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VII.

Friedrich Lisch,
Mecklenburgs Bahnbrecher
deutscher Altertumskunde

von

Heinrich Reifferscheid.

 

Vignette
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Christian Genschow: G. C. F. Lisch 1855
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Hochansehnliche Versammlung!

Das Jahr 1835. Dem Boden großdeutscher Kleinstaaterei entsproß ein Pflänzlein, bescheiden und unscheinbar, dennoch von der Vorsehung ausersehen, allem, was in Mecklenburg Geschichte heißt, fester Hort und sicherer Halt zu werden.

Das Bäumlein wuchs, bald sich emporreckend zur Sonne großen Geschehens, bald wieder sturmgepeitscht sich duckend vor dem Brausen des Schicksals, niemals geknickt an Lebenswillen, Lebensfreude, Lebenskraft.

Ein starker Baum mit weithin ausladenden Ästen, sah er das zweite Reich, das Kaiserreich, werden, und er sah es wieder in Trümmer zerschellen. Und dann kam das dritte Reich, und wem das große germanische Geschehen unserer Vorzeit am Herzen lag, wallfahrtet gen Halle, der neuen Führung Wollen zu vernehmen und ihrer Weisungen gewärtig zu sein.

Und dort, auf der 1. Tagung des Reichsbundes für Deutsche Vorgeschichte, wurde auch dem Lande Mecklenburg seine Ehrung: berufener Mund nannte dankbar auch aus Mecklenburgs Vergangenheit den Namen eines wirklich Großen.

So huldigte das neue Deutschland den Manen eines Friedrich Lisch!


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M an hat sich daran gewöhnt, in George Christian Friedrich Lisch den großen Wegbereiter mecklenburgischer Geschichte und Altertumskunde zu sehen dank seiner grundlegenden emsigen Forschertätigkeit während eines reichgesegneten langen Lebens und dank ihres fruchtbaren Niederschlages, der vielen Hunderte größerer und kleinerer Aufsätze und Untersuchungen, durch die die "Mecklenburger Jahrbücher" zu einem Quellenwerk wurden. Gewiß ist diese Würdigung richtig, aber sie trifft noch nicht den Kern der künstlerisch-intuitiven, seiner Zeit weit vorauseilenden und darum tragischen Persönlichkeit Friedrich Lischs (s. Abbildung).

Schon sein vorgeschichtliches Erstlingswerk, der erläuternde Text zu dem von Hans Rudolph Schröter, dem Rostocker Professor, begonnenen, von Lisch aber fortgeführten und vollendeten "Friderico-Francisceum oder Großherzogliche Altertümersammlung aus der altgermanischen und slavischen Zeit Mecklenburgs zu Ludwigslust" läßt an dem weitgesteckten Ziel keinen Zweifel. Sagt doch der damals Sechsunddreißigjährige in dem Januar 1837 niedergeschriebenen Vorwort, daß das Friderico-Francisceum "nur als ein Grundstein zum Bau einer deutschen Altertumskunde angesehen sein will" 1 ).

So früh wie in Deutschland nirgends, schon um das Jahr 1520, hat der mecklenburgische Herzog Heinrich V., der Friedfertige, Grabhügel der Vorzeit öffnen lassen, und man brachte ihm Urnen, "daß er erst möge schauen seiner Vorfahren Altheit mit seinen Augen", wie der Reimchronist Nicolaus Marschalk Thurius mit beredten Worten zur Verherrlichung des Fürstenhauses berichtet 2 ).

Als eigentlicher Begründer der Herzoglichen Sammlung von Bodenfunden ist aber erst Herzog Christian II. Ludwig (1747 bis 1756) anzusehen, denn es enthielt das von ihm auf der


1) G. C. F. Lisch, Friderico-Francisceum oder Großherzogliche Altertümersammlung aus der altgermanischen und slavischen Zeit Mecklenburgs zu Ludwigslust, Leipzig 1837, S. VII f.
2) Vgl. Nicolai Mareschalci, Chronicon der Mecklenburgischen Regenten, Buch I, Cap. XII, bei Ernestus Joachimus de Westphalen, Monumenta inedita rerum Germanicarum praecipue Cimbricarum et Megapolensium, Tomus I, Lipsiae 1739, Sp. 572.
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Schweriner Schloßinsel errichtete Gebäude der Herzoglichen Gemäldegalerie auch "eine Kammer, wo die Urnen stehen" 3 ). Und unter Herzog Friedrich (1756 - 1785), dem Mehrer der Sammlung, ist von der "Schönheit Ew. Herzogl. Durchl. Urnen-Cabinets" und von "einer vortrefflichen Sammlung" die Rede 4 ), bis dann unter dem Herzog und späteren Großherzog Friedrich Franz 1. 1804 die Schweriner Bestände nach Ludwigslust übernommen, mit den dortigen vereinigt und nun durch planmäßige Grabungen wie Fundablieferungen erweitert wurden.

