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I.

Die Anfänge einer staatlichen
Wirtschaftspolitik in Mecklenburg
im 15./16. Jahrhundert

von

Dr. Charlotte Millies

 

Vignette
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Inhaltsverzeichnis.

Einleitung:
Die Wirtschaftsstufentheorie. Die verfassungsgeschichtliche Entwicklung und der Einfluß des Staates auf das Wirtschaftsleben in Deutschland bis zum 15. Jahrhundert. Die politischen Verhältnisse in Mecklenburg im 15./16. Jahrhundert und die Herzöge als Träger wirtschaftlicher Maßnahmen 5
Kapitel 1:
Die mecklenburgische Landwirtschaft im 16. Jahrh. und die Anfänge einer Agrarpolitik 11
§ 1. Die Landwirtschaft in der ersten Hälfte des 16. Jahrh. 12
     I. Ackerbau, Gartenkultur, Forstwirtschaft und Fischerei 12
     II. Viehzucht 14
§ 2. Die Landwirtschaft in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. 15
     I. Ihre Neuorganisation durch die Herzöge Johann Albrecht I. und Ulrich 15
     II. Die Krise der Landwirtschaft, beginnend in der Mitte des 16. Jahrh. 19
          A. Die Lage von Ackerbau und Viehzucht 19
          B. Die Intensivierung der Landwirtschaft durch Veredelungswirtschaft 19
Kapitel 2:
Die Anfänge einer Gewerbepolitik in Mecklenburg im. 16. Jahrh. 22
Kapitel 3:
Die Anfänge einer Industriepolitik in Mecklenburg im 16. Jahrh. 26
§ 1. Eisen- und Kupferindustrie 26
§ 2. Salpetersiedereien 30
§ 3. Das Alaunwerk bei Eldena 32
§ 4. Papiermühlen 34
§ 5. Sonstige industrielle Betriebe 35
Kapitel 4:
Das Bergwerkswesen in Mecklenburg im 16. Jahrh. 36
Kapitel 5:
Das Salinenwesen in Mecklenburg im 16. Jahrh. 40
Kapitel 6:
Das Verkehrswesen 44
§ 1. Die Fürsorge für die Landstraßen 44
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§ 2. Die Wasserstraßen 45
     I. Der Bau des Elbe-Ostseekanals 45
     II. Weitere Wasserstraßen 51
Der Zoll 52
Kapitel 7:
Die Anfänge einer Handelspolitik in Mecklenburg 53
§ 1. Innenhandel 54
     I. Grundsätzliche Maßnahmen zur Regelung des Innenhandels und der Güterversorgung 54
     II. Konjunkturelle Maßnahmen 58
§ 2. Außenhandel 60
     I. Die Fürsorge der Herzöge für Handelssicherheit im Seehandel und Ordnung in Handelsangelegenheiten 61
     II. Handelsverordnungen aus außenpolitischen Gründen 63
     III. Außenhandel der Herzöge 65
          A. Handelsbestrebungen Herzog Magnus II. 65
          B. Handelsbeziehungen der Herzöge Albrecht VII. und Heinrich V. 66
               1. Der Handel mit den Niederlanden 66
               2. Schiffbau, Klipphafenschiffahrt und Streit mit den Hansestädten Rostock und Wismar 68
               3. Floßschiffahrt nach Sachsen 72
               4. Schiffsreisen nach Portugal, England und Frankreich 73
               5. Handelsbeziehungen zu den norddeutschen Städten 74
          C. Handelsbeziehungen der Herzöge Johann Albrecht I. und Ulrich 76
               1. Handel der Herzöge mit den Niederlanden 76
               2. Der Bau zweier Seehandelsschiffe und die mit ihnen unternommenen Handelsexpeditionen unter Herzog Johann Albrecht I. 77
                  a) Der Bau der Schiffe 79
                  b) Die Handelsfahrten der beiden Schiffe "Greif" und "Ochsenkopf" 80
               3. Die Klipphafenschiffahrt zur Zeit der Herzöge Johann Albrecht und Ulrich und deren Verhältnis zu den Städten Rostock und Wismar 81
               4. Handelsverbindungen mit Mitteldeutschland 82
                  a) Floßschiffahrt auf der Elbe 82
                  b) Handelsverbindungen mit Leipzig und dem übrigen Mitteldeutschland 83
               5. Handel mit den norddeutschen Städten 84

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Einleitung

Man hat versucht, die deutsche Wirtschaftsgeschichte in einzelne Stufen ihrer Entwicklung einzuteilen und sie an bestimmten Idealtypen zu veranschaulichen. Die Theorien Schmollers und Büchers, über die die neuesten Versuche Sombarts und anderer nicht wesentlich hinausgekommen sind, gehen von der Voraussetzung aus, daß der stärkere Einfluß des Staates auf das Wirtschaftsleben erst mit dem Beginn der Neuzeit eingesetzt habe. Demgegenüber ist festzustellen, daß das Wirtschaftsleben sich bereits im Laufe des Mittelalters nicht ohne den Einfluß der staatlichen Gewalt vollzogen hat, wenn diese auch bis zum 13. Jahrhundert nur in bescheidenem Maße vorhanden war. Der geringe Einfluß des Staates auf das Wirtschaftsleben im früheren Mittelalter erklärt sich zum Teil aus der Dezentralisation zur Zeit des Lehnstaates, dem Königtum entglitt damals mehr und mehr die unmittelbare Verwaltung. Es fehlten die zur Vollstreckung des königlichen Willens nötigen Organe, die es Karl dem Großen noch ermöglicht hatten, verwaltungsrechtliche und wirtschaftliche Maßnahmen zu treffen. Erst mit dem Verfall des Lehnstaates, der in Zeiten überwiegender Naturalwirtschaft entstanden war, im 13. Jahrhundert, kam die Ordnung der Verwaltung und des Wirtschaftslebens wieder mehr in die Hände des Staates. Die im 13. Jahrhundert nachweisbaren Tendenzen zur Herausbildung einer Landesherrlichkeit und damit einer staatlichen Wirtschaftspolitik finden ihre Fortsetzung im 15./16. Jahrhundert mit der Entstehung des neuen obrigkeitlichen Polizeistaates 1 ).

Das Bestreben der jungen Landesobrigkeit, auch das Wirtschaftsleben ihrer Autorität zu unterstellen und einheitlich nach den Bedürfnissen des Ganzen zu regeln, wird zunächst aufgehalten durch den allgemeinen Verfall der Territorien und das Aufkommen der ständischen Gewalten. Als der Kampf der


1) Vgl. H. Spangenberg. Territorialwirtschaft und Stadtwirtschaft. Ein Beitrag zur Kritik der Wirtschaftsstufentheorie. München und Berlin 1932, S. 1 ff.
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Landesherrschaft gegen die Ordnung des Lehnstaates und seine Mächte kaum beendet war, erhoben sich die Stände, denen zur Erwerbung ihrer Macht und politischen Rechte die bereits seit dem 13. Jahrhundert herrschende starke Finanznot des Fürstentums zugute kam. Von den ständischen Gewalten hing die Bewilligung der Steuern im wesentlichen ab, das Fürstentum geriet dadurch in finanzielle Abhängigkeit von diesen 2 ). Die Linderung der Finanznot durch stärkere wirtschaftliche Betätigung und die Erreichung materieller Unabhängigkeit von den Ständen war deshalb die erste Aufgabe der Landesherren.

Neben der Stadtwirtschaft, deren Blüte in die Zeit der landesfürstlichen Ohnmacht (13. - 15. Jahrhundert) fällt, erhob sich im späteren Mittelalter allmählich die Territorialwirtschaft. Trotzdem also die mittelalterliche Stadtwirtschaft bestehen blieb, fand ein Umschwung im Sinne einer Territorialwirtschaft statt. Das Landesfürstentum wurde mit neu erworbenen Machtbefugnissen seit dem 15./16. Jahrhundert wieder ein entscheidender, die fortschrittliche Entwicklung verbürgender Träger des Wirtschaftslebens 3 ).

In den deutschen Territorien bildete sich schon um die Wende des 15./16. Jahrhunderts und im Laufe des 16. Jahrhunderts ein neuer Fürstentyp heraus 4 ), deren Vertreter Kurfürst Joachim I. von Brandenburg (1474 - 1523), Bogislaw X. von Pommern (1474 - 1523) 5 ), Herzog Albrecht von Preußen, der seit 1511 Hochmeister des Deutschen Ordens war 6 ), Markgraf Christoph von Baden (1475 - 1515) 7 ), Philipp der Großmütige von Hessen (1509 - 1567) 8 ), Herzog Christoph von


2) Spangenberg, a. a. O., S. 53.
3) Spangenberg, a. a. O., S. 77 ff.
4) Spangenberg, a. a. O., S. 84 f.
5) Martin Spahn, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte des Herzogtums Pommern von 1487 bis 1625, Leipzig 1896, S. 163 ff.
6) Deutsche Staatenbildung und deutsche Kultur im Preußenlande, hrsg. vom Landeshauptmann der Provinz Ostpreußen, Königsberg 1931.
7) Eberhard Gothein, Die badischen Markgrafschaften im 16. Jahrh. Neujahrsblätter der badischen hist. Kommission, N. F. Heidelberg 1910, Bd. 13; Vers., Wirtschaftsgesch. des Schwarzwaldes, Straßburg 1892, S. 869.
8) Johann Schulze, Zur Getreidepolitik in Hessen unter Landgraf Philipp dem Großmütigen (1518 - 1567). Vierteljahrsschr. für Sozial- und Wirtschaftsgesch. 1913, Bd. 11, S.188 - 213; Wilhelm Wick. Die landesherrlichen Eisenhütten und Hämmer im ehemaligen Kurhessen bis zum Ende des 17. Jahrh. Zeitschr. des Ver. für hess. Gesch. u. Landeskunde, N. F. 1910, Suppl. 16, S. 1 ff.
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Württemberg (1550 - 1568) 9 ), Herzog Julius von Braunschweig-Lüneburg (1568 -1589) 10 ), Landgraf Wilhelm IV. von Hessen (1567 - 1592) 11 ) und Kurfürst August von Sachsen (1553 bis 1586) 12 ) waren. Die Landesherren begannen, die wirtschaftlichen Kräfte ihres Landes zu organisieren. Das geschah zunächst durch allgemeine Landes- und Polizeiordnungen und spezielle Landesordnungen. Darüber hinaus entwickelten die Fürsten durch ihre Eigenschaft als selbständige Wirtschaftspolitiker die neu gefestigten staatlichen Körper zu Repräsentanten wirtschaftlicher Macht nach außen hin und schufen hiermit die Vorstufe zu einer deutschen Volkswirtschaft 13 ).

Diese in Deutschland im 16. Jahrhundert sich vollziehende Entwicklung erfaßte auch Mecklenburg, wo sie ebenfalls begünstigt wurde durch die wirtschaftliche Begabung ihrer Herzöge. Ebenso wie für andere deutsche Territorien ist für Mecklenburg die Annahme unrichtig, daß die wirtschaftspolitische Betätigung der Herzöge bei "tastenden Versuchen" stehen geblieben sei 14 ). Schon Magnus II. (1477 - 1503) hatte eingesehen, daß jeder Staat gewisser wirtschaftlicher Machtmittel bedarf und seine Macht auf ökonomischem Gebiet deutlichster Ausdruck seiner inneren und äußeren Festigkeit ist. Die Verschuldung des mecklenburgischen Hauses gab in erster Linie den Anstoß zu einer vielseitigen Finanz-, Verwaltungs-, Wirt-


9) Chr. Fr. v. Stälin. Württembergische Gesch., Stuttgart 1873, Bd. 4, 2, S. 710 ff.; J. C. Pfister. Hg. Christoph zu Württemberg, Tübingen 1819, S. 511, 558 ff.; Th. Scharmitzel, Die Handwerkerpolitik Hg. Christophs von Württemberg (1550 - 68), Diss. Tübingen 1908; Karl Weidner, Die Anfänge einer Staatlichen Wirtschaftspolitik in Württemberg. Darstellungen aus der württ. Gesch., hrsg. von der württ. Komm. für Landesgesch., Bd. 21, 1931.
10) P. Zimmermann, Hg. Julius von Braunschweig und Lüneburg in volkswirtschaftlicher Beziehung, Hans. Geschichtsbl., Jahrg. 1904 u. 1905, S. 35 - 62; G. Bodemann, Die Volkswirtschaft des Hgs. Julius von Braunschweig, Zeitschr. für deutsche Kulturgesch., N. F. Jg. 1, 1872, S.197 - 238; L. Beck, Hg. Julius von Braunschweig und die Eisenindustrie am Oberharz, Zeitschr. des Harzvereins, 22. Jg. 1889, S.302 - 29; O. Heinemann, Hg. Julius von Braunschweig und seine Navigationspläne, Braunschweiger Magazin 1898; G. Öhr. Ländliche Verhältnisse im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel im 16. Jahrh., Hannover u. Leipzig 1903.
11) Vgl. W. Wick, a. a. O., S. 43 ff.
12) Johann Falke, Die Gesch. des Kurfürsten August von Sachsen in volkswirtschaftlicher Beziehung, Leipzig 1868.
13) Spangenberg, a. a. O., S. 87 ff.
14) Vgl. A. Witte, Mecklb. Gesch., Wismar 1913, Bd. 1, S. 298.
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schafts- und Regierungspolitik 15 ). Unter Magnus II. waren bereits Ansätze zu einer neuzeitlichen Finanzordnung des Staates, nämlich zur Scheidung des Landesvermögens von dem landesherrlichen Vermögen, vorhanden, ebenso eine strengere Scheidung von Hofhaushalt und Landeshaushalt. Die Verwaltung wurde neu organisiert und ein Beamtentum geschaffen, das in dem Rentmeisteramt gipfelte. Magnus II. schuf etwas grundsätzlich Neues; durch wirtschaftliche Orientierung suchte er die inneren Kräfte des Landes zusammenzufassen und dem Staate dienstbar zu machen. Er hatte das Bestreben, die Isolierung der städtischen Wirtschaftsgebilde aufzuheben und an ihre Stelle die Einheit einer Territorialwirtschaft zu setzen. Darin fand Herzog Magnus II. Unterstützung bei den Landräten und sogar bei den Ständen 16 ), die eingesehen hatten, daß nur eine starke Hand Mecklenburg vor dem Verfall retten könne. Wenn es auch Herzog Magnus II. nicht gelang, die Seestädte Rostock und Wismar seiner Landeshoheit zu unterwerfen, so vermochte er doch, sie in gebührende Schranken zurückzudrängen. Alle seine Bemühungen waren von dem Bestreben erfüllt, den Staat von oben her politisch und wirtschaftlich zentralistisch zu organisieren.

Als Herzog Magnus II. im Jahre 1503 starb, hinterließ er seinem Bruder Balthasar (gest. 1507) und seinen Söhnen Heinrich V. (1479 - 1552) und Albrecht VII. (1486 - 1547) ein wirtschaftlich gesundes Land mit geordneten Finanzverhältnissen. Unter seinen Nachfolgern vollzog sich jedoch eine Rückentwicklung. Schon bald mußten sie zu Darlehen ihre Zuflucht nehmen und Ämter versetzen. Albrechts Neigung zur Prunkentfaltung und sein langjähriger Aufenthalt in der Fremde waren die Hauptursache für die erste Verschuldung von Magnus Söhnen. Sie wurde aber in der Hauptsache durch die im Jahre 1517 von den Ständen bewilligte Landbede beseitigt. Albrechts VII. mißglückter Versuch, im Jahre 1535/36 den dänischen Königsthron zu gewinnen, war der Grund für die neue, von nun an chronische Verschuldung des mecklenburgischen Fürstenhauses 17 ). Weiterhin charakteristisch für das ganze 16. Jahrhundert sind die sich immer wieder erneuernden Landesteilungsstreitig-


15) P. Steinmann, Finanz-, Verwaltungs-. Wirtschafts- und Regierungspolitik der mecklb. Hge. vom Mittelalter zur Neuzeit. Jahrb. 86, 1922, S. 100 ff.
16) Steinmann, a. a. O., S. 121.
17) Steinmann, a. a. O., S. 128/32.
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keiten, die unter den Herzögen Heinrich V. und Albrecht VII. ihren Anfang nahmen 18 ), und die Kämpfe mit den mecklenburgischen Hansestädten, die einer wirtschaftlichen Erstarkung des mecklenburgischen Landes nicht gerade günstig waren. Herzog Heinrich, gen. der Friedfertige, hatte zudem nicht die wirtschaftspolitische Begabung und den Weitblick seines Vaters geerbt, wenn er sich auch bemühte, dessen Wirtschaftsunternehmungen als guter und sparsamer Landesvater fortzuführen. Albrecht VII. war dagegen in der Wirtschaftspolitik auf große Ziele gerichtet, er schuf die Grundlage für die umfangreichen wirtschaftspolitischen Bestrebungen Herzog Johann Albrechts I. (1525 -76), dessen Persönlichkeit stark an Magnus ll. erinnert und der Mecklenburg vielleicht wieder zur gleichen Blüte geführt hätte wie dieser, wären die inneren und äußeren Schwierigkeiten nicht zu groß gewesen 19 ). Die Verschuldung hatte eine immer drohendere Form angenommen und war wichtiger Gegenstand der Beratung auf den Landtagen 20 ). Auch die Landesteilungsstreitigkeiten nahmen unter den Herzögen Johann Albrecht und Ulrich ihren Fortgang 21 ). In eine außerordentlich schwierige Lage kam Mecklenburg durch den unglücklichen Ausgang der Erbteilungsstreitigkeiten, die in Livland im Interesse Herzog Christophs (1537 - 1592) stattfanden 22 ). Herzog Christoph machte sich nach seiner Rückkehr nach Mecklenburg jedoch als Administrator des Stiftes Ratzeburg besonders um die Anfänge des Bergwerks- und Salinenwesens und der Metallindustrie verdient. Herzog Ulrich (1527 bis 1603), der im Landesteil Güstrow regierte, war schöngeistig


18) Werner Behnke, Der Erbteilungsstreit der Hge. Heinrich V. und Albrecht VII. von Mecklenburg 1518 - 1525 und die Entstehung der Union der mecklenburgischen Landstände von 1523, Breslau 1927, S. 60 ff.
19) Vgl. Schirrmacher, Johann Albrecht I., Hg. von Mecklb., Wismar 1885, S. 770.
20) Carl Hegel Gesch. der mecklb. Landstände bis zum Jahre 1555, Rostock 1856, S. 133 ff.: Paul Steinmann. Die Gesch. der mecklb. Landessteuern und der Landstände bis zu der Neuordnung des Jahres 1555, Jahrb. 88, 1924, S. 8/9; Hermann Krause, System der landständischen Verfassung Mecklenburgs in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhs., Rostocker Abhandlungen usw. Heft II, 1927, S. 110 ff.
21) Witte, a. a. O., S. 92. Vgl. dazu K. Koppmann, Zur Gesch. der mecklb. Klipphäfen, Hans Geschichtsbl. 1885, S. 134.
22) Witte, a. a. O., S. 93 ff.; Alexander Bergengrün, Hg. Christoph von Mecklb., Bibl. livl. Gesch., hrsg. von Dr. Ernst Seraphim, Bd. 2, S. 20 ff.
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und religiös veranlagt und wirtschaftspolitisch bei weitem nicht in dem Maß interessiert wie sein Bruder Johann Albrecht I.

Waren die Bestrebungen und Maßnahmen auf wirtschaftspolitischem Gebiet bis dahin recht bedeutende gewesen, so ist mit dem Ende der siebziger Jahre ein starker Rückgang in dieser Beziehung festzustellen. Die katastrophale finanzielle Lage erlaubte, abgesehen von einigen Bestrebungen industrieller Art, keine wichtigen neuen wirtschaftlichen Unternehmungen mehr. Die hauptsächlichen Maßnahmen bis zum Ende des Jahrhunderts bestanden in Ausfuhrverboten, die Zeugnis ablegten von der schlechten wirtschaftlichen Lage Mecklenburgs. Schon vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges also, der die wirtschaftliche Blüte Mecklenburgs vollends vernichtete, sind bereits die von Herzog Magnus II. begonnenen und den Herzögen Albrecht VII. und besonders Johann Albrecht I. fortgesetzten wirtschaftlichen Unternehmungen durch innere und äußere Hemmnisse in ihrer Fortentwicklung gehindert worden.

Trotzdem die allgemeine politische Lage Mecklenburgs sich im Laufe des 16. Jahrhunderts verschlechterte, sind die wirtschaftspolitischen Maßnahmen von seiten der Landesherren im ganzen gesehen mannigfaltig. Ihre Betätigung auf den Einzelgebieten der Wirtschaft, in Landwirtschaft, Gewerbe, Industrie, Bergwerks- und Salinenwesen und schließlich auf dem Gebiete des Verkehrswesens und der Handelspolitik sind ein deutlicher Beweis für die Entstehung einer territorialen Wirtschaft in Deutschland im 16. Jahrhundert.


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Kapitel 1.

Die mecklenburgische Landwirtschaft
im 16. Jahrhundert
und die Anfänge einer Agrarpolitik

In einem Lande, das, wie Mecklenburg, von Natur aus einen agraren Charakter trägt, sind Maßnahmen auf dem Gebiete der Landwirtschaft die nächstliegende Aufgabe der Fürsten. Mannigfache Verordnungen zur Regelung und Organisation landwirtschaftlicher Angelegenheiten legen Zeugnis ab von ihrem Wollen und Streben; sagt doch einer der Herzöge zur Motivierung seiner Maßnahmen selbst einmal wörtlich: "dieweil Gott der Allmechtige das Hauß Meckelnburgk nicht sonderlich als andere Lender und Furstentumbe, sondern nur mit dem Veldtbau und Viezucht begabet" 23 ). Doch gerade auf dem Gebiete der Agrarpolitik sind die herzoglichen Maßnahmen mehr privater als staatlicher Natur. In der Übergangsperiode zwischen Mittelalter und Neuzeit, in der staatliche Wirtschaft und Privatwirtschaft noch nicht streng geschieden waren, tragen die Erlasse agrarpolitischer Art vorwiegend eigenwirtschaftlichen Charakter, wenn auch Ansätze allgemein wirtschaftspolitischer Gedankengänge vorhanden sind. Dies trifft vor allem für soziale Maßnahmen für die Landbevölkerung zu. Im Verhältnis zu anderen Territorien, wo starke Unterdrückung und Kneblung der Bauern herrschte, waren die Verhältnisse in Mecklenburg vor dem Dreißigjährigen Kriege verhältnismäßig günstig; die Leibeigenschaft herrschte hier im 16. Jahrhundert noch nicht wie in den Nachbarterritorien Holstein und Pommern 24 ). Der eigenwirtschaftliche Charakter der


23) Undatierte, vermutlich aus dem Anfang des 17. Jahrhs. stammende Kammer- und Rentereiordnung: Archiv Schwerin; Gen. Doman., Acta colleg. cam. ordinat. pp.
24) H. Maybaum, Die Entstehung der Gutsherrschaft im nordwestlichen Mecklb. Beihefte zur Vierteljahrsschr. für Soz. und Wirtschaftsgesch., hrsg. von G. von Below, VI. Heft, Stuttgart 1926, S. 182, 183.
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Landwirtschaft schließt die Tatsache nicht aus, daß die Einkünfte aus Agrarproduktion im Außenhandel den Reichtum des Landes erhöhen und vor allem eine reichliche Lebensmittelversorgung Mecklenburgs gewährleisten sollten.

Das Prinzip der Zentralisation, das sich nun in Mecklenburg durchgesetzt hatte, tritt in der Landwirtschaft besonders klar zutage. Durch Magnus II. bereits, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, den Wohlstand des Landes wieder zu heben und die ererbte Schuldenlast abzuwälzen, hatte das Domanium seine alte Bedeutung zum Teil wiedergewonnen, die unter seinen Vorgängern verpfändeten Ämter und Gerechtsame wurden eingelöst 25 ). Außerdem findet sich die Bestimmung, daß wüste Hufen, an denen der Adel neben den Herzögen Nutzungsrechte hat, ganz in die Nutzung des Herzogs genommen und wieder bebaut werden sollen, falls die Adligen trotz Aufforderung sich weigern, sich an der Wiederbesetzung mitzubeteiligen 26 ).

Auf der Basis eines neu gefestigten Besitzes konnte sich nun eine Organisation und Auswertung der Landwirtschaft aufbauen, wie wir sie in den Jahrzehnten nach Magnus II. Tod entstehen sehen. Die Fäden der Verwaltung laufen in der Hand der Herzöge zusammen, diese sind es, die allein die maßgebende Instanz darstellen und bei jeder wichtigen Gelegenheit die Entscheidung haben.

§ 1. Die Landwirtschaft in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts

I: Ackerbau, Gartenkultur, Forstwirtschaft und Fischerei.

Hatte man schon um die Jahrhundertwende unter Magnus II. landwirtschaftliche Produkte ausgeführt, so war dies unter Herzog Albrecht VII. in gesteigertem Maße der Fall 27 ). Es wurden Einnahmen für verkaufte Naturalien verbucht, die der herzoglichen Kasse zuflossen. Häufige Getreideverkäufe sprechen für einen bedeutenden Ackerbau. Bereits im Jahre 1519 wurde für 584 Mark Korn verkauft 28 ), im Jahre 1527


25) Paul Steinmann, Jahrb. 86, 1922, S. 98/99
26) Amtsordnung von 1556, Amt Schwerin, Alter Bestand, Amtsordnungen.
27) Steinmann, Jahrb. 86, 1922, S. 118/19, 129´/30.
28) Archiv Schwerin, Rent.-Reg. Güstrow 1519.
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wurde der Verkauf von 25 Last Roggen an den Wismarer Bürger Steffen von dem Deiche verbucht, ebenso eine Einnahme für Roggen aus dem Amte Grabow und aus dem Amte Boizenburg. Auch Malz wurde ausgeführt. Im gleichen Jahre wurde für 305 Mark nach Mölln und für 200 Mark nach Wismar geliefert, aus den Ämtern Grabow und Walsmühlen wurden ebenfalls Einnahmen für Malz gemeldet 29 ). Bis zur Mitte des Jahrhunderts finden sich weitere zahlreiche Einnahmen für verkauftes Getreide, das auch außerhalb Mecklenburgs verhandelt wurde, so in Lüneburg, Hamburg und Stettin 30 ). Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, daß die mecklenburgischen Bäcker aus den herzoglichen Ämtern mit Brotgetreide beliefert wurden, auch ein Weizenverkauf an die Bäcker von Schwaan und ein Roggenverkauf an die Bäcker von Grevesmühlen fand in Jahren 1544 - 1545 31 ) statt. Weiter zu nennen ist eine Mehllieferung von etwa 200 Schiffspfund an Rostocker Kaufleute im Jahre 1550 32 ). Die Summe der Einnahmen für verkauften Roggen belief sich für den Güstrower Landesteil im Jahre 1556 auf etwa 1355 Gulden. Der Roggen stellte neben Hafer und Gerste das Hauptgetreide Mecklenburgs dar, während der Weizen stark in den Hintergrund trat. Das Anbauverhältnis von Weizen zu Roggen war damals niedriger als 1:10 33 ).

Die Verarbeitung des Getreides fand in zahlreichen herzoglichen Mühlen statt, zu denen die Mühlensteine wiederholt aus Pirna i. Sa. und Perleberg herbeigeschafft wurden 34 ). Der Bau herzoglicher Mühlen gab oft Anlaß zu Streitigkeiten mit dem Adel, der für sich das gleiche Recht, Mühlen zu errichten, in Anspruch nahm. Beschwerden über die für den Adel abträgliche Wirkung der herzoglichen Mühlen finden sich häu-


29) Rent.-Reg. Schwerin 1526/27.
30) Vgl. das Kapitel über den Handel, S. - ff.
31) Rent.-Reg. Schwerin 1544/45.
32) Korrespondenz der mecklb. Hge. mit Rostock, Vol. XXXIII.
33) Register der Standhebung und Abnutzung in den Ämtern 1549 (Schweriner Rent.-Reg.) und Verzeichnis des Kornertrages 1569/70; Gen. Doman. Landwirtschaft, Generalia. Heute wird in Mecklenburg im Verhältnis zur Anbaufläche fast die gleiche Menge Weizen wie Roggen angebaut: Stat. Jahrb. 1932, S. 62, u. Dr. S. Seeberg, Produktion und Absatz landwirtschaftlicher Erzeugnisse im nordostdeutschen Wirtschaftsraum, Berlin 1933, S. 64.
34) Register des Nickel von Rotzschitz 1525/28; Hg. Albrechts Handelsunternehmungen 1525/28: Rent.-Reg. Schwerin 1572/73 u. Gen. Doman. Mühlen, Generalia 1557 - 1575.
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fig 35 ). Die Müllerordnung, von den Herzögen 1577 erlassen, gab Richtlinien zur Beseitigung von Mißständen 36 ).

