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I.

Mecklenburg
und die Kurwürde.

 

Von

Geh. Regierungsrat Dr. Carl Schröder.

 

Vignette
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W as den Inhalt dieser Zeilen bilden soll, führt uns hinein in eines der häßlichsten Kapitel der deutschen Geschichte. Am 9. Februar 1801 war der Friede von Luneville abgeschlossen, in dem Deutschland das linke Rheinufer verlor; der Talweg des Rheins sollte hinfort die Grenze bilden zwischen dem Deutschen Reich und der Französischen Republik. Das war an sich nichts wesentlich neues: durch den Luneviller Frieden gelangten nur die Bedingungen von Campo Formio vom 17. Oktober 1797 und von Rastatt aus den Jahren 1797-1799 nach einem zweijährigen blutigen Kriege unbeschränkt und ohne Klausel zur Geltung. Neu aber war die Frage der nach dem 7. Artikel des Friedens vom Reich zu gewährenden Entschädigungen; der Vollzug dieses Artikels bedeutete die territoriale und politische Umgestaltung des Reiches. Da infolge der Abtretung - hieß es da - die das Reich der Französischen Republik gemacht hat, mehrere Fürsten und Stände ganz oder teilweise aus ihrem Besitz gesetzt sind, während es dem Deutschen Reich in seiner Gesamtheit zustehe die aus gegenwärtigem Vertrage sich ergebenden Verluste zu tragen, so ist der Kaiser in seinem und des Reiches Namen mit der Französischen Republik übereingekommen, daß im Einklang mit den auf dem Rastatter Kongreß förmlich aufgestellten Grundsätzen das Reich gehalten ist, den erblichen Fürsten, die ihren auf den linken Rheinufer gelegenen Besitz eingebüßt haben, eine Entschädigung im Schoße des Reichs zu gewähren.

Daß diese Entschädigungen nur durch umfassende Säkularisationen bewirkt werden konnten, lag klar zutage. Das Reich genehmigte den ohne seine Mitwirkung abgeschlossenen Luneviller Frieden, "die geistlichen Stände fanden nicht den Mut, ihrem eigenen Todesurteil zu widersprechen". Einstweilen zwar blieb der Regensburger Reichstag den "schläfrigen Gewohnheiten seines gespenstischen Daseins" treu, es verging fast das ganze Jahr 1801 mit Nichtstun. Dann setzten Österreich und Preußen die Bildung einer Reichsdeputation durch, aber nach Monaten waren die Beratungen dieses Ausschusses noch nicht

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eröffnet, "der zerrüttete Körper des heiligen Reichs fand nicht mehr die Kraft, mit eigenen Händen seinen letzten Willen aufzusetzen". so fiel die Entscheidung über Deutschlands Zukunft unausbleiblich den fremden Siegern zu und es begann ein würdeloses Buhlen um die Gunst des Ersten Konsuls Bonaparte und seiner Kreaturen. "Die deutschen Fürsten, groß und klein, drängten sich an ihn heran, um durch seine Huld bei der bevorstehenden Länderverteilung möglichst vorteilhafte Spenden zu erlangen"; "das Gold der kleinen Höfe, das sie nie finden konnten, wenn das Reich sie zur Verteidigung des Vaterlandes aufrief", floß nun in Strömen und füllte die unergründlichen Taschen der französischen Agenten oder die sich dafür ausgaben. "Was diese Herren peinigte, war nicht die Abtretung des linken Rheinufers, nicht der Zusammensturz der Reichsverfassung, sondern nur die Furcht, im allgemeinen Wettbewerb um die Gunst des großen Wohltäters zurückzubleiben." Bald ergab sich daß die rechtsrheinischen geistlichen Gebiete zur Befriedigung aller dieser begehrlichen Wünsche nicht ausreichten; der Deutsche Kaiser selbst sprach zuerst das verhängnisvolle Wort "Vernichtung der kleinen weltlichen Stände" aus und man ward einig, auch den Reichsstädten den Garaus zu machen. Zum Schluß dieser großen Länderversteigerung und nachdem in Paris das Wesentliche geordnet war, schritten im August 1802 Rußland und Frankreich als Vermittler ein. Dieser Interventionsplan, eine schimpfliche Demütigung für Österreich und Preußen, die völlig in den Hintergrund gedrängt wurden, war von Petersburg ausgegangen 1 ). "Rußland war bei der Gebietsaufteilung in Deutschland in keiner Weise beteiligt, konnte auch nicht, wie die Republik, aus dem Luneviller Frieden einen Grund oder wenigstens einen Vorwand ableiten, sich in diese Handelsgeschäfte einzumischen, doch der Zar persönlich wollte als Gönner und Schutzherr eine Rolle spielen." Dazu war aber die Verbindung mit Frankreich unerläßlich. Bonaparte war für Alexanders Pläne leicht gewonnen; geschickt wußte er die Fäden so zu spinnen, daß hinfort bei diesem Geschäft er der eigentliche Macher war und dem Zaren nur eine scheinbare Mitwirkung blieb: sie bewirkte lediglich, daß einige dem Petersburger Hofe besonders nahestehende Fürstenhäuser wie Württemberg, Baden und Oldenburg - Alexanders Mutter war eine württembergische, seine Gemahlin eine badische Prinzessin und Oldenburg wurde


1) S. Heigel, deutsche Geschichte Vom Tode Friedrichs d. Gr. bis zur Auflösung des alten Reiches Bd. II S. 414 f.
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von Rußland wie ein Familienbesitztum betrachtet 2 ) - bei der Länderverteilung bevorzugt wurden und daß es "im Winterpalast und in den Ministerwohnungen und Schreiberstuben in Petersburg zu ähnlichem Werben und Markten kam, wie vorher in Paris". Die puissances médiatrices Rußland und Frankreich erklärten mit gutem Grunde, die Eifersüchteleien und die Interessengegensätze am Reichstage machten ihre Vermittelung notwendig; sie legten ihren Entschädigungsplan vor und erklärten, derselbe dürfe nicht mehr wesentlich geändert werden. Am 25. Februar 1803 kam dann der Reichsdeputationshauptschluß zustande, der am 24. März vom Reichstage genehmigt, vom Kaiser am 27. April ratifiziert wurde. "Er vernichtete 112 deutsche Staaten; von den geistlichen Ständen blieben nur 3, von den 49 Reichsstädten nur 6 übrig. Mehr als 2000 Geviertmeilen wurden unter die weltlichen Fürsten ausgeteilt. Preußen erhielt für seine linksrheinischen Verluste fünffachen Ersatz, Darmstadt ward achtfach, Baden fast zehnfach entschädigt. Auch einige fremdländische Fürstenhäuser nahmen ihr Teil aus dem großen Raube; so Toscana und Modena, die Vettern Österreichs, so Nassau=Oranien, der Schützling Preußens." "Wenige unter den großen Staatsumwälzungen der neueren Geschichte" - so urteilt Heinrich v. Treitschke 3 ), dem wir auch im vorstehenden gefolgt sind - "erscheinen so häßlich, so gemein und niedrig wie diese Fürstenrevolution von 1803. Und doch war der Umsturz eine große Notwendigkeit; er begrub nur was tot war, er zerstörte nur, was die Geschichte dreier Jahrhunderte gerichtet hatte."

Das ist der Hintergrund, auf dem sich das abspielt, mit dem wir uns hier zu beschäftigen haben.

An der tollen Jagd der deutschen Fürsten in Paris nach Land= und Gelderwerb hatte sich Herzog Friedrich Franz nicht beteiligt. Halb erstaunt, halb vorwurfsvoll hatte der hessen=casselsche Minister Waitz von Eschen den mecklenburgischen Ober=


2) Kaiser Paul, Sohn des Herzogs Karl Peter Ulrich von Holstein=Gottorp (als russischer Kaiser Peter III.), folgte 1762 seinem Vater als Herzog, überlies aber seinen Anteil an Holstein=Gottorp 1773 dem König Christian VII. von Dänemark gegen Abtretung der Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst und übergab diese Länder an Friedrich August aus der jüngeren oder bischöflich=lübeckischen Linie des Hauses Holstein. Oldenburg und Delmenhorst wurden 1774 von Kaiser Joseph II. zu einem Herzogtum erhoben.
3) Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert Bd. I S. 186.
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hofmeister v. Lützow bei einer Begegnung in Cassel gefragt, warum denn sein Hof nicht auch einen Gesandten nach Paris geschickt habe. Das hatte der Herzog verschmäht. Er verließ sich auf sein - freilich von Frankreich bestrittenes - Recht und erhoffte im übrigen - wir werden sehen, mit welchem Erfolge - alles von der Unterstützung durch Rußland. Denn auch er war nicht frei von Begehrlichkeit, und zu der Zeit, da die deutschen Fürsten rechts und links um ihn, in Süd und Nord, sich weite Gebiete aneigneten, da hat auch er - wer wollte ihm das verdenken oder es nicht wenigstens entschuldbar findend - Ansprüche erhoben, Forderungen geltend gemacht und sich mit großen Hoffnungen getragen, ohne indessen schließlich einen nennenswerten Gewinn zu erringen.

Zu den durch den Frieden von Luneville Geschädigten gehörte auch Mecklenburg, denn es hatte die beiden Kanonikate des Hochstifts Straßburg verloren, die ihm im Westfälischen Frieden nebst einigen anderen Dingen als Ersatz für Wismar, Poel und Neukloster zugesprochen waren. Dafür wollte der Herzog entschädigt werden; in welcher Höhe aber diese Entschädigung zu gewähren sei, worin sie zu bestehen habe und wo sie gesucht werden könne, das alles festzustellen war Sache der Reichsfriedensdeputation beim Reichstage in Regensburg. Die Stelle des mecklenburgischen Komitialgesandten hatte zuletzt, bis 1800, einstweilen der Komitialgesandte für Sachsen=Gotha und Altenburg Freiherr von Gemmingen mit bekleidet; seitdem war sie unbesetzt, die Geschäfte führte der Sekretär Hofrat Gumpelzhaimer 4 ). Nun aber schien es dringend geboten, einen neuen Komitialgesandten zu ernennen, und das wurde Leopold Hartwig v. Plessen, ein hervorragender Diplomat, für diesen Posten um so mehr geeignet, als er schon zu Anfang der achtziger Jahre des 18. Jahrhunderts in Regensburg gelebt hatte, um am Reichstagssitze sich praktisch auszubilden. Im Sommer 1802 trat Plessen seinen Dienst in Regensburg an, der hohe Anforderungen an seine Geschicklichkeit stellte. Es war nicht bloß die Entschädigungsfrage in allen ihren Phasen, die ihn beschäftigte, sondern gleichzeitig spielte auch die geplante Erhebung des Hauses Mecklenburg=Schwerin zur Kurwürde.


4) S. über ihn die Jahrb. des Vereins für meckl. Geschichte und Altertumskunde Bd. 65. S. 245 und die dort angeführte Literatur. Vgl. auch Schöppl, Christian Gottlieb Gumpelzhaimer als Großherzoglich Mecklenburg=Schwerinscher geheimer Legationsrat (Regensburg 1911).
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Die Verfassung des Kurkollegiums mußte durch die Abtretung des linken Rheinufers notwendig Abänderungen erleiden, denn an diesem Rheinufer saßen die drei geistlichen Kurfürsten von Cöln, Mainz und Trier. Nach dem französisch=russischen Entschädigungsplan sollte hinfort nur noch ein geistlicher Kurfürst sein, nämlich der Kurfürst von Mainz, der Kurfürst=Reichs=Erzkanzler; dagegen sollten drei neue weltliche Kurfürsten geschaffen werden, nämlich Baden, Württemberg und Hessen=Cassel. Nachträglich wurde auch dem Großherzog von Toscana die Kurwürde (als Kurfürst von Salzburg) versprochen und der Kaiser von Rußland tat Schritte, dieselbe Erhöhung für Mecklenburg=Schwerin zu bewirken.

Die Kurwürde scheint seit längerer Zeit zu den stillen Wünschen des Hauses Mecklenburg gehört zu haben. Denn als im Jahre 1774 der Prinz Friedrich Franz um die Prinzessin Luise von Hessen=Darmstadt warb, von deren Schwestern die eine an den Kronprinzen, späteren König Friedrich Wilhelm II. von Preußen, die andere an den Großfürsten, späteren Kaiser Paul von Rußland vermählt war, betonte das Ministerium dem Herzog Friedrich gegenüber: ein Prinz von Mecklenburg könne sich schwerlich besser verbinden, als wenn der Kaiser von Rußland und der König von Preußen seine Schwäger wären, denn alsdann dürfe man vielleicht wegen dereinstiger Gelangung zur Kurwürde für das herzogliche Haus fast unbesorgt sein. In der Zeit nun, die uns hier beschäftigt, erscheinen - wenigstens anfänglich - die Verhandlungen wegen der Kurwürde beim Herzog eng verquickt und untrennbar verbunden mit dem Streben nach territorialer Vergrößerung und Erhöhung der Einkünfte.

Die erste Nachricht über die Absicht, dem Hause Mecklenburg=Schwerin die Kurwürde zu verschaffen, finden wir in einem Bericht des mecklenburgischen Gesandten in Berlin, des Oberhofmeisters v. Lützow. Am 26. Februar 1801 meldete er nach Schwerin: tags zuvor nach der königlichen Tafel habe der russische Gesandte Baron v. Krüdener ihm gesagt, daß bei den bevorstehenden großen Veränderungen im Deutschen Reich "unter andern einige neue Kurfürsten aus dem Tiegel herauskommen würden, wie Württemberg und Hessen=Cassel", und habe seine Verwunderung darüber ausgesprochen, daß das herzogliche Haus, das doch eines der ältesten sei, nicht auch die Kurwürde nachsuche. Lützow möge das doch mit dem gerade in Berlin anwesenden Erbprinzen Friedrich Ludwig besprechen; wenn der

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Erbprinz ihm ein Wort darüber sage, so werde Krüdener seinen Bericht an den Kaiser so machen, daß dieser seine tatkräftige Unterstützung gewähre und dann könne die Sache nicht fehlschlagen; dann würden an die Stelle der sicherlich in Wegfall kommenden drei geistlichen Kurfürsten eben drei neue treten und die Zahl der Mitglieder des Kurkollegiums die gleiche bleiben.

Lützow hatte geantwortet, daß der Herzog sich zu diesen Veränderungen nicht dränge; die Kurwürde Sei "onereux und kostbar" und seines Wissens nie zur Frage gekommen. Krüdener aber hatte gemeint, man solle diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, die sich vielleicht nie wieder bieten werde. Am Abend hatte Lützow dann Krüdener aufgesucht und ihn gefragt, ob er diesen Vorschlag etwa im Auftrage des Kaisers gemacht habe. Das hatte Krüdener in Abrede gestellt, aber gemeint, ihm scheine die Sache so leicht, so natürlich, daß er nicht habe unterlassen können, mit Lützow darüber zu reden. Lützow schreibt dann weiter, daß er Selbstverständlich dem Erbprinzen kein Wort davon gesagt habe und den Befehl erwarte, was er Krüdener antworten solle. Sei der Herzog geneigt, der Anregung weitere Folge zu geben, so werde es wohl am vorteilhaftesten sein, daß der Antrag dazu von Rußland ausgehe; man müsse Krüdener ersuchen, das zu sondieren, ohne geradezu darauf anzutragen, denn Rußlands müsse man natürlich sicher sein, ehe man einen Schritt tue. Wolle aber der Herzog die Sache ganz fallen lassen, so erbitte er eine Antwort mit der Post, "daß man in den bewußten Antrag nicht zu entrieren gedächte." Zu diesem Lützowschen Bericht hat dann der Geheimratspräsident Graf Bassewitz die Bemerkung hinzugefügt: "Dem Referenten ist auf Serenissimi Befehl geantwortet, daß: so schmeichelhaft auch die Erhebung Serenissimo seyn würde, so wenig wären die Kräfte des Hauses dazu geeignet; könnte eine Vergrößerung zugleich bewirkt werden, so würden Serenissimus dieses Glück dem Kaiser nie genug verdanken können. Dabey ist an Hand gegeben, das Lauenburgische dazu in Vorschlag zu bringen, worauf Serenissimus ohnhin Anspruch hätte 5 ), wenn anders die Veränderung mit den Hannoverschen


5) Kraft einer 1431 abgeschlossenen und 1519 wiederholten Erbverbrüderung zwischen Mecklenburg und Lauenburg. Derartige Erbverbrüderungen hatten aber die Herzöge von Sachsen=Lauenburg auch mit anderen Fürstenhäusern abgeschlossen: so z. B. 1369 mit Braunschweig, 1507 zugunsten der albertinischen Linie des Hauses Wettin, 1671 mit dem Kurfürsten Johann Georg III. von Sachsen. Kein Wunder daher, daß, als am 29. September 1689 mit Herzog Julius Franz das askanische Haus in (  ...  )
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Landen vor sich gehen sollte 6 ), allemahl aber wo möglich durch russische Vermittelung zu bewirken, daß der Theil von Lauenburg dießeits der Elbe dem herzoglichen Hause zu Theil würde."

Auf Grund dieser Antwort hatte dann am 6. März Lützow, wie er am 8. berichtete, eine Konferenz mit Krüdener, der zugestand: er habe "für sich" an den Grafen Rostoptschin, den russischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten, geschrieben, "ob die jetzigen Konjunkturen nicht eine günstige Gelegenheit böten, dem Hause Mecklenburg=Schwerin die Kurwürde zu verschaffen". Da Lützow sich überzeugt hielt, daß Krüdener es nicht unternehmen würde, einen derartigen Vorschlag zu machen, ohne von höherer Stelle dazu autorisiert zu sein, so hielt er es für das Beste, ihm die ganze Sache vorzutragen, und erbat die Erlaubnis, Krüdener "mit den darüber obwaltenden Ideen seines Hofes durch ein Brouillon eines Memoires bekannt zu machen" und einen ostensibelen Brief an Krüdener beizulegen. In diesem Briefe nun hatte Lützow die Sache so dargestellt, als gehe der Vorschlag von Krüdener aus. Damit aber war dieser nicht einverstandene vielmehr müsse der Herzog als derjenige erscheinen, der die Initiative ergriffen habe, und so verständigten sich die beiden Diplomaten über den Wortlaut einer Denkschrift, deren Konzept Lützow, "da er es nicht wage, in einer Angelegenheit von dieser äußersten Wichtigkeit irgend etwas auf seine Responsabilität zu nehmen", nach Schwerin sandte.

In dieser Denkschrift war ausgeführt, daß, wenn die obwaltenden Verhältnisse dazu führen müßten, eines der altfürstlichen Häuser zur Kurwürde zu erheben, Mecklenburg=Schwerin darauf gerechte Ansprüche habe, um so mehr, da seine glückliche Verbindung mit dem russischen Kaiserhause es unter den besonderen Schutz des Kaisers stelle, dem Deutschland seine Erhaltung


(  ...  ) Sachsen=Lauenburg erlosch, mehrere Prätendenten auftraten. Der Kurfürst von Sachsen nahm Sofort die Huldigung der lauenburgischen Behörden entgegen, Herzog Georg Wilhelm von Braunschweig besetzte Ratzeburg. Kursachsens Ansprüche wurden schließlich von Braunschweig für eine Million Taler erworben und 1702 ward Georg Wilhelm von Ritter= und Landschaft als Herr von Lauenburg anerkannt. Nach Georg Wilhelms Tode 1705 fiel Lauenburg an dessen Neffen Georg I., Kurfürsten von Hannover und späteren König von England.
6) Um jene Zeit drohten Frankreich und Rußland, um England zu verwunden, Hannover zu besetzen und die Schließung der deutschen Häfen zu erzwingen. Das vereitelte Preußen, indem es 1801 in Hannover einrückte und es bis zum Frieden von Amiens zwischen England und Frankreich (27. März 1802) besetzt hielt.
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werde zu verdanken haben. Aber die Mittel des herzoglichen Hauses seien beschränkt und ständen außer Verhältnis zu einer solchen Rangerhöhung; durch die Opfer, die es beim Westfälischen Frieden habe bringen müssen, durch die während des Siebenjährigen Krieges erlittenen Verluste und durch die großen Kosten, die der jüngste Krieg verursacht habe, sei es schwer geschädigt, und so sei die Kurwürde für den Augenblick unverträglich mit den gegebenen Verhältnissen. Schon die Erhebung zur Kur an sich sei kostspielig und die neue Würde werde dem herzoglichen Hause auch für die Zukunft große Ausgaben auferlegen, wie die Teilnahme an den Kaiserwahlen, die ständigen Gesandtschaften bei verschiedenen Höfen und bei der Reichsversammlung, die Stellung von 4000 Mann bei Reichskriegen und eine Menge anderer, schwer zu detaillierender Dinge. Anders liege die Sache, wenn durch Fürsprache des Kaisers dem herzoglichen Hause eine Gebietserweiterung zuteil werde. Bei der geographischen Lage der Herzogtümer Mecklenburg=Schwerin und Mecklenburg=Güstrow könne dafür nur das Herzogtum Lauenburg in Frage kommen, auf welches das herzogliche Haus ohnehin gerechte und von Preußen wiederholt anerkannte Ansprüche habe.

Mit dem Inhalt dieser Denkschrift erklärte man sich in Schwerin im ganzen einverstanden und Lützow erhielt den Auftrag, sie Krüdener zu übergeben, was am 17. März geschah. Auch Krüdener fand "alles sehr anpassend und gut gesagt", behielt sich aber vor, die Sache mit Lützow noch zu besprechen. Dann aber gerieten diese Verhandlungen ins Stocken, denn am 23. März fiel Kaiser Paul durch Mörderhand, und nun hielt es der Herzog für angemessen, sobald die amtliche Anzeige von diesem Ereignis und der Thronbesteigung des Nachfolgers eingegangen sein werde, Lützow in besonderer Mission nach Petersburg zu schicken. In Lützows vom 9. April datierter Instruktion heißt es in Betreff der Kurwürde: "Vorläufig, und um sich darnach in Petersburg nach Befinden äußern, erklären und eventualiter unterhandeln zu können, verhalten Wir ihm gnädigst nicht, daß der bei Uns veranlaßte Wunsch einer Erhebung Unsers Herzoglichen Hauses sich lediglich auf den Fall beschränke wenn solche von andern Altfürstlichen Häusern mit Hoffnung eines gewierigen Erfolgs in Anrege gebracht werden sollte, und mit dieser Erhebung eine angemessene Vergrößerung Unserer Herzoglichen Lande verbunden seyn könnte. Sollte das Chur=Haus Hannover bewogen werden, seine Besitzungen abzutreten, so würde das Herzogthum Lauenburg, worauf Unser Herzog=

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liches Haus aus älteren Zeiten ohnehin gegründete Ansprüche hat, eine Gelegenheit darbieten, Unserm Herzoglichen Hause eine Entschädigung und Verbesserung zu verschaffen, allein immer noch zu unbeträchtlich seyn, um davon die mit einer Erhebung verbundenen Lasten und Kosten tragen zu können. Würde sich daher eine etwanige Vergrößerung nur darauf beschränken können, so ist der Gedanke einer Erhebung zu unterdrücken. Wäre indessen die höchste Absicht auf eine Erhebung Unsers Herzoglichen Hauses und damit verbundene angemessene Vergrößerung desselben gerichtet und nach eintretenden Umständen erreichbar, so hat er dazu den Theil der Hannoverschen Lande bis an die Aller und Weser in Vorschlag zu bringen. Aber auch in dem Fall, daß mit den Hannoverschen Landen eine Veränderung nicht geschehen sollte, ist wo möglich die Abtretung des Herzogtums Lauenburg entweder ganz, oder in der Maaße, daß die Elbe die natürliche Grenze zwischen den Hannoverschen Landen und Mecklenburg mache, nachzusuchen."

Auf dem Wege nach Petersburg sprach Lützow in Berlin bei Krüdener vor und erlebte dort die erste unangenehme Überraschung. Krüdener teilte ihm unumwunden mit, "nun müsse der Herzog die Idee der bewußten Akquisition fahren lassen". Vielleicht sei noch etwas anderes zu machen: möglicherweise könne man sich das Hildesheimische geben lassen und dann ein Tauschgeschäft machen, doch das seien alles so weit aussehende Pläne, daß nur an Ort und Stelle darüber geurteilt werden könne. Seinen Eindruck von der Unterredung mit Krüdener faßt Lützow in seinem ersten, undatierten Bericht in die Worte zusammen: "So viel ist gewis, daß ohne diesen schrecklichen Vorfall das herzogliche Haus mehr eine Wahrscheinlichkeit zur Erlangung seiner Wünsche hatte." Unter diesen Umständen erhielt denn auch die von Lützow dem Vizekanzler Grafen Panin übergebene, vom 28. Mai datierte Note einen anderen Wortlaut als den, der ihr ursprünglich hatte gegeben werden sollen. Das herzogliche Haus Mecklenburg=Schwerin - so war in ihr ausgeführt -, obwohl die Vergrößerungspläne anderer deutscher Höfe kennend, habe bisher in dieser Hinsicht völlige Enthaltsamkeit geübt, sei aber im Februar des laufenden Jahres darauf aufmerksam gemacht, daß ein so altes Fürstenhaus, welches außerdem das Glück habe, mit dem russischen Kaiserhause blutsverwandt zu sein, nicht zurückstehen dürfe, wenn andere deutsche Höfe, die bis dahin mit ihm in gleichem Range gewesen seien, es durch Vergrößerungen und durch Erhebung zur Kurwürde zu überholen im Begriff

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ständen. Das herzogliche Haus, welches die Kurwürde nach ihrem ganzen Wert zu schätzen wisse, würde dennoch eine solche Erhöhung ohne eine gleichzeitige angemessene Vergrößerung, für welche seine geographische Lage nicht günstig sei, rundweg abgelehnt haben, wenn es nicht geglaubt hätte, es werde gefährlich sein, die ihm eröffneten Aussichten unbeachtet zu lassen, und wenn nicht die damaligen Konjunkturen, wo Preußen sich anschicke, Hannover zu besetzen, der Krieg mit England auszubrechen drohe und England voraussichtlich seine deutschen Besitzungen verlieren würde, das herzogliche Haus gezwungen hätten, sich in einer dem Baron v. Krüdener im März übergebenen Denkschrift zu äußern, in der es seine Ansprüche an das Herzogtum Lauenburg erneuerte und betonte, daß selbst mit diesem Gebietszuwachs die Annahme der Kurwürde nicht möglich sein würde, in der aber zugleich alles dem Ermessen und der Entscheidung des Kaisers Paul anheimgestellt wurde. Jetzt nun, wo die Gefahr eines Zusammenstoßes mit England beseitigt und ein Übergang des Kurfürstentums Hannover in andere Hände nicht mehr zu befürchten sei, wo in den deutschen Verhältnissen sich eine Wendung vollzogen habe und durch die Erhaltung der geistlichen Kurfürsten die Bemühungen deutscher Fürstenhäuser um die Kurwürde hinfällig geworden seien, jetzt begnüge sich das herzogliche Haus gern mit dem Besitz seines Landes, sei indessen überzeugt, daß beim etwaigen Eintritt günstiger Konjunkturen - wenn z. B. das Haus Hannover für eine Abtretung von Lauenburg an Mecklenburg=Schwerin durch das Hildesheimische entschädigt werden könnte - alsdann der Kaiser dem herzoglichen Hause hilfreich zur Seite stehen, es in gleichem Range mit andern Fürstenhäusern, die es jetzt zu überflügeln strebten, erhalten und überhaupt die Sache des Hauses Mecklenburg wie seine eigene Angelegenheit betrachten werde.

Den Schluß dieser Note bildet die Bitte um eine schriftliche Zusicherung der kaiserlichen Protektion und des Versprechens, vorkommenden Falles für eine "amélioration" des herzoglichen Hauses eintreten zu wollen. Diese Zusicherung aber war trotz aller Bemühungen Lützows weder vom Grafen Panin noch, als Panin in dieser Zeit zurücktrat, von seinem Nachfolger, dem Grafen Kurakin, zu erlangen. Ebenso erging es freilich allen den vielen Abgesandten anderer deutscher Fürsten, die mit ähnlichen Aufträgen sich in Petersburg zusammengefunden hatten: auch sie klagten, wie Lützow am 21. Juli berichtete, daß man sie hartnäckig ohne Antwort lasse.

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Lützows Mission endete also mit einem halben Mißerfolg. Kaiser Alexander stand damals auf dem Standpunkt, daß er möglichst geringe Veränderungen im Deutschen Reich wünschte. Unter Ausschluß aller Vergrößerungen wollte er es bei strikter Entschädigung der erblichen Fürsten bewenden lassen; erst später hat er, wie wir sahen, dem Andringen einiger verwandter Höfe nachgebend, in ein paar Fällen sein Konzept geändert. Dem gleichzeitig mit Lützow in Petersburg anwesenden Erbprinzen Friedrich Ludwig gegenüber sprach er das deutlich aus. Der hatte ihm vorgestellt, daß der Herzog unter der Hand aufgefordert sei und nur notgedrungen habe fordern müssen, um nicht vielleicht wider Willen die Kurwürde zu bekommen, ohne gleichzeitig die zur schicklichen Erhaltung derselben nötige Vergrößerung zu erlangen; die mecklenburgische Forderung sei durch die preußische Okkupation Hannovers notwendig geworden, da sonst Mecklenburg, als ganz von Preußen enklaviert, in eine mißliche Lage käme. Alexander aber hatte - wie Lützow am 12. Mai berichtete - erwidert, daß er gern jederzeit alles mögliche für das herzogliche Haus tun wolle, die hier geforderten Sachen aber seien in diesem Augenblick nicht angängig. Er wünsche, daß jeder Hof von seinen Forderungen nachlassen möge, weil er, so viel wie irgend möglich, die Dinge wieder in ihren vorigen Stand herstellen wolle. Der Herzog könne bei jeder Gelegenheit auf ihn rechnen und solle sich nur immer direkt an ihn wenden; er werde ihm dann jederzeit sagen, ob die Erfüllung seiner Wünsche möglich sei oder nicht. Und ähnlich sprach noch im Oktober Graf Kurakin zu Lützow: Der Kaiser werde gewiß jederzeit alles mögliche für ein so nahe verwandtes Haus tun, vorzüglich was die Erhaltung der herzoglichen Lande betreffe; an deren Besitz müsse dem Herzog doch vor allen Dingen gelegen sein und in dieser Beziehung werde der Kaiser sicher etwas bewilligen. Seltsam, daß trotz dieser runden Absagen der Herzog doch fortfuhr, auch bei seinen Bemühungen um territoriale Vergrößerung auf Rußlands Unterstützung zu rechnen.

