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Anhang.


V.

Ueber

Reineke Voß

und

Nicolaus Baumann.


E in Gedicht, wie Reineke Voß, ist es wohl werth, daß man über seine Entstehung und seine Schicksale zur klaren Einsicht kommt, wie denn auch die ausgezeichnetsten Forscher es für ehrenvoll genug gehalten haben, sich damit ernstlichst zu beschäftigen. Aber trotz aller Liebe, welche diesem volksthümlichen Werke zugewandt ist , hat über Vaterland und Verfasser desselben noch nichts Bestimmtes ausgemittelt werden können. Seit Jahrhunderten gilt ein Nicolaus Baumann, welcher in Meklenburg lebte, für den Verfasser des niederdeutschen Reineke. Dennoch sind die Zeugnisse für die Person des Nicolaus Baumann so unbedeutend und sind im Laufe der Zeiten, selbst durch das Bemühen verschiedener Länder, den Verfasser des Gedichts für sich als Landsmann zu gewinnen, so dunkel und kraftlos geworden, daß sogar Wachler 1 ), die Resultate der Forschungen zusammenfassend, die Nachrichten über den besprochenen Mann schon für Traditionen annehmen mußte, wenn er sagt:

Georg Rollenhagen, der Dichter des Froschmäuseler, giebt Nicolaus Baumann aus der Wesergegend


1) Wachler's Vorlesungen über die Geschichte der deutschen National=Litteratur I, S. 145 flgd.
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(geb. 1450? st. im April 1526) bestimmt als Verfasser des teutschen Werkes an; er soll durch einen ränkevollen Canzler aus den Diensten des Herzogs von Jülich verdrängt sein, bei dem meklenburgischen Herzoge Magnus II. die Stelle eines Geheimschreibers bekleidet und seine letzten Tage in Rostock verlebt haben. Das Dasein dieses Mannes leidet wohl keinen Zweifel, obgleich die urkundlichen Belege dafür in unsichere Ueberlieferungszeugnisse übergegangen sind; aber die Zeitbestimmung seines Lebens enthält manche nicht unerhebliche Widersprüche, und nach vorsichtiger Abwägung aller Umstände haben Viele Baumanns Antheil nur auf Verfertigung der Glossen (1522) zum Reineke beschränken wollen".

Solche Aeußerungen enthalten die stärkste Aufforderung, die heimischen Quellen über eine deutsche Angelegenheit zu eröffnen; dazu trat die Dringlichkeit der Beantwortung der Frage nach dem Verfasser des Reineke Voß bei Gelegenheit der ältern Geschichte der Buchdruckerkunst in Meklenburg stärker als je hervor. Sind auch durch J. Grimm's meisterhafte Untersuchungen 1 ) alle bisherigen Meinungen nach Verdienst gewürdigt, so dürfte es doch möglich sein, daß durch Zusammenstellung aller meklenburgischen Urkunden über die Person des Nicolaus Baumann manche bisher gewonnene Resultate eine Aenderung erleiden könnten, wenn auch durch die gegenwärtige Auseinandersetzung die Streitfrage keinesweges ganz geschlichtet, jedoch durch dieselbe der Weg der Forschung vielleicht mehr geebnet werden wird.

Die nachstehende Untersuchung zerfällt nun in zwei Abschnitte:

A . über das Leben und die amtliche Thätigkeit des Nicolaus Baumann in Meklenburg und

B . über den Antheil des Nicolaus Baumann an der Herausgabe des niederdeutschen Reineke Voß.

Der erste Abschnitt wird sich strenge an Benutzung und Prüfung zuverlässiger archivalischer Ouellen halten, ohne auf jüngere Ueberlieferungen zu achten, wogegen der zweite mehr die Wahrheit der bekannten Ueberlieferungen untersuchen wird.


1) Reinhart Fuchs von Jacob Grimm. Berlin. 1834.
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A.
Ueber das Leben und die amtliche Thätigkeit des Nicolaus Baumann in Meklenburg.

Ueber die Dienstverhältnisse des Nicolaus Baumann in Meklenburg sind sehr wenige ausführliche Urkunden vorhanden; alle sollen weiter unten mitgetheilt werden. Dennoch läßt sich, wenn man den leichten Spuren eifrig nachforscht, seine ganze Wirksamkeit im Umrisse zur Ueberzeugung darstellen. Bei dieser Forschung ist der Hauptgrundsatz leitend, daß noch in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Personen gewöhnlich nur mit ihrem Vornamen genannt werden. Ist dieser Grundsatz, wie es wohl nicht zu bezweifeln steht, richtig, so geben die herzoglichen Kammer= und Renterei=Rechnungen 1 ) genügende Aufklärung.

Die einzige Bestallung für Nicolaus Baumann, welche noch existirt, ist vom J. 1513. Aber sowohl vor, als nach diesem Jahre wird er nur "Nicolaus der Schreiber" genannt; im J. 1516 wird er zuerst unter seinem vollen Namen und Titel: "Nicolaus Baumann der Schreiber" aufgeführt, obgleich er noch im J. 1525 kurz vor seinem Tode nur Nicolaus in Rechnungen und Briefen genannt wird. Auf ganz gleiche Weise geschieht seines vieljährigen Collegen, des Secretairs Michael Hildebrand, Erwähnung, indem diesem ebenfalls in der Regel nur schlechtweg der Name Michael beigelegt wird 2 ). Zur Bestärkung in der Forschung dient noch der Umstand, daß im ersten Viertheil des 16. Jahrhunderts kein anderer fürstlicher Secretair in Meklenburg den Vornamen Nicolaus trägt, als eben Nicolaus Baumann; daß die fürstlichen Secretaire in dieser Zeit den einfachen Titel eines Schreibers tragen, wird als bekannt vorausgesetzt.

Zuerst kommt Nicolaus Baumann in den Rechnungen des Rentmeisters Claus Trutmann am 9. Februar 1507 als ein neu angestellter fürstlicher Diener vor:

     1507.
"III gulden Niclaus dem nigen schriuer vp syn solt 3 a post Dorothee virg."


1) Es sind für den Zweck der heimischen Culturgeschichte sämmtliche vorhanden gewesenen und im Laufe der Untersuchung noch aufgefundenen Renterei=Rechnungen aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts Wort für Wort von mir durchgelesen.
2) Beide kommen in den Renterei=Rechnungen mit ihren Vornamen neben einander vor:
1516.
"I 1/2 gulden vßquitung Herzog Baltzers seiner gemahel schriuer niclawes vnde michel schriuer wißlich, mitwoch post Fab. et Seb."
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Ebenso wird er in einer Chatoullen=Rechnung des Herzogs Heinrich aufgeführt:

     1507.
"Niclaus dem Schriber zu Rostock gethan".
"XII gulden dem Spannoleschen Doctor für Nicolaus dem Schreyber zu helfenn".

Nach derselben Rechnung war er damals auch schon verheirathet:

     1507.
"VIII gulden niclaws Schreibers frawen ime auff sein solt zw gustrow am dage walpurgis".

In den Jahresberechnungcn der Besoldung der fürstlichen Hof= und Canzleidiener wird er aufgeführt mit einer Besoldung von:

     1507.
"XXX gulden Niclaus schreiber".

Diese Summe bezog er als fixes Gehalt bis an seinen Tod; sie wird ihm mit denselben Worten namentlich in den noch vorhandenen Besoldungsregistern der Jahre 1509 und 1511 berechnet.