Nicht nur, daß im Jahre 1804, geradezu einem Markstein beispielgebender Denkmalpflege, an alle Beamte der Befehl ergeht, alle Pächter und Dorfschaften anzuweisen, "daß sie keine anscheinend heidnische Gräber berühren, uni Steine auszugraben", und die Beamten selbst gehalten sind, dem Herzog unmittelbar "ein Verzeichnis einzuschicken, wieviele heidnische Gräber im Amte befindlich sind, und auf welchen Feldmarken selbige sich befinden", erläßt der Herzog auch an die Ritterschaft die Verordnung 5 ):

"Da Wir die Absicht haben, Unser Antiken-Cabinet zu erweitern, so würden Wir es mit gnädigstem Dank erkennen, wenn jeder Gutsbesitzer in Unsern Landen Uns höchstunmittelbar aus Gefälligkeit anzeigen wollte, wie viele heidnische Gräber, die unbegraben sind, er auf seinem Gute oder seinen Gütern habe, damit Wir auf Unsere Kosten und unter Aufsicht des von Uns zu diesem Geschäfte bestimmten Hauptmanns Zinck an den anzuzeigenden Orten graben lassen können. . ."

Leider nur zu schnell haben diese unter persönlicher Anteilnahme des Herzogs vorgenommenen planmäßigen Grabungen eine Unterbrechung erfahren, als in den folgenden Jahren bereits Mecklenburg mehr und mehr zum Durchmarschgebiet fremder Truppenkontingente wird: zuerst sind es russische, preußische und schwedische Truppen, dann nach dem unglücklichen Tage von Jena und Auerstädt 1806 Preußen und Sachsen-Weimarsche Husaren, ihnen auf den Fersen die Franzosen.


3) Vgl. die Risse von der Herzoglichen Bilder-Galerie zu Schwerin. Genau nach dem verjüngten Maßstabe gezeichnet von Johann Gottfried Groth. Schwerin, im Februar 1798.
4) Schreiben von Carl Friedrich Evers, Schwerin, 15. April 1782, an den Herzog Friedrich.
5) Abgedruckt bei Johann Georg Friedrich Schröder, Neueste Gesetz-Sammlung für die Herzoglich-Mecklenburg-Schwerin- und Güstrowschen Lande, Teil II, Lieferung 2, Schwerin 1804, S. 336.
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Mecklenburgs Franzosenzeit beginnt, immer neue französische Korps und Divisionen rücken ein - es kommt sogar zu Gefechten auf mecklenburgischem Boden - oder rücken wieder ab, und zu ihnen gesellen sich italienische, holländische, bayerische, spanische und belgische Formationen 6 ). Der regierende Herzog und die Herzogin gehen sogar eine Zeitlang außer Landes.

Von neuen erfolgreichen Grabungen des Herzogs wird 1810 berichtet; die Zeit der deutschen Erhebung - Herzog Friedrich Franz sagt sich als erster vom Rheinbunde los - und des deutschen Befreiungskampfes hemmt natürlich zunächst die den Altertümern der Heimat gewidmeten Bestrebungen, um ihnen dann einen um so größeren Auftrieb zu geben. So ist die aus dem Antiken-Cabinet hervorgegangene Ludwigsluster Altertumssammlung im früheren Billardzimmer des Schlosses zu einer Sammlung vaterländischer Altertümer geworden, als 1822 der Rostocker Professor Dr. Schröter ihre Aufsicht übernimmt. Denn: was Herzog Christian II. Ludwig am mecklenburgischen Hofe für die internationale hohe Kunst und das Kunstgewerbe gewesen war, das ist der Herzog und spätere Großherzog Friedrich Franz I. für die Bergung und die Sammlung heimischen Kulturgutes geworden als erstes gekröntes Haupt der Zeit.

"Es ist eine Zeit in Deutschland erschienen" - so heißt es gleich im 1. Heft des 1821 von Kruse herausgegebenen "Archiv für alte Geographie, Geschichte und Altertümer, insonderheit der Germanischen Völkerstämme" - "in welcher, wie durch einen Zauberschlag, rings um uns her Fürsten und Untertanen, Hohe und Niedre, Gelehrte und Ungelehrte, Einzelne und ganze Gesellschaften in Bewegung gesetzt sind, den Spuren unserer Vorfahren nachzuforschen, und dasjenige von den Werken derselben zu retten, was von den Ruinen dieser verschütteten Welt noch zu erhalten ist. Die glückliche Wiedergeburt Deutschlands, durch die früheren Bedrängnisse von außen her langsam herbeigeführt, durch die Freiheitskriege 1813-15 beschleunigt, hat den Deutschen wieder zu sich selbst zurückgeführt, und ihm das Andenken an seine Väter wieder teuer gemacht" 7 ).


