshalb nicht wahrscheinlich, da dieser Fürst zuerst ein anderes "Haus" auf der Burg bewohnte und im Laufe seiner Regierung, kurz vor seiner Vermählung 1 ), sich zu Schwerin, wie zu Wismar, ein neues

Haus erbauen ließ; auch möchte ein durchgreifender Ausbau schon im J. 1553, wie er wirklich ausgeführt ward, noch nicht nöthig geworden sein. Urkundlich bezeugt ist es dabei auch, daß der Herzog Magnus für das Schloß zu Schwerin, namentlich für die Kapelle auf demselben viel that, so daß in einer Urkunde vom J. 1503 der Sorge dieses Herzogs und seiner Gemahlin Sophie für die Kapelle rühmend gedacht wird. - Uebrigens zeugt schon die hohe und bequeme Bauart dieses Schloßtheils für dessen jüngern Ursprung. - Dieses Gebäude enthielt im J. 1520 die "große Hofdornitz" (Hofsaal, Versammlungssaal, in einem alten Inventarium auch "der Edelleute Dornitz" genannt), das "Tanzhaus" und die Wohnzimmer des Herzogs Albrecht und seiner Umgebungen, von denen bald nach 1552 ein Raum zum großen Eßsaal abgenommen ward 2 ). Daneben wird immer des Sommerhauses gedacht; dies ist entweder der Zwinger, die jetzige sogenannte Bleikammer, oder es stand auf der Stelle der jetzigen Schloßkirche. - Alles dieses war schon in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts baufällig 3 ); es scheint gleich im Anfange


1) Im J. 1513 ward auch die "Hofdornitz" (Hofsaal) durch den Schnitzker (Tischler) in neuen Stand gesetzt.
2) Der Hofsaal ist dasjenige, was im Mittelhochdeutschen der palas (Hauptversammlungszimmer, als einzeln stehendes Hauptgebäude auf dem Hause, d. i. einer Burg,) genannt wird. In älterer Zeit standen die einzelnen Hallen und Gemächer, mit etwaniger Ausnahme einiger Wohngemächer, auf einer Burg ein Stockwerk hoch neben einander; mit dem Ende des Mittelalters setzte man mehrere Sääle, z. B. Speisesääle und Tanzsääle, auf einander über dem palas. Dieser alte Hauptsaal oder Hofsaal ( entre'e), welcher noch im 16. Jahrhundert eingerichtet ist, aber wenig mehr gebraucht wird, und durch die höher gelegten Speise= und Tanzsääle bald seine Bedeutung verliert und in seiner Eigenthümlichkeit ganz verschwindet, wird in Nord=Deutschland auch Hof=Dornitz genannt; Dornitz ist gleich mit dem im Plattdeutschen noch gebräuchlichen Dönsk, welches den größten Hauptraum eines Bauerhauses, die Diele (Flur), bezeichnet, durch ein slavisches "drwanice, drwonice, drewonice, "vom poln. drwa, drewno, böhm. drwo, also: Heerdstätte, Feuerstelle" (gleich dem römischen atrium) abzuleiten.
Vgl. Leo über Burgenbau in v. Raumers histor. Taschenbuch, VIII, 1837, S. 178 u. 196 flgd.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ist in Meklenburg die Einrichtung des Hauptgebäudes einer fürstlichen Burg allgemein die, daß der erste Stock (par terre) zum Hofsaal, der zweite zum Tanzsaal, der dritte zum Eßsaal bestimmt ist.
3) Besonders wird in ältern Zeiten ohne Aufhören über den Verfall der Dächer geklagt, welcher nach allen Andeutungen beständig durch die vielen Erker und Giebel entstand.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 35 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nicht völlig ausgebauet worden zu sein, daher die unaufhörlichen Veränderungen und Nachhülfen mehr schadeten, als nützten.

Bald nach dem Antritt seiner Regierung ließ der Herzog Johann Albrecht I., vorzüglich zu seiner Vermählung (24. Febr. 1555), nicht allein das Schloß zu Wismar bauen, sondern auch zunächst die bessern Gebäude auf der Burg zu Schwerin restauriren 1 ), ehe er hier zu neuen Bauten schritt. Er richtete das lange Gebäude nicht allein im Innern neu ein, sondern verzierte es auch im Innern und im Aeußern mit Ornamenten aus gebranntem Thon 2 ). Diese Ornamente waren ursprünglich für das Schloß zu Wismar bestimmt, wurden aber auch für die fürstlichen Häuser zu Schwerin und Gadebusch benutzt; - daher die Zweckmäßigkeit und Einheit, in welcher sie zu Wismar zum ganzen Bau stehen; daher aber auch die Unregelmäßigkeit und Zufälligkeit, in welcher sie am schweriner Schlosse erscheinen, wo sie häufig ohne Wahl und ohne Achtung der Raumverhältnisse untergebracht sind. Im Anfange des J. 1554 ward das Haus bedacht. - So hat denn ohne Zweifel der Herzog Johann Albrecht I. diesem Gebäude, welches kurz vor dem J. 1500 erbauet sein mag, im J. 1553 die jetzige Gestalt gegeben. Hiefür zeugt überdies noch eine Tafel aus gebranntem Thon in der höchsten Giebelspitze an der Seeseite über der sogenannten Damentreppe mit des Herzogs Wappen und einer Inschrift; diese Tafel ist ganz der gleich, welche über dem Eingange zum Zeughause steht; die Inschrift lautet:


1) Der Secretair Andreas Mylius, der vertrauteste Diener und Freund des Herzogs Johann Albrecht I und der kundigste Theilnehmer an allen dessen Schicksalen und Unternehmungen, sagt: "Es hat auch Hertzog Johann Albrecht in diesem Jahre ( 1554) gegen das Beilager zu Wismar das Haus daselbsten erbauen lassen, wie dann auch die Häuser zu Schwerin fast den mehrern Theil um diese Zeit verfertiget worden". (Vgl. Gerdes Samml. S. 263). Unter diesem "Verfertigen" wird in der damaligen Zeit nicht ein Neubau, ein Erbauen, - sondern eine Vollendung des Angefangenen, eine Restaurirung verstanden. Zur angegebenen Zeit nahm der Herzog auch keinen Neubau vor; die alten Gebäude standen schon alle und die neuen wurden erst später gegründet. So ist die Nachricht des A. Mylius denn völlig richtig.
2) Daß diese Ornamente erst nach Vollendung des Baues eingesetzt sind, beweiset auch die, durch sichere Actenstücke beurkundete Verzierung der mittelalterlichen bischöflichen Residenz zu Bützow durch dieselben; hier sind noch heute die Werkstücke zu sehen, welche sich der Herzog Ulrich von seinem Bruder zu diesem Zwecke im J. 1555 erbat. - Daß man in der Mitte des 16. Jahrh. in weitern Kreisen an den Ornamenten aus gebranntem Thon Geschmack fand, beweisen die öfter aus dem Schutt der Fundamente bei Neubauten in Schwerin innerhalb der Stadt ausgegrabenen Fragmente, welche mit den Ornamenten am Schlosse denselben Charakter haben und durch Brände in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. verschüttet sein müssen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 36 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Inschrift

Diese Wappen und auch wohl alle übrigen Ornamente aus Thon fertigte im J. 1552 der Steinbrenner Statius von Düren 1 ), welcher in diesem Jahre 7 Gesellen und 7 Zupfleger beschäftigte. Unter dieser Inschrift, unten, über der Thür an der Damentreppe, steht, halb vermauert, der thönerne Thürbogen , der sich zu Wismar über jeder Thür findet, mit der Legende: IS . GOT . MIT . VNS . WOL . KAN . WIDDER . VNS . 2 ) - Den Ausbau selbst hatte der Maurermeister Michel und sein Sohn, der neben dem Maurermeister Gabriel von Aken in Wismar thätig war; auch arbeitete der Maurermeister Hans Voringk mit 8 Gesellen im Jahre 1554 am Schlosse. - Ein Baumeister während der Restauration war wohl nicht angestellt; wahrscheinlich leiteten die Maurermeister Michael und Valentin von Lira aus Wismar die Bauten, welche auch nicht viel künstlerische Berechnung zeigen.

In dem Bestreben der neuern Zeit, die Gebäude wohnlicher zu machen, ließ der Herzog Johann Albrecht I. im J. 1555 auch das Hauptportal (den Windelstein, d.i. Treppenhaus mit einer doppelten Treppe) 3 ) im Schloßhofe an diesen Theil des Schlosses anbauen und überhaupt die Restauration desselben vollenden.


1) Nach den Renterei=Rechnungen erhielt der Steinbrenner Statius von Düren (Dürn, Dhurn) am 9. December 1552 für drei dieser Wappen 6 Thaler; da eine derselben steht in dem Giebel über der Damentreppe, das zweite über dem Eingange zum Zeughause, das dritte über dem Camine des Vorsaales im zweiten Stock vor der Schloßkirche. Im März 1553 erhielt auch der Bildschnitzer Oswald Wagener Bezahlung für ein Wappen; dies könnte vielleicht der Lohn für das Modell zu diesem Thonrelief sein. - Im Julii 1555 erbat sich der Herzog Ulrich einige dieser gedruckten Steine, welche zu Schwerin gemacht würden, zum Bau eines Erkers an dem fürstlichen Hause zu Bützow. Diese Steine, ungefähr ein Dutzend, sind noch an dem ehemaligen Residenzschlosse der Bischöfe von Schwerin (dem jetzigen Criminal=Gerichte zu Bützow) zu beiden Seiten der Ecke an der Straße nach dem Schloßplatze hin neben den Wappen des Herzogs Ulrich und seiner Gemahlin eingesetzt.
2) Dieser Spruch, und zwar in derselben Orthographie, scheint lange stereotyp gewesen zu sein, da er sich noch auf einer Glocke zu Parchim vom J. 1622 findet; vgl. Cleemann's Parchimsche Chronik S. 275. (WOL ist = WER nach alter niederdeutscher Bildung.) Vgl. oben S. 17.
3) Im J. 1557 ließ auch der Herzog Ulrich am "großen Hause" zu Bützow, dem noch stehenden Criminalgericht, einen Windelstein aufmauern. Diese außen angebaueten, gewölbten Treppenhäuser sind in Meklenburg Werke aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 37 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ueber dem Eingange des Portals steht in Stein gehauen die Inschrift:

IOANNlS ALBERTl DUClS MEGAP. INDUSTRIA SUMPTlBUSQUE.

und an mehrern Stellen auf den thönernen Verzierungen mit kleinen Ziffern die Jahrszahl 1555, die auch im Innern des Hauptsaales angebracht ist. An beiden Seiten der Inschrift ist, nach der Vermählung des Herzogs, das meklenburgische und das preußische Wappen (das Wappen seiner Gemahlin) gesetzt; über der Auffahrt zum wismarschen Schlosse, welches vor der Vermählung des Herzogs erbauet ward, steht allein das meklenburgische Wappen. Außerdem sind an dem Portale noch zwei Stücke von dem Relief aus Sandstein angebracht, welches um das Schloß zu Wismar zwischen dem ersten und zweiten Stock läuft.

Dieses Gebäude besteht ursprünglich aus zwei verschiedenen Theilen oder Häusern, wie noch heute die Verschiedenheit der Richtung, der Giebel und der Tiefe anzeigt; beide stoßen dort, wo das Portal angebauet ist, im Schloßhofe in einem stumpfen Winkel zusammen. Diese beiden Theile sind durch den Durchbau und die Verkleidung mit den thönernen Verzierungen einigermaßen zu Einem Gebäude verbunden. Dennoch unterscheidet, sich der nördliche Theil noch in manchen Dingen von dem südlichen, welcher an das Gebäude mit der Hofküche stößt. Dieser südliche Theil (A. 2.) wird im 16. Jahrhundert öfter "des Bischofs Haus" genannt, wahrscheinlich weil er dem Bischofe Magnus (1516 - 1550) und darauf dem Herzoge, Bischofe und Administrator Ulrich zu Güstrow gehörte, Bischof Magnus hier auch einige Zeit wohnte.

In dem langen Hause waren im 16. Jahrhundert nach mehreren Inventarien folgende Localitäten:

1) der gewölbte Weinkeller, welcher unter beiden Theilen des Gebäudes liegt;

2) im Erdgeschosse der Hofsaal (entrée) oder die Hofdornitz mit einem doppelten Gewölbe auf Säulen in der Mitte. Dieser große Saal ist jetzt zum Theile durch Zwischenwände verbauet. Früher nahm der Saal das ganze Erdgeschoß des nördlichen Hauptgebäudes (A. 1.) ohne Zwischenwände ein und hatte vier frei stehende Säulen; man trat in denselben unmittelbar durch die beiden Eingänge in dem später angebaueten Portale und am Zwinger bei der Damentreppe. In dem südlichen Theile, dem "Bischofshause"(A. 2.), stehen noch die alten Gewölbe mit den mächtigen Säulen über dem südlichen Theile des Hof=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 38 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

kellers; dieses Gewölbe ward schon im 16. Jahrhundert, wie noch heute, zur Speisekammer benutzt. - Das Entresol, die ehemalige Martinsmannskammer, jetzt die Feuerwärterstube, war schon am Ende des 16. Jahrhunderts in den Saal hineingebaut; es ging dort das Gesinde zu Tische. - Das Gewölbe 1 ) des Hofsaales mit den Säulen und Gewölberippen aus gebranntem Thon muß ebenfalls der Herzog Johann Albrecht I. seit 1552 in die alten Mauern haben hineinbauen lassen, da dieselben Verzierungen der Gewölberippen und auch einig Kragsteine zu der Schloßkirche benutzt sind, welche actenkundig 1560 - 1563 erbauet ist. Im Jahre 1567 war der Maurermeister Christoph Haubitz noch mit dem Ausbau des Saales beschäftigt. Und wahrscheinlich sind die vier Gewölbe, welche nach Beilage No. 4 im J. 1571 von dem Baumeister Joh. Bapt. Parr geschlossen wurden, die vier Doppelgewölbe dieses Saales. - Der Hofsaal diente zum Versammlungszimmer und auch wohl zum Zechsaal: der Saalherr hatte hier Schränke, in welchen die zinnernen Kannen und Becher standen. Später war in dem durchbaueten Saale über hundert Jahre lang (von der Zeit des Herzogs Friederich Wilhelm I. bis zum J.1835) das fürstliche Archiv; gegenwärtig werden in demselben die Großherzoglichen Alterthümer=Sammlungen und die Sammlungen des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde aufbewahrt. - Rechts vom Eingange war an diesem Saale die Speisekammer in Gewölben eingerichtet. - Nur in den ersten Jahrzehenden nach der Erbauung, im Uebergange vom Mittelalter zur neuern Zeit, ist dieser Saal zu seinem Zwecke benutzt. Er hat fast immer leer und wüst gestanden, die Zeiten ausgenommen, in welchen er die alterthümlichen Schätze des Vaterlandes aufnahm. Er ist zum


