zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 178 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

7.
Ueber den Ritter Fr. Spedt.

(Vgl. Jahrb. I, 42.)

D ieser Mann ist so merkwürdig, daß er in der Geschichte des 16. Jahrhunderts fortan nicht ignorirt werden kann. Alles

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 179 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

neu Entdeckte nachträglich mitzutheilen, wäre unmöglich; doch dürfen nothwendige Daten nicht verschwiegen und Mittheilungen aus fremden Archiven nicht bei Seite gelegt werden.

Am 19. Februar 1561 nahm der Kaiser Ferdinand seinen und des Reichs lieben Getreuen Friederich Spedten sampt seiner zukünftigen ehelichen Hausfrau, ihren Kindern, Dienern, Gütern, u. s. w. in des Kaisers und des Reiches besondern Schutz und Schirm". - Am 10. Junius 1573 war er verheirathet; seine Frau hieß Elisabeth. - Fr. Spedt starb 22. Februar 1589; sein Vetter und Erbe war Hans Spedt zu Görlitz.

Außer diesen Nachrichten und dem, was Andreas Mylius in Gerdes Samml. S. 289 über seinen Charakter und Masch im freimüth. Abendbl. 1836, Nr. 935 über seine Herkunft sagt, möge hier noch das willkommen sein, was der Herr Archivar Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel dem Vereine aus dem Herzoglich Braunschweigischen Landeshauptarchive mitgetheilt hat.

G. C. F. Lisch.      

Der Herr Archivar Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel übergiebt dem Vereine:

          "Nachrichten über den diplomatischen Intriguanten Fr. Spedt, in welchen nicht unwichtige Beiträge zur Aufklärung einer so bedeutsamen Parthie der Geschichte des 16. Jahrh. geliefert sind. Durch die Beschreibung der vielseitigen, in die damaligen Zeitverhältnisse tief eingreifenden Thätigkeit jenes Mannes angeregt, habe ich weitere Nachforschungen darnach in dem hiesigen Herzogl. Landeshauptarchive angestellt und bin dabei zu fehr merkwürdigen Aufschlüssen gelangt, deren Mittheilung zu einer höchst wünschenswerthen weitern Ausführung vielleicht nicht unangenehm sein dürfte.

Unter den hier vorhandenen Massen von Acten, die Correspondenz zwischen dem Landgrafen Philipp von Hessen und dem Herzoge Heinrich dem Jüngern von Braunschweig=Lüneburg betreffend, findet sich ein Schreiben vom 9. Januar 1557, in welchem der Landgraf dem Herzoge schreibt:

"daß der bewußte Mann
(am Rande ist von fremder Hand bemerkt: "wird Spett gemeint")
"noch nicht bei ihm angekommen sei, wiewohl demselben das Geleit zum zweiten Male geändert worden, und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 180 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

besorge er, der Landgraf, daß jener ihm thun werde, wie hiebevor dem Herzoge".

Worauf dies zielt, ist noch nicht zu ermitteln gewesen.

In einem folgenden Briefe vom 13. desselben Monats meldet der Landgraf:

"daß der am 8. erfolgte Tod des Markgrafen Albrecht von Brandenburg die Ursache sei, weshalb Friedr. Spedt so lange ausgeblieben und bis daher nicht zu ihm gekommen".

Gleich darauf muß indessen Letzterer bei dem Landgrafen angelangt sein, denn dieser meldet schon unterm 24. Januar:

"Fr. Spedt habe ihm allerlei gesagt, was nicht über Land zu schreiben sei; wenn der Herzog es wissen wolle, möge er eine vertraute Person senden, welcher die Dinge im Vertrauen angezeigt werden sollten".

Einem Berichte des, hiernach vom Herzoge, jedoch vornämlich zur Betreibung anderer Angelegenheiten an den Landgrafen gesandten Secretairs Hans Meisen ist nun beigefügt:

"Copia desjenigen, so Fr. Spe an den Landgrafen geworben und was er vor Antwort darauf bekomen hat".