Sogar der Weinbau nahm bereits unter Heinrich V. seit den ersten Jahren seiner Regierung einen gewissen Raum ein. "Am 12. Januar 1505 schickte er einen Weinmann nach dem Rheine, um Reben zu holen, und im Frühling d. J. ward in den Weingärten fleißig gearbeitet. 1505 waren "Weingärten" zu Schwerin und Lübz. Um Ostern 1506 ward der Schweriner Winzer wieder nach dem Rheine geschickt, um Weinreben und Knechte zu holen. 1508 waren die fürstlichen Weinberge zu Schwerin, Lübz, Plau, Grevesmühlen und Stargard schon in vollem Gange. Mehr fürstliche Weinberge von größerer Ausdehnung kommen nicht vor; von diesen aber verbreitete sich der Weinbau im 16. Jahrhundert über das ganze Land." 36a )

Ebenso sind im ersten Viertel des Jahrhunderts Anfänge einer Forstwirtschaft zu erkennen. 1519 ward Holz aus den Ämtern Güstrow, Ribnitz und Gnoien von Herzog Heinrich nach Rostock verkauft 37 ). Einen Bretterhandel nach Hamburg und Magdeburg hatte schon Herzog Magnus II. in den Jahren 1495 -99 betrieben 38 ).

Vermöge ihrer Fischereigerechtigkeit bildeten die Flußläufe und Seen eine Geldquelle für die Herzöge. Der Fischmeister zu Sternberg lieferte 1519 45 Mk. an die herzogliche Kasse ab 39 ). Späterhin finden sich weitere Einnahmen für Fische verzeichnet 40 ).

II. Viehzucht.

Die Viehzucht nahm zunächst, wie es scheint, einen weniger breiten Raum ein als der Ackerbau. Vereinzelt finden sich Angaben über den Verkauf von Ochsen und Schweinen 41 ). 1527 wurden 119 Ochsen nach Zerbst i. A. getrieben 42 ). Außer-


35) J. H. Spalding, Mecklb. öffentliche Landesverhandlungen, Rostock 1792, I, S. 189, 192 u. 200.
36) Gen. Doman., Acta colleg. cam., Ordinat.
36a) Lisch, Der Weinberg zu Plau. Jahrb. 17, 1852, S. 143 ff. Vgl. mit Rent.-Reg. Schwerin 1518/19 u. das Schreiben Herzog Albrechts an Herzog Heinrich vom 13. Nov. 1520: Gen. Doman., Landwirtschaft.
37) Korrespondenz der mecklb. Hge. mit Rostock, 10. Juni 1519.
38) Steinmann, Jahrb. 86, 1922, S. 118.
39) Rent.-Reg. Schwerin 1518/19
40) Rent.-Reg. Schwerin 1538.
41) Rent.-Reg. Schwerin 1541/42, 1542/43 u. 1546/1547.
42) Rent.-Reg. Schwerin 1526/27.
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dem wurde schon unter Herzog Magnus II. 43 ) mit Speck gehandelt. Innerhalb der Viehzucht trat in der ersten Hälfte des Jahrhunderts, wie auch später, die Schafzucht besonders hervor, was deutlich in dem ausgedehnten Wollhandel zum Ausdruck kommt. Schon 1518/19 wurde für 406 Mk. Wolle durch den Küchenmeister zu Wittenburg nach Lüneburg und zur gleichen Zeit für 80 Mk. aus dem Amte Lübz an den Rostocker Ratsherrn Veit Oldenborch verkauft 44 ). Aus dem Güstrower Bezirk wurde ebenfalls Wolle verhandelt 45 ). Herzog Heinrich schloß 1527 einen Vertrag mit zwei Schweriner Tuchmachern, worin er sich verpflichtete, während zweier Jahre alle Rheinische Wolle an sie zu verkaufen 46 ). 1528 wurden 117 Stein Wolle an den einen und 100 Stein an den anderen Tuchmacher geliefert. Die Menge der gesamten verkauften Wolle betrug etwa 300 Stein 47 ). 1532 wurde die Wolle der herzoglichen Schäfereien zu Boldela auf vier Jahre einem Schweriner Tuchmacher zugesagt 48 ). Eine weitere große Schäferei befand sich etwas später zu Krebsförden 49 ).

§ 2. Die Landwirtschaft in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts

I. Ihre Neuorganisation durch die Herzöge Johann Albrecht I. und Ulrich.

Von der Mitte des Jahrhunderts ab findet sich eine Fülle von herzoglichen Verordnungen auf landwirtschaftlichem Gebiet, die auf eine Art Neuorganisation schließen lassen. Die Planmäßigkeit der Wirtschaftsführung ist es, die sich von jetzt ab immer wieder kundtut, erstens in den Verordnungen der Herzöge 50 ) und zweitens in der Art der Buchführung über Erträge, wie sie von den Rentmeistern, Küchenmeistern und Amtleuten gehandhabt wurde 51 ). Bei allen Maßnahmen sieht man immer


43) Steinmann, Jahrb. 86, 1922, S. 119.
44) Rent.-Reg. Schwerin 1518/19.
45) Rent.-Reg. Güstrow 1519.
46) Gen. Doman., Schafzucht und Wollhandel, 18. Mai 1527.
47) Wollregister 1528: Gen. Doman., Schafzucht u. Wollhandel.
48) Gen. Doman., Schafzucht u. Wollhandel 1532.
49) Wollregister 1548: Gen. Doman., Schafzucht u. Wollhandel.
50) Die Amts-, Kammer- und Rentereiordnungen.
51) Die Rentereiregister und die Ertragsverzeichnisse der Landwirtschaft: Gen. Doman., Generalia und Reditus Camerales Vol. IV, 1557 -1600.
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wieder die ordnende und unumschränkt herrschende Gewalt. Letzteres tritt besonders beim Verkauf der produzierten Güter hervor, der ohne Wissen und Willen der herzoglichen Grundherren nicht stattfinden durfte 52 ). Die Herzöge hatten über die rein wirtschaftlichen Vorteile hinaus das Ziel, die Güterversorgung im eigenen Lande sicherzustellen 53 ). Wichtig sind in diesem Zusammenhang die Verordnungen der Fürsten über die Art der Verwaltung, über grundsätzliche Fragen der Bewirtschaftung und über Neuerungen und Verbesserungen durch Bauten.

Man war von der richtigen Erkenntnis geleitet, daß tüchtige Hilfskräfte Vorbedingung sind für die Produktivität der Landwirtschaft, daß Mißstände sich nicht einschleichen dürften, wenn gute Erträge erzielt werden sollten. Der Rentmeister wurde angewiesen, fest zu besoldende, wohlerfahrene Haushalter, Amtleute, Vögte und Schäfer zu bestellen, "damit der Ackerbau zu rechter Zeit begadet, die Früchte desselben wol eingesamblet undt die Nutzung von dem Viehe und Schafen uns zum besten aufgehoben werden muge" 54 ). Die Küchenmeister sollten nach eingeholter herzoglicher Zustimmung den Überschuß an Korn, Vieh, Wolle usw. an den Meistbietenden verkaufen und den Erlös sofort dem Rentmeister abliefern. Es wurden bestimmte Termine festgesetzt, an denen die Register in der Kammer zu Schwerin dem Rentmeister vorzulegen waren: Michaelis für Rindvieh, Schafe und Hanf, am Dreikönigstag für Gerste, Buchweizen und Schweine, Mitfasten für Weizen und Erbsen und Trinitatis für Roggen, Malz und Hafer, Fische und Holz. Jedes Register sollte eine Feststellung des Ertrages und Erlöses enthalten.

Das in die unteren Instanzen gesetzte Vertrauen wurde allerdings oft mißbraucht, z. B. das Halten eigenen Viehs auf den herzoglichen Höfen gab Anlaß zu Tadel 55 ). Besonders die Ausbeutung und Überbürdung der armen Untertanen mußte gerügt werden, wobei neben dem sozialen Gesichtspunkt beson-


52) Die undatierte Amtsordnung aus der Zeit um 1545: Gen. Doman., Viehzucht; die Amtsordnung von 1567 u. Hg. Johann Albrechts "Verordente Termine" vom 28. Juli 1571: Gen. Doman., Acta. colleg. cam., Ordinationes.
53) Vgl. den Abschnitt über konjunkturelle Maßnahmen im Kap. über den Handel, S. - ff.
54) Die undatierte Kammer- und Rentereiordnung aus der Zeit um 1560: Gen. Doman., Acta. colleg. cam., Ordinationes. Verordnete Termine Hg. Johann Albrechts 1571 am gleichen Ort.
55) Undatierte Amtsordnung aus der Zeit um 1545: a. a. O.; Hg. Johann Albrechts Verordnete Termine: a. a. O.
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ders der hieraus erwachsende Schaden für die Herzöge betont wird. Die Leute sollten arbeitswillig gemacht und erhalten werden. Den Müllerburschen sollte z. B. eine Zulage gewährt werden, damit sie gut mahlen 56 ).

Die Bewirtschaftung sollte möglichst rationell und sparsam, bei Vermeidung unnötiger Unkosten, durchgeführt werden, damit Fortschritte in der Produktionsmenge erzielt werden könnten. Genaue Anweisungen finden sich für alle Zweige der Landwirtschaft, "damit das Ackerwerck, Weinberge, Hoppenhave und ander Garten- auch Viehezucht, Scheffereien, Fischereien, Mollen, auch alle andere Nutzung in gutem Vortgang und Besserunge" 57 ). Die Dreifelderwirtschaft war die übliche Art der Bewirtschaftung. Von den 6000 Hufen des einen Landesteils wurden 4000 besät, während 2000 brach lagen 58 ).

Besonders hervorzuheben ist aus den Bestimmungen 59 ) für den Ackerbau die Festsetzung der Fruchtfolge, z. B. daß nach Flachs weiße Rüben angebaut werden sollten. Die Äcker sollten in ordentliche Schläge eingeteilt werden und nur das beste Saatkorn sollte Verwendung finden. Die Gerste sollte im zweiten oder dritten Jahr umgewechselt und die Saat von den einzelnen Hufen ausgetauscht werden, damit ein besseres Wachstum erzielt werde. Man sollte darauf achten, daß alle landwirtschaftlichen Arbeiten zur rechten Zeit geschähen, und daß das Getreide trocken eingefahren wurde. Äcker und Wiesen, die in Gründen lägen und überschwemmt wären, sollten abgegraben werden, damit das Wasser abfließe und Korn und Heu gedeihen könnten.

Neben dem Ackerbau sollte eine ausgedehnte Gartenkultur und Bienenzucht getrieben werden. Es finden sich Bestimmungen über Gemüse-, Obst- und Weinbau. Die Gärten sollten erweitert, Obstbäume angepflanzt und veredelt werden. Das zum Bebauen nicht geeignete Land sollte mit Bäumen bepflanzt und das Jungholz zum Schutze umfriedet werden. Überhaupt bestand damals bereits eine geregelte und planmäßige Forstwirtschaft. Von der Aufforstung der Hölzungen ist öfter die


56) Amtsordnung von 1556: S. 13, Anm. 1; die Amtsordnung von 1567: a. a. O.; außerdem "Nützliche und notige newe Ordnungen anno 72": Gen. Doman., Reditus Camerales, Vol. I.
57) Undatierte Amtsordnung von 1556, S. 13, Anm. 1.
58) "Nützliche und notige newe Ordnungen anno 72": Gen. Doman., Reditus Camerales, Vol. 1.
59) Amtsordnung von 1567: a. a. O.
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Rede mit dem Bemerken, daß sie genügend Holz für die Untertanen liefern müßten und daß das überschüssige Holz verkauft werden sollte. Es sollte aber kein Holz unnütz gehauen und das gehauene Holz genau verzeichnet werden. Für jeden Stamm waren sechs junge Eichbäumchen in derselben Hölzung anzupflanzen.

Ebenso eingehende Bestimmungen finden sich für die Viehzucht und Geflügelhaltung. Es sollten genaue Verzeichnisse über die Kopfzahl angelegt werden. Die Art der Fütterung wurde genau bestimmt. Das Melkvieh war nach märkischer und meißenscher Art zu behandeln. Besonders sollte darauf geachtet werden, daß kein Getreide verfüttert wurde, es sollte in Kesseln für das Vieh gekocht und Kohl-, Hopfen- und Weinblätter sollten getrocknet als Futter dienen. Für das Jungvieh und die Muttertiere wurde besondere Wartung befohlen. In den Schäfereien sollte man durch sachgemäße Behandlung das Lämmersterben einzudämmen suchen 60 ). Zur Verbesserung der Zucht sollten junge Starken zugekauft werden. Von den Schäfereien sollten Böcke an die Untertanen zur Artverbesserung ihrer Schafe verkauft werden. Das Vieh sollte vor Krankheit geschützt, und aus diesem Grunde sollten alle Viehhöfe und Schäfereien untermauert werden.

Überhaupt standen die Baulichkeiten unter besonderer herzoglicher Fürsorge. Allgemein war bestimmt, daß sie in gutem Zustand zu erhalten wären. Vielfach finden sich Nachrichten über Neubauten und Instandsetzungen von Kornböden, Stallungen und Scheunen. 1548 wurde das Kornhaus zu Stavenhagen neu erbaut 61 ). Vom 28. Juli 1560 bis zum 2. Febr. 1561 wurde von einem Tischler mit drei Gesellen an einem Kornhaus zu Rehna gearbeitet und in den Jahren 1561 -64 zu Schwerin auf dem Klosterhof ein neues Kornhaus errichtet, wozu Bauholz aus Fürstenberg und Steine und Lehm zum Fundament zu Schiff herbeigeschafft wurden. In der gleichen und folgenden Zeit finden sich öfter Andeutungen über weitere Kornböden, Stallungen und Scheunen und deren Bau 62 ). Zu


60) Schäferordnung von 1566: Gen. Doman., Acta colleg. cam. Ordinationes. Eine neue Schäferordnung wird 1577 von Hg. Ulrich auf dem Güstrower Landtag angekündigt. Vgl. Spalding, a. a. O., S. 127.
61) Rent.-Reg. Schwerin 1548/51.
62) Rent.-Reg. Schwerin 1560/61, 1561/62, 1563/64 und Güstrow 1579/80.
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Wittenburg wurde 1561 an der Schäferei gearbeitet, zu Neustadt ein Ochsen- und Viehhaus gebaut 63 ) und 1565 wurden in den einzelnen Ämtern neue Schweinehäuser errichtet 64 ).

II. Die Krise der Landwirtschaft, beginnend in der Mitte des 16. Jahrhunderts.

A. Die Lage von Ackerbau und Viehzucht.

In der Zeit um die Jahrhundertmitte trat eine Krise für die mecklenburgische Landwirtschaft ein. Trotz aller Anordnungen und Anweisungen der Herzöge, die sicher z. T. eine Folge der Krisenerscheinung waren und in diese Zeit hineinreichten, war die Rentabilität des Ackerbaus und der Viehzucht stark in Frage gestellt. Der veranschlagte Getreideertrag, um dessen Steigerung man sehr bemüht war, konnte in den Jahren 1569/70 in Wirklichkeit nicht erreicht werden. Herzog Johann Albrecht hatte 1571 darüber zu klagen, daß durch Unregelmäßigkeiten und Unachtsamkeiten von den meisten Ämtern nicht ein Heller Überschuß bleibe und daß kaum das zweite oder dritte Saatkorn Frucht trage. Bei der Viehzucht sei der Abgang größer als der Nachwuchs. Die Folge müsse nach drei bis vier Jahren, falls keine Änderung einträte, ein Aussterben des Viehs sein. Der Flachsbau decke bei weitem nicht die Bedürfnisse. Aus diesem Grunde wurde befohlen, mehr Sorgfalt auf die Wirtschaft zu verwenden, damit die Einfuhr von Leinen verringert werde 65 ). Der Mangel an Produkten des Ackerbaus wurde auch vielfach bedingt durch Mißernten. Diese Tatsache fand ihren Niederschlag in den mannigfachen Ausfuhrverboten in dieser Zeit 66 ).

B. Die Intensivierung der Landwirtschaft durch Veredelungswirtschaft.

Eine Folge und Begleiterscheinung dieser Zustände mag die nunmehr erhöhte Intensivierung der Landwirtschaft sein. Durch Vergrößerung des Bestandes und durch Zuchtversuche in der Viehhaltung und durch eine Verbesserung der Gartenkulturen


63) Rent.-Reg. Schwerin 1560/61.
64) Schreiben Hg. Johann Albrechts an den Hauptmann von der Prignitz und Ruppin vom 19. April 1569: Gen. Doman., Viehzucht.
65) Hg. Johann Albrechts verordnete Termine 1571: a. a. O.
66) Vgl. das Kap. über Handelspolitik.
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suchte man eine Erhöhung der Rentabilität der Landwirtschaft zu erreichen.

Im Jahre 1555 wurden Ochsen aus Dänemark eingeführt 67 ), im Jahre 1558 für 200 Taler Vieh und Schweine aus Pommern, ebenso im Jahre 1561 68 ). Daß es dem Herzog Johann Albrecht sehr um gute Zuchtschweine zu tun war, beweist ein Schreiben des Hauptmannes von Prignitz und Ruppin, wonach dieser seine Bitte um eine Anzahl guter Zuchtschweine nicht erfüllen konnte 69 ). 1566 wurden 100 Schweine aus dem Stift Verden und eine Anzahl Zuchtschweine gekauft 70 ). Im gleichen Jahre wurden 300 Ochsen zum Preise von 1400 Talern in Podolien Westrußland) gekauft 71 ). Fast gleichzeitig fand eine Ochseneinfuhr von 226 Stück aus Polen statt 72 ), die auf die Ämter verteilt wurden. Die 100 größten sollten im Amte Neustadt gemästet und dann zum Teil verkauft werden, die übrigen in Mengen von 6 - 15 Stück an die übrigen Ämter versandt werden. Gleichzeitig erging der Befehl, den Amtleuten das nötige Korn und Stroh zur Fütterung zuzusenden. Es sollte aber nur altes und verdorbenes Korn neben Häcksel und Malztrebern verfüttert werden 73 ). Die Ochsenhäute wurden an die Schweriner Schuster verkauft 74 ). Das gleiche geschah mit den Hammel-, Schaf- und Lämmerfellen. Herzog Albrecht machte einen Vertrag mit einem gewissen Kaspar Kruse, der bei vereinbarten Preisen das Erstkaufrecht haben sollte 75 ). 1567 wurde eine allgemeine Bestimmung über den Verkauf von Fellen erlassen 76 ).

Ebenfalls aus Holstein wurde Vieh eingeführt. Der Küchenmeister von Wredenhagen erhielt 1564 den Auftrag, dort für 200 Gulden junges Rindvieh einzukaufen und ins Amt Schwe-


67) Die Korrespondenz der mecklb. Hge. mit Rostock, 8. Februar 1555.
68) Rent.-Reg. Schwerin 1557/58, 28. Juli 1558 u. 1560/61, 25. Juli 1561
69) Schreiben vom 19. April 1569, Gen. Doman., Viehzucht.
70) Rent.-Reg. Schwerin 1566/67, 2. Nov. u. 24. Dez. 1566.
71) Rent.-Reg. Schwerin 1560/61.
72) Rent.-Reg. Schwerin 1561/62, 31. Okt. 1562. Vgl. F. v. Lützow, Versuch einer pragmatischen Gesch. von Mecklb., Berlin 1835, 3. Teil, S. 94
73) Verzeichnis und Bericht, auf welche Ämter die 226 polnischen Ochsen verschickt werden sollen, Okt. 1561: Gen. Doman., Viehzucht.
74) Rent.-Reg. Schwerin 1561/62, 6. Juli 1562
75) Vertrag vom 5. Juli 1561: Gen. Doman., Viehzucht.
76) Amtsordnung 1567: a. a. O.
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rin zu bringen 77 ). Auch eine weitere Vergrößerung der Schafzucht scheint stattgefunden zu haben; sie nahm immer mehr an Bedeutung zu. Anfang der 70er Jahre wurde von Herzog Johann Albrecht eine Schäferei zu Wittenburg erbaut 78 ). Der Wollhandel ging damals weit über die mecklenburgischen Grenzen hinaus 79 ). In den Jahren 1550 -52 wurde Wolle nach Stettin versandt, 1550 etwa 580 Stein. Im Jahre 1559 kaufte der Magdeburger Bürgermeister für etwa 2650 Gulden alle vorrätige ein- und zweischerige Wolle in der Menge von 1880 Stein. Der Magister Simon Leupold verkaufte in herzoglichem Auftrag weiterhin Wolle in Bergedorf. Bis nach Sachsen und in die Niederlande, in die Lausitz und nach Schlesien ging sein Wollhandel. In Torgau, Schmiedeberg, Herzberg, Goldberg und Jessen wurde mecklenburgische Wolle von den Tuchmachern verarbeitet. Im letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts erreichte die Einnahme aus der Wolle durchschnittlich 5000 Gulden im Jahr 80 ).

Die Amtsordnung von 1567 hatte bestimmt, daß die herzoglichen Gärten für einen ausgedehnten Gemüsebau erweitert und der Überschuß daraus verkauft werden sollte. Im Frühjahr 1567 brachte ein Weinrebner aus Köln Weinstöcke nach Mecklenburg und pflanzte sie in Schwerin an 81 ). Erbsen wurden in ziemlicher Menge angebaut 82 ). Gartensamen wurde 1597 sogar aus Augsburg bezogen 83 ).

In den Wäldern wurde im Sinne der Amtsordnung von 1567 aufgeforstet. Herzog Ulrich kaufte Tannensaat aus der Mark 84 ). Das Holzroden und die Verwüstung der Holzungen wurde streng verboten 85 ).



77) Rent.-Reg. Schwerin 1563/64, 9. Sept. 1564.
78) Spalding, a. a. O., S. 50 u. 69. Vgl. ebenda S. 44 u. 77, wonach die Abschaffung kranker Schafe für sämtliche Schäfereien angeordnet wurde.
79) Gen. Doman., Schafzucht und Wollhandel.
80) Wollgeldregister 1595 - 1602: Gen. Doman., Schafzucht und Wollhandel.
81) Rent.-Reg. Schwerin 1566/67, 7. April 1567.
82) Gen. Doman., Landwirtschaft, Generalia 11569/70.
83) Rent.-Reg. Güstrow 1596/97: 26. Februar 1597.
84) Rent.-Reg. Güstrow 1578/79.
85) Spalding, a. a. O., S. 13, 44, 69.
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Kapitel 2.

Die Anfänge einer Gewerbepolitik
in Mecklenburg im. 16. Jahrhundert

Die sich im 15./16. Jahrhundert allmählich durchsetzende Überordnung der territorialen Gewalt über die städtische fand ihren besonderen Niederschlag in wirtschaftspolitischen Bestimmungen für Handwerk und Gewerbe.

Das erste grundlegende Gesetz für Mecklenburg ist die Polizeiordnung von 1516 86 ), die in den Jahren 1542, 1562 und 1572 mehrere Neuauflagen und Revisionen erlebte. Die Veranlassung zu der von den Herzögen Heinrich und Albrecht mit dem Einverständnis der Landstände veröffentlichten Gesetzgebung boten die Klagen der Untertanen über Unordnungen und Mißbräuche in den Städten, die seit 1512 an die Herzöge gelangt waren. Der herzogliche Sekretär Johann Monnick wurde beauftragt, eine Rundreise durch alle Städte zu unternehmen und über die dortigen Verhältnisse zu berichten. Auf Grund seiner Erkundigungen und der Klagen, die ziemlich überall bei den Städten die gleichen waren, wurde nun die neue Polizeiordnung ausgearbeitet. Sie enthält allgemeine Abgrenzungen der städtischen und ländlichen Rechte und Einzelverordnungen über die einzelnen Zweige von Gewerbe und Handwerk.

Einen Anlaß zu stetigen Streitigkeiten zwischen Stadt und Land gab das Braugewerbe, das, zu den städtischen Rechten gehörig, auf dem Lande von Adel und Bauern nicht ausgeübt werden durfte, damit jede Konkurrenz für die Städte und eine Schmälerung ihrer wirtschaftlichen Macht wegfiel. Die Polizeiordnung brachte nun genaue Bestimmungen, die beiden Teilen, der Stadt- und der Landbevölkerung, entgegen kamen und so


86) Unter dem Titel: "Ordeninge Statuta und settunge dem gemenen nutthe thom besten" erschienen in Arps Sammlung einiger mecklb. Landesgesetze und Verfassungen von Polizeisachen, Schwerin 1740 und in Bärensprungs Sammlung alter und neuer herzoglich mecklb. Landesgesetze, Schwerin 1779. Th. IV, S. 12 - 28. Vgl. P. Groth, Die Entstehung der Polizeiordnung des Jahres 1516, Jahrb. 57, 1892, S. 151 ff.
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alle Mißhelligkeiten durch genaue Abgrenzung der Gerechtsame zu beseitigen suchten. Es wurde verordnet, daß Adel und Geistlichkeit zwar brauen dürften, aber nur für den Eigenbedarf in ihrem Hause, keinesfalls sollten sie Bier gegen Entgelt ausschenken oder an die Krüger verkaufen. Alle anderen Landbewohner, wie die Bauern, Müller, Küster, durften nicht brauen, außer daß zur Erntezeit jeder Bauer für sich und sein Gesinde brauen konnte. Es wurde bei Strafe verboten, zu Kindtaufen, Hochzeiten und anderen Festen zu brauen. Zum wirtschaftlichen Schutz der Dorfkrüger, die ihr Bier aus der Stadt bezogen, ward verfügt, daß die Bürger sie nicht übervorteilen und mit Schulden belasten sollten. Der Krüger durfte nicht gezwungen werden, von seinem Gläubiger Bier zu beziehen, sondern sollte das Recht haben, zu kaufen, bei wem er wollte. Bei Abzahlung etwaiger Schulden sollte die Herrschaft behilflich sein 87 ).

Daß diese Verordnungen auch durchgeführt und Übergriffe der Städte gelegentlich verhindert wurden, zeigt ein Schreiben Herzog Heinrichs von 1517 an den Rat zu Rostock. Es handelte sich um einen Krüger zu Volkenshagen, den der Rat vertrieben hatte 88 ). Im Laufe des Jahrhunderts häuften sich aber doch trotz der Bestimmungen der Polizeiordnung die Klagen über das Bierbrauen auf dem Lande, so daß neue Verfügungen und Hinweise auf die Polizeiordnung nötig wurden. Auf Beschwerde der Stadt Wismar befahl Herzog Johann Albrecht 1549 allen Vögten, Küchenmeistern, Verwesern, Äbten, Propsten und allen Klöstern, dafür zu sorgen, daß entgegen den Bestimmungen der Polizeiordnung auf dem Lande kein Bier gebraut werde 89 ). Als die Städte sich auf dem Güstrower Landtage 1555 über Bierbrauen und Malzmachen auf den Dörfern beschwerten, wurde wiederum die Ungesetzlichkeit des Brauens auf dem Lande betont 90 ). Gleiche Klagen und Bestimmungen wiederholten sich auf den Landtagen von 1572 zu Güstrow und Sternberg, 1584 zu Sternberg und 1589 zu Güstrow. Die Amtsordnung von 1567 und eine Kon-


87) Die Verfügungen über das Brauen s. die §§ 11 - 14 der Polizeiordnung von 1516. Vgl. v. Rudloff, Neuere Gesch. von Mecklb., Rostock und Schwerin, 1821, III 1, S. 299 ff.
88) Die Korrespondenz der mecklb. Hge. mit Rostock, Vol. XV, 8. März 1517.
89) Entwurf eines Schreibens Hg. Johann Albrechts an Wismar, 24. Dez. 1549: Spec. Civit., Wismar, Vol. Xa.
90) Spalding, a. a. O., S. 14.
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stitution der Herzöge von 1571 wiederholten das Verbot ebenfalls 91 ).

Wichtig vor allem aber waren die sehr eingehenden Bestimmungen über das Handwerk, die ein großes Interesse der Herzöge für das innere Leben der Städte und ihr wirtschaftliches Gedeihen bekunden. Von grundlegender Bedeutung war die Bestimmung der Polizeiordnung von 1516, daß das Handwerk ein Privileg der städtischen Einwohner bleiben und, außer den Schmieden, kein Handwerker auf dem Lande geduldet werden sollte 92 ). Diese Bestimmung wiederholte sich in späterer Zeit, außer in den neuen Polizeiordnungen, in den Entschlüssen der Herzöge Johann Albrecht und Ulrich auf dem Güstrower Landtag von 1555 93 ) und in der Amtsordnung von 1567 94 ). Eine Überfüllung im Handwerk, die das wirtschaftliche Auskommen der einzelnen in Frage stellen würde, sollte vermieden werden. Es wurde in der Polizeiordnung ein numerus clausus für Handwerker in den Städten aufgestellt, damit in jeder Stadt und in jedem Handwerk oder Amt nicht mehr Leute zugelassen wurden, als nötig waren und Existenzmöglichkeit hatten. Die Entscheidung hierüber wurde dem Ermessen des Rates einer jeden Stadt überlassen 95 ). Weiterhin wurde betont, daß tüchtige Handwerker gefördert 96 ) und Mißstände innerhalb des Handwerks beseitigt werden sollten 97 ).