1) Die Thonarbeiten in diesem Saale sind ausgezeichnet. Die Gewölberippen sind mit eierstabartigen Verzierungen geschmückt und die mächtigen Säulen in der Mitte der Halle sind mit Ziegeln umkleidet, welche mit äußerst schönen Arabesken bedeckt sind. Leider war alles mit dickem Kalküberzug zugeschmiert. Bei der Einrichtung des Saales im J. 1837 wurden jedoch die Säulen gereinigt. Dabei zeigte sich, daß früher alle Reliefs stark und gut vergoldet gewesen waren; von einer Färbung des Grundes zeigte sich jedoch keine Spur. - Auch in der vom alten Bau von 1538 entdeckten Thür im berliner Schlosse zeigte sich Vergoldung der Reliefs; vgl. v. Ledebur's Allg. Archiv, VIII, S. 66; dort war der Grund blau gefärbt. Alexander von Minutoli zu Berlin schreibt hierüber: "Jedenfalls muß die besondere Aehnlichkeit auffallen, welche zwischen den beiden kurfürstlichen Bildnissen im hiesigen Schlosse und den Medaillons von gebrannter Erde herrscht, welche das Gesims der ältern Schloßtheile zu Schwerin nach der Hofseite zieren. Ich glaube, dieser Umstand allein reicht hin, den Eifer zu einer gründlichen Untersuchung anzuregen". - (Noch im J. 1716 ward in Gemächern des Schlosses das Fensterblei vergoldet.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 39 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

beständigen Wohngemache zu groß, zu hoch und zu dumpf. Schon im 17. Jahrhundert scheint er zum Versammlungsorte der Dienerschaft benutzt worden zu sein, da es zu den Pflichten des Burgvogtes gehörte, "in der Hofstube gute Ordinanz zuhalten". Gerhard Piloot nennt den Saal im J. 1619 den "Vorsaal".

3) im zweiten Stock der Tanzsaal, bis zum J. 1840 der Kirchensaal genannt, weil er, ein als Wohnzimmer unbenutzter Raum, Vorzimmer oder nur Flur zur Schloßkirche und zu fürstlichen Wohnzimmern war, im J. 1839 wieder ausgebauet. In diesem Saale, an der Hauptwand desselben, steht, nach der gelehrten und sinnigen Weise des Herzogs Johann Albrecht I., die bis zum Herbste des J. 1839 durch einen Bretterverschlag verdeckt gewesene griechische Inschrift:

ΜΗΤ' ΑΞΕΝΟΣ. ΜΗΤΕ ΠΟΛVΞΕΝΟΣ
1555.
(d. i. weder ohne Gäste, noch mit zu vielen Gästen).

Neben dieser Inschrift hingen über einigen thönernen Reliefs (Greisen, Löwen und Engel), mit denen auch die Außenseite dieses Baues geschmückt ist, noch im J. 1838 die Bilder des Herzogs Johann Albrecht I. und seiner Gemahlin, Anna Sophie von Preußen, auf einem und demselben Brette , Knieestücke in Lebensgröße, sehr ausdrucksvoll, wahrscheinlich nach dem Leben von einem Schüler der kranachschen Schule um das Jahr 1560 (von dem Hofmaler Gaulrapp aus Schwerin, den der Herzog von Lucas Kranach hatte unterrichten lassen,) in Oel gemalt, in einem gleichzeitigen, geschmackvollen Rahmen. Dieses große Bild des Erbauers und Wiederherstellers des Schlosses, des gelehrtesten Fürsten Meklenburgs, ist jetzt ein Stockwerk tiefer in den Saal der Alterthümer hinab versetzt. - Wahrscheinlich im 17. Jahrhundert ward dieser Saal mit ledernen Tapeten geschmückt; auf ihnen hingen die vielen großen Bilder meklenburgischer Fürsten, welche jetzt einstweilen zurückgesetzt sind. - Unter der Regierung des kunstliebenden Herzogs Christian Ludwig II. wurden in diesem Saale die berühmten Schauspiele und Redouten gegeben; hier war es, wo Schönemann,Eckhof und Ackermann mit so großem Erfolge die Bretter betraten 1 ).

Rechts von diesem Saale, in dem sogenannten "Bischofshause", war früher die große Rathstube 2 ) (Sitzungssaal des fürstlichen Geheimenraths).


1) Nach sichern mündlichen Ueberlieferungen. - Vgl. Jahrb. 1, S. 104 flgd.
2) Die kleine Rathstube war in des Herzogs Heinrich neuem Hause, dem (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 40 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

4) im dritten Stock war früher der große Eßsaal (die Eßstube), welcher aber schon im J.1576 zu Wohnzimmern für die Gemahlin des Herzogs Johann Albrecht I. eingerichtet war.

5) darüber im vierten Stock waren(1576) die Gemächer der Herzogin von Kurland, Schwester des Herzogs Johann Albrecht I.

Auf dem Schloßhofe war nach der Inschrift und andern Nachrichten seit 1555 der Windelstein A. 3. (das Portal) angebauet, welcher vor dem Tanzsaal eine kleines Zimmer enthielt, in welchem der Herzog Johann Albrecht I. seine Feuergewehre verwahrte. Dieses Portal ist eine Zusammensetzung im Styl des Treppenhauses und der Verzierung des Portals am neuen Fürstenhofe zu Wismar. In dieser Zeit wurden überhaupt "Windelsteine" vor die alten Häuser vorgebauet, um die Treppen aus den großen Gemächern zu schaffen. Die Geschichte dieses Portals ist für die Erbauung dieses Theils des Schlosses wichtig. Die Ringmauern dieses großen Hauses standen schon vor der Erbauung des Portals und man trat daher unmittelbar vom Schloßhofe durch die Thür in den großen Saal, aus welchem dann eine Treppe in die obern Gemächer führen mußte. Die Wölbung des jetzigen Alterthümersaales im Erdgeschosse muß daher nach der Vollendung des Portals geschehen sein, weil das Gewölbe durch den ganzen Raum und keine Treppe durch das Gewölbe geht. Wahrscheinlich sind also die oben, unter "No. 2 Hofsaal" erwähnten vier Gewölbe, welche im J. 1571 von dem Baumeister Joh. Bapt. Parr geschlossen wurden, die vier Doppelgewölbe dieses Saales, der schon unter der Regierung des Herzogs Johann Albrecht nicht recht benutzt ward, weil man damals fühlte, daß es sich in den gewölbten Erdgeschossen starker, umwallter und ummauerter Gebäude nicht angenehm wohne.

Nach der Seeseite hin war der Zwinger in vier Gewölben mit dem unterirdischen Gefängnisse oder dem Burgverließ angebauet (A. 4.). In den ältesten Zeiten war auf demselben ein kleiner Garten; im J.1576 war er mit Blei gedeckt, daher er noch heute die Bleikammer heißt; diesen Namen führte das Gebäude schon im J. 1626. Noch im J. 1705 ward die Bleikammer neu mit Blei gedeckt; jetzt hat das Gebäude ein Ziegeldach. Im J. 1716 wird berichtet, daß "vor diesem" die Oberhofmeisterin oben in der Bleikammer logirt habe. In dem unterirdischen Gefängnisse, das Burg=


(  ...  ) Gebäude D mit dem Thurme. Diese kleine Rathstube war bis zur Erbauung des Collegiengebäudes Sitz der Renterei.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 41 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

verließ genannt, soll vor Zeiten, nach der Sage, eine eiserne Jungfrau gestanden haben; im J. 1839 fanden sich hier noch fünf gewaltige, zweischneidige Schwerter, welche früher in einer Maschine gesessen haben müssen. In der Mauer sitzt ein eiserner Ring und ein eisernes Band mit Gelenk und zum Vorlegen eines Schlosses eingerichtet.

B. Das Zeughaus.

Dieses Gebäude, rechts an der Auffahrt, liegen dem langen Hause mit dem Portale gegenüber. Ueber die Geschichte dieses Gebäudes ist ebenfalls kein directes urkundliches Zeugniß vorhanden; jedoch ist nach allen Andeutungen die Geschichte desselben der des langen Hauses gleich. Im Jahre 1520 wird es das "neue Büchsenhaus" genannt; das alte Büchsenhaus, welches noch im J. 1532 auch benutzt ward, lag unten am großen See. Im J. 1520 wurden in dem neuen Büchsenhause (dem jetzigen Zeughause) im Erdgeschosse die schweren Geschütze (Büchsen) aufbewahrt; in dem "obersten Theile" war die Harnischkammer. Dieses Gebäude muß ebenfalls der Herzog Magnus ( † 20. Nov. 1503) in den letzten Jahren seines Lebens aufgeführt haben; er sah jedoch den Ausbau nicht: die Einrichtung überließ er seinen Söhnen in den Jahren 1505 bis 1507 1 ). Allem Anschein nach hatte das Gebäude ursprünglich nur zwei Stockwerke. In den J. 1515 und 1516 wurden vom Herzog Heinrich dem Friedfertigen Zimmer (Dorntzen) über der Harnischkammer angelegt und das Dach ward neu gebauet: kurz es ward 1516 ein dritter Stock aufgesetzt. - Im J. 1553, also noch vor den neuen Bauten, war das Gebäude, wie jetzt, drei Stock hoch, und das Erdgeschoß war das "Zeughaus", die beiden oberen Stockwerke bildeten die "Rüstkammer". Die Restaurirungen und Ausschmückungen des Schlosses durch den Herzog Johann Albrecht I. erstreckten sich auch auf dieses Gebäude; er ließ es mit den oft erwähnten Thonverzierungen schmücken, jedoch nur mit Reihen von Brustbildern; dies geschah im J. 1553, wie die oben S.36 erwähnte Tafel mit Wappen und Inschrift über dem Eingange klar aussagt. - Unter den thönernen Medaillons mit Brustbildern zwischen dem ersten und zweiten Stock zeichnen sich unter den vier ersten nach der Auffahrt auf den Schloßhof hin das dritte und vierte vom


1) Im J. 1506 wurden z. B. die Fensterrahmen eingesetzt, im J. 1507 die Haken zum Aufhängen der Harnische gemacht.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 42 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ende dadurch aus, daß sie Bänder in den Händen halten, auf welchen einige Buchstaben stehen. Auf dem einen steht: GOT. HEF. , auf dem andern: INAG. ELIS ; jenes heißt wohl: Gott helf; das INAG ist wohl Abkürzung: IN. NOT. ALLEIN. GOT ; das ELIS bleibt dann noch dunkel. Sicher sind dies Wahlsprüche der abgebildeten Fürsten und könnten allerdings zur Erkennung derselben fördern 1 ). Uebrigens weichen diese beiden Brustbilder darin von allen übrigen ab, daß sie nicht von einem Kranze eingefaßt sind.- Doch bald nach dieser Restaurirung waren neue Bauten nothwendig; im J. 1566 ließ der Herzog das Zeughaus "senken"; es ward zu diesem Zwecke das Dach abgenommen und neu aufgesetzt, auch sonst viel gebauet; wahrscheinlich hatte auch dieses Gebäude Giebel, welche bei dieser Gelegenheit abgenommen wurden, wie es auch beim Schlosse zu Wismar geschah.- Die Arbeiten an dem "neuen Zeughause" leitete noch bis in das Jahr 1567 der Maurermeister Christoph Haubitz. Nach des Herzogs Adolph Friederich I. Disposition (zwischen 1608 und 1622) wurden damals zu der neuen Einrichtung des Schlosses die Räume der Rüstkammer zum Saale und zu Wohnzimmern umgeschaffen. Im vorigen Jahrhundert 2 ) wohnte hier die Prinzessin Ulrike; darauf hatte die Großherzogl. Kammer hier ihren Sitz; im J. 1837 wurden hier Wohnzimmer für den Herzog Gustav eingerichtet. Das erste Stockwerk dient noch fortwährend zum Zeughause 3 ).

C. Die Bildergallerie.

Zwischen der Kirche und dem Zeughause, auf dem Raume, wo jetzt die Küsterwohnung und darüber die Bildergallerie (C. 1.), die gewölbte Auffahrt(C. 4.) und der leere Platz mit den Ruinen (C. 2.) am Zeughause hinter den Gebäuden der Schloßwache (C. 5.) sich befinden, stand noch in den Jahren 1576, 1592 und 1610 eine Reihe von Gebäuden, welche zu den ältesten des Schlosses gehörte und, nach Erbauung der Kirche, früher den Schloßhof schlossen. Diese Gebäude, welche wohl zu den alten Häusern des castrum Zuerin gehört und vielleicht die letzten Reste des alten Schlosses gebildet haben, da sie vorzugsweise die Burg genannt wurden, waren:


1) Dieselben beiden Werkstücke habe ich auch an dem bischöflichen Schlosse zu Bützow bemerkt.
2) Im J. 1715 ward der Boden über dem Zeughause zum Kornboden benutzt.
3) Daß Wallenstein diesen Theil des Schlosses nicht erbaut hat, wie die Sage geht, und überhaupt am Schlosse zu Schwerin nicht gebauet hat, ist außer allem Zweifel und wird unten unter C. noch näher bewiesen werden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 43 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1) des Herzogs Heinrich (1503-1552) "altes Haus", zunächst an der jetzigen Kirche, viereckig, drei Stock hoch, im Erdgeschosse gewölbt, noch im J. 1520 die Wohnung des Herzogs. Es enthielt in jedem Stock ein Gemach und einige Kammern; im ersten Stock waren die "Brief=Canzlei=Gewölbe" (Archiv), im zweiten des Herzogs, im dritten der Herzogin Gemächer. Vor dem Hause im Hofe stand ein Windelstein in Holz gemauert. Im J. 1576 war dieses Haus schon sehr wüst.