In der Chatoullen=Rechnung des Herzogs Heinrich kommt er vor:

     1508.
"III gulden Niclas schriber vf syn solt".
"V mk. niclaws schreiber auff sein Szolt, corp. christi."
"IIII gulden niclaws schreiber Caspar von Schoneich vonn szeindt wegen obberanthwurt, am dage remigii."

Auch über besondere Beschäftigungen Baumanns geben die Renterei=Rechnungen Auskunft:

     1510.
"II gulden niclaws schriber van der Croniken zu schribenn 1 ), 2 a post Mich."
"I gulden niklaws schriber zw golde zw den Titteln zw schriben in myns g. h. h. H. Bete=Buch, 2 a post o. sanctorum".


1) Diese Chronik besteht wahrscheinlich aus den drei kleinen, plattdeutschen Reimchroniken über die rostocker Domhändel, über die sternberger Judenverbrennung und die Ditmarsen=Schlacht, welche dem großen Codex der meklenburgischen Chronik des Ernst von Kirchberg angehängt sind, und sind vielleicht diejenigen, welche Hermann Barckkusen im Jahre 1510 drucken wollte. Vgl. Geschichte der Buchdruckerei unter Hermann Barckhusen und Nicolaus Marschalk.
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     1511.
"III gulden Niclaws dem schriber vß Beuehel meins g. h., quinta post fab. et seb."

Bald tritt unser Nicolaus Baumann jedoch mit eigenhändigen handschriftlichen Urkunden in die Geschichte. Er war krank gewesen (vielleicht im J. 1507: vergl. oben) und die Herzoge Heinrich und Albrecht hatten ihm zur Pflege in der Krankheit und zu andern Bedürfnissen Geld vorgeschossen, dessen Abbezahlung ihm schwer werden mochte; auf der andern Seite scheint den Fürsten daran gelegen gewesen zu sein, einen Mann, der der verschiedenen deutschen Dialekte ganz mächtig war, für ihre Canzlei auf längere Zeit zu gewinnen, da der wichtige Canzler Caspar von Schöneich mit einer äußerst unleserlichen Hand nur hochdeutsch schrieb und die fürstlichen Erlasse für das Land nur niederdeutsch ausgefertigt werden durften: Nicolaus Baumann mochte für die fürstliche Canzlei ein schwer zu ersetzender Mann sein. Daher erließen ihm die Fürsten seine Schuld, wogegen er sich verpflichtete, ihnen auf Lebenszeit als Secretair in der Canzlei mit Schreiben und andern Canzlei=Geschäften zu dienen. Nicolaus Baumann stellte hierüber am 19. Decbr. 1513 einen eigenhändigen Revers 1 ) aus und die Herzoge erneuerten am 18. Decbr. 1513 ihre Bestallung 2 ) für ihn auf Lebenszeit; dies war eine Gunst, welche sehr selten war, indem in der damaligen Zeit die meisten Bestallungen nur auf einige Jahre gegeben wurden, wenn von der andern Seite sich auch nicht leugnen läßt, daß damals die fähigen Männer sich nur ungerne auf Lebenszeit verpflichteten, indem sie mit ihren Talenten mehr wuchern konnten. Es geht auch aus dieser Bestallung hervor, daß Nicolaus Baumann schon vor dem Jahre 1513 einige Zeit hindurch den Fürsten als Canzleischreiber gedient hatte. Er behielt seine frühern Einnahmen auch ferner, nämlich: 30 gulden jährlichen Gehalts oder ein Lehn, welches eben so viel Einkünfte gewähren würde, jährlich zwei Hofkleider, Essen und Trinken am Hofe und den gewöhnlichen Antheil an den Canzlei=Gefällen: die letztere Einnahme mochte wohl das meiste Geld einbringen. Mit diesen Einnahmen kommt er denn auch in den folgenden Jahren unter der frühern einfachen Benennung als Schreiber Nicolaus in den Renterei=Rechnungen vor, z. B.


1) Vgl. Beilage Nr. 1.
2) Vgl. Beilage Nr. 2.
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     1514.
"X gulden niclaws schriber vff sin solt, am Fritage nach Fab. et Seb."
"II gulden Nicolaus schriuer vp sin solt gegeuen, des dinxtedages nha omn. sanct."

     1515.
"XV gulden niclaws schriber vff szin szolt, Frid. na antonii".

Um diese Zeit ungefähr, wahrscheinlich seit dem J. 1510, sicher jedoch im J. 1512, hatte der fürstliche Rath Nicolaus Marschalk, der sich besonders für die Buchdruckerkunst interessirte, seinen Wohnsitz zu Rostock 1 ) genommen; er fand dort in dem rostocker Stadt=Secretair Hermann Barckhusen 2 ), und später in dem geschickten und braven Buchdrucker Ludwig Dietz 3 ) ähnliche Bestrebungen und bei denselben Buchdruckereien vor. Zu diesen gesellte sich nun Nicolaus Baumann, der ebenfalls nach Rostock versetzt ward. Wahrscheinlich thaten die Herzoge dies, weil durch die Anwendung der Buchdruckerei die Staatsgeschäfte eine veränderte Richtung erhielten und dem hochdeutschen Marschalk ein gewandter Gehülfe für den Staatsdienst beigeordnet werden mußte; auch mochte die Anwesenheit erfahrner Diener des Herzogs Heinrich im östlichen Meklenburg und in der Universitäts= und Seestadt Rostock in seinem gespannten Verhältnisse zu seinem Bruder, dem Herzoge Albrecht, und bei den Landestheilungen nöthig sein. Diese drei Männer bildeten in ihrem historischen und sprachlichen Streben eine Einheit, welche, ihrem Herrn, dem Herzoge Heinrich, "dem Friedemacher", nacheifernd, und mehr im Geiste Melanchthons handelnd, sich zwar nicht mit großem Lärm zu der Reformation bekannte, aber durch strengen, scharfen und unverhohlnen Tadel der alten verderbten Zustände, durch Verbreitung angemessener Schriften und durch Beförderung einer gelehrten und volksthümlichen Bildung dem Wesen der neuen Lehre in Meklenburg viel nützte. Die eigentlichen Vorfechter der Reformation in Rostock waren der Capellan Joachim Slüter, der erste protestantische Prädicant in Meklenburg, und etwas später, kurz vor 1530, der rostocker Stadt=Syndicus Dr. Oldendorp.

Wann Nicolaus Baumann nach Rostock gekommen sei, läßt sich nicht bestimmt angeben; wahrscheinlich wird es


1) Vgl. Buchdruckergeschichte bei Nicolaus Marschalk.
2) Vgl. daselbst bei Herm. Barckhusen.
3) Vgl. daselbst bei Ludwig Dietz.
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bald nach seiner letzten Bestallung vom J. 1513 geschehen sein: denn schon im J. 1514 ruft Nicolaus Marschalk in einem Berichte an den Herzog Heinrich ihn ("Niclaus s. g. schriber") über den Inhalt einiger zu Rostock gehaltenen Predigten zum Zeugen an. Sicher war er aber schon im J. 1515 in Rostock ansässig, da es in den Renterei=Rechnungen heißt:

     1515.
"X gulden niclaus schriber zw Hulffe eins hußes zw Rostock, am suntage post antonii."

Dies wird noch klarer durch eine andere Stelle, in der es heißt:

     1517.
"IIII gulden niclaws schriber; II gulden vor venster in syn Haus zw Rostock; II gulden hadde her vsgelecht, als de nie ordenunge gedruckt wardt: am fritage nach Jacobi."