Genaue Richtlinien wurden für die einzelnen Zweige des Handwerks aufgestellt. Die Polizeiordnung von 1516 wies den Rat der Städte an, im Interesse des gemeinen Wohls darauf zu achten, daß die Bäcker gutes Brot mit richtigem Gewicht backten, Fleischer, Schuhmacher und Schmiede ihre Ware zu angemessenen Preisen feilböten. Zur Kontrolle sollten sachverständige Ratsmitglieder mindestens alle Vierteljahr einmal Besichtigungen vornehmen und die Übertreter unter Strafe stellen 98 ).


91) Spalding, a. a. O., S. 44, 50, 67/68, 76, 97, 153, 188 u. Gen. Doman., Acta colleg. cam. Ordinationes.
92) § 20 der Polizeiordnung von 1516.
93) Spalding, a. a. O., S. 14/15.
94) Gen. Doman., Acta colleg. cam. Ordinationes.
95) § 37 der Polizeiordnung von 1516.
96) Amtsordnung von 1567: Gen. Doman., Acta colleg. cam. Ordinationes
97) Spalding, a. a. O., S. 12, Güstrower Landtag, Judica 1555.
98) § 19 der Polizeiordnung von 1516. Vgl. Rudloff, a. a. O., S. 301.
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Sogar in die Gepflogenheiten der Zünfte griffen die herzoglichen Bestimmungen ein. Die Polizeiordnung verbot übertriebene Schlemmereien bei Gildeschmäusen, die Anlaß zu wirtschaftlicher Schädigung der einzelnen und der Allgemeinheit wären. Außer der Pfingst- und Schützengilde waren alle Veranstaltungen untersagt. Es sollten in keinem Handwerk mehr als zwei Innungsversammlungen, Morgensprachen genannt, stattfinden; es durfte bei diesen Anlässen wohl Bier geschenkt, aber keine Speise aufgetragen werden 99 ).

Alle Handwerker sollten freien Eingang in ihr Amt haben, d. h. ohne Geld dafür zu entrichten und Meisterschmäuse dafür zu veranstalten 100 ). Weiterhin wurde bestimmt, daß die Lehrlinge dem Meister nicht mehr als das übliche Lehrgeld geben und beim Meisterstück dem Meister keine Geschenke machen sollten 101 ).

Um das Handwerk und dessen Wohlstand weiterhin zu schützen, wurden Mißbräuche, die wirtschaftliche Schädigung bedeuten, aufgehoben. Als sich das Schusterhandwerk zu Neubrandenburg 1572 beschwerte, daß ungelernte Schuster sich in den Städten und sogar auf dem Lande niederließen und Fellkäufer die Felle bei den Bauern aufkauften und so die Zufuhr in die Städte hinderten, was Teurung und Übervorteilung zur Folge habe, sorgten die Herzöge Johann Albrecht und Ulrich für Abhilfe. Sie stellten dabei die Bedingung, daß beim Schusterhandwerk selbst keine Übertretungen der Polizeiordnung mehr vorkämen und die festgesetzten Höchstpreise nicht überschritten würden. Übertretungen wurden bestraft und bei dreimaliger Wiederholung das Handwerk entzogen 102 ). Ebenso verfuhr man 1572 mit dem Tischlerhandwerk. Es wurde einerseits in seinen Interessen unterstützt und andererseits zur Innehaltung der Vorschriften ermahnt. Für angemessene Preise sollte es sorgen und den Entwurf einer Neuordnung den Herzögen zur Überprüfung vorlegen 103 ).



99) §§ 30, 33, 44 u. 51 der Polizeiordnung von 1516.
100) §§ 32 u. 35 der Polizeiordnung.
101) § 41 der Polizeiordnung.
102) Spalding, a. a. O., S. 70/71: Güstrower Landtag vom 25. März 1572.
103) Spalding, a. a. O., S. 71: Güstrower Landtag vom 25. März 1572.
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Kapitel 3.

Die Anfänge einer Industriepolitik
in Mecklenburg im 16. Jahrhundert

Innerhalb der Wandlung, die sich in der wirtschaftlichen Struktur Mecklenburgs durch eine bewußte Wirtschaftspolitik der Herzöge im 16. Jahrhundert vollzog, nimmt der Beginn einer verzweigten Industrialisierung einen verhältnismäßig bedeutenden Raum ein. Diese Tatsache ist dadurch, daß Mecklenburg stets vorwiegend ein Agrarland war und heute noch ist, doppelt bemerkenswert. Das Bestreben der Herzöge, alle nur irgend möglichen wirtschaftlichen Kräfte aus dem Lande herauszuholen und es so nach außen hin unabhängig und sogar exportfähig zu machen, führte zur Entstehung mannigfacher industrieller Unternehmungen. Es entstanden eine Eisenindustrie, Salpetersiedereien, ein großes Alaunwerk, Kupfer- und Messingwerke, Pulver- und Papiermühlen und andere Rohstoffe verarbeitende Betriebe an verschiedenen Stellen des Landes. Bemerkenswert ist, daß sogar die für die Herstellung notwendigen Rohprodukte, die im Lande nicht oder nicht genügend vorhanden waren, eingeführt wurden, um in Mecklenburg verarbeitet zu werden, wie es in der Eisen- und Kupferindustrie geschah. Wenn auch der Erfolg der industriellen Betriebe in vielen Fällen sich als bedeutungslos erwies, so bleibt doch die Tatsache, daß auch auf diesem Gebiet ernste Bemühungen der Herzöge um die Verbesserung der mecklenburgischen Wirtschaft stattfanden.

§ 1. Eisen- und Kupferindustrie

Erste Spuren einer Eisenherstellung in Mecklenburg finden sich bereits im 13. Jahrhundert 104 ). Seit dem Anfange des 16. Jahrhunderts wurden dann mehrere Eisenwerke in Mecklenburg errichtet, zu deren Entwicklung das Eingreifen der Herzöge wesentlich beigetragen hat. Wenn man die Geschichte


104) Lisch, Gesch. der Eisengewinnung in Mecklb. aus inländischem Rasenerz: Jahrb. 7, 1842, S. 54.
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dieser Eisenwerke verfolgt, ergibt sich die bemerkenswerte Tatsache, daß auch hier, wie im Bergwerks- und Salinenwesen, der Erfolg kein dauernder war und daß die Werke der fürstlichen Kasse keinen Gewinn brachten.

Die Herzöge bemühten sich, das Eisen im eigenen Lande herzustellen, das früher aus Wernigerode, Schmalkalden, aus den Hansestädten und in der Hauptsache aus Schweden eingeführt worden war 105 ). Vor allem sind es die Herzöge Albrecht VII. und später Johann Albrecht I., die ihre Aufmerksamkeit den Eisenhütten zuwandten und sich bemühten, sie zur wirtschaftlichen Blüte zu führen. Einen ersten Anhaltspunkt für die auf Eisengewinnung gerichteten Bemühungen bietet ein Hinweis auf ein Eisenwerk in Grabow aus dem Jahre 1513 106 ). Aus einem Schuldbrief des Besitzers Johann Reymundt geht hervor, daß dieser das Eisenwerk von den Herzögen Heinrich und Albrecht zu Lehn hatte. Eine zweite undatierte Nachricht über einen Eisenhammer Herzog Heinrichs findet sich in dem Bruchstück eines Rentereiregisters, das, der Schrift nach zu urteilen, aus der Zeit um 1530 stammt 107 ). Ob es sich hierbei um das soeben erwähnte Eisenwerk zu Grabow handelt oder um den Eisenhammer in Neustadt, über den aus dem Jahre 1544 der erste Bericht vorliegt, oder um ein drittes, sonst nie genanntes Werk, ist nicht festzustellen. Ich möchte mich der Ansicht zuwenden, daß es sich um eine erste Aufzeichnung über den Eisenhammer zu Neustadt handelt, der 1544 wieder aufgerichtet wurde, wie es ausdrücklich in dem Kontrakt Herzog Heinrichs mit dem Blechschmied Mathes Schatz heißt 108 ). In dem Rentereiregister sind die Einnahmen und Ausgaben auf den Hammer verzeichnet, einer Einnahme von etwa 600 Gulden steht eine etwas größere Ausgabe gegenüber. Bemerkenswert ist, daß der zur Eisenherstellung nötige Eisenstein, genannt Osemunt, aus Lübeck bezogen wurde, das wohl die Einfuhr aus Schweden vermittelte.

Im Jahre 1544 fand nun ein Ausbau und eine Vergrößerung des Eisenhammers zu Neustadt statt, neben welchem außerdem noch ein Blechhammer angelegt wurde 109 ). Herzog


105) Rent.-Reg. Schwerin 1518/19 und 1526/27.
106) Acta mineralium Mecl., Vol. II. Vgl. Lisch, a. a. O., S. 56.
107) Aus ungeordneten Beständen.
108) Jahrb. 7, S. 85. Vgl. Lisch, a. a. O.., S. 56
109) Hierüber und über das Folgende vgl. Lisch, a. a. O.., S. 56
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Albrecht beauftragte am 20. April 1544 den Blechschmied Matthias Schatz aus Nürnberg, die Aufsicht über den Eisenhammer zu übernehmen, und übergab ihm den Blechhammer in Erbpacht. Das Gebäude hatte dieser auf eigene Kosten zu erhalten und jährlich 40 Gulden Erbpacht zu zahlen. Wie sich die Anlage rentierte, ist nicht bekannt, jedenfalls existierte im Jahre 1572 der Blechhammer nicht mehr. Die Schmelzhütte bestand jedoch fort, wenn sie auch in der Zwischenzeit keine Erwähnung findet; 1570 wurde sie durch Herzog Johann Albrecht neu eingerichtet, der am 17. Juli den Eisenschmelzer Hans Maltzsch aus Steinbach auf sechs Jahre in seinen Dienst stellte. Es wurden Kugeln aller Art, Kanonen, Granaten, Mörser, Destillierkolben, Öfen, Mühlenzapfen, Gewichte, Pressen usw. hergestellt. Nachdem die Herstellungsmenge zuerst sehr gestiegen war, nahm sie wieder bedeutend ab und sank 1579 mit 290 Zentnern unter die für 1572 verzeichnete Menge von 350 Zentnern. Wie groß in dieser Zeit das Interesse des Herzogs am Gedeihen des Werkes war, zeigen die günstigen Bedingungen für den Schmelz- und Gießmeister, der seine Arbeiten nach einer bestimmten Taxe bezahlt bekam und daneben einen bestimmten Geld- und Naturallohn erhielt; außerdem wurden die Hilfskräfte ebenfalls von dem Herzog bezahlt. Da die Schmelz- und Gießhütte einen jährlichen Zuschuß brauchte, legte der Herzog im Jahre 1574 neben der Gießerei einen Frischhammer an, wo täglich zwei Zentner Stangeneisen zu Nägeln verarbeitet werden sollten. Zum Meister für dieses Werk wurde am 10. Mai 1574 Balthasar Keiner aus Schmalkalden bestellt. Einen Beweis für die ernstliche Bemühung des Herzogs, das Unternehmen zweckmäßig und rentabel anzulegen, bietet weiterhin die interessante Tatsache, daß er sich einen Bericht über das brandenburgische Eisenwerk zu Klosterfelde in der Neumark verschaffte. Der Herzog schloß oft persönlich die Rechnungen ab und zahlte den erforderlichen Zuschuß. Als er 1576 gestorben war, ließ Herzog Ulrich sich alljährlich genaue Berechnungen einliefern. Da diese in den Jahren 1576 bis 1579 zeigten, daß die Werke ohne Zuschuß nicht existieren konnten, der Holz- und Kohleverbrauch unverhältnismäßig groß war, wurden die Werke, da der Ertrag den Aufwendungen nicht entsprach, stillgelegt.

Außer diesen beiden Eisenwerken in Grabow und Neustadt wurden noch zwei Hämmer durch Herzog Christoph gebaut, die aber nicht genau zu lokalisieren sind, die die Ortsangabe in

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beiden Fällen fehlt 110 ). Am 14. April 1563 beauftragte Herzog Christoph einen gewissen Wolf Spranger, einen neuen Eisenhammer auf seine eigenen Kosten zu bauen, wozu das nötige Holz ihm geliefert werden sollte. Er erhielt die Hammer zu Erblehn und hatte dafür jährlich 50 Mark lüb. an das Amt Schönberg zu bezahlen. Es ist demnach anzunehmen, daß der Hammer im Amt Schönberg lag. Der Bau des Werkes geschah also mit Unterstützung des Herzogs, aber ohne Risiko seinerseits, während bei dem Werk in Neustadt das Unternehmen ganz in den Händen der Herzöge Johann Albrecht I. und Ulrich lag.

Nachdem der im Gebiet Herzog Christophs gefundene Eisenstein von Sachverständigen untersucht worden war, ließ der Herzog 1575 zu dessen Verarbeitung eine Mühle an einem Wasser erbauen 111 ). Er bat die Sachverständigen, da er die Arbeit bald begonnen wissen wollte, einen der Eisengewinnung kundigen Mann zu ihm zu senden. Ob es sich bei dieser Eisenmühle um die Hammermühle zu Mannhagen bei der Steinburg oder um die zu Mechow (Bäk) bei Ratzeburg handelt, ist ungewiß. Jedenfalls zeigt auch dieses Unternehmen, wie groß Herzog Christophs Interesse für solche Anlagen war, und daß außer den bekannten Eisenwerken zu Grabow und Neustadt zu dieser Zeit noch weitere Betriebe entstanden.

Trotz der Armut Mecklenburgs an Edelmetallen bestand in Neustadt außer dem Eisenwerk in den achtziger und neunziger Jahren auch ein Kupferwerk. Aus dem Jahre 1592 ist das Bruchstück eines Inventars dieses Werkes erhalten 112 ), und am 3. Dezember 1593 besichtigte Herzog Ulrich persönlich die Kupfermühle 113 ). 1594 wurden größere Mengen Kupferkies und Kupfervitriol aus Goslar eingeführt 114 ). Es ist wohl anzunehmen, daß diese im Kupferwerk von Neustadt verarbeitet wurden. 1580/81 ist bereits eine Einnahme von 182 Gulden 8 Schillingen für verkauften Kupfer verbucht 115 ). Daneben wurde noch Kupfer eingeführt, 1585 aus Dresden und vorher 1569 und 1570 aus Ungarn 116 ). Neben dieser Kupfermühle


110) Acta mineralium Mecl., Vol. I.
111) Vgl. Lisch, a. a. O., S. 62.
112) Vgl. Lisch, a. a. O., S. 61.
113) Rent.-Reg. Güstrow 1593/94.
114) Acta mineralium in genera, Fasc. I.
115) Rent.-Reg. Schwerin 1580/81.
116) Rent.-Reg. Güstrow 1585 und 1569/70.
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in Neustadt bestand noch eine solche bei Rostock, die 1572 kurz erwähnt wird 117 ). Zu Neustadt, das der Mittelpunkt der mecklenburgischen Industrie war, bestand zur gleichen Zeit wie das Kupferwerk ein Messingwerk, das auch in dem soeben erwähnten Inventar von 1592 erwähnt wird. Es zeigt sich also, daß Mecklenburg zu dieser Zeit eine nicht unbedeutende Metallindustrie hatte.

§ 2. Salpetersiedereien

Im Laufe des 16. Jahrhunderts entstanden in Mecklenburg eine Reihe von Salpetersiedereien. Der Einblick in ihre Entwicklung 118 ) gibt ein lebendiges Bild von der Art der Betriebsführung und dem Anteil der Herzöge Johann Albrecht I. und Ulrich an diesem industriellen Zweige. Während noch in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts der notwendige Salpeter nach Mecklenburg eingeführt worden war - Belege dafür sind Briefe über einen Salpeterkauf in Hamburg durch Hans Holm im Jahre 1523 und einen Salpeterkauf von zwei Erfurter Bürgern im Jahre 1526 -, begann in den siebziger Jahren eine großzügige Herstellung im eigenen Lande, deren Mittelpunkt zunächst Parchim war.

Wie aus einem Schreiben Ulrichs aus Schwerin vom 11. April 1573 an Herzog Johann Albrecht hervorgeht, waren schon Anfänge einer Salpetergewinnung in Mecklenburg von privater Seite gemacht worden. In diesem Schreiben wurde dem Herzog, der um Zusendung eines Salpetersieders gebeten hatte, mitgeteilt, daß ein solcher schwer aufzutreiben sei, da die Meister Verträge mit den Adligen hätten, denen sie für den Boden, aus dem die Salpetererde gewonnen würde, eine Gebühr bezahlten. Da sie so den überschüssigen Gewinn für sich behalten konnten, wollten sie sich nicht gern in fürstlichen Dienst begeben. Mit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts jedoch gelang es den Fürsten, das Salpetersieden so sehr unter ihren Einfluß zu bringen, daß es 1584 sogar zu einem Regal wurde; die Herzöge nahmen das alleinige Recht für sich in Anspruch, Salpeter sieden zu lassen, der Salpeterzehnte mußte von den Siedern an die fürstliche Kasse gezahlt werden, d. h. der zehnte


117) Rent.-Reg. Schwerin 1572/73.
118) Acta betr. Salpetersiedereien in Mecklb., Fasc. 1: zu Parchim 1572 - 1650, Fasc. 3: überhaupt und an verschiedenen Orten 1569 - 1786.
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Zentner mußte kostenlos abgeliefert werden, während vorher die Sieder noch die Möglichkeit hatten, den überschüssigen Salpeter in Hamburg, Lüneburg oder anderswo zu verkaufen. Der Salpeter wurde zum Handelsobjekt und zu einer willkommenen Einnahmequelle für die fürstlichen Finanzen.

Die Salpetersiedereien zu Parchim werden zum ersten Male 1572 erwähnt. Der Salpetersieder erhielt 20 Gulden zur Löhnung seiner Knechte. Am 16. August erhielt dieser zum gleichen Zweck und zum Ascheeinkauf 30 Gulden, am 22. Mai 1573 15 Gulden 119 ). Laut des Dienstvertrages wurde dem Salpetersieder das notwendige Werkzeug zur Verfügung gestellt. Er erzielt bei halbjährlicher Kündigung jährlich 40 Gulden, für jeden Knecht 8 Gulden und Deputat. Herzog Ulrich schrieb an alle Amtsleute, Küchenmeister, Vögte usw., daß dieser Salpetersieder mit Namen Hans Koeler in seinem ganzen Lande Salpetererde graben dürfe unter der Bedingung, daß dadurch die Bürger und Bauern, in deren Ställen und Scheunen er graben werde, nicht geschädigt würden. Holz, Asche und alles andere notwendige Material sollte ihm zur Verfügung gestellt werden. Trotzdem litt jedoch die Salpeterherstellung zunächst unter dem Mangel der dazu notwendigen Produkte. Es bestanden also Schwierigkeiten, die Salpetersiederei in Gang zu bringen. Einen großen Teil der Schuld daran trug die Geldnot des Herzogs.

Am 4. Oktober 1573 befand sich bereits ein zweiter Salpetersieder mit Namen Berndt Ferber zu Parchim. Von da ab scheint der Salpetersieder das nötige Material gehabt zu haben. Aus dem Jahre 1575 ist ein Verzeichnis der Asche vorhanden, die aus den einzelnen Ämtern geliefert wurde. Zu diesem Register ist auch die Lieferung von Holz angedeutet. Von Fastnacht 1577 ab bis Ostern 1582 erhielt auch Hans Koeler wieder seine jährliche Besoldung von 40 Gulden. Er beschäftigte in dieser Zeit drei bis vier Knechte, darunter einen Meisterknecht 120 ). Damals scheint also das Salpetersieden in Blüte gestanden zu haben. Ein Beweis dafür ist, daß sogar Salpeter ausgeführt wurde. Am 18. April 1577 zahlte der König von Dänemark 785 Gulden 8 Schilling für 31 Zentner Salpeter 121 ).


119) Rent.-Reg. Schwerin 1572/73.
120) Rent.-Reg. Schwerin der Jahre 1576 - 82.
121) Rent.-Reg. Schwerin 1576/77.
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In den achtziger und neunziger Jahren des 16. Jahrhunderts fanden noch manche Bestallungen von Salpetersiedern statt, die außer in Parchim an verschiedenen Orten des Landes wirken sollten. Es wurde immer wieder betont, daß man ihnen das nötige Material zur Verfügung stellen sollte, sogar von den Kanzeln aus sollte den Bauern nahe gelegt werden, ihnen ihre Asche zu billigen Preisen zu überlassen. Die Küchenmeister erhielten Befehl, für den Zentner abgelieferten Salpeter 13 Taler zu zahlen und ihn an sicherem Ort aufzubewahren. Die Salpeterherstellung fand nun in großen Mengen statt, was aus den Ablieferungslisten hervorgeht. Wie schon gesagt, wurde der Salpeter zu einem einträglichen Handelsobjekt. Er wurde für 13 Taler pro Zentner von den Salpetersiedern aufgekauft und für 18 Taler wieder verkauft. Am 8. Februar 1586 kaufte ein gewisser Goedert von Borchau aus Hamburg 148 Zentner und 15 1/2 Pfd. Salpeter zum Preise von 2666 Talern 14 Schillingen. Nach Lübeck wurde in den Jahren 1591/92 ebenfalls Salpeter versandt 122 ). Mecklenburg entwickelte sich also hier von einem Einfuhr- zu einem Ausfuhrlande. Die Salpeterherstellung sicherte dem mecklenburgischen Lande die eigene Versorgung mit Salpeter und ermöglichte darüber hinaus den Versand nach außerhalb.

§ 3. Das Alaunwerk bei Eldena.

Ungefähr zur gleichen Zeit, als die Salpetersiedereien entstanden, wurde bei Eldena am Wantzenberge Alaun entdeckt und im Anschluß daran eine Alaunsiederei angelegt 123 ). Ein besonderes Verdienst um dieses Alaunwerk hatten ebenfalls die Herzöge Ulrich und Christoph 124 ).

Am 24. Juli 1576 125 ) bestellte Herzog Ulrich Hans Stecher aus Huchholz in Sachsen zum Alaunsieder für das neue Werk.


122) Rent.-Reg. Schwerin 1591/92.
123) Acta, die Alaunsiedereien in Mecklb., und zwar auf dem Wantzenberge zwischen Conow und Eldena (Alaunbergwerk im Amte Eldena) betr., de a. 1576 - 1757: Rent.-Reg. Güstrow 1576, 1580/81 und 1587; Schulz, Coll. Mecl., de a. 1577; Manzel, Bützowsche Ruhestunden, XIV St. S. 23. Vgl. Jahrb. 11, S. 130, und Rudloff, Mecklb. Gesch., III, 2, S. 167.
124) Vgl. Lisch, a. a. O., S. 63.
125) Das Alaunwerk wurde also ein Jahr früher eingerichtet, als es Lisch, Rudloff und Manzel bekannt geworden ist. Übereinstimmend wird dort 1577 als Entstehungsjahr angegeben.
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Er sollte mit seinen sechs Gehilfen jährlich mindestens 1000 Zentner Alaun herstellen. Als Besoldung erhielt er jährlich 150 Taler und Naturallohn, den ihm das Klosteramt Eldena zuzustellen hatte. Das notwendige Werkzeug bekam er geliefert. Wichtig ist die Bestimmung, daß er darauf achten sollte, daß die Gehilfen voll beschäftigt würden, andernfalls sollte er Entlassungen vornehmen; es bestand also das Bestreben, das Lohnkonto nicht unnütz hoch steigen zu lassen. Der Alaunsieder stellte dann ein genaues Inventar auf, wie es für das Alaunwerk notwendig war. Aus diesem ist ersichtlich, daß die Anlage für die damalige Zeit sehr großzügig und technisch durchdacht war. Das nötige Holz wurde in der Lewitz genauen und die Elde hinabgeflößt. Zum Erzgraben forderte der Siedemeister weitere 12 Arbeiter an.

Sofort nach Einrichtung des Werkes wurde von Herzog Ulrich für Absatzmöglichkeiten des Alauns gesorgt. Er ersuchte bereits am 3. Juli 1578 die 14 größten Städte Mecklenburgs, bei den Gewandfärbern nachzufragen, ob sie Alaun gebrauchen könnten. Sie sollten diesen nicht mehr außerhalb des Landes einkaufen, sondern ihren Bedarf im Inlande decken. Es wurden sogar Alaunproben an die Färber gesandt.

Da der Alaunsieder Hans Stecher sich nicht als tüchtig genug erwies und die Aufwendungen unter seiner Leitung von Herzog Ulrich für viel zu hoch erachtet wurden und dem Ertrag nicht entsprachen, wurde er am 25. Juli 1578 durch Bastian Bentz aus Kaufungen in Sachsen und Steffen Lange aus Wickersrode in Hessen ersetzt, die die Anlage verbessern sollten, damit sie sparsamer wirtschaften und jede Woche mindestens 10 Zentner reinen Alaun abliefern könnten. Nach erfolgter Umstellung sollte einer von ihnen das Alaunwerk übernehmen. Michaelis 1578, also nach drei Monaten, wurde Sebastian Bentz dann zum ständigen Siedemeister bestellt. Die Zahl der dauernden Hilfskräfte wurde auf 18 erhöht. Nach dem Tode des Bastian Bentz 1584 trat Oswald Lange an seine Stelle; die jährliche Besoldung von 200 Talern wurde bei ihm auf 140 Taler herabgesetzt. Dem Hauptmann und Küchenmeister zu Eldena wurde befohlen, darauf zu achten, daß größte Sparsamkeit auf dem Alaunwerk obwalte. Die Herstellungsmenge entsprach jetzt der Forderung des Herzogs; sie betrug im nächsten Jahre 500 Zentner und es blieb ein Überschuß von 1039 Gulden. Ostern 1587 wurde wiederum der Siedemeister gewechselt, dessen Lohn weiter auf jährlich 100 Taler herab-

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gesetzt wurde. Aus der Folgezeit fehlen Nachrichten über das Alaunwerk; aus dem Jahre 1601 ist aber bekannt, daß der Alaun nach Hamburg und Lübeck zum Verkauf gesandt wurde, er also zum Handelsobjekt nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb des Landes geworden war.

§ 4. Papiermühlen.

Mit der Entstehung der Buchdruckereien wurde eine große Menge an Papier nötig. Während früher das Papier aus Hamburg, Lübeck und Berlin bezogen worden war 126 ), begann man nun mit der Herstellung in Mecklenburg selbst. Auch hier war es wieder das persönliche Eingreifen der Herzöge, das den neuen Industriezweig förderte, der auch vom kulturellen Standpunkt aus sehr bedeutsam war.

Bereits 1519 schlossen die Herzöge Heinrich und Albrecht mit den Papiermachern Kaspar Vischer und Blasius Grün einen Vertrag über Aufrichtung einer Papiermühle zu Sternberg 127 ). Die Herzöge stellten die Lieferung des Inventars in Aussicht und verlangten eine jährliche Pacht von 40 Gulden. Ob der Bau zustande kam und wie lange die Mühle bestand, ist nicht feststellbar. Im gleichen Jahre 1519 wurde das Projekt einer Papiermühle zu Neustadt erörtert 128 ). Ob es sogleich ausgeführt wurde, ist aus den Akten nicht zu ermitteln, jedenfalls bestand die Papiermühle schon vor dem Jahre 1544 129 ). 1558 wurde ein Pächter mit Namen Michel Wolter vom Herzog Johann Albrecht angestellt, der aus seinen Waldungen das zum Ausbau der Mühle erforderliche Holz lieferte und dem Amtmann zu Neustadt befahl, für den guten baulichen Zustand der Papiermühle zu sorgen.

Ungefähr zur gleichen Zeit wurde in Grabow 130 ) eine Papiermühle erbaut. In welches Jahr der Beginn ihrer Tätigkeit fällt, ist ungewiß; erwähnt wurde sie zum ersten Male 1525. Im Jahre 1547 wurde sie dem Papiermüller Groen lebenslang in Pacht gegeben. Um 1589 war Martin Tiede dort als Papiermüller tätig. Dieser erhielt das Privileg


126) Rent.-Reg. Schwerin und Güstrow 1518/19.
127) Vgl. Wilhelm Stieda, Mecklb. Papiermühlen, Jahrb. 80, 1916, S. 126.
128) Vgl. Stieda, a. a. O., S. 126.
129) Vgl. Lisch, a. a. O., S. 57.
130) Vgl. Stieda, a. a. O., S. 126.
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zum Lumpensammeln im ganzen Fürstentum. Die Papiermühle bestand in den folgenden Jahren fort und rentierte sich, nachdem sie neu hergerichtet worden war, zunächst sehr gut, was aus der Erhöhung des Jahreszinses hervorgeht.

Eine weitere Papiermühle wurde 1585 durch Herzog Ulrich auf Veranlassung der Rostocker Gelehrten zu Bützow angelegt 131 ). Der Herzog besichtigte persönlich den Ort, wo sie gebaut werden sollte. Ebenfalls in den achtziger Jahren wurde zu Gadebusch der Bau einer Papiermühle durch Herzog Christoph und seine Gemahlin geplant; das zur Verfügung stehende Geld reichte zunächst nicht aus, im Jahre 1611 aber bestand an dieser Stelle eine Papiermühle 132 ). Ob die von Herzog Johann Albrecht und Herzog Ulrich im Jahre 1577 geplante Papiermühle zu Parkentin zur Ausführung gelangte, ist ebenfalls fraglich 133 ).