2) der neue Thurm über "dem Thor"(C. 2.), zunächst am Zeughause, stadtwärts, viereckig, vier Stock hoch über dem Thor. Das Thor war gewölbt; über dem Gewölbe waren vier Stockwerk, in Holz gemauert, aufgeführt; im Dache hing die Schlageuhr. Dieser Thurm war von dem Herzoge Johann Albrecht I. an der Stelle eines alten neu aufgebauet, jedoch im J. 1576 noch nicht vollendet; erst die Vormundschaft seiner Söhne (1576 - 1586) führte den Bau im Dache ganz aus. Die Auffahrt zum Schlosse, von der noch die Grundmauern stehen, hatte, nach der Lage dieses Thurms, ihre Richtung durch die jetzige Reitbahn grade in der Verlängerung der Schloßstraße. Nach dem Burgsee hin stand ein steinernes äußeres Pforthaus zum Eingange und die Auffahrt ging also durch zwei Gewölbe. Zwischen beiden stand ein großes Thor von gehauenen Steinen, in welchem Flügelthore, stark mit Eisen beschlagen, hingen; dieses Thor bauete im J. 1558 der Steinmetz Chriestoph Parr (man vgl. oben über die Baumeister). Im Aufgange war ein Thor mit Gitterflügeln mit starken Nägeln beschlagen und mit einer Sperrkette versehen; darüber stand das meklenburgische und das preußische Wappen 1 ). Alles dies scheint hiernach vom Herzoge Johann Albrecht I. gebauet zu sein, der seit dem J. 1558 durch den italiänischen Baumeister Francesco a Bornau das Schloß stark befestigen ließ. Am Wasser standen Blockhäuser; die Brücke hatte zwei Zugbrücken. Vor der Burg stand ein langer Stall.

Nach außen hin war neben dem neuen Thurme eine Anlehnung an das Zeughaus für die Pförtnerwohnung und zum Wachthause, vier Geschosse hoch, aufgeführt.

"Im Platze" stand am neuen Thurme das Pforthaus, auch die kleine Hofstube genannt, zwei Gemächer hoch, in


1) Noch in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts standen vor den beiden Schloßbrücken große Portale und noch im J. 1705 ward ein großes, aus Messing getriebenes und vergoldetes fürstliches Wappen über das Portal gesetzt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 44 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

jedem eine Stube und eine Kammer für das Gesinde, im J. 1576 sehr baufällig. In diesem Pforthause lag in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine beständige Wache von sechs "Lantzknechten".

3) Zwischen dem neuen Thurme und des Herzogs Heinrich altem Hause stand (C.3.), ungefähr an der Stelle der jetzigen Schloßwache (C. 5.), als Schlußstein, "das Häuslein mit dem spitzigen Dach" (oder: "Giebel"), vier Stock hoch, jedes mit einem Gemache. Dieses Gebäude enthielt 1520 die Canzlei; im J. 1576 war im ersten gewölbten Stock die Silberkammer, im zweiten des Rentmeisters Gemach, wo die Landregister und Briefe aufbewahrt wurden; damals war es sehr baufällig, ward aber gebessert.

Die meisten dieser alten Gebäude, an der Stelle von C. 1, 3, 4 und 5, sind in dem Zeitraume zwischen 1617 und 1622 1 ) eingegangen. - Der Herzog Adolph Friederich (1608 - 1658) entwarf bald nach dem Antritt seiner Regierung den Plan zu einer Restauration 2 ) und gleichmäßigen Einrichtung des ganzen Schlosses: im Innern sollte alles möglichst verbunden und in gleiche Höhe gelegt werden, das Aeußere sollte in allen Außenwänden eine gleiche Gestalt erhalten, wobei der innere Hof rund umher mit zwei "Gängen" 3 ) (d.h. nach der Zeichnung: mit zwei gewölbten und durch Säulen gestützten Colonnaden über einander) aus Werkstücken, bei welchen eine bequeme Verbindung die Absicht war, geschmückt werden sollte. Dabei wollte er an der Stelle der alten Gebäude (C.) ein neues aufbauen lassen.

Der Herzog beredete zu diesem neuen Bau und den übrigen Verschönerungen des Schlosses 4 ) schon im J. 1612 den Grund=


1) Im J. 1626 lagen auf dem Schlosse 2500 Pfd. Tafelblei und 1820 Pfd. Kupferblech vorräthig, welche von "den alten Gebäuden" genommn waren.
2) Die Restauration war damals sehr nöthig. In einer Geheimenraths=Sitzung am 26. Sept. 1618 ward erkannt:
"Swerin ist weder zum Sommer= noch Winter=Lager itzo commode wegen dort nit unterzukommen, wirt noch lange zeitt vnd vile geldt dazu gehoren, ehr es commode zu machen".
3) Mit zwei " Gängen", d. h. einem zur ebenen Erde vor dem Erdgeschosse, gewölbt und hofwärts von Pfeilern getragen, dem andern vor dem Stockwerke zunächst über dem Erdgeschosse, von dem ersten getragen, ebenfalls mit einer, von Säulen gestützten, gewölbten Decke.
4) Im J. 1612 ward auch ein großartiges Project zur Bebauung des Alten Gartens, der Reitbahn und der Stelle, wo jetzt das Schauspielhaus, das Palais und das Collegiengebäude steht, gemacht. Hier sollte ein einziges großes Gebäude stehen, welches Ställe, Reitbahnen, Futtermagazine, Dienerwohnungen, u. dgl. m. enthalten sollte; die Straße sollte durch diese Gebäude gehen. Die Schloßseite sollte eine durchsichtige, freie Säulen=Colonnade zieren. Ein ähnlicher Plan wird seit 1838 in der Aufführung des großherzoglichen Marstalls auf der Wadewiese ausgeführt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 45 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

plan mit seinem holländischen Baumeister Capitain Evert Piloot 1 ) und ließ alsbald Zurüstungen zur Ausführung machen. Jedoch ward der Bau erst im J. 1617 mit dem Abbruch der alten Häuser begonnen; in einem von dem Hofmeister Samuel v. Behr geführten Protocoll der Verhandlungen des fürstlichen Geheimen=Raths vom 1. März 1617, zu welchen der Fürst auch den Piloot, weil die Bauten auf der Insel Pöl 2 ) zu Frage standen, zuzog, ward beschlossen:"wegen abbrechung Hauses zu Swerin soll von der Kirche abbrochen werden bis an den Thurm". Die vollständigen, noch vorhandenen, saubern Grundrisse und Ansichten wurden im J. 1619 von Piloot entworfen. Der Thurm (C.2.), dessen Ruinen, in ihrem Umfange noch erkennbar, noch jetzt auf dem Walle zwischen der Schloßwache (C. 5.) und dem Zeughause (B.) liegen, blieb also stehen und muß erst späterhin abgebrochen sein; auch in Piloots Grundriß des Schlosses vom J.1612 sind die Mauern dieses Thurmes aufgenommen, woraus hervorzugehen scheint, daß dessen Abtragung nicht im Plane des neuen Baues lag.

Im Jan. 1618 kam des Kurfürsten von Brandenburg Baumeister Johann Baptista de Salla nach Schwerin, um seinen Rath zum Schloßbau zu ertheilen 3 ).


1) Der Baumeister "Ghert Evert Piloot, Bürger der Stadt Emden", trat Martini 1612 in herzogliche Dienste. Er war jedoch schon vorher in Meklenburg, da der Graf von Friesland ihn auf einige Zeit zurückerbat. Am 31. Jan. 1613 ward Piloot an die Rückreise nach Meklenburg gemahnt, weil es Zeit zum Bau werde. Er sollte auch gute niederländische Gesellen und allerlei Arbeiter mitbringen, denen die Reise bis Hamburg zur See anempfohlen ward. Noch im October 1622 bat der Graf Enno von Friesland den Herzog Adolph Friederich, ihm doch den Baumeister Gerd auf einige Zeit zu schicken, da er an seinem Hause zu Aurich ein Stück neu Gebäude anfangen wolle und der Baumeister auch Erläuterungen über einige Vermessungen geben könne, die er früher in Ost=Friesland ausgeführt habe.
2) Im Anfange des J. 1617 wohnte Piloot schon mit seiner Frau auf der Insel Pöl.
3) Ueber den brandenburgischen Baumeister de Salla verdanke ich dem Herrn Archivrath Klaatsch zu Berlin folgende Mittheilung. - Johann Baptista de Salla war 1618 kurfürstlich=brandenburgischer Baumeister. Die Zeit seiner Anstellung ist nicht bekannt; gestorben ist er im J. 1621 zu Berlin. Er ist sowohl zu Schloß=, als zu Festungsbauten benutzt worden. Ob er der erste kurfürstliche Baubeamte gewesen ist, ist zwar nicht mit Bestimmtheit zu ermitteln; indessen ist es wahrscheinlich, daß dieß im J. 1618 der Fall gewesen sei, da vom 19. Julius d. J. ein Immediat=Antrag zu verschiedenen Schloßbauten von ihm vorhanden ist. Nicolai, der ihn des Salah oder de Salla schreibt, hat seine Nachrichten nach gemachten Vergleichungen aus dem Archive geschöpft; auch er kann die Zeit der Anstellung nicht angeben, nimmt aber an, daß er bereits 1590 unter dem Grafen von Lynar bei den Bauten zu Bötzow (Oranienburg) beschäftigt gewesen sei. - Ein Dr. Angelus Sala, wie er seinen Namen selbst schreibt, war herzoglicher Leibarzt zu Güstrow vom 3. März 1625, † 2 Oct. 1637; er ging mit dem Herzoge Johann Albrecht II. ins Exil und war (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 46 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Im J. 1619 wurden ernsthafte Vorbereitungen zum Bau getroffen. Wahrscheinlich noch vor diesem Jahre, gewiß noch vor der ersten Vermählung des Herzogs im J. 1622, ward von demselben der Plan zu der Einrichtung des neuen Hauses eigenhändig niedergeschrieben, und im J. 1624 war schon einige Zeit am Fundament gearbeitet. Die Ausführung des Baues ward durch die hereinbrechenden Stürme des dreißigjährigen Krieges gestört. Nach einer allgemeinen Sage soll Wallenstein einen "Flügel" des Schlosses erbauet haben; daß dies nicht der Fall sei, ist außer allem Zweifel, da kein Gebäude auf der Burg vorhanden ist, dessen Erbauung durch die ange=stammten Landesfürsten sich nicht nachweisen ließe. Möglich ist es freilich, daß Wallenstein das vom Herzoge Adolph Friederich gelegte Fundament zum neuen Hause fortbauen ließ; auf jeden Fall ist dies aber so wenig, daß es nicht mehr aufzufinden ist 1 ). Von Wallenstein besteht also im Schlosse zu Schwerin nichts; vielmehr störte er den Bau. Dazu kam, daß der Baumeister Piloot im Februar 1629 starb; damit hörte der Bau einstweilen von selbst auf. Die auf einem Fundamentsteine, nach Westphalens handschriftlicher Chronik von Schwerin, eingehauene Jahreszahl 1629 kann sich daher auf die Absichten Wallensteins und - den Tod des Baumeisters beziehen; im J. 1629 kam man nicht über den Fundamentstein hinaus.

Der Herzog Adolph Friederich nahm in den Jahren 1635 - 1643 den Bau wieder auf, der aber nicht weit gedieh, da nur das Fundament, die gewölbte Auffahrt (C. 4.) und die jetzige Küsterwohnung (C. 1.), also ein kleiner Theil des Erdgeschosses fertig ward.

Das beabsichtigte Gebäude sollte im untern Stock Gewölbe für die Archive und die Kostbarkeiten, in den oberen Stockwerken die Wohnzimmer für den Herzog und dessen Familie enthaltene; das Gebäude sollte dann an einer Seite mit der Kirche, an der andern Seite mit den, aus der Rüstkammer entstandenen Säälen (Speisesaal und Audienzsaal) in Verbindung gebracht und dazu das alte Back= und Brauhaus (E.) am andern Ende des Zeughauses in eine Küche umgeschaffen werden.


(  ...  ) später noch Leibarzt des jungen Herzogs Gustav Adolph. Ob dieser Dr. Angelus Sala mit dem Baumeister J. B. de Salla verwandt sei, läßt sich bis jetzt nicht bestimmen.
1) Ueberhaupt existirt von Wallenstein kein Gebäude in Meklenburg. Den von dem Usurpator zu Güstrow aufgeführten Flügel am Schlosse ließ der Herzog Johann Albrecht II. nach der Rückkehr in seine Lande wieder abbrechen. Dennoch soll Wallenstein Alles im Lande gebauet haben, dessen Erbauer das Volk nicht kennt, wie in Asien alle alten Gebäude von Alexander (Iskander) herstammen sollen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 47 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Auch ließ der Herzog Adolph Friederich I., statt der alten Gebäude in den Außenwerken an der alten Auffahrt, im 1647 den Wall auf beiden Seiten der jetzigen Auffahrt aufwerfen 1 ) und, mit Veränderung der früheren Richtung, die jetzige Auffahrt einrichten; über der Auffahrt zum Walle rechts von der Schloßwache steht unter dem herzoglichen Wappen die Inschrift:

A. F. H. Z. M. ANNO. 1647.

Die Richtung der Auffahrt ward nach dem Plane Piloots von diesem deshalb verändert, weil an die Stelle der alten Auffahrt, welche an einer Ecke des Schlosses lag, eine Bastion kommen sollte; man hatte im dreißigjährigen Kriege die Wichtigkeit der Befestigung des Schlosses erkannt, und einem regelmäßigen Festungsbau mußten damals andere Rücksichten weichen. Der Herzog Adolph Friederich ließ jedoch, als der Friede nahete, die Bastion nicht aufführen, sondern schloß den alten Wall und die Ruinen der alten Gebäude mit einfachen, geradlinigen Mauern.

Das in Holz gemauerte Gebäude der Gemälde=Gallerie (C. 1.) über dem gewölbten Erdgeschosse der Auffahrt und der Küsterwohnung ist unter dem Herzoge Christian Ludwig (1747 - 1756) errichtet, welcher überhaupt das Schloß im Innern "vor dem besorglichen Verfall" sicherte.