Mit dieser neuen Ordnung ist die erste meklenburgische Polizei=Ordnung von 1516 gemeint, an deren Entwurf schon Nicolaus Marschalk Theil hatte und an deren Druck sowohl er, als Nicolaus Baumann fernern Antheil nahmen 1 ).

Seit dem J. 1515 kommt er in den Renterei=Rechnungen sehr häufig mit Anleihen und abschläglichen Zahlungen auf sein Gehalt vor, z. B.

     1515.
"XX gulden gelinth niclaws schriber am fritage post convers. pauli."

     1516.
"XV gulden niclaws schriber vff szin szolt, am mitwochen nach Fab. et Sebast."
"XX gulden gelinth niclaws schriber, Sullen em von sinem Szolde affgerechennth werden."
"I gulden niclawes screiber geben, des Dinstages na judica."
"X gulden nyclawes Buman dem screiber vf sin Solt gegeben, des mytwochens nach Jacobi." u. s. w.

(In der letztern Stelle kommt der volle Name Nicolaus Baumann in den Renterei=Rechnungen zuerst vor.) In den Landtheilungs=Acten vom J. 1520 heißt es:

"Diesen hirnach benanten in beyder fursten dienste ist nachgeschriebener Solt vnnd pfande vnd vf ire


1) Vgl. Buchdruckergeschichte bei L. Dietz.
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personen des Jars II kleydt, essen vnd trincken vorschrieben, dauon inen die winterkleidung itzunt vnd der halbe Solt vffen vmbschlagk negistkunftig gefellig ist: XXX fl. Nicolaus Baumanne Secretarien".

Auf diese Weise läßt sich Baumanns Existenz und sein Wirken die ganze Zeit seiner Anstellung hindurch verfolgen. Außerdem wird seiner noch hin und wieder in fürstlichen Geschäften, in Vorschreiben und bei andern Gelegenheiten erwähnt. So z. B. gedenkt im J. 1522 der Professor M. Conrad Pegel in einem Briefe an den Secretair Michael Hillebrand seiner als eines mit den fürstlichen Geschäften vertrauten Mannes und im J. 1524 der Professor D. Rhembert Giltzheim in einem Briefe an ebendenselben, d. d. Lüneburg, seiner grüßend:

"Segget auch dem Cantzeler vnd Nicolao vnde den gesellen alle vele gudes nach".

Noch im J. 1525 ersuchte ihn ein wismarscher Bürger um seine Fürsprache bei dem Herzoge und redet ihn an:

"günstiger here Nicolae",

unter der Aufschrift:

"Dem rikůorstendigen vnde woleruarn Mester Nicolao Buwman, Secretario etc. mynes g. hern hertzogen Henrik".

Bald ist es jedoch mit seinem Wirken zu Ende. Seine Geldnoth mehrte sich und seine Krankheit kehrte wieder. Noch im Anfange des Jahres 1526 wandte er sich mit den dringendsten Bitten an den Canzler C. v. Schöneich, seine Krankheit und bedrängliche Noth dem Herzoge vorzutragen und denselben zu bitten, ihm ein Geschenk von zwei guten Schweinen und einem Drömt Roggen aus dem Amte Schwan anzuweisen und sein rückständiges halbjähriges Gehalt auszahlen zu lassen 1 ). Vielleicht bedurfte er der Unterstützung nicht mehr: er starb gleich darauf und schon im Monat April des Jahres 1526 ließ ihm seine Gattin Elisabeth in der Jacobikirche zu Rostock, wo er begraben war, eine Grabschrift setzen. Und mit diesem Zeitpuncte verschwindet er auch aus den Acten. Kinder hinterließ er nicht, da sein Bruder Hans Baumann


1) Vgl. Beilage Nr. 3. Dieser Brief muß im Anfange des J. 1526 geschrieben sein, da der Canzler ihn in diesem Jahre empfing und Baumann vor dem April d. J. starb. Derselbe beweiset wiederum, daß Baumann in Rostock wohnte, da die Vogtei Schwan zunächst an die Stadt Rostock grenzt und der Maler Jürgen, an den das Geschenk eingesandt werden sollte, auch in Rostock wohnte.
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schon im J. 1526 von Eisenach nach Rostock kam, um als nächster Erbe, sich mit der Wittwe abzufinden. Es redet hierüber das rostocker Stadtbuch vom J. 1518 flgd. zum Jahre 1526 also:

     XXVI.
Hans Buwman wonhafftich to Ysenack, alse de negeste erue synes vorstoruen broders zeligen Nicolai Buwemans wandages to Rozstock wonhafftich, vor dussem boke erschinende, hefft openbar bekant, dat he van Elisabethen, dessulfften Nicolai Buwmans nagelatene wedewen, to syner gantzen genoge entfangen hebbe alle dat jhenne wes emme van dessulfften synes vorstoruen broder nhagelaten gudern - - geboren mach vnde hefft dar vpp de vorgenanten Elisabeten, ock des vorgenanten zeligen Nicolaus Buwemans testamentarien - - qwitert vnd vorlaten to eynem gantzen fullenkomen ende allet sunder argelist vnd geuerde.

So ergiebt sich denn ohne Zweifel, daß Nicolaus Baumann von 1507 bis 1526 Secretair der Herzoge Heinrich und Albrecht und nach den Landestheilungen besonders Secretair des Herzogs Heinrich war, daß er im J. 1507 in deren Dienste trat und im J. 1526 starb, daß er im J. 1514 zu Rostock seinen Wohnsitz nahm, daselbst starb und begraben ward, daß er während seines Aufenthalts in Rostock mit mehreren Männern in Verbindung stand, welche, bei sprachlicher Ausbildung, für Gelehrsamkeit, Volksbildung und Verbreitung der Buchdruckerei mit ganzer Kraft strebten. Dies ist aber auch Alles, was nach mehrjähriger sorgfältiger Forschung sich aus meklenburgischen Acten ermitteln läßt.

Alle andern Behauptungen: als sei er Doctor der Rechte, Rath des Herzogs Magnus von Meklenburg (1477 gest. 1503), Professor zu Rostock u. s. w. gewesen sind völlig grundlos und zerfallen in nichts; alle Archiv=Acten, Universitäts=Acten und Monumente widersprechen diesem vielmehr geradezu.

Es darf hier aber ein anderer Umstand nicht verschwiegen werden, der über das frühere Leben Baumanns Aufklärung zu geben scheint, bei genauerer Betrachtung jedoch die Forschung nur noch verwickelter macht. Es kommt nämlich in den Urkunden des Großherzogl. Archivs in der Zeit von 1491 bis 1506 ein zweiter Nicolaus Baumann vor, welcher

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Priester und Vikar an der St. Georgenkirche zu Wismar war. Er führt gewöhnlich den Titel:

"her Nicolaus Buwman prester und vicarius in S. Jurgens kerken bynnen der stad Wismar"

oder

"Nicolaus Buwman perpetuus vicarius ecclesie sancti Georgii Wismariensis".