Von der Kurwürde ist in Lützows Berichten nur einmal, nämlich in seiner schon erwähnten Note vom 28. Mai, die Rede; irgendwelche Verhandlungen darüber scheinen nicht stattgefunden zu haben. In Mecklenburg verhielt man sich abwartend, aber Rußland betrieb die Sache weiter, wenn auch mit der ihm für jene Zeit oft vorgeworfenen Lässigkeit.

Die nächste weitere aktenmäßige Erwähnung der Sache findet sich in Plessens Bericht aus Regensburg vom 16. August

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1802, wo es heißt: "Außerdem, daß man Ew. Herzogl. Durchl. die Kurwürde angeboten, haben ganz bestimmt auch noch Baden, Hessen=Cassel und Würtemberg dringend darum nachgesucht, und jetzt auch die feste Zusicherung darüber erlangt." Darauf erging an ihn unterm 6. September die Weisung: "Wir haben zwar zur Zeit nicht weiter als aus Gerüchten und Privat=Nachrichten erfahren, daß des Kaysers von Rußland Maystt. sich für die Erhebung Unsers Herzogl. Hauses verwenden. so sehr wir aber auch diese Fürsorge mit Dank erkennen, so glauben Wir doch immer voraussetzen zu dürfen, daß sie mit einer angemessenen Vergrößerung an Land und Leuten, oder mit einer sonstigen Verbesserung verbunden seyn werde, worauf Wir um so gerechtere Ansprache haben, als Wir schon aus dem Congreß zu Rastatt wegen des nunmehr entschiedenen Verlustes der Strasburger Canonicate Entschädigung nachgesucht haben, und unter die Zahl der Beschädigten aufgenommen sind, und überdem alle andere Reichsfürsten, welche mit des Kaysers von Rußland Maystt. in Verwandtschaftsverbindungen zu stehen das Glück haben, so sehr bevorzuget werden sollen. Ihr habet dem Russisch=Kayserl. Gesandten dies vertraulich zu eröffnen, ihn um seine Verwendung zu ersuchen, und demselben zu versichern, daß Wir bemühet seyn würden, ihm diesen Unsern Wünschen gemäße Instruction seines Hofes zu bewirken; es indessen mit Dank erkennen würden, wenn er dazu durch Äußerungen vorläufig den Weg zu bahnen geneigen wollte."

Noch bevor Plessen in den Besitz dieser Weisung gelangen konnte, hatte er unterm 23. August betreffs der Kurwürde zu berichten: "Der Antrag zur Kurwürde für Ew. H. Durchl. hat noch nicht in dem hier vorgelegten Plane begriffen seyn können; er wird aber noch nachgetragen werden, wie man mich versichert hat. Übrigens hat der Russische Gesandte mir bezeugt: wie er von seinem Hofe besonders angewiesen wäre, dem Herzoglichen Hause in allem beförderlich zu seyn. Obgleich ich nun vermuthe, daß bisher hiebey von keinen Acquisitionen die Rede gewesen, so könnte ich doch auf Höchsten Befehl eine Regotiation mit ihm hierüber versuchen. Nur wäre hiebey die größte Eile nöthig, weil Frankreich darauf besteht, das EntschädigungsWesen in zwey Monaten beendigt zu sehen. Freilich wäre es alsdann gut, auch in Berlin Anträge zu machen, allein das Petersburger Cabinet behält doch auf alle diese Verhandlungen . . . den entscheidendsten Einfluß."

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Plessen hatte betreffs der Akquisitionen, wie wir gesehen haben, richtig vermutet. Da er aber wußte, wie sehr dem Herzog an solchen gelegen war, so hielt er fleißig Umschau nach Möglichkeiten zu Landerwerb. So machte er denn in demselben Bericht vom 23. August - in dem sich aber auch die Bemerkung findet: "wenn nur noch etwas zu teilen übrig geblieben" - darauf aufmerksam, "daß Hannover beym preußischen Hof stark darauf angetragen, das Lauenburgische gegen das gesamte Bisthum Hildesheim auszutauschen". Das habe Preußen aber völlig abgelehnt; es habe den bisher bestandenen Plan, sich nach dieser Seite hin zu arrondieren, aufgegeben und sei nun bestrebt, eine Verbindung seiner brandenburgischen Lande mit den westfälischen herzustellen. Unter diesen Umständen könne der Herzog hoffen, "gegen ein angemessenes Aequivalent das Lauenburgische einzutauschen". Dieser Anregung wurde in Schwerin keine Folge gegeben. In seinem nächsten Bericht vom 30. August lenkte dann Plessen die Aufmerksamkeit des Ministeriums auf die in Mecklenburg gelegenen Besitzungen des Deutschen Ordens. Der Hoch= und Deutschmeister sei zwar bei den Entschädigungen verkürzt, aber der kaiserliche Hof werde nicht eher ruhen, als bis ein genügender Ersatz ausgemittelt worden, wahrscheinlich durch Anweisung verschiedener mediater Stifter. Es sei das vielleicht eine günstige Veranlassung, diese Besitzungen jetzt zu erwerben. Plessen fügte hinzu: "Ich wage es von meinetwegen hier bloß einen Plan in Erinnerung zu bringen, von dem ich weiß, daß er schon vor geraumer Zeit den höchsten Absichten angemessen gewesen." Das fand den Beifall des Grafen Bassewitz, der in dorso des Berichts bemerkte: "Die Güter, die der teutsche Orden in hiesigen Landen besitzt, sind zwar nur klein, indessen möchte Referent allenfalls dahin zu instruiren seyn, so bald er in Erfahrung brächte, daß der teutsche Orden auf andere Art, allenfalls durch Mediatstifter, entschädigt werden würde, dahin anzutragen, daß dem Herzogl. Hause die . . . beiden Güter Frauenmarck und Rosenhagen, wovon der Ertrag ohnehin nur unbedeutend sey, beigeleget würden." 7 ) Aber Graf Bassewitz ging noch einen Schritt weiter und fuhr fort: "Auch sobald die Reichsstadt Lübeck auf eine oder die andere Art bevorzuget würde, darauf anzutragen, daß die Güter Buckow und Warnckenhagen, welche einer milden Stiftung gehöreten, in hiesigen Landen ge=


7) Frauenmark (Amt Gadebusch) war seit 1720, Rosenhagen (Amt Schwerin) seit 1723 im Besitz des deutschen Ordens. Über die Geschichte dieser beiden Güter s. Lisch in den Jahrbüchern 14. Jahrg. (1849) S. 41 ff.
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legen und derenthalben wegen der Landeshoheit Differentien entstanden wären, dem Herzogl. Hause zu Teil würden. Der Herr RegierungsRath Rudloff sind mit der Bewandnis näher bekannt, welche es mit den lezten Gütern hat, und geneigen wol, die Instruction abzufassen."

In dieser vom 10. September datierten Instruktion wird zunächst die befremdliche Tatsache hervorgehoben, daß in dem französisch=russischen Entschädigungsentwurf Mecklenburg überhaupt nicht erwähnt sei, aber die Hoffnung ausgesprochen, daß es gleichwohl nicht ganz ausgeschlossen bleiben werde, und Plessen ausgegeben, "so viel die Lage der Sache nur irgend erlaube, jede sich darbietende Gelegenheit auf das sorgfältigste zu benutzen." "Sollte namentlich" - so heißt es dann weiter - "dem deutschen Orden für den Verlust der überrheinischen Commenderien ein Ersatz an mittelbaren Stiftern zugebilliget werden, so wollen Wir demselben solche zwar in Rücksicht aus die entschiedenen Verdienste des itzigen Herrn Hoch= und Deutschmeisters 8 ) gerne gönnen. Wir können aber dabei unbemerkt nicht lassen, daß der VII. Artikel des Luneviller Friedens einen Anspruch auf solche Entschädigung eigentlich nicht begründet, indem dieser ausdrücklich nur die weltlichen Erbfürsten princes laïques héréditaires), nicht aber die geistlichen (ecclésiastiques usufruitiers) dazu berechtiget."

"Desto weniger können Wir zugeben, daß durch eine solche Ausnahme von der Regel des gesammten ratificirten Friedenstraktats Unsere auf dem XII. Art. § 2 des Osnabrückschen Friedensinstruments 9 ) beruhende ältere Entschädigungsansprüche zurückgesetzt werden. Wir glauben vielmehr die Überlastung der beiden in Unsern Landen belegenen, zur LandComthurei Lucklum der Ballei Sachsen gehörigen mittelbaren deutschen Ordensgüter Frauenmark und Rosenhagen als einen billigen Ersatz um so mehr mit Recht begehren zu können, je gewisser Uns solche als unstreitigem Landesherrn von selbst anheimfallen würden, wenn von dem sonst allgemein einverstandenen SäcularisationsSystem nicht der Deutsche geistliche Ritterorden und dessen Hochmeisterthum durch besondere Begünstigung diesmal ausbeschieden wären."


8) Hoch= und Deutschmeister war Erzherzog Karl.
9) Dieser Paragraph behandelt Familiae Megapolitanae jus in duos canonitatus Argentinenses.
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"Je weniger aber der geringe Ertrag dieser beiden, ohnehin schon Unserer Landeshoheit unterworfenen unbedeutenden ritterschaftlichen Güter im Stande ist, für den so lange entbehrten Genuß aus der obgedachten friedensschlusmäßigen Entschädigung Unser Fürstl. Haus völlig schadlos zu halten, desto eindrücklicher werdet ihr Gelegenheit nehmen, es vorstellig zu machen: Wie Wir wohl gehofft hätten, bei der in Vorschlag gebrachten Säcularisirung des in der Nähe Unsrer Lande belegenen Hochstifts Lübeck und dessen DomKapittels, mit Unsern Entschädigungsansprüchen nicht ganz übergangen zu werden; und wenn Wir gleich aus persönlicher Freundschaft für des regierenden Herzogs von Holstein=Oldenburg Liebd. gerne davon abstrahirten, so würden Wir doch offenbar hinter die Reichsstadt Lübeck zurückgesetzt, wenn diese, die doch aus keine Weise in die Classe der durch den Krieg benachteiligten Reichsstände gerechnet werden und einen Schadloshaltungsanspruch aus dem Luneviller Traktat ableiten kann, bei einer Säcularisirung, nach dem vorliegenden EntschädigungsPlan gewinnen, Unser Fürstl. Haus hingegen ohne Ersatz dafür bleiben sollte."

"Wir verstehen hierunter die Abtretung der Teils in Unsern Ämtern Buckow und Grevesmühlen begriffenen, Teils auf der Insel Poel belegenen und bei deren Überweisung an die Krone Schweden im X. Art. § 6 des Westphälischen Friedens namentlich ausgenommenen PrivatGüter und Dörfer des heil. Geisthospitals in Lübeck 10 ), die wegen ihrer weiten Entfernung von Lübeck dieser milden Stiftung wenig nützen, Uns aber zur Arrondirung Unserer Lande um so wesentlicher interessiren, je anmaßender die Schritte sind, welche der Magistrat gedachter Reichsstadt zum Nachtheil Unserer Landeshoheit über diese HospitalsGüter geltend zu machen bei jeder Gelegenheit versucht."

"Indem Wir euch eine der neueren Veranlassungen dazu aus dem abschriftlich angeschlossenen Schreiben zu ersehen geben, ertheilen Wir euch den angelegentlichen Auftrag: euch dahin bestens zu verwenden, daß, durch die Abtretung jener 6 Dörfer an Uns, zugleich dieser HoheitsStreit für immer beigelegt und der Stadt Lübeck allenfalls überlassen werden möge, aus den eingezogenen KapittelsGütern das Hospital zu entschädigen."

Da sich bei dieser Gelegenheit herausstellte, daß Plessen bei der Reichsfriedensdeputation gar nicht beglaubigt war, so wurde ihm schleunigst ein Kreditiv ausgestellt nach Anleitung


10) Es sind dies Wangern, Seedorf, Brandenhusen und Weitendorf.
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desjenigen, welches bei Gelegenheit des Rastatter Kongresses, auf dem Mecklenburg durch den Grafen Bassewitz vertreten wurde, erteilt worden war.

Inzwischen hatte Plessen am 6. September weiter berichtet: "Es war bisher die Absicht der Deputation, die Ausmittlung der Entschädigungen als den ersten Punkt ihrer Verhandlungen vorher zu berichtigen, ehe Sie in jene allgemeine Bestimmungen, welche die Verfassung des Ganzen normiren, hereingehen wollte. Es hat sich aber hiebey eine doppelte Schwierigkeit gefunden, weil diese erstlich als generelle Betrachtungen schon in dem Plan mit ausgenommen waren, dann aber auch mit den einzelnen Entschädigungen in so genauer Verbindung standen, daß darüber zugleich mußte entschieden werden. Indem man daher gegenwärtig den Plan im Ganzen adoptiret, so treten auch jene allgemeinen Bestimmungen in ihre Wirklichkeit. Bey der Ertheilung der neuen Kurwürden ist dieses schon von Folge gewesen inden neuerlich Würtemberg und Hessen=Cassel dringend angetrieben haben, daß darüber zugleich mit Genehmigung des Plans concludiret werden möchte. Baaden wird sich denen anschließen. Natürlich überheben Sie sich dadurch aller Widersprüche des kaiserl. Hofes, welchen sie sonst gewiß ausgesetzet gewesen. Dieß hat dann Veranlassung gegeben, daß der Russische Gesandte Hr. v. Bühler nach der ihm von seinem Hof gewordenen Weisung für Eure herzogl. Durchlaucht in einem Nachtrag des Plans die KurWürde fordern, und zugleich, wo möglich, darüber wollte abschließen lassen. Er besprach sich deshalb vorgestern Abends mit mir. Ich sah mich daher genöthiget, ihm zu erklären, daß ich mit keiner speziellen Instruction hierüber versehen sey, insoferne ich aber die bisherigen Gesinnungen meines durchlauchtigsten Hofes kenne, so habe derselbe auch noch in Petersburg erklären laßen, daß er diese ihm aus Kaiserlichem Wohlwollen zugedachte Erhöhung nur insoferne zu übernehmen im Stande wäre, als die dadurch verursachten Kosten durch irgend eine angemessene Acquisition, wozu uns die Ansprüche allerdings nicht mangelten, vergütet würden. Herr von Bühler konnte nicht umhin mir seine Bewunderung über diese Mäsigung und Klugheit zu bezeigen, ersuchte mich aber nachgehends bey Euer herzoglichen Durchlaucht darauf anzutragen, daß Höchstdieselben geruhen möchten aufs schleunigste mich mit einer bestimmten und vollständigen Instruction der höchsten Absichten gnädigst zu versehen; er habe von seinem Hofe die Anweisung erhalten, dieses angelegentlich zu bewirken, er könne aber jedoch eher keine

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Schritte machen, als er mit Gewisheit wüßte, daß diese Erhöhung auch angenommen würde. Wenn aber dieses der Fall seyn sollte, so theilte er mir seine Meynung mit über die Art es zu betreiben; er wünschte: Eure herzogl. Durchlaucht möchten durch einen bey der Deputation accreditirten ParticularAbgeordneten mittelst einer zweckmäßigen Vorstellung um die Kurwürde nachsuchen, welche dann bestens von ihm und dem französischen Gesandten unterstützet werden sollte. Wollte aber Mecklenburg auch gegenwärtig sich der KurWürde begeben, so rieth er doch darum einzukommen, daß ihm bei nächster Gelegenheit kein anderer vorgezogen würde. Ich vermuthe daß dieser ganze Vortrag sehr gut gemeinet und Hr. von Bühler nur in Verlegenheit war, wie er die Sache in erste Anrege bringen sollte. Ich erwiederte daraus, daß ich meinem Hofe hiervon freylich genauen Bericht abstatten wollte, wenn er mir aber erlaubte, meine privative Meynung freymüthig zu äußern, so glaubte ich nicht, daß der Hof sich der vorgeschlagenen Weise unterziehen würde, um etwas nachzusuchen, welches er nur der gütigen Fürsorge Sr. Rußisch kaiserl. Majestät verdanken möchte."

"Gestern sagte mir nun Graf Görz 11 ), daß er auch kürzlich angewiesen sey, diese Angelegenheit nachdrücklichst zu unterstützen, desgleichen auch KurBayern. Im Vertrauen ist mir gesagt, daß die französischen Gesandten eben nicht dafür geneigt wären, jedoch dieses nicht, als ob sie ungünstig für Mecklenburg gestimmt wären, sondern nur weil ihnen die Anzahl der neuen Kurfürsten als eine ungerade Zahl bey Deliberationen für angemessener schiene jedoch haben sie ganz bestimmt erkläret, daß sobald von Rußland der Vorschlag für Mecklenburg gemacht würde, sie ihn von ihrer Seite auch eifrigst betreiben wollten. Wenn indessen Euer herzogl. Durchlaucht diese Anträge in weisen Rathschluß gezogen, und bey der gegenwärtigen schnellen Betreibung der Angelegenheiten, auch eine höchste Entschließung bestimmt werden gefaßt haben, so bitte ich in Unterthänigkeit mich darüber aufs baldigste zu instruiren. Ich sehe dieser höchsten Weisung in desto größerer Ungedult entgegen, als es gegenwärtig der wahre Moment ist, die Sache in Vortrag und Unterhandlung zu bringen, sobald Eure herzogliche Durchlaucht noch auf die Kurwürde reflectiren oder auch die Negotiation zu irgend einer Acquisition noch einschlagen möchten. Ich würde in diesem Falle bitten, mir per Estaffette die höchste Reso=


11) Graf Goertz war seit 1787 der brandenburgisch=preußische Komitialgesandte in Regensburg.
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lution zukommen zu lassen, weil man suchen müßte noch vor der völligen Concludirung Höchstdero Angelegenheiten mit darinn begreifen zu lassen. Von den Gesandten der Höfe, welche sich dafür interessiren, werde ich um Auskunft angegangen, weil Sie keine voreilige Schritte machen möchten. Eure herzogl. Durchlaucht werden mir alsdann die Gnade wiederfahren laßen mit der höchsten Willensmeynung in ihrer ganzen Vollständigkeit und Bestimmtheit mich bekannt zu machen. Soferne man den ungewissen Gang der Deputationshandlungen berechnen kann, so glaubt man, wie mir gestern der französische Gesandte äußerte, vorläufig über die Annahme des Plans innerhalb 14 Tagen concludiren, das definitive Conclusum zur Ratifikation an Kaiser und Reich aber nach 4 Wochen abschließen zu können. Ich möchte jedoch glauben, daß manche Hindernisse hiebey wenigstens einen Aufenthalt verursachen werden."

Dieser doch nicht unwichtige Bericht wurde von Plessen seltsamerweise mit der Post gesandt und traf in Ludwigslust erst am 16., in Schwerin am 17. ein, was den Grafen Bassewitz zu der Dorsalbemerkung veranlaßte: "Ich wünschte Ref. hätte diesen Bericht durch Estaffette befördert." Sofort wurde die Weisung an Plessen aufgesetzt, die, da Graf Bassewitz erfuhr, der damals nicht im Lande weilende Herzog werde bis zum 21. in Dresden bleiben, nebst einem herzoglichen Schreiben an den Reichsfriedens=Exekutions=Kongreß zunächst durch Estaffette nach Dresden ging und von dort auf gleiche Weise nach Regensburg gesandt werden sollte. Infolge veränderten Reiseplans verfehlte aber die Estaffette den Herzog sowohl in Dresden als auch nachfolgends in Braunschweig; erst am 26. kehrte er nach Ludwigslust zurück.

Die Weisung an Plessen vom 17. September besagte: "So sehr Wir die damit verknüpften Vorzüge zu schätzen wissen, so würden Wir doch den größten Wehrt der KuhrWürde, wenn sie Unserm fürstlichen Hause verliehen werden sollte, darinn setzen, daß Wir solche der Protektion des Kaisers von Rusland und des Königs von Preußen Majestäten sowie der Verwendung andrer Höfe zu verdanken haben sollen. Wir können Uns daher nicht entschliessen, eher bei der Reichs=Deputation die Verleihung der KuhrWürde nachzusuchen als bis Wir durch solche kräftige Unterstützungen eben des gewierigen Erfolgs Uns völlig versichert halten können, der den mit dem Unsrigen alternirenden übrigen altfürstlichen Häusern lange vor der Eröfnung der ReichsDeputation zugesichert ist. Dazu aber wird nach dem beschränkten Umfang Unsrer Lande und deren verfassungsmäßiger Revenuen

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eine angemessene Vergrößerung derselben erfodert, wodurch Unser fürstliches Haus in den Stand gesetzet werden kann, die mit der KuhrWürde verbundenen Lasten und grösseren Kosten zu tragen. Würde es Uns nun zwar am angenehmsten seyn, wenn sich dazu in der Nachbarschaft Unsrer Lande eine Gelegenheit gegen anderweitige Entschädigung finden wollte, so werden Wir es doch auch mit Dank erkennen, wenn dazu in einer andren Gegend Deutschlands eine Acquisition ausgemittelt, oder im Fall dieses nicht geschehen könnte, wenn Uns eine solche baare Hebung angewiesen würde, wodurch die jährlichen Einnahmen Unsers Hauses einen Zuwachs von 200 000 Rthlr. erhielten. Wir auctorisiren euch, hierüber mit dem Russisch Kaiserlichen Gesandten vertraulich euch zu benehmen und diesen dahin zu disponiren, daß er für das Interesse Unsers fürstlichen Hauses nachdrücklich sich verwende, mithin deshalb Namens seiner Russisch Kaiserlichen Majestät und aus Allerhöchstderoselben eignem Antrieb, in Gemäsheit der ihm ertheilten Instructionen, Vorschläge machen möge. Zugleich habt ihr zu eben dem Zweck die Verwendung des Königlich preussischen und des Kuhrbaierschen Gesandten, die sich gleichfalls beifällig gegen euch geäussert haben, bestens zu reclamiren. Wir schmeicheln Uns um desto mehr, daß bei dieser Gelegenheit auf die Vergrösserung Unsers fürstlichen Hauses wird Bedacht genommen werden, je mehr Uns das Glück einer so nahen verwandtschaftlichen Verbindung mit dem Kaiserlich Russischen Hofe und die gegründeten Foderungen dazu berechtigen, die Wir an das deutsche Reich für die beträchtlichen Opfer zu machen haben, welche für die Ruhe desselben von Unsern fürstlichen Vorfahren gebracht sind."

Das Schreiben an den Reichsfriedens=Executions=Congreß vom 14. September enthielt eine Spezialvollmacht für Plessen: "In dem Augenblick wo, von der vereinigten Weisheit und Standhaftigkeit gegenwärtiger unter reichsoberhäuptlicher allerhöchster Leitung versammleten ausserordentlichen Reichsdeputation, Deutschland die Sicherstellung der Früchte seines Friedens und eine dauerhafte Befestigung seiner Grundverfassung mit so vielem Rechte erwartet, ist auch für Uns und für Unser fürstliches Haus um so viel entscheidender, weil Wir, mit der Vollstreckung des 7ten Artikels des Luneviller Friedenstractats, zugleich zum Genuß eines angemessenen Ersatzes für dasienige Aequivalent zu gelangen hoffen dürfen, welches Unsern fürstlichen Vorfahren im XIIten Artikel § 2 des Osnabrückschen FriedensInstruments schon zugesichert wurde, dessen Wir so lange entbehren mußten

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und das Uns nun durch die Abtretung des linken Rheinufers auf immer entzogen ist. Wir haben deshalb Unsern Comitial=Gesandten Kammerherrn Leopold Hartwig von Plessen zu Unserm ParticularGevollmächtigten ernannt, um bei der bevorstehenden Ausmittelung und etwanigen Modificirung der Reichsfriedensschlusmäßigen Indemnitäten, auch die offenkundigen Ansprüche Unsers fürstlichen Hauses auf eine gerechte Entschädigung für ienen Verlust geltend zu machen. Wir ersuchen Eure Exzellenzen und die Herren auf das angelegentlichste, gedachtem Unserm bevollmächtigten Gesandten und seinen Anträgen und Reclamationen ein geneigtes Gehör zu verstatten, mithin allem, was in Unserm Namen er vorzubringen die Ehre haben wird, vollkommenen Glauben zuzustellen usw."

Eine Abschrift des Plessenschen Berichtes vom 6. September hatte Graf Bassewitz dem damals in Potsdam weilenden Erbprinzen Friedrich Ludwig übersandt, und dieser antwortete unterm 24. September: "Ew. Excellence gütigen Brief habe ich sehr richtig erhalten und nicht gesäumet von den gewogenst mir mitgeteilten Nachrichten Gebrauch zu machen. Ich habe Gelegenheit genommen dem Könige für seine Protection und Verwendung zu danken und ihm dabei geäussert daß wir allerdings wünschen müsten, daß diese uns zu erzeigende Ehre mit reellen Verbesserungen begleitet seyn möge, welches ich für notwendig hielte um den Herzog zur Annahme dieser Würde zu bewegen, welche im anderen Falle für unser Haus zu beschwehrlich seyn würde. Der König antwortete mir hierauf, daß Mecklenburg stets das älteste Haus gewesen sey, und daß er wohl wünschte uns als Cuhrfürst zu sehen. Er meinete, daß eben kein größerer Aufwand nötig sey, welches ich Sr. Majestät nach meiner Ueberzeugung wiederlegte.   . . . Gestern erhielt ich einen Besuch von dem Bayrischen Gesandten dem Chevalier de Bray einem alten Bekannten welcher mir . . . sagte, daß der Churfürst sein Herr sich freue uns bald als seinen Collegen zu sehen, daß er gewiß wüste, daß Rußland ausdrücklich und bestimmt Bayern um seine Mitverwendung gebeten habe. Ich äusserte ihm, daß alles was wir wüsten eben nicht sehr bestimmt sey, daß indessen ich wüste, wie dankbar der Herzog für den Antheil sey den der Churfürst an dieser Sache nehme, daß ich mich schmeichelte daß man auch daran gedacht haben würde uns dieses annehmlich zu machen, indem ohne Verbesserungen es nicht wohl thunlich sey. Er erwiederte daß leider anjetzt schon alles in Beschlag genommen sey und daß man daher Vorschläge thun müste. Ohne ihm im

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geringsten von unsern Wünschen und meinen gethanen Schritten die mindeste Vermutung zu geben, frug ich ihm, ob er glaube daß, wenn . . . der Kaiser von Rußland und der König von Preussen an etwas dergleichen für uns gedacht hätten, der Churfürst uns gleichfalls sein Fürwort geben würde, welches er ausdrücklich bejahete." Dem Herzog teilte Graf Bassewitz diesen Brief des Erbprinzen mit und der Herzog beeilte sich zu erklären: "Den Inhalt des Briefes meines Sohnes billige ich vollkommen. Aber mein Wahlspruch bleibt, kein Churfürst ohne Geld und Land." -

In der Zwischenzeit hatte Plessen, wie aus seinen Berichten vom 20. und vom 23. September hervorgeht, redlich fortgefahren, die Rechte sowohl wie die Ansprüche seines Hofes bei den einflußreichsten Diplomaten der Reichsfriedensdeputation zu vertreten und zu befürworten, hatte mit dem Russen v. Bühler und dem Preußen Grafen Goertz Besprechungen, konferierte mit den Franzosen "Mr. Laforest und nachgehends mit Bürger Mathieu", fand überall günstige Gesinnung, aber wenig Sachkenntnis und suchte letzterem Übelstande durch Überreichung sachkundiger Darlegungen aus Gumpelzhaimers Feder abzuhelfen. Er konnte berichten, daß er in der Deputation glaube auf die Stimmen von Kurbrandenburg, Bayern und Hessen=Cassel rechnen zu können und durch Rußlands Vermittlung auch Wüttemberg und Mainz für das herzogliche Interesse zu gewinnen und somit demselben die Majorität zu sichern hoffe. Die Überlassung der Lübecker Hospitalgüter hatte er mit in Vortrag gebracht, dagegen über die Ordensgüter Frauenmark und Rosenhagen "bei der dermaligen Bewandnis der Sachen nicht für rathsam gehalten schon jetzt etwas zu äußern . . . Die Ansprüche auf Lauenburg" - so heißt es dann weiter - "möchten sich anjetzt nicht geltend machen laßen, da nichts übrig bleibt, welches man dem Hause Hannover, über dessen EigenthumsRechte man ohnedem ziemlich eigenmächtig disponiret hat, zur Compensation anbieten kann. Der niedere Theil vom Bisthum Münster ist einer Menge von Reichsgrafen zugewiesen, und sie finden ihn bey weitem nicht hinlänglich, obgleich die geistlichen Stiftungen darinn ihnen zu gute gerechnet werden sollen. Also ist auch hierauf keine Aussicht mehr vorhanden.    . . . Wenn Eure herzogliche Durchlaucht HöchstSich der angelegentlichen Fürsprache des Russischen Hofes noch in gegenwärtigem Augenblick zu erfreuen hätten und derselbe neben der KurWürde auch eine Vermehrung der Einkünfte bewirken wollte, so sähe ich doch bey gegenwärtiger Lage der Sache sonst kein anderes Mittel hiezu

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mehr übrig, als daß dem höchsten Hause 1 bis 2 Millionen Gulden baares Capital ausgesetzet und dieses denjenigen Fürsten auferlegt würde, deren geistliche Güter in den acquirirten Ländern noch nicht Bestimmung erhalten haben. Und zu solcher Gefälligkeit wäre allerdings Preussen am besten im Stande. Aber ich gestehe, daß dieses ohne die thätigste Intercession des Russischen Hofes unmöglich zu erreichen stehet und erwähne dieses Vorschlags hier nur insofern die erwartete Antwort desselben zu so grossen Hofnungen berechtigen kann."