Die mecklenburgische Papierfabrikation gelangte bald zu großem Ansehen. Ihr Ruhm drang so weit, daß Herzog Ernst Ludwig von Pommern schon 1579 Herzog Ulrich bat, ihm einen Papiermacher zu empfehlen, da er beabsichtige, in seinem Lande auch Papiermühlen anzulegen, trotzdem vermochte sich die mecklenburgische Papierindustrie auf die Dauer gegen die holländische, französische und englische Konkurrenz nicht durchzusetzen, da sie im Verhältnis zu den ausländischen Fabriken mit primitiven Betriebsmitteln arbeitete. Das Verdienst der mecklenburgischen Herzöge bleibt es aber, den Versuch einer umfangreichen Papierherstellung in Mecklenburg überhaupt gemacht und diese nach Kräften unterstützt zu haben.

§ 5. Sonstige industrielle Betriebe.

Außer den soeben geschilderten Industriezweigen bestanden im 16. Jahrhundert noch andere Betriebe industrieller Art, die ein weiterer Beweis für die große wirtschaftliche Betriebsamkeit in Mecklenburg zu jener Zeit sind.

Im Jahre 1512 ließen die Herzöge Heinrich und Albrecht eine Sägemühle im Amte Strelitz erbauen 134 ). 1519 bestand


131) Vgl. Rudloff, a. a. O., S. 167, u. Manzels Bützowsche Ruhestunden, XIV, St. , S. 23.
132) Gerdes Nützliche Sammlung, 1736, S. 337, § 35.
133) Vgl. Stieda, a. a. O., S. 126.
134) Schreiben der Hge. Heinrich und Albrecht an die Stadt Rostock vom 25. März 1512: Korrespondenz mit Rostock, Vol. XIV.
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eine Sagemühle zu Lübz 135 ), die mit fürstlichen Geldern errichtet wurde. Außerdem bestanden Pulvermühlen in Neustadt, Rehna und Rühn 136 ). Die Pulvermühle zu Neustadt war bereits 1520 vorhanden. Eine Ölmühle befand sich am Ende des Jahrhunderts im Amte Grabow und wurde von der Elde getrieben 137 ). Eine Walkmühle wurde 1571 auf Kosten der fürstlichen Kasse erbaut 138 ). Ob schon Ansätze zu einer Glasindustrie, die sich erst im 17. Jahrhundert in Mecklenburg reger entfaltete, vorhanden waren, ist ungewiß 139 ). Die bei Hofe nötigen Gläser wurden noch aus der Glashütte bei Stintenburg in Lauenburg bezogen 140 ).

Die industrielle Entwicklung nahm im beginnenden 17. Jahrhundert ihren Fortgang. Die Grundlage dazu geschaffen zu haben, ist das Verdienst der bewußten wirtschaftlichen Gesinnung des 16. Jahrhunderts und der in dieser Zeit regierenden Herzöge, die alle, zwar in verschieden hohem Maße, an dieser Entwicklung mitgeholfen haben.


Kapitel 4.

Das Bergwerkswesen in Mecklenburg
im 16. Jahrhundert.

Mannigfache Bestrebungen der mecklenburgischen Herzöge im 16. Jahrhundert finden sich auf dem Gebiete des Bergwerkswesens. Antrieb hierzu war sowohl das persönliche, wissenschaftliche Interesse, das besonders bei Herzog Christoph vorhanden war 141 ), als auch die Finanznot der Fürsten. Die uns


135) Rent.-Reg. Schwerin 1518/19.
136) Lisch, a. a. O., S. 57 u. Rudloff, a. a. O., S. 177.
137) Stieda, a. a. O., S. 145. Vgl. Rudloff, a. a. O., S. 167.
138) Rent.-Reg. Schwerin 1571/72.
139) Ulrich Graf von Oynhausen, Glashütten in Mecklb.: Jahrb. 70, 1905, S. 269.
140) Rent.-Reg. Güstrow 1590/91.
141) Vgl. Lisch, Gesch. der Eisengewinnung in Mecklb. aus inländischem Rasenerz: Jahrb. 7, 1842, S. 61; A. Bergengrün, Hg. Christoph von Mecklb.: Bibliothek livl. Gesch. II, hrsg. von Dr. Ernst Seraphim, 1898, S. 301.
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erhaltenen Schriftstücke über den Bergbau 142 ) zeigen mit Deutlichkeit, wie rührig die Bestrebungen der Herzöge zeitweise auch auf diesem Gebiete waren. Die Armut Mecklenburgs an Edelmetallen, die dem Zeitalter der Alchimisten eigentümliche Unkenntnis der Naturwissenschaft, die Unkontrollierbarkeit der durch "Sachverständige" verwalteten Unternehmungen und andere Umstände bewirkten jedoch, daß die herzoglichen Bemühungen letzten Endes ziemlich erfolglos blieben 143 ).

Ein erster Hinweis auf einen Versuch, Edelmetalle zu gewinnen, findet sich in einem Memorial des Herzogs Heinrich 144 ) von 1527. Es heißt hierin: "Es ist auch (in der Jabelheide) 145 ) ein Silber-Ertz gefunden, das men dar Achtyngen uf habe und den Probierer bestelle." In einem anderen undatierten herzoglichen Memorial aus der Zeit um 1541 über die Wiederaufrichtung der Saline zu Conow 146 ) wurde befohlen, nach der Ader, welche Eisen, Silber, Kalk und Salz enthalte, zu forschen.

Aus derselben Zeit findet sich eine Nachricht, aus der wir auf gleichgerichtete Bestrebungen Herzog Albrechts schließen können. Am 28. Juni 1544 übersandten der Kanzler Peter von Sprengel und der Amtmann Jorg von Carlewitz dem Herzog eine Probe von Silber und anderm Erz, die dieser einschätzen Iassen sollte. Gleichzeitig berichteten sie, daß zwei Personen auf der Steinburg 147 ) bei der neuen Fundgrube einen neuen Schacht eingesenkt hätten.

Bis 1573 fehlt nun leider jegliche Nachricht, aber von da an erhalten wir ein klareres Bild von den Bemühungen, besonders Herzog Christophs, den Bergbau des Landes zu fördern. Am 6. Dez. 1573 verlieh der Herzog dem Bergmeister Melchior Hüscher 148 ) aus Schneeberg das Privileg, im Stift Ratzeburg und den dazu gehörigen Ämtern Ablagerungen von Gold, Kupfer, Zinn, Blei, Alaun, Eisen, Stahl, Vitriol, Schwefel, Salz, Steinkohlen und allem anderen Metall ausfindig zu machen und diese auf seine Kosten abzubauen. Nach seinem


142) Gen. Actorum mineralium, Meckl., Fasz. 1, 1544 - 1589 (besonders des Hgs. Christoph Bemühungen betr.).
143) Vgl. Lisch, a. a. O., S. 52.
144) Jahrb. 11, S. 131 ff.
145) Jahrb. 11, S. 124.
146) Jahrb. 11, S. 137.
147) Gemeint ist wohl die Steinburg bei Mannhagen, die Lisch, a. a. O., S. 61 erwähnt, als er von des Hgs. Christoph Bemühungen um die Erzgewinnung im Jahre 1575 spricht; vgl. S. 42.
148) Vgl. Lisch, a. a. O., S. 61.
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Gutdünken sollte er andere Bergleute hinzuziehen. Der Herzog versprach, ihm freies Holz zum Schacht und zum Hause aus seinen Hölzungen zur Verfügung zu stellen. Aus dem Ertrag behielt sich der Herzog vom dritten Jahre an den Zehnten vor. In den ersten zwei Jahren brauchten der Zehnt und andere Abgaben nicht gezahlt zu werden, "damit er das Bergkwergk desto besser muge anrichten, die Schachthäuser und allerlei Mulen und Eysenhemer auch Hutten erbawen". Außerdem befahl der Herzog allen Amtleuten und Befehlshabern, den Melchior Hüscher und dessen Gesellen überall ungehindert wirken zu lassen und sie in ihrer Tätigkeit zu fördern.

Melchior Hüscher blieb mehrere Jahre im Dienste des Herzogs. 1574 149 ) berichtete er aus Berlin, daß er sich auf die Reise begeben hätte, um seine Kuxe zu verkaufen und um einige Leute anzuwerben, damit er den Bau des Bergwerks bei Gadebusch 150 ) zum Nutzen des Herzogs fortsetzen könnte. Er bat um Geld, damit er den "reichen Segen Gottes" der in Mecklenburg noch verborgen liege, nutzbar machen könne. Weil er dieses große Werk auf eigene Kosten übernommen hätte, müßte er sich nach sachverständigen Bergleuten umsehen, die, was das Wesentliche sei, Betriebskapital zur Verfügung stellen könnten. Er empfahl, einen Sachverständigen anzunehmen, der 26 Jahre lang oberster Faktor in der "Alchimia" des verstorbenen Kurfürsten Markgraf Joachim 151 ) gewesen war. Dieser habe schon neue "Bergwerke" erschlossen, die noch in Betrieb seien. Er habe ihn zum Teilhaber des geplanten Unternehmens gemacht und mit ihm schon um mehr als 1000 Gulden verhandelt. Am 15. Oktober 1574 griff Herzog Christoph selbst fördernd in diese Angelegenheit ein. Er erbot sich brieflich, der Stadt Gadebusch zwei Buchen, die Hüscher zum Bau des Bergwerks benötigte, zu bezahlen. Aus diesem Brief geht eindeutig hervor, daß das Bergwerk sich bei Gadebusch befand. Der Herzog plante sogar eine persönliche Besichtigung des Bergwerks. Sein Interesse am schnellen Fortschreiten der Arbeiten geht auch daraus hervor, daß er Hüscher ermahnte, das Buchenholz ausschließlich zum Stollenbau, nicht etwa als Brennholz zu benutzen. Eine weitere kurze Nachricht über das Bergwerk zu Gadebusch fällt in das folgende Jahr 1575. Der Herzog schrieb am 18. März an Hüscher, der sich damals in


149) 4. August.
150) Es handelt sich um dieses Bergwerk, s. unten.
151) Joachim II. von Brandenburg, gest. 1571.
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Perleberg befand, daß er mit dem kurfürstlich sächsischen Kammerjunker Wolf Reuchheupt über das Bergwerk zu Gadebusch verhandeln möchte. Da er nunmehr angefangen habe, das Bergwerk durch eigene Arbeitskräfte anlegen zu lassen, erachte er es für unnötig, Bergleute von außerhalb anzustellen. Aus dem Jahre 1579 ist eine letzte Nachricht über das Bergwerk in dem Schreiben eines Lübeckers an den fürstlich mecklenburgischen Sekretär Jens Wolff erhalten. Danach ging das Werk, das anscheinend eine Zeitlang stillgelegen hatte, in Privathand über.

Ein weiteres Bergwerk befand sich zu dieser Zeit auf dem Hilligenberge bei Tempzin 152 ). Auch hier ist das Interesse Herzog Christophs, sogar an der technischen Abwicklung der Arbeiten, offensichtlich. Befahl er doch am 25. April 1575 dem Küchenmeister zu Stowe, Johann Grube, er solle sich bei dem Bergmeister erkundigen, wie tief bereits gegraben sei und ob die Arbeit etwa durch Wasser gehindert werde. Am 3. Mai antwortete Johann Grube, man habe eine Tiefe von fünf guten Faden 153 ) erreicht, es sei aber bisher noch nichts Nutzbares gefunden worden.

Wie sehr man sich bemühte, wertvolle Mineralien zu finden, zeigt, daß man sogar in den Bächen danach suchte. Johann Grube berichtete, daß auch hier noch nichts gefunden sei, daß man aber Schlich 154 ) im Waldbache zu Kronskamp bei Laage angetroffen habe. Ein Bach jenseits dem Schmachtfelde nach Neschow zu verspräche nicht viel Ertrag 155 ). 1580 sehen wir einen erneuten Versuch, Edelmetall zu gewinnen. Herzog Christoph verpflichtete Hans Hillinger zur Bleistadt an einigen Orten, wo er Edelmetall vermutete, ein halbes Jahr lang danach zu suchen. Nach Ablauf dieser Zeit wurde Hans Hillinger entlassen 156 ), vermutlich, weil auch er nichts ausrichten konnte. Alle Versuche also, Edelmetall zu gewinnen, scheiterten. 1580 dachte Herzog Christoph noch einmal an Goldgewinnung. In einem Schreiben vom 21. August an den Rostocker Bürgermeister Berndt Pauluß 157 ) erinnerte er diesen an eine


152) Vgl. Lisch, a. a. O., S. 61
153) Ein Faden = 6 Fuß, eigentlich das Maß der ausgebreiteten Arme.
154) Nd. Schlick, im Bergbau schlammige Massen, doch auch gepochtes und gewaschenes Erz. Vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch.
155) Vgl. Lisch, a. a. O., S. 61
156) 29. Juli.
157) Korresp. der mecklb. Hge. mit Rostock; Stadtarchiv Rostock.
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Unterredung zu Warnemünde wegen eines Goldbergwerks. Er befahl, den Bau des Bergwerks zu fördern.

Der geringe Erfolg im eigenen Lande veranlaßte den Herzog vielleicht 1582, sich in einem anderen Territorium, und zwar in der Grafschaft Waldeck, an Bergwerken zu beteiligen. Er besaß Anteile des Bergwerks am Eisenberge, der St. Georg-, St. Sebastian- und St. Christoph-Fundgruben bei Corbach. Durch Vermittlung eines gewissen Wilhelm Friedrich aus Nordhausen kaufte er Kuxe der Waldeckischen Bergwerke. Sein Interesse am Gelingen dieser Unternehmungen war sehr stark, reiste er doch selbst nach Corbach, um dort mit Friedrich zu verhandeln.

Die mecklenburgischen Herzöge, besonders Christoph, bemühten sich also eifrig um Erschließung von Bergwerken, offenbar auch zu dem Zweck, den Reichtum ihres Landes zu vermehren. Es war nicht ihre Schuld, wenn die Bestrebungen nicht von Erfolg gekrönt waren.


Kapitel 5.

Das Salinenwesen in Mecklenburg
im 16. Jahrhundert

Auch im Salinenwesen, das schon seit Jahrhunderten in Mecklenburg betrieben wurde, ist die fördernde Hand der Herzöge gerade im 16. Jahrhundert sehr spürbar.

Schon 1527 befanden sich Salzsieder im Dienste der Herzöge Albrecht und Heinrich. Es sind zwei Zettel mit dem Datum des 2. Juli 1527 erhalten 158 ), auf denen die Besoldung der Salzsieder und die Kosten für Inventar, nämlich für einen Herd und ein Brauküben, verzeichnet sind. Der Meister sollte im ersten Monat 3 Gulden und im zweiten Monat 4 Gulden erhalten, die beschäftigten Knechte ebenfalls zuerst je 3 Gulden, dann 4 Gulden. Man wollte vor Erhöhung des Lohnes den Ertrag abwarten. Außerdem wurden Leute angestellt, die einen neuen Herd machen und helfen sollten, den Brunnen zu


158) Acta commercii, Vol. II: Acta commercii et navigationis maritimae, Vol. I.
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säubern. Es handelte sich also um ein neu angerichtetes Salzwerk. Wo es gelegen hat, ist aus den kurzen Notizen, die wohl aus der Renterei stammen, nicht ersichtlich. Ich möchte annehmen, daß es sich hier bereits um eine erste Aufstellung für die Saline zu Conow handelt, die im selben Jahre in den Besitz der Herzöge überging. Die Priorin des Klosters Eldena, in dessen Besitz die Saline bis 1461 gewesen war, wandte sich am 30. Juni 1527 in einer Beschwerdeschrift an Herzog Heinrich 159 ), aus der hervorgeht, daß die Herzöge von dem Sülzer des Klosters die Saline zu dem niedrigen Preis von 100 Gulden gekauft hatten. Die Saline muß damals also gänzlich in Verfall gewesen sein. Herzog Heinrich war nun bemüht, sie wieder in Betrieb zu setzen. In seinem inhaltreichen Memorial, das in das Jahr 1527 zu setzen ist 160 ), spricht er von der Aufrichtung des neuen Brunnens aus dem alten, gibt Anweisungen für die notwendigen Geräte, wie Pfannen und Salztonnen, die Anfuhr des Holzes und die Herstellung der Kohle. Der Brunnen sollte Tag und Nacht in Betrieb sein 161 ). Der Herzog wollte den höchstmöglichen Ertrag erzielen.

Am 24. Aug. 1527 wurde der Bau des neuen Salzbrunnens in Gegenwart des Herzogs begonnen, und bereits am 26. Aug. begann man mit dem Sieden. Am 6. Sept. schon konnten acht Wannen Salz für die Hofhaltung nach Schwerin gesandt werden. Am 27. Okt. 1527 nahm der Herzog den Salzsieder Jürgen Rosenburg auf 1/4jährliche Kündigung in Dienst mit einem Lohn von wöchentlich 1 Gulden, freier Kost und Bier und jährlich einem Kleid 162 ).

Es ist anzunehmen, daß das Unternehmen sich zuerst als rentabel erwies, denn am 15. Juni 1528 wurde die Erbauung eines größeren Werkes an der gleichen Stelle von Herzog Heinrich in seines und seines Bruders Albrecht Namen dem Zimmermeister Hans Kuchler übertragen, dem zehn Knechte


159) Jahrb. 11, S. 133f.
160) Dies Memorial erwähnte ich schon in dem Abschnitt über Bergbau.
161) "Die Szulze zu vorwachtende und zu dem Brun zu szehende, wie vil Szale he geben kann, un we vil Pfannen, wenn er Dagh und Naght szeheden magh."
162) Lisch, Ältere Gesch. der Saline von Conow: Jahrb. 11, 1846, S. 128. Auf den von mir gefundenen Zetteln ist ebenfalls von einer solchen Kündigungsfrist und dem gleichen Gehalt die Rede. Es handelt sich also tatsächlich um einen Voranschlag für den Lohn des einzustellenden Salzsieders, der unmittelbar nach dem Erwerb der Saline gemacht wurde.
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zur Verfügung gestellt wurden. Nach Ablauf eines Jahres, am 14. Juni 1529, war der Bau vollendet 163 ).

Die Saline zu Conow blieb in den folgenden Jahren in den Händen der Herzöge. 1535 hat aller Wahrscheinlichkeit nach eine Renovierung oder Vergrößerung der Anlage stattgefunden 164 ). 1541 wurde die Saline durch einen Brand vernichtet 165 ). Der Wiederaufbau der Saline wurde sofort in Angriff genommen 166 ). Für September, Oktober und November sind Ausgaben für neues Inventar und außerdem der Lohn des Salzsieders Achim Zuele und seiner Gehilfen durch Wullenweber verzeichnet 167 ).

Inzwischen hatte von seiten des Herzogs von Lüneburg Opposition gegen die Salzherstellung in Mecklenburg eingesetzt. Lüneburg fürchtete anscheinend die Konkurrenz und den Verlust des Absatzgebietes Mecklenburg. Aber in Februar 1541 erließ Kaiser Karl V., wohl auf Ansuchen der mecklenburgischen Herzöge, einen Befehl an den Herzog von Lüneburg, den Herzog Albrecht von Mecklenburg in seinem Unternehmen nicht zu stören.

Da die Saline durch wildes Wasser nicht den nötigen Ertrag erzielte, übergaben die Landesherren sie am 20. Mai 1543 dem Salinenverwalter Jürgen Rose zur Wiederaufrichtung und Verwaltung, jedoch unter der Bedingung des Rückkaufes für 1000 Gulden. Diese Art der Verwaltung erwies sich auch nicht als glücklich, da viele Unregelmäßigkeiten vorkamen 168 ). Schließlich wurde die Saline am 1. Sept. 1546 wiederum durch Feuer vernichtet 169 ). Sofort plante man den Wiederaufbau, worüber dem Herzog Bericht erstattet wurde; man versprach, daß bereits Mitte November die Saline wieder fertiggestellt sein sollte 170 ).


163) Vgl. Lisch, Jahrb. 11, S. 1365 u. 128.
164) Lisch, a. a. O., S. 129.
165) Bericht des nach Conow gesandten Rentmeisters Michel Wullenweber vom 27. Juli 1541. Die Annahme von Lisch, der den Brand für das Jahr 1535 ansetzt, ist also nicht zutreffend.
166) Undatiertes herzogl. Memorial mit Anweisungen zur Wiederherstellung der Saline nach dem Brande: Jahrb. 11, S. 137.
167) Rent.-Reg. Güstrow 1541, Sept. - Nov.
168) Lisch, Jahrb. 11, S. 129.
169) Die Saline fiel also zweimal dem Feuer zum Opfer, 1541 und 1546. Das oben erwähnte undatierte Memorial gehört also doch wohl in das Jahr 1541, wie Lisch es datierte, und nicht in das Jahr 1546, wie Stuhr, dem der erste Brand nicht bekannt war, im Jahrb. 74, S. 200, annahm.
170) Stuhr, a. a. O., S. 200.
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Im Jahre 1572 bei der Entdeckung des Alaunberges bei Eldena 171 ) wurde man wieder auf die Saline bei Conow aufmerksam, und Herzog Ulrich schenkte die Benutzung derselben seinem Rentmeister Gabriel Brüggmann 172 ). Die Saline war noch bis 1584 weiter in Betrieb 173 ). Am 26. April 1579 erhielt der Salzsieder Hermann Wilcken, der den Sommer über auf der Sülze zu Conow gearbeitet hatte, 8 Gulden 174 ). Sogar auswärtige Sachverständige wurden hinzugezogen. So erhielt ein Lübecker am 29. Aug. des gleichen Jahres 2 Gulden 16 Schillinge 174 ). Am 26. März 1584 bekam ein Salzsieder aus Halle, der im Auftrage des Herzogs sein Gutachten über die Saline abgeben sollte, 1 Gulden 8 Schillinge und am 13. April 8 Gulden 175 ).

Weitere Nachrichten über die Saline zu Conow waren nicht aufzufinden. Es muß also vorläufig angenommen werden, daß das Unternehmen am Ende des Jahrhunderts nach mannigfachen Versuchen der Herzöge, die Saline trotz zweier Brände und anderer Schwierigkeiten zur Blüte zu bringen, als unrentabel einging.

Nachrichten über die aktive Beteiligung und das Eingreifen der Herzöge bei anderen Salzwerken sind nur spärlich vorhanden. Von der Saline zu Sülze ist bekannt, daß der fürstliche Anteil im Jahre 1607 verpachtet wurde 176 ). Zwei Schreiben des Bergmeisters Melchior Hüscher am 4. Aug. und 22. Sept. 1574 an Herzog Christoph enthalten Anspielungen auf den Salzbrunnen von Sülze und den Kauf des Dorfes zwecks Ausbeutung dieses Brunnens. Herzog Christoph verhielt sich zwar zunächst ablehnend. Als Wolf Reuchheupt, der Mitarbeiter Hüschers, sich am 18. März 1575 an den Herzog wegen des Salzquells, von dem er sich viel Ertrag versprach, wandte, bestellte der Herzog ihn zu einer Unterredung über "die Sülzen" 177 ). Über den Ausgang der Besprechung ist mir nichts bekannt geworden, fest steht aber, daß die Saline zu Sülze auch eine Zeitlang im Besitz des herzoglichen Hauses war.


171) Näheres hierüber s. unter Industriepolitik, S. 32.
172) Lisch, Jahrb. 11, S. 130.
173) Lisch nimmt a. a. O. an, daß sie nach dem Jahre 1572 bald verfiel.
174) Rent.-Reg. Güstrow 1578/79.
174) Rent.-Reg. Güstrow 1578/79.
175) Jahrb. 11, S. 103.
176) Rent.-Reg. Güstrow 1583/84.
177) Schreiben Wolf Reuchheupts an Hg Christoph vom 18. März 1575 und Hg. Christophs Antwort darauf vom 19. März 1575: Gen. Actorum mineralium, Mecklb.
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Eine dritte Saline zu Sülten bei Brüel war Herzog Christoph geneigt, 1591 zu erwerben, doch der Handel kam nicht zustande, da der Herzog darüber starb (1592) 178 ).


Kapitel 6.

Verkehrs- und Zollwesen.

Ein wichtiger Faktor innerhalb der Wirtschaftspolitik und eng verbunden im besonderen mit der Handelspolitik ist die Regelung des Verkehrs- und Zollwesens. Die Verbesserung des Verkehrswesens ist eine wichtige Voraussetzung für alle wirtschaftspolitischen Maßnahmen im damaligen Mecklenburg, besonders für die Anknüpfung von Handelsbeziehungen innerhalb und außerhalb des Landes. Einerseits sehen wir, daß infolge der damals im Verhältnis zu heute außerordentlich schweren Überwindungsmöglichkeit von Entfernungen die Übersicht der Herzöge über ihr Land und die Kontrolle über die Ausführung ihrer wirtschaftspolitischen Maßnahmen erschwert wurde. Andererseits ist bereits deutlich das Bestreben der Fürsten zu erkennen, diesen Zustand zu bessern durch die Sorge für Verkehrssicherheit und durch den Bau von Straßen sowie durch die Anlage von Wasserwegen Brücken zu schlagen für Handel und Gewerbe im Lande selbst und darüber hinaus.

Aus der maritimen Lage und dem sonstigen Wasserreichtum Mecklenburgs erwuchs besonders die Möglichkeit und damit die Aufgabe, auf dem Wasserwege Verkehrsmöglichkeiten zu schaffen. Erstaunlich ist es, mit welcher Ausdauer und Planmäßigkeit an dieser Aufgabe gearbeitet wurde. In engem Zusammenhang mit dem Verkehrswesen stand die Regelung der Zölle, die eine wichtige Einnahmequelle darstellten.

A. Verkehr.

§ 1. Die Fürsorge für die Landstraßen.

Bereits aus der Mitte des Jahrhunderts sind Verordnungen erhalten, die sich auf Erhaltung und Pflege der Landstraßen beziehen. Die Kaufleute waren niemals sicher vor Raub und Überfall, wie aus mehreren Schreiben der Stadt Wismar von


178) Jahrb. 11, S. 160.
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1527, 1528 und 1533 an Herzog Heinrich hervorgeht 179 ). 1549 versicherte Herzog Johann Albrecht der Stadt Wismar auf erneute Bitten, daß er auf das eifrigste bemüht sei, sichere Straßen zu schaffen, er habe allen Vögten befohlen, den Straßenräubern nachzuspüren. Damit besonders die Straße Wismar - Lübeck, eine wichtige Handelsstraße also, frei von ihnen sei, sollten im Amt Gadebusch berittene Polizeistreifen für Sicherheit sorgen 180 ). Ein gleiches Bestreben bewies Herzog Heinrich 1530, indem er für die Sicherheit von Rostocker Kaufleuten, die zur Leipziger Messe fuhren, Sorge trug 181 ). Die Herzöge Ulrich und Johann Albrecht erließen in ihren Amtsordnungen von 1567 und 1569 182 ) Verfügungen über die Pflege der Straßen, Brücken, Wege und Stege. Besonders wurde die Sicherheit auf den Zollstraßen betont, damit der Zoll, eine wichtige Einnahmequelle für die Staatskassen, nicht verloren gehe und die Nahrungszufuhr für die Städte nicht unterbunden werde. 1577 wurde von Herzog Ulrich mit Zustimmung der Landschaft beschlossen, alle engen Wege innerhalb eines halben Jahres abzuschaffen, damit niemand mehr an Leib und Gut Schaden leide 183 ).

§ 2. Die Wasserstraßen.

I. Der Bau des Elbe-Ostsee-Kanals.

Einen breiten Raum nehmen in der Wirtschaftspolitik der Fürsten vor allem die Maßnahmen über den Ausbau von Wasserstraßen ein, deren großartigste der Bau des Elbe-Ostsee-Kanals zwischen Dömitz und Wismar darstellt, der trotz heftigster Widerstände durchgeführt wurde 184 ). In der Hauptsache ist er das Werk der Herzöge Ulrich und Johann Albrecht. Die


179) Spec. civitatum, Wismar, Vol. Xa.
180) Spec. civitatum, Wismar, Vol. Xa.
181) Korrespondenz der mecklb. Hge. mit Rostock, Vol. XXIII, 19. Okt. 1530: Stadtarchiv Rostock.
182) Gen. domaniorum, Acta collegiorum Camerae, Ordinationes.
183) J. H. Spalding, Mecklb. öffentl. Landesverhandlungen, Rostock 1792, S.127, 128, 130: Güstrower Landtag 4. Febr. 1577.
184) Hierzu und zum folgenden vgl. Friedrich Stuhr, Der Elbe-Ostseekanal zwischen Dömitz und Wismar, mit einer Karte des Kanals, Jahrb. 64, 1899, S. 193 ff.; Friedr. Wilh. Schirrmacher, Johann Albrecht I.., Hg. von Mecklb., Wismar 1885, Teil I., S. 762; K. Th. F. von Lützow, Versuch einer pragmatischen Gesch. von Mecklb., Berlin 1835, 3. Teil, S. 95 ff.; Friedr. Aug. von Rudloff, Neuere Gesch. von Mecklb., Rostock u. Schwerin 1821, III, 1, S. 303 ff.
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natürlichen Flußläufe kamen dem Plan sehr entgegen. Die Nebenflüsse Elde und Stör boten die besten Voraussetzungen zu einer Wasserverbindung von der Elbe zur Ostsee.