Selbst die Zeitabschnitte treffen zusammen: der Priester Nicolaus Baumann zu Wismar erscheint zuletzt im J. 1506 und der Secretair Nicolaus Baumann zuerst im J. 1507. Dennoch ist es nicht einmal wahrscheinlich, daß beide Namen auf eine und dieselbe Person gehen, da eine geistliche Würde des Secretairs N. Baumann nie durchblickt, ihm auch nicht ein einziges Mal der gewöhnliche priesterliche Ehrentitel "her" beigelegt wird, selbst nicht in der rein katholischen Zeit. Ueberdies war der Name Baumann in Wismar seit alter Zeit einheimisch 1 ) - Ein ähnliches Verhältniß findet merkwürdiger Weise auch bei Baumann's Collegen, dem Secretair Michael Hildebrand statt. Im J. 1509 kommt noch ein "her Michel Hildebrand" vor, welcher "des Herzogs Albrecht Kapellan" war und für denselben in Geld= und Staatsgeschäften Reisen machte; in demselben Jahre 1509 kommt dagegen schon vor: "Michel meins g. h. H. A. schriber".

Der Kapellan "Er Michael Hildeprant" hielt sich seit 1509, sicher von 1509-1513, in Geschäften der meklenburgischen Herzoge zu Rom auf. Hier war er im J. 1511 verschollen, so daß verschiedene Bitten um Verleihung der Pfarre zu Sternberg, welche er ("ytzund zum Sternberg kirchherr") besaß, eingingen; ward auch im J. 1511 die Pfarre dem schweriner Domherrn und Cantor Peter Sadelkow unter der Bedingung verliehen, daß er zur Resignation jeden Augenblick bereit sei, so kommt doch in fürstlichen Schreiben der Kapellan M. Hildebrand noch im J. 1513 als Kirchherr von Sternberg vor. Wahrscheinlich führen den Namen Michael Hildebrand eben so zwei Personen, wie den Namen Nicolaus Baumann.

Der Name Baumann übrigens war und ist noch in Meklenburg nicht selten. Im J. 1530 war ein Hans Baumann zu Schwerin auf der Schelfe ansässig; auch in Rostock kommt der Name Baumann in älterer Zeit vor.


1) Daher führt auch Morhof wohl an, es glaubten einige, Nicolaus Baumann sei aus Wismar gebürtig gewesen; vgl. Morhof's Unterricht von der deutschen Sprache und Poeterei, S. 334.
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B.
Ueber den Antheil des Nicolaus Baumann an der Herausgabe des niederdeutschen Reineke Voß.

Nach Rollenhagen, welcher nur die dritte Ausgabe des Reineke Voß kannte, war man bisher gewohnt, den Nicolaus Baumann für den Verfasser des Gedichts zu halten. Seit der Entdeckung der ersten lübecker Ausgabe des Gedichts vom J. 1498 auf der wolfenbütteler Bibliothek 1 ) nahm man einen Heinrich von Alkmar für den Verfasser an. Alle Meinungen und Vermuthungen über den Verfasser sind in dem classischen Werke J. Grimm's 2 ) über den Reineke Voß und die Thierfabel überhaupt so gründlich und erschöpfend dargelegt, daß es eine Thorheit sein würde, die Untersuchung noch ein Mal zu beginnen; es genügt hier, die Resultate der grimmschen Forschungen mitzutheilen. Das Gedicht ist ein uraltes Product der Thierfabel. Schon im 12. Jahrhundert sind einzelne Theile der Fabel dichterisch in lateintischer und darauf in hochdeutscher Sprache bearbeitet. Das eigentliche Vaterland des charakteristisch ausgeprägten Gedichts Reinhart der Fuchs ist aber Flandern und der Dichter des Reinaert ist Willam die Matoc 3 ); das Original des Gedichts, welches bald auch in andern Sprachen und Dialekten bearbeitet ward, ist also ein flandrisches. Grimm hat auch den ersten Theil des Originals in seinem genannten Werke herausgegeben; seitdem ist aber auch der zweite Theil (bis Vers 7816) des alten Gedichts, dessen Handschrift unter den Riegeln eines englischen Bibliomanen lag und nach dessen Tode von der belgischen Regierung für 4000 Franken erstanden ward, durch Willems herausgegeben 4 ), so daß jetzt das Original des ganzen Gedichts der Welt vorgelegt ist. J. Grimm rückt die Zeit der Abfassung des flandrischen Originalgedichts bis höchstens in die Mitte des 13. Jahrhunderts hinauf; Willems setzt die Abfassung in's 12. Jahrhundert. Ueber die Heimath, den Verfasser und die Originalsprache des Gedichts kann also kein


1) "Professor Hackmann zu Helmstädt machte diese erste Ausgabe zuerst 1709 in einer akademischen Einladungsschrift bekannt." Vgl. Flögel's Gesch. der kom. Litt. II, S. 46.
2) Reinhart Fuchs von Jacob Grimm. Berlin 1834.
3) Vgl. J. Grimm a. a. O. S. CL flgd.
4) Reinaert de Vos, episch fabeldicht van de twaelfde en derteinde euw, - - van J. F. Willems. Gent, Gyselink, 1836 (schon 1837 vergriffen). Vgl. Gött. Gel. Anz. 1837, St. 88, S. 869 flgd.
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Zweifel mehr walten; der niederdeutsche Reineke Voß ist eine Uebertragung oder Bearbeitung des niederländischen Reinaert von Willam die Matoc, welche jedoch immer werthvoll genug ist und als Volksgedicht ein sehr großes Ansehen erlangt hat. Man darf also nicht nach dem Erfinder und Dichter, sondern nur nach dem Verfasser und Herausgeber der dichterischen Bearbeitung des niederdeutschen Gedichts fragen. Für diesen ist einige Jahrhunderte hindurch Nicolaus Baumann gehalten.

Es ist nöthig, auch den Quellen dieser Ueberlieferung nachzuspüren; diese enthalten zugleich alle bisher bekannt gewesenen Lebensumstände N. Baumanns.

Die erste und sicherste Quelle dieser Ueberlieferung ist wohl die rostocksche Chronik des Peter Lindeberg. Dieser Mann war ein geborner Rostocker (geb. 1562), war auf der Schule zu Schwerin und auf der Universität Rostock unter den ausgezeichnetsten Lehrern gebildet, durch die ausgedehntesten Reisen gereift und durch glückliche Anlagen ausgezeichnet, so daß er als Rechtsgelehrter, Geschichtschreiber und Dichter gleich glänzte, wenn er auch in den letzten Jahren seines Lebens dem Handelshause seines Vaters vorstehen mußte 1 ). Er starb im J. 1596. In seinem in lateinischer Sprache um 1590 abgefaßten, erst nach seinem Tode herausgekommenen Chronicon Rostochiense p. 173 sagt er:

"Hunc (Nicolaum Marscalcum) sequitur Nicolaus Baumann, qui, cum aliquandiu in aula Juliacensi consiliarius vixisset et tandem apud principem traductus esset, ita ut cum vitae periculo ad Magnum Megapolitanum, cuius secretarius postea factus, se recipere cogeretur, ex sua ipsius experientia astutiam vulpeculae germanicis rhythmis argute et artificiose descripsit et Rostochii, ubi consumpto vitae stadio in aede Jacobea sepultus est, typis edi curavit".

Diese Aeußerung ist die besonnenste von allen, welche über diese Angelegenheit gemacht sind; Lindeberg sagt nichts weiter, als daß N. Baumann früher Rath am jülichschen Hofe gewesen, dort angeschwärzt, zum Herzoge Magnus von Meklenburg gegangen und dessen Secretair geworden sei, den Reineke Voß gedichtet und zu Rostock herausgegeben habe. Ist auch


1) Vgl. Krey's Andenken an die rostockschen Gelehrten, St. I, S. 30.
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nach den neuesten Forschungen nicht alles ganz richtig, so ist das, was gesagt ist, möglichst bescheiden und vorsichtig ausgedrückt. So viel ist gewiß, daß Lindeberg noch gute Nachrichten haben, namentlich noch gewiß viele Leute befragen konnte, welche den Buchdrucker Ludwig Dietz gekannt hatten.