D. Das Haus mit der Schloßuhr.

Nächst dem langen Gebäude mit dem Portal (A.) und dem Zeughause (B.) ist das Haus mit den zwei Giebeln nach dem Schloßhofe hin, an welchem der Thurm (D. 1.) mit der Uhr im Schloßhofe aufgebauet ist, das älteste der noch stehenden Gebäude. Noch im ersten Viertheil des 16. Jahrhunderts stand an der ganzen Südseite des Schlosses nach dem Schloßgarten hin eine Reihe verschiedener Gebäude: die Capelle, ein altes, massives Gebäude für die Chorschüler, eine fürstliche Wohnung, ein altes Gebäude für den Schloßvogt und den Küchenmeister und das alte Back= und Brauhaus, welches noch steht.

Die Schloßcapelle hat im 16. Jahrhundert viele Schicksale erfahren; die alte Capelle stand an der Südwestseite des Schlosses, nach dem Schloßgarten hin. Der Herzog Magnus that viel für dieselbe; in den Jahren 1486 und 1503 wurden für dieselbe Indulgenzbriefe ertheilt. Der Herzog Heinrich


1) In den Jahren 1642 und 1643 ward an den Basteien des Schlosses gearbeitet; jedoch schon im J. 1681 waren die Casematten an der Kirche und am großen Hofsaal schadhaft.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 48 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Friedfertige ließ beim Antritte seiner Regierung die Schloßcapelle neu bauen. Auf Einladung des Herzogs weihete 1 ) der Bischof von Ratzeburg am Laurentiustage 1507 die neue Capelle, weil der neu gewählte schweriner Bischof Peter Wolkow außerhalb Landes war 2 ). - Im J. 1514 war das Gewölbe dieser neuen Capelle eingestürzt und die Herzoge ließen zum zweiten Male eine neue Capelle in den Jahren 1515-1520 aufführen. Der Maurermeister Andreas Techel 3 ) führte den Bau zu Ende, über welchen mit demselben der Contract 4 ) am Montage nach Martini 1515 geschlossen ward. Außerdem wird noch ein Baumeister Hans beim Bau der Capelle genannt. Vom J. 1515 bis weit in das J. 1517 ward zugleich am Abbruch der alten Capelle und am Fundament der neuen gearbeitet. Im J. 1520 wurden die Altartücher gekauft.

Im J. 1520 wurden die Gebäude an der Südseite des Schlosses zwischen den Herzogen Heinrich und Albrecht getheilt, und alsbald begann der Herzog Heinrich der Friedfertige für sich den Bau eines neuen Hauses an der Stelle alter Gebäude an der Südseite. Dies ist des Herzogs Heinrich neues Haus, wie es noch nach seinem Tode genannt ward und wie es noch jetzt mit dem Thurm (Windelstein) mit der Schloßuhr steht. Im Frühling 1525 ward es mit Dachziegeln gedeckt; es ist also zwischen 1520-1525 erbauet. Es war (noch 1592) schloßwärts schwarz und weiß 5 ) mit


1) Der Bischof von Ratzeburg erhielt 20 Gulden Geschenk, "als er die Capelle "zu Schwerin geweihet hatte". - Am Ende des Jahres 1508 war die neue Orgel auf der neuen Capelle so weit fertig, daß die Flügel an derselben durch den Maler Meister Heinrich gemalt wurden. - Einzelne Bilder lieferte im J. 1510 der Maler Mauricius, der in dieser Zeit öfter vorkommt.
2) Peter Wolkow hielt sich als Geschäftsführer der Herzoge noch zu Rom auf; vgl. Jahrb. I, S. 23.
3) Im Anfange des J. 1514 stand der "Maurermeister Andreas Teichel" im Dienste des Bischofs Johann von Havelberg und baute für denselben die bischöfliche Residenz zu Plassenburg ("ein gemach zur plattenborch vor vnser eigen person, wie er den angefangen, zu uolzyhen") und stellte die Kirche zu Wilsnack wieder her. Der Bischof bat daher am Donnerstage nach Judica die Herzoge Heinrich und Albrecht, zur Zeit den Meister zu entschuldigen.
4) Vgl. Beilage Nr. 2. Der Maurermeister Andreas Techel bauete schon im J. 1509 am Schlosse zu Lübz einen Thurm.
5) Durch einen Contract, d. d Güstrow am Donnerstage nach Laurentius 1512, nahmen die Herzoge Heinrich und Albrecht den Tüncher Hans in Dienst, ihr Haus und Schloß zu tünchen und schwarz und weiß anzustreichen. - Im J. 1516 erhielt "I gulden meister hans weis vnde swarz zu farwe, sulthe der g. hernn gemache zu Dobrann wis vnd swartz anstrichen". Die Mode, schwarz und weiß zu tünchen, war also damals so vorherrschend, daß der Tünchermeister davon den Namen "Weißundschwarz" erhalten hatte. - Eben so sollte im J. 1534 ein Meister zu Lübz die Mauern des dortigen Schlosses "dünchengrawvndschwarz".
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 49 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Historien bemalt. Im J. 1576 war es schon baufällig, diente jedoch noch im J. 1592 zur Wohnung der Söhne des Herzogs Johann Albrecht I.

Vor dem Hause stand schloßwärts ein "gemauerter Windelstein" (der jetzige Thurm mit der Uhr), unter welchem sich der Bierkeller befand. Dieser Thurm erhielt im J. 1715 einen neuen Glockenstuhl für die Schlaguhr, nachdem der große Sturm den Thurm zerstört hatte, und ward unter dem Herzoge Christian Ludwig im J. 1752 im Mauerwerk erhöhet, mit Kupfer gedeckt und mit einem neuen Uhrwerke versehen; im J. 1792 ward unter dem Herzoge Friederich Franz die Spitze dieses Thurmes reparirt und der Knopf neu gefüllt.

E. Das Brau= und Backhaus.

Zwischen dem Gebäude mit dem Thurme und dem Zeughause, in der westlichen Ecke, steht das ehemalige Brau= und Backhaus, jetzt im Erdgeschosse wüst und zum Holzstalle benutzt. Es wird im J. 1576 ein "alt gemauert Gebäude" genannt. Es sind darüber keine weitern Nachrichten vorhanden, als daß im J. 1513 an den neuen Brauhause zu Schwerin gearbeitet und im J. 1514 das Backhaus daselbst gedeckt ward. Vielleicht stammt das Gebäude aus diesen Jahren, vielleicht ist es älter; immer ist es jedoch für die Geschichte des Schlosses nicht von Bedeutung. Im J. 1716 standen in dem Brauhause noch Backöfen, welche gebraucht wurden.

F. Das Gebäude über der Schloßküche.

Dieser neuere Haupttheil des Schlosses in der südöstlichen Ecke, zwischen dem langen Hause mit dem Portale (A.) und Herzogs Heinrich Hause mit dem Thurme (D.), vor welchem die Gallerie von dem Portale bis zur verdeckten Treppe vorbeiführt, ist, nachdem schon der Herzog Albrecht der Schöne im J. 1546 mit dem Ausgraben des Grundes zur Küche den Anfang hatte machen lassen, von dem Herzoge Johann Albrecht I. von Grund aus neugebauet und wird das "neue Gebäude Herzogs Johann Albrecht über der Hofküche" genannt. Dieses Gebäude scheidet sich in zwei Theile:

1) in den südlichen Theil (F. 1.), welcher mit der Außenseite dem Schloßgarten zugewandt ist; dieser Theil ist wohl an der Stelle der ehemaligen, in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zwei Mal neu gebaueten Capelle und des alten Gebäudes für die Priester und Chorschüler aufgeführt und ward noch von

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 50 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dem Herzoge Johann Albrecht I. vollständig zu fürstlichen Gemächern eingerichtet;

2) in den östlichen Theil (F.2.), welcher mit der Außenseite dem großen See zugewandt ist; dieser Theil, welcher auch vor dem Neubau zur Küche und zum Fleischboden bestimmt war und an die Speisekammer in dem langen Gebäude stieß, ward von dem Herzoge Johann Albrecht I. im Innern nicht völlig ausgebauet, sondern im Erdgeschosse, wie noch heute, zur Hofküche und in den oberen Theilen zu wirthschaftlichen Bedürfnissen eingerichtet. Noch im J. 1610 hieß das ganze Haus das "Küchengemach"; den innern Ausbau führte erst der Herzog Adolph Friederich I. durch.

Als die Restaurirung der alten Gebäude sich ihrem Ende näherte, begannen im J. 1554 die Vorarbeiten mit dem Aufgraben des Grundes zur Küche. Bis zum Ende des J. 1556 leitete der Maurermeister Valentin von Lira den Bau. Bald darauf kam der Maurermeister Caspar Behm aus Wismar, der im J. 1567 auch ein fürstliches Gebäude auf der Insel Pöl bauete, und führte, in Gemeinschaft mit dem Zimmermeister Paul Breigel, den Bau bis zum J. 1564 fort, bis im J. 1569 ein Maurermeister Dominicus nach Schwerin geholt ward, um den Bau zu vollenden. Ueber diesen Bau sind nur wenig Nachrichten mehr zu finden, als daß z. B. der Herzog im J. 1557 zu demselben die Summe von ungefähr 10,000 Thalern hergab, und daß die Gesimssteine und andere gedruckte Steine zu den Küchenpfeilern auf dem Rathsziegelhofe zu Schwerin gemacht wurden. Der Herzog Ulrich schlug bei dieser Gelegenheit vor, die Giebel massiv aufbauen zu lassen 1 ). Der Baumeister dieses Gebäudes war seit 1557 ohne Zweifel Johann Baptista Parr. Ein Baumeister Rochus Nievoran kommt mit monatlicher Besoldung im Dienste des Herzogs Johann Albrecht im J. 1564, aber sonst nicht weiter, vor. Steine wurden zwar auch zu Schwerin gebrannt, doch kamen wohl viele noch von den beiden Kirchen vor dem altwismarschen und dem lübschen Thore zu Wismar und der Kirche zu Nakenstorff bei Neukloster, welche wüst standen und im J. 1554 abgebrochen wurden; der größere Theil der Steine von der letztern Kirche ward freilich zum Bau des Fürstenhofes zu Wismar genommen. Zu den Bauten zu Schwerin und Dömitz wurden vorzüglich wohl Steine von der Klosterkirche zu Schwerin und von dem Kloster zu Tempzin


1) Vgl. Briefsammlung Nr. 17.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 51 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

genommen, welche Gebäude im J. 1557 abgebrochen wurden; vgl. S. 15, 27 und 28. Die Berechnung führte im Anfange der Rentmeister Andreas Bessel und nach dessen Tode (1560) der Hauptmann Srellan Wakenitz.

Im J. 1592 war dieses ganze Gebäude, wie des Herzogs Heinrich neues Haus, schwarz und weiß mit Historien bemalt. Die äußere Ausstattung, wie sie jetzt ist, ward von dem Herzoge Adolph Friederich I. während der neuen Anlagen von 1614 - 1643 mit großen Unterbrechungen ausgeführt und ist eine Probe davon, wie der Fürst nach G. Piloot's Risse das ganze Schloß herstellen wollte. - Der steinerne Gang vor der Hofküche ward im J. 1656 neu aufgeführt.

G. Die Schloßkirche.

Der Theil des Schlosses, in welchem sich die Schloßkirche, deren frühere Schicksale bei dem Gebäude D. mit der Schloßuhr erzählt sind, befindet, ist zugleich mit dem " neuen Gebäude über der Küche " (F.) unter dem Herzoge Johann Albrecht I. von Grund aus neu erbauet. Nach den nöthigen Vorarbeiten ward im März des Jahres 1560 das Fundament 1 ) gelegt und im J. 1563 war die Capelle vollendet 2 ). Zum Gedächtniß der Vollendung dieses Baues ließ der Herzog zwei Inschriften setzen, welche an der östlichen Wand auf dem jetzigen adelichen Chor noch zu finden sind und also lauten:

DEO OPT. MAXIMO IOANNES ALBERTVS DVX MEGAPOL. VERAE RELIGIONIS ER GO CON STRVXIT DED ICAVITQVE AN N O MDLXIII.

und

ΘΕΩι ΒΕΛΤΙΣΤΩι ΤΕ ΚΑΙ ΜΕΓΙΣΤΩι ΙΩΑΝΝΗΣ ΑΛΒΕΡΤΟΣ ΗΓΕΜΩΝ ΜΕΓ ΑΠΟ ΛΙΤΗΣ ΤΗΣ ΑΛΗΘΙΝΗΣ ΘΡΗΣΚΕΙΑΣ ΕΝΕΚΑ ΩιΚΟΔΟΜΗΣΕ ΤΕ ΚΑΙ ΚΑΘΙΕΡΩΕΝ ΕΤΕΙαφξγ.

Der Bau dieser Kirche ist in hohem Grade dadurch merkwürdig, daß während des Baues derselben italiänische Bau=


1) Am 22. März 1560 ward nach dem Berichte des Secretairs Joachim Plesse an den Herzog da, wo die neue Capelle auf dem Schlosse stehen sollte, die Erde ausgegraben, und die Feldsteine zum Fundamente wurden aus dem See geholt. - Der Rath Andreas Mylius sagt: "So ist auch um diese Zeit (1560) die Capelle zu Schwerin aufm Hause, desgleichen auch das alte Haus zu Stargardt erneuert und verfertiget worden".
(Vgl. Gerdes Samml. S. 272.)
2) "1563 wird auf dem Hause zu Schwerin die schöne Capell vom Hertzog Johann Albrecht gebauet." Hederichs schwerinsche Chronik.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 52 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

meister unmittelbaren Einfluß in Meklenburg erlangten und, bis auf Gerhard Piloot während des dreißigjährigen Krieges, die niederländischen und sächsischen Bau Baukünstler etwas in den Hintergrund drängten. Der Baumeister dieser Kirche ist ohne Zweifel des Herzogs Johann Albrecht Baumeister Johann Baptista Parr zu Schwerin, welcher noch im J. 1568 mit der Vollendung der Kirche beschäftigt war. Die Maurerarbeit hatte der Maurermeister, nachherige Baumeister Christoph Haubitz im Verdinge. Zugleich mit dem Bau der Kirche ward die Befestigung der Schlösser zu Dömitz und Schwerin ausgeführt. Zunächst für diese Befestigung ward im J. 1557 der italiänische Baumeister Francesco a Bornau von Brescia mit italiänischen Maurergesellen aus Trient nach Meklenburg gerufen. Außer diesem rief der Herzog Johann Albrecht I. des Kurfürsten von Brandenburg italiänischen Baumeister Francesco Archiamarel oder Chiaramelo von Spandau und seines Bruders Ulrich Baumeister Franciscus Parr von Güstrow, der zu gleicher Zeit das Schloß zu Güstrow baute, nach Schwerin, namentlich wiederholt in dem Jahre 1562, als am fleißigsten an der Schloßkirche gebauet ward, um Rath und Modelle zu geben. Unter dem Einflusse dieser Baumeister ward denn auch wohl unstreitig der Bau dieser Capelle geleitet, zu welcher sächsische Bildhauer und Steinmetzen den Schmuck aus gehauenen Steinen lieferten, der überhaupt meistens da angewandt ward, wo italiänischer Einfluß schon durchgedrungen war. Die Oberaufsicht über die neueren Schloßbauten führte der (Schloß=) Hauptmann Stellan Wakenitz 1 ), welchem für die Bauten zu Schwerin und Dömitz ein Bauschreiber untergeordnet war.

