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Außer den Abhandlungen, die in diesem Jahrbuch enthalten sind, liegen noch zahlreiche andere Veröffentlichungen zur Mecklenburgischen Geschichte und Altertumskunde vor, die der Beachtung der Vereinsmitglieder empfohlen werden können. Sie sind, soweit sie dem Unterzeichneten bekannt wurden, in dem folgenden Literaturbericht für 1904/5 nach ihrem Inhalt gruppiert und zusammengestellt.

Die Benutzung der Bände I-IV des Mecklenburgischen Urkundenbuchs wird durch eine verdienstliche Arbeit des Gymn.=Professors Rische=Ludwigslust wesentlich erleichtert. Er hat sich der Mühe unterzogen, die im Laufe der Zeit gefundenen Berichtigungen und Ergänzungen zu den Urkunden dieser Bände zu sammeln und die nachträglich gedruckten Stücke chronologisch

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einzuordnen. Die Arbeit wird von den Urkundenforschern zweifellos geschätzt werden und sie in manchen Fällen vor der Wiederholung falscher Annahmen und Schlüsse, die von der fortschreitenden Wissenschaft längst widerlegt sind, bewahren. Sie ist als Beilage zum Programm des Ludwigsluster Realgymnasiums gedruckt.

Das Lübecker Urkundenbuch ist um die 5. und 6. Lieferung des 11. Teiles (Lübeck, Lübcke und Nöhring 1904) fortgeschritten, worin Urkunden von 1468-1470 geboten werden. Für Mecklenburg fällt nur wenig dabei ab. Die Sendeboten der Hansestädte kommen 1469 einmal in Wismar zusammen (Nr. 466, 469), die Bischöfe von Schwerin und Ratzeburg stellen 1469 in Verbindung mit anderen Bischöfen einen Ablaßbrief zu Gunsten der Sängerkapelle in Lübeck aus (Nr. 520), die Herrn v. Bülow verkaufen nach Lübeck Renten aus Friedrichshagen c. p. und Holdorf (Nr. 383, 384, 528), und auch einzelne Wismarsche Bürger unterhalten Beziehungen dahin (Nr. 498, 519). Das ist so ziemlich alles.

Die Rethraforschung scheint durch die Arbeiten der neu gebildeten Rethrakommission in ein neues Stadium getreten zu sein. Bekanntlich haben sich die Gelehrten jahrelang vergeblich bemüht, die Lage des Wendenheiligtumes Rethra nach den Angaben der alten Schriftsteller zu bestimmen. Auch in den Jahrbüchern sind die Meinungen heftig auf einander geplatzt. Die meisten hatten sich wohl schließlich bei der Ansicht beruhigt, daß Rethra nicht auf einer Insel, sondern an einem durch Urwald geschützten Ort am Westufer eines größeren Sees zu suchen, die genaue Lage aber nicht festzustellen sei (Jahrbuch 54). Nun hat neuerdings der Ingenieur Oesten im Auftrage der Rethrakommission einen andern Weg eingeschlagen und mit Spaten, Baggerschaufel und Sackbohrer die Lieps, den südlichen Teil des Tollense=Sees, eingehend durchforscht. Er hat in der Berliner Zeitschrist für Ethnologie (1904, Heft VI) über seine Funde berichtet. Ausgehend von der Tatsache, daß durch die Erbauung der Vierrade=Mühle in Neubrandenburg und die Anlegung des dortigen Mühlendammes im Jahre 1287 der Wasserstand der Lieps um etwa 1 1/2 m gehoben ist, hat er seine Forschungen nicht auf die jetzt über Wasser liegenden Uferländereien beschränkt. Er hat vielmehr auch die Strecken unter Wasser durchforscht, die ehemals bei dem niedrigen Wasserstand festes Land gewesen sein müssen. Dabei hat sich herausgestellt, daß sich die Reste eines vor der äußersten Spitze des heutigen Nonnen=

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hofes aufgeschütteten Walles unter Wasser fortsetzen, und daß sich dort in der Tiefe eine wendische Kulturschicht mit vielen Knochen und Scherben, auch viele Kohlenstücke befinden. Und zwischen der Nonnenhof=Spitze und dem Kietzwerder hat früher augenscheinlich eine Verbindung durch Pfad oder Brücke bestanden. Er macht ganz den Eindruck, als ob man dort dem alten Rethra auf der Spur ist, und man kann auf die weiteren Untersuchungen gespannt sein.