Diese Ansicht, daß Nicolaus Baumann der Verfasser des Reineke Voß sei, muß in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. in Rostock herrschend gewesen sein 1 ); denn in einer Ausgabe des Gedichts vom J. 1549 auf der Schul=Bibliothek zu Schwerin steht von der Hand des rostocker Berend Frese vom J. 1597 geschrieben:

"Auctor huius libri creditur Nicolaus Baumann, secretarius in aula Megapolitana Suerinensi, tumulatur Rostochii in templo St. Jacobi".

Bekannter ist die Nachricht, welche Rollenhagen († 1609) in der Vorrede zum Froschmäuseler (Magdeburg 1595) giebt; hier sagt er: Es hat auch zu vnser Zeit vnser deutscher Prophet Doctor Martin Luther selbst etliche Fabulen verdeutschet vnd erkläret, als im fünfften Jenischen Tomo zu befinden. Ja das ganze Politische Hoff Regiment vnd das Römische Pabstthumb ist vnter dem Nahmen Reinicken Fuchses vberauß weißlich vnd künstlich beschrieben. Dasselbige Buch aber hat ein gelehrter, scharffsinniger Weltweiser Sachse gemacht mit Nahmen Nicolaus Bauman, beym Vrsprung deß Wäserstroms bürtig. Dieser als er bey dem Hertzogen zu Jülich ein Zeitlang in der Cantzeley für einen Raht vnd Secretarien gedienet, durch die Fuchsschwäntzer bößlich hintergangen vnd in Vngnaden gebracht ward, daß er sich mit grosser Gefahr von dannen an den Meckelburgischen Hoff begeben muste, da er dann auch wider Hertzog Magnussen Secretarius vnd lieber Mann worden. Hat er auß sein selbst erfahrung den Reinicken Fuchs, als wenn der im Hertzogthumb Jülich also ergangen were, weißlich beschrieben vnd dem Buchdrucker zu Rostock, Ludowigen Ditzen, welcher ein Oberländer von Speier vnd ein guter Reimer war, verehret. Derselbig hat die Glossen auß andern Reimbüchern dazu gesetzt vnnd ihm damit im Jahr 1522, als wenns zuvor ein altes Welsch vnnd Frantzösisch gemacht worden, in Druck gegeben".


1) So vermuthet auch Grimm, S. CLXXIIV.
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"Der Bawman aber ist hernach zu Rostock in S. Jacobs Kirchen ehrlich begraben, mit diesem Epitaphio 1 ), daß ich ihm zu Ehren vnd dem Reinicken Fuchs zu Lob an diesem Ort nicht verschweigen wollen."

Nicolao Baumanno
Ducali Megapolensium Principum Secretario,
Elisabetha Vxor
pietatis ac coniugalis amoris monumentum posuit
Mense Aprili 1526.
Dormio sub lapide hoc Nicolaus Bauman honore
Vulgari externo contumulatus humo.
Nec mala, nec vitae repeto bona, splendidior sed
Quam nostra est nulla littera ducta manu 2 ).
Laetus laeta legas, qui transis forte viator.
Ex Christi iustus nomine non moritur.

Auff Deutsch:

Nicolaus Baumannen, deß Hertzog= vnd Fürstenthumbs Mekelburgk Secretarien hat Elisabetha seine Haußfrawe auß hertzlicher ehelicher Liebe vnd Trewe diß Gedächtniß gesetzt im Monat Aprill

          Im Jahr MDXXVI.
Ich Nicolaus Bauman halt mein Rast
     Hie vnter dieses Steines Last,
Als man mich hat zu Grabe bracht
     In frembden Land mit schlechter Pracht.
Vnd mag von gut vnd böß nichts sagen,
     So mir zustandt in meinen tagen,
Ohn' daß ich zu der Zeit im Landt
     Hatt die zierlichste Schreiber Handt 2 ).
Du Wandersmann ließ deine Zeit
     In Frewden, was dein Hertz erfrewt.
Ich weiß das der im Todt nicht ist,
     Der gerecht war durch Jesum Christ".


1) Rollenhagen hat sich durch Mittheilung dieser Grabschrift Dank erworben. Mantzel hatte sie noch im ersten Viertheil deß 18. Jahrh. gesehen, als die Jacobi=Kirche reparirt ward; bei dieser Reparirung ist sie aber bei Seite geworfen und verschwunden. Der Herausgeber des rostocker Etwas konnte sie im J. 1744 nicht mehr auffinden. Vgl. Mantzel's Bützowsche Ruhestunden XX, S. 35, Krey's Andenken etc. III, S. 54, und Etwas 1744, S. 119.
2) Dies bezieht sich auf die Handschrift Nic. Baumann's, welche so gut ist, als sie im ersten Viertheil des 16. Jahrhunderts nur sein kann; allerdings ist sie nicht absolut schön zu nennen, jedoch kommen selten bessere Handschriften zu seiner Zeit vor.
2) Dies bezieht sich auf die Handschrift Nic. Baumann's, welche so gut ist, als sie im ersten Viertheil des 16. Jahrhunderts nur sein kann; allerdings ist sie nicht absolut schön zu nennen, jedoch kommen selten bessere Handschriften zu seiner Zeit vor.
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In manchen Wendungen und Behauptungen stimmt diese Nachricht Rollenhagens ganz mit der Aussage Lindebergs überein; jedoch ist jene schon mehr aufgeputzt und in die Breite gedehnt, als diese. Höchst wahrscheinlich hatte Rollenhagen einen Theil seiner Nachrichten aus Rostock, vielleicht von dem viel gereisten Lindeberg.

Hiemit sind aber auch alle alten Quellen über die Autorschaft des N. Baumann erschöpft; was sonst Dreyer 1 ), das rostocker Etwas 2 ), Rudloff 3 ), Krey 4 ) u. A. sagen, fließt nur aus jenen Quellen.

In neuern Zeiten sind nun noch Nachrichten verbreitet, welche, mit großer Zuversicht vorgetragen, auf einen Augenblick eine schädliche Sicherheit gewähren könnten. Dies sind die Behauptungen, welche Büsching in den Wöchentlichen Anzeigen, 1774, St. 4, S. 29 flgd. und Tiaden in seinem Gelehrten Ostfriesland, 1785, I, S. 19 flgd. geben und v. Wangerow in Spiel=Spangenbergs Neuem vaterländ. Archiv, 1824, I, S. 79, noch einmal wieder zum Besten gegeben hat. Hiernach war

"Nicolaus Baumann im J. 1450 zu Emden in Ostfriesland aus einer altadelichen ostfriesischen Familie geboren, ward Doctor der Rechte und erster Secretair am Hofe des Herzogs zu Jülich, dem er zugleich mit den Landes=Ständen die Untreue seines Canzlers entdeckte. Wider diesen ward zwar eine Untersuchung angestellt; - - er blieb aber in seinem Amte. Baumann ward dadurch bewogen, seinen Abschied zu nehmen und sich in des Herzogsvon Meklenburg Dienste als Rath zu begeben. Er galt viel bei demselben und brachte unter andern eine bessere Einrichtung der Universität zu Rostock zu Stande, wirkte sich auch die herzogliche Erlaubniß aus, künftig, wenn er des Hoflebens überdrüssig sein würde, als erster Lehrer der Rechte nach Rostock gehen zu dürfen, welches er auch in den letzten sechs Jahren seines Lebens gewesen ist. - - Als meklenburgischer Rath kleidete er die jülichsche Hofgeschichte seiner Zeit in eine Fabel ein, welche - - er Reineke de Vos nannte. - - Am Rande setzte


1) Dreyer's Nebenstunden, S. 7.
2) Etwas von gel. Nachr., 1744, S. 119.
3) Rudloff's Meckl. Gesch. III, 1, S. 286.
4) Krey's Andenken an die rostockschen Gelehrten, III, S. 52 flgd.
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er politische Anmerkungen und Auszüge aus deutschen Dichtern, und hielt, als er Professor zu Rostock war, ein politisches Collegium über dieses Buch, von welchem seine Nachkommen die Handschrift gehabt, auch vielleicht noch haben".