Bereits 1480 hatten die mecklenburgischen Herzöge Magnus II. (1477 -1503) und Balthasar (1480 - 1507) Versuche unternommen, die Elde schiffbar zu machen und so einen Handelsweg zu schaffen, der den Durchgangshandel von der Elbe her mit Lüneburger Salz ermöglichte und die Stadt Wismar neben Lübeck wiederum zur Vermittlerin des Salzhandels machte. Außerdem boten die reichen Waldungen längs der Elde große Abholzungsmöglichkeit, die auf eine erhebliche Ausfuhr aus dem Lande hinwies. Die Herzöge bemühten sich aus diesem Grunde vielfach, die Benutzung der brandenburgischen Eldestrecke freizubekommen, ihre Verhandlungen mit den brandenburgischen Kurfürsten Albrecht Achilles (1470 - 1486) und Johann Cicero (1486 - 1499) blieben jedoch erfolglos.

Im Jahre 1512 nahmen die Herzöge Heinrich V. (1503 bis 1552) und Albrecht VII. (1503 - 1547) die Verwandlungen von neuem auf, aber auch Kurfürst Joachim I. versagte seine Zustimmung aus nachbarlicher Eifersucht. Auch die Hansestadt Hamburg verhielt sich auf Ansuchen des Herzogs um Geldzuschuß 1513 ablehnend. Aus diesen Gründen wurde das Unternehmen illusorisch, und erst 1531 berichtet eine "Wendische Chronik", daß von der Stadt Wismar und Herzog Albrecht von Mecklenburg ein neuer Graben von Wismar in den Schweriner See, von dort in die Elde und weiter in die Elbe begonnen worden sei. Um diese Zeit sind bereits Anfänge einer Schiffahrt auf der Stör noch anderweitig festzustellen 185 ). Herzog Albrecht machte einen Vertrag mit einem gewissen Hermann Mese des Inhalts, daß dieser mit 10 Hilfskräften Holz bei der Stör schlagen, bis an den Fluß heranbringen und auf die Schiffe laden solle.

Alle diplomatischen Versuche des Herzogs, Geldzuschüsse für den Ausbau des Kanals zu erlangen, scheiterten aber. Die Hansestädte bezweifelten den wirtschaftlichen Nutzen der Schifffahrt, die benachbarten Fürsten vertagten trotz des erheblichen Vorteils, den ihnen die erhöhten Zolleinnahmen bei der Leitung des gesamten Ostseehandels in die Elbe geboten hätten, nach wie vor ihre Zustimmung und Hilfe. Der Herzog Ernst von Lüneburg belegte sogar die auf der Elbe fahrenden Schiffe bei


185) Acta commercii in fluminibus, Vol. X; undatiertes Stück um 1525.
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den Zollstädten Bleckede, Hitzacker und Schnakenburg mit so hohen Zöllen, daß dadurch eine gedeihliche Entwicklung des Verkehrs auf der neuen Wasserstraße in Frage gestellt wurde. Auch Kaiser Karl V. ließ dem Herzog eine abschlägige Antwort zuteil werden. Doch trotz seiner gänzlichen Isolierung in dieser Angelegenheit fuhr Herzog Albrecht mit seiner Gemahlin, einer Tochter des Kurfürsten Joachim von Brandenburg, im Mai 1533 mit zwei beladenen Schiffen die Elde hinunter. Dies veranlaßte den Kurfürsten von Brandenburg, die Auslieferung der Schiffe zu fordern. Unbeirrt jedoch ließ Herzog Albrecht an dem Wassergraben von Dömitz nach Wismar fortarbeiten. Er ließ nach den Aufzeichnungen des aus Siegen in Westfalen stammenden Mathematikers Tilemann Stella, der bei dem Kanalbau eine bedeutende Rolle spielte, drei Anhöhen nördlich des Schweriner Sees durchstechen, die Elde oberhalb Eldenas regulieren und Aufräumungsarbeiten im Fluß vornehmen. 1543 wurde bereits an einer Schleuse und einer Brücke zu Banzkow gebaut 186 ). Im Jahre 1545, zwei Jahre vor seinem Tode, versuchte er noch einmal mit Hamburg der Schiffahrt wegen in Verbindung zu treten; er sandte seinen Rat Peter von Spengel dorthin, um alle Mißverständnisse zu beheben, doch hatte dieser anscheinend keinen Erfolg 187 ).

Unter der Regierung seiner Söhne, der Herzöge Johann Albrecht I. und Ulrich, trat das Projekt des Elbe-Ostsee-Kanals in seine dritte Phase ein, die den Erfolg langjähriger Bemühungen und beinahe die Vollendung des Kanals brachte. Die Herzöge traten in neue Verhandlungen mit den Hansestädten ein. Am 2. Juli 1561 wurde der Lizentiat Hubertus Sieben an den Lüneburger Rat gesandt 188 ). Die Städte Magdeburg und Wismar waren ebenfalls an dem Bau stark interessiert, wie aus Akten von 1564 hervorgeht. Die Herzöge unterließen aber nähere Verhandlungen wegen übermäßiger Forderungen Wismars. Im folgenden Jahre 1565 wurde dem bereits genannten Tilemann Stella die Besichtigung des Terrains zwischen Viecheln und Wismar übertragen. An dieser Strecke wurde jedoch zur gleichen Zeit von seiten Wismars gebaut 189 ).


186) Besoldung der Säger am Tage Marie virg. und Mich.: Rent.-Reg. Güstrow 1543.
187) Hamburgensia, Vol. I, ex Arch. Güstrow.
188) Rent.-Reg. Schwerin 1560/61.
189) Friedr. Techen, Über Marktzwang und Hafenrecht in Mecklenburg: Hans. Geschichtsbl. 1908, S. 105.
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Auf herzoglichen Befehl begann man nun an einer Wasserstraße zwischen der Schweriner Fähre und Dömitz zu bauen. Herzog Johann Albrecht förderte zunächst die Arbeiten mehr als Herzog Ulrich, der vorher die Verteilung der Zölle auf der Wasserstraße geregelt wissen wollte. Dies geschah dann auch in dem freund-brüderlichen Vertrag zu Doberan am 13. Mai 1567. Jeder der beiden Herzöge verpflichtete sich, in seinen Ämtern auf seine Kosten die Schleusen bauen und die Ströme räumen zu lassen. Die Kosten sollten nach den Registern ausgeglichen und die Einkünfte auf beide Herzöge gleich verteilt werden. Nachdem Herzog Johann Albrecht schon im Herbst 1566 auf seinem Gebiet vier Schleusen auf der Stör und der Elde hatte bauen lassen, trat auch Herzog Ulrich 1567 wegen der Schleusen zu Grabow und Eldena in Unterhandlung. Eine Kommission besichtigte die Strecke von Schwerin bis Dömitz und hielt im ganzen sechs Haupt- und zwei Stauschleusen für erforderlich, von denen die Hauptschleusen zu Banzkow und Neustadt 190 ) und die Stauschleuse zu Plate bereits fertig waren. Auf der nördlichen Strecke wurden sieben Hauptschleusen in Ansatz gebracht. Als am 3. Febr. 1568 ein Abriß des "streitigen Stromes" bei Eldenburg an den Kurfürsten von Brandenburg gesandt worden war 191 ) und wieder eine abschlägige Antwort erfolgte, entschloß man sich auf Anraten Stellas zur Anlegung einer Wasserstraße zwischen Elde und Elbe auf mecklenburgischem Gebiet. Im Mai 1568 wurde bereits der Graben durch Stella und den Rentmeister Gabriel Brügmann 192 ) mit Hilfe des Wallmeisters Jost Spangenberg ausgemessen. Um die Kosten zu decken, mußten sich die Herzöge zu einer Steuer entschließen, da von den Hansestädten trotz wiederholter Ansuchen 193 ) keine Hilfe zu erwarten war. Aus den Ämtern wurde ein Schiffahrt- und Grabengeld erhoben, das 1571 im Gebiet Herzog Ulrichs allein die Höhe von rund 1030 Gulden erreichte 194 ). In den Jahren 1569 - 71 war der Bau in vollem Gange 195 ), und im Frühjahr 1571 sah die Schiffahrt ihrer Vollendung entgegen, wenn nicht ein Teil der Anlagen durch den Kurfürsten von Brandenburg zerstört worden wäre. Die Verzögerung der Arbeiten war jedoch nicht groß. Bereits Ende


190) Rent.-Reg. Schwerin 1566/67: 3. März 1567.
191) Rent.-Reg. Güstrow 1567/68.
192) Vgl. Rent.-Reg. Güstrow 1567/68.
193) Rent.-Reg. Güstrow 1567/68 u. 1568/69.
194) Rent.-Reg. Güstrow 1570/71.
195) Vgl. Rent.-Reg. Güstrow 1568/69 u. 1570/71, Ausgaben.
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Februar 1572 war die neue Elde im wesentlichen fertig. Die Schleuse zu Dömitz sah auch ihrer Vollendung entgegen; die Arbeiten hatte man einem niederländischen Schleusenmeister übergeben 196 ). Am 11. Aug. 1572 wurde die Fahrt von Eldena bis Dömitz eröffnet. Der Aufwand belief sich in Gestalt der Bezahlung des Wallmeisters Jost Spangenberg während der Jahre 1568 - 1572 auf etwa 35 000 Gulden. Umbauten und Ausbesserungen waren noch durchzuführen und die Aufsicht über den Kanal mußte nun geregelt werden. Zu diesem Zweck wurde 1574 Jost Spangenberg von beiden Herzögen gemeinsam zum Verwalter der neuen Fahrt eingesetzt. Er erhielt dafür jährlich 150 Gulden, die abwechselnd aus den beiden herzoglichen Kassen gezahlt wurden 197 ). Nachdem Herzog Ulrich selbst den Kanal hinuntergefahren und ihn besichtigt hatte 198 ), konnten die Herzöge den Städten Magdeburg und Hamburg im Jahre 1575 mitteilen, daß im Sommer der Schiffsverkehr aufgenommen werden könne. Was diesem noch hemmend entgegenstand, waren die hohen herzoglich lüneburgischen Elbzölle und das Stapelrecht der Stadt Lüneburg. Eine Gesandtschaft an den Herzog von Lüneburg im Okt. 1575 blieb, wie nach seinem bisherigen Verhalten zu erwarten war, erfolglos. Ein Ersuchen der Herzöge an die Städte Magdeburg und Hamburg um Bezahlung eines mäßigen Schleusengeldes zur Erstattung der Unkosten und Erhaltung des Grabens hatte nicht den gewünschten Erfolg. Der Betrieb wurde aber aufrecht erhalten. 1580 wurde eine Ausbesserung an der Schleuse zu Dömitz durchgeführt 199 ).

Inzwischen machte man bereits Pläne, die Strecke Viecheln - Wismar auszubauen, um den umständlichen Landweg auszuschalten. Am 20. Sept. 1575 fand in Wismar eine Besprechung zwischen Herzog Johann Albrecht und den Beamten mit dem wismarschen Rat statt, die aber kein endgültiges Resultat erzielte, da der Herzog auf seinem Stapelrecht in Wismar bestand, was von den Vertretern der Stadt nicht zugestanden wurde.

Nachdem Herzog Johann Albrecht, der eifrigste Förderer des neuen Wasserweges, am 12. Febr. 1576 gestorben war und


196) Rent.-Reg. Schwerin 1571/72: 9. Juli 1572.
197) Rent.-Reg. Güstrow 1573/74 u. 1575/76.
198) Rent.-Reg. Güstrow 1574/75.
199) Tagesregister des Schweriner Rentmeisters Joachim Schönermark 1579/80, 15. u. 16. Aug. 1580.
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seinen Söhnen die Vollführung des Grabens testamentarisch aus Herz gelegt hatte, begann man bereits in der Woche nach Trinitatis 1576 mit den Vorarbeiten. Der Wallmeister Jost Spangenberg verpflichtete zwei Schleusenbauer für den neu zu erbauenden Teil der Fahrt bei Wismar, wohin sich auch Tilemann Stella begab 200 ). Das nötige Holz zum Schleusenbau wurde im Amte Grabow gehauen, eine diesbezügliche Anweisung war bereits im Februar durch Herzog Ulrich an den dortigen Küchenmeister Peter Heltorf ergangen 200 ). Der nötige Kalk wurde später zu Hamburg eingekauft 201 ). Eine Kommission besichtigte im Auftrage Herzog Ulrichs im Juni 1577 das Gelände und verhandelte mit dem wismarschen Rat 202 ) und einigte sich mit diesem über die Richtung des Kanals. Jost Spangenberg wurde von den Kommissaren Hans von der Lühe, Tilemann Stella und Gabriel Brügmann zum Leiter der nun zu beginnenden Arbeiten bestellt 203 ). Als Hauptmann 204 ) und Aufseher wurde Hans von der Lühe von Herzog Ulrich bestimmt. Gleichzeitig begann die Stadt Wismar mit Hilfe einer Hamburger Anleihe die Arbeiten auf ihrem Gebiet, und am 20. Juni 1578 besichtigte Herzog Ulrich persönlich den Graben.

Die Arbeiten wurden in den folgenden Jahren trotz unvorhergesehener Schwierigkeiten fortgeführt. Bei dem Dorf Mecklenburg wurde 1580/81 eine Schleuse gebaut 205 ) und der Rentmeister Joachim Schönermarck besichtigte im November 1580 die dortigen Arbeiten, ebenso im Juni 1581 die Stauschleuse beim Schweriner See, die sich also gleichzeitig im Bau befand 206 ). Der Schleusenmeister Jakob Barolt wurde mit dem Bau sämtlicher noch notwendiger Schleusen beauftragt, und Jost Spangenberg ließ die Gräberarbeiten im Tagelohn vollenden. Der gesamte Kostenaufwand für diese Strecke Viecheln - Wismar betrug etwa 20 000 Gulden. Für das Jahr 1581 waren es etwa 2000 Gulden 207 ).


200) Rent.-Reg. Güstrow 1575/76.
200) Rent.-Reg. Güstrow 1575/76.
201) Rent.-Reg. Güstrow 1580/81.
202) Rent.-Reg. Schwerin 1576/77.
203) Rent.-Reg. Schwerin 1576/77: 11. Juni 1577.
204) Rent.-Reg. Güstrow 1580/81.
205) Tagesregister Schwerin 1580/81 vom 17. - 19. Nov. 1580 u. 20. - 22. Juni 1581.
206) Vgl. Rent.-Reg. Güstrow 1580/81: 9. Juli 1581.
207) Rent.-Reg. Schwerin, Auszug der Jahre 1576 - 1586; vgl. Stuhr, a. a. O., S. 277. genaue Berechnungen lassen sich an Hand des vorhandenen Materials nicht durchführen.
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Tilemann Stella fertigte einen Grundriß und eine Beschreibung der Fahrt im Auftrage des Herzogs an 208 ), die den daran interessierten Fürsten und Städten zugesandt wurde 209 ).

Eine Vollendung der gesamten Strecke von Dömitz bis Wismar hat nicht stattgefunden, was wohl hauptsächlich durch die Schuldenlast der Herzöge verursacht wurde. Auch Wismar war zum Weiterbau finanziell nicht in der Lage. Es wurden im 17. Jahrhundert und später noch Projekte für die Fertigstellung gemacht. Doch gelangten diese bis heute nicht zu ihrem Ziel, und die bereits geleisteten Arbeiten verfielen zum Teil wieder. Dem großartigen Projekt der mecklenburgischen Herzöge des 15. und 16. Jahrhunderts, das damals beinahe vollendet war, war also nicht der entsprechende Erfolg beschieden, was aber in diesem Zusammenhange nur ein Beweis ist für die Schwierigkeit der Durchführung und damit für die Tüchtigkeit und den Weitblick der Fürsten in verkehrspolitischer Beziehung.

II. Weitere Wasserstraßen.

Neben dem Elbe-Ostsee-Kanal spielte im 16. Jahrhundert die Schiffahrt auf der Schaale eine nicht unbedeutende Rolle. Bevor die Schaale zur Handelsstraße wurde, diente sie "in ausgiebiger Weise" zum Abflößen des Holzes aus den mecklenburgischen Waldungen zur Lüneburger Saline 210 ). In den Jahren 1550 - 1560 wurde die Schaale reguliert, Schleusen wurden angelegt und so eine Verbindung zwischen dem Schaalsee und der Elbe geschaffen. Die Initiative ging allerdings von der Stadt Lüneburg aus, die auch die Kosten trug 211 ). 1561 wurden mit Lüneburg wegen des neuen Wasserweges die grundlegenden Verhandlungen

gepflogen 212 ), die im Vertrag vom 10. Juli 1561 ihren Abschluß fanden 213 ). Im August 1564 wurde die Stadt ersucht, Vertreter zwecks Verhandlungen mit Herzog Johann Albrecht über die Schaalfahrt zu senden. Es handelte sich hierbei um die letzten Einzelheiten, insbesondere um die


208) Ein Abdruck der Ichnographie findet sich im Jahrb. 64, Jg. 1899, S. 192.
209) Vgl. Rent.-Reg. Güstrow 1584/85: Zusendung der Karte an den Kurfürsten von Sachsen.
210) Krieg, Die Schaalfahrt im 16. Jahrh. und ihre wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung, Jahrb. 79, 1914, S. 1 ff., 36 ff.
211) Stuhr, a. a. O., S. 196. Krieg, S. 53/54, 64.
212) Rent.-Reg. Schwerin 1560/61: 25. April 1561.
213) Krieg S. 7.
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Regelung der Zollfrage 214 ). "Um den 1. Sept. 1564 war die Schaalfahrt vollendet" 215 ). Die Lüneburger erschlossen sich dadurch einen neuen und billigen Weg für ihre Salzausfuhr nach Mecklenburg. Vor allem aber sicherten sie sich einen Teil ihres Brennholzbedarfes für ihren Salinenbetrieb und erlangten Einfluß auf die Regelung des Holzhandels und der Holzpreise. Andererseits blühte der Holzhandel der mecklenburgischen Herzöge und des anwohnenden Adels auf, und die Einnahmen der herzoglichen Zollhebestätten erfuhren eine Steigerung 216 ). Zu einer solchen Bedeutung wie der Elbe-Ostsee-Kanal, der unter viel günstigeren natürlichen Bedingungen stand, ist jedoch die Schaalfahrt nie gelangt 217 ).

Ein weiterer ziemlich umfangreicher Bau wurde am Überlauf der Elde bei Plau ebenfalls in der Mitte des Jahrhunderts in herzoglichem Auftrag durchgeführt. Am 15. Dez. 1548 erhielt der Küchenmeister zu Plau 541 Gulden, um alle Handwerker und Arbeiter, die dort als Gräber, Mauerleute usw. arbeiteten, zu löhnen 218 ). In den Jahren 1568/69 wurde zu Plau eine Schleuse gebaut, bei der sechs Arbeiter elf Wochen und zwei Tage beschäftigt wurden 219 ). Schließlich plante Herzog Johann Albrecht noch durch die Schiffbarmachung der Nebel einen bequemen Wasserweg von Güstrow nach Rostock herzustellen 220 ).

B. Zoll.

Die Förderung des Verkehrswesens war wesentlich bedingt durch die Förderung des Handels und die Hebung der Zolleinnahmen, die eine bedeutende Geldquelle für die fürstliche Kasse darstellten und genau registriert wurden 221 ).

Schon Magnus II. versuchte, eine territoriale Grenzzollpolitik durchzuführen, womit er allerdings den Seestädten Rostock und Wismar gegenüber wenig Erfolg hatte 222 ). Auch


214) Rent.-Reg. Schwerin 1563/64: 4. Aug. 1564. - Krieg S. 8.
215) Krieg S. 9.
216) Krieg S. 30, 33, 41/52, 64/69.
217) Stuhr S. 196. Daran ist gegenüber den Einwendungen von Luise Krieg (S. 69), wenigstens soweit die Strecke Dömitz - Schweriner See des Elbe-Ostsee-Kanals in Frage kommt, festzuhalten. Im übrigen vgl. noch Krieg S. 27/33, 63 ff.
218) Rent.-Reg. Schwerin 1548/51.
219) Rent.-Reg. Güstrow 1568/69.
220) Friedr. Wilh. Schirrmacher, Johann Albrecht I., Wismar 1885, I, S. 762.
221) Rent.-Reg. Güstrow 1546/47, 1556/57, 1557/58 u. 1563/64.
222) Steinmann, Jahrb. 86, S.117 f.
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Später setzten sich die Herzöge auf dem Gebiete des Zollwesens vielfach in Gegensatz zur Ritterschaft und zu den Städten. Es scheint sehr stark die Tendenz bestanden zu haben, den Zoll, der nicht nur an den Landesgrenzen, sondern auch in den einzelnen Ämtern erhoben wurde, hoch anzusetzen, um auf diese Weise die herrschende Finanznot zu lindern. Auf Beschwerde der Städte und des Adels wurde von seiten der Fürsten stets die Abschaffung der Zollerhöhungen zugesagt, doch die Klagen wiederholten sich auf den Landtagen vielfach während der ganzen zweiten Hälfte des Jahrhunderts 223 ). Mit besonders hohem Zoll wurde anscheinend der Hopfen belegt, es entstanden darüber sogar Meinungsverschiedenheiten der Herzöge untereinander. Als 1543 die Hopfenhändler aus Städten und Dörfern sich bei Herzog Heinrich über den von Herzog Albrecht verhängten hohen Zoll beschwerten, erklärte dieser, daß der Zoll gegen die kaiserliche Verordnung sei und gemildert werden solle 224 ). Der gleiche Fall wiederholte sich 1571 - 1589 in den Klagen über einen hohen Hopfenzoll, der von Herzog Christoph verhängt wurde. Herzog Johann Albrecht und Ulrich traten in diesem Fall als Vermittler auf und bestimmten die Abschaffung des Zolles 225 ).

Aus den vorhandenen Berichten geht also hervor, daß eine einheitliche Regelung für das Zollwesen im 16. Jahrhundert in Mecklenburg noch nicht bestand.


Kapitel 7.

Die Anfänge einer Handelspolitik
in Mecklenburg im 16. Jahrhundert.

Der Handel, bisher zum größten Teil in den Händen der Städte, ward im 16. Jahrhundert mehr und mehr zum Gegenstand landesherrlicher Bestrebungen. Die Hanse hatte bereits


223) Spalding, a. a. O., S. 12 - 14, 43, 102, 163, 194, 199, 204, 208, 224 u. 242.
224) Schreiben Hg. Heinrichs an den Zöllner zu Dömitz und Gadebusch vom 26. Aug. 1543; Gen. Doman., Landwirtschaft, Hopfenbau und Hopfenhandel.
225) Schreiben Hg. Johann Albrechts und Hg. Ulrichs an Hg. Christoph vom 18. März 1571 und 18. Jan. 1581: Gen. Doman., Landwirtschaft, Hopfenbau und Hopfenhandel. Vgl. Spalding, a. a. O., S.178 u. 183; Sternberger Landtag, 1. Okt. 1589.
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ihren Höhepunkt weit überschritten, die landesherrliche Gewalt war es nun, die sich zunächst der städtischen nebenordnete und schließlich überordnete. Diese in ganz Deutschland ziemlich gleichzeitig eintretende Entwicklung wurde in Mecklenburg begünstigt durch die Persönlichkeit seiner Herzöge. Magnus II. schuf bereits um die Jahrhundertwende die Basis für eine staatliche Handelspolitik 226 ), auf der seine Nachfolger aufbauen konnten.

Die Maßnahmen auf dem Gebiete des Handels erstreckten sich zunächst auf das eigene mecklenburgische Land, für dessen Versorgung mit Gütern Sorge getragen wurde. Sie gingen weit darüber hinaus, den Wohlstand des Landes durch Ausfuhr einheimischer Produkte zu mehren und diese wiederum einzutauschen gegen im Lande nicht vorhandene Güter. Innen- und Außenhandel sind es, die das wichtigste wirtschaftspolitische Betätigungsfeld der mecklenburgischen Herzöge des 16. Jahrhunderts darstellen und gleichzeitig die wirtschaftliche Bedeutung Mecklenburgs in dieser Zeit am deutlichsten kennzeichnen.

A. Innenhandel

1. Grundsätzliche Maßnahmen zur Regelung des Innenhandels
und der Versorgung des Landes.

Eine allgemeine Regelung der inländischen Handelsverhältnisse fand zuerst in der von den Herzögen Heinrich X. und Albrecht XII. erlassenen Polizeiordnung von 1516 statt 227 ). Die Versorgung der Städte mit Lebensmitteln und die des Landes mit Kleidung und anderer Ware, der Austausch von landwirtschaftlicher und gewerblicher Produktion, der nur auf den städtischen Märkten stattfinden sollte, wurde durch die Bestimmung zu regeln versucht, daß die Bauern und andere Landbewohner Gerste, Roggen, Hafer, Weizen, Hopfen, Hanf, Vieh, Wolle, Honig, Butter und alle anderen überflüssigen Waren in die nächste Stadt, zu der ihr Dorf gehörte, zu Markt bringen und ihre Bedürfnisse wiederum dort decken sollten.

Es stand den Landbewohnern aber frei, falls die Preise auf dem nächsten Markt nicht angemessen waren, an einem beliebigen anderen


226) Vgl. P. Steinmann, Finanz-, Verwaltungs-, Wirtschafts- und Regierungspolitik der Mecklb. Hge. im Übergange vom Mittelalter zur Neuzeit: Jahrb. 86, 1922, S. 118.
227) Polizeiordnung von 1516, §§ 15 - 18 u. 20: Jahrb. 57, 1892, S. 151 ff.
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Ort zu kaufen und zu verkaufen. Die Preisbildung wurde durch die Verordnung zu beeinflussen gesucht, daß um "ziemliches Geld", also zu einem gerechten Preise, gehandelt werden sollte. Eine Übervorteilung der Landbewohner durch die städtischen Kaufleute sollte ausgeschaltet werden. Der Bierpreis sollte dem der Gerste, der je nach Ausfall der Ernte steigt und fällt, angeglichen werden. Der Rat der Städte hatte dafür zu sorgen, daß diese Bestimmungen eingehalten wurden 228 ). Es herrschte also noch die Idee des justum pretium, wie sie für das ganze mittelalterliche Wirtschaftsleben charakteristisch gewesen ist 229 ). Später, unter Herzog Ulrich, wurde dann die Festsetzung bestimmter Preistaxen angeordnet. Je nach dem Ernteausfall und der Marktlage sollten diese von Sachverständigen in den Städten festgesetzt, am Rathaus öffentlich angeschlagen und dem Herzog zur Durchsicht in die Hofkanzlei gesandt werden, Überteuerung sollte vermieden und die Preise der Waren sollten den Einkaufspreisen entsprechend festgesetzt werden. Besonders dafür eingesetzte Marktmeister hatten auf die Befolgung dieser Vorschriften zu achten 230 ). Nur gute und unverdorbene Ware sollte verkauft werden 231 ) und auf richtiges Maß und Gewicht sollte geachtet werden 232 ). 1586 ersuchte Herzog Ulrich die Stadt Rostock um Übersendung des rechtlich anerkannten Marktpfundes zwecks Überprüfung 233 ).

Auch das Münzwesen, das früher fast ganz den Bestimmungen der Hanse unterlag, kam seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts mehr und mehr unter die selbständige Leitung der Landesfürsten. Schon die Herzöge Heinrich und Albrecht erließen 1542 ein Verbot gegen das wucherliche Einwechseln und Einschmelzen der Landesmünzen, und die Herzöge Johann Albrecht und Ulrich versuchten 1558, eine Verbesserung der


228) Polizeiordnung von 1516, §§ 15 - 18.
229) Die Lehre vom gerechten Preis wurde begründet von Albertus Magnus (1193 - 1280).
230) Polizeiordnungen von 1562: Neue Slg. Mecklb. Landesgesetze 1772, IV, S. 76 ff., u. von 1572: Mecklb. Grundgesetze 1778. Vgl. das Schreiben Hg. Ulrichs an Rostock vom 7. Jan. 1579: Korrespondenz. d. Hge. mit Rostock, und F. Techen über Marktzwang und Hafenrecht in Mecklbg.: Hans. Geschichtsbl. 1908, S. 95 ff.
231) Schreiben Hg. Johann Albrechts an Rostock vom 25. Jan. 1550: Korresp. mit Rostock, Vol. 33.
232) Müllerordnung für Dömitz 1577: Gen. Doman., Acta colleg. camerae, Ordinationes.
233) Schreiben Hg. Ulrichs an Rostock vom 28. Jan. 1586: Korresp. mit Rostock.
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Münze nach Schrot und Korn und einen feststehenden Münzfuß einzuführen. Durchgreifende Maßregeln konnten jedoch erst durch die Reichsmünzordnung vom Jahre 1559 ergriffen werden 234 ). Als im Jahre 1590 die Bauern sich beschwerten, daß die Preise für ihre Waren in den Städten gedrückt und für ihre Bedürfnisse gesteigert und sie mit falschen Maßen und falschen Münzwerten betrogen würden, forderten die Herzöge sofortige Abstellung dieser Mißstände und drohten bei Übertretung die Einführung der Handelsfreiheit auf den Dörfern an 235 ).

