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II.

Der Blievenstorfer Münzfund

von

Walter Josephi.

 

Vignette
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Anfang 1937 wurde zu Blievenstorf im Kreise Ludwigslust das als Büdnerei dienende alte Haus des Häuslers R. Schult abgerissen und darin dicht unter dem Fußbodenbelag eines Wohnraumes ein Topf aufgefunden, der beim Aufschlagen in Scherben ging. Er enthielt 251 meist recht gut erhaltene Silbermünzen, die beim Landesdenkmalpfleger für künstlerische und kunstgewerbliche Altertümer in Schwerin eingeliefert worden sind.

Bei diesem Münzfunde handelt es sich ausschließlich um Kleinmünzen (Talerstückelungen). Sie verteilen sich auf folgende Münzherren und Zeiten:

Brandenburg-Preußen 66 Stück.
Friedrich Wilhelm 1640 - 88: Unbestimmt (1), 1669 (1), 1683 (1), 1685 (1), 1687 (3), 1688 (3).
Friedrich III. (I.) 1688 - 1713: Unbestimmt (2), 1689 (3), 1690 (4), 1691 (5), 1692 (2), 1693 (15), 1699 (3), 1700 (1), 1701 (1), 1702 (2), 1703 (2), 1711 (1).
Friedrich Wilhelm I. 1713 -1740: Unbestimmt (2), 1716 (1), 1719 (2), 1720 (1), 1722 (1), 1724 (2), 1725 (1), 1735 (1), 1738 (2).
Brandenburg in Franken 15 Stück.
Linie Bayreuth. Christian Ernst 1655 - 1712: 1696 (1), 1707 (1), 1708 (1), 1709 (2).
                         Georg Wilhelm 1712 - 1726: 1712 (1), 1723 (1), 1724 (1).
Linie Kulmbach. Georg Friedrich 1708 - 1735: 1728 (1), 1729 (1), 1730 (1).
Linie Ansbach. Johann Friedrich 1667 - 1686: Unbestimmt (2), 1678 (1), 1679 (1).
Braunschweig-Wolfenbüttel 17 Stück.
Rudolf August und Anton Ulrich 1666 - 1704: Unbestimmt (1), 1693 (2), 1695 (1), 1696 (4), 1697 (2), 1701 (1), 1703 (1).
Anton Ulrich 1704 - 1714: 1705 (2), 1708 (2), 1710 (1), 1712 (1).
Haldenstein 1 Stück.
Georg Philipp 1681 - 1693: 1690 (1)
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Hoenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst 1 Stück.
Ludwig Gustav 1688 - 1697: 1689 (1)
Jülich und Berg 3 Stück.
Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg 1690 - 1716: 1710 (2), 1715 (1). Leiningen-Schaumburg 1 Stück.
Georg Wilhelm 1632 - 1695: 1691 (1)
Lippe-Detmold 5 Stück.
Friedrich Adolf 1697 - 1718: 1713 (2), 1714 (1), 1715 (1).
Simon Heinrich Adolf 1718 - 1734: 1720 (1).
Pommern (schwedisch) 5 Stück.
Karl XI. von Schweden 1660 - 1697: 1693 (3), 1694 (1), 1695 (1).
Sachsen (Kurfürstentum) 58 Stück.
Johann Georg III. 1680 - 1691: 1691 (1).
Johann Georg IV. 1691 - 1694: 1692 (2), 1693 (6), 1694 (9).
Friedrich August I. 1694 - 1733: 1695 (4), 1696 (1), 1697 (2), 1698 (1), 1703 (4), 1704 (1), 1705 (2), 1707 (2), 1710 (2), 1711 (2), 1712 (1), 1713 (2), 1714 (1), 1716 (2), 1719 (1), 1721 (2), 1724 (3), 1725 (1), 1726 (2), 1727 (1), 1729 (1).
Friedrich August II. 1733 - 1763: 1736 (1), 1737 (1).
Sachsen-Hildburghausen 4 Stück.
Ernst 1680 - 1715: 1715 (1).
Ernst Friedrich I. 1715 - 1724: 1717 (3).
Sachsen-Meiningen 3 Stück.
Ernst Ludwig I. 1706 - 1724: 1714 (3).
Sayn-Wittgenstein-Hohenstein 1 Stück.
Gustav 1657 - 1701 (1)
Schweden 7 Stück.
Karl XI. 1660 - 1697: 1693 (1), 1694 (1).
Karl XII. 1697 - 1718: 1700 (1), 1706 (3), 1710 (1).
Waldeck 2 Stück.
Karl 1728 - 1763: 1732 (2).
Bamberg 2 Stück.
Peter Philipp von Dernbach 1672 - 1683: 1683 (1).
Marquard Seb. Schenk v. Stauffenberg 1683 - 1693: 1684 (1).
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Hildesheim 1 Stück.
Jost Edmund v. Brabeck 1688 - 1702: 1696 (1).
Köln 1 Stück.
Joseph Clemens Herzog von Bayern 1688 - 1723: 1715 (1).
Münster 43 Stück.
Friedrich Christian v. Plettenberg 1688 - 1706: 1695 (1).
Franz Arnold Frh. v. Metternich 1706 - 1718: 1709 (1), 1710 (4), 1711 (2), 1714 (14), 1715 (6), 1716 (3), 1717 (11), 1718 (1).
Osnabrück 4 Stück.
Karl Herzog v. Lothringen 1698 - 1715: 1714 (1).
Ernst August Herzog v. Braunschweig-Lüneburg 1716 - 1728: 1721 (2), 1722 (1).
Padeborn 7 Stück.
Franz Arnold Frh. v. Metternich 1704 - 1718: 1709 (1), 1713 (1), 1716 (1), 1718 (3).
Clemens August Herzog von Bayern 1719 - 1761: 1723 (1).
Verden 1 Stück.
Karl XI. von Schweden 1660 -1697: 1691 (1).
Stadt Hildesheim 1622 (1), 1697 (1), 2 Stück.
Stadt Mühlhausen 1703 (1) 1 Stück.