Die erwähnte Gumpelzhaimersche "Darstellung der Rechte des herzoglichen Hauses in besonderem Betref der beyden Straßburger Canonîcate" vom 18. September lautet:

"Bei den Verhandlungen des Westphälischen Friedens sahen sich des Herrn Herzogs von Mecklenburg=Schwerin Durchlaucht genöthiget, für das gesamte Teutsche Reich die große Aufopferung zu machen, daß Sie, um die Ansprüche der Krone Schweden zu beseitigen, derselben die See=Stadt Wismar, und einen beträchtlichen Theil Ihres Landes, der aus verschiedenen Ämtern bestand, abtraten. Indem die damahligen sehr beschränkten Secularisationen keinen hinlänglichen Ersatz dafür ausmittelten, so wurden dem Herzoglichen Hauße die vortheilhaftesten Aussichten auf künftige Erledigungen gemacht, vors erste aber dafür auf ewige Zeiten zwei evangelische Canonicate im Domstift zu Strasburg im Osnabrückschen Frieden Art. XIII. § 2 ausdrücklich bewilliget. Dem zu Folge sind auch verschiedene Prinzen aus diesem Hauße mehrere Jahre in ruhigem Genuß und Besitz dieser DomherrnStellen gewesen, bis durch die Machtsprüche der ReunionsKammer zu Breisach die gesamten Güther und Einkünfte der protestantischen Domherrn den katholischen beigelegt wurden."

"Die Herren Herzoge wandten sich zu verschiedenen mahlen an das Reich um eine anderweitige Compensation und reservirten sich bei allen Vorkommenheiten Ihre jura. Der lezte Antrag hierüber ist noch den 8. Juny 1791 bei der Reichs=Versammlung zur Dictatur gebracht, und aus Erwähgung Ihrer gerechten Ansprüche wurden der Herr Herzog von Mecklenburg auf dem Rastadter Congreß auch in die Reihe der benachteiligten aufgenommen."

"Die rechtlichen Gründe aus welchen Sie eine Entschädigung erwarten dürfen, sind sehr einleuchtend und mit deutlichen Worten im Westphälischen Frieden begründet. Indem nun von seiten des Reichs das durchlauchtigste Hauß Mecklenburg an eine

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Schadloshaltung gewiesen ist, welche nicht exigible war, und worin es daßelbe nicht schützen konte, so muste das gesamte Reich aus so lange ein Schuldner dieses Hauses bleiben, bis sich eine Gelegenheit zum Abtrag fand. Wenn gegenwärtig durch den Frieden von Luneville die sämtlichen Forderungen im Elsaß abgetreten wurden, so befinden Sr. Durchlaucht der Herzog von Mecklemburg=Schwerin sich in dem Falle, daß Ihnen nach Art. 7 des gedachten Friedensschlußes eine Entschädigung zugesichert ist. Es hieße die Bestimmungen des Westphälischen Friedens angreifen, wenn man die Ansprüche dieses Hauses nicht darunter rechnen wollte."

"Zur Ermäßigung des gegenwärtigen Ersatzes aber müßte man das große Opfer in Anschlag bringen, welches das Herzoglich Mecklemburgische Hauß damahls der allgemeinen Ruhe brachte. Durch diese zu damahliger Zeit an den Tag gelegte Denkungsart kann daßelbe bei nunmehr neu zu berichtigender Ordnung eine seiner Würde anständige Entschädigung erwarten. Es läßt sich nicht in Zahlen ausdrücken, welche Inconvenienzen, selbst Beschränkungen der Landeshoheit, es hat, mitten in seinen angestammten erblichen Ländern einer fremden Macht ein beträchtliches Gebieth einzuräumen. Wolte man sich aber auch hier in Berechnungen einlaßen, so wäre der Abgang aller Einkünfte während des langen Zeitraums von anderthalb Jahrhunderten freilich eine gute Veranlaßung große Summen in Anrechnung zu bringen. Hiezu käme noch ferner mit Recht, daß fast in dieser ganzen Zeit, und während so kostspieliger KriegesJahre fortdauernd der hohe MatricularAnschlag ohne Abrechnung der abgetretenen Districte auf die Herzoglichen Lande mit starker Last geruhet hat."

"Des Herren Herzogs von Mecklenburg=Schwerin Durchlaucht setzen daher Ihr gänzliches Vertrauen auf die weisen Einsichten und die gerechten Erwähgungen einer hochansehnlichen außerordentlichen ReichsDeputation, so wie auf die erhabendsten Gesinnungen der beiden höchsten vermittelnden Mächte, daß Selbige zur Ausgleichung richtiger Verhältniße für diesen bezeichneten Verlust einen angemeßenen Ersatz auszufinden geneigen werden, welches um desto thunlicher seyn wird, da sie bei Abgang von unmittelbahren Besitzungen sich allenfals durch mittelbahre entschädigen zu laßen bereit erklähren."

"Jedoch können des Herrn Herzogs Durchlaucht hiebey den Wunsch nicht unterdrücken, daß in der Bestimmung dieser ge=

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rechten Entschädigung einige PrivatGüther mit einbegriffen würden, welche das Hospital zum heiligen Geist in Lübeck mitten in Mecklenburg besitzet, und die, wegen ihrer weiten Entfernung von Lübeck dieser milden Stiftung wenig nützen, dem Herzoglichen Interesse zur Arrondirung Dero Lande aber um so wesentlicher sind, je anmaßendere Schritte der Magistrat gedachter Reichsstadt zum Nachtheil der Landeshoheit über diese HospitalGüther geltend zu machen bei jeder Gelegenheit versucht. Da die Reichsstadt Lübeck auf keine Weise in die Klaße der durch den Krieg benachteiligten Reichsstände zu rechnen stehet, so möchte es derselben in diesem Falle überlaßen werden, aus den eingezogenen KapitelsGüthern das Hospital zu entschädigen."

"Je gewißer das Bestreben einer hochansehnlichen außerordentlichen ReichsDeputation auf jenes große Ziel gerichtet ist, die teutsche Verfaßung nach den notwendigen neuen Grundlagen auf die richtigen Verhältniße der vorzüglichen Mitglieder unter sich, und auf die gleichmäßige Erhaltung ihrer Kräfte zu begründen, um desto zuverläßiger darf Unterzeichneter darauf vertrauen, daß bei diesen hohen Ratschlägen das Interesse seines Durchlauchtigsten Hofes nach gerechten Rücksichten gewürdiget werde."

Neben diesem Pro Memoria möge auch die "Kurze Darstellung der herzoglich Mecklenburgischen Ansprüche" vom 20. September trotz mancher Berührungspunkte mit jenem mitgeteilt werden:

"Es gehört mit zu den schwer zu erklärenden Schicksalen, welche die Geschichte des herzoglichen Hauses Mecklenburg aufstellet, daß dasselbe gerade in solchen Augenblicken, wo es die wichtigsten Opfer für das teutsche Reich dargebracht hat, indem es aus Bescheidenheit schwieg, wo Thaten für es sprachen, in der Reihe derer, denen die Erkenntlichkeit des Vaterlandes Ersatz zusichert, beynahe ganz vergessen, oder wenigstens zu einer Zeit in Erinnerung gebracht worden, wo nur mehr die Ausdrücke der Dankbarkeit die notwendige Vergütung als unerfüllte Schuld darstellten und ihm blos die Hofnung übrig ließen, in der Zukunft seine Entschädigung gewiß zu erhalten."

"Ganz vorzüglich beweiset sich diese traurige Erfahrung für das herzogliche Haus seit den Westphälischen Friedens=Unterhandlungen und es ist unerläßliche Pflicht gegen die Nachkommenschaft gegenwärtig in einem Zeitpunkt darauf aufmerksam zu machen, da eine gänzliche Umänderung in Teutschland alle An=

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sprüche, die Recht und Gerechtigkeit diesem Fürstenhause bisher auf versprochene Reichs=Güter und anerkannte Obliegenheiten gegeben, aufhebt und in fremde Hände überträgt. Selbst die ausgezeichnetste stete Regenten=Grosmuth kann da nicht schweigen, wo auch jedem Nachkommen die Mittel genommen werden, sein Recht, wann er will, geltend zu machen. Eine kurze Übersicht obiger Erfahrungen für das Haus Mecklenburg wird diese Vorstellung rechtfertigen; möchte Sie auch dazu dienen können, der bescheidenen Tugend ihr Recht zu verschaffen."

"Die Ruhe des Vaterlandes konnte auch bey den Westphälischen Friedensunterhandlungen nur durch die Entschädigung der großen und fremden Mächte herbeygeführet werden. Schweden verlangte den Meerhafen Wismar, dann die Schanz, der Wallfisch genannt, und die beyden Aemter Poel und Neukloster nebst allen Zugehörungen und man sahe wohl, daß es von dieser Forderung nicht abzubringen wäre."

"So schwer und beynahe unmöglich dem damaligen Herzog von Mecklenburg es ward, dieses FriedensOpfer für Teutschland zu bringen, da es ihm die wichtigsten Besitzungen seines Landes entriß, so mußte er doch endlich nachgeben und opferte solche für die Ruhe des Vaterlandes hin."

"So rechtsbegründet aber nun die Ansprüche auf ein Aequivalent für solchen Verlust waren, so gab man dem Herzog Hofnung, die Bisthümer Minden und Osnabrück, so wie eine zwar sonst schon aus Familien=Pacten denen Herzogen rechtlich zustehende Anwartschaft auf das Herzogtum Sachsen=Lauenburg, friedensschlußmäsig dafür ins Werk zu setzen, ertheilte ihm jedoch zuletzt nur in der That einen Theil seiner zu fordern gehabten Vergütung, indem man die Bißthümer Schwerin und Ratzeburg säcularisirte und dem Herzog übrigens in der Verlegenheit, worinn man sich befand, ein gehöriges Aequivalent für dieses Fürstenhaus aufzufinden, in dem Art. XIII. § 2 des Oßnabrücker Friedens zwey Canonicate in dem Dohm zu Strasburg erblich anwies."

"Herzog Adolph Friedrich zu Mecklenburg genehmigte in Ermangelung anderer Surrogate diesen Vorschlag aus Liebe für seine Familie um so mehr, als der Straßburgische Gesandte sich gegen den Mecklenburgischen geäußert hatte, daß die Einkünfte zweyer dortiger Canonicate denen des Stifts Ratzeburg gleich wären. Im. Jahre 1649 gelangte man endlich zu dem Besitz jener Canonicate und wurde in den Besitz des Bruderhofs zu

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Straßburg und des halben Dorfes Lampertheim nebst Appertinentien eingewiesen."

"Aus dem herzoglichen Hause Mecklenburg wurden die jüngern Söhne des Herzogs Adolph Friedrich, nahmentlich die Prinzen Carl, Johann Georg, Gustav Rudolph, Friedrich und Adolph Friedrich theils zugleich, theils nacheinander als Domherren zu Strasburg recipirt und die drey ersteren blieben es bis an ihren Tod. Die Kriegsunruhen veranlaßten jedoch, daß die anderen Herzoge sich von da entfernten."

"Der nachherige Nimweger Friede änderte jedoch nichts an ihrem Besitzrecht und selbst da im Jahre 1681 die Stadt Strasburg übergeben worden, accordirte Frankreich unter andern auch dem Bruderhof mit seinen Beamten, Gebäuden und Appertinentien vollkommene Amnestie. Allein die katholischen Dohmherren suchten diese Gelegenheit zu benutzen, die protestantischen aus dem Besitz zu drängen."

"Die Herzoge von Mecklenburg verlangten daher im Jahre 1681 von dem Reichstage Schutz und Einsetzung und da die damaligen Zeiten so mißlich für dort waren, so begehrten Sie im Jahre 1685, indem sie diese Bitte wiederholten, von der Reichsversammlung eine anderweite Compensation."

"Dieses Gesuch stellten Sie seit der Zeit bey jeder Gelegenheit an das Reich und verwahrten zugleich die ihnen aus dem Westphälischen Frieden zukommenden Befugniße."

"Nahmentlich wurde am 8. Juny 1791 bey der Reichsversammlung von ihnen ein Pro Memoria übergeben und dictiret, welches der verewigte Kaiser Leopold II. noch mit unter die Gegenstände seiner damaligen Verwendungen bey Frankreich aufgenommen und zugleich im Jahre 1792 darauf der Reichsversammlung als eine vorzügliche BeschwerdeSchrift nebst der abschlägigen französischen Antwort mittheilte."

"Alle übrigen seitherigen Reichsberathungen beweisen, mit welcher Mäsigung indessen Se. herzogliche Durchlaucht von Mecklenburg=Schwerin, nur das Wohl des Vaterlandes vor Augen habend, Ihre eigenen Stimmen abgegeben und nur mit ruhiger Gelassenheit Ihre Rechte in Erinnerung brachten."

"Dieß thaten Sie auch noch besonders am 15. Februar 1798 zu Rastadt, indem Sie der Reichsdeputation Ihre Erwartung zu erkennen gaben: ,daß, wen einmal sich über die Grundsätze von Entschädigung der Benachteiligten werde vereinbaret werden, dieselbe sich das besondere Interesse des herzoglichen Hauses dem

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bestehenden Reichsverbande gemäs durch eine nunmehrige Ausmittlung einer gleichgeltenden Schadloshaltung für Ihre beym Westphälischen Frieden ausgeopferten altfürstlichen Besitzungen statt der darinn angewiesenen und nun über hundert Jahre schon entbehrten zweyen erblichen CapitularStellen in dem Dohm zu Strasburng, auf eine ihrer Gerechtigkeit und BilligkeitsLiebe entsprechende Weise werde angelegen seyn lassen'."

"Die anerkannt unhinlängliche Entschädigung der Herzoge bey dem Westphälischen Frieden, die seit mehr denn hundert Jahren leidende Entbehrung des Genußes zum Theil auch dieser, durch Entrathung der zwey Canonicate in Strasburg, ist es aber nicht allein, welches den Anfangs vielleicht gering scheinenden Schaden der Herren Herzoge in die Reihe eines eben so bedeutenden Verlustes, als einer nahmhaften dringenden Forderung an das Reich stellt, welches ihm bisher keine andere Compensation angewiesen. Dazu kömmt noch folgende Betrachtung:"

"Bey der Abtretung dieser Lande an Schweden war es ganz natürlich, daß auch die Obliegenheit davon die Reichslasten zu entrichten, an die Krone Schweden überging und ein im Jahre 1691 ratificirtes Reichsgutachten verordnete dieses ausdrücklich. Inzwischen wurden in den damaligen so viele Reichsgeschäfte übrig gelassenen Zeiten die Herzoge gleich anfangs von kaiserlicher Majestät ersucht, einstweilen bis auf einem niedersächsischen Kreistag die gehörige Überschreibung geschehen könne, diese Quote zu den Reichssteuern ferner auch von den abgetretenen Besitzungen auszulegen. Die Herzoge thaten dieses aus Liebe und Achtung für Aufrechthaltung der Reichsordnungen. Allein, wer hätte es denken sollen, sie machten, da kein Kreistag seit der Zeit zu Stande kam, diese Auslage bis zum Jahre 1794, mithin weit über 100 Jahre und da sie solche nun verweigerten, setzte das Kammergericht sie dafür in Rückstand an und der Herzog war genöthiget am Reichstage zu erklären, daß man ihm nicht zumuthen könne, ferner diese fremde Bürde zu tragen und die Reichsversammlung die gehörige Insinuation des Reichsschlußes vom Jahr 1691 an das Kammergericht reichsverfaßungsmäsig bewerkstelligen möge."

"Für Ruhe und Ordnung des Reichs erlitt daher das herzogliche Haus Mecklenburg seit dem Westphälischen Frieden gedoppelt einen beständigen jährlichen Verlust!"

"Und in dem Augenblick, wo alle jenseits Rheins liegenden Besitzungen und Rechte an Frankreich abgetreten werden, wo alle

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Erbfürsten für den Verlust, den sie dabey erleiden, friedensschlußmäsig entschädiget werden, wo selbst der auf dem rechten Rheinufer gelegene dos Cathedralis ecclesiae Argentinensis zu solchem Behuf angewandt und einem seiner Mitstände als Ersatz für gleichfalls erlittenen großen Verlust angewiesen worden, sollte Mecklenburgs keine Erwähnung geschehen? Dieses schiene der Gerechtigkeitsliebe und der pflichtmäsigen Sorgfalt zu widersprechen, mit welcher das teutsche Reich denen erblichen Mitständen für Ihre für das Vaterland gebrachte Opfer Entschädigung verspricht und mit der auch der großmüthigste Fürst sich nur gegen seine Nachkommen rechtfertigen und beruhigen kann."

"Ein hoher ReichsfriedensCongreß wird daher auch gewiß ein Gesuch dieser Art von Sr. herzoglichen Durchlaucht mit gewohntem Eifer für Recht und Wahrheit aufnehmen und seinen Vollmachten gemäs auch für das durchlauchtige Haus Mecklenburg, welches sich allerdings in dem Fall des 7. Artikels des Luneviller Friedens befindet, als Folge der in diesem Frieden gemachten Abtretungen einen daraus entstehenden Verlust zu leiden und die für die evangelischen Canonicate zu Strasburg angewiesenen und bisher gewahrten Besitzungen nunmehr vollends ohne weiteren Rechtsanspruch ganz zu verlieren, eine seinem Verluste und seinen langen Aufopferungen für das Vaterland gemäse Entschädigung ausmitteln." -

"Bey dieser Gelegenheit, da von den Entbehrungen die Rede ist, welche das Haus Mecklenburg im Reich erlitten, dürfen wir auch nicht der durch die Erbverbrüderungen von 1431 und 1518 gerechtfertigten und von Mecklenburg bey dem kaiserlichen Reichshofrath gegen jede Ansprüche längst feyerlichst verwahrten Rechte aus Sachsen=Lauenburg vergessen, die selbst die Reichsstände bey den Westphälischen FriedensUnterhandlungen für es geltend zu machen suchten. Es ward dieses Land indessen, da mehrere Ansprüche kamen, im Jahre 1716 blos provisorisch und Salvo petitorio et cujuscunque jure einstweilen dem Herzog von Braunschweig als Niedersächsischen KreisDirektor zu Lehen übertragen, da derselbe es vorher zur Ruhe für das Reich besetzet hat, und auf diese Weise besitzt KurBraunschweig es noch heutzutage."

"Auf eben solche Art lies Mecklenburg sich auch bey Gelegenheit der 1778 erfolgten Beylegung der bayerischen Erbfolgestreitigkeiten durch täuschende Hofnungen eines hinlänglichen Ersatzes mittelst eines ihm sogleich zu ertheilen versprochenen

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Privilegii de non appellando illimitati seine Ansprüche auf die Landgrafschaft Leuchtenberg bisher entziehen, welche durch eine dem Herzog Heinrich von Mecklenburg vom Kaiser Maximilian I. im Jahre 1502 darauf ertheilte Anwartschaft begründet sind. Indessen gab dieses Fürstenhaus seine Forderung so lange noch nicht ganz auf und wahrte sie nahmentlich noch bey dem WahlConvent zu Frankfurth vom Jahre 1790 bis daß das ihm im Teschner Frieden zugestandene privilegium de non appellando illimitatum ausgefertiget seyn wird."

"Diese beyden Ansprüche auf Lauenburg und Leuchtenberg zeugen eben so sehr von den Verdiensten des Hauses Mecklenburg für das Reich, da dasselbe jede unruhige Zeit vorbeystreichen lies, ohne dem Vaterlande mit seinen gerechten Bitten und Forderungen beschwerlich zu fallen, als die gegenwärtigen so wichtigen Umänderungen in Teutschland den Wunsch abdringen, daß über alles dieses nunmehr definitive entschieden und das herzogliche Haus Mecklenburg zu seinen Rechten und Besitzungen reichsfriedensschlußmäsig gelangen möge."

Unterm 1. Oktober wurde die Zufriedenheit des Herzogs mit Plessens Berichten und Gumpelzhaimers Aufsätzen ausgesprochen und weiter gesagt: "Da des Kaisers von Rusland Majestät höchsteigenhändig versichert haben, Unserm herzoglichen Hause bey dieser Gelegenheit nützlich werden zu wollen: so können Wir nicht bezweifeln, daß der dortige Russisch Kaiserliche Gesandte mit bestimmten Instructionen werde versehen werden, und hoffen, daß er sich immittelst werde bereit finden lassen, das Interesse Unsers Hauses jnn Betracht der nahen Verwandtschaft mit dem Russisch Kaiserlichen Hofe beßtens zu befördern, und durch seine Verwendung kräftigst zu unterstützen, als warum ihr denselben angelegentlichst zu bitten habet."

Die Unterhandlungen wegen der mecklenburgischen Entschädigungen hatte unterdessen Plessen ununterbrochen fortgesetzt und konnte am 27. September berichten, daß er die Abtretung der in Mecklenburg belegenen Lübecker Hospialgüter und die Bewilligung von ein paar mediaten Abteien "unter dem Vorwande, damit die dem teutschen Orden in Mecklenburg gehörigen Güter eintauschen zu können" bestimmt beantragt habe, daß ihm beides zugesagt worden sei und er sich dabei auch der Befürwortung durch den französischen Gesandten erfreue. Laforest habe ihm gesagt, daß Frankreich geneigt sei, dem Hause Mecklenburg einige Vorteile zuzugestehen, "daß solche aber in den Augen aller so sehr inter=

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essierten Mitbewerber auch hinlänglich motiviret seyn müßten; die in Anrege gebrachten Canonicate wären eigentlich kein Gegenstand wofür Entschädigung gefordert werden könne, weil es blos geistliche Rechte wären, für welche nach dem Luneviller Frieden kein Ersatz geleistet würde, auch wäre in der vorgelegten Deklaration nie auf geistliche Rechte Rücksicht genommene er riethe daher als Motiv zu gebrauchen, weil des Herrn Herzogs Durchlaucht für diesesmal der KurWürde sich begäben und dagegen andere Fürsten von gleichen Range sie erhielten." Plessen habe ihn hinsichtlich der Rechte Mecklenburgs vom Gegenteil zu überzeugen gesucht; die Kurwürde anlangend sei er noch gar nicht instruiert, da jedoch der russische Hof sie für den Herzog begehre, so werde Bühler darüber bessere Auskunft geben können. Mit Mathieu habe Plessen täglich Besprechungen gehabt; wegen der vom Herzog verlangten mediaten Abteien habe er Mathieu vorgeschlagen, es sollten dem Herzoge die sämtlichen in Osnabrück belegenen mediaten Stiftungen überlassen werden, um dagegen von Kurhannover das Amt Neuhaus und den Strich des Lauenburgischen zwischen Elbe und Rögnitz einzutauschen, habe aber hören müssen, daß über diese Stifter schon anderweitig verfügt sei. In dieser Hinsicht begegne Plessen übrigens auch dem Widerspruch des Grafen Goertz, "vermuthlich wegen des beabsichtigten Austausches von einem Theile von Hildesheim gegen diesen Theil von Osnabrück". Seufzend fügt Plessen hinzu: "So weit verflochten ist das Interesse jedes Einzelnen und bey jedem Schritte stößt man auf dasselbe." Um indessen einigermaßen sicher zu gehen, habe er Mathieu "eine Liste von einträglichen, noch nicht öffentlich vergebenen Abteyen überreicht, woraus er die für den Herzog zu bestimmenden wählen sollte." In dem nächsten Bericht vom 30. September heißt es dann: "Gegenwärtig sind mir über die beyden . . . Gegenstände, welche ich zur Enschädigung vorgeschlagen, die bestimmtesten Versprechungen von den beyden vermittelnden Gesandten gemacht worden. Mediate geistliche Güter selbst können nicht vergeben werden, weil denen Landesherren, welchen sie zufallen, die Disposition darüber bleibt, allein man hat mir doch Hofnung gemacht, mit 9-10 000 Gulden auf sehr gelegene Art angewiesen zu werden. Diese Entschädigung, welche nur für die Canonicate geschieht und dieselben doch bey weitem aufwiegt, wird zugleich im Nachtrag des Entschädigungs=Planes festgesetzt."

Diese beiden Berichte vom 27. und 30. September befriedigten in Schwerin sehr und unterm 8. Oktober wurde Plessen das

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"gnädigste Wohlgefallen" des Herzogs darüber ausgesprochen, daß er "die Entschädigung wegen der Canonicate durch Beilegung der Lübeckschen Hospital=Dörfer und der Güter des teutschen Ordens unmittelbar bei der französischen Gesandtschaft nachgesucht habe". Zugleich wurde Plessen angewiesen, "sich angelegentlichst dahin zu verwenden, daß die Entschädigung für die Canonicate durch mediate geistliche Güter oder anzuweisende bare Hebung verbessert werde, weil die Aufkünfte der vorbesagten Güter und Dörfer nur äußerst geringfügig sind". Aber wie schleppend und bedächtig auch die Arbeiten der Reichsfriedenskommission fortschreiten mochten - eine Tatsache, die in eben diesen Tagen den Ersten Konsul Bonaparte veranlaßte, der französischen Gesandtschaft durch einen Kurier seine Unzufriedenheit mit dem langsamen Geschäftsgange auszusprechen - so gab es doch in Regensburg beständig neue Kombinationen und fast von Posttag zu Posttag hatte Plessen von plötzlichem Stimmungswechsel und veränderten Situationen zu berichten, durch die seine Anweisungen überholt wurden. Kaum war das Schreiben vom 8. an ihn abgefertigt, so mußte er am 9. melden, daß trotz seiner "äußersten Anstrengungen" es nicht möglich gewesen sei, irgendwelche beträchtliche Vorteile für das herzogliche Haus zu erlangen. Das würde sich nur haben machen lassen, wenn seine Bemühungen durch den russischen Gesandten unterstützt worden wären. Allein Bühler habe erklärt, seine Instruktionen beschränkten sich darauf, für den Herzog die Kurwürde zu fordern; "auch auf die Beilegung von einträglichen Acquisitionen zu drängen, dazu müsse er vermöge des Verhältnisses zum französischen Hofe erst gemessene Befehle seines Hofes erwarten". Auch mit dem preußischen und dem bayerischen Gesandten habe Plessen sich dieserhalb besprochen "und von beyden die Zusicherung erhalten, daß sie wegen Erteilung der Kur=Würde allen möglichen Beistand leisten wollten, aber nicht im Stande wären, die verlangte Vermehrung der Einkünfte zu verschaffen." "Beyde Theile" - fügt Plessen hinzu - "sind vielmehr am stärksten beym Gegentheil interessirt, weil fast nur auf ihre Kosten dieses Verlangen durchgesetzet werden kann." Was übrigens die Kurwürde anlange, so möge der Herzog geruhen, seine endgültige Entschließung auch für den Fall, daß keine weiteren Vorteile damit verbunden seien, in den nächsten 14 Tagen bis 3 Wochen auf das bestimmteste Plessen zugehen zu lassen. Der habe für den Fall der Annahme mit Bühler bereits Verabredungen über

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die Einleitung dazu getroffen, für die es zwei Wege gebe: der Kaiser von Rußland könne entweder an das gesamte Reich die Erklärung ergehen lassen, er hoffe, daß das Reich ihm in Anerkennung seiner Verdienste um dasselbe den Wunsch erfüllen werde, ein ihm so nahe verwandtes Haus gleichfalls zur Kurwürde zu erheben, oder aber er wende sich direkt an den Deutschen Kaiser und bewirke von da aus die Ernennung. Beide Wege seien für das Haus Mecklenburg gleich ehrenvoll und jedenfalls besser, als wenn der Herzog diese Erhöhung gleichsam aus den Händen der Franzosen empfange. Zwar seien die französischen Minister auch bereit, diese Anträge zu unterstützen, hätten aber ihrer in der Deklaration nicht gern Erwähnung tun wollen, um nicht dem Deutschen Kaiser Gelegenheit zu geben, alsdann noch mehrere katholische Kurfürsten zu begehren und diese Würde für den Großherzog von Toscana zu fordern.

Trotz dieses wenig ermutigenden Berichtes seines Gesandten wollte der Herzog, wie aus seiner Weisung an Plessen vom 15. Oktober erhellt, die Hoffnung nicht ausgeben, daß nicht durch Verwendung des russischen Hofes neben der Kurwürde eine angemessene Vergrößerung ausgemittelt werden könne, da ohne einen Zuwachs an Land und Leuten er sich außerstande sehen würde, die mit der neuen Würde notwendig verbundenen größeren Ausgaben zu tragen. Sollte das unüberwindlichen Hindernissen begegnen, so werde er sich allenfalls mit der Anweisung einer hinlänglichen Summe Geldes oder einer sicheren jährlichen Aufkunft begnügen müssen. Ein Nachtrag zu diesem Reskript besagt dann: sollte Mecklenburg diesmal bei Ernennung von Kurfürsten anderen fürstlichen Höfen nachstehen müssen, so möge wenigstens dagegen eine Entschädigung an barem Gelde ausgemittelt werden. Mit dieser mit aller möglichen Vorsicht und Delicatesse zu machenden Äußerung habe aber Plessen erst dann vorzugehen, wenn er die volle Überzeugung gewinne, daß die Kurwürde mit annehmlichen Bedingungen und Zugaben nicht zu erhalten sei.