Es beginnt diese Schrift mit mehreren von Fr. Spedt vorgebrachten Rechtfertigungsgründen, unter welchen der erste wörtlich lautet:

"Wer eher komen, wan Gott mir meinen lieben gnedigen Hern (den Markgr. Albrecht) nicht genomen hette".

Der zweite betrifft eine unwichtige Privatsache. In dem dritten entschuldigt er sich damit:

"daß er des, was er der Königinn solle vermeldet haben, böslich "überdicht" werde".

In dem vierten erklärt er:

"daß er der Wolffe Handlung mit Waldeck, die er in ihrem Werth und Unwerth bleiben lasse, ebenfalls schändlich "überdicht" werde, und begehrt gegen beide Verhör und Recht".

In dem fünften beschwert er sich:

"daß der, ihm "alhie" begegenten Verstrickung halber, ihm ungütlich geschehen".

(es ist undeutlich, was hiemit gemeint sein mag; der Satz endigt damit, "daß, weil er nicht gefordert sei, ihn Niemand zu tadeln habe".)

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 181 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

In dem sechsten weiset er von ihm gemachten Vorwurf:

"daß er sonst gegen den Landgrafen gedient",

mit der Erwiederung zurück:

"daß er gethan habe, wie einem ehrlichen, aufrichtigen (!) Kriegsmann gebühre, damit der Landgraf sehe, daß er demselben dienen könne und einen Herrn zu haben verdiene,

und fügt hinzu:

"auch wo nicht also mir beschehen, hette ich S. F. G., noch derselben Jungen Hern und Sonen nit die Dienst thun können, so itzund thun mag. Gottlob, das Werk wirtt den Meister beweisen".

Hiernach giebt er

"Stück und Mittel an, darin er S. F. G. dienen könne":
"Wenn nämlich sein gnädiger Herr wäre am Leben geblieben, würde er zwischen Brandenburg und Hessen ein hohes, löbliches Werk dadurch zu wege gebracht haben, daß, da Markgraf Albrecht die eine Tochter des Herzogs von Ferrara habe nehmen wollen, der Landgraf Wilhelm entweder die andere, oder des Markgrafen Joachim Tochter geheirathet hätte. Ferner würde vom Markgrafen Albrecht den Churfürsten zu Brandenburg und dem Landgrafen die Macht gegeben sein, zwischen Herzog Heinrich und ihm, dem Markgrafen, zu handeln. Uebrigens sei es noch des Letztern Absicht gewesen, wieder über die Bischöfe und Nürnberg zu ziehen, wozu ihm der reiche Herzog von Ferrara, der, wie gesagt, ihm seine eine Tochter zu geben nicht abgeneigt sich gezeigt, desgleichen der Pabst das Geld verschafft haben würden. Auch habe der Pabst die von den Markgrafen und den Bischöfen geschlossenen Verträge confirmiren wollen. Da nun aber dies Alles nicht geschehen, so wolle er, Spedt, auf folgende Weise dem Landgrafen und seinen Söhnen Glück zuwenden:
1) Sei bei dem jetzigen Papste an Geld zum Kriege, so wie an geistlichen Gütern ein Großes zu erlangen; namentlich würde derselbe dem Landgrafen die ledigen Stifter Fulda und Hersfeld

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 182 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vor andern zu guberniren verleihen. Die Mittel und Personen, wodurch dies zu erlangen sei, wisse er.

2) Wenn einer der Söhne des Landgrafen um die 6000 Cronen Dienstgeld, die ""sein gnediger lieber Herr"" von dem Könige von Frankreich gehoben, sich bewürbe, so würde er diese, nebst den sämmtlichen, vom verstorbenen Markgrafen besoldeten Officieren, ferner

3) noch eine namhaft gemachte Anzahl von Rittmeistern und Hauptleuten, und

4) einen so geschickten obersten Banniermeister, wie in Deutschland wenige seien, demselben zubringen, auch

5) Mittel und Wege anzeigen, wie ein solches Heer zu unterhalten sei.