Diese Angaben sollen angeblich aus baumannschen Familien=Nachrichten 1 ) stammen. Nach dem bisher Vorgetragenen wird jeder auf den ersten Blick von selbst sehen, daß alles, was hier von N. Baumanns Verhältnissen in Meklenburg gesagt ist, durchaus unwahr, oder mindestens im höchsten Grade entstellt sei; der Kern dieser Nachrichten ist nichts weiter, als das was Lindeberg und Rollenhagen sagen. Wir können also bis dahin, daß diplomatische Beweise 2 ) beigebracht werden, alle diese Angaben getrost auf sich beruhen lassen. Ist auch das Streben, den Verfasser eines berühmten Gedichts als Landsmann zu gewinnen, nicht zu tadeln, so darf es doch nicht zur Verblendung hinreißen 3 ).

Alle Zeugnisse dafür, daß Nicolaus Baumann Verfasser des niederdeutschen Reinhart sei, beschränken sich also auf die Nachrichten von Lindeberg und Rollenhagen. Aber schon Rollenhagen kannte nur eine jetzt nicht mehr bekannte rostocker Ausgabe des Reineke Voß vom J. 1522 4 ); vor dieser existiren jedoch noch sicher eine rostocker von 1517 und eine lübecker von 1498. In dieser ersten, lübecker Ausgabe von 1498 steht nun,


1) Diese sollen durch den Kriegsrath Nicolaus Heinrich von Baumann zu Goch im Cleveschen dem Pastor Sybel zu Cleve mündlich und von diesem wieder an Büsching brieflich mitgetheilt sein. Vgl. Flögel's Gesch. der komischen Litteratur, III. S. 59. - Dies ist aber auch Alles, worauf sich die Angabe stützt! Daß sich noch Leute mit dem Namen Baumann in Ostfriesland befinden, beweiset gar nichts; es hat deren in Meklenburg bis auf den heutigen Tag gegeben, ja sogar ein zweiter Nicolaus Baumann zu der in Frage stehenden Zeit. Auch der Verfasser der Relation in der Neuen Allgem. deutschen Bibliothek, 1803, Bd. 80, S. 172, verwirft die ostfriesischen Fabeln ganz.
2) Eine sichere Führerin in diesen Irrgängen kann die Heraldik sein. Zur Unterstützung künftiger Forschungen ist daher des Nicolaus Baumann Siegel Tab. V, in getreuer Zeichnung mitgetheilt.
3) Dahin gehört z. B., daß schon die erste Zeile des Gedichts:
"Id geschach up eynem pynkste dach"
beweisen soll, der Verfasser müsse ein Ostfriese gewesen sein, weil die Ostfriesen am dritten Pfingsttage Volksversammlungen gehalten hätten. Nun weiß aber jeder, daß allen germanischen Volksstämmen Pfingsten das größte Fest (hochzit) war. Auch in Meklenburg finden sich jetzt noch Spuren davon, z. B. kleine Haine mit dem Namen Pfingstlauben.
4) Grimm S. CLXXIII bemerkt, daß sich die Exemplare wohl schon im 16. Jahrhundert vergriffen hätten. Beweis sind die vielen Auflagen, welche das Buch im 16. Jahrhundert erlebte, und das Beispiel, daß Oldendorps Buch von Rathschlägen, vom J. 1530, im J. 1597 wieder aufgelegt ward, weil keine Exemplare mehr zu haben waren; vgl. Buchdruckergeschichte unter Ludw. Dietz beim J. 1530.
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daß ein Heinrich von Alkmar Verfasser des Gedichts sei, Bl. 2b:

"Ick Hinreck van alckmer, scholemester vn tuchtlerer des eddelen dogentliken vorste vn heren. Hertogen van lotryngen. vmme bede wyllen mynes gnedighen heren. hebbe dyt yeghenwerdyge boek vth walscher vn franszösescher sprake ghesocht vn vmme ghesath in dudesche sprake".

Dieser Heinrich von Alkmar ist nun eine sonst völlig unbekannte Person; es haben daher fast alle Kritiker, auch J. Grimm, irgend ein Mittel angewandt, dieselbe aus dem Wege zu schieben: ja Grimm hat einer solchen Person, so weit sie sich aus Namen und Titel erkennen läßt, die Autorschaft ganz abgesprochen. Die älteste, lübecker Ausgabe ist mit der ersten bekannten rostocker übereinstimmend; beide haben auch noch die alte katholische Glosse, während die bekanntern, jüngern Ausgaben von L. Dietz eine mehr freisinnige und protestantische Glosse haben. Man möchte daher wohl annehmen können, daß der Herausgeber der beiden ersten Ausgaben dieselbe Person gewesen sei, wenn man nicht glauben will, daß schon nach 20 Jahren das Eigenthumsrecht einer litterairischen Arbeit von einem Andern usurpirt worden sei.

Es steht aber überhaupt noch zur Frage, ob Nicolaus Baumann überhaupt auch der Verfasser des niederdeutschen Reineke Voß sein könne. Seit der Entdeckung der lübecker Ausgabe haben mehrere Forscher, wie Eckard, Gottsched u. A. ihn nur für den Verfasser der mehr protestantischen Glosse der jüngern rostocker Ausgaben von Ludwig Dietz halten wollen 1 );Dreyer 1 ) faßt diese Ansichten zusammen, wenn er ausspricht:

"man habe die Gerechtigkeit erfüllt, wenn man dem Nic. Baumann das Verdienst zubillige, daß er dem rostockschen Buchdrucker Ludwig Dietz die Schrift, mit seinen magern Anmerkungen bereichert, in die Hände gegeben und durch denselben die so selten gewordene Ausgabe im Jahre 1522 zu Rostock veranstaltet habe".

Diese unbedachtsame, wegwerfende Aeußerung gründet sich auf gar nichts, da bisher von N. Baumanns Lebensumständen


1) Vgl. Dreyer's Nebenstunden, S. 7 flgd.; vgl. auch Flögel's Gesch. der kom. Litt. III, S. 34 flgd.
1) Vgl. Dreyer's Nebenstunden, S. 7 flgd.; vgl. auch Flögel's Gesch. der kom. Litt. III, S. 34 flgd.
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und Verhältnissen nichts weiter bekannt war, als was Lindeberg und Rollenhagen sagen: und dies läßt weder auf Tüchtigkeit, noch auf Untüchtigkeit zur Herausgabe schließen. Ueberdies scheint man früher den Unterschied zwischen der alten und neuen Glosse gar nicht bemerkt zu haben.