Für die Schloßkirche waren in den Jahren 1560 - 1563 eine große Menge verschiedener Arbeiter und Künstler beschäftigt.


1) Stellan oder Stolan Wackenitz stammte aus Pommern. Er war schon unter dem Herzoge Albrecht Amtmann zu Güstrow und nach dessen Tode Amtmann des Herzogs Johann Albrecht I. zu Schwerin und gehörte zu dessen vertrauten Dienern. Im J. 1558 kaufte er das halbe Gut Goldenbow im Amte Strelitz; zu gleicher Zeit verliehen ihm die Herzoge Johann Albrecht und Christoph nach dem Heimfalle von den Heidebreken die andere Hälfte desselben Gutes "in Betrachtung und zu Er="getzung seiner langen, vielfältigen, getreuen Dienste, die er von Jugend "auf (des Herzogs Joh. Albrecht) Herrn und Vater und folgends (dem "Herzog und dessen) lieben Bruder bisher geleistet". Er verkaufte jedoch das Gut im J. 1565 wieder an den Herzog Joh. Albrecht. Er war schon im J. 1558 erbgesessen zu Passow im Lande Pommern und besaß im Strelitzschen noch Quastenberg, Barchfelden und Kyssow. Im J. 1566, als er sein Haus auf der Kapellenstätte zu Strelitz an Andreas Mylius verkaufte, war er pommerscher Hauptmann zu Wolgast. Er lebte noch im J. 1571.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 53 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Schon im J. 1560 hatte der Herzog einen holländischen Ziegelbrenner und noch früher, 1552, den Steinbrenner Statius von Düren vom Niederrhein, der die thönernen Verzierungen modellirte und brannte; die thönernen Gewölberippen der Schloßkirche kommen auch am Gewölbe des Hofsaales im langen Hause A. vor. Die vielen und mächtigen gehauenen Werksteine von Sandstein lieferte der Steinmetz Matthias Heintze zu Pirna im J. 1560 durch Jürgen Fues und Joachim Fungk zu Pirna, welche dieselben, nebst Holz und Brettern, auf der Elbe hinab nach Dömitz spedirten. Die Pflastersteine von Sandstein zu der Capelle wurden im J. 1562 ebenfalls zu Pirna gekauft. Die steinerne Thürverkleidung machte der Bildhauer Hans Walcher zu Dresden 1 ) und die Kanzel von Sandstein der Steinmetz Simon Schröder zu Torgau 2 ). Den alabasternen Altar arbeitete der kurfürstliche Bildhauer zu Torgau, welcher den Stein selbst in Begleitung zweier Gesellen die Elbe hinab über Dömitz (am 3. Junii 1562) nach Schwerin brachte, wo der Herzog ihm am 7. August 1562 ein Kleid und Reisegeld zur Heimkehr schenkte. An den beiden äußersten Säulen auf dem Altar steht die Jahreszahl 1562 und außerdem auf der äußersten Säule zur rechten Hand die Inschrift V. D. M. I. Æ . 3 ). In der Krönung des Altars steht das Monogramm G. S. verschlungen 4 ). Als der Herzog im J. 1562 zu Maximilians Krönung nach Frankfurt reiste, besuchte er auch am 8. October den neue entdeckten Alabaster= Steinbruch zu Uslar und kaufte dort Alabasterblöcke, aus welchen der Steinmetzmeister Philipp Brandin 5 ) von Utrecht zu Schwerin in den


1) Diesem bezahlte am 27. Julii 1560 der Herzog persönlich zu Pirna 30 Thaler auf die Kirchenthür, welche er zu Fastnacht 1561 fertig haben sollte; außer diesen 30 Thalern sollte er noch 170 Thaler haben.
2) Die Kanzel bestellte der Herzog am 23. Julii 1560 persönlich zu Torgau; der Steinmetz hatte 50 Thaler für die Arbeit und 10 Thaler für den Stein gefordert. Um Jacobi 1561 sollte die Arbeit fertig sein. - Diese und die vorstehende, wie mehrere ähnliche Angaben sind aus des Herzogs Johann Albrecht I. eigenhändigem Reise=Tagebuche entnommen.
3) d.i. Verbum Domini Manet In Æternum.
4) Zu den Altarstufen sind zwei Leichensteine aus dem 15. Jahrhundert benutzt, welche früher die Gräber eines Burgemeisters und eines Rathsherrn der Stadt Rostock deckten. Wahrscheinlich sind diese Steine nach der Reformation zu Rostock gekauft. Auch die Eingangspforte ruht auf einem großen Leichensteine. Vgl. Jahresbericht des Vereins für mekl. Gesch. II. u. V.
5) Dieser Bildhauer oder damals sogenannte Steinhauer oder Steinmetz Philipp Brandin, in der Folge zu Wismar wohnhaft, ist derselbe, welcher die ausgezeichneten fürstlichen Denkmäler ("fürstlichen Sepulturen") mit den Stammbäumen und architektonischen Einfassungen im Dom zu Güstrow 1576 - 1586 ausführte. Im J. 1569 quitirte er auf 40 Thaler für ein alabasternes Thürgesims, welches er zu Schwerin (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 54 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Jahren 1563 - 1569 die Taufe 1 ) und mehrere Tafeln und auch der "Steinhauer Conrad Floris" im J. 1567 Inschriften für die Kirche machte; andere "alabasterne Historien" kamen 1563 aus den Niederlanden, woher auch der niederländische Maler Peter Bökel in demselben Jahre drei "gemalte Bilder" 2 ) für die Capelle mitbrachte. Die Schranken um die Taufe und die Kirchenstühle 3 ) wurden beim Bildschnitzer Christian von Velthofen aus Hamburg im J. 1562 bestellt, neben welchem der Schnitzkermeister (Tischler) Christian aus Parchim, der auch das Holzwerk der Orgel im Dom bauete, arbeitete. Ein alabastern Crucifix und einige Bilder kaufte der Herzog bei einem Krämer zu Rostock für 110 Thaler. Die Orgel bauete wahrscheinlich der Orgelbauer Antonius Morß aus Antorf (Antwerpen) zu Schwerin 4 ). Die Decke


(  ...  ) gemacht hatte. Im J. 1574 war er, zu Wismar wohnhaft, noch als Steinmetzmeister im Dienste des Herzogs Joh. Albrecht I. Zuletzt erscheint er als Baumeister im Dienste des Herzogs Ulrich, der ihn dem Könige von Dänemark zur Ausführung des "königlichen Baues zu Nyköping" überlassen hatte; am 10. Febr. 1591 forderte der Herzog die königl. Räthe - auf, seinem "bestallten Baumeister Philipp Brandinen" seiner Forderungen halber Gerechtigkeit zu thun.
1) Der Taufstein mit den Schranken ist nicht mehr vorhanden. Die alabasternen Tafeln stehen theils hinter dem Altare, theils auf den Chören in den Fensternischen. - Kleinere Arbeiten von Philipp Brandin werden gewiß noch vorhanden sein; so stammen z. B. wahrscheinlich die Taufsteine aus Sandstein und Alabaster im Dom zu Güstrow und in der Kirche zu Dobbertin, beide aus seiner Zeit, von ihm her.
2) Diese Bilder sind wohl diejenigen, welche noch auf dem Fürstenchore der Schloßkirche hangen. Hier hängt außerdem noch ein altes merkwürdiges Bild eines alten, in fromme Gedanken vertieften Mannes; auf einem Buche steht die ( Jahrs=) Zahl ccccxi; sollte diese Zahl auch nicht die Jahrszahl der Verfertigung des Bildes sein, so ist das Bild doch wohl noch aus dem 15. Jahrhundert.
3) Unter diesen Kirchenstühlen ist wohl auch der mit Schnitzwerk verzierte fürstliche Chor zu verstehen, welcher, nach dem darüber stehenden fürstlichen Wappen, aus der Zeit der Erbauung der Kirche stammt.
4) Bei dem Orgelbauer Antonius Morß zu Antwerpen ward die große, ausgezeichnete Orgel im Dome zu Schwerin bestellt, welche noch steht und durch ihre Tone begeistert. Am 30. October 1555 ward der Contract abgeschlossen und im J. 1557 kam die Orgel und mit ihr der Meister aus den Niederlanden zu Boizenburg an; mit dieser Gelegenheit kam auch eine Orgel für eine Berliner Kirche, welche der Kurfürst Joachim von Brandenburg bestellt hatte und welche über Schwerin transportirt ward. Der Herzog Johann Albrecht nahm nun den Antonius Morß als Orgelbauer in seinen Dienst; der Bruder desselben Hieronymus Morß war schon im J. 1552 als Organist an der Domkirche angestellt und starb als solcher am Ende des Jahres 1597 zu Schwerin. Am Ende des J. 1559 bat der Kurfürst den Herzog, ihm den Antonius Morß zur Aufstellung der Orgel nach Berlin zu schicken und als beide Brüder Morß um Michaelis 1560 zur Hochzeit des fürstl. meklenb. Secretairs Egidius Ferber nach Berlin gereiset waren, behielt sie der Kurfürst zur Vollendung der Aufstellung dieser Orgel einige Zeit bei sich. - Im J. 1558 bauete Antonius Morß zu Schwerin auch ein "Positiv", welches der Herzog Christoph haben sollte.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 55 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

über dem Altar ward erst im J. 1572 von dem Maler Peter Orbach gemalt.

Nach Vollendung der Kirche ließ der Herzog Johann Albrecht I. über derselben Wohnzimmer für sich einrichten; in diesen waren im Herbste des J. 1563 der Steinmetz Christoph Parr, der italiänische Maurer Jacob Platen und der niederländische Maler Peter Bökel von Antorf 1 ), bei der Vollendung derselben, beschäftigt. Jedoch noch im J. 1571 ließ der Baumeister Joh. Bapt. Parr durch die Maurermeister Claus Schultze und Sebastian Ließmann vier Gewölbe in den welschen Gemächern auf dem Schlosse zu Schwerin schließen, welche wahrscheinlich in diesem Theile des Schlosses und zwar in den minaretartigen Thürmchen zu suchen sind, wenn nicht der große Hofsaal in dem Gebäude A darunter verstanden werden kann. Im J. 1592 bewohnte diese Zimmer die fürstliche Wittwe Johann Albrechts; sie sind seitdem auch immerfort die Lieblingswohnungen und eigentlichen Wohnzimmer der Landesfürsten im Schlosse zu Schwerin geblieben, wie sie auch in der That wohl die reizendste Aussicht in Meklenburg gewähren, so daß auch der Czaar Peter der Große davon betroffen ward und Ansichten aufnehmen ließ.

Die jetzige äußere Ausstattung ist, gleich der des neuen Gebäudes über der Küche, unter dem Herzoge Adolph Friederich I. im Plane der gleichmäßigen Einrichtung des ganzen Schlosses ausgeführt. Jedoch war der Giebel über der Kirche brückenwärts, nach der Bildergallerie (C. 1.) hin, noch im J. 1671 offen, wie noch heute derselbe den unterbrochenen Bau zeigt.

Freilich wollte auch der Herzog Friederich Wilhelm I. (1692 - 1713) an dem Kirchengebäude bauen lassen; er schloß auch 1705 mit dem Baumeister Antoni Petriny einen Contract darüber ab, aber einige Monate nach dem Ableben des Herzogs (31. Julii 1713) findet sich ein neuer Anschlag (vom 15. December 1713) über den Ausbau des Kirchengebäudes: dieser Anschlag, wie der erste Contract, sind aber nicht ausgeführt.

H. Die Nebengebäude.

Das Schloß hat immer einige Nebengebäude gehabt. Einige derselben sind ohne Bedeutung, wie das Waschhaus,


1) Auf seinem Siegel stehen auch die Buchstaben P. B. V. A.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 56 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Schlachthaus mit Rauchkammer, Torfscheure, u. s. w., andere haben für die Culturgeschichte einiges Interesse. Von diesen sagt der Pastor G. Westphalen ( † 1728) in seiner handschriftlichen Chronik von Schwerin, Cap. VII, §. 6: "Unter "den An= und Neben=Gebäuen (des Schlosses) gehören die "Schloß=Apotheke, die Müntze, das Laboratorium in chym. Sachen, das Comödien= und Gewächshaus, der Pulverthurm und endlich die corps de guarde ". Einige von diesen Gebäuden lassen sich noch einigermaßen nachweisen:

1) Das Komödien= und Gewächshaus (H. 1.). Als unter dem Herzoge Friederich Wilhelm I., ungefähr von 1702 bis 1712, die Schauspielkunst bevorzügt ward 1 ) und nachdem schon am Ende des 17. Jahrhunderts mehrere kleinere Gewächshäuser angelegt waren, ward auch am Schlosse ein Orangerie=Haus gebauet und ein Komödienhaus oder Komödiensaal damit in Verbindung gesetzt. Es lag dicht am Schlosse, "grade gegen Südwest", der Hinterbrücke gegenüber, also dort, wo noch heute Wohngebäude zwischen den beiden Basteien, dem Schloßgarten gegenüber, hineingebauet sind; an diese Stelle ist auch in einem gleichzeitigen Grundrisse des Schlosses die Orangerie eingetragen. Das Orangeriehaus ward, im J. 1708 bis 1710, zum Theile aus den Materialien der abgebrochenen Küchenmeisterei zu Kraak 2 ), neu aufgeführt und hatte ein plattes, eisernes Dach. Bald nach der Vollendung des Gebäudes ward auch ein Komödienhaus in demselben eingerichtet; beide lagen unter demselben (eisernen) Dache. Nachdem kurz vor dem Tode des Herzogs Friederich Wilhelm die (französische) Hofschauspielertruppe aufgelöset war, verfiel das "Gewächs= und Komödien=Haus 3 ) und um das Gebäude zu retten, ward die Orangerie im J. 1718 in das Manufacturhaus auf der Neustadt versetzt, wo sie denn in den folgenden stürmischen Zeiten bald unterging; das Orangerie=Gebäude ward zu Wohnungen aptirt, wie es noch jetzt steht und theilweise erst im J. 1838 durchgebauet ist.