Ebenfalls mit den Wenden in Mecklenburg hat sich Archivar Dr. Witte beschäftigt. Nach einer einleitenden Arbeit über Wendische Bevölkerungsreste in den "Deutschen Geschichtsblättern" (Bd. V, Heft 9), hat er nunmehr in der Zeitschrist "Deutsche Erde" (Gotha, Perthes, 1905, Heft 1) seine Forschungen in einem Aufsatz über die "Abstammung der Mecklenburger" zusammengefaßt, der sich ziemlich mit dem kürzlich im Verein gehaltenen Vortrag deckt. Es wird aus dem häufigen Vorkommen wendischer Familiennamen in den Urkunden und Abgaberegistern mit Recht geschlossen, daß die Wenden zu Ausgang des 14. Jahrhunderts (zur Zeit, wo die Bildung der Familiennamen ziemlich abgeschlossen ist) noch nach Tausenden in Mecklenburg gezählt haben. Reste halten sich bis ins 16. Jahrhundert. Es kann also nicht die Rede davon sein, daß die Wenden im 12. und 13. Jahrhundert durch die deutsche Einwanderung hinweggefegt sind, vielmehr kann als erwiesen gelten, daß unsere guten Mecklenburger viel slavisches Blut in ihren Adern haben.

Unter den Aufsätzen zur Geschichte unsers Fürstenhauses sei in erster Linie die von Geh. Regierungsrat Schröder bearbeitete Lebensbeschreibung des Großherzogs Friedrich Franz II. in der allgemeinen deutschen Biographie (Band 49, Leipzig, Duncker & Humblot, 1904) erwähnt. In kurzen, scharfen Strichen wird darin Persönlichkeit und Wirken des Fürsten gezeichnet. Eine kurze Kritik der früheren Abhandlungen über den Großherzog am Schlusse des Aufsatzes wird zur Orientierung willkommen sein.

Dann haben die Vermählung und der Einzug unsers Großherzogs Anlaß zu einer Reihe von Arbeiten gegeben. Die bekannten Gelegenheitsschriften "Erinnerungsblätter", "Festzug und Reiterspiele", "Unser Fürstenhaus in Bildern", "das Kostümfest im Hoftheater" sind von der Regierungsbibliothek gesammelt und in dem neuesten Zugangsverzeichnis (XVII. Verzeichnis, Schwerin 1904) erwähnt. Dort noch nicht aufgeführt, aber zweifellos das beste ist das im Herbergerschen Verlag erschienene reich illustrierte "Gedenkbuch", dessen erster Teil einen

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Überblick über die mecklenburgische Geschichte bietet und dessen zweiter Teil den Festlichkeiten des vorigen Jahres gewidmet ist.

Das Mecklenburgische und Braunschweig=Lüneburgische Stammwappen bilden die heraldischen Mitteilungen des Vereins "Kleeblatt" in Hannover (Jahrgang XV, Hannover 1904, Nr. 6) auf einem Erinnerungsblatt ab. Auch der "Deutsche Herold" (1904, Nr. 4) bringt in einer Kunstbeilage das Alliancewappen des Großherzogpaares.

Das Büchlein von Pastor Tolzien=Grevesmühlen "die Großherzöge von Mecklenburg=Schwerin" (Wismar, Bartholdi, 1904) besitzt keinen selbständigen Wert. Es ruft nur allgemein Bekanntes dem Volk ins Gedächtnis zurück.

Aus Anlaß der Verlobung der Herzogin Cecilie mit dem Deutschen Kronprinzen bespricht Dr. Paul Seidel, der Direktor des Hohenzollernmuseums in Berlin, die früheren Eheverbindungen zwischen den Häusern Mecklenburg und Hohenzollern (Hohenzollernjahrbuch 1904). Die Bilder der Vermählten, ihre Siegel und Unterschriften (die letzten möglichst den Eheverträgen entnommen) beleben den Text. Eine von Staatsarchivar Dr. Schuster entworfene sogen. "Consanguinitätstafel" ist beigefügt. Aus dem Großherzoglichen Kabinett und Archiv waren zu dem Werk Urkunden entliehen.

Das Organ des Berliner Heraldischen Vereins "Herold" (1904, Nr. 10) weist die gemeinsame Abstammung der beiden Hohen Verlobten von König Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise in Stammtafelform nach.