6) Vgl. Mecklenburg-Schwerinsche Annalen 1805 1807 im Herzoglich Mecklenburg-Schwerinschen Staats-Kalender 1806-1808.
7) Archiv für alte Geographie, Geschichte und Altertümer, insonderheit der Germanischen Völkerstämme, Heft I. Blicke auf die östlichen Völker Germaniens von der Donau bis zur Ostsee, hrsg. von Fr. C. H. Kruse, Breslau 1821, S. V f.
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So übernahm denn damals die Geschichtswissenschaft unter den Wissenschaften die Führung, und es waren den großen deutschen Geschichtsschreibern die Wege geebnet, nicht zuletzt durch das unermüdliche, von selbstlosester Vaterlandsliebe durchglühte Wirken des Freiherrn vom Stein, dem das Vaterland ohnehin zu einem guten Teil seine Wiedergeburt verdankte. War es doch gerade dieser Mann, der wie alle Vaterlandsfreunde durch die Wiener Kongreßakte bitter enttäuscht, sich ins Privatleben zurückgezogen hatte, auch dann noch bestrebt, "den Geschmack an Deutscher Geschichte zu beleben, ihr gründliches Studium zu erleichtern und hierdurch zur Erhaltung der Liebe zum gemeinsamen Vaterland und dem Gedächtnis unserer großen Vorfahren beizutragen" 8 ).

Ganz besonders schwierig lagen die Verhältnisse für die deutsche Altertumskunde, dem Kinde der deutschen Romantik, als der jüngsten Wissenschaft. Hier nun setzt Friedrich Lisch den Hebel seiner Lebensarbeit an.

"Ungeachtet aller Bemühungen um die deutsche Altertumskunde" - so schreibt Lisch 1837 im Friderico-Francisceum - "welche zu keiner Zeit so reiche Ergebnisse zu Tage gefördert hat, als in den letzten Jahrzehnten, ist diese Wissenschaft dennoch bisher zu keiner Vollendung, Sicherheit und allgemeinen Anerkennung gediehen, teils weil man, nach dem Muster der Antiken-Cabinette, gewöhnlich nur einzelne Stücke sammelte, classifizierte und beschrieb, teils weil man zu oft von vorgefaßten Meinungen ausging und mit einzeln gefundenen Altertümern irgend einen historischen Satz beweisen wollte, endlich weil man mehr beschrieb, als Abbildungen mitteilte, und selbst die Beschreibungen durch vorgefaßte Ansichten verdunkelte. Soll für die deutsche Altertumskunde aus den Altertümern ein wahrer Gewinn erwachsen, so hilft es nicht, die gefundenen einzelnen Stücke abgerissen und ohne Verbindung zu beschreiben, - hilft es nicht, einzelne Altertümer bloß als vorhanden der Welt vor Augen zu stellen, sondern es muß eine Gräberkunde gegeben werden. Erst wenn dem Forscher sowohl die Gestalt und der Bau eines bestimmten und aktenkundig nachweislichen Grabes nach seinem Äußern und Innern, als auch eine möglichst genaue Darstellung der Lage


8) Schreiben des Freiherrn vom Stein an den Bischof von Hildesheim. Vgl. G. H. Pertz, Aus Steins Leben, Zweite Hälfte 1814 bis 1831, Berlin 1836, S.313.
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und eine vollständige Ansicht des gesamten, wenn auch vergangenen und zertrümmerten Inhalts eines Grabes vor Augen liegt, - und ihm dann wo möglich ganze Reihen von Gräbern verschiedener Art mit ihrem gesamten Innern zur Vergleichung zu Gebote stehen: erst dann kann er es sich erlauben, die Altertümer zur Altertumskunde zu benutzen; ein noch so seltenes Stück, ohne Angabe des Fundorts und der Fundart, hat für die deutsche Altertumskunde gar keinen historischen Wert, da es ebenso gut dem Neuseeländer des achtzehnten Jahrhunderts oder einem alten Römer, als einem Bewohner Deutschlands angehört haben kann. Und wirklich finden sich wohl in vielen Sammlungen deutscher Grabaltertümer Gegenstände, welche offenbar nicht dahin gehören und dennoch von diesem und jenem als germanische Altertümer gebraucht werden." Lisch fährt dann fort und umreißt damit die Ludwigsluster Altertümersammlung in ihrer ganzen Bedeutung:

"Die Ludwigsluster Sammlung mecklenburgischer Grabaltertümer ist eine der wichtigsten, welche vorhanden sind, und sicher die wichtigste in Norddeutschland: nicht als ob sie seltene und ausfallende oder gar zweifelhafte Stücke besäße, welche den Scharfsinn sämtlicher Altertumsforscher oft vergebens in Anspruch nehmen, sondern weil sie sich durch eine verhältnismäßige und gleichmäßige Vollständigkeit der verschiedenen Classen von Altertümern auszeichnet und weil sie über die meisten Gegenstände sichere Ausgrabungsberichte beibringen kann" 9 ).