2) Das Laboratorium stand ebenfalls an der "Hinterbrücke" (vielleicht bei H. 2.). Im J. 1720 drohete es den "täglichen Niederfall".

3) Die Münze 4 ) stand im J. 1695, nachdem die Officin


1) Vgl. Jahrbücher I, S. 99 und II, S. 184.
2) Vgl. Jahrb. I, S. 45.
3) Im Anfange des J. 1716 wurden zur Vermählung des Herzogs Carl Leopold "im Komödienhause" neue Tische gemacht, also in demselben wirthschaftliche Anstalten eingerichtet.
4) Im J. 1626 befanden sich in der Münze auf dem Schlosse 70 alte Münzstempel.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 57 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in diesem Jahre von Dömitz nach Schwerin versetzt war 1 ), am "Wasser", d. i. am großen See, und war mit Pallisaden umgeben. Nach einem Grundrisse vom Schlosse aus dem Anfange des vorigen Jahrhunderts stand sie an der Wallmauer des Schlosses, rechts vom Aufgange zur sogenannten Damentreppe (H. 3.), zwischen dieser und der jetzigen Wohnung des Ober=Kastellans (H. 4.). Als der Herzog Christian Ludwig im J. 1750 die Münze zu Schwerin wieder herstellte, ließ er sie auf dem "Schlosse in der Befestigungs=Mauer nach der Garten

"Seite gegen Süden" 2 ), bei H. 2, anlegen, wo die Münze vollständig blieb, bis im J. 1759 auf der Neustadt in dem ehemaligen Sturmschen Hause, dem jetzigen Münzgebäude, ein Walzwerk für die Schloßmünze eingerichtet ward 3 ), welches nach und nach die ganze Münze in sich aufnahm und der Münzstraße den Namen gab; im J. 1778 war die Münze schon vollständig in der Münzstraße 4 ).

4) Die Schloßapotheke ward noch im J. 1717 ausgebauet. Sie war, mit einer Destillirstube, von dem Herzoge Johann Albrecht I. im J. 1553 in dessen neuem Gebäude auf dem Schlosse eingerichtet und lag, nach dem erwähnten Grundrisse, am Schlosse vor dem großen See neben der Münze, weiter rechts von dem Aufgange zur Damentreppe, dort wo jetzt des Ober=Kastellans Wohnung steht, bei H. 4.

5) Die Badstube (H. 5.) war ebenfalls vom Herzoge Johann Albrecht I. eingerichtet und war auf dem Walle neben der Bleikammer hinter der Küche am südlichen Ende des großen langen Gebäudes angebauet. Sie enthielt: im Vorgemache ein Ankleide= oder Ruhezimmer, im zweiten Zimmer ein Schwitzbad und Wasserbad, im dritten Zimmer ein "Wildbad" (Mineralbad) und im Vorgange ein Laboratorium zum Bereiten gebrannter Wasser. Nachdem, wie es scheint, diese Anstalt etwas verfallen und eine mangelhaftere am Wasser eingerichtet war, ward im J. 1716 wieder eine Badstube in dem alten, dazu bestimmten Gebäude "neben der Bleikammer" eingerichtet. In den neuern Zeiten bis auf den heutigen Tag beherbergt dieses Gebäude die Hof=Conditorei.


Die Befestigung 5 ) des Schlosses ist zur Zeit des Herzogs Johann Albrecht von dem Baumeister Francesco


1) Vgl. Evers Meckl. Münz=Verf. I, S. 216.
2) Vgl. Daselbst S. 217.
3) Vgl. Daselbst S. 220.
4) Vgl. Daselbst S. 223.
5) An die Befestigung des Schlosses dachte der Herzog Johann Albrecht I. nach (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 58 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

a Bornau, unter Beirath des kurfürstlich=brandenburgischen Baumeisters Francesco Chiaramello, im J. 1557 1 ) und den folgenden Jahren, zugleich mit der Festung Dömitz, angelegt und von dem meklenburgischen Maurermeister, nachmaligen Baumeister Christoph Haubitz ausgeführt; von dieser alten Befestigung steht noch, der Grundlage nach, der hintere Theil, dem Schloßgarten und dem See gegenüber, wenn auch hin und wieder Renovationen vorgenommen sind. Der vordere, nördliche Theil der Befestigungsmauern ist kurz vor dem J. 1647 unter dem Herzoge Adolph Friederich, mit Veränderung der Richtung der Auffahrt, neu aufgebauet.


Aus dieser Darstellung geht hervor, daß die jetzigen Gebäude des Schlosses zu Schwerin nicht über das 16. Jahrhundert hinausreichen, vielmehr wohl alle innerhalb dieses Jahrhunderts, oder doch sicher zwischen 1480 und 1580, aufgeführt sind; die Hauptbauten wurden von den Herzogen Magnus II. (1477 - 1503), Heinrich V. dem Friedfertigen (1503 - 1552), Johann Albrecht I. (1552 - 1576) und Adolph Friederich I. (1608 - 1658) unternommen. Das Meiste für das Schloß that der Herzog Johann Albrecht I., und der Ausspruch des Andreas Mylius hat seine Richtigkeit, wenn er sagt, daß meist unter diesem Fürsten die Häuser auf dem Schlosse zu Schwerin gebauet und verfertigt seien. Die unter dem Herzoge Adolph Friederich I. entworfenen Ideen und durch dessen Baumeister Piloot angefangenen Restaurationen bleiben für künftige Veränderungen allerdings von großer Wichtigkeit.


Der Burggeist Petermännchen.

Seit Menschengedenken und länger ist in Meklenburg die Sage von dem schweriner Burggeiste, Petermännchen genannt, allgemein bekannt, - die Sage von einem gutmüthigen Zwerge, der wachsam umhergeht, still, freundlich und beobachtend den Menschenkindern erscheint und nur den Unfreundlichen schreckt


(  ...  ) dem Tode seines Vaters zuerst. Schon im J. 1548 sandte ihm der Herzog Franz von Braunschweig=Lüneburg seinen Baumeister Michael Claren und im J. 1549 dessen Sohn, um ihm Rath zu geben, als eine Mauer um das Schloß Schwerin gezogen werden sollte, bat jedoch jedes Mal um baldige Beurlaubung derselben, da der Herzog Franz ihrer zu seinen Gebäuden zu Gifhorn selbst bedurfte. Der Herzog Heinrich von Meklenburg stimmte in die Bitten seines Neffen an den Herzog Franz mit ein.
1) Am 12. Julii 1557 war schon das Fundament zur nördlichen Bastei ( "der dritten" nach dem Plane) gelegt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 59 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und zur Besserung straft, den Sorglosen neckt. Die häufigen Erzählungen von seinem Erscheinen sind alle ziemlich ähnlich und gleichen dem hier mitgetheilten Verhöre, welches die älteste schriftliche und ausführliche Nachricht von dem viel besprochenen Burggeiste zu sein scheint. Diese Nachricht kam im vorigen Jahrhundert mit andern fürstlichen Papieren aus den herzoglichen Wohnzimmern auf dem Schlosse zu Schwerin ins Archiv.

Nachricht

von dem sich ehedem in dem hochfürstlichen Schloße zu Schwerin öfters sehen laßenden sogenandten Kleinen Mängen, wie es der seel. Daniel Gardemin, gewesener Cammer=Laquay bey des hochseel. Herrn Herzoges Friederich Wilhelm hochfürstl. Durchlaucht gar ofte an seine Frau, die jetzige Witwe Castellanin
          Gardeminen hieselbst erzehlet.

Eß were nemblich solche positur nur gantz Klein gewest, älterlich, mit Runtzeln, aber nicht fürchterlich von Angesichte, einen etwas langen, weißen, spitzen, fast biß auf die Brust hangenden Bahrt, kurtze, graue, krause Haare, ein Calotgen auf dem Kopfe, und ein Krägelgen umb den Halß, einen langen bis auf die Füße hangenden schwartzen Rock mit gantz engen Ermeln, forne eines guten finger breits mit weiß aufgeschlagen, etwas große und forne breite Schue anhabend. Dieses Mängen were gedachter Gardemin so gewohnt und dreiste geworden, daß er es öfters auf einer gewissen Windel=Treppe (so sich oben auf der seite befunden, wo der Gottsel. Durchl. Hertzog logiert gewest), in welchen Öffnungen umb der Treppe her es so eben hette stehen Können, mit dem Lichte nahe ins Gesichte geleuchtet, wobey es gantz stille gestanden, gar offte vor und neben ihm gegangen, auch einstmahls wie er seinen Durchl. Herrn des Abends späte über die Gallerie geleuchtet, Höchstderselbe gesaget: "Daniel, mich werden die Haare am Kopfe kriechend und mich schaudert so". "Ja, Gnädigster Herr", were seine Antwort gewest, "sehen Sie nicht, was Wir vor Gesellschafft bey unß haben?" Worauf dieselbe ihm schweigen heißen und gesaget, Sie sehen nichts. Es hatte sich meistens auf dem Gange und der Seite, wo die Cleyder=Cammer gewest, befunden, auch hette er solchen einige mahl aus einer gewißen Cammer, welche sich auf den Gange, wen man in dem Gebäude die breite Treppe aufsteiget, und obgleich fenster darin, dennoch sehr finster ist,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 60 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und anitzo der Castellanin Meynung nach, einige Mädgens darin wohnen, können sehen. Einstmahls were er, der Gardemin, nebst einem Pagen, deßen Nahme entfallen, zu bette gangen, welcher deßfallß bey ihm geschlaffen, weil Ihr Herr zeitig außwollen, hetten eine Keule vom Lämmerbrathen zum Frühstück auf dem Tische liegen gehabt, und beyde mit offenen Augen gesehen, wie das Mängen gekommen, nach dem Brathen gegriffen, und unter großen Gelächter damit fortgelauffen, hetten auch des andern Morgens, allem suchen ohngeachtet, nichtes davon wieder gefunden. Reden oder Antworten hette er ihn niemahlen hören; wen er aber durch schelt= und Fluchworte sey angegriffen, were des Nachts ein solches gepolter über Ihre Cammer gewest, daß keiner kein Auge hette zuthun können. Nachdem were oftgedachter Gardemin einsmahls des Abends mit der Abschenke außen Keller kommen, und dieses positürgen immer kurtz und langsam vor ihm hergegangen; weil ihm nun eben was wiederliches arriviret, daß der Kopf nicht recht gestanden, hette er aus Unmuth gesaget: Du Kröte gehe aus dem Wege, oder ich nehme die Flasche und schlage dich auf den Kopf, du solt diß oder das werden! Worauf er eine solche derbe Ohrfeige zum recompens bekommen, daß er über eine halbe Stunde ohne empfindung gelegen, biß ihn andere gefunden, mit Eßig bestrichen und so weg gebracht, da sein Kopf den einige Tage darauf noch mahl so dicke wie ordinair gewest. Weil ihm nun mit raison were bedeutet, nicht so brutal mit diesen Ehrbaren Mängen umbzugehen, hette Er auch nachhero mehr respect gebrauchet, und soviel alß nur immer möglich seine Gesellschaft evitiret und ihm aus den Wege gegangen.
Hanß Christopf Dankward, Fürstl. Sahl=Knecht hieselbst, Verzehlete und versicherte mir Gestern gantz feste, offt erwehntes Mängen Zu denen Zeiten einmahl gesehen zu haben; sein bey sich ha bender Mops, were solchen eher alß Er gewahr worden; Er hette vorm rothen Gemach am Camin in vorbeschriebener Kleydung gestanden. Weil er sich nun gefürchtet und ihm überdem die Sprache schwer würde, hette er nicht fragen mögen, wer er were, oder was er wolte? sondern were wieder hingangen, wo er herkommen.

Bützow den 12ten Novembris 1747.

And. Br. Heymann.     


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 61 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

III.

Das Schloß zu Gadebusch.


G adebusch ist seit den frühesten Zeiten der meklenburgischen Geschichte wohl ununterbrochen abwechselnd Residenz und Nebenresidenz der Fürsten und Herzoge von Meklenburg, ja vielleicht die älteste städtische Residenz derselben gewesen bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts. Alle alten Bauten bis zu dieser Zeit sind jedoch spurlos verschwunden. Dagegen steht in einer angenehmen sanften Landschaft auf einer durch Natur und Kunst erhöheten und umwalleten Terrasse zwischen der Stadt und dem Flüßchen Radegast ein mächtiges Gebäude, welches der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts seinen Ursprung verdankt und mit den Schlössern Wismar und Schwerin demselben besondern Baustyl angehört, also schon deshalb noch heute eine gewisse architektonische Bedeutsamkeit hat.

Nachdem der Herzog Christoph von Meklenburg im J. 1569 nach vielen Leiden und Opfern von dem erzbischöflichen Stuhle Lieflands gestiegen war 1 ), kehrte er wieder nach seinem Vaterlande zurück und erhielt hier (27. Jan. 1570), nachdem er von seinem Bisthum Ratzeburg Besitz genommen hatte, zu seinem bessern Auskommen die Aemter Gadebusch und Tempzin. Mit gebildetem Geiste und mildem Sinne 2 ) wandte er sich auf seinen Gütern wissenschaftlichen und künstlerischen Beschäftigungen zu 3 ). Eine dieser Beschäftigungen war die Erbauung des Schlosses zu Gadebusch, das noch jetzt in seinem Aeußern vollkommen erhalten ist und als Amtshaus benutzt wird.