Die Frage, ob Nic. Baumann der Verfasser des Reineke Voß sein könne, scheidet sich in zwei Hauptfragen: ob er es der Zeit, ob er es seinen Fähigkeiten und Verhältnissen nach sein könne? Nach den im ersten Abschnitte mitgetheilten Lebensumständen N. Baumanns dürfte sich beides bejahen lassen.

Nicolaus Baumann war in dem Zeitraume von 1507 bis 1526 als Secretair des Herzogs Heinrich von Meklenburg angestellt und scheint einige Zeit vorher in Meklenburg gelebt zu haben; auch wird er nicht als ganz junger Mann angestellt worden sein, um so mehr, da er schon 20 Jahre nach seinem amtlichen Auftreten starb und schon im J. 1507 verheirathet war. Sicher seit dem Jahre 1515 hatte er seinen Wohnsitz zu Rostock genommen. Die erste, lübecker Ausgabe 1 ) erschien also kaum 10 Jahre vor seinem beurkundeten amtlichen Auftreten in Meklenburg und die erste rostocker Ausgabe (ohne Angabe des Druckers) während seines Aufenthalts zu Rostock, als schon der Buchdrucker Ludwig Dietz daselbst wirkte, der die folgenden rostocker Ausgaben unter seinem eignen Namen besorgte, also sicher ein ursprüngliches oder doch wohlerworbenes Recht an dem Buche hatte. Es ist also der Zeit nach sehr wahrscheinlich, daß N. Baumann der Verfasser des Gedichts sei und daß er die erste Ausgabe desselben in Lübeck, die folgenden in Rostock habe drucken lassen.

Auch besaß N. Baumann wohl die Fähigkeiten zu einer solchen Arbeit. Er beschäftigte sich nach den mitgetheilten Umständen auch mit Chronikenschreiben und mußte in der Uebertragung aus der hochdeutschen Sprache in die niederdeutsche Sprache sehr gewandt sein, da dies bei der hochdeutschen Bildung seiner Vorgesetzten, deren Entwürfe er auszufertigen hatte, sein Hauptgeschäft war; auch nahm er Theil an schriftstellerischen Arbeiten, wie er z. B. bei der Herausgabe der ersten meklenburgischen Polizei=Ordnung im J. 1516 beschäftigt war. War er gar auch Verfasser der neuern Glosse (was sich beim Untergange der Ausgabe von 1522 noch nicht behaupten läßt), so läßt sich auch eine große Vertrautheit mit den ältern Dich=


1) Die erste Ausgabe konnte zu Rostock nicht erscheinen, da die damals allein hier vorhandene Druckerei der Michaelis=Brüder keine deutsche Cursivschrift besaß.
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tungen ähnlicher Art nicht leugnen. Es ist daher N. Baumanns Befähigung zu einer Uebertragung der niederländischen Dichtung in die niederdeutsche Sprache nicht in Abrede zu stellen.

Vor allen Dingen sind es aber seine Umgebungen zu Rostock, welche es wahrscheinlich machen, daß er der Verfasser des Reineke Voß sei. Er lebte hier mit Nicolaus Marschalk, seinem nächsten Vorgesetzten, zusammen, dessen ganzes schriftstellerisches Wirken sehr zu der Eigenthümlichkeit des Verfassers des Reineke Voß stimmt, namentlich dessen bitterer Tadel des Adels zu der neuen Glosse; er lebte hier mit Hermann Barckhusen zusammen, dessen Individualität und schriftstellerisches Wirken so sehr für einen Verfasser des Reineke Voß paßt, daß man ihn selbst für den Verfasser zu halten versucht wird: ja nach seinem oben mitgetheilten Briefe vom J. 1510 war er ein Verbreiter des Gedichts und druckte mit denselben Lettern, mit denen die erste Ausgabe gedruckte war 1 ); endlich lebte N. Baumann in Rostock mit Ludwig Dietz zusammen, der durch die häufigen Ausgaben des Gedichts sicher mit dem Verfasser desselben in Berührung stand, wie er auch für ähnliche Unternehmungen, um so mehr da der Reineke Voß durch die neue Glosse eine religiöspolitische Tendenz erhielt, viel Sinn hatte, indem er den Fortschritt der Reformation mit allen Kräften zu befördern strebte. Leider ist auch der Bearbeiter des höchst gelungenen niederdeutschen "Nyen Schips "von Narragonien", welches im J. 1519 zu Rostock bei Ludwig Dietz erschien, unbekannt geblieben; jedenfalls möchte Nicolaus Baumann oder Herrmann Barckhusen der Verfasser dieses Werkes sein.

Es steht der Autorschaft des Nicolaus Baumann, da er nach der Ueberlieferung doch einmal der Autor sein soll, nichts weiter im Wege, als - der Heinrich von Alkmar. Ist die überlieferte Sage von einer frühern Anstellung N. Baumanns in jülichschen Diensten und von einer Verdrängung aus denselben wahr, so hat die oft ausgesprochene Ansicht, als sei der Name Heinrich von Alkmar nur ein fingirter, viel für sich. Vor allen Dingen möchte diese Ansicht der Umstand unterstützen, daß N. Baumanns Zeitgenosse und Landsmann Hermann Barckhusen ebenfalls diesen seinen Namen als einen neuen annahm, indem er sonst Petri von Wertborch hieß 2 ), ja vielleicht sich als Verleger einmal Hermann von Emden genannt hat 2 ).


1) Vgl. oben S. 73 flgd.
2) Vgl. oben S. 71.
2) Vgl. oben S. 71.
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Auch das Vaterland des Nicolaus Baumann scheint für ihn als Bearbeiter des Gedichts zu reden. Nach J. Grimms gründlichen Forschungen war der Dichter des niederdeutschen Reineke Voß ohne Zweifel ein Mann, der mit einem Theile Westphalens eben so vertraut war, wie mit dem nordöstlichen Theile Niedersachsens, der früher in den untern Wesergegenden, später in den Ostseeländern gelebt zu haben scheint. Hiefür spricht denn auch die Ueberlieferung, daß er früher vom Weserstrom, nach Andern bestimmter aus Emden, gebürtig gewesen sein und in jülichschen Diensten gestanden haben soll. Unterstützt wird diese Forschung Grimms und diese Ueberlieferung wiederum dadurch, daß sein Zeitgenosse Hermann Barckhusen ebenfalls aus der paderborner Diöcese stammte und in seiner Sprache mit der Sprache des Reineke Voß übereinstimmt 1 ).


Mehr als das hier Mitgetheilte möchte sich fürs erste nicht sagen lassen; hellere Aufklärungen lassen sich nur aus Quellenforschungen im nördlichen Westphalen oder in Ostfriesland erwarten, namentlich aus heraldischen Forschungen, nachdem eine Beschreibung des Siegels N. Baumanns zu seinem Dienst=Reverse vom J. 1513 und eine Abbildung desselben mitgetheilt ist.

Bis dahin aber wird es mehr als wahrscheinlich bleiben, daß der meklenburgische Secretair Nicolaus Baumann wirklich der Verfasser des niederdeutschen Reineke Voß sei.

C.

Beilagen.

Nr. 1.

Dienstrevers des herzoglich meklenburgischen Secretairs Nicolaus Baumann.

D. d. Schwerin 1513. Dec. 19.

Nach dem Originale im Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.