An demselben 9. Oktober aber, an dem Plessen in so resigniertem Ton nach Schwerin berichtet hatte, konnte er einen zweiten, wesentlich günstigeren Bericht absenden, des Inhaltes, daß er "durch geheime Negotiationen näher zum Ziel gelangt sei und einige Entschädigungen ausgesetzt worden seien. Diese beträfen erstens die in Mecklenburg und auf der Insel Poel gelegenen Lübecker Hospitalgüter und zweitens als Ersatz für die Kanonikate die Anweisung von 10 000 Gulden jährlicher Rente

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auf die Osnabrückschen Stifter, die zum Eintausch des hannoverschen Amtes Neuhaus dienen solle. Dieser letztere Zusatz sei allerdings lästig und werde Auseinandersetzungen zwischen Mecklenburg und Kurhannover nötig machen. Auf diesen Punkt einzugehen vermied das Reskript vom 16. Oktober, welches sich damit begnügte, Plessen die besondere Zufriedenheit des Herzogs mit seinem Verfahren in dieser Sache auszusprechen und ihn damit beauftragte "denjenen, durch deren Vermittlung ihr die zugebilligte Entschädigung für die so lange entbehrten Canonicate bewürkt habet, Unsere Danksagung bestens zu erstatten." Brieflich fügte der Herzog bei Rücksendung der "expeditions nach Regensburg" an das Ministerium hinzu: "Ich hoffe daß noch vieles zu meines Hauses Nutzen zu machen ist. Indeßen ohne Geld und Land, kann mir die Churwürde nichts helfen."

Beides zu beschaffen blieb man auch fernerhin redlich bestrebt. Den Bemühungen des Erbprinzen Friedrich Ludwig in Berlin war es - wie er glaubte - gelungen, den König von Preußen günstig dafür zu stimmen; vom Kaiser von Rußland behauptete er, daß er sich in Paris eindringlich für Mecklenburg verwende, und Plessen harrte mit Ungeduld auf die Antwort des Ersten Konsuls. Er sah mit Besorgnis, daß binnen kurzem durch den förmlichen Schluß der Reichsdeputation jeglichem Teil seine Entschädigung würde zuerkannt und dann schwerlich eine nachträgliche Änderung zu bewerkstelligen sein. Nur zwei Möglichkeiten schienen sich ihm - wie er nach Schwerin berichtete - noch darzubieten: im Niederstift Münster seien noch Veränderungen beabsichtigt, und bei der Gelegenheit könne dem Herzog vielleicht eine Rente von 50-60 000 Talern verschafft werden; oder aber: es möge der Stadt Bremen, der durch die Aufhebung des Elsflether Zolles beträchtliche Vorteile erwachsen seien, die Zahlung von einer Million an Mecklenburg auferlegt und sie dafür von der Rentenzahlung entbunden werden, die man jetzt von den Reichsstädten verlange. Aber keiner dieser beiden Vorschläge fand die Billigung des Ministeriums. Eine Rente von 50-60 000 Talern würde nicht hinreichen, um die mit der Kurwürde verbundenen Kosten anders als mit der größten Einschränkung zu tragen, und die Anweisung einer Million auf die Stadt Bremen wäre ungenügend zur Acquisition der Herrschaft Wismar, über die man damals mit Schweden verhandelte, und bei weitem nicht so annehmlich wie eine Vergrößerung an Land und Leuten. Inzwischen hatte der Herzog auch schon etwas anderes ins Auge gefaßt. Dem Herzog von Oldenburg waren nämlich als Entschädigung für den Elsflether Zoll die nieder=

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münsterschen Ämter Kloppenburg und Vechta zugedachte er aber hatte ein größeres Interesse am Fortbestehen des Zolles und betrieb in Berlin und Petersburg die Rückgängigmachung der Aufhebung. Wenn es ihm gelang, das durchzusetzen - und in Schwerin hielt man das für wahrscheinlich -, so fiel natürlich jeder Grund für eine Entschädigung fort, die beiden Ämter wurden frei, und die hoffte Herzog Friedrich Franz sich dann beigelegt zu sehen und hatte bereits den Erbprinzen beauftragt, sich deswegen mit dem russischen Gesandten Alopeus in Verbindung zu setzen. Davon wurde denn Plessen unterm 28. Oktober in Kenntnis gesetzt und ihm aufgetragen, sich bei den Gesandten der Höfe, die die Interessen Mecklenburgs zu befördern angewiesen seien, bestens dahin zu verwenden, daß diese Absicht in Erfüllung gehe.

Aber das war nicht leicht. Denn Plessen meldete alsbald, daß, sollte der Elsflether Zoll wirklich fortbestehen, der Herzog einen sehr starken Konkurrenten auf die beiden niedermünsterschen Ämter Kloppenburg und Vechta in der Person des Kurfürsten=Reichserzkanzlers habe, der leider von allen Parteien begünstigt werde, um ihm die zwar zugesicherten, aber bisher noch nicht fundierten Renten von 350 000 Gulden zum Teil auszumitteln. Auch noch nach einer anderen Seite hin erhöben sich Schwierigkeiten. Der hannoversche Gesandte erhalte von seinem Hofe den Befehl, aller Belegung des Bistums Osnabrück oder der mediaten Stifter desselben förmlichst zu widersprechen. Zwar habe Plessen von den Gesandten der vermittelnden Mächte die bestimmteste Zusage erhalten, daß alsdann die für Mecklenburg ausgesetzte Rente Von 10 000 Gulden auf eine andere Anweisung begründet werden solle, aber auf welche, das sei noch ungewiß. Diese osnabrücksche Rente aber sollte, wie wir sahen, zur Erwerbung des Amtes Neuhaus dienen; deshalb sprach der Herzog den Wunsch aus, daß sie von Bestand bleibe, wies aber Plessen an, "in dem unerwünschten Fall, daß dieses unmöglich sei, dafür zu sorgen und durch Verwendung der vermittelnden Mächte zu bewirken, daß diese Rente, oder statt deren das Capital auf andere Stifter oder deren Besitzer, allenfalls auf eine der benachbarten Reichsstädte angewiesen werde." Der eigentliche Macher unter den Diplomaten der vermittelnden Mächte war übrigens Mathieu, und um diesen, von dem bekannt war, daß er wertvolle Geschenke zu schätzen wisse, bei guter Laune zu erhalten, ließ ihm der Herzog durch Plessen um diese Zeit eine "goldene blau damascirte Dose mit Brillanten und oval buntem Gemälde" im Wert von 300 Louisd'or überreichen.

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Aber zur selben Zeit machte der Herzog die trübe Erfahrung, daß er sich in seiner Rechnung auf die werktätige Unterstützung der beiden Höfe, von denen er alles erwartete, Preußens und Rußlands, getäuscht hatte. Gewiß, beide waren bereit, ihm zur Erlangung der Kurwürde behilflich zu sein, aber den von ihm so heiß begehrten Zuwachs an Land und Leuten wollten oder konnten sie ihm nicht verschaffen. Das ging aus Plessens Bericht vom 11. November mit aller Deutlichkeit hervor. Daher also das andauernde, von Bühler selbst als unbegreiflich bezeichnete Ausbleiben der Instruktionen aus Petersburg, daher das hinhaltende Benehmen des Grafen Goertz. In diesem Bericht hieß es: "Indem ich gestern Abends schon die durch einen französischen Courier überbrachte Nachricht wegen des Elsflether Zolles . . . in Erfahrung brachte, so glaubte ich hieraus Veranlassung nehmen zu können, um mich von der Stimmung derjenigen Höfe, auf deren Verwendung Ew. herzogliche Durchlaucht vorzügliche Rechnung machen müßen, im voraus zu überzeugen. Der Russische Gesandte v. Bühler beharret auf seiner Meinung, daß er ohne die bestimmten Befehle seines Hofes keinen so wichtigen Antrag thun dürfe, dessen Erreichung ohnedem, bei der gegenwärtigen Unzulänglichkeit des EntschädigungsFonds äußerst schwierig seyn würde. Auch durch ein Schreiben, welches Herr von Bühler vor ein paar Tagen von Herrn von Alopaeus aus Berlin erhielt, ist er auf keinen anderen Gedanken gebracht. Obgleich er mir deßen Inhalt nicht anvertrauet, so ist mir der Zufall so günstig gewesen zu erfahren, daß darin die Abschrift eines Briefes des Rußischen Ministers Grafen Worontzoff an Herrn von Alopaeus mitgetheilt ward, welche ungefähr dahin lautet: er hielte nicht dafür, daß die Ausgaben des herzoglichen Hauses Mecklenburg durch die Annahme der Churwürde besonders vermehrt würden, und daß daßelbe daher von den Vorzügen welche man ihm dadurch wolte zu Theil werden laßen, auch ohne weitere Acquisition Gebrauch machen könte; fände sich jedoch Gelegenheit demselben noch etwas zuzuwenden, ohne dadurch den Plan zu derangiren, oder die schon genommenen Maaßregeln zu verändern, so mögte er darauf Rücksicht nehmen.' Ich will nicht entscheiden ob dieser Brief nicht auch eine günstige Deutung litte, aber so viel weiß ich, daß er eben keinen besonderen Eindruck hervorgerufen hat. Der Preußische Gesandte von Görtz hat mir geäußert, wie er Vermöge seiner Instruction nur die von Rußland für das Herzogliche Interesse gemachten Vorschläge bestens unterstützen solle, und solches auch mit Vergnügen thun würde, die förmlichen An=

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träge deshalb aber, welche in der gegenwärtigen Bedrängniß sehr vieles Aufsehen machen würden, von seiner Seite zuerst zu thun, sey er nicht angewiesen. Endlich hat mir auch noch der Churbaierische Gesandte von Rechberg mit Freimütigkeit gestanden: daß er wegen des eigenen Intereße seines Hofes eher dahin stimmen müste, daß die beiden Ämter im Niederstift Münster, im Falle der Erledigung, angewandt würden, die große Masse der Rentenzahlungen zu vermindern. Ich bin bemühet gewesen, von diesen Gesinnungen mir die möglichste Kenntnis im voraus zu verschaffen, um nicht, durch täuschende Erwartungen hingehalten, die, vielleicht für den Augenblick noch möglichen, Mittel zu verabsäumen. Sollte ich nach der Uebersicht, welche die hiesigen Verhältniße gewähren, mir einen unterthänigsten Vortrag erlauben, so würde ich als einen zweckdienlichen Versuch anrathen: daß man sich von seiten Ew. Herzoglichen Durchlaucht noch izt unmittelbar an des Rußischen Kaisers Majestät mit dem Ansuchen wenden mögte, daß in dem Falle der Beibehaltung des Elsflether Zolles die beiden Ämter Kloppenburg und Vechte dem Durchlauchtigsten Hause, unter Erlangung der Churwürde, beigelegt, und daßelbe dadurch mit anderen verwandten Häusern wieder in gleichem Range gesetzet würde. Wenn dieses Schreiben per Estaffette besorgt würde, so könte es noch zu rechter Zeit in Petersburg eintreffen."

Das Ministerium trat der Ansicht Plessens bei. Freilich nicht einstimmig, vielmehr gab Rudloff ein Separatvotum ab: "In der an Ueberzeugung grenzenden Besorgnis, daß alle auf Vergrößerung abzielenden Anträge und Versuche nur auf Abwege hinführen, die izt nicht mehr zu erreichen sind, inhärire ich . . . dem treudevotesten Wunsche: daß die KuhrWürde (um von dem gegenwärtigen, nimmer wiederkehrenden Augenblick doch einigen Nutzen für die Zukunft zu ziehen) ohne alle Bedingung pure anzunehmen, das übrige aber Gott und der Zeit zu überlassen hochstgefällig werden mögte." Aber über dieses Votum hinweg erging unterm 19. November ein Promemoria an den Herzog des Inhalts: Aus dem Plessenschen Bericht ersehe man, daß sowohl der preußische als der russische Gesandte, allen Versicherungen durch andere Quellen entgegen, noch immer Anstand nähmen, das Interesse des herzoglichen Hauses dadurch zu befördern, daß Sie bestimmt auf Beilegung des Amtes Willershausen - von dem bisher noch gar nicht die Rede gewesen war - und der Ämter Kloppenburg und Vechta auf den jetzt wahrscheinlich eintretenden Fall antrügen, wenn der Herzog von Oldenburg sie nicht annähme und der Elsflether Zoll von Be=

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stand bliebe. Sollte der Herzog nicht etwa noch immer hoffen, daß Bühler die bestimmte Instruction erhalten werde, zugleich mit der Kurwürde eine Vergrößerung an Land und Leuten und namentlich die Beilegung der genannten Ämter nachzusuchen, so dürfte es sich empfehlen, eine solche Instruction für Bühler noch jetzt durch ein mit Estaffette zu beförderndes Schreiben des Erbprinzen an den Kaiser zu bewirken, da sonst über die Ämter anderweitig verfügt und dadurch dem herzoglichen Hause es unmöglich gemacht würde, die Kurwürde mit der beträchtliche und den gegenwärtigen Umständen ganz und gar nicht angemessene Ausgaben und Aufwendungen verbunden sein würden, anzunehmen. Ein gleicher Schritt möge auch in Berlin gethan, Plessen aber von allem benachrichtigt und dahin instruiert werden, daß er sowohl Bühler als Goertz ersuche, den Antrag wegen der Kurwürde nur in Verbindung mit dem auf Vergrößerung des herzoglichen Hauses zu stellen, da der Herzog dazu bei beiden Höfen die niedermünsterschen Ämter für den Fall in Vorschlag gebracht habe, daß der Herzog von Oldenburg deren Annahme unter den gestellten Bedingungen ablehne.

Der Herzog stimmte dem Promemoria bei und beauftragte den damals in Hamburg weilenden Erbprinzen mit der Abfassung der an den Kaiser von Rußland und den König von Preußen zu richtenden Schreiben, die beide am 21. November an ihre Adresse abgingen.

In der Zwischenzeit hatte Plessen zu berichten, daß die französische Regierung dem Protest des Königs von England gegen die Belegung der osnabrückschen Stifter mit einer Rente zum Vorteil des Herzogs keine besondere Bedeutung beimesse und der Meinung sei, der König werde schließlich seine Einwilligung nicht verweigern; auch die neueste Instruktion der französischen Gesandten berechtige sie nicht, den Stiftern diese Belastung abzunehmen. In dem Supplement des Entschädigungsplanes bleibe es daher bei der bisherigen Anweisung, nur sei der Vorbehalt gemacht: sauf à prendre des arrangemens ultérieures entre les puissances médiatrices et le Roj d'Angleterre. Dagegen sei der Zusatz wegen des Amtes Neuhaus gestrichen, um die Einwilligung des Königs nicht zu erschweren, und das habe Plessen geschehen lassen müssen. Das schlimmste sei nur, daß die Entschließung des Londoner Hofes sich sehr verzögern und dadurch alle weiteren Schritte aufhalten dürfte. Weiter heißt es in dem Bericht, der Lübecker Abgeordnete, Senator Rodde, könne die Abtretung der Hospital=

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güter, deren Wichtigkeit er nicht müde werde zu schildern, gar nicht verschmerzen. Im Geheimen sei er bemüht, seine Stadt von der Verbindlichkeit gegen Mecklenburg, alljährlich einen Martensmann dorthin abzuschicken, zu befreien und wolle dies in das Supplement aufgenommen haben, mit der Motivierung, es sei das eine auf den abgetretenen Dörfern ruhende Servitut. Glücklicherweise habe Plessen davon Wind bekommen und die Aufnahme in das Supplement verbeten. Sollte übrigens, wie es beabsichtigt sei, von den vermittelnden Gesandten mittels einer Note an Plessen das Ansuchen an den Herzog ergehen, die Stadt Lübeck von dieser Obliegenheit zu befreien, so gedenke er den Irrtum in der Begründung Roddes darzutun, im übrigen aber sich dahin zu äußern, daß der Herzog wohl geneigt sein werde, sich darüber mit der Stadt Lübeck in Güte auseinanderzusetzen. Letzteres bestätigte die nächste Instruktion für Plessen vom 25. November, in der zudem ausgeführt wurde: der Ertrag der Hospitaldörfer sei nur geringfügig und bestehe größtenteils nur in Naturalien; die Servitut des Martensmannes aber habe mit diesen Dörfern gar nichts zu tun, sei vielmehr eine der Stadt Lübeck unmittelbar, nicht dem Hospital zur Last stehende uralte Servitut. 12 )

Am 18. November meldete Plessen, daß "nach der Bestimmung des Plan général und in Gemäßheit des dazu in der Note explicatoire gemachten Zusatzes" der Herzog nunmehr berechtigt sein werde, von den Lübecker Hospitaldörfern in Mecklenburg und auf der Insel Poel am 24. November Besitz zu ergreifen und vom 1. Dezember an "die sämtlichen Aufkünfte


12) Die Stadt Lübeck war verpflichtet, alljährlich am Martini=Tage (10. November) nachmittags nach 1 Uhr eine Tonne oder ein Ohm rheinischen Mostes durch einen Ratsdiener unter vielen Ceremonien an das herzoglich mecklenburgische Hoflager in Schwerin zu liefern, woher der Überbringer auch der "Martensmann" genannt wurde. Was diese Mostlieferung zu bedeuten hatte, darüber findet sich keine bestimmte Nachricht, es wird in früheren Zeiten nur wiederholt gesagt, daß die Lieferung ein "alter" Gebrauch sei, und es ist gewiß, daß die "Entstehungszeit schon im 16. Jahrhundert nicht mehr bekannt" war. Es wird angenommen, daß sie ein Zeichen der Anerkennung, eine Recognition für irgend eine Oberherrlichkeit, ein Hoheits= oder Schirmrecht war, wie denn in der Tat mecklenburgische Fürsten mehrfach (nachweislich zuerst Fürst Heinrich II. 1291) die Schirmvogtei der Stadt Lübeck übernommen haben. Die Sendung des Martensmannes ward 1817 durch Staatsvertrag zwischen dem Großherzog Friedrich Franz I. und der Stadt Lübeck aufgehoben. S. Lisch im 23. Jahrg. der Jahrb. f. meckl. Geschichte und Altertumskunde (1858) S. 81 ff.
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davon zu beziehen und jede eigenthümliche Verfügungen darin zu treffen." Es würde damit allenfalls, besonders aus nachbarlicher Rücksicht, nur die vorgängige Anzeige hierüber an die Reichsstadt Lübeck mit Bezugnahme auf den durch die Beschlüsse der Deputation anerkannten Entschädigungsplan zu machen sein. Weit weniger erfreulich war dagegen der Bericht vom 6. Januar 1803, der besagte, daß der kurhannoversche Gesandte Ompteda wiederholt den gemessenen Befehl bekommen habe, unter keinerlei Bedingung die aus die geistlichen Stiftungen in Osnabrück gelegte Rente von 10 000 Gulden für den Herzog zu übernehmen. Die französische Gesandtschaft habe zwar gehofft, daß auf den von ihrer Regierung geäußerten Wunsch hin die Sache sich mit dem englischen Ministerium leichter als mit dem hannoverschen werde abmachen lassen, nun aber habe Plessen eben von Laforest erfahren, daß dieser schon lange darüber nach Paris berichtet, aber noch keine Antwort erhalten und den Eindruck gewonnen habe, daß man in Paris bei den Verhältnissen mit England die Sache nicht gern berühren wolle. Plessen habe erwidert, daß die Garantie der vermittelnden Mächte jedem einzelnen Teile die Erfüllung der gemachten Zusicherungen verschaffen müsse, aber im weiteren Verlauf der Unterredung erkannt, daß man in Paris nicht gewillt sei, ein ernstliches Ansinnen deswegen an England zu stellen. Der hannoversche Gesandte aber habe ein Promemoria darüber ausgearbeitet, um sich durch eine förmliche Verwahrung und Protestation zu decken. "Bey so bewandten Umständen" - fährt Plessen fort - "konte ich im voraus übersehen, daß Ew. Herzoglichen Durchlaucht ein Recht zugestanden war, was vielleicht niemals in Ausübung gesetzt werden konte; denn so lange es nicht dahin gebracht war, daß die Hannöversche Regierung sich einverstanden erklährte, konte man überzeugt seyn, daß nie eine Zahlung von ihr erfolgen würde. Dem französischen Gesandten war es jedoch, wie ich merkte, sehr unangenehm: daß eine förmliche Protestation gegen einen in der Deklaration enthaltenen Punkt, deren Gegenstand dazu weniger bedeutend, welche überdem die einzige in ihrer Art, und gerade von seiten Englands, eingelegt werden sollte. Ich benuzte diese Stimmung, um ihm den Vorschlag zu machen: ich wolle Herrn von Ompteda vermögen, gedachtes Pro Memoria nicht einzureichen, wenn die beiden vermittelnden Minister mir ihre persönliche Versicherung gäben, daß im Falle der Londoner Hof nicht zur Zahlung der angewiesenen Rente vermogt werden könte, man anderweitig aus eben dem Fonds, welchen man zu Bestreitung der nur im allgemeinen festgesetzten Renten anschaffen müßte,

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dafür sorgen wolle. Dieses ist mir denn auch zugestanden, und ich glaube dadurch das Herzogliche Interesse wenigstens nach der Lage der Umstände bestmöglichst wahrgenommen zu haben. Herr von Ompteda aber hat sich mit der Versicherung der beiden Minister begnügt: daß sein Hof nur in so fern er in die Zahlung dieser Rente willigen würde, dazu verbindlich seyn solle."

Weiter besagt Plessens Bericht: Bühler habe ihm tags zuvor mitgeteilt, er sei von Petersburg benachrichtigt, daß der russische Gesandte in Paris, Graf Markof, den Auftrag bekommen habe, neuerdings die Verleihung der Kurwürde an den Herzog zu beantragen. Markof habe bereits dieserhalb mit Talleyrand Rücksprache genommen und Talleyrand habe geantwortet: die Sache sei gegenwärtig schwieriger, weil der kaiserliche Hof die Vermehrung der ohnehin schon überwiegenden Zahl protestantischer Kurfürsten ungern genehmigen werde, auch heiße es, daß der Herzog die Kurwürde nicht annehmen werde; sollte das aber doch sein, so werde er sich gern bestens darum bemühen. Markof habe nun Bühler empfohlen, sich auch in Regensburg dafür zu verwenden. Von einer mit der Kurwürde zu verbindenden Vergrößerung der herzoglichen Lande sei allerdings dabei nicht die Rede gewesen und Bühler sehe auch gar keine Möglichkeit dazu. Plessen werde nun aber dringend ersucht, ihm die Entschließungen des Herzogs auch für den Fall, daß keine anderweitigen Vorteile mit der Kurwürde verbunden seien, bestimmt zu verschaffen, um den russischen Hof "nicht durch überflüssige Demarchen zu compromittiren".

In der darauf erfolgten Instruktion vom 14. Januar wurde ausgesprochen, der Herzog könne die Erfüllung der unter Garantie der vermittelnden Mächte ihm zugesicherten Rentenzahlung nicht bezweifeln und die Gesandten der vermittelnden Mächte würden darauf halten, "daß diese öffentlich gegebene Zusicherung nicht unkräftig werde". Dann aber hieß es: "Hoffentlich wird der Russisch Kaiserliche Minister annoch von seinem Hofe dahin instruiret werden, mit der Churwürde für Unser Haus eine Vergrösserung Unserer Lande nachzusuchen. Sollte das Letztere nicht geschehen und sollten nicht etwa andere beträchtliche Vortheile für Unser Haus zu bewirken sein: so können Wir Uns nicht entschliessen, die Churwürde anzunehmen. Wir überlassen es euch dieses dem Russisch Kaiserlichen Gesandten Baron von Bühler vertraulich zu eröfnen." -

Gewiß hatte die Reichsdeputation die besten Absichten hinsichtlich der Rente für den Herzog und die übrigen noch ent=

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schädigungsberechtigten Fürsten. Aber die Beschaffung derselben wurde immer schwieriger. England beharrte auf seiner Weigerung, die osnabrückschen Stifter damit belegen zu lassen. Nun berichtete Plessen unterm 31. Januar, daß man darauf verfallen sei, neue Rheinzölle anzulegen, und daß man sich mit der Hoffnung schmeichle, "daß die französische Regierung bey dem Abgang anderer Mittel diese neuen Zölle bewilligen werde" - worauf Graf Bassewitz unter dem Bericht ängstlich bemerkte: "Wenn nur die Rente nicht auf die Rheinzölle angewiesen wird!" Plessen wurde daher unterm 11. Februar dahin instruiert: "Da bis jetzt noch keine definitive Bestimmung wegen der Rente von 10 000 Gulden eingegangen ist: so empfehlen Wir euch hiemit gnädigst, euch nochmals bestens bei den Gesandten der vermittelnden Mächte dahin zu verwenden, daß Unserm Herzoglichen Hause statt dieser Rente die beiden in Unsern Landen belegenen Güter des teutschen Ordens Frauenmark und Rosenhagen überlassen werden, und dagegen die Unserm Hause versicherte Rente von 10 000 Gulden dem teutschen Orden angewiesen werde, welches dem Interesse beider Theile angemessen seyn würde." Und nachdem Plessen am 7. Februar gemeldet hatte, daß, "da die Anlegung der neuen Rheinzölle fast die einzigste Aussicht zur anderweitigen Begründung der bewilligten Rente von 10 000 Gulden eröffne", er beizeiten seine Anträge darauf gerichtet und von den vermittelnden Gesandten die entsprechende Zusage erhalten habe, sprach sich Graf Bassewitz am 18. dahin aus: "Die Anweisung der Rente auf die Rheinzölle ist nicht die angenehmste, und es dürfte demnächst darauf Bedacht zu nehmen seyn, mit dem deutschen Orden einen Handel wegen Überlaßung der beiden in hiesigen Landen belegenen Güter, oder sonst mit einem Reichsfürsten, vielleicht Heßen Cassel, einen AversionsHandel gegen Auszahlung eines Capitals zu schließen."

Am 10. Februar machte dann Plessen die Anzeige, daß die Rente von 10 000 Gulden nun wirklich angewiesen sei; 13 ) er pries das als einen Vorzug vor der früher bewilligten, "daß ihr wirklicher Abtrag nicht von fremdem Gutdünken abhängig ist." Zugleich hatte er über den Elsflether Zoll zu berichten. Dessen Fortbestehen hatte, wie wir sahen, der Herzog von Oldenburg gewünscht; als dann seinen Wünschen entsprochen werden sollte, wollte er sich plötzlich damit nicht mehr begnügen, sondern


13) Diese Rente wurde 1812 für 90 000 Taler an Hessen=Darmstadt verkauft. S. Jahrbb. 65 S. 201 f.
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verlangte daneben noch die Beilegung von zwei oder wenigstens einem der niedermünsterschen Ämter, und hatte dafür die Zustimmung des Kaisers von Rußland zu gewinnen verstanden; Bühler war vor ein paar Tagen durch Estaffette aus Petersburg angewiesen, "daß den Wünschen des Herzogs von Oldenburg hiebey in jedem Falle ein Genüge geschehen und wenn er die Beybehaltung des Zolles begehre, ihm daneben der verlangte Ausfall ersetzet werden solle." Das widerspreche, wie Plessen bemerkt, der von Markof in Paris abgegebenen Erklärung, und demgemäß würden die Franzosen "sich wenigstens sehr schwierig finden lassen". Dieser Gegenstand bleibe daher in Regensburg einstweilen ausgesetzt, um die Unterhandlungen in Paris abzuwarten. "Sollte man" - fährt Plessen fort - "dann in Petersburg noch gesonnen sein, die übrig bleibenden ein oder zwey Aemter dem Herzog beyzulegen, so müßte diese Forderung zu gleicher Zeit mit jenem Arrangement aufs eifrigste in Paris betrieben werden. Es sind sonsten sehr viele Competenten dazu, welche nur auf die Entscheidung warten und sehr gute Connexionen in Paris haben." Gleich nach Eingang dieses Berichtes, am 8 Februar, wurde dann Plessen aufgegeben, sich bei Bühler "nochmahl dahin zu verwenden, darauf anzutragen, daß die Aemter, welche für des Herrn Herzogs von Oldenburg Liebden bestimmt gewesen sind, Denenselben aber, wenn Sie den Elsflether Zoll beibehalten, nicht werden zu Theil werden, Unserm Herzoglichen Hause beigelegt werden."

Indessen scheinen dem Ministerium doch allmählich starke Zweifel gekommen zu sein, ob die vom Herzog gewünschte Vergrößerung von Land und Leuten, von der er noch immer die Annahme der Kurwürde abhängig machen wollte, durchzusetzen sei, und so lenkte es seinen Blick auf einige andere für Mecklenburg vorteilhafte Dinge, die einen gewissen Ersatz für die Rangerhöhung bilden konnten. In einem Promemoria vom 19 Februar wird ausgeführt, ob nicht vielleicht darauf Bedacht zu nehmen sei, durch russische Vermittlung dem herzoglichen Gesamthause das ihm im XV. Artikel des Teschener Friedensschlusses vom 13. Mai 1779 14 ) zugesicherte Privilegium de non appel=


14) Der Art. XV lautet: Finalement, Sa Majesté l'Impératrice-Reine interposera volontiers, conjointement avec Sa Majesté Prussienne, ses bons offices auprès de Sa Majesté l'Empereur, pour le porter à accorder à la Maison Ducale de Mecklembourg le privilège de non appellando illimité, lorsqu'elle l'aura demandé selon l'usage. Dies Privileg der uneingeschränkten Befreiung von der Appellation an (  ...  )
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lando illimitatum zu verschaffen, "welches sonst eine Folge der Erhebung in den Churfürsten=Stand seyn würde", und sodann den günstigen Zeitpunkt, "wo andere altfürstliche Häuser sich mehrere Stimmen aus dem Reichstage verschafft haben," dahin zu benutzen, daß dem herzoglichen Hause eine neue Stimme wegen der Herrschaft Rostock beigelegt werde. 15 ) Diese Vorschläge fanden den vollen Beifall des Herzogs. "Denn erhalten Wir obiges" - antwortete er am 22. Februar - "so haben Wir doch die reellen Vorzüge der Churwürde, ohne die großen Beschwehrlichkeiten davon zu tragen." Daraufhin erging noch demselben Tage die betreffende Weisung an Plessen, deren Eingang allerdings noch dahin lautete: "Sollte wider alles Erwarten Unsere Hoffnung fehlschlagen, durch Russisch Kayserliche Vermittelung eine solche Vergrößerung Unserer Lande zu bewürken, welche es Uns unbedenklich machen kann, Uns um die Churwürde zu bewerben: so usw."