Zwar war Lisch damals eine klare Scheidung der germanischen und der slavischen Grabaltertümer, wie er glaubte 10 ), noch nicht gelungen, wohl aber hat er schon 1837 richtig erkannt, daß die bronzezeitlichen Hügelgräber Germanengräber sind, denen einerseits die Megalith- oder Riesensteingräber eines von ihm als altgermanisch oder vorgermanisch bezeichneten Völkergeschlechts zeitlich vorausgehen, anderseits die von ihm nach dem Volksmunde seltsamerweise als "Wendenkirchhöfe" bezeichneten "Slaven-


9) G. C. F. Lisch, Friderico-Francisceum oder Großherzogliche Altertümersammlung aus der altgermanischen und slavischen Zeit Mecklenburgs zu Ludwigslust, Leipzig 1837, S. III f.
10) G. C. F. Lisch, Andeutungen über die altgermanischen und slavischen Grabaltertümer Mecklenburgs und die norddeutschen Grabaltertümer aus der vorchristlichen Zeit überhaupt, Schwerin 1837, S. 12.
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gräber" zeitlich folgen 11 ). Daß diese angeblichen Slavengräber in Wirklichkeit Germanengräber der ersten nachchristlichen Jahrhunderte sind - mit einer Keramik übrigens, die an Schönheit der Form und des Dekors nur noch von der Frühkeramik der Megalithgräber übertroffen wird - und daß die Wendenzeit eine weitere, jüngere Stufe darstellt, ist Lisch erst später zum Bewußtsein gekommen 12 ).

Durch die Erkenntnis dieser zeitlichen Aufeinanderfolge "der

  1. vorgermanischen (Hünen-) Gräber oder Betten, mit aufgeschütteten langen Hügeln und großen Steinbauten, mit Werkzeugen und Schmuck aus Stein und Bernstein;
  2. germanischen Kegelhügel, mit aufgeschütteten runden Hügeln ohne Steinbauten, mit Werkzeugen und Schmuck aus Bronze und Gold;
  3. slavischen Begräbnisplätze, mit Eingrabung der Urnen in den natürlichen Erdboden, mit Werkzeugen und Schmuck aus Eisen und Silber (auch Glas)" 13 ),

mithin einer Dreiperiodisierung, ist nun aber Friedrich Lisch zu einem der großen Entdecker des Dreiperiodensystems: der Stein-, Bronze- und Eisenzeit geworden.

Es erübrigt sich, die Prioritätsfrage der Entdeckung des Dreiperiodensystems hier von neuem aufzurollen, nachdem bereits vor einigen Jahren der schlüssige Nachweis erbracht wor-


11) G. C. F. Lisch, Friderico-Francisceum oder Großherzogliche Altertümersammlung aus der altgermanischen und slavischen Zeit Mecklenburgs zu Ludwigslust, Leipzig 1837, S. 74; G. C. F. Lisch, Andeutungen über die altgermanischen und slavischen Grabaltertümer Mecklenburgs und die norddeutschen Grabaltertümer aus der vorchristlichen Zeit überhaupt, Schwerin 1837, S. 26 und vorhergehende..
12) G. C. F. Lisch, Über das Alter der Eisenperiode und das Grab von Wotenitz in Jahrbücher des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Jahrgang XXVI, Schwerin 1861, S. 161ff. - G. C. F. Lisch, Wendenkirchhöfe und der Begräbnisplatz aus der Eisenzeit von Camin, ebendort, Jahrgang XXX, Schwerin 1865, S. 153ff. G. C. F. Lisch, Begräbnisplatz (Wendenkirchhof) im Sachsenwalde, ebendort, Jahrgang XXX, Schwerin 1865, S. 155f..
13) So gibt G. C. F. Lisch in Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik, hrsg. von der Societät für wissenschaftliche Kritik zu Berlin, Jahrgang 1838, Band II, Berlin 1838, Sp. 27, die Perioden der norddeutschen Vorzeit als bereits von ihm geschieden an in seiner Besprechung des "Leitfaden zur nordischen Altertumskunde", hrsg. von der königlichen Gesellschaft für nordische Altertumskunde, Kopenhagen 1837.
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den ist, daß Thomsen in Kopenhagen es 1824 spätestens gekannt haben muß 14 ). Die Ruhmespalme der absoluten Priorität gebührt demnach der skandinavisch-nordischen Forschung, jedoch handelt es sich bei Friedrich Lisch, wie bei dem dritten Entdecker des Dreiperiodensystems, dem Salzwedeler Rektor Johann Friedrich Danneil, um selbständige, voneinander unabhängige und wenigstens annähernd gleichzeitige Entdeckungen.