Ich Niclas bauman Beckenne offentlich mit diesem brieue vnnd meiner eigenn hanntschrifft, Als mir die durch=


1) Daß er nicht ein Meklenburger von Geburt war, beweiset auch seine Grabschrift, welche sagt, daß er in fremdem Lande (externo humo) begraben sei. Die Erwähnung dieses Umstandes dürfte allerdings, eben der Erwähnung halber, auf eine Verbannung schließen lassen.
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leuchtigenn Hochgebornnen furstenn vnnd hernn, herre Heinrich vnnd herre Albrecht, gebruder, Hertzogenn zu Meckelnnburg, Fursten tzu Wennden, Grauen zu Swerin, Rostockh vnnd Stargardt der Lannde hern, meine genedigen hern, in meiner krannckheit vnnd anligenn etzliche Suma geldes furgesatzt vnnd gelihen, Vnd mir die volgennd Lauts irer bestellunge genediglich nachgegebenn vnnd die tzeit meines lebens iren furstlichenn genaden fur einenn Secretarien inn irer Canntzelei zu dienenn genediglich angenomen, vnnd dreyssigk guldenn tzu besoldunge vnnd zwey hoffcleydunge zuuerreichenn sampt annderem genedigklich vorschribenn habenn, Das ich Irenn furstlichenn genadenn dar kegenn vorheißhenn vnnd tzugesagt habe, Vorheißhe vnd zusage irenn furstlichenn genadenn hirmit in crafft dis briffs vnnd meiner hantschrifft, die tzeit meins lebens inn irer furstlichenn genaden kanntzeley mit schreybenn vnnd anderm fur einen Secretarien getrewlich vnnd vleyssig zu dienenn vnnd mich getreulich vnnd gutwillichlich dar zu gebrauchenn lassenn, Vnnd solchs ane alle gefer vnnd außzuge stete veste zu haltenn. Des tzu vrkundt vnndt bekentnus hab ich diesenn briff mit eygener handt geschriebenn vnnd mit meinem vffgetrucktenn pitzschir vorfertigt zu Swerin, Montag nach Lucie Virginis, nach Cristi vnnsers liebenn hernn Geburt funffzenhundert vnnd im dreytzenndenn Jare.

Auf einem ganzen Bogen Papier in Querfolio. Untergedruckt ist das Siegel des Nicolaus Baumann, abgebildet Tab. V:

ein l ae ngs getheilter Schild, in dessen rechter H ae lfte drei schlangenf oe rmige B ae nder ue ber einander, in dessen linker H ae lfte drei vierbl ae ttrige Blumen(kelche) stehen.

Das kleine Siegel ist achteckig; der rechts gelehnte Wappenschild ist in den Umrissen stark abgerundet und ausgeschweift. Ueber dem Schilde stehen die Buchstaben: N. B.

Auf der R ue ckseite steht von des Canzlers Caspar von Schöneich Hand die Registratur:

Niclas bawmans Reuersal, daryn er sich vorpflicht, den fursten von meckelnburg seyn leben lang für eyn Secretarien zu dienen.


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Nr. 2.

Der Herzoge Heinrich und Albrecht von Meklenburg Bestallung für den Secretair Nicolaus Baumann.

D. d. Schwerin 1513. Dec. 18.

Nach dem Original=Concept im Großherzogl. Geh. u. Hanpt=Archive zu Schwerin.

Wir Heinrich vnd Albrecht gebruder vonn gots genaden Hertzogen zu Meckelnburg, Furstenn zu Wenden etc. Bekennen offentlich mit diesem briffe, Als vns vnnserer Secretarius vnnd lieber getrewer Niclaus Baumann vorheischenn vnnd gelobt, vns die tzeit seins lebens in vnserer kantzeley für einen Secretarienn vleyssig zu dienen vnnd sich dartzu zu gebrauchenn lassenn, auch sich des mit seiner eygenn handt kegenn vns vorschribenn, Das Wir ime dar kegenn zu belonunge desselben vorheischenn vnnd vorschrybenn habenn, vorheischenn vnnd vorschrybenn ime dietzeit seins lebens hirmit in crafft des briffs alle Jar jherlichenn Dreyssig guldenn des Jars vff zwenn Termyn als vff vnnsern vmbschlach vnnd vff Jacobi, vff idernn funftzenn guldenn, itzt vff negstuolgenden vnnsernn vmbschlach antzufahnn, genedigklich zu entrichtenn, vnnd ime des Jars zwey gewenlich hoffcleydunge zu uerreichen, auch das er gleich andernn vnsern Secretarien von denn kantzeleyschenn gefellenn sein gewenlichen anteyll vnnd dartzu wye dieselben mit essenn vnd trinckenn an vnnserm hoff vorsehenn werden solle. So wir ehne auch mit eynem angefell, dauonn er jherlich dreyssig gulden wol mochte habenn, wurdenn vorsorgen, des wir geneigt sindt, vnnd das doch zu vnnserm gefallen stehen sol, so sollen vnnd wollen Wir ime berurter dreyssigk guldenn besoldung ferrer zu gebenn nicht vorpflicht sein, Vnnd das er vns nicht deste weniger, wie berurt sein lebenlang zu dienen verhafft vnnd schuldig. Als wir ime auch verschiner Zeit inn seiner kranckheit vnd zu anderem seinem anligen etzlich gelt furgesatzt, so habenn Wir ehne vonn des wegenn, das er sich vnns sein lebenlang obberurtermaßenn zu dienenn gutwilliglich vorpflicht, genedigklich erlassenn, dorumb Wy ehne auch hiemit quittiren, ehne hiefur derhalbenn nicht zubelangen. Des zu vrkundt habenn wir vnser Ingesigel hir an diesen briff hengen lassen, der gegebenn ist zu Swerin Sontags nach Lucie Virginis im 1513.

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Nach dem Original=Concept. Auf der Rückseite steht von des Canzlers Caspar von Schöneich Hand die Registratur:

"Niclas bawmans des Canczelschreibers bestellung".


Nr. 3.

Schreiben des herzoglichen Secretairs Nicolaus Baumann an den Canzler Caspar von Schöneich.

D. d. (1526).

Nach dem Originale im Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.

Erbar vnd hochweiser lieber Her Cantzler. Meiner kranckheit vnd bedrenglichen notturfft seyt Ir gnuglich vnderrichtet, vnnd ist demnach an Euch mein dienstlich fleissig bit, Ir wollet solches meinem genedigen fursten vnd hern mit beclagung meiner gelegenheit antzeygen vnd sein F. G. von meinetwegen vndertheniglich bitten, das mich seyn F. G. zu meiner enthaltung vnd bedrengnus mit zweyen gutten Sweynen vnd einem trompt Rogken mir aus dem Ampt Swan zu antwurten dismals genediglich versehen vnd meines itztbetagten halben Jarsoldts entrichten lassen, Auch das seyn F. G., wie bisher gescheen, mich in genedigem beuelich haben, vnnd in dieser meiner noth vnd kranckheit, wie Ir solchs alles mit geburlicher erpietung meiner vnderthenigen willigen dienste nach bester gestalt gegen seinen F. G. wol furzuwenden wisset, nicht verlassen wolte. Das wil ich alles vermogens gegen Euch widerumb willig vnnd gernne verdienen.

E. G.                                         
williger Diener                     
Niclaus Baumann.                  

(N. S.) Was Ir auch hirauff von meinem g. h. erlangen, wollet verfugen, das solchs Jorgen Maler mochte zugestelt werden.

Aufschrift von Baumanns Hand:
Memoriale Nicolao Baumans.

Unter der Aufschrift steht von des Canzlers Caspar von Sch oe neich Hand die Registratur:

"26 (d. i. 1526).
2 Sweyn, 1 Drompt Rogken".