Wenige Tage nachdem Plessen über den Rheinzoll und die niedermünsterschen Ämter nach Schwerin berichtet hatte, sandte in derselben Sache auch Gumpelzhaimer einen Bericht. Er be=


(  ...  ) die Reichsgerichte sollte eine Entschädigung sein für die Nichtbefriedigung der nach Aussterben der männlichen Linie des kurfürstlich bayerischen Hauses 1777 mecklenburgischerseits erhobenen Ansprüche auf die Landgrafschaft Leuchtenberg, auf die Kaiser Maximilian I. im Jahre 1502 dem Herzog Heinrich V. dem Friedfertigen eine Anwartschaft erteilt hatte. Dieses Privilegium aber ist niemals expediert worden, denn schon am 12. April legten die Ritterschaft und die Stadt Rostock Protest dagegen ein und übergaben, als der Kaiser am 8. August die Sache an die Reichsversammlung gelangen ließ und ein Gutachten forderte, am 30. Oktober bezw. 2. November eine anderweitige Darlegung ihrer Widersprüche. Allein am 11. April 1781 erfolgte im Reichshofrat ein Konklusum: das Gesuch und "die Appellation der Ritterschaft und der Stadt Rostock findet nicht anders statt als in den Beschwerden über das Verfahren der Landesherren". Herzog Friedrich veranstaltete darauf einen Konvokationstag zur Einrichtung des Oberappellationsgerichts, dessen Verhandlungen aber trotz weitgehender Konzessionen der Regierung namentlich an die Ritterschaft ergebnislos blieben, und als am 12. Februar 1785 der Reichshofrat das Konklusum vom Jahre 1781 bestätigte, ergriff die Ritterschaft das Rechtsmittel der Revision der Akten, die aber ungeachtet eines vom Herzog Friedrich Franz bei Gelegenheit des Wahlkonvents in Frankfurt 1790 erbetenen und wirklich erlassenen empfehlenden kurfürstlichen Kollegialschreibens an den Kaiser nicht vorgenommen ist. S. darüber Hagemeister, Versuch einer Einleitung in das Mecklenburgische Staatsrecht S. 134 ff. und Aepinus, Die Geschichte von Mecklenburg Bd. III S. 359 f.
15) Mecklenburg=Schwerin hatte auf dem Reichstage zwei Stimmen: eine vom Herzogtum Schwerin und eine vom Herzogtum Güstrow. S. Hagemeister a. a. O. S. 307 f.
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dauerte, daß die Erwerbung des Amtes Neuhaus durch die Anweisung auf den Rheinzoll von dieser Seite vernichtet sei, meinte aber, die Sache lasse sich wohl noch auf andere Weise machen, "wenn von Petersburg aus in Paris eine gewünschte Bevorziehung des Herzogs zu erkennen gegeben werde." Zwar sollten ja dem Herzog von Oldenburg neben dem Fortbestehen des Elsflether Zolles noch ein oder zwei Ämter, nämlich Kloppenburg oder Vechta oder auch alle beide beigelegt werden, aber das hannoversche Amt Wildeshausen bleibe dann, allein oder mit einem jener beiden Ämter, zur weiteren Verfügung, und Gumpelzhaimer wisse "aus sehr guter geheimer Quelle", daß die vermittelnden Mächte es nicht an Hannover zurückkommen lassen wollten. Wenn nun Alopeus oder Markof instruiert würden oder bewogen werden könnten, das was von den Ämtern übrig bleibe, für den Herzog zu verlangen, so werde zweifellos der Erste Konsul "in seiner Einwilligung dazu gerne einen neuen Beweis seiner Hochachtung gegen den Russischen Monarchen ablegen". "Würde man herzoglicher Seits" - so schloß Gumpelzhaimer - "diese Idee etwa dadurch erleichtern wollen, daß, indem man diese Acquisitionen zu Austauschung des Amtes Neuhaus zu wünschen erklärte und dagegen ein Anerbieten zur Übernahme einer Rente für die Reichsgrafen machte, so schiene mir die Ausführung dieser Idee um so mehr möglich, da am Ende vielleicht ein solches Auskunftsmittel getroffen und dem Herrn Herzog von Oldenburg alle jene Aemter gegen Übernahme einer solchen Rente noch allein zuerkannt werden dürften."

Dieses Schreiben fand im Ministerium nicht ungeteilte Zustimmung. Zwar Graf Bassewitz "wünschte, daß der durchlauchtigste Erbprinz sich zu entschließen geruhen mögten, diesen Plan, der Serenissimi bisherigen Wünschen und Absichten gantz entspricht, dem Herrn von Alopäus, vielleicht auch dem Herrn von Markoff, brieflich zur Unterstützung zu empfehlen". Brandenstein dagegen votierte: "Mir scheint dieß theils etwas zu künstlich zu seyn, theils noch zu sehr bloß in den sanguinischen Hoffnungen des vom treuesten DienstEifer beseelten Referenten zu liegen; ein Schreiben an die Gesandten halte ich nicht von großer Wirkung, und von dem einen glaube ich, daß er zu sehr im Interesse des Herzogs von Oldenburg ist. Ich möchte fast am liebsten, daß wir uns noch ruhig verhielten, und alles auf den Kayser ankommen ließen." Aber die Ansicht des Grafen Bassewitz drang durch, und der Erbprinz ließ sich bereit finden, sowohl an Alopeus in Berlin als auch an Markof in Paris zu schreiben, und zwar wegen der Kurwürde und wegen der niedermünster=

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schon Ämter. Ob freilich dieses Schreiben einen Erfolg haben würde, mußte zweifelhaft erscheinen, denn die sehnlichst erwartete Antwort aus Petersburg blieb nach wie vor aus, und am 28. Februar teilte Plessen mit, es sei zwar eben ein Kurier aus Petersburg gekommen, aber Bühler habe ihn auf Ehrenwort versichert, daß er keine Anweisung erhalten habe, für den Herzog eine Acquisition oder sonstige Vorteile nachzusuchen, und daß seines Wissens derartige Aufträge auch nicht nach Paris ergangen seien. Plessens Meinung ging nun dahin, daß unter diesen Umständen Unterhandlungen in Regensburg ganz nutzlos seien und vielleicht nur in Paris unmittelbar bei der französischen Regierung noch zweckdienlich betrieben werden könnten. Auch in seinem nächsten Bericht vom 10. März empfahl er direkte Verhandlungen in Paris; dort, und zwar dort ausschließlich, werde gegenwärtig die Angelegenheit des Elsflether Zolls betrieben und nach Bühlers Äußerungen werde der Herzog von Oldenburg wahrscheinlich alle drei Ämter bekommen. Und am 14. März meldete er: es sei gar keine Aussicht mehr auf Erlangung eines der niedermünsterschen Ämter vorhanden, denn auf anhaltendes Bemühen des Grafen Markof habe die französische Regierung die Übertragung derselben an den Herzog von Oldenburg zugestanden, und bei der dermaligen Lage der Dinge werde sich schwerlich ein Gegenstand auffinden lassen, der für den Herzog in Anspruch genommen werden könnte; er erbitte nun weitere Verhaltungsmaßregeln wegen der Kurwürde.

Daraufhin ließ der Herzog dem Ministerium durch den Erbprinzen erklären, er werde die Kurwürde allenfalls auch ohne Gebietszuwachs annehmen, und Plessen wurde beauftragt, Bühler zu ersuchen, daß er "die Churwürde für Unser Herzogliches Haus, der höchsten Absicht des Kaysers von Rußland gemäß, nachsuche und deshalb die erforderliche Einleitung mache". Der Benachrichtigung an das Ministerium, daß er die Weisung an Plessen am 26. März mit Estaffette abgesandt habe, fügte der Herzog dann noch hinzu: "Ich habe diesen Entschluß endlich nach vielfacher Prüfung und Erwegung doch fassen müssen, in dem die Vortheile für das beste und die Aufrechterhaltung des Hauses, zu lezt bey mir Überwiegender wurden, Als diejenigen Gründe, die Gewiß sehr triftig dagegen sind, wo von mein Sohn das beste Zeuchniß ablegen kann. Indeßen da mein HofStaat groß genung ist, und das Militair so lange wie keine außerordentliche Einnahme sich zeigen sollte, auf dem jeztigen Fuß durchaus bleiben soll, so hat auch dieß meinen Entschluß befestigt. Dieß Militair kann vieleicht eine andere Dislocation ohne erhöhung

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der Ausgabe doch leiden. Ich schreibe dieß mit willen damit mann nicht vieleicht Über mir, da ich sehr das Militair liebe im publico Ausstreuen könne daß Nun eine Vermehrung der Truppen entstehen Würde. Ihrer beyden fernern Sorgfallt und treuen berathschlagung trage ich auch hiedurch für die Zukunft daß Wohl meines Hauses und Vaterlandes Aufs neue auf. Ich werde auch in dem neuen Stande derjenige bleiben, der ich stets bisher gewesen, und Unterstüzt durch ihren stets Aufrichtig gemeinten Rath, das beste und die Wohlfarth meines landes zu befördern helfen." Daß er nunmehr die Kurwürde anzunehmen entschlossen sei, teilte dann der Herzog sowohl dem Herzog von Mecklenburg=Strelitz als auch dem König Friedrich Wilhelm mit und bat letzteren, den Grafen Goertz anzuweisen, daß er gemeinsam mit Bühler die erforderlichen Schritte tue. In diesen Tagen traf denn auch Markofs Antwort auf den Brief des Erbprinzen ein. Er bestätigte, was man schon wußte, daß es für Anträge auf Gebietsvergrößerungen zu spät sei; was hingegen die Kurwürde anlange, so habe er die erforderlichen Schritte bei der französischen Regierung getan, damit diese Laforest in Regensburg beauftrage, sich genau den Maßregeln anzuschließen, die von russischer Seite in dieser Sache ergriffen werden sollten. Der Erbprinz antwortete und erbat Markofs weitere Bemühungen in Sachen der Kurwürde; er schrieb auf Plessens vom Herzog gebilligten Vorschlag in demselben Sinne auch an Bühler und an den russischen Gesandten in Wien, den Grafen Rasumowski.

Am 19. April antwortete König Friedrich Wilhelm. Er verhieß dem Herzoge seine tatkräftige Unterstützung, sprach aber im übrigen sein Bedauern aus, daß dessen endgültige Entschließung nicht schon früher erfolgt sei, denn im gegenwärtigen Moment - so fürchte er - werde man am Wiener Hofe auf Widerstand stoßen. Ähnliche Besorgnisse hatte, wie aus Plessens Bericht vom 4. April hervorgeht, Graf Goertz schon vor einiger Zeit geäußert: er hatte gemeint, daß "gerade vonseiten des kaiserlichen Hofes der Konferierung der Kurwürde noch eine Schwierigkeit im Wege stehe, welche leicht in ein wirkliches Hindernis ausarten könne". Denn der Kaiser verlange zur Parität der Konfessionen im Kurfürstenkollegium noch immer, daß auch der Hoch= und Deutschmeister zum Kurfürsten erhoben werde; das aber könnten Frankreich und besonders Preußen nicht zugeben, weil alsdann drei Brüder aus dem Erzhause Österreich im Kurkollegium säßen. Plessen berichtet dann weiter, er sei mit Bühler dahin übereingekommen, daß dieser im Namen

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des Kaisers von Rußland bei der Reichsversammlung "als Preis für seine Bemühungen um die gegenwärtige und zukünftige Wohlfahrt des Reichs" die Kurwürde für den Herzog fordern solle, und diese Forderung werde wohl so leicht keinem Widerspruch ausgesetzt sein. Auch der französische Gesandte sei angewiesen, den Wünschen des russischen Hofes in dieser Hinsicht beizutreten, und Plessen werde Laforest ersuchen, den russischen Antrag durch eine eigene Note zu unterstützen. Und das alles solle sofort geschehen, sobald die am 25. Februar abgeschlossenen und am 24. März von der Reichsversammlung genehmigten Beschlüsse der Reichsfriedensdeputation auch vom Kaiser ratifiziert seien. Dabei sei aber vorausgesetzt, daß auch vonseiten des Herzogs die erforderlichen Schritte getan würden, die in besonderen Anschreiben an den Kaiser und die einzelnen Kurfürsten und in der Abordnung eines Spezialgesandten an den kaiserlichen Hof zur weiteren Nachsuchung beständen. Demgemäß wurden denn in Schwerin ungesäumt die Anschreiben, mit deren Abfassung Rudloff beauftragt worden war, ausgefertigt und Plessen für die Mission nach Wien bestimmt, "da es ihm" - wie es in dem Promemoria des Ministeriums vom 15. April heißt -"am leichtesten sein wird, sich von Regensburg aus mit den erforderlichen Empfehlungen zu versehen und Nachrichten von demjenigen zu erhalten, was dabei zu beobachten sein möchte, auch die Kosten der Mission dadurch beträchtlich werden verringert werden." -

Am 27. April war das kaiserliche Ratifikationsdekret erfolgt, und Plessen hatte, wie er unterm 28. berichtete, alsbald Bühler und Laforest gebeten, nunmehr mit ihren ofiziellen Anträgen vorzugehen. Bühler hatte, "obgleich nur unter etlichen Bedenklichkeiten", wie Plessen hervorhebt, versprochen, seinen Vortrag womöglich bis zum 2. Mai zu machen; Laforest war "wegen der dabei zu gebrauchenden Formen und Wendungen" in Verlegenheit gewesen, hatte übrigens Plessen vor der Doppelzüngigkeit des Wiener Ministeriums gewarnt und erklärt, daß er gegen die Politik des österreichischen Kabinetts das äußerste Mißtrauen hege. Plessen hatte dann auch den kaiserlichen Gesandten Baron v. Hügel aufgesucht und von ihm eine sehr gewundene Erklärung erhalten, der er aber doch die günstigste Deutung geben wollte; "ich rechne" - wie er schrieb - "am meisten darauf, daß man in Wien Bedenken tragen wird, dem Rußischen Kaiser eine begehrte persönliche Gefälligkeit zu verweigern oder zu erschweren." Das klang alles nicht sehr erfreulich und das Ministerium in Schwerin beschloß demgemäß,

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mit der Datierung der bereits ausgefertigten Schreiben an den Kaiser und die Kurfürsten bis zum Eingange von Plessens nächstem Bericht zu warten. Dieser vom 5. Mai datierte und durch Estaffette nach Schwerin beförderte Bericht enthielt dann aber die Mitteilung, daß die russische wie die französische Note, von denen Abschriften beigefügt waren, der Reichsversammlung noch an diesem Tage würden übergeben werden. "In der Rußischen Note" - so besagt der Bericht dann weiter - "wird unter Beziehung auf die von Sr. Kaiserlichen Majestät dem teutschen Reiche bewiesene Fürsorge zum Preis Dero Bemühungen begehret: daß dem herzoglichen Hause Mecklenburg, zu welchem der Kaiser eine besondere Zuneigung hätte, die kurfürstliche Würde nebst den damit verbundenen Vortheilen zugestanden werde. Diesen bemerkten Zusatz hat Herr von Bühler auf meinen Wunsch eingerückt, weil in dem Hauptschluße denen neuen Kurfürsten das Privilegium de non appellando gleichfalls ausdrücklich beygelegt worden, und man ferner späterhin sich wegen der Beybehaltung eines gleichen Ranges etwa auch auf diesen Vorbehalt beziehen könnte, da es nicht gerathen war, desselben schon gegenwärtig zu gedenken, um nicht durch einen so veranlaßten Widerspruch der neuen Kurfürsten die Ausführung schwieriger zu machen. Der Vorschlag ist ferner auf das Gesammthaus der Herzoge von Mecklenburg gerichtet, denn bekanntlich ruhet die Kurwürde nur auf der Familien=Branche des ersten Acquirenten und gehet, wenn selbige nicht ausdrücklich auf den gesammten Familien=Stamm ausgedehnt ist, selbst mit der Erbfolge in die Länder nicht auf andere Linien über . . . . Am Ende heißt es noch in dieser Note, daß die vermittelnden Mächte dem Chef des herzoglichen Hauses Mecklenburg=Schwerin die Erfüllung dieses gegenwärtigen Antrags durch ihre Verwendung zusicherten, sobald HöchstDieselben die nach den Gesetzen und Gebrauch erforderlichen Schritte dieserhalb machen würden." Plessen bezeichnet es dann als unerläßlich, daß "unverzüglich" besondere Ansuchungsschreiben an den Kaiser, sämtliche alte und neue Kurfürsten und vorerst an die vorzüglichsten altfürstlichen Häuser, dann aber auch an sämtliche neufürstliche Mitglieder des Reichsfürstenrates wegen der Einwilligung und Zustimmung zu richten seien mit dem angefügten Verlangen: "daß selbige ihre Comitial=Gesandtschaften dahin instruiren möchten: daß Sie bey der über diesen Gegenstand nächstens vorzunehmenden Deliberation ihre beyfällige Erklärungen abgäben, ohne darüber ein besonderes Pro=

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tocoll zu eröfnen." "Wann nun bey morgenden Reichsrath" - so fährt Plessen fort - "gedachte zwey Noten in Proposition kommen, so werde ich durch eine mündliche Erklärung denen vermittelnden Mächten meine Dankbezeugung für ihre wohlwollende Fürsprache machen, sämmtlichen kur= und fürstlichen Gesandtschaften den Inhalt bestens empfehlen und mich bemühen, daß die Noten durch ein gemeinschaftliches Conclusum aller dreyer Collegien zur officiellen Mittheilung von Reichswegen an Kaiserliche Majestät gebracht werden. Auf diese Art wäre die Sache dann vorerst eingeleitet." Der Antrag Plessens betreffend die Ansuchungsschreiben stieß aber in Schwerin auf Widerspruch; das Ministerium meinte und fand dafür die Zustimmung des Herzogs, daß zwar die Schreiben an den Kaiser und die alten Kurfürsten sofort zu expedieren seien, mit denen an die neuen Kurfürsten aber so lange zu warten sei, bis sie ihre Erhebung notifiziert hätten, und bis dies geschehen sei, auch die Schreiben an die übrigen fürstlichen Häuser zurückbehalten werden könnten. Plessen erhielt aber nunmehr den Befehl, zunächst Bühler und Laforest Tabatieren mit Brillanten und dem Namenszuge des Herzogs zu überreichen und sich dann, ausgerüstet mit Creditiv und herzoglichem Handschreiben an den Kaiser und Empfehlungsschreiben an den Reichsvizekanzler Grafen Colloredo, an den Staatsvizekanzler Grafen Cobenzl und an den russischen Gesandten Grafen Rasumowski auf den Weg nach Wien zu machen, wo er am 29. Mai anlangte.

Schon am 1. Juni wurde er vom Kaiser in Audienz empfangen, worüber er am 4. berichtete: "In dieser bestimmten Audienz hatte ich das Glück Sr. Kaiserl. Majestät die Allerhöchsten Schreiben von Ew. Herzogl. Durchlaucht in allertiefester Verehrung mit einer kurzen Anrede über den Gegenstand derselben und dessen Gewährung aus Reichs=Oberhauptlicher Gnaden=Verfügung zu überreichen. Se. Majestät geruhte sich ungefähr dahin zu äußern, daß Ihnen die Sache schon bekannt sey, Sie würden sehen was Sie dabey thun könnten, hofften daß Ew Herzogliche Durchlaucht zufrieden gestellt werden könnten, und zuletzt setzten Sie hinzu: Sie würden suchen mir den hiesigen Aufenthalt angenehm zu machen. Womit die Audienz beendet war. Aus diesen vorläufigen Allerhöchsten Aeußerungen darf man wohl auf eine günstige Berücksichtigung des erwähnten Ansuchen hoffen." Im übrigen rühmt Plessen das Entgegenkommen der Chefs der Reichs= und der Staatskanzlei, zweier Behörden, mit denen er zugleich zu verhandeln habe, die aber beständig auf gespanntem Fuße ständen, weshalb es großer Vor=

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sicht bedürfe, es mit keiner zu verderben. Bestimmte Versprechen habe er zwar von keinem der Herren erhalten, aber die Zusicherung, man werde sich dem Herzog gern gefällig zeigen, und dergleichen Äußerungen Seien für den ersten Antrag genügend. Auf das von Plessen vorgebrachte Argument, daß das Haus Mecklenburg mit dreien der neuernannten Kurfürsten in gleicher Kategorie Stehe und daher billigerweise auch mit ihnen in gleichem Range erhalten Werden müsse, habe Colloredo allerdings erwidert, dieser Grund Sei nicht ausreichend, denn er würde alle noch übrigen alternierenden Häuser 16 ) zu gleicher Forderung berechtigen. Und wirklich habe neuerdings Hessen=Darmstadt unter Berufung auf den für Mecklenburg gemachten Antrag um die Kurwürde gebeten, dieses Gesuch sei aber sofort abgewiesen. Wohl aber habe man in Wien den Wunsch, dem Hoch= und Deutschmeister Erzherzog Karl zu gleicher Zeit die Kurwürde zu verleihen. Indessen würden, wie Plessen schon früher bemerkt hatte und hier wiederholt, weder Frankreich noch Preußen das zugestehen. Der Kaiser habe aber beim russischen Hofe angefragt, wie man dort über die Ernennung des Hoch= und Deutschmeisters zum Kurfürsten denke, und die Antwort werde in etwa drei Wochen erwartet; bevor sie eingelaufen sei, werde - so berichtet dann Plessen am 8. Juni - auch über die mecklenburgische Sache keinerlei Bestimmung getroffen werden. Unter diesen Umständen erhielt er den Befehl, einstweilen nach Regensburg zurückzukehren. Trotzdem blieb Plessen bis in den August hinein in Wien und hatte zunächst Gelegenheit gehabt, zu erkunden: Einmal, daß von dem neuen Kurfürsten von Württemberg an Kosten für die Erhebung zur Kurwürde gegen 150 000 Gulden gefordert würden, daß dieser sich aber weigere, mehr als 60 000 Gulden zu zahlen. Sodann, daß der Herzog bei der Nachsuchung um die Kurwürde noch viele Mitbewerber bekommen habe; unter andern habe der König von Schweden in Regensburg erklären lassen, daß, wenn Mecklenburg zur Kur erhoben werde, er dasselbe für Schwedisch=Pommern verlange; für den Fall, daß ihm das zugestanden werde, erhebe Dänemark den gleichen Anspruch; sollte aber außer Mecklenburg noch irgend ein anderes fürstliches Haus für die Kurwürde in Vorschlag kommen, so werde sofort Preußen mit der gleichen Forderung für Oranien erscheinen. Drittens: in dem Begehren des Herzogs, eine dritte


16) Die alternierenden Häuser in bezug aus den Abstimmungsturnus im Reichsfürstenrat waren die sechs Fürstentümer Pommern, Mecklenburg, Württemberg, Hessen, Baden und Holstein.
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Stimme im Reichsfürstenrat beigelegt zu erhalten, werde der Kaiser wahrscheinlich "nur eine gegen seine Wünsche aufgestellte Schwierigkeit erblicken". Schließlich: die mecklenburgischen Landstände hätten ihren Agenten in Wien beauftragt, "dafür zu sorgen und alle Wege einzuschlagen, daß bei einer Kurerhebung des herzoglichen Hauses ihren hergebrachten Privilegien kein Eintrag geschehe."

Im übrigen klagte Plessen noch am 27. Juli, daß die Antwort des russischen Hofes in der Kurangelegenheit noch immer nicht eingetroffen sei, und daß das kaiserliche Ministerium in Wien der Sache die mannigfachsten Schwierigkeiten und Verzögerungen entgegenzustellen nicht müde werde. Deutlicher spricht er sich in seinem Bericht vom 3. August aus, den er durch einen Kurier sandte, um ihn "gegen jede nur zu wahrscheinliche Entweihung von fremder Hand völlig sicher zu stellen, weil sonsten die Vermuthung, daß er auf den jedesmaligen Posten der verschiedenen Länder eröfnet werden mögte, leider nur zu gewiß vorhanden ist". In diesem Bericht nun sagt Plessen, er habe an verschiedenen Anzeichen gemerkt, daß der kaiserliche Hof neben der eingestandenen Bedingung, daß gleichzeitig mit dem Hause Mecklenburg auch der Hoch= und Deutschmeister zur Kurwürde erhoben werden müsse, in Petersburg im geheimen noch eine zweite gestellt habe, dahin gehend, daß Mecklenburg sich verpflichten solle, bei der nächsten Kaiserwahl seine Stimme im Kurkollegium nur dem Erbfolger in den österreichischen Staaten zu geben, und man wolle in Wien erst die Äußerung des russischen Hofes über diesen Punkt erwarten, bevor man sich Mecklenburg gegenüber erkläre. Bei einer Konferenz mit Cobenzl habe dieser das auch eingeräumt und hinzugefügt, für die Erteilung der Kurwürde an Mecklenburg sei diese in aller Form abzugebende, aber geheim zu haltende Erklärung eine conditio sine qua non. Dagegen lasse sich - meint Plessen - sachlich wohl nichts einwenden; es sei dem Hause Habsburg nicht zu verdenken, wenn es, so wenig reelle Vorteile auch mit der Kaiserkrone verbunden seien, sie sich doch zu erhalten bestrebt sei, und es sei gewiß nicht unbillig, wenn der Kaiser ein Recht, welches er einem Reichsstande erteile, nicht gleich bei der ersten Anwendung gegen sich selbst benutzt sehen wolle. Aber eine solche Verpflichtung widerstreite doch dem Wortlaute wie dem Sinne nach der ausdrücklichen Bestimmung der Goldenen Bulle Karls IV. von 1356, in der es heiße, daß die Wahl eines römischen Kaisers frei und lediglich nach dem besten Verständnis der Kurfürsten zu geschehen habe. In demselben Bericht wird

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dann beiläufig gesagt: das Dekret zur gemeinschaftlichen Introduktion der neuen Kurfürsten von Württemberg, Baden, Hessen=Cassel und Salzburg sei bereits ausgefertigt und werde demnächst in Regensburg eintreffen. Baden habe sich zur Zahlung von 70 000 Gulden verpflichtet, Hessen=Cassel aber noch keinen Vorschlag zu irgend einer Zahlung gemacht und man vermute, daß es nach der Introduktion mit einem ganz geringfügigen Gebot erscheinen werde. Im nächsten Bericht vom 9. August heißt es dann, Hessen habe 50 000 Gulden geboten, werde wohl noch etwas zulegen müssen, aber allemal weniger zahlen wollen als Württemberg und Baden.

Aber das war nur eine Nebensache. Im übrigen war dieser Bericht vom 9. wichtig genug, denn er enthielt die Mitteilung, daß endlich die Antwort auf die Anfrage in Petersburg eingetroffen sei und daß sie die vom Deutschen Kaiser vorgeschlagene Bedingung einer bei der nächsten Kaiserwahl für Österreich abzugebenden Stimme rundweg ablehne. In dieser von dem Gesandtschaftsrat v. Anstett in Vertretung des beurlaubten Grafen Rasumowski übergebenen und Plessen abschriftlich mitgeteilten russischen Note war gesagt: die Goldene Bulle lasse nur eine unbeschränkte Wahlfreiheit zu; eine im Widerspruch damit eingegangene Verpflichtung könne, wenn sie bekannt würde, dem Erzhause Österreich nur nachteilig werden und bei den anderen Reichsfürsten geradezu eine Vereinigung gegen dasselbe bewirken, während ohne diese Verbindlichkeit die einfache Dankbarkeit viel sicherer zum Ziele führen würde, der Kaiser von Rußland werde in der Erhebung des Hauses Mecklenburg zur Kurwürde einen neuen Beweis der Freundschaft und Gefälligkeit erblicken und erhoffe daher die ungesäumte Ausfertigung des betreffenden Kommissionsdekrets.

Daraufhin bat Plessen alsbald den Grafen Cobenzl um eine Besprechung, die ihm sofort gewährt wurde. In dieser Konferenz führte er aus, daß auf Grund der russischen Note Österreich wohl selbst davon Abstand nehmen werde, Mecklenburg wegen der Wahlstimme zu verpflichten, da es nur in Übereinstimmung mit Rußland zu Werke gehen könne, und das Wohlwollen, welches der kaiserliche Hof durch die unbedingte Erteilung der Kurwürde dem Hause Mecklenburg erzeige, werde dieses "zur Erreichung des gleichen Endzwecks weit dauernder, nur auf eine angenehmere Weise verbinden". Cobenzl aber erwiderte: Bei den veränderten Verhältnissen in Deutschland müsse Österreich alle Maßregeln ergreifen, sich die Kaiserkrone auch fernerhin zu sichern;

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sollte die nächste Erledigung des Kaiserthrones bei Lebzeiten der jetzigen Mitglieder des herzoglichen Hauses erfolgen, so bezweifle er zwar nicht, daß alsdann Mecklenburg sich erkenntlich bezeigen werde, aber in der Politik müsse man sich auf alle möglichen Ereignisse gefaßt machen. Was Österreich verlange, sei ja eine wahre Kleinigkeit, denn wenn Mecklenburg wirklich gesonnen sei, eintretenden Falles für Österreich zu stimmen, so mache es keinen Unterschied, wenn es sein Wort im voraus gebe. Was Rußland über die unbeschränkte Wahlfreiheit nach der Goldenen Bulle äußere, sei zwar theoretisch richtig, aber dem ständen zahlreiche Tatsachen gegenüber, deren merkwürdigste sei, daß Kurbrandenburg sich im Hubertusburger Frieden durch einen geheimen Artikel verbunden habe, dem damaligen Erzherzog, nachherigen Kaiser Joseph seine Wahlstimme zu geben. Österreich stehe mit Rußland im besten Einvernehmen, aber wenn Rußland von Österreich einen Freundschaftsbeweis fordere, könne es seinerseits auch Österreich gefällig sein, und schließlich könne keine Freundschaftsforderung für Österreich ein Zwang werden, Mecklenburg zur Kurwürde zu erheben. Wolle der mecklenburgische Hof aber das besagte Versprechen geben, so müsse das mit größter Verschwiegenheit behandelt werden und nur Österreich, Mecklenburg und Rußland dürften darum wissen.