Der Vorkauf und das Ausführen von Waren durch die Landbewohner war streng verboten, z. B. der Verkauf von Wolle nach außerhalb wurde dem Adel und den Bauern nicht erlaubt, damit ein Hochtreiben der Preise vermieden würde, die einheimischen Tuchmacher genügend einkaufen könnten und die Bürger ihr Gewand so billig wie möglich erhielten. Die Aufkäufer landwirtschaftlicher Produkte sollten auf dem Lande nicht zugelassen werden, da ihre Tätigkeit wirtschaftliche Schwächung der Städter nach sich ziehe und dem gemeinen Wohl schade. Die Waren sollten ausschließlich auf den einheimischen Märkten feilgeboten werden 236 ). Trotz der Wiederholung dieser Bestimmung aus dem Jahre 1516 in der Neuauflage der Polizeiordnung von 1542 237 ) wurde das Übel der Vorkäuferei und der verbotenen Getreideausfuhr nicht ausgerottet, gab vielmehr weiter Anlaß zu häufigen Klagen 238 ). Damit nicht soviel nach Lübeck ausgeführt werde, wo in der Regel höhere Preise gezahlt wurden, erging die Anweisung an Rostock und Wismar, die gleichen Preise wie die Lübecker zu zahlen 239 ).


234) F. v. Lützow, Versuch einer pragmatischen Gesch. v. Mecklb., Berlin 1835, III, S. 82 ff.
235) Schreiben Hg. Ulrichs u. Johann VII. an Rostock vom 19. Sept. 1590: Korresp. mit Rostock.
236) § 20 der Polizeiordnung von 1516
237) Vgl. Glöckler, Über die mecklb. Polizeiordnung vom Jahre 1542: Jahrb. 16, 1851, S. 348.
238) Schreiben Wismars an Hg. Albrecht vom 2. März 1536, an Hg. Johann Albrecht vom 21. Dez. 1549, 14. Sept. 1550, 15. Sept. 1567, 4. Okt. 1567: Constitutiones Vol. I, Acta et Edicta; Schreiben Hg. Heinrichs an Rostock vom 5. Sept. 1542: Korresp. mit Rostock, Vol. XXIX; Entwurf eines Schreibens Hg. Johann Albrechts an Wismar vom 24. Dez. 1549: Spec. civitatum, Wismar, Vol. X a.
239) Schreiben Hg. Albrechts an Rostock vom 13. Nov. 1542: Korresp. mit Rostock,. Vol. XXIX; Schreiben Hg. Ulrichs an Wismar vom 16. Okt. 1567 u. 20. Aug. 1588: Constitutiones, Vol. I, Acta et Edicta.
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Auf dem Landtage zu Güstrow von 1555 erging noch einmal ein entsprechendes Verbot 240 ). Die Polizeiordnungen von 1562 und 1572 wiederholten es, die letztere allerdings mit der Einschränkung, daß Aufkäufern, die andere nützliche und notwendige Waren, wie Salz u.dgl., ins Land brächten, ein maßvoller Einkauf gestattet werde 241 ). Diese Einschränkung wurde allerdings mißbraucht, und schon 1573 beklagte sich Wismar, daß trotz guter Ernte keine genügende Getreidezufuhr vorhanden sei, da die Salzwagen aus Sachsen im ganzen Lande das Getreide aufkauften 242 ). Es wurde weiterhin befohlen, die Polizeiordnung zweimal im Jahre, acht Tage nach Ostern und acht Tage nach Michaelis, öffentlich auf dem Rathause, von den Kanzeln herab und durch die Amtleute ablesen zu lassen 243 ). Letzteren war die Begünstigung des Vorkaufs besonders streng untersagt, und es wurde darauf geachtet, daß sie sich nicht bestechen ließen 244 ). In den Landtagsabschieden von 1572, 1584 und 1589 wurden die Polizeiordnungen in diesen Punkten bestätigt 245 ). Über den Vorkauf von Wolle war am 26. Okt. 1571 noch einmal eine Sonderkonstitution erlassen worden 246 ). Übertretungen kamen besonders in der Stadt Rostock vor. Herzog Ulrich schrieb deshalb in den Jahren 1574, 1575 und 1579 persönlich an den dortigen Rat, und beide Herzöge mußten 1590 die Mahnung noch einmal wiederholen 247 ). Ein gedrucktes Mandat vom 14. Okt. 1597 wiederholte von neuem das Verbot, betonte aber, daß der Kauf im Haus des Produzenten erlaubt sei 248 ). Trotz aller Verbote jedoch fanden die Klagen kein Ende.


240) Spalding, Mecklb. öffentl. Landesverhandlungen, Rostock 1792, Bd. I. S. 14.
241) Polizeiordnung von 1572. Vgl. hierzu Spalding, a. a. O., S. 44, Fr. Techen, a. a. O., S. 106, u. v. Lützow, a. a. O., S. 78.
242) Schreiben der Stadt Wismar an Hg. Johann Albrecht vom 7. Okt. 1573: Const. Vol. I, Acta et Edicta.
243) Spalding, a. a. O., S. 50.
244) Schreiben des Siegmund von Esfeld an den herzogl. Rat Andreas Bessel vom 7. Aug. 1559: Gen. Doman., Landwirtschaft, Hopfenbau und Hopfenhandel.
245) Spalding, a. a. O., S. 50, 67/68, 70, 96 u. 153. Vgl. Techen, a. a. O., S. 106, u. Koppmann, Zur Gesch. der mecklb. Klipphäfen: Hans. Gesch.-Bl., 1885, S. 142.
246) Spalding, a. a. O., S. 70.
247) Schreiben vom 28. Juni 1574, 14. Juli 1575, 7. Jan. 1579, 19. Sept. 1590: Korresp. mit Rostock.
248) Techen, a. a. O., S. 225.
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Besonders die Adligen gaben immer wieder Anlaß zu Beschwerden. Bei ihnen war das Bestreben, auf eigene Faust Getreidehandel zu treiben, sehr groß, so daß Herzog Ulrich zu Gegenmaßnahmen greifen mußte 249 ). Wer Korn verschiffte, mußte für jede Schute 1 Tonne Salz und 1 Taler als Rekognition zahlen 250 ). Herzog Ulrich erkundigte sich am 11. Juli 1590 bei dem Amtmann und Küchenmeister von Neubukow nach dem Zwecke des Schutenbaues eines Untertanen und fragte an, ob dieser sein eigenes oder fremdes Korn auf dem Schiffe ausführen wolle. Weiterhin wurden Erkundigungen darüber eingezogen, ob Adlige und andere Untertanen Schiffe zu dem gleichen Zwecke hatten 251 ).

Es wurde sogar für die richtige Verteilung der Güter innerhalb des Landes Sorge getragen. So ersuchte Herzog Albrecht anläßlich einer Roggen- und Gersteteuerung die Stadt Rostock, von dem dortigen Vorrat den notleidenden Dörfern und Städten Korn zu angemessenem Preise zur Verfügung zu stellen, um eine Hungersnot zu verhindern 252 ). Aus dem Jahre 1574 ist die Verordnung erhalten, daß die Stadt Rostock auf den nahe gelegenen fürstlichen Ämtern Vieh, Hafer und Heu kaufen dürfe. Die Rostocker durften jedoch einen gewissen Umkreis ihrer Stadt nicht überschreiten, damit die anderen Städte genügende Bedarfsdeckungsmöglichkeiten behielten 253 ).

II. Konjunkturelle Maßnahmen

Neben dem stets wiederholten Verbot des Vorkaufs und der Verschiffung von Getreide durch die Landbewohner finden sich Bestimmungen, die die Getreideausfuhr zeitweise ganz verbieten. Diese Maßnahmen wurden bedingt durch den jeweiligen


249) Schreiben der Stadt Neubrandenburg an Hg. Johann Albrecht vom 16. Dez. 1572: Const., Vol. I, Acta et Edicta; Rat zu Wismar contra die von Adel und Bauern im Amte Neubukow und Grevesmühlen wegen Verschiffung des Korns nach Lübeck und sonst nach außerhalb Landes, 1576 - 81: Const., Vol. I, Fasc. 6.
250) Spalding, a. a. O., S. 94. Landtag zu Sternberg vom 4. Juni 1572.
251) Schreiben Hg. Ulrichs an den Amtmann und Küchenmeister von Neubukow vom 11. Juli 1590: Acta Commercii, Gen., Vol. I a.
252) Schreiben Hg. Albrechts 1546: Korresp. mit Rostock, Vol. 31.
253) Schreiben Hg. Johann Albrechts an Rostock vom 28. Aug. 1574 u. ein Kanzleizettel vom 5. Febr. desselben Jahres: Korresp. mit Rostock.
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Ausfall der Ernte, waren also konjunktureller Natur. Schon Herzog Magnus II. hatte Kornausfuhrverbote aus diesem Grunde erlassen 254 ). Herzog Heinrich verbot 1517 wegen einer Mißernte des Hopfens zur Verhütung eintretender Teuerung für eine Zeitlang die Ausfuhr 255 ). Die gleiche Verfügung von beiden Herzögen Heinrich und Albrecht findet sich für 1530. Schafe, Ochsen und Schweine, Roggen, Gerste, Hafer und Hopfen durften aus Mecklenburg zeitweilig nicht ausgeführt werden 256 ). Eine gleiche Maßnahme Herzog Albrechts wurde 1536 wahrscheinlich durch die Klage über Getreidemangel der Stadt Wismar veranlaßt 257 ). Der wiederholten Bitte Lübecks, die Kornausfuhr dorthin wieder freizugeben, wurde aus innerwirtschaftlichen Gründen nicht stattgegeben 258 ). 1559 wurde auf Anraten des Rentmeisters Siegmund von Esfeld ein neues Ausfuhrverbot für Hopfen erlassen 259 ). In den folgenden Jahrzehnten, einer Krisenzeit für die mecklenburgische Landwirtschaft 260 ), häuften sich die Ausfuhrverbote als Folge mehrerer Mißernten und wurden im Interesse der Versorgung des Landes erlassen. Herzog Johann Albrecht befahl am 22. Sept. 1571 allen Amtleuten, Vögten, Küchenmeistern und Zöllnern, dem Adel, den Landstädten und besonders den Städten Rostock und Wismar bei höchster Strafe, ihre Hopfen-, Korn- und Mehlausfuhr sofort einzustellen 261 ). Am 25. Okt. 1571 wurde der Befehl für Rostock wiederholt. Rostock leistete ihm nunmehr Folge, während Wismar sich dagegen sträubte 262 ). Das Jahr


254) Steinmann, a. a. O., S. 119.
255) Schreiben Hg. Heinrichs an die Stadt Rostock vom 10. Okt. 1517: Korresp. mit Rostock, Vol. 15.
256) Schreiben Hg. Heinrichs an den Vogt zu Alten Stargard vom 27. April 1530: Const., Vol. I, Acta et ed.
257) Schreiben Wismars an Hg. Albrecht vom 5. Sept. 1536: Spec. civitatum, Wismar, Vol. Xa.
258) Schreiben der Stadt Lübeck an Hg. Heinrich vom 19. Okt. 1531, an Hg. Albrecht von 1540 u. an Hg. Johann Albrecht von 1577: Const., Vol. I, Acta et ed.
259) Schreiben des Rentmeisters Siegmund von Esfeld an den herzogl. Rat Andreas Bessel vom 7. Aug. 1559: Gen. Doman., Landwirtschaft, Hopfenbau und Hopfenhandel.
260) Vgl. das Kap. über Landwirtschaft.
261) Abschrift eines Ediktes Johann Albrechts wegen Ausfuhr des Korns und Hopfens vom 22. Sept. 1571: Const., Vol. I, Acta et ed. Vgl. Rent.-Reg. Schwerin 1571/72: 27. Mai 1572.
262) Mandat beider Hge. vom 25. Okt. 1571 u. Brief Rostocks vom 23. Nov. 1571 u. Wismars vom 24. Nov. 1571 an die Hge.: Const., Vol. I, Acta et ed.
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1579 brachte eine besonders schlimme Mißernte, weshalb die Getreideausfuhr wiederum gänzlich verboten wurde. Es sollte vor allen Dingen unterbunden werden, daß Leute, die zu guten Zeiten das Getreide zu Spekulationszwecken aufgekauft hatten, es nun zu teuren Preisen verkauften und ausführten 263 ). Aus Anlaß derselben großen Mißernte verbot sogar Herzog Ulrich sämtliche Pfingst- und Maigilden im ganzen Lande. Von dem vorhandenen Vorrat durfte zu diesem Zwecke nichts verbraucht werden 264 ). Die Kornausfuhr nach Lüneburg aus dem herzoglichen Amte Grabow wurde auch nach der nächsten Ernte noch beschränkt und nur auf Bitten des Rates zu Lüneburg in kleiner Menge erlaubt 265 ). 1587 - 89 wurde die Kornausfuhr ebenfalls verboten 266 ), und gleichzeitig erging zur Verhütung einer Teuerung ein Verbot der Hopfenausfuhr, das aber, nach Deckung des Bedarfes in Mecklenburg, wieder aufgehoben wurde; ein bestimmtes Kontingent durfte ausgeführt werden 267 ). Weitere Kornausfuhrverbote finden sich in den neunziger Jahren, besonders für das Jahr 1597/98 268 ).

B. Außenhandel

Die Außenhandelsbeziehungen Mecklenburgs waren im 16. Jahrhundert sehr vielgestaltig. Neben denjenigen der Hansestädte Rostock und Wismar ist es der von den Herzögen selbst betriebene Handel, der neue Absatz- und Bezugsgebiete für Mecklenburg erschloß.


263) Gedruckte Verordnung vom 23. Okt. 1579: Const., Vol. I, Acta et ed.
264) Schreiben Hg. Ulrichs an Rostock vom 6. Mai 1580: Korresp. mit Rostock.
265) Schreiben des Rates zu Lüneburg an Hg. Ulrich vom 29. Nov., 8. Dez. u. 26. Dez. 1580 u. Schreiben Hg. Ulrichs an Lüneburg vom 17. u. 26. Dez. 1586: Const., Vol. I, Acta et ed.
266) Acta über die verbotene Ausfuhr des Korns nach Hamburg und Aufkäuferei: Const., Vol. I, Acta et ed.
267) Schreiben der Hge. Ulrich und Johann Albrecht an Rostock vom 4. Aug. 1589, Rundschreiben Hg. Ulrichs vom 13. Sept., 8. Okt. u. 18. Okt. 1589: Gen. Doman., Landwirtschaft, Hopfenbau und Hopfenhandel: Spalding, a. a. O., S. 189 u. 202; Güstrower Landtag vom 27. Nov. 1589.
268) Verordnungen aus den Jahren 1594, 96/97 u. 97/98: Const., Vol. I, Acta et ed.
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I. Die Sorge der Herzöge für Sicherheit im Seehandel
und Ordnung in Außenhandelsangelegenheiten der Untertanen.

Vermöge ihrer Eigenschaft als Landesherren war es zunächst die Aufgabe der Herzöge, für die ordnungsgemäße Abwicklung des Handels, im besonderen für die Handelssicherheit mecklenburgischer Kaufleute auf den Meeren, zu sorgen, um den Wohlstand zu schützen und vor allem den Handel der politischen Lage anzupassen. Diese Aufgabe wurde während des ganzen 16. Jahrhunderts in umfangreichem Maße von den Herzögen gelöst, die sich als übergeordnete Gewalt auch für die noch mächtigen Hansestädte erwiesen. - Es wurde von den Herzögen Sorge getragen, daß Schulden der Untertanen an auswärtige Kaufleute bezahlt wurden, und daß diese in Mecklenburg zu ihrem Recht kamen. Im Interesse der Handelsbeziehungen Mecklenburgs mit Sachsen befahl Herzog Johann Albrecht 1572 die Bezahlung der Schuld eines Rostocker Bürgers an zwei Leipziger Kaufleute 269 ). 1574 verwandte sich Herzog Johann Albrecht beim Rate von Rostock für einen sächsischen Kaufmann, der dort übel behandelt worden war 270 ).

Den größten Raum nahmen die Maßnahmen gegen das Freibeutertum und das Ausliegerunwesen auf der See ein, das im 16. Jahrhundert eine verhängnisvolle Rolle spielte. Nicht allein Seeräuber gefährdeten die Sicherheit, sondern gegenseitige Beraubung der Kaufleute verschiedener Staatszugehörigkeit, sogar im Auftrage ihrer Fürsten, waren an der Tagesordnung. Besonders Übergriffen von dänischer Seite mußte in der ersten Hälfte des Jahrhunderts entgegengearbeitet werden.

Schon 1504 wurden Rostocker Kaufleute, deren Ware im Sommer 1503 im Sunde geraubt war, aufgefordert, vor den Herzögen Balthasar und Heinrich in Sternberg zu erscheinen, um dort den Tätern gegenübergestellt zu werden 271 ). Als 1510 die Städte Rostock und Wismar sich wegen dänischer Auslieger beschwerten, erklärten sich die Herzoge bereit, zur Abstellung dieses Übels Gesandte an den König von Dänemark zu schicken 272 ). Die Herzöge Heinrich und Albrecht bekämpften


269) Schreiben Hg. Johann Albrechts an Rostock vom 4. März 1572: Korresp. mit Rostock.
270) Schreiben Hg. Johann Albrechts vom 12. Febr. 1574: Korresp. mit Rostock.
271) Schreiben der Hge. Balthasar und Heinrich an Rostock, 30. März 1504: Korresp. mit Rostock, Vol. XI.
272) Zettel in Vol. XIII der Korresp. mit Rostock.
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1511 ebenfalls das vom dänischen König veranlaßte Ausliegerwesen 273 ). Herzog Albrecht wandte sich 1514 persönlich an den König von Dänemark, um eine Regelung der Handelsbeziehungen zwischen Rostock und Dänemark in die Wege zu leiten 274 ). Als 1519 ein Rostocker Kaufmannsschiff auf der Reise nach Riga von Dänen beraubt wurde, schrieben die Herzöge wiederum an den dänischen König um Abhilfe 275 ). Ebenso 1527, als erneute Klagen von Wismarer Bürgern über wiederholten Schiffsraub, begangen durch einen dänischen Bischof und Auslieger des Königs, lautbar wurden 276 ).

Sogar für die Sicherheit fremder Kaufleute auf mecklenburgischem Gebiet wurde gesorgt; als die Stadt Danzig sich wegen eines Überfalls auf See an einen der mecklenburgischen Herzöge wandte, wurde ihr Unterstützung und Hilfe zugesagt 277 ). Gemeinsam mit den wendischen Städten sorgte Herzog Albrecht 1544 für Sicherheit auf der See, er beraumte eine Zusammenkunft zur Besprechung dieser Fragen in Lübeck an 278 ).

Im Jahre 1546 nahm Herzog Albrecht den Kampf gegen holländische Seeräuber auf. Als zwei Rostocker Kaufleute, die Gebrüder Meienfelt, sich 1546 bei ihm darüber beklagten, daß sie auf einer Handelsfahrt nach Bergen in Norwegen von holländischen Ausliegern beraubt seien, die die Schiffe nach Amsterdam mitgenommen und die Güter dort verkauft hätten, und als trotz seiner Bitte um Hilfe an den Kaiser und die Königin Maria von Ungarn und Böhmen, Statthalterin der Niederlande, er eine Rückgabe nicht erreichen konnte, befahl Herzog Albrecht, alle holländischen Kaufleute, die nach Mecklenburg kämen, anzuhalten und nicht eher wieder freizulassen, bis die


273) Schreiben der Hge. Heinrich und Albrecht, 15. Juni 1511: Korresp. mit Rostock, Vol. XIV.
274) Schreiben Hg. Albrechts an den König von Dänemark 1514: Acta commercii et navigat. marit., Vol. II, Fürstliche Schiffe und Handlung 1514 - 1559.
275) Schreiben Hg. Albrechts an die Stadt Rostock vom 21. Dez. 1521: Korresp. mit Rostock, Vol. XVI; Schreiben der Stadt Rostock an beide Hge. Heinrich und Albrecht vom 21. Dez. 1521, Stadtakten Rostock, Fasc. 1, Schiffahrt 1510 - 1558.
276) Entwurf dreier Schreiben von 1527, ohne näheres Datum, an den König von Dänemark: Acta commercii et navigat. marit., Vol. II, Schiffbau und Kauf.
277) Entwurf eines Schreibens an die Stadt Danzig vom 28. Mai 1536: Acta commercii et navigat. marit., Vol. II, Schiffbau und Kauf.
278) Schreiben Hg. Albrechts an die Stadt Rostock 1544: Korresp. mit Rostock, Vol. XXX.
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Angelegenheit rechtlich entschieden sei 279 ). Diese Maßnahme wurde allerdings vom Kaiser, der mehr auf Seiten der Holländer stand, nicht gebilligt 280 ). Herzog Heinrich sorgte 1550 dafür, daß einem seiner Bützower Untertanen, der eine Handelsfahrt zur See machen wollte, von Rostock sicheres Geleit gewährt wurde 281 ). Als 1568 ein mecklenburgisches Schiff auf offener See von Danziger Ausliegern beraubt war, schrieb Herzog Johann Albrecht an die in Danzig anwesenden Kommissare des Königs von Polen, ersuchte um Rückgabe der Güter und erreichte die Billigung seines Gesuches 282 ). Als 1571 eine kaiserliche Aufforderung an die Fürsten ergangen war, an der Beseitigung der Seeräuber in der Nord- und Ostsee mitzuhelfen 283 ), gab Herzog Ulrich diesen Befehl an die Stadt Rostock weiter und ersuchte um Beantwortung des kaiserlichen Fragebogens nach Art, Aufenthaltsort und Tätigkeit der Seeräuber 284 ).

II. Handelsverordnungen aus außenpolitischen Gründen

Besonders aufschlußreich ist das Eingreifen der Herzoge in Handelsangelegenheiten, soweit es aus politischen Motiven geschah oder der politischen Konstellation angepaßt war. Die Stadt Rostock wurde 1536 angewiesen, Lebensmittel an den Grafen Christoph zu Oldenburg und Delmenhorst zu liefern 285 ), der, wie Herzog Albrecht selbst, an der Unterstützung des ent-


279) Schreiben der Brüder Dietrich und Moritz Meienfelt an Hg. Heinrich ohne Datum, Erlaß Hg. Albrechts vom 14. März 1546: Stadtakten Rostock, Fasz. l, Schiffahrt 1510 - 1558.
280) Schreiben Kaiser Maximilians an Hg. Heinrich ohne Datum, und Schreiben der Königin Maria von Ungarn und Böhmen, Statthalterin der Niederlande an Hg. Albrecht vom 11. Sept. 1545: Belgica, Vol. II.
281) Schreiben des Bützower Bürgers Achim Barkow an Hg. Heinrich vom 4. Juli 1550 und Schreiben Hg. Heinrichs an Rostock vom 3. Febr. 1550: Stadtakten Rostock Fasz. l, Schiffahrt 1510 - 1558.
282) Schreiben Hg. Johann Albrechts an Danzig vom 1. Dez. 1568 und 28. Jan. 1570: Acta commercii et navigat. marit., Vol. II, Schiffbau und Kauf.
283) Kaiserliches Schreiben: Acta commercii et navigat. marit., Vol. II, Schiffbau und Kauf.
284) Schreiben Hg. Ulrichs an Rostock vom 5. März 1572 und Schreiben der kaiserlichen Kommissare vom 15. Jan. 1572: Korresp. mit Rostock.
285) Schreiben Hg. Albrechts an Rostock vom 11. Jan. 1536: Korresp. mit Rostock Vol. 26.
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thronten Königs Christian II. von Dänemark beteiligt war 286 ). Im Kriege zwischen Dänemark und Schweden empfahl Hg. Ulrich 1569 auf Anraten des dänischen Königs den Kaufleuten, bis zum bevorstehenden Friedensschluß die Handelsfahrten nach Schweden, wohin die Zufuhr gesperrt war, einzustellen, damit sie keinen wirtschaftlichen Schaden erlitten 287 ). Die Stadt Rostock ersuchte er, Hopfen an den König von Dänemark zu liefern 288 ). Auch die Einfuhrverbote der Jahre 1570 - 1580 nach Rußland geschahen aus politischen Gründen. Die seit 1556 dauernden Thronstreitigkeiten Herzog Christophs mit dem russischen Zaren Iwan II., dessen Reiterhorden Livland überschwemmten und die Sicherheit des Ostseehandels gefährdeten 289 ), zogen die Blockierung der Russen von Reichs wegen und das Verbot der Narwaschiffahrt nach sich. Die Herzoge Ulrich und Johann Albrecht verboten damals wiederholt bei schwerer Strafe den Städten Rostock und Wismar, Handel nach Rußland zu treiben 290 ). Die Grenzirrungen mit der Mark Brandenburg 291 ) führten Ausfuhrverbote dorthin herbei. Im Jahre 1563 fanden gegenseitige Grenzsperren zwischen Mecklenburg und Brandenburg statt, die allerdings nach Beratung zweier Räte des Herzogs mit dem Kurfürsten wieder aufgehoben wurden 292 ). Als der Kurfürst Johann Georg von Brandenburg XX die Einfuhr einzelner Waren verbot, erfolgte eine neue Ausfuhrsperre für alle Waren als Gegenmaßnahme der mecklenburgischen


286) H. Witte, Mecklb. Gesch., Wismar 1913, II, S. 34 ff.
287) Schreiben Hg. Ulrichs an Rostock vom 6. Juni 1569: Korresp. mit Rostock.
288) Schreiben Hg. Ulrichs an Rostock vom 18. Nov. 1567: Korresp. mit Rostock.
289) Witte, a. a. O., S. 94 - 97, und F. v. Lützow, a. a. O., S. 93. Vgl. dazu Schreiben Hg. Johann Albrechts an Hamburg vom 11. Febr. 1559: Hamburgensia, Vol. I, und Rent.-Reg. Schwerin 1560/61 und Güstrow 1568/69.
290) Schreiben Hg. Ulrichs an Rostock vom 7. Nov. 1570, Schreiben Hg. Johann Albrechts an Rostock vom März 1573, Kaiser Maximilians vom 18. Febr. 1573 und Hg. Ulrichs vom 30. Aug. 1580: Korresp. mit Rostock; undatiertes Bruchstück eines Schreibens Hg. Ulrichs an den Hg. von Pommern: Acta comm. et navigat. marit., Vol. II, Schiffbau und Kauf.
291) v. Lützow, a. a. O., S. 64.
292) Acta die Absendung der mecklb. Räte Joachim Krause und Lüdeke Bassewitz nach Berlin wegen des gesperrten Korn- und sonstigen Handels zwischen der Mark und Mecklenburg 1563: Auswärtiges, Brandenburg, Vol. I.
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Herzoge 293 ). Nach Beilegung des Streites wurde 1575 die Ausfuhr nach der Mark wieder freigegeben 294 ).

III. Der Außenhandel der Herzoge.

Der Handel, der zunächst ein Privileg der Hansestädte gewesen war, wurde im 15./16. Jahrhundert ein umfangreiches Betätigungsgebiet der mecklenburgischen Herzoge. Von den Städten deshalb zwar vielfach zur Behauptung ihres bisherigen Handelsmonopols angegriffen, waren die mecklenburgischen Herzoge vermöge ihrer landesherrlichen Gewalt doch imstande, diese Gegenströmungen zu überwinden, selbst in Verbindung mit den Haupthandelsplätzen ihrer Zeit zu treten und so das Land Mecklenburg als Territorium einzugliedern in den damaligen europäischen Markt.

A. Handelsbestrebungen Herzog Magnus II.

Bereits Herzog Magnus II. machte den Versuch, einen Außenhandel anzubahnen, der unabhängig war von Zwischenhändlern und den Seestädten Rostock und Wismar. Seine Absichten, auf dem Seewege Korn nach Holland zu verschicken, scheiterten zwar um die Wende des 15. und 16. Jahrhunderts an dem Widerstande der Seestädte und der benachbarten Fürsten, doch er erreichte sein Ziel durch Benutzung der Elbe. Alle zwei Jahre etwa sandte er auf diesem Wege Roggen nach Holland. 1492 ließ er in Hamburg Roggen verkaufen, und 1498 bestanden Handelsbeziehungen zu der Magdeburger Gegend. Nach Hamburg und Magdeburg betrieb er 1495 - 99 außerdem einen Bretterhandel. Er handelte sogar mit Produkten, die er selbst erst aufkaufen mußte. So trieb er Heringshandel bis nach Mitteldeutschland und einen Speckhandel nach Magdeburg. Für das eingenommene Geld wurden allerhand Waren eingekauft, in Leipzig Silber für die Münze, Zeug und andere Waren, in Magdeburg Salpeter und in Amsterdam Tuch und andere Bedarfsgegenstände 295 ).