Der Bau ward schon im J. 1570 begonnen und im J. 1571 vollendet. Es fehlt auch über diesen Bau fast ganz an Acten. Das einzige Actenstück ist ein Contract des Herzogs


1) Vgl. v. Lützow III, S. 62 - 64 und v. Rudloff III, 1, S. 209 u. 210.
2) Vgl. Masch Bisth. Ratzeburg S. 517.
3) Vgl. Masch a. a. O., v. Lützow, III, S. 64, v. Rudloff III, 2, S. 67.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 62 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Christoph mit dem Maurermeister Christoph Haubitz vom 2. April 1571:

"Als nemlich ehr Unß inwendich sechs Monats frist Vnser zu Gadebusch angelegt steinern Haus dreier gemecher hoch, sowoll die Kuchen vnd backhauß von steinen fertigen solle vnd wolle".

In den Inventarien von 1597 bis 1610 wird das Haus beständig das

"Neu gemauerte Haus drei gemecher hoch"

genannt.

Der Bau stammt also ohne Zweifel von Christoph Haubitz, welcher seit dem J. 1549 unter dem Herzoge Johann Albrecht I. als Maurermeister diente und nach dem Abgange der Baumeister Brüder Parr (1572) desselben Baumeister ward 1 ). Haubitzens Jugend fällt in die Zeit, wo der Fürstenhof zu Wismar mit den Verzierungen aus gebranntem Thon aufgeführt ward, und daher läßt es sich erklären, daß noch im J. 1571 dieser Styl sich im Schlosse zu Gadebusch wiederholte 2 ). - Nach dem Tode des Herzogs Johann Albrecht ward Christoph Haubitz Baumeister des Herzogs Christoph und kommt als solcher noch im J. 1584 vor.

In den Jahren 1590 und 1591 lebte "des Herzogs

"Christoph Baumeister Bartholomäus Gories zu Gadebusch", der noch für Bezahlung von Schloßbaurechnungen zu sorgen hatte. - Den Wall ließ der Herzog vom Wallsetzer Hans von Kassel neu aufführen; zu diesem Walle hatten einige Bürger "hinter der Vestung" Scheuren und andere Gebäude abbrechen müssen. "Lusts halber" ließ der Herzog den Wall mit Wein bepflanzen, wie es der Herzog Ulrich auf dem Walle zu Güstrow gethan hatte. Außer einer neuen Küche und einem neuen Backhause ward für den Fürsten auch ein "Diestelier=Gemach" in einem eigenen Gebäude eingerichtet, um hier alchymistische Versuche anzustellen.

Bald nach Vollendung des Schlosses vermählte sich der Herzog (27. October 1573) mit der dänischen Prinzessin Dorothea, welcher er die Aemter Gadebusch und


1) Vgl. oben: Ueber die Baumeister, bei der Geschichte des Schlosses von Wismar, S. 30.
2) Im J. 1578 hatte der Herzog Christoph auch das bischöflich=ratzeburgische Schloß ("Stiftshaus") zu Schönberg abbrechen lassen und die Wiederaufbauung desselben begonnen. Ueber diesen Bau fehlt es aber ganz an Acten, so wie von dem Gebäude nichts mehr vorhanden ist. Wir wissen nur, daß der Herzog bei seinem Bruder Carl sich eine abschlägliche Antwort holte, als er denselben um Hülfleistung ansprach, indem er zur Ausführung des Baues allein zu schwach sei.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 63 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Tempzin zum Leibgedinge verschrieb. Nach dem Tode dieser Fürstin (am 11. Novbr. 1575) schloß der Fürst eine zweite Ehe mit des Königs Gustav I. von Schweden Tochter Elisabeth (14. Mai 1581), welche dieselben Aemter zum Leibgedinge 1 ) erhielt. Als der Herzog am 3. März 1592 starb und seine nachbleibende Gemahlin ( † 20. Novbr. 1597) mit ihrer Tochter nach Schweden ging, fielen die Aemter wieder an das meklenburgische Fürstenhaus zurück. Die nach dem Tode dieser Fürstin und bei der bald darauf erfolgenden Landestheilung wiederholt aufgenommenen Inventarien (aus dem Zeitraum von 1597 bis 1610) sind die vorzüglichsten Quellen für die Geschichte des Schlosses zu Gadebusch.

Das Schloß zu Gadebusch ist das dritte in der Reihe derjenigen Schlösser Meklenburgs aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, welche in einem eigenthümlichen Styl mit Ornamenten aus gebranntem Thon verziert sind. Das Schloß zu Wismar hat unter denselben eine vollkommene architektonische Einheit; das Schloß zu Schwerin ist in den verzierten Theilen mit den thönernen Ornamenten vom Bau zu Wismar nur mehr aufgeputzt; nach dem Muster des schweriner Schlosses, durch einen alten Baumeister, in dem noch der Geist dieses Styls wohnte, ist das gadebuscher Schloß aufgebauet, wenn auch mit etwas mehr Geschmack, da es, wie das wismarsche, ein Längsgebäude ist, während das schweriner Schloß aus Giebelhäusern besteht, zu dem in den Giebeln die viereckigen Thonstücke nicht recht passen wollen.

Das Schloß zu Gadebusch ist ein Oblongum von bedeutender Länge und in drei Stockwerken massiv aufgebauet. Zwischen dem ersten und zweiten, und zwischen dem zweiten und dritten Stock laufen Gesimse von denselben thönernen Medaillons mit den fürstlichen Brustbildern, wie sie am wismarschen Schlosse zwischen dem zweiten und dritten Stock stehen und auch am schweriner Schlosse häufig vorkommen; jedoch fehlen hier, wie zu Wismar, die Medaillons mit den antiken Brustbildern und Thiergestalten, wie sie zu Schwerin häufig vorkommen. Die Fenster sind durch senkrechte Leisten aus Thonverzierungen, jedoch ebenfalls, wie zu Schwerin, nicht in regelmäßigen Entfernungen, geschieden; diese bestehen aus den ursprünglich zu Fenster= und Thürornamenten bestimmten Verzierungen. Mit denselben Verzierungen und mit kleinen Medaillons ist der westliche Giebel stadtwärts geschmückt. Auf

 

2) Vgl. v. Rudloff III, 2, S. 67 und v. Lützow III, S. 134. [Anm. Fußnote 2 wurde im Text nicht angegeben]


1) Vgl. Masch a. a. O. S. 513 u. 515.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 64 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dem Hofe am Ende des Gebäudes nach der Auffahrt hin ist ein viereckiges, gewölbtes Treppenhaus (Windelstein) angebauet, der einzige Eingang zum Schlosse. Die Formen der Verzierungen am Hauptgebäude sind den Schlössern zu Wismar und Schwerin entnommen; das Portal zum Windelstein hat aber mehrere eigenthümliche Verzierungen aus gebranntem Thon. Es fehlen hier durchaus Wappen und Inschriften, kurz alle directen historischen Zeugnisse; dagegen sind über dem Portale drei Reliefs aus Thon angebracht, den Sündenfall, die Kreuzigung und die Erlösung darstellend. - An der Hinterseite sind nach beiden Enden hin im Styl des Gebäudes zwei Secrete angebauet; diese finden sich sonst an den alten Schlössern nicht.

Im Innern ist, mit Ausnahme einiger Thürverzierungen an den Hauptthüren, alles modernisirt und durchgebauet. Nach den Inventarien hatte:

"Auffem Hause vnd binnen Walles, Das neu gemeurte Haus, drei gemecher hoch,"

folgende Einrichtung.

Unter dem Hause war ein gewölbter Keller 1 ).
Am Ende des Hauptgebäudes stand ein massiver gewölbter Windelstein mit einer Windeltreppe.

Im ersten Stock war ein Vorgemach mit drei Thüren: zum Eingange, zum Secret und zum großen Saale, alle mit thönernen Ornamenten verziert.

Dann folgte der lange große Saal ohne Zwischenwände im Innern des Gebäudes, mit 16 Fach Fenstern, welche nach beiden Seiten hinaus gingen, mit drei messingenen Kronen, mit einem Schenktisch und einem Trompeterstuhl. Hier hingen 8 Bilder, wahrscheinlich fürstlicher Personen, und die " Feldreuterfahne, so Herzog Christoffer in Leiflandt führen laßen".

Im zweiten Stock waren die Zimmer der Herzogin: zuerst ein Vorgemach, dann der Herzogin Ge=


1) In diesem Keller werden noch Spuren von Schmelzöfen gezeigt, welche zu der ehemaligen Münze zu Gadebusch gehören sollen. Daß in Gadebusch viel gemünzt ist, beweisen die noch vorhandenen Münzen und die Münzmeister zu Gadebusch. Der Münzmeister Bernhard Jüngling, welcher sicher 1542 - 1563 zu Gadebusch lebte und hier auch während der Reformation erster Provisor der geistlichen Stiftungen war, kann in diesem Keller nicht gemünzt haben, da das Schloß noch nicht stand. Seit 1606 und 1612 münzten hier jedoch die Münzmeister Claus Isebein und Christoph Lüdemann (vgl. Evers I, S. 208). Kurz vor 1606 stand die Münzpresse noch in dem chemischen Laboratorium des Herzogs Christoph.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 65 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

mach mit vielen Bildern auf Leinwand und Kupfer und der Herzogin Schlafkammer, ebenfalls mit Bildern in Rahmen.

Im dritten Stock waren die Zimmer der Prinzessin (des "Fräuleins") Margarethe Elisabeth und der Hofdamen, ursprünglich die Zimmer des Herzogs Christoph. Hier war: ein Vorgemach, des Fräuleins Gemach, dabei neben einer Küche ein Badestübchen, zu welchem eine Treppe von der Herzogin Schlafkammer aus dem zweiten Stock hinaufführte, des Fräuleins Kammer und der Frauenzimmer (Hofdamen) Stube und Kammer, zu welchen Gemächern ebenfalls eine Treppe von der Herzogin Gemächern hinaufführte.

Im Giebel auf dem Boden war der "Altfrauen Kammer".


Zur größern Beglaubigung vorstehender Angaben und zur klarern Einsicht in alte Einrichtungen wird eine Beschreibung aller alten Schloßgebäude, wie sie noch im 17. Jahrhundert standen, von Interesse sein.

Im Aufgange stand ein Pforthaus mit einem Ziegeldache ("doppeltem Flumdach") und zwei Schornsteinen, mit einer gewölbten Auffahrt, mit zwei Giebeln, nach außen und nach dem Schloßhofe hin; in diesem Pforthause war über dem Gewölbe die Canzlei, bestehend aus Canzleistube, Kammer, Vorgemach und zwei Gängen.

An jeder Seite des Pforthauses stand ein runder Zwinger, von Grund auf gemauert, mit einem spitzigen Ziegeldache. In jedem Zwinger war oben ein Gemach, zu welchem man von dem Vorgemache der Canzlei gelangte. In dem einen Zwinger war unten des Pförtners Wohnung.

Vor dem Pforthause war eine Brücke und eine Zugbrücke. Nach dem Schloßplatze hin, mehr aufwärts, war noch ein "Thor vorm Hause oder Platze" mit zwei Flügeln.

Rechts vom Pforthause stand auf dem Platze in gleicher Richtung mit dem noch stehenden neuen Gebäude, dort wo jetzt die Wirthschaftsgebäude stehen, das alte fürstliche Haus, 4 Stockwerk hoch, die zwei untern massiv, die zwei obern in Holz gemauert, mit Ziegeldach (von doppelten "Hohldachsteinen") und wahrscheinlich mit Giebeln, da das neue Schloß im Gegensatze der übrigen Gebäude ein Queergebäude genannt wird. Im ersten Stock war die gewölbte Hofkapelle, im zweiten Stock Herren=Gemächer, im dritten Stock der kleine Saal mit Tischen, hölzernen Bänken an den Wänden, hölzernen Stühlen, einer messingenen Krone und Bildern an

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 66 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

den Wänden, im vierten Stock Wohnungen für das Hofgesinde.

Zwischen diesem alten und dem neuen Hause stand ein kleineres Gebäude 1 ), in Verbindung mit dem alten Hause, unten massiv, oben in Holzwerk gemauert; im ersten Stock war die Hofstube, welche in alten Schlössern im ersten Stock nie fehlt.

Dann folgte in gleicher Flucht das noch stehende, oben beschriebene neue Schloß, zunächst dem Windelstein vor der Hofstube.

Hiemit hörte die Reihe der fürstlichen Wohnungen auf.

Im rechten Winkel daran lag stadtwärts das Queerhaus, zwei Stockwerke hoch, mit Bretterdach; um das Dach war ein Gang mit gedreheten Pfosten und mit zwei geschnitzten Bogen; zu dem Gange führten zwei Treppen. In diesem Hause war "weilandt Hertzogk Christoff Diestelier="Gemach"; darin stand ein Heerd mit einem Schornstein mit mehrern Ausmündungen, eine kupferne Pfanne und eine eiserne Münzpresse mit Zubehör, welche vom Herzoge Christoph wohl als pharmaceutische Presse benutzt ward.

Den Schloßgebäuden gegenüber an der andern Seite des Hofes, wo jetzt der Eingang zum Garten ist, standen die Wirthschaftsgebäude: zuerst stadtwärts das Brauhaus und daneben in der Ecke zwischen demselben und dem Queerhause ein Brunnen, den 1546 Herzog Albrecht graben ließ; dann feldwärts: die Küche, die alte Küchenmeisterei, die neue Küchenmeisterei und das Backhaus, alle massiv und ein Stockwerk hoch.

In der Mitte des Platzes vor dem jetzigen Schlosse stand ein massiver großer, hoher, runder Thurm, oben ein Gemach hoch in Holzwerk aufgemauert und hier mit einem Umgange mit einer Gallerie; auf dem Thurme stand ein spitziges Dach mit Blech gedeckt, mit zwei Erkern, in deren einem die Uhr mit Zifferblatt war; die Schlageglocken hingen in der Spitze des Daches. In dem obern Theile von Fachwerk war eine Thürmerwohnung. In dem massiven Theile waren drei Gewölbe übereinander über der Erde und ein Gewölbe unter der Erde; letzteres war ein Gefängniß (Burgverließ); in den beiden folgenden Gewölben stand Geschütz, im


1) Von diesem Gebäude steht noch an dem neuen Schlosse die Giebelmauer mit vermauerten Spitzbogen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 67 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vierten Gewölbe war das Obergefängniß; zu diesem obenstehenden Gefängniß ging auswendig eine hohe Treppe 1 ).