Von Cobenzl begab sich Plessen zu Anstett und erfuhr von diesem, daß Cobenzl die Entscheidung des Kaisers einholen wolle. Cobenzl habe ihm gegenüber geäußert, nach seinem Ermessen müsse der Wiener Hof auf dem Versprechen der Wahlstimme fest beharren und in Petersburg neue Vorstellungen machen. Es sei übrigens dabei um so weniger etwas versäumt, als die Introduktion der neuen Kurfürsten gewiß in den nächsten Tagen erfolgen und gleich darauf die Reichsversammlung auf ein paar Monate Ferien machen werde; das Kommissionsdekret wegen Mecklenburg könne doch immer nicht vor dem Wiederzusammentreten der Reichsversammlung erlassen werden. Der Kaiser entschied denn auch in dem von Cobenzl angedeuteten Sinne und Plessen wurde davon in Kenntnis gesetzt mit dem Beifügen, es werde in der nächsten Woche ein Kurier mit Aufträgen an den kaiserlichen Gesandten nach Petersburg abgefertigt werden.

Unter diesen Umständen ging nun Plessens Meinung dahin: Man müsse die wiederholten neuen Auseinandersetzungen zwischen dem kaiserlichen und dem russischen Hofe sich zwar allerdings gefallen lassen und vorerst den Erfolg abwarten, zugleich aber

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auch Maßregeln treffen, um durch einen freiwilligen Entschluß den Ausschlag zu geben, denn aus eigener Bewegung könne der Herzog unstreitig sich zu dem entschließen, was man ihm in Rußland nicht als Zwang auferlegt wissen wolle. Sollten daher die Unterhandlungen zwischen den beiden Kaiserhöfen nicht zu einem Endresultat und zur unverzögerten Erreichung der Kurwürde führen, so erscheine es geraten, lieber den Wiener Hof durch Abgabe des verlangten Versprechens zu beruhigen, als den gewissen Ausgang noch längeren Diskussionen und unberechenbaren Zwischenfällen zu unterwerfen. Auch bleibe noch ein sehr glimpflicher Ausweg übrig, wenn nämlich der Herzog ein ostensibles Reskript an Plessen erlasse, etwa des Inhaltes: wie ihm aus seinen Vortrag zu erkennen gegeben würde, daß der Herzog sowohl durch das Gefühl der Erkenntlichkeit bestimmt wäre, als auch die Überzeugung hegte, daß kein deutsches Fürstenhaus mehr als das Erzhaus Österreich würdig sei, den deutschen Kaiserthron einzunehmen, und daß er daher im Fall der Erhebung zur Kurwürde schon im voraus den festen Entschluß gefaßt habe, bei der nächsten Thronerledigung seine Stimme für den Erbfolger in den österreichischen Staaten abzugeben. Deshalb erhalte Plessen den besonderen Auftrag und die spezielle Vollmacht, dieserhalb eine verbindliche Zusage auszusprechen und dem kaiserlichen Ministerium alle Zusicherungen zu geben, die zu dessen Beruhigung dienen könnten. Von dieser freiwilligen Erklärung werde allerdings der russischen Gesandtschaft Mitteilung zu machen sein. Möglich sei es ja freilich, daß das Wiener Ministerium dem Verlangen Rußlands nachgebe und seine Bedingungen fallen lasse, aber dann werde es so viele Schwierigkeiten und Verzögerungen zu machen und seinen Widerwillen dergestalt zu zeigen wissen, daß es viel geratener sei, vorweg einen Schritt zu tun, der dem herzoglichen Hause ein gutes Einvernehmen mit Österreich und dadurch vielleicht für die Zukunft die eine oder die andere Begünstigung sichere. Der Geschäftsgang bei der Wiener Kanzlei sei übrigens erstaunlich schleppend; man scheine dort grundsätzlich alles in die Länge zu ziehen, um Zeit zu gewinnen und abzuwarten, ob sich nicht inzwischen die Umstände änderten, und dann immer und ewig auf dieselben schon wer weiß wie oft widerlegten Vorstellungen und Einwendungen zurückzukommen. Die Antwort aus Petersburg könne erst nach 4 bis 6 Wochen eintreffen; bis dahin sei gar nichts zu machen und Plessen werde daher einstweilen nach Regensburg zurückkehren.

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Gegen Schluß dieses langen Berichtes, dessen Postskriptum wirklich aus Regensburg datiert ist, teilt Plessen dann noch mit, der Herzog von Mecklenburg=Strelitz habe ihn beauftragt, den Vortrag zur Kurwürde so einzurichten, daß mit der eventuellen Sukzession in die Kurlande auch die kurfürstliche Würde selbst auf die jüngere und abgeteilte Linie des Hauses Mecklenburg übergehen möge, was ohne besondere Konzession sonst nicht geschehe. Er habe dieses Ansuchen zwar vorgebracht, aber noch keine Auskunft darüber erhalten können, weil in der russischen Instruktion ausdrücklich immer nur von Mecklenburg=Schwerin die Rede sei und die Gesandtschaft sich daran halte, der Wiener Hof aber nichts ohne hinlänglichen Beweggrund tue. Plessen habe daher dem Herzog von Strelitz geraten, sich mit einem eigenen Ansuchungsschreiben an den Kaiser zu wenden, was man überdies in Wien als eine unerläßliche Förmlichkeit ansehe.

In Schwerin waren die beiden letzten Berichte Plessens Gegenstand ernstlichster Erwägung. An sich fand das Ministerium die Abgabe der vom Kaiser verlangten vorgängigen bindenden Erklärung unbedenklich; derartige vorherige Stimmenversicherungen seien üblich gewesen seit es Kaiserwahlen gebe. Aber schon jetzt damit vorzugehen, in einem Augenblick, wo über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit einer solchen Bindung zwischen Wien und Petersburg verhandelt werde, sei doch nicht ratsam, und ohne die Billigung des Kaisers von Rußland dürfe die Zusicherung wohl nicht gegeben werden. Demnach wurde zunächst unterm 23. August Plessen angewiesen, den Wortlaut der österreichischen Antwort - die in Wahrheit niemals erfolgt ist - auf die russische Note zu erkunden und baldmöglichst einzusenden. Am 7. September ging dann ein Promemoria an den Herzog, in dem nach Darlegung der Bedenken des Ministeriums der Herzog gebeten wurde, durch den Erbprinzen an den Kaiser von Rußland schreiben zu lassen, daß der Herzog nicht abgeneigt wäre, sich der vom kaiserlichen Hofe gemachten Bedingung zu unterziehen, jedoch vorher der Zustimmung des Kaisers von Rußland um so mehr versichert zu sein wünschte, als er der russischen Protektion allein die Erhebung seines Hauses zu verdanken haben würde. Sollte sodann in der zu erwartenden Antwort aus Rußland die Bewilligung der kaiserlichen Forderung genehmigt oder auch nur der eigenen Entschließung des Herzogs überlassen werden, so könne ja an Plessen der besondere Auftrag und die spezielle Vollmacht erteilt werden, die verlangte bestimmte Erklärung und Zusicherung in Wien abzugeben. Allen=

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falls könne Plessen instruiert werden, beim kaiserlichen Hofe die Versicherungen zu bewirken, daß erstens alle aus der kaiserlichen Macht fließenden Verfügungen ungesäumt erlassen würden, zweitens dem herzoglichen Hause alle möglichen Begünstigungen angedeihen sollten, wenn sich etwa künftig eine günstige Gelegenheit zu territorialer Vergrößerung finden möchte, und daß drittens das spätere Erhalten der Kurwürde und der Introduktion in das Kurkollegium dem bisherigen Rang mit den inzwischen eingeführten Kurfürsten ganz unnachteilig sein sollte.

Diese Vorschläge des Ministeriums fanden den vollen Beifall des Herzogs und am 13. September schrieb der Erbprinz im Sinne des Promemoria an den Kaiser von Rußland. Am 21. wurde eine Abschrift dieses - anscheinend unbeantwortet gebliebenen - Briefes Plessen zu seiner geheimen Instruktion übermittelt 17 ).


17) Diese Abschrift liegt nicht bei den Akten, indessen ermöglicht es mir die Güte des Direktors des Petersburger Staatsarchivs, den Brief hier mitzuteilen. Er lautet:
          Mon bien cher Beaufrère.
   Le Duc mon Père vient de recevoir de Son Envoyé à Vienne la nouvelle, que Vous avez de nouveau daigné Lui faire éprouver Votre gratieuse protection en réitérant Votre intercession pour Lui faire accorder la Dignité Électorale. Plus qu'il est pénétré de reconnaissance pour cette nouvelle marque de Votre faveur, plus il croit son devoir de mettre les expressions de Sa respectueuse gratitude à Vos pieds. Il m'ordonne d'en être l'organe et de Vous supplier de bien vouloir les agréer avec bonté.
   Le Duc croit le devoir à la protection dont Vous l'honorez, mon très cher Beaufrère, et à la respectueuse reconnaissance et confiance qu'il Vous porte, de Vous faire part des conditions que Sa Majesté l'Empereur et Roi met à cette élevation à la Dignité Électorale.
   Le Vice Chancelier de Cour et d'État, le Comte de Cobenzl s'est ouvertement expliqué envers le Baron de Plessen, Envoyé du Duc à Vienne, que S. M. l'Empereur demandait comme conditio sine qua non, que le Duc assura sa voix au Collège É lectoral à l'héritier de la Maison d'Autriche, en cas que le Trône Impérial vînt à vaquer. Le Comte de Cobenzl ajouta que si le Duc consentait à cet engagement, cela devrait rester le plus grand secret et qu'il n'y aurait que Vous, mon très cher Beaufrère, qui en seriez instruit.
   Si même le Duc ne le croit point contre Ses intérêts que la Couronne Impériale d'Allemagne soit accordée à l'héritier de la Maison d'Autriche, en cas du décès de l'Empereur d'aujourd'hui, et que par là il pourrait incliner à offrir d'avance cette promesse à la Cour de Vienne, pour accélérer Sa décision, qu'elle paraît d'ailleurs vouloir remettre encore, il ne voudrait cependant point se porter à aucune démarche qui d'avance n'eût reçu Votre approbation. N'étant et ne désirant être redevable de Son élevation qu'à Votre protection (  ...  )
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Damit aber brechen auffallenderweise unsere Akten ab. Man sollte denken, eine so weit gediehene Angelegenheit müsse doch zu einem formellen Abschluß gelangt sein, selbst wenn das Resultat der Verhandlungen wie im vorliegenden Falle ein negatives war. Aber weder in Wien noch in Petersburg ist ein ferneres einschlägiges Aktenstück vorhanden 18 ). Wir müssen uns also bescheiden, den weiteren Verlauf der Sache nicht zu kennen, und uns an der Tatsache genügen lassen, daß Mecklenburg die Kurwürde nicht erhielt - der Hoch= und Deutschmeister allerdings auch nicht - und ebensowenig das Privilegium de non appelando illimitatum und die dritte Stimme für Rostock.

Man hat die Schuld an diesem Mißerfolg dem Ersten Konsul Bonaparte zuschreiben wollen. Treitschke 19 ) sagt: "Eine reichliche Entschädigung ließ sich dem mächtigsten der weltlichen Reichsstände [d. i. Preußen] nicht abschlagen, nur jede Verstärkung der preußischen Partei im Reiche mußte vermieden werden. Daher erhielt Talleyrand die Weisung, das preußisch gesinnte Haus Mecklenburg von dem neuen Kurfürstenrate auszuschließen, er dürfe aber nicht davon sprechen." In der Tat heißt es in einem Schreiben Bonapartes an Talleyrand vom 31. August 1802 20 ), in dem er diesem seinem Minister Direktiven gibt: Der Kaiser von Rußland scheint eine Vergrößerung für den Großherzog von Toscana zu wünschen. Auch der König von Preußen wünscht, daß dem Hause Österreich etwas bewilligt werde. Wir


(  ...  ) et à Vos bontés, il désire agir seul après Vos volontés, mon bien cher Beaufrère. Il ose donc Vous supplier de bien vouloir Lui faire connaître Vos intentions sur la marche qu'il aura à tenir. Le Duc le connaîtrait comme un effet flatteur de Vos bonnes graces, si Vous daigniez bientôt Lui faire parvenir Vos ordres, afin qu'il puisse faire les démarches que Vous jugeriez convenables, avant l'expiration des vacances de la Diète de Ratisbonne, pour qu'au recommencement des affaires le décret de Commission Impériale puisse être expédié.
   C'est avec un attachement aussi inviolable que respectueux que je suis
Mon très cher Beaufrère
Votre très humble et très obéissant Beaufrère
Ludwigslust et serviteur
le 1/13 Septembre Frederic Louis.
18) Gütige Mitteilungen der Direktoren des kaiserlichen und königlichen Haus=, Hof= und Staatsarchivs in Wien und des Staatsarchivs und des Petersburger Archivs des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten in St. Petersburg.
19) Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert Tl. I S. 178 f.
20) Correspondance de Napoléon I. Bd. VIII S. 20.
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haben keinen Grund, Österreich schlechter zu behandeln als die anderen. Talleyrand soll also mit Cobenzl einen Vertrag schließen und unterzeichnen: der Kaiser soll bei der Reichsversammlung eine Entschädigung für den Großherzog von Toscana beantragen; dagegen soll sich Österreich verpflichten, diesen Vertrag binnen zwei Monaten zu ratifizieren und Passau an den Kurfürsten von Bayern zurückzugeben. "Enfin vous inséreriez dans cette convention, qu'il n'y aurait que trois électeurs protestants; le but serait d'exclure, mais sans en parler, Mecklenbourg." Dabei kann es sich bei der Sachlage nur um jenen Vertrag handeln, den die Vertreter beider Mächte mit Beitritt Rußlands am 26. Dezember 1802 in Paris abgeschlossen haben, denn ein anderer Vertrag kam in den Jahren 1802-1804 zwischen Frankreich und Österreich nicht zustande. In diesem Vertrag 21 ) aber wird nur von der Entschädigung des Herzogs von Modena und des Großherzogs von Toscana und der Erteilung der Kurwürde an den letzteren gehandelt. Davon, daß es nur drei protestantische Kurfürsten geben solle, ist nicht weiter die Rede und Bonaparte muß in dieser Hinsicht seine Meinung geändert haben; wie hätte sonst im Mai 1803 sein Gesandter in Regensburg, wie wir gesehen haben, im Verein mit dem russischen Gesandten für Mecklenburg die Kurwürde verlangen können. Also nicht in Bonaparte werden wir denjenigen zu suchen haben, der das Haus Mecklenburg um die Kurwürde gebracht hat; vielmehr spricht alles dafür, daß es der Wiener Hof war, der in letzter Stunde die ganze Aktion zum Scheitern brachte. Und nicht ganz ohne Schuld am schließlichen Mißlingen war der Herzog selber, der trotz alles Drängens von russischer Seite hartnäckig die Erhebung zur Kurwürde abhängig machte von einer Vergrößerung an Land und Leuten und sich zur bedingungslosen Annahme erst dann entschloß, als es zu spät war. -

Im Zusammenhang mit den Entschädigungsfragen und dem Streben nach Gebietszuwachs und Erhöhung der Einkünfte mögen hier beiläufig noch zwei Dinge erwähnt werden.

Zu einer Zeit, da die Indemnitätsverhandlungen der Reichsdeputation schon ziemlich weit fortgeschritten und dem Herzog Friedrich Franz seine Entschädigungen bereits zugesprochen waren, erschien auch Mecklenburg=Strelitz mit Entschädigungsforderungen, und zwar nahm es zu diesem Zwecke die


21) Abgedruckt bei Martens, Supplément au Recuil des Traités Bd. III S. 228 ff.
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Vermittelung Preußens in Anspruch. Darüber belehrt uns eine "aus seiner Königlichen Majestät allergnädigsten Spezialbefehl" erlassene Weisung des Grafen Haugwitz vom 22. November 1802 an den Grafen Goertz, die folgendermaßen lautet: "Außer dem Euch bereits bekannten Gesuch um eine neue Virilstimme im Reichsfürstenrath hat der Herzog von Mecklenburg=Strelitz durch seinen hieher gesandten LegationsRath von Penz noch ein anderes Anliegen Unserer Unterstützung angelegentlichst empfehlen lassen. Dieses betrift die zwey Canonicate im vormaligen Domstift zu Strasburg, welche bekanntlich durch den Westphälischen Frieden dem Herzoglichen Mecklenburgischen Hauße zugestanden worden, und wegen welcher der Herzog von Mecklenburg=Schwerin in dem letzten Indemnitäts=Plan eine so reichliche Entschädigung erhalten hat. Man behauptet Mecklenburg=Strelizischer Seits einen Mitanspruch auf diese Canonicate und folglich auch auf die Entschädigung, und gründet ihn vornämlich darauf, daß in dem Westphälischen Frieden die Canonicate nicht eigentlich als eine Schadloshaltung für Wismar, sondern mehr als Gegenstand einer gegründeten alten Prätension dem Gesammthauße der Herzoge beygelegt worden, daß der damals regierende Herzog Adolph Friederich I., welcher als ein neuer erster Erwerber der Canonicate für seyn Hauß angesehen werden muß, der Stammvater aller jetzt vorhandenen Herzoge von Mecklenburg ist; und insbesondere, daß dessen jüngster Sohn Adolph Friederich II. der lezte würkliche Besizer der Canonicate zur Zeit, als diese durch das ReunionsWesen Ludwigs XIV. dem Mecklenburgischen Hauße gewaltsam genommen wurden, gewesen und von ihm die Linie der jetzigen Herzoge von Strelitz gestiftet worden, mithin auf diese sein Recht zunächst übergegangen ist. Der Herzog wird seinen Anspruch und sein Gesuch um Theilnahme an der Mecklenburgischen Entschädigung für diese Canonicate dort anbringen und betreiben lassen. Derselbe würde damit auch schon früher hervorgetreten seyn, wenn ihm nicht das, was dieserhalb von seiten des Herzogs von Mecklenburg=Schwerin bewirkt worden, biß auf die Erscheinung des letzten Indemnitäten=Plans völlig unbekannt und verschwiegen geblieben wäre. Wir hätten allerdings wohl gewünscht, daß in dem Augenblick der letzten Entscheidung in Regensburg neue Reklamationen dieser Art, die den Gang des Geschäfts hemmen oder doch erschweren, besonders wenn ihnen Unsere Verwendung ihren hauptsächlichen Werth geben soll, hätten abgehalten werden

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können. Bey dem so nahen Verhältniß, worin wir mit dem Herzog stehen, können Wir uns jedoch nicht ganz entziehen, demselben in einer ihm so angelegenen Sache Unseren guten Willen zu bezeugen, und einen Versuch zu machen, ob sich noch etwas für ihn ausrichten läßt, zumal da seine Wünsche nicht eigentlich auf eine Participirung an den einmal dem Herzog von Mecklenburg=Schwerin zugewiesenen Indemnitätsstücken selbst, sondern eigentlich darauf gehen, daß ihm nur die dem Hospital zu Lübek gehörenden und in dem Fürstenthum Ratzeburg gelegenen Dörfer Schatin und Utecht zur Schadloshaltung gegeben werden. Wir wünschen nun, daß Ihr in nähere Erwägung ziehet und einen Versuch machet, ob sich hiernach die Sache noch einleiten, und zu einigem Erfolg durchführen läßt, und daß Ihr in jedem Fall die Vorschritte, welche von Mecklenburg=Strelizischer Seite geschehen werden, mit allem von Euch abhängenden Nachdruck unterstüzet."

Am 29. November schrieb dann der Herzog von Mecklenburg=Strelitz an den Herzog Friedrich Franz: Aus dem Plan général d'Indemnité der vermittelnden Mächte habe er ersehen, welche Entschädigungen darin für die beiden Kanonikate im Hochstift Straßburg bestimmt und ausgemittelt seien. Die in diesem Plan "zu seiner gerechten Verwunderung gänzlich omittierte und unterlassene Anführung und Bemerkung" der seinem Hause unstreitig angestammten Mitanrechte an den beiden Dompräbenden habe ihn bestimmt, "die ohnzweifelhaften diesseitigen Rechte auf Mitentschädigung bei der Reichsversammlung zu urgiren und die in jeder Hinsicht begründeten Gerechtsame seines Hauses aufs feierlichste zu verwahren und demzufolge seinem ComitialGesandten aufzugeben, mit einem dazu behufigen Prp Memoria bei der Reichsversammlung in Regensburg aufzutreten". Da nun in diesem Entschädigungsplan schon im allgemeinen bestimmt sei, daß die Reichsstadt Lübeck die in den mecklenburgischen Landen gelegenen, dem Johanniskloster gehörenden Dörfer und Höfe abtreten solle, zu diesen aber auch die beiden vom Fürstentum Ratzeburg "fast ganz inclavirten" Dörfer Schattin und Utecht gehörten, so habe er "die Einleitung getroffen, daß bei näherer Interpretation der in dem Entschädigungsplan festgesetzten Bestimmungen, und bei der demnächst bald erfolgenden Erfüllung solcher, auch die vorerwähnten beiden Dorfschaften zu den Entschädigungen gezählt und folglich von Lübeck abgetreten werden möchten". "Ich halte mich verpflichtet" - so schließt dieses Schreiben - "Ew. Liebden von den hierunter getroffenen Maaßregeln eine vertrauliche Kenntniß zu geben, und glaube über=

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zeugt seyn zu dürfen, daß Dieselben aus freundvetterlichen Gesinnungen nicht versagen werden, auch durch Dero Comitial=Gesandtschaft die diesseitigen Gerechtsame in vorberegter Sache kräftigst vertreten zu laßen." In seiner Antwort vom 14. Dezember erklärte Herzog Friedrich Franz: er könne in dem Verlust der Straßburger Kanonikate eine Veranlassung zu Ansprüchen auf Entschädigung für den Herzog Carl und das mecklenburg=strelitzische Haus nicht finden, gönne aber dem Herzog jeden Zuwachs an Land und Einkünften zu sehr, als daß er Anstand nehmen könne, seinen Komitialgesandten dahin zu instruieren, daß er die Anträge auf Abtretung von Schattin und Utecht "bestmöglichst gehörigen Orts zu unterstützen und zur Gewährung zu empfehlen" habe.

Inzwischen hatte Herzog Carl bereits eine umfängliche "Darstellung der dem Hohen Herzoglichen Hause Mecklenburg=Strelitz zustehenden Concurrenz bey den dem Gesamt=Hause Mecklenburg im Westphälischen Frieden zugestandenen und zugesicherten zwey Dohmherrnstellen im Hochstift Strasburg, und hierauf rechtlich sich gründende Befugniß des oben genannten hohen RegierHauses, eine genügende mit dem RegierHause Mecklenburg=Schwerin ganz gleiche Entschädigung für diese dem Gesamt=Hause Mecklenburg widerrechtlich entrissenen zwey Strasburgischen Canonicate zu forden" ausarbeiten lassen, übersandte dieselbe an Plessen und wies ihn unterm 3. Januar 1803 an, "daß ihr fordersamst bey der ReichsDeputation, oder im Fall solche inzwischen ihre Würksamkeit schon geschloßen haben sollte, bey der Reichsversammlung selber, die Mit=Ansprüche Unsers Fürstlichen Hauses auf die zwey Canonicate zu Strasburg, für welche Canonicate dem Hause Mecklenburg=Schwerin nach Ausweisung des Plan général bereits einige Entschädigung zugesprochen worden, kurz und bündig darstellet, und daraus den bestimmten Antrag gründet: daß Uns wegen dieser Mit=Ansprüche entweder noch eine besondere angemeßene Entschädigung, oder aber an derjenigen, welche deshalb bereits für den Herrn Herzog von Mecklenburg=Schwerin ausgesetzet worden, ein näher zu bestimmender Antheil zuerkannt werde." Unter demselben Datum wurde Plessen in Kenntnis gesetzt, daß Herzog Carl "das von Unserm Fürstenthum Ratzeburg enclavirte Gebieth der ReichsStadt Lübeck bis an den Fluß Wagnitz, in welchem besonders die beiden Hospital=Dörfer Schattin und Utecht begriffen, als ein schickliches Objekt zu einem Theil der gewünschten Entschädigung    . . .    ansehe, ... widrigensfalls auch

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die der ReichsStadt Lübeck zuerkannte Vergütung unverhältnißmäßig groß seyn würde". Von diesen Schritten machte dann Herzog Carl am 10. Januar dem Herzog Friedrich Franz vertrauliche Mitteilung, obgleich dieser die Strelitzer Mitansprüche "zur Zeit zu verkennen scheine".

Daraufhin berichtete Plessen am 20. Januar nach Schwerin, daß er die Ansprüche des Herzogs Carl zwar bei der Reichsdeputation einreichen, aber sofort im Namen des Herzogs Friedrich Franz "eine Protestation und Gegenverwahrsam einlegen werde, wodurch hoffentlich allem Nachtheil vorgebeugt wird"; mit der Abfassung dieses Protestes habe er Gumpelzhaimer beauftragt. Da inzwischen die Strelitzer Ansprüche vom Hause Mecklenburg=Schwerin nicht anerkannt würden und noch zuvor einer rechtlichen Untersuchung bedürften, so sei nicht zu befürchten, daß man dem Herzog Carl eine wirkliche Teilnahme an der für den Herzog Friedrich Franz ausgesetzten Entschädigung zugestehen werde und könne. In einer vorläufigen Rücksprache mit den französischen Gesandten und einigen Subdelegierten hätten sich diese dahin geäußert, daß man den Strelitzer Antrag zur gütlichen Vereinbarung zwischen den beiden herzoglichen Häusern verweisen werde. Untern 28. Januar wurde dann Plessen die Zufriedenheit des Herzogs mit seinem Verfahren ausgesprochen und die Frage angeregt, ob nicht dem Herzog Carl, falls sein Wunsch nach Erwerbung der Lübecker Hospitaldörfer nicht mehr zu erfüllen sei, die von ihm nachgesuchte Virilstimme für Stargard verschafft werden könne.

Die von Gumpelzhaimer verfaßte Gegenschrift gegen die Strelitzer Mitansprüche, die "Geschichtliche Prüfung der am 23. Januar bei der hochansehnlichen Reichsdeputation eingelangten sobetitelten ,Darstellung der dem hohen herzoglichen Hause Mecklenburg=Strelitz zustehenden Concurrenz usw.' von Mecklenburg=Schwerinischer Seite angestellt und zur Verwahrung seiner Gerechtsame der hochansehnlichen Reichsdeputation übergeben" fand den uneingeschränkten Beifall des Ministeriums. "Wir haben" - so heißt es in dem unterm 11. Februar an Gumpelzhaimer ergangenen Reskript - "die von euch ausgearbeitete    . . .    Geschichtliche Prüfung    . . .    den Umständen so angemessen, die vorgetragenen Gründe so stringent und die Sprache den Verhältnissen der beiderseitigen Hauser so anpassend gefunden, daß Wir euch hiedurch Unser besonderes höchstes Wohlgefallen über diesen neuen Beweis eurer Einsichten und eures regen Eifers für die Aufrechthaltung Unserer Gerechtsame be=

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zeugen." Die Schrift scheint denn auch ihren Eindruck nicht verfehlt zu haben, denn am 3. Februar berichtete Plessen nach Schwerin über "den in der eben beendigten Deputationssitzung über die Strelitzsche Reklamation und die dießeitige Verwahrung gefaßten Beschluß" folgendermaßen: "Auf den Antrag des Directorii darüber äußerte der Graf Goertz den Wunsch, es möchte diese Sache denen vermittelnden Mächten zu ihrer Erinnerung mitgeteilt werden. Die übrigen Subdelegirten aber waren der Meinung, daß, da man die Entschädigung für die beiden Canonicate einmal erklecklich befunden, beide Höfe sich entweder mit einander darüber vereinigen, oder Mecklenburg=Strelitz seinen widerspochenen Antheil coram judice competente geltend zu machen suchen solle. Dies ist der ungefähre Inhalt, welcher mir nach einer schnellen Durchlesung erinnerlich geblieben. Nach meinem unterthänigsten Dafürhalten werden Ew. Herzogliche Durchlaucht mit diesem Beschluße um so zufriedener seyn können, als dadurch alles in statu quo gelaßen, und durch eine schnelle Verwahrsam behindert ist, daß nicht etwa eine Clausul zur Abfindung in den HauptReceß hineingekommen. Der eigentliche Punkt des Rechtes gehörte ohnedem gar nicht vor die Deputation."