Indes können freilich Thomsens Arbeiten in Mecklenburg nicht ganz unbekannt geblieben sein, denn es reifte Professor Schröter ja gerade 1824 nach Kopenhagen, um dort Studien für den Fortgang des in Heften erscheinenden Friderico-Francisceum zu machen.

Als aber Lisch nach einem kurzen Zwischenspiel des aus Lübeck berufenen Professors Grautoff 1836 die Leitung der Großherzoglichen Altertumssammlung und damit zugleich die Fortführung und Vollendung des Friderico-Francisceum übernahm, fuhr er zur weiteren Ausarbeitung des Werkes nun nicht in den reingermanischen skandinavischen Norden, er fuhr 15 ) - offenbar willens, sich seine Selbständigkeit zu wahren - nach Berlin, Neustrelitz, Friedland (Sammlung des Pastors Rudolphi) 16 ) und Rostock (Universitätssammlung) 17 ) zum Studium von Sammlungen germanisch-slavischen Inhalts, um dann nach seiner Rückkehr dem Großherzog zu berichten, daß er "weder zu Berlin, noch sonst irgend eine Sammlung von germanisch-slavischen Altertümern gefunden, welche an Vollständigkeit und wissenschaftlicher Bedeutsamkeit der Sammlung Ew. Königlichen Hoheit gleich käme" 18 ).

Denn: Lisch ist es im Lande Mecklenburg mit einer germanischen und slavischen Bevölkerung um eine klare Scheidung dessen, was germanischen und was slavischen Ursprungs ist, zu tun. Das 1836 erschienene "Handbuch der germanischen Altertumskunde" von Gustav Klemm vernachlässige eine Scheidung der in Deutschland gefundenen heimischen Alter-


14) Vgl. Hans Seger, Die Anfänge des Dreiperioden-Systems, in Schumacher-Festschrift, hrsg. von der Direktion des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz, Mainz 1930, S. 3..
15) Allerhöchste Bewilligung einer Reise des Archivars Lisch nach Berlin, Strelitz, Friedland und Rostock zwecks der Ausarbeitung des Friderico-Franciscei, gegeben Ludwigslust, den 28. Juli 1836..
16) Seit 1842 in der Großherzoglichen Altertümersammlung zu Neustrelitz..
17) Seit 10. Oktober 1839 in der Großherzoglichen Altertümersammlung zu Schwerin..
18) Bericht des Archivars Lisch an den Großherzog vom 24. August 1836..
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tümer wie der verschiedenen Perioden der deutschen Vorzeit gänzlich, es sei aber diese Scheidung, wie er sie selbst in den "Erläuterungen" zum Fiderico-Francisceum und seinen gleichfalls 1837 erschienenen "Andeutungen über die altgermanischen und slavischen Grabaltertümer Mecklenburgs und die norddeutschen Grabaltertümer aus der vorchristlichen Zeit überhaupt" für die Altertümer mecklenburgischer Vorzeit zu begründen gesucht, die einzige, unerläßliche Bedingung für die Begründung einer deutschen Altertumswissenschaft 19 ).

"Die letzte und einzige Hoffnung, Licht in die Dunkelheit zu bringen" - so sagt Lisch an anderer Stelle - "ruhet in den Gräbern, welche bekanntlich aus der Vorzeit als dauernde, Ehrfurcht gebietende Denkmäler noch herüberragen und in ihrem Schoße das bergen, was wir suchen: Erkenntnis des Seins und des Lebens der Vorfahren. Nur wenn eine Erkenntnis der Grabaltertümer der mitteleuropäischen Tiefländer von Nordfrankreich bis in die Ebenen Polens vor uns liegt und eine Vergleichung von der einen Seite mit dem skandinavischen und britannischen Norden und mit Rom, von der andern Seite mit den Ergebnissen aus den noch slavischen Ländern möglich macht, erst dann können wir ungetrübte Blicke in die Vorzeit tun. Und gelingt es uns, zum Ziele zu gelangen, so können wir darauf rechnen, daß aus der Vergleichung der gewonnenen Resultate mit den noch aus dem europäischen und asiatischen Rußlande und aus Mittelasien zu gewinnen den Aufklärungen hervorgehen, welche zu den wichtigsten der Altertumskunde gehören" 20 ).

So bewundernswert weit das mit genialem Blick erkannte Ziel, ebenso bewundernswert klar war der Sinn Friedrich Lischs für die nächstliegende Aufgabe: vor allen Dingen tue es not, daß erst die Altertümer der verschiedenen Länder und Gaue dargestellt und möglichst besonnen geschildert werden, damit das Völkergewirre durch eine tumultuarische Auferstehung nicht noch mehr verwirrt werde 21 ).