6) Wolle der Landgraf, was ohne einige Beschwerde geschehen könne, den Handel, der dem Markgrafen ""in Reussen"" angeboten, annehmen, und dadurch 400,000 Gulden, jedoch unter der Bedingung, wider den König von Schweden zu kriegen, erlangen, so sei er, Spedt, im Stande, dem Landgrafen die Personen, durch welche dieses zu Verhandeln sei, zuzuführen.

7) Ständen dem Landgrafen für seinen Sohn, den Landgrafen Wilhelm, zwei ""wesentliche"" Heirathen vor: die eine nämlich mit Markgrafen Joachim des Churfürsten Tochter, die andere mit einer der beiden Töchter des, bedeutende Baarschaft habenden Herzogs von Ferrara; durch die erstere sei große Freundschaft, durch die zweite Geld und Freundschaft zu erlangen.

8) Könne durch eine dazu dienliche Person eine Heirath des Landgrafen Ludwig mit der einzigen Tochter des Grafen Pitsch verhandelt werden, wodurch dem Landgrafen an 18 Schlösser zugebracht werden könnten.

9) Wenn diese Mittel und Wege vorgenommen und ihm, Spedt, die Verhandlungen dabei anvertraut werden sollten, wolle er die Nassausche Sache mit einem viel Geringern vertragen.

10) Könne der Landgraf neben den Churfürsten zu Sachsen und Brandenburg die Sachen zwischen Preußen und den Liefländern leichtlich verglei=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 183 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

chen, worüber mit dem Landgrafen zu reden ihm befohlen worden".

Es folgen hiernach die von dem Landgrafen auf vorstehende Vorschläge ertheilten Antworten, worin derselbe zuvörderst mit der gegebenen Entschuldigung zufrieden zu sein erklärt, dann die Artikel 1 bis 6, so wie 9 mit angegebenen Gründen ablehnt, dagegen auf den 7ten, 8ten und 10ten näher eingeht, und zwar in der Weise, daß er Spedt beauftragt, über den 7ten Artikel mit dem Landgrafen Wilhelm selbst zu reden, in Ansehung des 8ten aber weiter nachzuforschen, ob die Sache sich wirklich so verhalte, und was in dem Falle, daß der Graf Pitsch, nach dem etwa früher erfolgenden Ableben seiner Gemahlin, sich wieder verheirathen und Kinder erzeugen sollte, dessen erste Tochter von der Erbschaft bekommen würde. In Betreff des 10ten Artikels endlich äußert der Landgraf sich dahin, daß, wenn von Seiten des Reichs keine Schritte in der Sache gethan werden sollten, und die beiden Churfürsten geneigt wären, zwei Räthe zu einer solchen Handlung zu schicken, so wolle er ein Gleiches thun.

Schließlich berichtet der Secretair Meisen noch Nachfolgendes, welches dem Landgrafen von Fr. Spedt weiter mitgetheilt worden:

"Zunächst nämlich habe der Markgraf Albrecht den jungen Herren zu Weimar zur Wiedererlangung ihrer Länder verhelfen wollen;
ferner sei vom Papste beabsichtigt, dem Markgrafen Albrecht 2000 Pferde und 20 Fähnlein Knechte zu verschaffen, womit dieser habe ""an Tirol wehren sollen, daß der König von England keine Hülfe aus Teutschland hätte hineinbekommen sollen"";
"sodann wäre der König von Frankreich bereit gewesen, dem Markgrafen etliches Kriegsvolk unter der Bedingung zu unterhalten, daß derselbe damit, auf Erfordern, binnen Monatsfrist an der Grenze Frankreichs sein wolle."

Wolfenbüttel, den 22. Dec. 1836.

Dr. Schmidt.