Einen Anteil an der Entschädigung für die Straßburger Kanonikate hat also Mecklenburg=Strelitz nicht bekommen und auch nicht die beiden Lübecker Hospitaldörfer. Dagegen erhielt es im Reichsdeputationshauptschluß für Stargard die ihm bisher mangelnde Virilstimme im Reichsfürstenrat. -

Interessanter als die Strelitzer Entschädigungsforderungen sind die im Zusamenhange mit dem Bestreben, dem herzoglichen Hause einen Teil der durch die Kurwürde vermeintlich bedingten größeren Einnahmen zu verschaffen, stehenden Verhandlungen zwischen dem Herzog und seinem Ministerium über die Einziehung der Landesklöster. 22 )

Am 13. Mai 1803 erging ein herzogliches Handschreiben an das Ministerium folgenden Wortlautes: "Gedrungen durch die Annäherung der Annahme der Churwürde und denn daraus unumgänglich Notwendigen Ausgaben, so wohl extraordinairen, als auch in Zukunft feststehenden, finde ich mich bewogen mein getreues Ministerium einen Vorschlag zu erkennen zu geben, der sich auf denn 35. und 36. Paragraphen des ReichsGutachten


22) Erwähnt werden diese Verhandlungen u. a. bei v. Hirschfeld, Von einem deutschen Fürstenhofe Bd. II S. 362 ff.
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gründet, welches Kayserl. Majestät jetzt Ratificirt haben. Nach oben angeführten Paragraphen 23 ), habe ich meines bedünkens, das Recht, die drey LandesKlöster, wie auch das Kloster zum heiligen Kreuz in Rostock, unter billigen Bedingungen Aufzuheben, und zu Domainen zu schlagen. Ich habe schon längst dieses project in meiner Seele zum besten meines herzoglichen Hauses genährt, besonders seit der Zeit da mich die Stände so Undankbar behandelt haben, allein nie eher damit hervorgehen wollen, bis daß das Kaiserliche RatificationsDecret würde Angekommen seyn. Denn das Unbeschrenkte Recht habe ich zur Aufhebung der Klöster laut denen angeführten Paragraphen, eben so wie ich auch Überzeugt binn, daß es WiderSprüche leiden wird. Indeßen ich habe meine Pflicht gethan, es ihnen zur Prüfung Anheim zu geben, um mich jezt Aus der Critischen Lage der dringenden Ausgaben, sowohl als für die Zukunft zu helfen. Findet mein Vorschlag gehör so müste dieß sehr bald geschehen, ehe davon lange zuvor die rede ist, findet er aber keinen beifall, so muß die Zeit lehren, ob ich recht habe die Sache Auszuführen oder nicht. Auch will ich noch anheim geben, genau acht zu haben, wie sich die jezt Anwesendseyn werdende Ständische Deputation nimt, denn Sie werden gewiß sehr ins feld horchen wie mann gestimt ist, in dem ich sicher weiß daß mann Auf jede Handlung die von seiten des Hofes geschieht, im ganzen lande äußerst Aufmerksahm ist, und sich Veränderungen Vermuthet. Hierauf wünsche ich daß mein treues Ministerium sorgfälltig wachen mag und mir genauen rapport davon Abstatten möge. Denn die Churwürde können auf keinen Fall die Stände wünschen. Auch erwarte ich von denn jezigen Negotiationen, wegen der nebenSteuer, und deßen beschluß genauen bericht. Ich schreibe dieses im engsten Vertrauen in dem keine Seele dieß


23) Diese Paragraphen des Reichsdeputationshauptschlusses lauten: § XXXV. Tous les biens des chapitres, abbayes et couvens fondés, tant des anciennes que des nouvelles possessions, tant protestans que catholiques, tant médiats qu'immédiats, dont il n'a pas été formellement fait emploi dans les arrangemens précédens, sont mis à la libre et pleine disposition des Princes territoriaux respectifs, tant pour dépenses du culte, frais d'instruction et autres établissemens d'utilité publique, que pour le soulagement de leur finances . . . § XXXVI. Les chapitres, abbayes et couvens nommément et formellement assignés en indemnité, de même que ceux mis à la disposition des Princes territoriaux, passent à leurs nouveaux possesseurs avec tous leurs biens, droits, capitaux et revenues en quelque lieu qu'ils soient situés, sauf les distractions expresses. (C. Martens, Supplément au recueil des principaux traités etc. tome III p. 301.)
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Stück zu sehen bekömt, und sonst natürlich erstaunliche Sensation erregen würde. Ich erwarte nun, mit dem Bewustseyn, für das beste meines Hauses als ein Rechtschaffener Mann vorschläge gethan zu haben, das weitere Erachten meines getreuen Ministeriums mit der Versicherung, daß ich nie diese Äußerung gethan haben würde, wenn ich nicht ein wahrhaftes zutrauen in der herrn Ministers treue gesetzt hätte, wovon ich schon so viele beweise werend meiner Regierung gehabt habe."

Das Ministerium antwortete erst am 30. Auguste es entschuldigte die Verzögerung mit dem "ausgezeichneten Zusammentreffen so vieler wichtigen Angelegenheiten des höchsten Herzoglichen Hauses" - die abschließenden Verhandlungen über die Erwerbung der Herrschaft Wismar waren in eben diese Zeit gefallen. Zur Sache äußerte es sich dahin, "daß die Disposition der § 35 und 36 auf die LandesKlöster in Mecklenburg nach ihrer Entstehung und Beschaffenheit nicht anwendlich sey". Die Landesklöster seien den Ständen von den Herzogen Johann Albrecht und Ulrich in den Sternberger Reversalen von 1572, nach Bewilligung einer Summe von 400 000 Gulden überwiesen und seitdem Eigentum von Ritter= und Landschaft geblieben; sie seien von anderen Klöstern in Deutschland darin ganz verschieden, daß Sie der Ritter= und Landschaft gehörten, und gewisse Personen jetzt und in Zukunft ein angeborenes Recht auf den Genuß derselben hätten. Im Landesgrundgesetzlichen Erbvergleich sei den Ständen die Versicherung erteilt, daß die drei Klöster bei ihrer Konsistenz und ihren Rechten gelassen und geschützt sein sollten, und Herzog Friedrich Franz selber habe bei seinem Regierungsantritt den Ständen in bündigster Form versprochen, sie bei ihren Rechten und Privilegien erhalten zu wollen. Auch in anderen Ländern, wo ganz ähnlich eingerichtete Klöster beständen, sei, wenigstens zurzeit, von deren Einziehung nicht die Rede. Überdem bleibe es sehr zweifelhaft, ob nicht eine vorherige Übereinkunft mit dem Hause Mecklenburg=Strelitz erforderlich sei, da zwar der § 35 die fundierten Klöster der Disposition der Landesherren überlasse, im vorliegenden Fall indessen die Rechte der Stände des stargardschen Kreises konkurierierten, und diese sich unfehlbar an ihren Landesherrn wenden würden, wodurch dann "nach den bei diesem Hofe bekanntlich angenommenen Grundsätzen Ansprüche und Widerspruch zu erwarten wären". Das Ministerium müsse sich zurzeit aus diese wenigen Bemerkungen über das Recht auf Einziehung der Klöster beschränken, halte es indessen für seine Pflicht, nicht unberührt

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zu lassen, daß der gegenwärtige Zeitpunkt ungeeignet sei für eine Maßregel von ohnehin zweifelhafter Berechtigung, "die einen großen Teil der Landesfinanzen äußerst kränken und beunruhigen würde, weil sie in den Klöstern ihr größtes Vorzugsrecht setzen". Sodann würde mit dem etwaigen Recht zur Einziehung der Klöster auch die Verbindlichkeit zur Entschädigung aller derjenigen, die ein Recht daran hätten, auf das herzogliche Haus übergehen, und nach der Bewandtnis, die es mit den Landesklöstern habe, sei das Ende einer solchen Entschädigung gar nicht abzusehen, mithin könne der von der Einziehung gehoffte Vorteil nur gering sein. Weiter: die mecklenburgischen Klöster, nach ihrer Bestimmung und Einrichtung, würden das Schicksal der Einziehung, "welches nach dem Geist unseres kameralistischen Zeitalters katholische Klöster treffen mag," darum nicht verdienen, "weil sie nur Zufluchtsörter für bejahrte Standespersonen seien, die sich in der Welt wenig Hoffnung auf Versorgung machen können, und dadurch keineswegs dem Staate eine Menge junger Personen entzogen werden, welche ihre Kräfte weit zweckmäßiger verwenden könnten." Eine solche Einziehung werde mit den vom Herzog und seinen Vorfahren bisher stets bewiesenen frommen und gnädigen Gesinnungen um so weniger vereinbar sein, da der Herzog sogar das Klöster Rühn, bei dem die Rechte der Stände gar nicht konkurrierten, bisher nicht eingezogen, sondern darüber aus Gnaden disponiert und darauf mehrere Exspektanzen erteilt habe. Endlich sei die Hoffnung noch nicht aufzugeben, daß die Stände ihre Anhänglichkeit an ihren Landesherrn bei den bevorstehenden Staatsausgaben betätigen und dadurch sich die Zufriedenheit des Herzogs erhalten würden, um den sie sich erst kürzlich durch ihr Benehmen bei der Regulierung der Angelegenheit wegen der Nebensteuer verdient gemacht hätten.

So wie die Unterzeichner dieses Aktenstückes, Graf Bassewitz und Brandenstein, dachten freilich nicht alle Mitglieder des Regierungskollegiums. Rudloff unterbreitete dem Ministerium seine zu Papier gebrachten "im äußersten Nothfall vielleicht nicht ganz verwerflichen Gedanken", in denen er die Frage aufwarf, "ob nicht durch Aufbietung einheimischer Ressourcen dem Mangel eines Fonds zu dem mit der Kuhrwürde verknüpften größeren KostenAufwande abzuhelfen stehen mögte". "Hierunter verstehe ich" - führte er aus - "die Einziehung der drei Landesklöster und der Rostockschen mit LandGütern angesessenen geistlichen Stiftungen, deren politische fernere Existenz aus nicht mehrere

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Begünstigung Ansprache machen noch aus irgend einem Grunde ein besseres Schicksal verlangen kann, als so viele zur Säcularisation izt verurtheilte katholische mittelbare und unmittelbare Domstifter, Klöster und Abteien, und als selbst das protestantische DomKapittel zu Lübeck (versteht sich mit gleichem Vorbehalt einer Abfindung der itzigen Percipientinnen). Anderen Theils würde eine wesentliche Abänderung des Ersten und Zweiten Artikels des LandesVergleichs eventualiter um so unvermeidlicher seyn, je weniger zu den vergrösserten kuhrfürstlichen Bedürfnissen an Garnisons= und Legations=Kosten, auch KammerZielern 24 ), Reichs= und Kreisprästationen nach dem Kuhrfürstlichen Anschlage, die bisherigen landständischen Beiträge zu diesen StaatsLasten weiter zureichend seyn würden. Zu beiden Operationen kann freilich von Serenissimo nach der bisherigen LandesVerfassung der Antrag directe nicht gemacht werden. Allein durch die Dazwischenkunst Russischer und Preußischer Vermittelung könnte mit eben dem Rechte, womit die ganze ReichsVerfassung ohne Rücksicht auf nachbarliche, auf reichs= und landständische Widersprüche ganzer Curien von ReichsStädten, mittelbarer und unmittelbarer Prälaten, izt so wesentlich verändert wird, auch die Verfassung eines einzelnen ReichsLandes leicht eine, von den veränderten Verhältnissen der Zeiten unzertrennliche Umwandelung in ihren einzelnen Theilen erleiden, wenn dazu die vorsichtige Einleitung gemacht würde, und das Land würde dem ohngeachtet unter der milden Beherrschung seines angestammten RegierHauses eben so glücklich, wo nicht glücklicher seyn können, als zuvor."

Zwei Monate Später, am 4. November, ließ sich der Herzog wieder vernehmen: "In bezug Auf die Antwort meines Ministerii vom 30. August a. c. [betreffend] die Einziehung der landesKlöster, erwiedere ich demselben, daß ich zwar bisher aus manchen Gründen anstand genommen habe zu Antworten, allein die Annäherung des dießjährigen Landtags macht es mir zur Pflicht meine Aufrichtige Erklärung abzugeben, um meine Schuldigkeit zum besten meines herzoglichen Hauses gethan zu haben, und von aller Verantwortlichkeit frey zu seyn, die ich sonst auf mich laden würde. Die Entscheidung der frage, ob ich Vermöge des neuesten ReichsDeputationsSchlußes § 35. und 36


24) Kammerziele hiesen im früheren deutschen Reich die von den Reichsständen zur Unterhaltung für das Reichskammergericht zu steuernden Beiträge.
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berechtigt binn, die in meinen Landen befindlichen Klöster, unter Vorschriftsmäßige Bedingungen einzuziehen, ist von der grösten Wichtigkeit für mich und mein Herzogl. Haus. Daher wird mein getreues Ministerium es mit mir gewiß nothwendig finden, daß dieser Wichtige Gegenstand weiter geprüft, und nach allgemeinen, und besonders hiebey eintretenden Rechtlichen Grundsäzen näher erwogen werde, ehe ich mich zu einer final Resolution bestimmen kann. Denn so wehnig ich gemeint binn etwas zu unternehmen, wozu alle rechtliche Befugnisse fehlen, eben so wehnig darf ich mich erlauben (wenn ich mich nicht dereinst denn gerechten Tadel meiner Nachkommenschaft aussezen will) ohne hinlängliche Prüfung eines so wichtigen Gegenstands, als die Befugniß zur Aufhebung der LandesKlöster ist, aufzugeben, da ich wehnigstens zur Zeit noch nicht überzeugt binn, daß solche mich nicht zustehen sollte. Um die Frage, ob ich dazu recht habe, rechtlich zu erörtern, so gebe ich meinen getreuen Ministerio hiedurch auf, wie es bey allen wichtigen Rechtssachen gebräuchlich ist, über diese Sache von einen oder mehreren Auswärtigen und unpartheiischen, im teutschen StaatsRechte gründlich bekannten, akademischen RechtsGelehrten, ein rechtliches Erachten einzufordern, wie auch ebenfals, von solchen Persohnen, welche in meinen Diensten stehen, die bekannt für geschickte, unpartheiische und Rechtschaffene RechtsGelehrte sind. Es muß diesen aber besonders die gröste Verschwiegenheit welche Sie mir ohnehin vermöge ihres Eides schuldig sind auferleget werden. Ich erwarte baldigst, meines getreuen Ministerii Bericht, in wieferne Sie meine Wünsche erfüllet haben. Ich Verlaße mich gänzlich auf meines Ministerii, von jeher bewiesenen treuen DienstEifer und Rechtschaffenheit, daß es meine Wünsche in dieser wichtigen Sache sicher erfüllen wird, da ich nichts mehr und nichts wehniger verlange, als was ein jeder privatMann, in seinen eigenen wichtigen Angelegenheiten, um seinen Entschluß zu bestimmen tuhen würde. Ich binn daher überzeugt, daß mein getreues Ministerium sich diese Wichtige Sache wird bestens Angelegen seyn laßen, und dahin aufs genaueste Sehen, noch zugeben wird, daß bis dahin daß meine final Entschließung erfolget, nichts geschehe woraus Ritter und Landschaft eine Stillschweigende Entsagung meiner Befugniße folgern könnte. Ich erkläre jedoch schon im voraus, daß wenn auch das Rechtliche Erachten, aller zu Rathe zu ziehenden RechtsGelehrten, ganz für mich das Recht die LandesKlöster einzuziehen ausfallen sollte, ich dennoch nach meinen

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Aufrichtigen und hinlänglich bekannten Gesinnungen zur liebe meines Nächstens, und zum Glücke des Landes, welches Gott mich zu Regieren Anvertrauet hat, von meiner Befugniß nur alle mahl denn schonensten Gebrauch zu machen gedenke, und gerne Vorschläge zu einer billigen Übereinkunft machen werde, wenn solche irgend mit meinem und meines Herzoglichen Hauses Intereße zu vereinbaren seyn werden. Sie müßen Aber denn Umständen anpaßend seyn."

Unterm 11. November erklärte dann das Ministerium, es müsse auch nach näherer Prüfung auf dem Standpunkt beharren, daß die Landesklöster nicht in die Kategorie der Stifter fielen, die das Los der Aufhebung und Einziehung treffen könne. Als auf dem Reichstage die Einziehung von Mediatstiftern und Klöstern zur Proposition gekommen sei, da habe Kursachsen zuerst seine Stimme dagegen erhoben und unter allgemeinem Beifall erklärt, das dürfe nur auf die zur Säkularisation bestimmten Länder angewandt werden, nicht aber auf die Besitzungen der weltlichen Fürsten, deren landesherrliche Rechte nicht gekränkt werden dürften, am wenigsten aber auf Stiftungen in evangelischen Reichslanden, bei denen ohnehin der Begriff der Säkularisation nicht anwendbar sei und wobei landesherrliche und landständische Gerechtsame einträten. Dementsprechend seien denn auch Stifter in evangelischen Reichsländern nicht zur Entschädigung angewiesen, aus dem Grunde, weil sie schon säkularisiert und nur noch wohltätige Versorgungsanstalten seien und dadurch landständische Gerechtsame gekränkt würden. Mit diesem Grundsatz möge zwar die allgemeine Disposition des § 35 des Deputationsrezesses vielleicht nicht vereinbar scheinen, es stehe aber nicht anders anzunehmen, als daß die in diesem Paragraphen erteilte Erlaubnis nur auf diejenigen Stifter, Abteien und Klöster gegeben werde und anwendlich sei, die sowohl in den alten als in den neuen Besitzungen für Verluste jenseits des Rheins angewiesen worden. Das Ministerium berufe sich in dieser Beziehung auf die Ausführungen des bekannten Staatsrechtslehrers Gaspari in seinem Werke über den Deputationsrezeß 25 ). Es könne fast mit Gewißheit angenommen werden, daß diese Auslegung von allen evangelischen Fürsten akzeptiert werde, die sich mit dem Herzog in gleicher Lage be=


25) Adam Christian Gaspari, Der Deputations=Rezeß mit historischen, geographischen und statistischen Erläuterungen und einer Vergleichungs=Tafel. 2 Bde. Hamburg 1803. Von der vom Ministerium nicht genauer bezeichneten, aber unzweifelhaft gemeinten Stelle (Tl. II S. 276 ff.) hatte (  ...  )
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fänden, da nicht bekannt geworden sei, daß z. B. in Sachsen, Hannover und Holstein auf Einziehung protestantischer Stifter und Klöster irgend Bedacht genommen werde. Indessen sei das Ministerium weit entfernt, dem Herzog diese seine Überzeugung aufdringen zu wollen, da er es vielleicht für befangen halten könne. Er möge daher das Erachten eines von ihm selbst zu bestimmenden unparteiischen, im deutschen Staatsrecht bewanderten akademischen Rechtsgelehrten über die Frage von der landesherrlichen Berechtigung zur Einziehung der Landesklöster einholen. Auf alle Fälle aber möchte das Ministerium bitten, der Anfrage ein Exemplar der Assecuration vom 2. Juli 1572 oder wenigstens eine Abschrift von § 4 derselben sowie des darauf unterm 4. Juli desselben Jahres ausgestellten Reverses und der §§ 121 und 133 des Landesgrundgesetzlichen Erbvergleichs beilegen zu lassen, "weil sonst auch der geschickteste auswärtige Publizist (sehr wahrscheinlich mit diesen relevanten Urkunden nicht bekannt) ein nicht haltbares Votum abgeben könnte". Hätten mehrere deutsche Reichsfürsten ähnliche Zweifel und Absichten, so werde es am zweckmäßigsten sein, eine authentische Interpretation des § 35 von der Reichstagsversammlung zu erbitten, wozu diese allein berechtigt und imstande sei. Dazu aber allein mit einem solchen Antrage vorzugehen, sei nicht ratsam um der Publizität willen, die der Herzog aus sehr erheblichen und wichtigen Gründen zu vermeiden beabsichtige. Ob und inwieweit landesherrliche Zusicherungen und Verträge der beabsichtigten Ausführung in hiesigen Landen entgegenstehen möchten oder nicht, das werde sodann näher geprüft und erörtert werden können, wenn die Frage der Berechtigung im allgemeinen zuvor außer Zweifel gesetzt sei. Schließlich möge noch bemerkt werden, daß die Anwendung nicht an einen bestimmten Zeitpunkt gebunden sei und eine stillschweigende Entsagung nicht gefolgert werden könne.

Wenn das Ministerium geglaubt hatte, durch die Berufung auf Gaspari, aus dessen Werk es einen guten Teil der Argumentationen seines Promemoria entnommen hatte, den Herzog umstimmen zu können, so mußte es sich bald vom Gegenteil über=


(  ...  ) es seinem Promemoria "eine leserlich geschriebene Abschrift" beigefügt, die heute nicht mehr zu den Akten liegt, übrigens kann man Gaspari, der damals Professor am Gymnasium in Oldenburg war, keineswegs als "Staatsrechtslehrer" ansprechen; eine gewisse Bedeutung für seine Zeit hat er sich erworben als "Popularisator der Erd= und Staatenkunde". S. Ratzel in der Allg. deutschen Biographie Bd. VIII S. 394.
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zeugen. Denn am 19. Dezember 1803 antwortete er: "Die Gründe, welche Mein getreues Ministerium in seinem Pro Memoria vom 11. v. M. gegen die Einziehung der hiesigen LandesKlöster angeführt hat, haben zur Zeit meine Überzeugung, dazu ein Recht zu haben, noch nicht geändert, vielmehr ist selbige durch das Werk des Statistikers Gaspari noch mehr bestärkt worden, denn wenn dieser aus Irthum, weil er kein Rechts=Gelehrter ist, den noch von keinem RechtsGelehrten je behaupteten Grundsaz aufstellt, daß die protestantischen Klöster bereits Secularisiret wären, da Sie doch nur reformiret aber nicht Secularisirt sind, mithin in die Reihe der Klöster fallen, welche der ReichsDeputationsSchluß angiebet, so gibt er doch am Ende die landesherrliche Befugniß zu die Klöster einziehen zu können." Es folgt dann eine Reihe von Bemerkungen, die beweisen, daß der Herzog das Gaspari'sche Werk sehr aufmerksam gelesen hat. Und dann heißt es zum Schluß: "Es stehet mir daher nicht zu verdenken, wenn ich um völlig sicher zu gehen das Erachten eines Auswärtigen berühmten academischen Rechtslehrers darüber einzuziehen Wünsche.    . . . Da nun zu diesem Zwecke ein genaues und umständliches Species facti Erforderlich ist um es dem zu befragenden RechtsGelehrten Vorzulegen, so trage ich hiedurch mein Getreues Ministerium auf, ein solches entwerfen zu laßen, um die Einholung eines Rechtlichen Erachtens, wo von ich zu meiner beruhigung nicht ablaßen kann noch werde, zu besorgen. Ich traue es der Treue und Anhänglichkeit meines Ministerii vollkommen zu daß es gegen Diesen meinen Willen nichts einzuwenden haben wird, und erwarte daher bestimmt deßen Befolgung."

In der Weihnachtswoche war dann die Klosterfrage noch einmal Gegenstand gründlicher Erörterungen im Schoße des Regierungskollegiums. In ihnen trat wieder der fundamentale Unterschied in den Standpunkten der adlichen und der bürgerlichen Mitglieder des Kollegiums zutage: Graf Bassewitz und Brandenstein beharrten dabei, dem Herzog die Berechtigung zur Aufhebung der Landesklöster abzusprechen, während die Regierungsräte Krüger und Rudloff des Herzogs Recht dazu für außer Frage stehend erklärten. Aus dem umfänglichen Krügerschen Votum mögen hier die ersten Absätze mitgeteilt werden.

"Nachdem die KlosterAngelegenheit regiminel gemacht ist, darf ich meine Meinung darüber nicht länger zurückhalten. Ich bin gänzlich überzeugt, daß es in Serenissimi Recht stehe, die Klöster einzuziehen. Auf Recht und Rechtsgründe kann es hier=

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bey nach meinem Bedünken überall nicht ankommen; sondern blos allein darauf, was in dem ReichsDeputationsSchluß steht. Ales, was vorhin dieses Puncts halber Recht und Verhältniß war, ist dadurch totaliter umgestossen und aufgehoben; und es ist von stärkerer Macht ein anderes Recht, eine andere Ordnung der Dinge eingeführt. Es kann daher kein Widerspruch eines andern, in specie hier der Ritter= und Landschaft, in Betracht kommen; und es hilft keine RechtsErörterung aus Gründen ab aliunde eben so wenig, als bey der faktischen Wegnahme der Lübeckschen Dörfer die Stadt Lübeck gefragt ward, oder das Heil. Geist=Hospital, die doch weit mehr und wesentlichere Rechte an die Dörfer, als hier Ritter= und Landschaft an die Klöster, hatten, und überall sonst nichts gegen sich, als dieß, daß es vermöge des ReichsDeputationsschlusses nicht länger so seyn, sondern ihr EigenthumsRecht auf einen andern übergehen sollte. Die AssecurationsReverse, und alles was damit in Verbindung steht, nützen eben hier darum nichts, weil die neue Bestimmung und deren Urheber sich darüber weggesetzt, und etwas anderes eingeführet haben."

"Wenn die Fürsten ohnehin Recht und Macht hätten, die Stifter in ihren Landen einzuziehen, und sich Revenuen daraus zu machen, so wäre der hierher gehörige Passus des ReichsDeputationsAbschiedes, mit allen seinen weitläuftigen Vorarbeitungen, etwas durchaus unnützes. Es muß also schlechthin die Absicht gewesen seyn, den Fürsten etwas zuzueignen, was sie sonst nicht hatten, auf Kosten der bisherigen Rechte anderer. Daher lassen sich diese, durch Obermacht vernichtete, Rechte gegen den erklärten Willen der Obermacht auf keine Weise wieder anziehen."

"Kann nun aber hier anders nichts gefragt werden, als: was sagt der ReichsDeputationsReceß? So muß ich gestehen, daß ich keinen anderen Sinn darinn finden kann, als der wörtlich da steht: Alle Güter der fundirten Klöster werden der freyen Disposition der Landesherren überlassen: ja so gar ausdrücklich zur Erleichterung ihrer Finanzen. - Die hier zur Frage stehenden Mecklenburgischen Klöster sind Klöster, so gut es irgend welche in protestantischen Ländern giebt; und Serenissimus ist ihr Landesherr. Die Folge ist also klar."

"Die §§ 35 und 36 machen nicht die geringste Einschränkung. Es ist kein Gedanke daran, daß nur diejenigen Landesherren gemeynet seyn sollten, die am linken Rhein=Ufer verlohren haben. Deren Entschädigung war durch die vor=

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hergehenden Austheilungen schon absolvirt; und nun erst folgte, als eine Zugabe zu der mit Teutschland vorgenommenen Veränderung, die Vestsetzung des neuen Princips von dem landesherrlichen Dispositions=Rechte über die noch übrig gebliebenen mediaten Stifter; und diese Bestimmung erfolgte ungeachtet voraufgegangener Einwände von einzelnen Reichsständen. Auch steht im § 35. 36 mit keinem Worte, daß diese Uebergebung der mediaten Stifter als eine Entschädigung angerechnet werden sollte zur Gutmachung dieses oder jenes Verlustes; sondern ganz ausdrücklich zu Behuf des Aufwandes für gemeinnützige Anstalten und Erleichterung der landesherrlichen Finananzen. Dies paßt auf alle Teutsche Landesherren; so wie die voraufgegangenen, allenthalben besonders behandelten und bis zur Zufriedenheit der Interessenten ausgeglichenen, bestimmten Schadens=Ersetzungen nur auf jeden individuellen Schaden leidenden Reichsstand."

"Ich finde weiter in den §§ 35. 36 keinen Gedanken daran, daß nicht alle vorhandene Stiftungen und Klöster gemeynet seyn sollten, ausser denjenigen die nahmentlich ausgenommen sind; das sind nämlich diejenigen, deren Verwendung schon vorher vestgesetzt worden, die Ausstattungen derjenigen Domkirchen welche bleiben, und die Pensionen der aufgehobenen Geistlichkeit. Sonst ist nichts ausgenommen oder vorbehalten, insbesondere auch nicht solche Stiftungen, deren Fortdauer in juribus quaesitis der Landstände zu beruhen scheinen mögte. Es giebt keine Stiftungen, bey welchen nicht einer oder anderer interessierte, und dennoch sollen sie aufgehoben werden dürfen. Es trit also bey unsern Klöstern nichts besonderes, sie von dem § 35 ausschliessendes, ein. Ob dieser oder jener Patron derselben ist, ihre Verwaltung zu besorgen hat, ihre Stellen besetzet u. d. m., das ist alles gleich viel; denn der § 35 macht darunter keinen Unterschied. Eben so wenig kann es bedeuten, ob dieser oder jener Stand, diese oder jene Classe von Leuten, darinn receptibel sind. Es sind und bleiben allemal Commünen, welche zu Vermehrung der Revenüen der Landesherren abgeschaft werden sollen, weil man sie nach der heutigen Denkungsart nicht mehr für heilig und nützlich, vielmehr für bequeme Mittel gehalten hat, die Landesherren ein wenig zu soulagiren."

"Es releviret weiter nichts, wie die bisherige Handhabung dieser Klöster beschaffen gewesen, quo titulo vel modo dieselbe an die Landschaft gekommen ist, in specie ob die Bestimmung: daß die Klöster zu Auferziehung innländischer Jungfrauen ge=

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braucht werden, - daß die Landschaft die Kloster=Vorsteher setzen und beurlauben, - und daß das erübrigte Aufkommen der Klöster zu deren Besten verwandt werden soll - (: und weiter erstrecken sich die Rechte der Landschaft nicht :) aus den ersten Fundations=Briefen, oder aus nachherigen Vereinbarungen herrühret? Dieß alles kann nur zur Frage kommen, so lange diese Klöster existiren. Non entis nulla sunt praedicata. Wenn die Klöster, vermöge der neuen Einrichtung von Teutschland, aufhören zu seyn, so cessiren die Fragen, wer sie berechnen, verwalten, vertreten solle, per se; folglich auch die Bestimmungen darüber in alten Verträgen; eben so als die jura, die Grenzen, die Stadt=Kämmerey nicht mehr zur Sprache kommen kann, wenn die Stadt selbst durch eine Bestimmung inter gentes eingehen muß."