Früher ging um das Schloß auch eine Mauer, welche bei dem Brunnen stand, noch 1546. Um das Schloß war ein Wall; an diesem stand stadtwärts noch ein massiver runder Zwinger, mit einem hölzernen Mannesbilde auf dem spitzen Dach, und durch den Wall ging ein Gewölbe zu diesem Zwinger.

Wo noch jetzt der Garten ist, war der "Lustgarten auffm

"Hause" mit einem Lusthäuschen, vier Stockwerk hoch, mit einem spitzen Dach mit Spänen gedeckt; dieses Haus war aus gedreheten Pfosten mit vielen Fenstern und einem Umgange, und im Mitteltheile waren der "Herren und Hofjunker" Wappen gemalt.



1) Dieser Thurm ist erst seit Menschengedenken abgetragen. Es war ein sogenannter "Bergfrit" des Mittelalters, d. h. ein hoher emporragender "Thurm, der keinen Eingang zur ebenen Erde hatte, sondern in den man "durch eine außen angebrachte Stiege oben hineinstieg; er stand frei von "anstoßenden Gebäuden". Vgl. Leo über Burgenbau in v. Raumer´s Histor. Taschenbuch VIII, 1837, S. 178 u. 196 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 68 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Beilagen.


Nr. 1.

Contract der Herzoge Heinrich und Albrecht von Meklenburg mit dem Maurermeister Ertmar Boeth über die Erbauung des fürstlichen Hofes zu Wismar.

D. d. Wismar 1512. März 26.

Nach dem Originale im Großherzogl. Geh. u. Haupt=Archive zu Schwerin.


Wy Hinrick vnnd Albrecht gebruder vonn gots gnadenn Hertogen to Meckelnborch, Forstenn to Wenden, Greuen to Swerin, etc. . etc. . Bekennen, dat wy vnnszen leuen getruwenn Ertmar Boeth vor vnnszen murer tor Wiszmar an vnszem nien angefangen Husze to arbeiden nafolgennder wysze bestellenn hebben laten, alszo dat hie die beiden mueren an sulfftigem husze noch einer stegeringe 1 ) hoch vorhogenn vnnd beide geuele daran muren, die hauedornze 2 ), so darin gemaket werth, geweluen, die sulue inwendich vnnd dat hus bauen ok inwendich denneken 3 ) scholle, dargegenn wy eme twehundert gude marck, daruon hie sine knechte suluest vorszolden scholle, vnnd darneuen emhe vnnd sinen knechten fryge kost to geuen vnnd vorszorgen to laten, versproken vnnd togeseggt hebben, die wy eme also in maten, wo vorberurt, verreken to laten versprekenn vnnd toseggen mit orkunde dusszes breues, die getwefechtigt 4 ) vtheinander gesneden vnnd mit vnszem to Ruge 5 ) vpgedruckeden pitzir verszegelt vnd geuen is in vnser stat Wismar am Frydage anuntiationis Marie 6 ) anno dni etc. . etc. . duodecimo.

Auf der Rückseite steht neben dem fürstlichen Siegel die Registratur: ertmer bot bestallung als einen maurmeister des Neuenhauses zur Wismar Anno etc. etc. . 12.



1) Stockwerk.
2) Hofstube.
3) tünchen.
4) zweifach, in zwei Exemplaren.
5) zurück, rückwärts.
6) d. i. Freitag nach ann. Mariae.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 69 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. 2.

Conctract der Herzoge Heinrich und Albrecht von Meklenburg mit dem Maurermeister Andreas Techel über die Erbauung einer Capelle auf dem Schlosse zu Schwerin.

D. d. Schwerin 1515. Nov. 12.

Nach dem Originale im Großherzogl. Geh. u. Haupt=Archive zu Schwerin.

Tho wetenn dat wy Hinrick vnnd Albrecht gebruder van godds gnaden Hertogen tho Mekelnborg, Fursten to Wenden, etc. . etc. . vnns mit vnnszem lieuen beszundern Andreszen Techel Mhurmeystern up huten datum eines gebuwes haluen voreinigt vnnd vordragen hebben, wo nhafolget, alszo dat hie vnns in vnnszer borch tho Swerin eine nyge kerke mit viff pilern, twe geweluen auer ander, twen gengen einen auer den andern an einer syden, twen geueln, eine Sacristien vnder vnnd bauen geweluet, vnnd die Mhuren sostein vothe hogher, als die Mhuren, die an der itzigen Capellen sint, vptehn, vnnd in die Capellen vier altaria mhuren vnnd diesulue Capellen decken, dar gegenn wy emhe twehundert gulden vnnd twe kleyder geuen schollen vnnd wyllen, als wy emhe solcke twe hundert gulden vnnd twe hoffkleyder tho geuen verspreken vnnd thoseggen, doch dat gemelter Meister Andreas alle Mhur= und Pleges=Knechte, die hie tho solcker arbeyt gebruket, den wy eten vnnd drinken auer solcker arbeit vorsehn laten wyllen, van solcken twen hundert gulden belonhen vnnd sick in schirstuolgenden osterfeyrdagen by solck arbeit vorfugen scholle, alles in Crafft diszes brieffs, die getwefechtigt mit vnsem tho Rugge upgedruckten pitzer vorsigelt in vnszer Cantzeley vnnd den andern gemeltem Meister andreszen vorreket vnnd gegeuen is tho Swerin am Mandage nha Martini Anno etc. . etc. . XVto.

Nach dem Originale mit dem auf der Rückseite aufgedruckten Siegel des Herzogs Heinrich.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 70 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. 3.

Contract des Herzogs Ulrich von Meklenburg mit dem Baumeister Franz Parr über die Auferbauung des abgebrannten Schlosses zu Güstrow.

D. d. Güstrow 1558. Febr. 9.

Nach dem Originale im Großherzogl. Geh. u. Haupt=Archive zu Schwerin.

Kunt vnnd wissentlich sey, das der Durchlauchtiger Hochgeborner Furst und Her, Her Vlrich Hertzogk zu Meckelnnburgk, Furst zu Wendenn etc. . etc. . vnnser gnediger Furst vnnd Her, auff heute dato mit dem Bouwmeisternn Frantzenn Parren wegen wider erbauwung S. f. g. abgebrandtenn Hauses zu Gustrouw dermassenn vbereinkommen vnnd vortragen, das S. f. g. will gemeltem Frantzenn Parren inn erbauwung desselben Hauses, szo viell die schlichte mheur betrifft, jedere drei gewonnliche Gustrouwische ellen lang vnnd breit vnnd ein stein dicke zu meuren alwege sechs lubesche schilling, vnd dartzu alle wochen zwei scheffel rogkenn vnnd anderthalben scheffel gersten gebenn vnd entrichtenn, auch inen denselben meister auffm Hause alletage zu geburender maltzeit mit notturfftigem mahll vnnd seinen klepfer mit futter versorgenn, ime auch zur furderung seiner Arbeit teglich sechs hanndtreicher haltenn, vnnd alle notturfft, so er zum gebeuw ahnn stein, kalch oder sonsten bedarfft, zur Hanndt schaffenn, jedoch vonn den alten steinenn denn kalch durch S. f. g. leuthe abschlagen vnnd reinigen vnnd die grunden nach aller notturfft bereumenn lassenn, Darjegenn sich gemelter Meister Frantz Par vorpflichtet vnnd vorsprochen, solchenn gebew vnnd arbeith nach seinen hochstenn vnnd eussersten vermugenn vnnd bestenn verstande obtzusein vnd dasselbig vleissig vnnd getrewlich zu furdern, wie er solchs bei jedermenniglich zur pilligkeit soll vnnd will voranthwurtenn, auch seine meurergesellen vnnd handtreicher von dem seinen mit kost vnd besoldung die Zeit ober zu sorgenn vnnd zu unterhaltenn. Was aber die gewelbe vnd andere kunstliche arbeidt, so zu diesem furstlichen gebeuw sollen gethan werden, belangt, wollenn S. f. g. sich mit gemeltem Bawmeister alsdann, wann die angefangenn vnnd ins wergk gestellet werdenn, auch mit ime gnediglichen vorgleichenn vnnd vortragenn. Zu Vrkund sein dieser schriffte zwei gleichs lauts mit S. f. g. vnd vielgemelts Frantzen Parrenn aufgedruckten pitschiern vorsiegelt, derer einer bei S. f. g. die

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 71 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ander bei demselben Frantz Parren in vorwarung. Actum Gustrow Midtwochens den IX Februarii Anno etc. . LVIII.

L. S.                               L. S.
des Herzogs Ulrich.              des Franz Parr.

Nr. 4.

Contract des Baumeisters Johann Baptista Parr mit den Maurermeistern Sebastian Lismann und Nicolaus Scholz über die Aufführung von vier Gewölben im Schlosse zu Schwerin.

D. d. Schwerin 1571. Sept. 23.

Nach dem Originale im Großherzogl. Geh. u. Haupt=Archive zu Schwerin.

Vorzeichnis was Ich Johan Baptista par aus beuelich M. G. F. vnd hern, als nemlich das Ich mich heute dato mitt den beiden meistern Bastian Lisman vnd Claus scholtz alhir zu schwerin wonhafftig der vier gewelben halben, so f. f. g. vber der andern neuen geschnitten gewelben Im schlos schwerin geschlossen werden sollen etc. . etc. ., vorglichen vnd vortragen habe, Das sie die 4 gewelwen aufs treuelichest vnd standthafftigest machen vnd schlissen solten, wie sich den das gebueret, auch Ihnnwendig fein schlecht ausgethunichet vnd weis gemacht, bis eronter gleich dem pflaster; sie sollen auch ein gesims hunter dem gewelbe errumber ziehen, wie die hintterste gewelbe sein. Die Thuerren aber sollen gar schlecht sein, dan der schnittcher sol hultzene thuern darfur machen. Vnd vor solche Arbeit habe Ich Ihnen von m. g. f. vnd hern wegen dreissigk taller zugesagt zu geben vnd alle tage 6 personen, die Inen handtreichen thuen etc. . etc. . Als getreullich vnd vngefer mit meiner Eigen handt geschriben vnd mit meinem pittschafft vorferttiget. geschen vnd geben zu schwerin den drey vnd zwantzigesten Septtembri Anno etc. . etc. . 71.

(L. S.)

Nr. 5.

Contract des Herzogs Johann Albrecht von Meklenburg mit dem Baumeister Christoph Parr über die Erbauung des fürstlichen Stuhls im Dome zu Schwerin.

D. d. Schwerin 1572. April 21.

Nach dem Originale im Großherzogl. Geh. u. Haupt=Archive zu Schwerin.

Kund vnd offenbar sey idermenniglich, Als zwischen dem durchlauchtigen hochgebornen fürsten vnd Hern, Hern Johans

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 72 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Albrechten, Hertzogen zu Mekelburg etc. . etc. ., an einem, vnd Christoffer Parn bawmeistern am andern thail, ein geding vnd bawvertrag, belangend einen fürstlichen Stuell, welcher in der Thumbkirchen zu Schwerin gegen dem Predigstuel vber zwischen vier pfeiler soll gebawet werden, vorgefallen, Das solcher auf nachfolgende weise mit seinen angehengten Conditionen vorglichen vnd beschlossen ist worden, Als nemlich, das gemelter bawmeister Christoffer Parr denselbigen fürstlichen Stuel zwischen die vier pfeiler oder seulen einfassen vnd auf ein fest, zierlich gewelb setzen soll, das auch solcher Stuel gegen dem Predigstuel so weit herfür gehen soll, das das gesichte die Kirche hinlang auf vnd ab vnverhindert gehen mag. Es soll auch dieser fürstlicher Stuel zum zirlichsten mit seulen, Compartimenten vnd historien außgeschnitten vnd formirt werden, wie solches an einem fürstlichen Stuel zum besten vnd schönsten sich gebüret, Oben sol ehr mit einer schönen decken beschlossen werden, vnd sol einen artigen Camin haben, welcher mit einer subtilen fewermauer an einem pfeiler hinauf vnd zum dach hinaus gefüret werden soll. Diß alles soll gemelter bawmeister mit seinen gesellen vnd gehülffen in bester vnd bestendigster form machen, die einem solchen fürstlichen Kirchenstuel vnd gemach woll anstehet vnd gebüret. Dagegen will hochermelter Hertzog Johans Albrecht Alabaster, Zigelsteine, kalck vnd andere darzu notwendige materien zur gnüge vnd zum fürderlichsten vorschaffen vnd die treppen durch einen zimmerman hienauf bawen vnd oben vber den Stuell die balcken, so viel derselben zu der decken nötig, legen lassen. Es will auch seine fürstliche gnade vielgemeltem bawmeister zu seiner belohnung für die gantze arbeit zur genüge vnd ohne verzug zweihundert thaler an gelde vnd ein drömpt Roggen betzalen vnd geben lassen. Alles one gefehr. Zu mehrer verkundt der warhaidt seindt dieser vertragszettel zwene eines lauts aufgerichtet, einer aus dem andern geschnitten mit A. B. C. D. verzaichnet vnd idem thaill einer zu gestalt worden. Geschehen vnd gegeben zu Schwerin den 21 Aprilis, Anno etc. . etc. . 72.

Auf Papier, nicht unterschrieben und besiegelt, jedoch am untern Ende durch die Buchstaben A. B. C. D. in Schlangenlinie ausgeschnitten.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 73 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

Nr. 6.

Quittung des Baumeisters Christoph Parr über die Auszahlung der letzten Gelder für die Erbauung des fürstlichen Stuhls im Dome zu Schwerin.


D. d. Schwerin 1573. Nov. 10.

Nach dem Originale im Großherzogl. Geh. u. Haupt=Archive zu Schwerin.

Ich Christoffer Pahrr Baumeister beken mit dieser Handschrifft, das ich von wegen meines gnedigen fursten vnd hern, hern Joan Albrecht hertzogen zu Meckelnburgk von dem Achtbarn vnd Erbarn Jochim Plessen, fürstlichen Meckelnburgischen kammer=Secretario den letzten Rest, so mir sein f. g. von dem fürstlichen Stuel in der thumkirch nachstendig, nemlich dreizehenthalbe thaler, zu voller genüge bekommen vnd entphangen habe. Sage hiermit gemelten hern kammer Secretarium der zalung quit vnd ledig. Zu Mehrer vrkund hab ich mein gewonlich pitschier wissentlich vnden vffgedruckt. Actum Swerin, den 10 Nouembris anno 73.

(L. S.)