293) Schreiben der Hge. Johann Albrecht und Ulrich an Rostock vom 1. Mai 1572: Korresp. mit Rostock; Spalding, a. a. O., S. 96: Sternberger Landtag vom 4. Juni 1572; Schreiben Hg. Ulrichs an Rostock vom 9. Febr. 1575: Korresp. mit Rostock.
294) Schreiben Hg. Ulrichs an Rostock vom 7. April 1575: Korresp. mit Rostock.
295) P. Steinmann, a. a. O., S. 118f.
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B. Handelsbeziehungen der Herzoge
Albrecht VII. und Heinrich V.

I. Der Handel mit den Niederlanden.

Auch unter den Nachfolgern Magnus II., den Herzogen Albrecht VII. und Heinrich V., waren die Niederlande, besonders Antwerpen, das sich im 16. Jahrhundert zum Handelsplatz ersten Ranges entwickelt hatte 296 ), Zielpunkt der Handelsbestrebungen. Ein erhöhter Bedarf und allgemeines Steigen der Getreidepreise im Westen waren dem Getreidehandel dorthin günstig 297 ).

Da die Herzoge selbst nicht im Besitze von Schiffen waren, versuchten sie solche bei der Stadt Rostock zu borgen, wurden aber abschlägig beschieden, was aus der eifersüchtigen Haltung der alten Hansestadt dem neuen landesherrlichen Streben gegenüber leicht zu erklären ist. So war es den Herzogen Magnus und Balthasar 1503 ergangen, als sie einem Rostocker Schiffer eine Roggenladung für Amsterdam übergeben wollten 298 ); und die gleiche ablehnende Haltung bewahrte Rostock 1510 gegenüber den Herzogen Heinrich V. und Albrecht VII., als diese auf einem Rostocker Schiff Waren nach Dänemark senden und dort Lebensmittel einkaufen lassen wollten 299 ). 1514 gelang es den Herzogen, mit dem Schiffer Matthias Kegebein einen Vertrag abzuschließen, in dem dieser sich verpflichtete, ihnen 28 Last Roggen (1120 Zentner) nach Amsterdam zu verschiffen 300 ). Etwa zur gleichen Zeit wurde mit einem Schiffer aus Amsterdam verhandelt, an den 53 Last Roggen verkauft und 32 Last auf Fracht nach Amsterdam mitgegeben wurden, ebenso einige Bretter. Salz und Tuch aus Amsterdam wurden


296) Richard Ehrenberg, Das Zeitalter der Fugger, Kapital- und Kreditverkehr im 16. Jahrh., Jena 1896, S. 246 f.
297) Kötzschke, Grundzüge der deutschen Wirtschaftsgesch. bis zum 17. Jahrh. (Meisters Grundriß II, 1) 1923, S. 189; Hermann Krause, System der landständischen Verfassung Mecklbg. in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhs., Rostocker Abh., Heft 2, 1927, S. 185; H. Maybaum, Die Entstehung der Gutsherrschaft im nordwestlichen Mecklbg., 1926 (Beiheft 6 der Vierteljahrsschrift für Sozial- und Wirtschaftsgesch., S. 152 f.)
298) Koppmann, a. a. O., S. 109; Techen, a. a. O., S. 117.
299) Schreiben der Stadt Rostock vom 20. Juli 1510: Stadtakten Rostock, Fasz. 1, Schiffahrt. Vgl. Koppmann, a. a. O., S. 109 u. Techen, a. a. O., S. 117.
300) Vertrag der Hge. Albrecht und Heinrich mit dem Schiffer Matthias Kegebein vom 22. Febr. 1514: Acta comm., Vol. I., Fürstl. Schiffe und Handlung.
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dafür in Rechnung gestellt 301 ). 1522 hatte Herzog Heinrich aufs neue die Absicht, Roggen nach dem Westen zu schicken; er wandte sich durch seinen Kanzler Kaspar von Schöneich an Wismar um Zustimmung, daß die damit beladenen Schiffe im dortigen Hafen unter Segel gingen 302 ). Wismar scheint in diesem Falle eingewilligt zu haben, denn der Herzog wandte sich mit dem Ersuchen an Lübeck, vier oder fünf kleine Schiffe frei passieren zu lassen 303 ), worauf die Stadt zwar ihr Bedenken äußerte, aber die Fahrt frei gab 304 ).

Ein neuer Versuch wurde mit Hilfe des Wismarer Bürgers Blasius Malchow unternommen, dem von der Stadt Wismar der Vorwurf gemacht wurde, dem Herzog die Kaufmannschaft erleichtert zu haben. Der Kanzler Kaspar von Schöneich leugnete in einem Verteidigungsschreiben für Malchow an Wismar, daß Handelsbestrebungen der Herzoge überhaupt vorhanden seien; das ist sehr bezeichnend dafür, wie schwierig es für die Herzoge war, selbständig Handel zu treiben, da dieser verheimlicht werden mußte. Blasius Malchow brachte aus Holland Gewürz und Tuch für den Bedarf des Hofes mit 305 ).

Der Handel mit Holland wurde nun durch einen eigenen Abgesandten der Herzoge, den früheren Küchenmeister von Schwerin, Anthonius Schröder 306 ), weiter vermittelt, der seit 1518 als Kommissionär der Herzoge in Lübeck, Lüneburg, Hamburg, Jüterbog, Leipzig und Torgau tätig gewesen war 307 ).


301) Undatierter Vertrag mit dem Schiffer Wilhelm aus Amsterdam: Acta comm., Vol. I, Fürstl. Schiffe und Handlung.
302) Entwurf eines Schreibens Kaspar von Schöneichs an Wismar vom 9. Juli 1522: Acta comm., Vol. I, Fürstl. Schiffe und Handlung.
303) Schreiben Hg. Heinrichs an Lübeck vom 19. Juli 1522: Acta comm., Vol. I, Fürstl. Schiffe und Handlung.
304) Schreiben Lübecks an Herzog Heinrich vom 11. Aug. 1522: Korresp. der Stadt Lübeck mit den Hgen. zu Mecklb.
305) Undatiertes Schreiben an einen gewissen Hinrik Stelpen: Belgica Vol. II; Konzept eines Schreibens Kaspar von Schöneichs an Wismar vom 25. Juli 1524: Spec. civitat., Wismar, Vol. 10 a. Vgl. Techen, a. a. O., S. 119.
306) Beglaubigungsschreiben der Hge. Heinrich und Albrecht an Rostock für Anth. Schröder, Küchennmeister zu Schwerin, vom 16. Jan. 1504: Korresp. mit Rostock, Vol. 11. Vgl. Ihde, Amt Schwerin: Jahrb. 77, Beiheft, 1913, S. 199.
307) Rent.-Reg. Schwerin 1518/19 vom 11. Okt., 20. Nov., 30. Nov., 7. Jan., 25. Jan., 14. Febr., 16. Juni; Rent.-Reg. 1526/27 vom 3. März 1527; Zettel über einen Tucheinkauf zu Hamburg mit dem Datum des 10. Nov. 1523: Acta Mineralium Meklenburg., Vol. I.
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1526 verkaufte er zu Amsterdam für etwa 600 Gulden Malz und Roggen im Auftrage der Herzoge und kaufte dort und in Antwerpen Gewand, Seide, Garn und Gewürz ein 308 ).

In den Jahren 1536 - 45 unterhielt Herzog Albrecht eine Handelsverbindung mit dem Antwerpener Bürger Willem Bornewasser, von dem er 1536 für 440 Gulden und 1537 für 136 Gulden Tuch kaufte. Für eine Schuld von 800 Gulden lieferte er ihm Mehl und Wolle nach Hamburg 309 ).

2. Der Bau herzoglicher Schiffe, Klipphafenschiffahrt und Streit
mit den Hansestädten Rostock und Wismar

Die Herzoge versuchten nun, zur Erweiterung ihres Handels in den Besitz eigener Schiffe zu gelangen. Im Jahre 1517 finden wir zum ersten Male Schiffe in ihrem Besitz. Auf der Lübecker Reede vor Travemünde wurden zwei herzogliche Schiffe schiffbrüchig 310 ). 1519 schickte Herzog Heinrich wiederum in einem Schiff 28 Last Roggen nach Danzig 311 ). Zur gleichen Zeit, in den Jahren 1516 - 19 etwa, war wiederum ein Schiff mit Korn westwärts gefahren, das aber durch die Friesen, Holländer und Burgunder beraubt wurde. Deshalb wandte sich einer der Herzoge an die Stadt Amsterdam, wo das Schiff hingebracht worden war und der Inhalt versteigert werden sollte, und bat, ihm das Schiff oder seinen Geldwert zuzustellen. Gleichzeitig wandte er sich in derselben Angelegenheit an den Herzog Karl von Burgund, den späteren Kaiser Karl V. (1519 - 58), und an die Stadt Enkhuizen, deren Bürger an dem Schiffsraub beteiligt waren 312 ).

Am 2. Mai 1526 wurde ein Schiff für 154 Gulden von einem Bürger zu Nästved auf Seeland gekauft 313 ). Im gleichen


308) Rechenschaft Anth. Schröders 1526: Rent.-Belege 1521 -49.
309) Zwei Schuldscheine Hg. Albrechts für Willem Bornewasser vom 25 Nov. 1536 und 17. April 1537 und Vertrag mit Bornewasser vom 18. Juni 1545: Rent.-Belege 1521 - 49.
310) Schreiben der Stadt Lübeck an Hg. Albrecht vom 31. Dez. 1517: Acta Comm., Vol. I, Fürstl. Schiffe und Handlung.
311) Schreiben des Kapellans Heinrich Stolp an Hg. Heinrich vom 23. März 1519: Acta Comm., Vol. I, Fürstl. Schiffe und Handlung. Stolp war Hg. Heinrichs vieljähriger Vertrauter. Vgl. Jahrb. 3, 1838, S. 162, u. Jahrb. 5, 1840, S. 13.
312) Undatierter Entwurf eines Schreibens an Amsterdam und eines Schreibens Hg. Karls von Burgund und des mecklb. Hgs. an die Stadt Enkhuizen in Holland: Belgica, Vol. II.
313) Kaufvertrag durch den Kanzleischreiber Nikolaus Sweder vom 2. Mai 1526: Acta Comm., Vol. I, Fürstl. Schiffe und Handlung.
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Jahre wurde von dänischen Ausliegern ein mit Waren beladenes Schiff Herzog Albrechts beraubt, eine Folge von des Herzogs Parteinahme in den nordischen Wirren für den entthronten König Christian II. von Dänemark 314 ). Herzog Albrecht wandte sich schließlich an Kaiser Karl X., der an den neuen dänischen Herrscher Friedrich III. und Lübeck, das mit diesem verbündet war, den Befehl ergehen ließ, das geraubte Gut Herzog Albrecht wieder zuzustellen 315 ). Ebenso wurde 1526 ein herzogliches Schiff von Rostockern beraubt 316 ).

Im Jahre 1527 ging wieder ein Schiff, diesmal ein größeres, in den Besitz Herzog Albrechts über. Er kaufte es für 800 Gulden von den Schiffern Albrecht Cleie van Horn und Johann van der Bowe. Letzterer trat in des Herzogs Dienste 317 ). Dieses ist wahrscheinlich das gleiche Schiff, das Wismar im selben Jahre aus dem Klipphafen bei Golwitz auf Poel einholen ließ 318 ).

Ein offener Kampf mit den Seestädten Lübeck, Rostock und Wismar, die den Herzogen das Recht, Klipphäfen anzulegen, absprachen, hatte eingesetzt 319 ). Trotz dieser Streitigkeiten ließen die Herzoge 1528 ein weiteres Schiff bauen 320 ). Der herzogliche Kornhandel war inzwischen bis nach Schweden ausgedehnt worden. Der Schiffer Klaus Wernow zu Travemünde


314) Schreiben Lübecks an Hg. Albrecht vom 20. Okt. 1526, Entwurf eines undat. Schreibens Hg. Albrechts an König Friedrich von Dänemark, Instruktion für die von Hg. Albrecht an König Friedrich und Lübeck abzusendenden Räte: Acta Comm., Vol. I, Schiffsbau.
315) Abschrift eines kaiserlichen Schreibens vom 20. Nov. 1526 an Friedrich III. und Lübeck: Acta Comm. Et navigat. Marit., Vol. II, Fürstl. Schiffe und Handlung.
316) Schreiben Hg. Albrechts an Rostock vom 29. Okt. 1526: Korresp. mit Rostock.
317) Vertrag der Schiffer Albrecht Cleie van Horn und Johann van der Bowe mit Hg. Albrecht vom 11. April 1527 u. Verpflichtung des Johann van der Bowe am gleichen Tage: Acta Comm., Vol. I, Schiffsbau.
318) Vgl. Hoffmann, a. a. O., S. 108 f., u. Techen, a. a. O., S. 123 f.
319) Schreiben Lübecks vom 21. Juli 1528 u. 11. Aug. 1529 an die Hge.: Acta Comm., Vol. I, Schiffsbau. Schreiben Rostocks vom 31. Juli 1527 u. 7. Sept. 1528: Stadtakten Rostock, Fasz. l, Schifffahrt. Vgl. Koppmann, a. a. O., S. 108 f., u. Techen, a. a. O., S. 123 f.
320) Schreiben des Jürgen Driberg zu Gottmannsförde bei Schwerin vom 15. Sept. 1528 an Hg. Albrecht: Acta Comm., Vol. I, Schiffsbau.
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nahm im Auftrage Herzog Heinrichs 70 Last Roggen, Mehl und Malz an Bord, die er nach Schweden bringen sollte 321 ).

1533 wurde mit dem Hamburger Kaufmann Heinrich Wapensticker, zu dessen Bruder Christoph Herzog Albrecht ebenfalls Handelsbeziehungen unterhielt 322 ), ein Vertrag abgeschlossen, in dem Herzog Albrecht ihm 100 Last Roggen, die Last für 20 Gulden, zu verkaufen versprach 323 ). Wismar gestattete das Auslaufen der mit dem Roggen beladenen drei Schiffe jedoch nicht 324 ). Wapensticker reiste nach Antwerpen, veranlaßte den Herzog von Cleve, die Durchfahrt in Hamburg zu erwirken, und stellte bei Gelingen des Handels, was bei dem Verhalten Wismars unwahrscheinlich war, noch weitere Ausfuhrmöglichkeiten nach dem Westen für Wolle in Aussicht 325 ).

Bei vielen Handelsunternehmungen sehen wir also die Herzoge von den Seestädten gehemmt. Der Streit um den Klipphafen bei Golwitz und ein dort errichtetes herzogliches festungsähnliches Gebäude erwachte 1532 aufs neue und dauerte, von den Seestädten gemeinsam gegen die Herzoge durchgeführt, bis 1534 326 ). Er wurde erst beigelegt, als Herzog Albrecht die Hilfe der Städte bei der Erwerbung der schwedischen Königskrone 327 ) brauchte, und die Städte, um ihre Hegemonie im Handel zu retten, eine gütliche Vereinbarung herbeizuführen suchten. Herzog Albrecht versprach, daß den Städten ihre alten


321) Bestallung des Schiffers Claus Wernow durch Hg. Heinrich vom 16. April 1528: Acta Comm. et navigat. marit., Vol. II, Fürstl. Schiffe und Handlung, 1514 - 59.
322) Bericht Siegmund von Esfelds 1535, s. Anm. 321.
323) Vertrag Hg. Albrechts mit Heinrich Wapensticker u. Reversal Wapenstickers vom 6. Jan. 1533: Const., Vol. I, Acta et ed.
324) Koppmann, a. a. O., S. 119 f., u. Techen, a. a. O., S. 117 f. und 120.
325) Schreiben Heinrich Wapenstickers an Hg. Albrecht vom 22. Okt. 1533, Antwerpen: Const., Vol. I, Acta et ed.
326) Schreiben Rostocks vom 27. Juni 1532, 25. Juli 1532 u. 14. April 1533 an Hg. Albrecht: Acta Comm. et navigat. marit, Vol. II, Fürstl. Schiffe und Handlung 1514 - 59; Schreiben der sechs wendischen Städte an Hg. Albrecht zwischen dem 2. u. 13. Aug. 1532, Schreiben des Hgs. an Lübeck vom 8. Dez. 1532 u. Schreiben Lübecks an Rostock vom 21. Dez. 153X: Hanseatica, Vol. VII; Schreiben Lübecks an Wismar vom 20. Jan. 1533, Wismars an Rostock vom 21. Jan. 1533: Hanseatica, Vol. VIII. Schreiben Lübecks an Rostock vom 25. April 1533: Hanseatica, Vol. VIII. Vgl. Koppmann, a. a. O., S. 113 ff.
327) Witte, a. a. O., S. 34 ff.
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Privilegien unbeschnitten sein sollten, daß er mit Dänemark keinen Handel treiben und den Handel des Adels dorthin verhindern wollte. Herzog Heinrich schloß sich diesen Versprechungen an 328 ).

Der herzogliche Handel wurde aber aus diesem Grunde nicht eingestellt. 1534 erschienen zwei hamburgische Schiffe bei Golwitz und nahmen Korn von den Landesherren ein 329 ), wogegen Rostock und Wismar Protest einlegten 330 ). 1535 benutzte Herzog Albrecht die Zeit der Grafenfehde 331 ) zu Handelsgeschäften in Kopenhagen und verkaufte dort Korn 332 ).

1538 wurde ein herzogliches Schiff nach Amsterdam gesandt und so der Handel mit den Niederlanden wieder aufgenommen. Ein gewisser Gottschalk Remlingradt verkaufte wahrscheinlich dort Speck und Mehl, die er zu Wismar vom Herzog erhalten hatte 333 ). 1539 beabsichtigte Herzog Albrecht, zwei Schiffe im wismarschen Hafen zu befrachten, doch die von Wismar gestellten Bedingungen scheinen dies verhindert zu haben 334 ).

Auf den Versammlungen der wendischen Städte von 1538 und 1539 wurde Herzog Albrecht des Einvernehmens mit dem eben genannten Remlingradt, der Seeraub trieb, bezichtigt 335 ). Tatsächlich scheint sich Herzog Albrecht zu dieser Zeit am Freibeuterwesen beteiligt zu haben 336 ), wohl um die im dänischen Kriege erlittenen Verluste dadurch wettzumachen. Auf einem der gekaperten Schiffe befand sich Kupfer, das den Fuggern zu


328) Undatierter Vertrag Lübecks mit Hg. Albrecht: Hanseatica, Vol. XI; Bekenntnis der Städte Lübeck, Rostock, Stralsund und Wismar vom 14. Nov. 1534: Hanseatica, Vol. VIII; Abschrift des Vertrags zwischen Hg. Albrecht und den Städten Lübeck Rostock, Stralsund und Wismar 1534 gegen den Hg. von Holstein, darauf der dänische Krieg erfolget: Hanseatica, Vol. VIII. Vgl. Koppmann, a. a. O., S. 124 f.
329) Koppmann, a. a. O., S. 123 f.; Techen, a. a. O., S. 125.
330) Schreiben Rostocks vom 6. April 1534: Acta Comm. et navigat. marit., Vol. II, Fürstl. Schiffe und Handlung 1514 - 59; Schreiben Wismars vom 13. April 1534: Const., Vol. I, Acta et ed.
331) Vgl. Koppmann, a. a. O., S. 124 f.
332) Koppmann, a. a. O., S. 126 f.
333) Vermerk in den Akten über fürstl. Schiffe und Handlung 1514 - 59: Acta Comm. navigat. marit., Vol. II.
334) Koppmann, a. a. O., S. 129, u, Techen, a. a. O., S. 119.
335) Koppmann, a. a. O., S. 130.
336) Acta die von dem Hg. Albrecht zu Mecklb. nach Schwerin geforderten Rostocker Bürgen für den Freibeuter Martin Detlof vom Jahre 1541: Stadtakten Rostock, Fasz. 1, Schiffahrt, u. Schreiben des Martin Detlof an Lübeck vom 8. März 1541: Acta Comm., Vol. I, Schiffbau. Vgl. Koppmann, a. a. O., S. 128 ff.
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Augsburg gehörte und das auf das Ersuchen ihres Prokurators zu Danzig wahrscheinlich wieder herausgegeben wurde 337 ).

Auf dem Regensburger Reichstag von 1546 wurde nun Herzog Albrecht von Kaiser Karl V. unter anderem das Privileg zugebilligt, zwei neue Häfen, einen bei Golwitz und den anderen bei Ribnitz, anzulegen 338 ). Wahrscheinlich handelte es sich jedoch nur um Privilegienentwürfe 339 ). Herzog Albrecht starb am 5. Jan. 1547, wohl ohne die feste Zustimmung des Kaisers erhalten zu haben.

3. Floßschiffahrt nach Sachsen.

In den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts betrieb Herzog Albrecht einen ausgedehnten Flößereibetrieb auf der Elbe und erschloß so Sachsen als neues Absatz- und Bezugsgebiet für Mecklenburg. Die Stadt Pirna an der Elbe war der Mittelpunkt dieser Handelsbeziehungen, was sich leicht aus dessen geographischer Lage erklärt, die es zum wichtigen Handelsplatz im damaligen Sachsen machte. 1525 wurde ein Handel mit Heringen, Stockfisch und Speck durch den Schandauer Bürgermeister Jörn Hensel im Auftrage Herzog Albrechts die Elbe hinauf betrieben. Ein Floß mit 28 Flößerknechten fuhr nach Sachsen, und in Hain, Mühlberg, Torgau, Mügeln, Stauchitz, Strehla, Riesa, Freiberg, Meißen und Lichtenburg wurden im ganzen 93 Tonnen Heringe zum Preise von etwa 450 Gulden verkauft. Mit der Einnahme für Stockfisch und Speck betrug der Gesamterlös etwa 482 Gulden. Auf einer zweiten Reise wurden Heringe zu Belzig in Brandenburg verkauft und Tuche in Sachsen eingekauft 340 ). Ebenfalls 1525 unternahm ein gewisser Nickel von Rotzschitz im herzoglichen Auftrage eine Floßfahrt mit 56 Flößerknechten nach Sachsen, kaufte zu Pirna und Hain für etwa 270 Gulden Tuch und Wein ein und besuchte den Ostermarkt zu Leipzig, wo er Silber einkaufte. 1526 finden wir Rotzschitz wieder in Leipzig auf dem Weihnachtsmarkt, wo er Wein einkaufte. Er flößte von dort nach Schandau, Torgau, Wittenberg und Belzig und kehrte durch die Mark nach Mecklenburg zurück. Nach nochmaliger Fahrt nach Leipzig zum Ostermarkt im Jahre 1527 flößte er von


337) Schreiben des Rates zu Lübeck an Hg. Heinrich vom 31. Mai 1546: Acta Comm., Vol. IV., Acta naufragorium, Vol. I, Generalia.
338) Gerdes, Nützliche Sammlung, Wismar 1736, S. 597.
339) Vgl. Koppmann, a. a. O., S. 127 f., u. Schirrmacher, Johann Albrecht I., Wismar 1885, I, S. 21 f.
340) Jörg Hensels Register 1525: Hg. Albrechts Handelsbestrebungen 1525 - 29, ungeordnete Bestände.
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dort nach Hamburg und trat von hier aus eine Reise nach Antwerpen und Amsterdam an, war zum Michaelismarkt und Weihnachtsmarkt wieder in Leipzig und unternahm von dort eine zweite Reise nach Amsterdam. Er brachte dorthin zu Schiff 1500 Dielen zum Verkauf, die der Herzog in Sachsen hatte aufkaufen lassen. Zur Zeit des Ostermarktes 1528 zu Leipzig kaufte er Mühlensteine, die nach Mecklenburg geflößt wurden, und machte danach eine Reise mit Jörg Hensel, dem Schandauer Bürgermeister, nach Hamburg und Amsterdam, wo er für 1000 Gulden Bretter verkaufte. Zu Antwerpen wurden Gewürz, Zucker und Gewand eingekauft. Zum Weihnachtsmarkt 1528 war er wieder in Leipzig 341 ). Ein gewisser Siegmund von Parczsche unternahm im Auftrage Herzog Albrechts in den Jahren 1525 - 27 Flößfahrten nach Sachsen und kaufte in Pirna Bretter auf, die ebenfalls westwärts geschickt wurden 342 ).

Ob die Flößfahrten einträglich für den Herzog waren, ist zweifelhaft, da die Ausgabe die Einnahme weit überschritt. Jedenfalls trat Herzog Albrecht als Handelsherr und Vermittler der beiden Handelszentren in Sachsen und in den Niederlanden auf.

4. Schiffsreisen nach Portugal, England und Frankreich.

Sogar nach Portugal richtete Herzog Albrecht seine Blicke. 1530 beabsichtigte er eine Handelsexpedition dorthin und wandte sich wegen eines Geleitbriefes an Kaiser Karl V., der den König Emanuel von Portugal ersuchte, zu gestatten, daß ein mecklenburgisches Schiff mit Spezereien beladen würde, wozu dieser seine Einwilligung gab 343 ). Herzog Albrecht hatte sogar die Absicht, Weizen in Hamburg aufzukaufen und zu Schiff nach Lissabon zu schicken. Da der Weizen in Hamburg aber sehr hoch im Preise stand, lohnte sich dieses Handelsgeschäft nicht 344 ). Wahrscheinlich ist der Plan des Herzogs also nicht zur Ausführung gelangt.


341) Nickel von Rotzschitz' Register 1525 - 28 u. Rechenschaft des Hans Meinhardt über ein Floß mit Holz 1528/29: Hg. Albrechts Handelsbestrebungen 1528/29.
342) Siegmund von Parczsches Register 1525 -27: Hg. Albrechts Handelsbestrebungen 1525 - 29.
343) Abschriften eines Schreibens Kaiser Karl V. an König Emanuel von Portugal vom 26. Aug. 1536 u. eines Schreibens des Königs Emanuel: Acta Comm. et navigat. marit., Vol. II, Fürstl. Schiffe und Handlung 1514 - 59.
344) Schreiben des Jürgen Voß an Hg. Albrecht vom 4. Mai 1531: Hamburgensia, Vol. I.
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In den dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts wurde von Herzog Heinrich gemeinsam mit Hamburger Handelsleuten ein Schiff gehalten und mehrere Jahre von dem Hamburger Schiffer Georg Dham geführt. Der Güstrower Rentmeister Siegmund von Esfeld reiste 1535 nach Hamburg, um Geld für den Schiffbau zu leihen, die Register zu prüfen und sich weiterhin nach der Möglichkeit eines Salzverkaufs in Hamburg zu erkundigen; er hatte keinen Erfolg 345 ). Nach Fertigstellung des Schiffes ward eine längere Reise nach England unternommen 346 ). Auf der Fahrt wurde in einer englischen Stadt Mehl verkauft. Dham händigte die Einnahme dem Handelsvertreter des Herzogs zu Hamburg, Johann Garlsdorf, aus, der seit 1524 des Herzogs Handelsinteressen vertrat 347 ). Im gleichen Jahre wurde eine zweite Reise unternommen, auf der in Brouage 348 ) an der französischen Küste Salz gekauft wurde. Mit einem Reingewinn von etwa 414 Mark kehrte der Schiffer zurück. Die dritte Reise ging ebenfalls über Frankreich, wo Salz gekauft wurde, das von Hamburg nach Dömitz und von dort auf "die Sulzen" gelangte. Gemeint ist wahrscheinlich die Saline von Conow, deren Wiederaufrichtung durch Herzog Heinrich 1527 geschah 349 ). Da sich nach der Reise Differenzen bei der Abrechnung ergaben, trat der Schiffer Dham aus dem herzoglichen Dienst aus und erhielt seinen Anteil am Schiffe ausbezahlt 350 ).

5. Handelsbeziehungen zu den norddeutschen Städten.

Rege Handelsbeziehungen waren mit mehreren norddeutschen Städten außerhalb Mecklenburgs und deren Bürgern vorhanden. Antonius Schröder, der bereits durch seine Reise


345) Bericht Siegmunds von Esfeld vom 23. Mai 1535: Acta Comm. et navigat. marit., Vol. II, Fürstl. Schiffe und Handlung 1514 - 59.
346) Register des Schiffers Georg Dham vom 9. Mai 1535: ebenda.
347) Quittung des Magister Johann Garlsdorf über seine Besoldung vom 25. März 1529: Rent.-Belege 1521 - 49. Beglaubigt ward er bei dem Hamburger Rat durch Johann Albrecht, der ihn als seinen Rat bezeichnete, am 19. Juni 1527. Vorher war er Geistlicher in Hamburg: Kredenzbriefe der Hge. von Mecklb. an den Hamburger Rat: Stadtarchiv Hamburg.
348) "Brabasy" bedeutet Brouage. Vgl. Agats, Der hansische Baienhandel: Heidelberger Abh. zur mittleren und neueren Gesch., 1904, Heft 5, S. 22 f.
349) S. das Kap. über Salinenwesen.
350) Schreiben Siegmunds von Esfeld vom 23. Mai 1523: Acta Comm. et navigat. marit., Vol. II, Fürstl. Schiffe und Handlung 1514 - 59.
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nach Holland bekannt geworden ist, war als Kommissionär der Herzöge in den norddeutschen Städten tätig. In Lübeck, der Metropole des norddeutschen Handels zu jener Zeit, wechselte er 1519 Geld im herzoglichen Auftrage auf der dortigen Wechselbank 351 ), die mehrere Male von den Herzögen in Anspruch genommen wurde 352 ). 1526 ließen sie durch diese Bank sogar Geld an eine Nürnberger Bank überweisen 353 ). Die Territorialität der Münze, die zu dieser Zeit noch bestand, machte dieses Vorgehen notwendig.