19) G. C. F. Lisch, in Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik, hrsg. von der Societät für wissenschaftliche Kritik zu Berlin, Jahrgang 1838, Band II, Berlin 1838, Sp. 25..
20) G. C. F. Lisch, Andeutungen über die altgermanischen und slavischen Grabaltertümer Mecklenburgs und die norddeutschen Grabaltertümer aus der vorchristlichen Zeit überhaupt, Schwerin 1837, S. 5f..
21) G. C. F. Lisch, Friderico-Francisceum oder Großherzogliche Altertümersammlung aus der altgermanischen und slavischen Zeit Mecklenburgs zu Ludwigslust, Leipzig 1837, S. V.
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Für Mecklenburg widmet sich Friedrich Lisch in unermüdlichem, jahrzehntelangem Schaffen dieser Aufgabe, begünstigt von glücklichen Verhältnissen, die ein Arbeiten auf breiter Basis ermöglichten.

So werden 1836 auf seinen Antrag die Verbote von 1804 wegen Aufgrabens heidnischer Gräber erweitert und es wird einerseits allen Beamten die Einforderung aller früher oder künftig zufällig gefundenen, in Privatbesitz befindlichen Altertümer und ihre Einsendung mit einem möglichst genauen Bericht über Fundort und Fundart an die Großherzogliche Altertümersammlung zur Pflicht gemacht,

anderseits versichert Großherzog Friedrich Franz Ritter- und Landschaft gnädigsten Dankes, "wenn auch die auf den ritterschaftlichen und städtischen Grundstücken befindlichen alten Grabstätten nicht anders als etwa zu wissenschaftlichen Zwecken geöffnet würden, auch dafür Sorge getragen werden wollte, daß alle auf diesen Besitzungen zufällig gefundenen oder sonst im Besitze von Privaten befindlichen Altertümer an eine der öffentlichen Altertumssammlungen des Landes abgegeben werden, da alle Erfahrungen den endlichen Untergang von Gegenständen des Altertums im Privatbesitze gelehrt haben" 22 ).

So ward ferner die Großherzogliche Altertümersammlung 1837 wieder ins Schweriner Schloß verlegt 23 ). Aber sofort wurden Stimmen laut, die sich gegen die Verlegung wandten:

"Für die Versetzung unserer Sammlung nach Schwerin" - so schreibt Ober-Medizinalrat Dr. Brückner in Ludwigslust an den Archivar Lisch in Schwerin - "läßt sich vieles sagen. Dagegen aber auch z. B., daß eine solche Sammlung, die nicht nur für Mecklenburg, sondern für Deutschland von solcher Wichtigkeit ist, besser an einer der deutschen Haupt Reise Straßen placirt ist, wo so mancher durchreisende Gelehrte sie - wie bisher - auch ferner gerne besuchen würde" 24 ).

So bedeutungsvoll die Verlegung der Sammlung vaterländischer Altertümer von Ludwigslust nach Schwerin für Friedrich Lischs weiter bahnbrechende Forschungen auch gewesen


22) Abgedruckt in Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsches officielles Wochenblatt vom 14. Januar 1837..
23) Vgl. Heinrich Reifferscheid, Wie die Schweriner Museen wurden, in Jahrbücher des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Jahrgang LXXXXVII, Schwerin 1933, S. 146f..
24) Schreiben des Ober-Medizinalrats Dr. G. Brückner in Ludwigslust an den Archivar Lisch in Schwerin vom 19. August 1837.
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Leopold Zielcke: Die Amtstraße zu Schwerin 1839
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sein muß, so war sie doch nur eine Auswirkung der inzwischen erfolgten Gründung des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, dem es heute vergönnt ist, voll berechtigten Stolzes und hoch in Ehren die Hundertjahrfeier seines Bestehens festlich zu begehen.

Nicht nur, daß die Ludwigsluster Großherzogliche Sammlung den seit 1835 im Entstehen begriffenen Sammlungen des Vereins in der Großen Hofdornitz des Schweriner Schlosses zugesellt wurde, wurde sie als nunmehrige Sammlung Mecklenburgischer Altertümer auch nach Art der Vereinssammlung auf die geschichtliche Zeit weitergeführt. Infolge des Schloßneubaues mußten beide Sammlungen 1844 das Schloß verlassen und wurden in ein eigenes Gebäude, das der früheren Tierarzneischule in der Amtstraße (Nr. 7), überführt, das in Leopold Zielckes reizvollem Bilde von 1839 in der Schweriner Gemäldegalerie der Nachwelt überliefert ist (s. Abbildung).

Hier in der Amtstraße, wo die Sammlungen bis zur Einrichtung des Großherzoglichen Museums am Alten Garten verblieben, erreicht nun die Wirksamkeit Friedrich Lischs ihren Höhepunkt in der Erprobung und der weiteren Ausgestaltung des Dreiperiodensystems an Hand der erfreulich rasch anwachsenden Geschichtsvereinssammlung.