Wenn auch die leider bei Münzfunden so häufigen Veruntreuungen stets eine Fehlerquelle bergen, so kann doch hier auf Grund der eingelieferten Stücke festgestellt werten, daß die beiden preußischen Prägungen von 1738 die Leitmünzen für die Verbergungszeit darstellen. Da diese beiden Münzen auffällig frisch sind, werden Prägungsjahr und Verbergung nicht weit auseinander fallen.

An und für sich ist der Münzfund numismatisch bedeutungslos; er gewinnt aber dadurch ein hohes wirtschaftsgeschichtliches Interesse, daß er in jene lange seltsame Zeitspanne fällt, in der in Mecklenburg Münzprägungen fehlen. Die letzten datierten herzoglich-schwerinschen Prägungen stammten aus dem Jahre 1708, also noch aus der Regierungszeit des Herzogs Friedrich Wilhelm (1692 -1713). In den letzten fünf Jahren seiner Regierung sowie in der 34 Jahre währenden unruhvollen Regierung des Herzogs Karl Leopold (1713 - 1747) hat die Landesherrschaft keine Münze herausgebracht, und erst Herzog Christian II. Ludwig (1747 - 1756) richtet 1752 die

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Schweriner Münzstätte mit einer dann allerdings recht starken Produktion ein 1 ).

Im Lande Strelitz liegen die Verhältnisse ähnlich. Auf dürftige Prägungen unter Herzog Adolf Friedrich II. vom Jahre 1703, denen aber wohl weniger eine wirtschaftliche als vielmehr eine staatsrechtliche Bedeutung zukommt, folgt ein Prägungsausfall bis zum Jahre 1745. Dieser Ausfall wird lediglich durch die Reformations-Jubiläumsmünzen von 1717 im Charakter von Denkmünzen unterbrochen.

Das gleiche ist bei Mecklenburgs Hansestädten festzustellen: auch sie hören im großen und ganzen am Ende des 17. und am Anfange des 18. Jahrhunderts mit den Prägungen auf, um, abgesehen von wenigen Einzelausgaben, sich hauptsächlich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts den Kupfer-Prägungen zuzuwenden.

Vor um das Jahr 1738 vermutlich als Sparschatz verborgene Blievenstorfer Münzfund offenbart also die Mittel, mit denen sich der mecklenburgische Sparer gegen Schluß der einheimisch-münzenlosen Zeit auf diese wirtschaftliche Abnormität einzustellen wußte. Der Fund erweist, daß Mecklenburg nach mehr als drei Jahrzehnten ausfallender Münzproduktion entblößt von eigenen Münzen dastand, denn jener Bauer, der um 1738 seinen Sparschatz unter die Dielen seiner Stube barg, besaß keine einzige einheimische Münze: die übrigen deutschen Lande, selbst das Ausland, halfen für diese wichtigste wirtschaftliche Funktion, in der Mecklenburg versagte, aus.

Vor vom zuständigen Landrat angekaufte Blievenstorfer Münzfund wird dem Ludwigsluster Heimatmuseum zugeführt.

Vignette

1) Karl Friedr. Evers: Meckl. Münz-Verfassung, Erster Teil, 1798, S. 156.