Zu demselben Ergebnis wie Krüger kam, wenn auch auf anderem Wege, Rudloff, der sein Votum damit schloß: "Es wird solchem nach, Wenn Serenissimus sich erst bestimmt und rein über Ihre höchste WillensMeinung zur Annahme des Reichsschlusses werden zu erklären geruhet haben, nichts weiter als die Art und Weise der buchstäblichen Vollstreckung desselben zu überlegen übrig seyn" und er forderte, "daß dann damit, ohne weiteres, schnell und thätig zu verfahren sei". 26 )

Auf die Abgabe dieser Voten folgten noch weitere Deliberationen im Regierungskollegium, welches dann am 7. Januar 1804 das "Resultat seiner collegialischen Beratungen" dem Herzog vorlegte. Es erschien dem Kollegium "am geratensten, zuerst das Recht zur Einziehung der LandesKlöster so viel möglich außer Zweifel zu setzen, immittelst aber den etwanigen höchsten Rechten so wenig durch Handlungen zu praejudicieren, als durch Verfügungen oder Verordnungen der Ritter= und Landschaft Anlaß zu Beschwerden zu geben und dadurch das Seegen bringende gute Vernehmen zwischen Regenten und Ständen zu stören." Zwar habe der Herzog beschlossen, über das Recht zur Ein=


26) Rudloff hat seine Ansicht von der Berechtigung der Landesherren zur Einziehung der Klöster weiter ausgeführt in der 1804 in Regensburg gedruckten anonymen Schrift "Versuch einer richtigen Auslegung und Anwendung des Hauptschlusses der außerordentlichen Reichs=Deputation zu Regensburg vom 25. Februar 1803, § 35. 36" (2. Aufl. Schwerin 1804) und dann, als seine Darlegungen im Auftrage der mecklenburgischen Ritterschaft von Karl Friedrich Häberlin ("Ueber Aufhebung mittelbarer Stifter, Abteien und Klöster in Deutschland . . . mit Anwendung auf die Mecklenburgischen Jungfrauen=Klöster," Helmstedt 1805) bekämpft wurden, in einem 2. Teil seines Buches (Schwerin 1805) Häberlin zu widerlegen gesucht.
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ziehung der Klöster das Erachten eines auswärtigen StaatsRechtslehrers einzuholen, doch scheine die bloße Konsultation eines Privatgelehrten in diesem wichtigen Falle, wo es auf Auslegung und Anwendung eines Reichsgesetzes ankomme, nicht so beruhigend und sichernd als die vorherige vertrauliche Kommunikation mit andern protestantischen Höfen, in deren Landen sich fast ähnliche protestantische Klöster befänden und die folglich mit dem Herzog in gleicher Lage seien. Das Regierungskollegium finde sich zu dieser Betrachtung vorzüglich dadurch angeregt, daß bis dahin kein protestantischer Landesherr auf Grund des § 35 protestantische Stifter oder Klöster eingezogen habe. Das Regierungskollegium gebe daher dem Herzog submissest anheim, entweder mit solchen Landesherren über Auslegung und Anwendung des § 35 unmittelbar in Korrespondenz zu treten, oder zu genehmigen, daß eine solche Korrespondenz mit den Ministerien solcher Höfe eröffnet werde.

Damit erklärte sich der Herzog unterm 14. Januar einverstanden. Er verzichtete aus das Erachten eines Staatsrechtslehrers, erklärte sich bereit, mit Fürsten, die sich in gleicher Lage befänden, in unmittelbare Korrespondenz zu treten, und wählte dazu den Kurfürsten von Württemberg und den Herzog von Braunschweig, genehmigte aber dann auf die Vorstelligungen des Ministeriums hin, daß auch an die Könige von Preußen und von Dänemark Handschreiben gerichtet würden. In diesen Handschreiben, mit deren Abfassung der Geheime Kanzleirat Siggelkow beauftragt war, hieß es:

"Indem jeder Reichs=Fürst aus dem Haupt=Schluß der Reichs=Deputation vom 25. Februar v. J. den möglichsten Nutzen zu ziehen sucht, halte ich es auch für Pflicht gegen mich und mein Herzogliches Haus, keinen der Vortheile, welche er mir gewähren könnte, unbenutzt zu lassen."

"In meinen Landen sind drei protestantische Frauen=Klöster von meinen Vorfahren im Jahre 1572 der damaligen Landschaft zu christlicher Auferziehung der inländischen Jungfrauen überwiesen, indem der darüber 1572 ausgefertigte Revers wörtlich lautet: ,Zum Vierten überweisen Wir (die Herzöge Hans Albrecht und Ulrich) Unserer Landschaft die drei Jungfrauen=Klöster Dobbertin, Ribnitz und Malchow dergestalt, daß sie zu christlicher ehrbarer Auferziehung der inländischen Jungfrauen, so sich darin zu begeben Lust hätten, angewandt und gebraucht werden, und die Landschaft Macht haben soll, einen Amtmann, Vorsteher oder Verwalter, doch vermittelst Unserer Confirmation

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und Bestätigung, darin zu setzen, und aus erheblichen Ursachen wieder zu enturlauben, welcher sämmtlichen Uns, und etlichen, so die Landschaft verordnet, von seiner Haushaltung jährlich Rechnung thun, und was an Einkommen ersparet und erübriget wird, dem Kloster zum Besten angewendet; dagegen auch die Jungfrauen nach Unserer gefaßten Reformation leben und wandeln, und durch die Landschaft eine gewiße Ordnung der Haushaltung, auf Unsere Ratification gemacht, und darin gehalten werden soll usw.'"

"Auch der unter Römisch=Kayserlicher Majestät allerhöchster Ratification im Jahre 1755 zwischen dem damaligen regierenden Herzoge Christian Ludewig und seiner Ritter= und Landschaft geschlossene LandesGrundGesetzliche ErbVergleich in seinem § pho 121 deshalb wörtlich disponiret: ,Die drei Klöster Dobbertin, Ribnitz und Malchow sollen bei ihrer Consistenz und bei ihren Rechten, wie darunter die Reversales vom Jahr 1572 Art. 4 und das Herkommen Maaße geben, gelassen und geschützet werden.'"

"Dieses macht mir, bei Betrachtung des Reichs=Deputations=Schlusses, besonders die § 35 und 36 desselben interessant. Um indessen gewiß zu seyn, daß ich nicht weiter gehe, als diese §§ nach einer anerkannt billigen Auslegung zu gehen mir volle Befugniß geben, so wende ich mich hiemit Vertrauensvoll an Ew. . . mit der Frage: Ob Hochdieselben diese §§ so auslegen, daß durch Sie die Landes=Herren aller und jeder Deutscher Reichsländer berechtiget werden, alle und jede Stifter und Clöster, ohne alle Neben=Rücksicht ganz oder zum Theil einzuziehen, und ob diese Auslegung der gedachten §§, oder welche in HochDero eigenen deutschen Staaten in Anwendung gebracht werden dürfte."

"Mit aufrichtigem Dank werde ich Ew. . . Antwort entgegen nehmen, und die Meinung eines so mächtigen Reichs=MitStandes wird mich in den Stand setzen, meine individuelle Angelegenheit um so richtiger und zuverlässiger zu beurtheilen."

Diese ihm zur Unterschrift vorgelegten Briefe aber wies der Herzog kurzerhand zurück. "Da ich es für meine Pflicht halte" - so schrieb er am 25. Januar - "in der Mir so wichtigen Angelegenheit der Aufhebung der Klöster frey so wie ich denke zu sprechen, so wird es mein getreues RegierungsCollegium mir nicht verdenken, daß ich Anliegende Schreiben nicht behandzeichne, in dem ich zwar von der Ausarbeitung, da Sie gewiß den Beweiß der Sachkenntniß an sich trägt, sehr zufrieden binn, nur finde ich Sie zu Umständlich für dasjenige, was ich eigentlich

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denen zu fragenden Fürsten zur beantwortung vorlegen will. Ein Rechts=Urtheil will ich von Sie nicht erhalten, sondern ich will nur von Sie wißen, wie Sie denn § 35 und 36 des Reichs=DeputationsSchlußes Auslegen und Anzuwenden gedenken, ihnen aber meine landesGesetze nicht zur beurtheilung Vorlegen. Denn wenn ich meine Anfrage erstlich von denn Fürsten werde beantwortet erhalten haben, als denn ist es meine Sorge Als Landesherr zu beurtheilen, ob ich nach meinen landesGesezen die Sache Ausführen kann oder Will." Der Herzog erwartet daher andere, nach den angegebenen Gesichtspunkten veränderte Schreiben; es werde genügen, wenn solche nur an den König von Preußen und an den Herzog von Braunschweig als kreisausschreibende Höfe des niedersächsischen Kreises ergingen.

Diese vom 25. Januar datierten neuen Schreiben lauteten:

"So bestimmt auch die § 35 und 36 des ReichsDeputationsHauptschlusses vom 25. Februar v. J. zu lauten scheinen, so wünschte von Ew. . . ich doch unterrichtet zu seyn, wie Dieselben die besagten Stellen des Deputationsschlusses auslegen und anzuwenden gedenken, weil dies mich in den Stand setzen würde, auch in Ansehung der in meinen Landen befindlichen Protestantischen JungfrauenKlöster Dobbertin, Ribnitz und Malchow, auch des Klosters zum heiligen Kreuz in der Stadt Rostock, meine individuelle Angelegenheit um so richtiger und zuversichtlicher zu beurtheilen. Als eine außerordentliche Gefälligkeit würde ich es daher erkennen und zu schätzen wissen, wenn Ew. . . . mir darüber eine hochgeneigte und gütige genügende Eröffnung zu geben geruhen wollten."

In der Zeit nun, die zwischen der Absendung dieser Schreiben und dem Eingang der Antworten lag, berichtete Plessen am 26. März, nach Mitteilung des kurbrandenburgischen Gesandten habe der König von Preußen nunmehr eine feste Einrichtung für die sämtlichen Klöster und Stifter in seinen alten Reichslanden ergehen lassen. "Die Existenz derselben soll auf alle künftige Zeiten gesichert seyn, und nur in deren Verfaßung die Abänderung getroffen werden, daß dem Landesherrn die ausschließende Befugnis zusteht, künftig alle vacant werdende Stellen zur Belohnung von Verdiensten oder als Pension an alte Staatsdiener selbst zu vergeben . . . . Bey den Frauenstiftern ist die Versorgung der Dürftigen als Hauptzweck anzusehen. Diese ganze Verfügung ist bei Gelegenheit einer Anfrage des DomCapitels zu Halberstadt ergangen und den beiden Ministern v. Reck und v. Massow ist die Untersuchung, und das abzuändernde aller dieser alten

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Stifter aufgetragen." "Gewiß ist diese zu treffende Anordnung" - so bemerkt dazu Plessen, der seinem Bericht eine Abschrift der betreffenden Kabinettsordre vom 21. Februar beilegte - "so billig als zweckmäßig, und, ohne dadurch die erworbenen Rechte eines Dritten zu verletzen, gewinnt der Staat durch die Ersparung notwendiger Pensionen einen beinahe gleichen Vortheil, als ihm durch die völlige Aufhebung der Stifter erwachsen würde. Der neu acquirirten EntschädigungsLande ist in dieser Landesherrlichen Verfügung gar nicht gedacht. Jedoch ist, wie ich weiß, die Absicht, selbige beinahe alle einzuziehen, und nur deren zwey, als Capitel der beiden erforderten Bischöfe, bestehen zu laßen."

Der Inhalt der preußischen Kabinettsordre erfüllte den Herzog mit großer Zuversicht. Zwar stand die Antwort des Königs noch aus, und der Herzog befahl, ihm, wenn Sie bis zum 1. Mai nicht eingetroffen sei, dann ein Erinnerungsschreiben zu seiner Behandzeichnung vorzulegen, aber er meinte: "sie kann nicht anders als günstig für Uns ausfallen." "Nach Eingang der Antwort Sr. Majestät von Preußen" - so heißt es in der Kabinettsresolution vom 14. April - "werden Wir nicht verfehlen, Unsere weitere WillensMeynung über die wichtige Angelegenheit der Aufhebung oder Veränderung der ietzigen Verfassung Unserer LandesKlöster dem Collegio bekannt zu machen. Sollte indessen auf die zweyte Anfrage ebenfalls keine Antwort erfolgen, so genügt Uns die publicirte Cabinetsordre hinlänglich als Antwort."

In eben diesen Tagen, am 12. April, traf die Antwort des Herzogs von Braunschweig ein, datiert vom 16. Februar - Herzog Friedrich Franz war gewiß berechtigt, es "auffallend zu finden, daß das Antwortschreiben sieben bis acht Wochen von Braunschweig hieher unterwegens gewesen ist". Graf Bassewitz hielt es für angezeigt, nachforschen zu lassen, ob dieses Schreiben vielleicht in Schwerin auf der Post liegen geblieben sei, erfuhr aber vom Postcomtoir, daß es erst in der Nacht vom 11. auf den 12. in Schwerin eingetroffen sei, und sprach nun dem Herzog die Vermutung aus, "daß das Schreiben erst kürzlich erlaßen, aber aus Versehen, oder aus unbekannten Gründen, zurück datirt sey, weil darinn am Schlus auf öffentliche Nachrichten Bezug genommen würde, welche der malen (im Monath Februar) nicht bekannt gewesen, und allererst kürzlich zur Kentnis des Reichstags und Publicums gekommen wären."

Dieses Schreiben des Herzogs Carl Wilhelm Ferdinand

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von Braunschweig, welches dem Herzog Friedrich Franz "sehr passend" erschien, lautete:

"Auf Cw. Liebd. sehr verehrliches Schreiben vom 25. vorigen Monats erwiedere ich in ergebenster Antwort hiemit freimüthig, wie aus den § 35 und 36 des Reichs=Deputations=Haupt=Schlusses vom 25. Jan. v. J. es mir noch nicht so ganz deutlich hervor leuchte in wie fern Man dadurch berechtiget sein werde, die, in den Alt=Welt=Fürstl. evangelischen Landen vorhandenen Stifter und Klöster aufzuheben, und die Einkünfte davon zu andern Staats=Bedürfnissen einzuziehen, ja es dürfte in verschiedenen Rücksichten, besonders da ein Theil der, durch die Aushebung dergleichen Stiftungen erwachsenden Einkünfte zu andern Zwecken noch bestimmt zu sein scheinen, und Man vielleicht gar darüber solcher Gestalt disponiren könnte, daß sie auf Ausgaben außerhalb Landes angewiesen würden, nicht ohne Bedenken sein, damit vorzuschreiten, daher, so viel die hiesigen Lande angeht, ich es gerathener gehalten, damit alles in statu quo zu lassen. Sollten Ew. Liebden nach der dortigen Lage der Sache jedoch ein Anderes Ihrer Convenienz gemäßer finden, so gebe Denenselben ich anheim, ob es nicht gefällig sein wolle, die Meinung des Königl. Preußischen Hofes, welcher den öffentlichen Nachrichten nach, mit der Aufhebung einiger alten Stiftungen schon den Anfang gemacht hat, hierüber einzuziehen."

Also nicht bloß in Schwerin, sondern auch in Braunschweig bestanden Zweifel über die Auslegung des § 35. Daß das überhaupt in weiten Kreisen der Fall war, erhellt aus einem Berichte Plessens aus Regensburg vom 14. Mai, in dem es heißt: "Die in den Kgl. preußischen deutschen Landen wegen der geistlichen Stifter neuerdings getroffene Verfügung hat Gelegenheit gegeben, daß hier verschiedentlich die Frage abgehandelt worden: Ob die protestantischen Stifter sich alle gleichmäßig in der Cathegorie befinden, daß die allgemeine Disposition des § 35 des DeputationsReceßes auf selbige anwendbar ist? Da die darüber gefällten Urteile von Männern herrühren, welche theils Mitglieder der Deputation waren, theils Stellen bei den Reichsgerichten bekleideten, so halte ich es für meine Pflicht, hier einige Erwähnung davon zu machen. Die Resultate gehen ohngefähr dahin: a) Wo eine Stiftung noch für clerici oder ecclesiastici auch unter veränderter Religion in Bestand und Verfassung gelaßen war, da stehet nunmehr nach dem angezogenen § 35 denen Landesherren ohne Unterschied das Recht der Aufhebung zu. Wo diese aber nach dem Westphälischen Frieden in prote=

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stantischen Ländern schon eine Abänderung erlitten haben, da sind die individuellen Verhältnisse in Betracht zu ziehen. b) Die Ausnahmen könnten verschiedentlich begründet werden, wenn damals schon eine Säcularisation vorausgegangen, - wenn die geistlichen Güter bereits in den Händen der Landesherren gewesen, von diesen alsdann zu anderweitigen Zwecken, ad pios usus u. d. gl. bestimmet, und dadurch die geistliche Eigenschaft alteriret worden, - vor allem, wenn darüber vorherige Verträge und wechselseitige Verbindlichkeiten eingegangen, überhaupt, wenn solche Stiftungen in irgend eine Art von Privat=Eigenthum übergegangen und jura quaesita dabey obwalten, also die Voraussetzung des Gesetzes, daß dergleichen Güter würklich noch disponibel sind, nicht mehr eintritt. Eine Maasgabe dieser Art solle der § 65 des ReichsDeputationsReceßes enthalten. 27 )

Schon bevor Plessens Bericht eingegangen War, hatte der Herzog am 8. Mai das schon bereit liegende Erinnerungsschreiben an den König von Preußen abzusenden befohlen. "Kommt hierauf" - schließt diese Kabinetsordre - "in vier Wochen keine Antwort, so werden Wir weitere Verfügungen in Absicht der Klöster in Unserm Lande treffen." Und als diese Frist verstrichen war, ohne daß der König sich hätte vernehmen lassen, beschloß der Herzog vorzugehen und schrieb am 9. Juni an das Regierungskollegium:

"In bezug Auf Unsere CabinetsOrder vom 8. m. p. die Veränderung mit den hiesigen LandesKlöstern betreffend, geben Wir nun Unserm RegierungsCollegio folgende resulution zur letzten Prüfung und Ausführung . . .

1) Wollen Wir die Vier LandesKlöster mit allen dazu gehörenden liegenden Gründen, Capitalien, Rechten und Gerechtigkeiten in besiz und Verwaltung nehmen.

2) Wollen Wir die jezt zu vollen mit und ohne natural hebungen eingerichteten KlosterPläze auf ewige Zeiten laßen, und sollen die gegenwärtigen Inhaberinnen derselben so wohl als ihre Nachfolgerinnen alles das gerechtiglich genießen, was mit denn Stellen Verknüpft ist.

3) Sollen die KlosterPläze der halben und Viertelhebungen nach und nach eingezogen werden, da solche nicht zu der ur=


27) Der § 65 besagt: Les fondations pieuses et de charité seront conservées comme toute proprieté particulière en restant toute fois soumises à la surveillance et à l'autorité des Souverains.
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sprünglichen Stiftung gehören, sondern erst in neueren Zeiten, ohne Einwilligung des Landesherrn eingeführt sind.

4) Sollen alle diejenigen Fräuleins und Jungfrauen, welche bereits eingeschrieben worden sind, mithin Expectanzen erhalten haben, wieder so wie Sie die Reihe trift, aufrücken, und in denn Genuß der vollen Hebungen treten. In der folge aber

5) Wollen Wir die Expectanzen so wohl an Adelichen als Bürgerlichen Vergeben. In hinsicht des Adels so wollen Wir in der Wahl der Expectanzen keine Rücksicht in Zukunft nehmen, ob es recipirte oder nicht recipirte famillien sind, sondern es soll Vorzüglich auf die die einer Versorgung bedürfen reflectirt werden. Im Kloster Dobbertin sollen stets zu vollen Geld und Naturalien Hebungen 30 KlosterPläze exclusive der Domina bleiben, von den obgenanten KlosterPläzen sollen Sechse für bürgerliche Jungfrauen bestimt seyn. Zu vollen Geldhebungen sollen 15 Klosterpläze bleiben, wo von Drey für bürgerliche jungfrauen bestimmt seyn sollen.

Im Kloster Malchow sollen stets exclusive der Dpmina 14 KlosterPläze zur Vollen Geldhebung bleiben wo von Vier für bürgerliche jungfrauen bestimmt seyn sollen.

Im Kloster Ribnitz sollen stets exclusive der Domina 12 KlosterPläze zur Vollen Geldhebung bleiben, wo von zwey für bürgerliche jungfrauen bestimt seyn sollen.

Das Kloster zum heiligen Creuz soll seine KlosterPläze so behalten wie sie nebst der Domina existiren. Bey Absterben einer Domina wollen Wir die Neue Domina ernennen. In dem Kloster zum heiligen Creuz in Rostok wollen Wir die Domina stets aus dem bürgerlichen Stande, in denn Übrigen dreien Klöstern aber aus dem Adel ernennen.

6) Wollen Wir die KlosterHauptleute und sonstige KlosterBediente da von die ersten nur Auf 6 Jahre angestellt sind, wieder unter der Bedingung lebenslänglich (daß Sie bey der Besiznahme sofort denn official Eid Uns leisten) in Dienst behalten, sonst aber entlaßen, und soll es Auch so mit den KlosterProvisoren gehalten werden.

7) Soll die Besiznahme durch einen Commissarium und ein MilitairCommando geschehen; Ob nun ein jedes Kloster nach einander, oder Alle Viere zugleich in besiz zu nehmen thunlich sey, darüber erwarten Wir des Collegii Erachten, fals das erste Am gerathesten Gefunden wird, so finden Wir daß der Drost von Sukow Vieleicht zum Commissarius am paßensten seyn würde, sollte aber das letztere gewählt werden, so hat das

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Collegium Uns zu jedes Klosters Besiznahme einen Commissarium zur Wahl Vorzuschlagen, und gemeßene Vorschriften für dennselben zur Behandzeichnung, wie auch Alle Übrige nöthige Ausfertigungen Vorzulegen, endlich aber,

8) Soll nach genommenen Besitz der Vier LandesKlöster durch Unseren ComitialGesandten in Regensburg dem Reichstage die Anzeige gemacht werden, daß Wir von der Uns Zustehenden Befugniß Von Sämtlichen LandesKlöstern denn Schohnensten Gebrauch gemacht haben."

In den Beratungen des Regierungskollegiums über diese Kabinettsresolution war eine Einstimmigkeit nicht zu erzielen. Während Krüger und Rudloff die Frage des Ob durch die herzogliche Entschließung für erledigt betrachteten und nur über das Wie teilweise anderer Meinung waren, fand sich Graf Bassewitz, dem sich Brandenstein in allen Punkten anschloß, dadurch, daß von Berlin gar keine und von Braunschweig eine so unbestimmte Antwort gekommen war, in seinen Zweifeln über die Ratsamkeit der ganzen Maßregel noch mehr bestärkt und wünschte dringend mindestens einen Aufschub bis dahin, daß andere Reichsfürsten in gleicher Lage mit einer Einziehung der Klöster und Stifter vorgegangen sein würden. Unter diesen Umständen kam man überein, dem Herzog statt eines gemeinschaftlichen Erachtens vielmehr die abgegebenen Vota originaliter vorzulegen. In einer daraufhin unterm 29. Juni ergangenen Kabinettsordre erklärte der Herzog, er bestehe zwar auf seinem Entschluß betreffs der Veränderung mit den Landesklöstern, sei aber bereit, von der Ausführung einstweilen Abstand zu nehmen; indessen werde er es gern sehen, wenn die Regierung Vorschläge mache, "die eine Unterhandlung mit dem Lande wegen Veränderung der Klöster veranlaßten, oder auch, daß das Land für das Recht, welches er vielleicht nicht in Anwendung bringen werde, dem herzoglichen Hause auf ewige Zeiten eine jährliche Revenue von etwa 60 000 bis 80 000 Talern mehr gebe."

In einem Promemoria vom 4. Juli versicherte das Regierungskollegium seine Bereitwilligkeit, "nach gehobenen Bedenklichkeiten diese Angelegenheit in Anrege zu bringen und alle Umstände zu benutzen, welche sich ereignende Gelegenheiten etwa herbeiführen möchten, um die höchste Absicht, so viel möglich, durch Unterhandlungen zu erreichen." Es sei aber zu bemerken, "daß der Erfolg den geäußerten höchsten Erwartungen wohl nie gleichkommen könne", denn wenn auch die Gesamteinnahme der Klöster nicht genau bekannt sei, so könne doch mit Sicherheit an=

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genommen werden, daß sie jährlich nicht 60 000 bis 80 000 Taler betrage 28 ). "Hätte" - so fährt das Promemoria fort - "der dem Collegio ohnlängst gnädigst eröffnete Plan zur künftigen Einrichtung der Klöster sofort ganz zur Anwendung gebracht werden können: so würde der Überschuß, so lange die jetzigen Percipientinnen leben, nur unbedeutend, in der Folge nur geringfügig, wahrscheinlich aber wol nie, wenigstens nicht ohne große Veränderung aller Umstände so groß gewesen sein als die geäußerte Summe. Eine anderweitige Bewilligung des ganzen Landes für die Nichtanwendung der etwanigen höchsten Rechte und Erhaltung der Klöster bei ihrer jetzigen Verfassung stehet nicht in Vorschlag zu bringen und zu erwarten, weil bekanntlich nur ein Teil der Ritterschaft an den drey Landesklöstern Anteil nimmt, und die Landschaft daran durch den Vergleich mit der Ritterschaft d. a 1737 29 ) und den § 125 des Landesvergleichs 30 ) nur in beschränktem Maaße participiret, mithin die Erhaltung der Klöster nur einen Teil der Landstände interessiret."

Also Bedenken über Bedenken. Und nun kam endlich die so lange erwartete Antwort des Königs von Preußen, die völlig ernüchternd wirkte. Dieses vom 16. Juni datierte Schreiben lautete:

"Das Vertrauen ist Mir sehr Schätzbar, mit welchem Ew. Durchl. in Ihren gefälligen Zuschriften vom 25. Januar und 4. Mai d. J. Meine Meinung über die Auslegung und Anwendung der §§ 35 und 36 des Reichs=Deputations=Receßes vom 25. Februar v. J. in Absicht der in Ihren Landen befindlichen Jungfrauen=Klöster haben nachsuchen wollen."

"Ich glaube diesem Vertrauen nicht freundschaftlicher zu entsprechen, als wenn Ich Ew. Durchl. Meine Ueberzeugung


28) Nach dem am Klostersonntag 14. Dezember 1913 erstatteten Bericht betrug das Kapitalvermögen der drei Landesklöster am Schlusse des Rechnungsjahres 1912/13: Dobbertin 1 610 434, Malchow 1 029 790, Ribnitz l 519 806 M . Mecklenburger Nachrichten 1913 Nr. 294 (vom 17. Dezember) 1. Beiblatt.
29) S. das Landtagsprotokoll vom 14. November 1737, abgedruckt bei Bärensprung S. 691.
30) . . . Daß den Land=Städten über die, in dem Closter Dobbertin habende 3 Plätze zur vollen Hebung, noch 6 Plätze zur halben Geld=Hebung, als Zweene in dem Closter Dobbertin, Zweene in dem Closter Ribnitz, und Zweene in dem Closter Malchau . . hiemit accordiret werden. Wogegen sich die Städte hiedurch verbindlich machen, daß sie ferner und zu ewigen Zeiten unter keinerley Vorwand, mehrere Stellen in allen dreyen Clöstern . . . verlangen, noch sich sonstige Jura als sie bishero exerciret, anmassen.
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eröffne, daß eine Anwendung des Recees schon deshalb nicht whl werde eintreten können, weil ihr anderweitige Rechte und rechtliche Verhältniße entgegen stehen, die auf den Klöstern haften. Die dortige Ritter= und Landschaft hat slche zu reclamiren, vermöge der Uebereinkunft vom Jahre 1572, wodurch ihr die Klöster Dobbertin, Malchow und Ribnitz gegen Uebernahme sehr beträchtlicher Schulden, und zur Auferziehung und Versorgung einländischer Jungfrauen überwiesen worden, und vermöge der Bewandniß, die es in ähnlicher Art mit dem Kloster zu Rostock hat. Da dieselbe in beiden Herzoglichen Landestheilen nur Eine Corporation und Eine Gemeinschaft ausmacht, so stehen auch dem Herrn Herzog von Mecklenburg=Strelitz landesverfaßungsmäßige Rechte und Mit=Ansprüche über jene drei Klöster zu. Dieses sind jura quaesita, die der Deputations=Receß, nach seinem Sinn und Inhalt nicht hat aufheben können noch wollen. Selbst Mein Königliches Churhaus hat hierauf zu halten noch ein gewißes Recht, vermöge des schiedsrichterlichen Amtes, welches Churfürst Joachim II. von Brandenburg nach der Mitte des Sechszehnten Jahrhunderts zur Beilegung damaliger Irrungen in Mecklenburg ausgeübt hat 31 ), indem in seinem erlaßenen Ausspruch das Verbleiben der Jungfrauen=Klöster ausdrücklich festgesetzt worden."

"Da dieses Verbleiben überdies für so viele in Meinen Militair= und Civil=Diensten stehende Mecklenburgische Edelleute, welche ihre Töchter und Verwandte in den Klöstern versorgt sehen und künftig zu versorgen Aussicht haben, von ausnehmender Wichtigkeit ist, so läßt Mich dies nach der obigen Bewandniß um so mehr wünschen, daß Ew. Durchl. von dem etwanigen Vorhaben einer Aufhebung der Klöster zu abstrahiren gut finden wollen, als solche nur großen Collisionen, Irrungen und unabsehbaren Schwierigkeiten die Thüre öffnen würde."

Am 8. Juli erging dann von Doberan aus an das Regierungskollegium ein herzogliches Reskript: "Vor einigen Tagen haben Wir anliegendes Antwortschreiben Sr. Majestät von Preußen, in der Angelegenheit der Aufhebung der LandesKlöster erhalten, welches Uns denn föllig bestimmt hat, es bey Unserer Resolution vom 29. m. p. 32 ) zu laßen."


31) Der sog. Ruppinsche Machtspruch vom 1. August 1556. S. darüber Viereck, Die Rechtsverhältnisse der Mecklenburgischen Jungfrauenklöster nach ihrer geschichtlichen Entwicklung dargestellt. Tl. 1 S. 47 ff.
32) S. oben S. 84.
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Damit schließen unsere Akten. Aber auch weiterhin haben die Klosterangelegenheiten sowohl den Herzog als auch den Erbprinzen, der allerdings die Auffassung seines Vaters nicht durchaus teilte, beschäftigt. Ihre Erledigung fand die Sache erst auf dem Rostocker Konvokationstage vom 1. September bis 4. Oktober 1808 und durch die sich an ihn anschließenden Verhandlungen. Stände bewilligten eine "Beihülfe von 80 000 Talern N 2/3 aus den Überschüssen der Landesklöster zu den dringendsten Bedürfnissen des Augenblicks", wogegen der Herzog durch den Vergleich vom 25. April 1809 auf etwaige aus dem Reichsdeputationshauptschluß abzuleitende Ansprüche auf die Klöster verzichtete.

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