Mit welch glücklichem Erfolge dies geschah, ergibt sich aus der Resonanz seines Wirkens. So sagt der junge dänische Altertumsforscher Jens Jakob Asmussen Worsaae in seiner 1846 in Kopenhagen erschienenen, "Die nationale Altertumskunde in Deutschland" betitelten Schrift nach einem Hinweis darauf, daß sich im Verlauf von kaum dreißig Jahren in Deutschland gegen achtzig deutsche Altertumskunde und geschichtliche Forschungen pflegende Gesellschaften gebildet hätten, fast alle mit zum Teil bedeutenden Sammlungen von vaterländischen Altertümern, Jahresberichten und Jahrbüchern 25 ).

". . . Rechnet man hiezu, daß die Regierungen an verschiedenen Orten, z. B. in Schwerin, Sammlungen von Altertümern eingerichtet haben und dem Studium derselben kräftige Unterstützung angedeihen lassen, dürfte man wahrlich sehr berechtigt sein, zu glauben, daß die vaterländische Altertumskunde in Deutschland gegenwärtig auf einer hohen Stufe stehen müsse und daß demnach umfassende Resultate bereits gewonnen


25) J. J. A. Worsaae, Die nationale Altertumskunde in Deutschland, Kopenhagen 1846, S. 11 ff..
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seien; aber dies ist bei weitem nicht der Fall, sondern man kann vielmehr sagen, daß sie sich noch in ihrer ersten Kindheit befindet . . .".

Sein nicht sehr schmeichelhaftes, wenn auch offenbar allzu berechtigtes Urteil begründet Worsaae dann so:

"Auf einer antiquarischen Reise, die ich im Jahre 1845 durch Deutschland unternahm, hatte ich Gelegenheit, die wichtigsten Sammlungen in Mecklenburg, Preußen, Sachsen, Österreich, Bayern, Baden, dem Elsaß, in Hessen und Hannover zu sehen; aber ich muß gestehen, daß mit Ausnahme der unter der Aussicht des Herrn Lisch stehenden vortrefflichen Sammlungen in Schwerin, die gewiß für die besten in Deutschland anzusehen sind, sowie der Sammlungen in Kiel, Strelitz und an etwa noch einigen andern Orten, alle übrigen ohne Ordnung und wissenschaftliche Konsequenz aufgestellt waren. . . Entweder hatte man offenbar gar kein System befolgt, oder auch war die in Dänemark zuerst von Thomsen gemachte und durch Lischs gleichzeitige Untersuchungen in Deutschland bekräftigte Einteilung der Denkmäler des Altertums in drei Alter mißverstanden. . ."

Daß es Lisch nicht an Gegnern fehlte und er sich nur langsam durchzusetzen vermochte, auch dafür finden sich Andeutungen bei Worsaae:

"In Mecklenburg hat der sehr verdienstvolle Lisch . . ., sich den nordischen Forschern angeschlossen und die Einteilung in das Steinalter, das Bronzealter und das Eisenalter angenommen; er hat zugleich darzutun gesucht, daß die Denkmäler des Steinalters vielleicht von einem vorhistorischen Volke herrühren, die des Bronzealters von den germanischen Stämmen, und die des Eisenalters von den Wenden oder Slaven. Aber schon in Pommern hat Giesebrecht, freilich nicht mit besonderem Glücke, diesen Ansichten entgegenzutreten gesucht. . . Man ist also kaum soweit gekommen, daß man einigermaßen mit Sicherheit die Zeitfolge der Denkmäler des Altertums in den einzelnen Ländern, Mecklenburg jedoch ausgenommen, bestimmen kann . . . Zwar haben manche Altertumsforscher, unter ihnen besonders Lisch . . . wichtige Beiträge zu einer genaueren Kenntnis der Gräber geliefert; aber ihre Bestrebungen haben erst in spätester Zeit angefangen, eine allgemeinere Nachahmung zu finden."

Hatte Lisch schon 1838, seiner Zeit weit voraus, geglaubt, es werde dahin kommen, daß die deutsche Altertumswissenschaft

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die klassische Altertumskunde binnen kurzem überflügele 26 ), so mußte es sich 1846 die Altertumswissenschaft in Deutschland von dem Ausländer sagen lassen, die römischen und griechischen Archäologen sollten sich nicht länger von den deutschen absondern oder wohl gar höhnisch auf sie herabblicken, sondern sollten brüderlich und unverdrossen mit ihnen zusammen arbeiten 27 ).

Um es nun zusammenzufassen: Friedrich Lisch hat nicht nur als einer der Entdecker des Dreiperiodensystems und als einer der Begründer einer wissenschaftlichen Fundhebung die Sammlung Mecklenburgischer Altertümer in Schwerin zu der damals in Deutschland führenden Forschungsstätte deutscher Altertumskunde gemacht, er war es auch, der in der klaren Erkenntnis, "daß in der vorchristlichen Zeit in den deutschen Ostseeprovinzen bis in das siebente Jahrhundert germanische und von da an bis in das zwölfte Jahrhundert und noch später hinab slavische Völkerschaften wohnten" 28 ), zu dem heute nach hundert Jahren wieder so brennenden Problem der Germanenforschung die Grundlagen schuf.