Zu Lüneburg wurde 1519 Wolle verkauft 354 ), zu Mölln 1527 Malz 355 ). Herzog Heinrich betrieb 1524 einen Handel mit Speck nach Magdeburg 356 ). Mannigfaltig waren die Handelsbeziehungen zu Hamburg in dieser Zeit. 1518 ersuchten die Herzoge drei hamburgische Kaufleute um Beitreibung einer Restforderung für Roggen, den diese 1504 erhalten hatten 357 ). 1528 wurde englisches Tuch zu Hamburg bei zwei Händlern gekauft 358 ) und 1529 ebenfalls Tuch, wofür Johann Garlsdorf Fracht und Zoll bezahlte 359 ). Aus dem Amt Grabow wurden in den dreißiger Jahren 50 Wispel Roggen nach Hamburg verkauft 360 ). Zu Magdeburg ließ Herzog Heinrich 1535 für über 300 Taler Kupfer und Zinn einkaufen 361 ). Nach


351) Rent.-Reg. Schwerin 1518/19, 25. Jan.
352) Rent.-Reg. Schwerin 1518/19, 20. Jan., 14. Febr. 1519 u. Rent.-Reg. Güstrow 1528, 2. April.
353) Rent.-Reg. Schwerin 1526/27, 25. Aug. 1526.
354) Rent.-Reg. 1518/19, 1. Jan. 1519.
355) Rent.-Reg. 1526/27, 22. Juli 1526.
356) Schreiben des Kaspar Kluke zu Magdeburg an den Rentmeister Balthasar Rotermund vom 2. Sept. 1524: Rent.-Belege 1521 - 49.
357) Schreiben des Hgs. an die Hamburger Bürger Hans Eddler, Borchard Eggerdes und Hermann Pollemargk vom 10. April 1518: Cameralia respectu Exterrarum, Stadtarchiv Hamburg.
358) Schreiben der Hamburger Bürger Willgar Wise u. Hinrik van Reden an Hg. Albrecht vom 26. März 1528: Hamburgensia, Vol. 1, Varia Meklenburgico-Hamburgensia.
359) Quittung des Klas Ror vom 28. Okt. 1529: Rent.-Belege 1521 - 49.
360) Undatierte Abrechnung über versandtes Korn. Schrift dreißiger Jahre. Vgl. den undatierten Bericht des Vogts und Küchenmeisters zu Grabow über Möglichkeiten, in Hamburg und Hitzacker Korn zu verkaufen, dreißiger Jahre: Rent.-Belege 1521 - 49.
361) Quittung des Eitel Schenck für Hg. Heinrich 1535: Rent.-Belege 1521 - 49.
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Ülzen wurde 1536 ein Roggenhandel betrieben 362 ). 1541 wurde an den Rat zu Lüneburg Roggen 363 ) und 1543 Malz nach Mölln verkauft 364 ). Roggenhandel nach Hamburg fand 1544 und 1546 statt, als der dortige Rat wegen einer herrschenden Teuerung darum bat 365 ).

C. Handelsbeziehungen der Herzoge Johann Albrecht I. und Ulrich.

1. Der Handel der Herzoge Johann Albrecht und Ulrich
mit den Niederlanden.

Besonders Herzog Johann Albrecht I. knüpfte an die Bestrebungen seines Vaters an und pflegte, wie dieser, eifrige Handelsbeziehungen mit den Niederlanden. Die 1536 - 45 angebahnte Verbindung mit dem Antwerpener Bürger Willem Bornewasser wurde von ihm weitergeführt. Der Faktor Bornewassers zu Hamburg, Peter Sael, erhielt 1547 - 52 wiederholt größere Summen aus der herzoglichen Kasse 366 ). 1552 machte dieser im Auftrage des Herzogs eine Reise nach England 367 ) und erhielt 1558 seine letzte Bezahlung 368 ). Die Absicht Herzog Johann Albrechts, 1547 Roggen in die Niederlande zu verschiffen, wurde durch Hamburg vereitelt, das, da es selbst Bedarf hatte, die Durchfahrt nicht freigab 369 ). 1570 trieb er einen Asche- und Teerhandel nach Antwerpen 370 ).


362) Schreiben des Johann von Beschenborstel an Antonius Schröder vom 29. März 1536: Acta Comm. Gener., Vol. I a.
363) Rent.-Reg. Güstrow 1540/41, 29. Mai 1541.
364) Rent.-Reg. Güstrow 1542/43.
365) Schreiben vom Rat zu Hamburg an Hg. Heinrich vom 19. Mai 1544: Hamburgensia, Vol. I, u. vom 7. März 1546: Hamburgensia, Vol. II, Fasz. I.
366) Reg. Siegmunds von Esfeld 1547 - 50, Blatt 73: Rent.-Reg. Güstrow.
367) Quittung Peter Saels vom 11. März 1549: Rent.-Belege 1521 - 49 u. Rent.-Reg. Schwerin 1548 - 51, 15. Juni 1551: Rechenschaft des Münzmeisters 1550: Rent.-Reg. Güstrow und Rent.-Reg. Schwerin 1552, 7. Okt. 1552.
368) Rent.-Reg. Schwerin 1557/58, 2. Aug. 1558.
369) Schreiben vom Rat zu Hamburg an Hg. Johann Albrecht vom 2. Okt. 1547: Hamburgensia, Vol. II.
370) Schreiben des Steffen Bronn zu Amsterdam an Jürgen Fues zu Schwerin vom 27. April 1570: Acta Mineralium Meckl., Vol. I; Schreiben des Jürgen Fues an Hg. Johann Albrecht vom 13. Okt. 1570: Acta Comm. et navigat. marit., Vol. II, Fürstl. Schiffe und Handl. 1514 - 59.
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Herzog Ulrich kaufte 1559 ebenfalls Tuch in Antwerpen 371 ), ebenso 1562, als er außerdem von einem dortigen Kaufmann eine Anfrage nach Wolle erhielt 372 ).

2. Der Bau zweier Seehandelsschiffe und die mit ihnen unter-
nommenen Handelsexpeditionen unter Herzog Johann Albrecht I.

Im Jahre 1563 beginnt die interessanteste Phase im mecklenburgischen Außenhandel des 16. Jahrhunderts. Zwei große Seehandelsschiffe, die die Namen "Greif" und "Ochsenkopf" trugen, wurden zu Memel im Auftrage Herzog Johann Albrechts erbaut 373 ) und nach ihrer Fertigstellung zu großzügigen Handelsunternehmungen nach West und Süd, mit dem Zielpunkt des portugiesischen Hafens Lissabon, benutzt. Es ist bemerkenswert, daß gerade in der Zeit, da Mecklenburg sich in tiefen Schulden befand, die Schiffe mit z. T. geliehenen Mitteln und fremder Hilfe erbaut wurden. Der Berater Herzog Johann Albrechts, der Hofrat Johann Andreas Mylius 374 ), schreibt in seinen Annalen zum Jahre 1563 375 ): "Es hatte auch Hertzog Johann Albrecht zwey große schöne Schiffe an der Memel von Grund auf neu erbauen lassen. Obwol aber vom Hertzog zu Preußen großer Vortheil und Hülfe an Holz-, Hampf, Theer, und viel anderen Stücken zu solchen Schiffbau väterlich erfolget, so seynd doch unglaubliche Unkosten auf baar Geld zu allerhand Nothdurft und täglicher Unterhaltung nothwendiger Persohnen gegangen, dagegn alle Hülfe des Herzogen in Preußen fast nichts zu achten."


371) Rechenschaft des Hans Lüders zu Hamburg 1559: Rent.-Belege, nicht eingeordnet.
372) Schreiben des Kurt van Horn an Hg. Ulrich vom 12. März 1562, Antwerpen: Belgica, Vol. I.
373) Das hauptsächliche Material über den Bau der beiden Schiffe findet sich in den Acta Comm. et navigat. marit., Vol. II, Fürstl. Schiffe und Handlung betr. 1514 ff. von Stück 15 ab. Sofern keine besondere Anmerkung erfolgte, find meine Angaben dieser Quelle entnommen.
374) Vgl. Lisch, Andreas Mylius und der Hg. Johann Albrecht I. von Mecklb. in ihrer Wirksamkeit und ihren Verhältnissen zueinander: Jahrb. 18, S. 79 ff.
375) Georg Gustav Gerdes, Nützliche Slg., 1736, S. 278. Vgl. dazu Koppmann, a. a. O., S. 136; v. Lützow, a. a. O., S. )3; Rudloff, Neuere Gesch. von Mecklb., Rostock und Schwerin 1821, I, S. 192; Baasch, Beitr. zur Gesch. des deutschen Seeschiffbaues und der Schiffbaupolitik, Hamburg 1899, S. 212 f.
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Der Plan Herzog Johann Albrechts, Handelsbeziehungen mit Portugal anzuknüpfen, war den Zeitverhältnissen glänzend angepaßt, waren doch Portugal und Spanien seit der Entdeckung Amerikas die Länder, in die sich der Schwerpunkt des Handels verlegte, der vorher östlich orientiert war, sich vorwiegend auf das Mittelmeer beschränkte und von dort nach Oberdeutschland ging. Außerdem fielen in diese Zeit die Kämpfe der nördlichen Niederlande mit Spanien, wodurch die starke Konkurrenz der Holländer für den deutschen Handel ausgeschaltet wurde. Der hansische Verkehr erstreckte sich jetzt bis nach Spanien und Portugal. Ebenso wie die Hansen richtete Herzog Johann Albrecht seine Blicke nach dem fernen Lissabon und nahm damit einen Plan seines Vaters, des Herzogs Albrecht, wieder auf, der schon eine Handelsexpedition nach der Pyrenäenhalbinsel plante. Hinzu kommt, daß durch häufige kaiserliche Mandate, so auch wieder am 26. Nov. 1560, der Export von Proviant nach Rußland aufs strengste verboten und damit das Handelsgebiet wesentlich beschränkt war.

Schon 1559 lenkte Herzog Johann Albrecht seine Aufmerksamkeit nach der Pyrenäenhalbinsel und trat durch einen Gesandten zu Genf in Verhandlung mit dem König von Spanien wegen einer Schiffahrt dorthin 376 ). Zu Anfang 1560 plante er eine Handelsfahrt nach Lissabon und ließ Erkundigungen über die dortigen Handelsverhältnisse und Absatzmöglichkeiten einziehen. Ein zu diesem Zwecke nach Portugal gesandter Schiffer berichtete am 11. März 1560 377 ), daß günstige Ausfuhrmöglichkeiten nach dort beständen, und daß der Weizenpreis sich täglich steigere, was sich aus dem Umstand erkläre, daß die Holländer auf Verbot der Königin von England nicht segeln dürften. Salz sei dort zu günstigen Bedingungen zu kaufen und werde noch billiger werden, da die Nachfrage nicht groß sei. Ein anderer genauer Bericht über die Handelsmöglichkeiten mit ostpreußischen Waren nach Lissabon gibt Aufschluß über die Ausfuhrprodukte. Außer einem Holz- und Bretterhandel und einem Getreidehandel war die Verschickung von Mehl, Speck, Wachs, Teer und Eisen in Aussicht genommen. Als Einfuhrartikel für Mecklenburg kam hauptsächlich das Salz in Frage, außerdem Spezereien aus allen Ländern.


376) Schreiben des Hieronymus Lütze an Hg. Johann Albrecht vom 28. Juli 1559: Belgica, Vol. II.
377) Schreiben des Joachim Schellhorn: Acta Comm. et navigat. marit., Vol. II.
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a) Der Bau der Schiffe.

Nach Feststellung dieser günstigen Handelsaussichten wurde nun der Bau der beiden Seehandelsschiffe in die Wege geleitet. Nachdem am 2. Jan. 1562 die endgültige Zustimmung Kaiser Ferdinands eingetroffen war, reiste Herzog Johann Albrecht selbst nach Preußen 378 ) und verweilte 12 Wochen lang in Königsberg. Die Oberaufsicht über den Schiffsbau übertrug er dem herzoglich preußischen Sekretär Balthasar Gantz. Nach der Beschaffung des Materials wurde der Bau mit z. T. geliehenen Geldern Anfang Juni in Angriff genommen. Zu Michaelis hatte er trotz allerlei Lohnstreitigkeiten und Unehrlichkeiten unter den Arbeitern bereits gute Fortschritte gemacht, und es bestand die Hoffnung, daß das erste Schiff über Winter fertiggestellt werden konnte. Die Beschaffung des Holzes für beide Schiffe erlitt jedoch eine Verzögerung, und im Winter 1562/63 trat wegen der Kälte eine gänzliche Arbeitspause ein. Als die Arbeiten wieder aufgenommen wurden, schritten sie jedoch nur langsam fort, woran besonders der Mangel an Leuten Schuld trug. Zu allen Schwierigkeiten trat der Geldmangel Herzog Johann Albrechts hinzu. Balthasar Gantz, der bereits bedeutende Summen ausgelegt hatte, mußte wiederholt um Geld bitten. Um Mitte Sept. 1563 war der Bau des einen Schiffes dann glücklich so weit vorgeschritten, daß es von Stapel laufen konnte. Das Schiff, das durch einen Sturm einen Unglücksfall erlitt, blieb auf Anraten des Balthasar Gantz in Ostpreußen liegen, obgleich Herzog Johann Albrecht ursprünglich die Absicht gehabt hatte, es sofort nach seiner Fertigstellung nach Mecklenburg zu bringen. Der Bau des zweiten Schiffes war noch lange nicht vollendet. Herzog Johann Albrecht begab sich im Dez. 1563 noch einmal auf die Reise, um den Bau zu besichtigen. Er hoffte damals auf die baldige Vollendung der Schiffe, denn am 28. Dez. suchte er bei dem König von Dänemark um Paßbriefe für sie nach.

Während der nächsten zwei Jahre erfahren wir fast nichts über den Schiffbau, der kurz vor der Vollendung wahrscheinlich aus Geldmangel gänzlich niedergelegt wurde. Die Schuldenlast für den Schiffsbau scheint inzwischen so angewachsen zu sein, daß an einen Weiterbau vorläufig nicht zu denken war, und die Gläubiger zunächst einmal befriedigt werden mußten. Am 13. Jan. und 6. Sept. 1564 wurden im


378) Schirrmacher, a. a. O., S. 403.
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ganzen 1700 Taler an einen gewissen Tonnies Krebs zu Lübeck auf die 2000 Taler zurückgezahlt, die Herzog Johann Albrecht mit "beschwerlichen" Monatszinsen bei ihm 1563 für den Schiffsbau aufgenommen hatte. An einen gewissen Friedrich Konitz wurden am 8. Sept. 1564 etwa 250 Taler zurückerstattet 379 ).

Erst 1566 wurde der Schiffsbau vollendet. Die Gesamtkosten für den Bau beliefen sich nach den Berechnungen der leitenden Persönlichkeiten auf rund 17529 Mk. Bei der Ausfahrt wurden die Schiffe durch einen heftigen Sturm fahrtunfähig gemacht und eine Handelsfahrt wurde für 1566 unmöglich. Im Frühjahr 1567 wurden durch die beiden Schiffer des Herzogs, Johann von Deilen und Matthias Meier, neue Mannschaften für die Schiffe angeworben. Matthias Meier heuerte für den "Greif", den er befehligen sollte, 35 Mann, Johann von Deilen, der Kapitän des "Ochsenkopf", im ganzen 31 Mann an 380 ). Am 30. April traten die Schiffe die Reise nach Mecklenburg an, waren am 23. Mai vor Wismar und gingen der Stadt gegenüber bei Brandenhausen auf Poel vor Anker. Herzog Johann Albrecht begab sich zur Besichtigung dorthin. Da der König von Dänemark die gewünschten Paßbriefe für die Schiffsreise nach Portugal nicht bewilligte, mußte diese vorläufig unterbleiben 381 ).

b) Die Handelsfahrten der beiden Schiffe
"Greif" und" Ochsenkopf".

Herzog Johann Albrecht machte aus diesem Grunde zunächst Riga zum Ziel seiner Handelsexpeditionen. Die Schiffe wurden mit Gütern, darunter Salz, Weizen, Malz und Wein, beladen und nach Rußland gesandt. Mit allerlei Waren befrachtet, kamen sie nach Mecklenburg zurück.

Zu Anfang des Jahres 1568 nahm Herzog Johann Albrecht seine Bemühungen, die Fahrt nach Lissabon frei zu bekommen, wieder auf. Er bat den König von Polen, für ihn am dänischen Hofe Fürsprache einzulegen; da die Paßbriefe trotzdem nicht einliefen, wandte er sich am 13. März 1569 an den Kaiser Maximilian, der zunächst Bericht von der Stadt Hamburg einholte, ob das Zugeständnis an Herzog Johann Albrecht etwa der Hanse zum Nachteil gereichen könne, schließlich aber doch


379) Rent.-Reg. Schwerin 1563/64.
380) Von da ob finden sich fortlaufend Nachrichten über die Besoldung der Kapitäne u. Mannschaften: Rent.-Reg. Schwerin 1566/67.
381) Vgl. Rent.-Reg. Schwerin 1566/67, 17. Okt. 1567.
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seine Einwilligung gab. Im Frühjahr 1570 kam die Reise nach Lissabon dann wirklich zustande.

Herzog Johann Albrecht schrieb am 20. März an den König Emanuel von Portugal, teilte ihm seine Absichten mit und bat gleichzeitig um seine Unterstützung und seinen Schutz vor Seeräubern. Am 27. April waren die Schiffe beladen und fahrtbereit und am Himmelfahrtstage fuhren sie nach Lissabon ab. Die Ladung bestand in der Hauptsache aus Holz, Weizen und Teer. Sie kamen glücklich in Lissabon an, löschten dort ihre Ladung und begaben sich, hauptsächlich mit Salz beladen, auf die Heimfahrt. Der "Ochsenkopf" sollte jedoch nicht nach Mecklenburg zurückkehren. Er ging auf der Heimreise im Golf von Biskaya bei einem großen Sturm unter 382 ). Die Besatzung konnte sich nur mit Mühe retten.

Auch der "Greif" hatte Unglück auf seiner Heimfahrt, er wurde leck und mußte die Küste von Seeland anlaufen. Die Ladung konnte jedoch beinahe ganz gerettet werden. Nach erfolgter Ausbesserung plante der Herzog eine neue Reise nach Lissabon. Der Kapitän wurde beauftragt, in Hamburg möglichst viele Güter einzunehmen. Für die Rückreise sollte wiederum Salz und andere Frachtgüter geladen werden. Am 12. Juli ging der "Greif" unter Segel, mit 22 Passagieren außer der Mannschaft an Bord. Am 1. Aug. traf er in Lissabon ein, wo er sieben Wochen lang liegen blieb. Am 20. Sept. trat er die Rückreise an, auf der auch ihn das Unglück ereilte. Am 8. Okt. strandete er in der Nähe von Calais.

Herzog Johann Albrecht sandte sofort nach Bekanntwerden der Katastrophe eine Instruktion an den Kapitän Michel Meier, dem er befahl, zu retten, was noch zu retten war, den Gubernator von Calais bat er gleichzeitig um Unterstützung bei den Bergungsarbeiten. Das Schiff und die Ladung waren jedoch vollkommen verloren. So wurde Herzog Johann Albrecht um seinen Gewinn gebracht und sein großer Plan, einen regelmäßigen Handelsverkehr mit Portugal ins Leben zu rufen, scheiterte.

3. Klipphafenschiffahrt und Verhältnis zu den Städten Rostock
und Wismar zur Zeit der Herzoge Johann Albrecht und Ulrich.

Die ersten 15 Regierungsjahre Herzog Johann Albrechts waren vorübergegangen, ohne daß die Klipphafenschiffahrt zum


382) Mylius, a. a. O., berichtet irrtümlicherweise, daß der Untergang des Ochsenkopfes, wie der des Greif, 1571 erfolgt sei.
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Gegenstande des Streites zwischen ihm und den Seestädten Rostock und Wismar geworden wäre 383 ). Dann aber erneuerte sich der Kampf. 1562 verkaufte der Herzog an einen Königsberger Schiffer Korn, Wismar aber weigerte sich, die Ausfuhr zu gestatten. Der Schiffer mußte ohne Ladung wegsegeln 384 ).

Den Plan seines Vaters, auf Poel eine Art Festung zu bauen, wurde von ihm wieder aufgenommen. In den Jahren 1564 - 67 wurde an dem Gebäude bei Golwitz gebaut und außerdem dort eine Brücke ausgebessert 385 ). 1566 lag ein Schiff bei Golwitz, das von den Lübeckern ausgeplündert wurde 386 ). Auch die Einrichtung eines Hafens auf Fischland, den Herzog Albrecht bereits geplant hatte, wurde von Herzog Johann Albrecht wieder aufgenommen. Er beabsichtigte, den Hafen mit Hilfe venezianischer Sachverständiger auszubauen 387 ).

4. Handelsverbindungen mit Mitteldeutschland.

a) Floßschiffahrt auf der Elbe.

Die Handelsverbindungen mit dem mitteldeutschen Wirtschaftsraum, wie sie bereits durch den Flößereibetrieb auf der Elbe durch Herzog Albrecht angeknüpft waren, wurden zur Zeit Herzog Johann Albrechts I. weiter fortgesetzt und ausgebaut. Pirna war wiederum die Zentrale für diese Unternehmungen. Zwei festbesoldete Beauftragte des Herzogs, der "Einspännige" Joachim Funcke und der Kanzleischreiber Jürgen Fues, waren 1561 - 77 ständig als Leiter dieses Flößereibetriebes tätig. 1560 fuhren zwei Flöße und drei Schiffe mit einer Gesamtbesatzung von 76 Mann die Elbe hinauf und nach Pirna, wo Holz eingekauft wurde, unter anderem zum Kapellenbau im Schweriner Schloß. Die Expedition ging zollfrei durch die Gebiete des Erzbischofs von Magdeburg und des Markgrafen Joachim von Brandenburg. Auf einer zweiten Reise im Jahre 1561 waren Mühlensteine geladen. Fues unternahm von Sachsen aus eine Reise nach Prag 388 ). Um die Kosten für die


383) Koppmann, a. a. O., S. 134.
384) Koppmann, a. a. O., S. 135.
385) Rent.-Reg. Schwerin 1563/64 u. 66/67. Vgl. Koppmann, a. a. O., S. 136.
386) Vgl. Lubecensia, Hlg. Geist-Dörfer 1566.
387) Koppmann, a. a. O., S. 137.
388) Register des Georg Fues und Joachim Funcke vom 19. Dez. 1560 - 12. Juni 1561: Rent.-Reg. Schwerin, Reg.-Auszug über die Ausgaben auf den beiden Flößen 1561: ungeordnete Bestände. Vgl. dazu Rent.-Reg. Schwerin 1560/61, 5. Dez. u. 30. Dez. 1560 u. 3. Febr. u. 15. Mai 1561.
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Schiffsreise wieder herauszubekommen, wies der Herzog Fues an, in Magdeburg für 500 Taler Getreide zu kaufen, es nach Meißen zu schiffen und dort zu verkaufen 389 ). 1563 wurden wiederum Mühlensteine durch Joachim Funcke zu Schiff nach Dömitz gebracht 390 ). Ebenso 1568 wurden Mühlensteine in Pirna eingekauft, außerdem Ketzberger Most, Wein, Äpfel und Weintrauben. Die beiden Schiffe des Herzogs wurden 1568 in Pirna ausgebessert 391 ). Gleiche Fahrten fanden in den Jahren 1572, 1573 und 1577 statt 392 ).

b) Handelsverkehr mit Leipzig
und dem übrigen Mitteldeutschland.

Leipzig, damals schon von hoher Bedeutung als Messestadt 393 ), war für Mecklenburg Vermittlerin des oberdeutschen und orientalischen Handels. Schon zur Zeit der Herzoge Albrecht und Heinrich hatte man von den Leipziger Messen Waren, vornehmlich Spezereien und Gewürze, für den Bedarf des Hofes bezogen. Seit 1549 wurden die Leipziger Messen regelmäßig von herzoglichen Beauftragten besucht. Der Magister Simon Leupold, der zu dieser Zeit die Handelsinteressen in Mittel- und Norddeutschland vertrat, kaufte dort 1549 Gewürz und Seidengewand ein, ebenso 1551 394 ). In den folgenden zwei Jahrzehnten wurden von den Oster-, Michaelis- und Weihnachtsmärkten zu Leipzig fortlaufend Spezereien, Wein, Früchte, Südfrüchte, Baumwolle, Augsburger Tuch, ungarische Pflaumen und venedische Mandeln bezogen 395 ).

Wenn Mecklenburg sich in seinen Handelsbeziehungen zu Mitteldeutschland bisher vorwiegend rezeptiv verhalten hatte, so schaffte die Vergrößerung der Schafzucht in Mecklenburg zu dieser Zeit die Voraussetzung zu einem bedeutenden Wollhandel nach Sachsen. Der oben genannte Magister Simon


389) Rent.-Reg. Schwerin 1560/61, 8. Juni 1561.
390) Rent.-Reg. Schwerin 1563/64, 6. Sept. u. 3. Okt. 1563.
391) Rechnung des Joachim Funcke 1568: Acta Comm. et navigat. marit., Vol. I, Schiffbau.
392) Rent.-Reg. Schwerin 1572/73, 14. Nov. 1572, 10. April u. 25. Mai 1573; Rent.-Reg. 1576/77, 16. Mai u. 15. Juni 1577.
393) Vgl. Kötzschke, Grundzüge der deutschen Wirtschaftsgesch. bis zum 17. Jahrh., 2. Aufl., 1923: Meisters Grundriß, II, 1, S. 600.
394) Rent.-Reg. Schwerin 1548/51, 6. März 1549 u. 27. Dez. 1551.
395) Rent.-Reg. Güstrow 1557/58, 1562/63, 1563/64, 1564/65, 1565/66, 1566/67, 1567/68, 1583/84, 1584/85, 1586/87, 1587/88 und 1590/91.
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Leupold verkaufte in herzoglichem Auftrag Wolle in Torgau, Schmiedeberg, Herzberg und Jessen 396 ).

5. Handel mit den norddeutschen Städten.

Auch bei diesen ist eine Weiterverbreitung des mecklenburgischen Wollhandels festzustellen. Es wurde Wolle nach Stettin, Magdeburg, Wittstock, Havelberg, Bergedorf bei Hamburg und Lübeck versandt 397 ). Der Getreidehandel ließ seit den siebziger Jahren ganz nach, was aus den Verhältnissen in der mecklenburgischen Landwirtschaft und der allgemeinen Einschränkung der Getreideausfuhr zu erklären ist. Vereinzelt wurden Gerste und Roggen nach Lübeck, Lüneburg und Wismar verkauft 398 ). Zur Förderung der Elbschiffahrt und zur Beförderung herzoglicher Güter nach Hamburg wurden 1559 zu Dömitz zwar noch ein großes und zwei kleine Schiffe gebaut 399 ). Im Jan. 1572 wurden noch einmal vier Schiffe gebaut 400 ). In Havelberg wurden in den sechsiger Jahren zwei Speicher für Korn, das nach Hamburg verschifft werden sollte, gemietet 401 ).

Nach dem Tode Herzog Johann Albrechts I. im Jahre 1576 scheinen die Handelsbeziehungen, wenigstens in bezug auf die Ausfuhr, nicht fortgesetzt zu sein, was einmal die Folge der schlechten finanziellen Lage Mecklenburgs war und sich zum andern aus der Tatsache erklärt, daß der mehr religiös gerichtete Herzog Ulrich und seine Nachfolger keine so starken handelspolitischen Interessen verfolgten.

Vignette

396) Gen. Doman., Landwirtschaft Schafzucht und Wollhandel 1559 - 70.
397) S. Anm. 396 u. Rent.-Reg. Schwerin 1548/51 u. Güstrow 1562/63.
398) Rent.-Reg. Güstrow 1572/73 u. Schwerin 1561/62.
399) Bestallung des Schiffers Andreas Genrick durch Hg. Johann Albrecht am 15. Nov. 1559: Acta Comm. et navigat. marit., Vol. II, Fürstl. Schiffe und Handel.
400) Schreiben des Schiffbauers Hein Mutze an Hg. Johann Albrecht vom 16. Mai 1573: Acta Comm. et navigat. marit., Vol. I, Schiffbau.
401) Undatiertes Stück, Schrift sechziger Jahre: Constit., Vol. I, Acta et Ed.