Auch das mecklenburgische Volk hat gefühlsmäßig die Bedeutung des Mannes herausgefunden, dem es, obwohl er "nur ein Strelitzer" war, Liebe und Achtung entgegenbrachte. So darf denn Archivrat Lisch, der im ganzen Lande als "Knakenpurrer Lisch" 29 ) bekannt und beliebt war, in Fritz Reuters "Urgeschicht von Meekelnborg" nicht fehlen. Zwei Landarbeiter sind auf ein Felssteingewölbe gestoßen. "Hurrah! Hir is't!" - " "Teigen Daler" " , segg ick, " "wull ick gewen, wenn nu de Herr Archivrath Lisch ut Swerin hir wir." " - "Worüm dat?" fröggt hei. - " "Wil de't versteiht" ", segg ick " "de knackt Sei so'n oll Gewölw up, as 'ne Hasselnvet. Un wat dat Slimmst is: wenn wi wat finnen, denn glöwt hei uns dat nich tau, denn hei glöwt blot an dat, wat hei sülben funnen hett" " 30 ).


26) G. C. F. Lisch, in Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik, hrsg. von der Societät für wissenschaftliche Kritik zu Berlin, Jahrgang 1838, Band II, Berlin 1838, Sp. 24..
27) J. J. A. Worsaae, Die nationale Altertumskunde in Deutschland, Kopenhagen 1846, S. 22..
28) G. C. F. Lisch, Friderico-Francisceum oder Großherzogliche Altertümersammlung aus der altgermanischen und slavischen Zeit Mecklenburgs zu Ludwigslust, Leipzig 1837, S. 22..
29) Vgl. Heinrich Seidel, Die Augen der Erinnerung und anderes, in Gesammelte Schriften, Band XIV, Leipzig 1897, S. 136..
30) Fritz Reuter, Urgeschicht von Meckelnborg, in Sämtliche Werke, Volksausgabe, Band II, Wismar, Rostock und Ludwigslust 1877, S. 364..
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Und nun die Tragik dieses großen Forschers!

Lisch war seit der Begründung des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, dem all sein Sinnen und Trachten, dem seine beste Kraft durch lange Jahrzehnte gegolten hat, auch die treibende Kraft einer auf das Mittelalter und die neuere Zeit fortgeführten heimischen Altertumskunde geworden.

Er erntete reichste Forschungs- und Sammlungsergebnisse bleibenden Wertes für Mecklenburgs Kultur- und Kunstgeschichte, aber es war ihm doch die wissenschaftliche Zusammenfassung seiner weit über die blau-gelb-roten Grenzpfähle hinaus gerichteten Lebensarbeit nicht beschieden. Wahrlich nicht durch eigene Schuld! Seiner Zeit und seiner Umwelt weit voraus, wurde es um ihn, je älter er wurde, desto einsamer. Er selbst fühlte sich nicht mehr schaffensfroh, zurückgesetzt, minder geachtet.

Das Werk, wie Lisch es vorgeschwebt, eine Altertumskunde Mecklenburgs im mitteleuropäischen Rahmen, blieb ungeschrieben. Zwar hat ein Schweizer Gelehrter, Professor A. Morlot, das Thema aufgegriffen: "Die Altertumskunde Mecklenburgs nach den Arbeiten des Dr. Lisch, verglichen mit der Mitteleuropas", von A. Morlot. Aber es ist nur ein schmales Heft von 41 Seiten, mit seinem ersten, der Steinzeit gewidmeten Teil 1868 in französischer Sprache erschienen 31 ). Lisch selbst blieb verstummt.

Ein großes Forscherleben ist vor Ihnen vorübergezogen, ein Leben voll Schaffensdrang und Schaffensfreude. Ein Leben, durchpulst von heißer Liebe zu Land und Volk. Und war ihm selbst der letzte Erfolg auch versagt, so war sein Leben doch wert, gelebt zu sein: denn "wer den Besten seiner Zeit genug getan, der hat gelebt für alle Zeiten!"

Als endlich 1912 das große Werk Gustaf Kossinnas, "Die deutsche Vorgeschichte, eine hervorragend nationale Wissenschaft", erschien, da lebte unter weit glücklicheren Verhältnissen wieder auf, was schon drei Generationen zuvor im Geiste geschaut hatte: Friedrich Lisch, Mecklenburgs Bahnbrecher deutscher Altertumskunde.

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31) A. Morlot, L'Archéologie du Mecklenbourg. D'après les travaux du Dr. Lisch comparée à celle de l'Europe centrale. Première partie. Age de la Pierre, Zurich 1868.