Im vorigen Jahre feierte man in Hessen die 400. Wiederkehr des Geburtstages Philipps des Großmütigen (geb. 13. Nov. 1504), des Landgrafen, der als Vorkämpfer des Evangeliums während der Reformation eine so hervorragende Rolle gespielt hat. Die beiden historischen Vereine zu Darmstadt und Kassel haben bei dieser Gelegenheit Festschriften (Marburg, Elwert, 1904 u. Kassel, Dufayel, 1904) herausgegeben. Diese sind auch für uns von Bedeutung, weil darin die Mutter des Landgrafen, die Herzogin Anna zu Mecklenburg, gebührende Berücksichtigung gefunden hat. Aus dem dickleibigen Werk des Darmstädter Vereins ist vorzüglich die Arbeit des Archivdirektors Dr. Frhr. Schenk zu Schweinsberg "aus der Jugendzeit des Landgrafen" deswegen anzumerken.

Sehr fleißig ist das Gebiet der Familienforschung angebaut. Für Mecklenburgische Adelsgeschlechter kommen die gothaischen genealogischen Taschenbücher für 1905 (Justus

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Perthes) in Betracht, von denen das Taschenbuch der gräflichen Häuser im 78. Jahrgang, der freiherrlichen Häuser im 55. Jahrgang und der uradeligen Häuser im 6. Jahrgang vorliegt. Das letztere berücksichtigt zum ersten Mal auch die Familien v. Buchwald (aber ohne den Mecklenburgischen Stamm, von dem der Einsender trotz mehrfacher Bemühungen bisher keine Nachrichten erhalten hat), v. Oldenburg und v. Vieregge. Auch Danmarks Adels Aarbog (Kopenhagen, 22. Jahrg., 1905) ist von der mecklenburgischen Familienforschung zu beachten.

Die v. Levetzow'schen Familienblätter sind um ein 5. und 6. Heft vermehrt, und diese mit den früheren zu einem ersten Bande (Berlin u. Plön, 1900-1904) zusammengefaßt. Sie tragen das Material für eine Geschichte des Geschlechts zusammen.

Archivrat Dr. Schmidt=Schleiz hat das Auftreten der Maltzan's in Pommern weiter verfolgt. Er bespricht in den Baltischen Studien (N. F. VIII, Stettin 1904) ihre Besitzungen Wolde mit den mecklb. Zubehörungen, Sarow und die kleineren pommerschen Güter, schildert die Machtstellung der Familie zu Ende des 15. Jahrhunderts, ihren Verfall und die Rückerwerbung der verlorenen Erbgüter durch die tatkräftigen Nachkommen Lüdeke Maltzan's auf Sarow.

Nicht nur für die Familie allein, sondern auch für weitere Kreise interessant ist eine Arbeit des Vize=Landmarschalls v. Oertzen, die das Leben und Wirken des Staatsministers v. Oertzen (Schwerin, Bahn, 1905) behandelt. Oertzen ist längere Jahre Mecklenburgischer Gesandter zum Bundestag und von 1858-1869 Präsident des Schweriner Staatsministeriums gewesen. Er hat großen Einfluß auf die Politik Mecklenburgs um die Mitte des vorigen Jahrhunderts, besonders auf sein Verhältnis zum Deutschen Bunde, ausgeübt.

Die Familie v. Vietinghoff findet im Jahrbuch der kurländischen Gesellschaft für Literatur und Kunst von 1903 (Mitau 1905) eine Stammtafel des 1501 zuerst vorkommenden Christoph v. Vietinghoff, bearbeitet von Ernst Frhr. v. Engelhardt. In dieser Stammtafel erscheint ein Otto v. Vietinghoff auf Reez in Mecklenburg († 1693), den man für den Stammvater der heutigen Vietinghoffs in Mecklenburg halten muß.

Über die aus Niedersachsen stammende bürgerliche Familie Bacmeister hat der Frhr. Clamor v. dem Bussche=Ippenburg Osnabrück 1903-1904) Nachrichten gesammelt. Die Familie geht auf den 1284 bekundeten Bürger Johann Bacmester in Goslar zurück, kommt im 16. Jahrhundert nach Mecklenburg und hat

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dem Lande viele hervorragende Gelehrte und Beamte gegeben. Die Mecklenburgischen Linien sind erloschen, doch blühen noch heute Zweige in Ostfriesland, Württemberg und Hannover.

Geh. Ober=Finanzrat Balck hat die Ergebnisse seiner jahrzehntelangen Forschungen übersichtlich auf 3 Tafeln dargestellt: Stammtafeln der schwedisch=russischen Balck, deren Stammsitz das Rittergut Balckis in Finnland ist, und der Balck seit ihrer Übersiedelung nach Mecklenburg im 16. Jahrhundert, überdies Ahnentafeln der sechs direkten Vorfahren des Verfassers. Gleichzeitig hat er die seit dem Erscheinen der Balck'schen Familiengeschichte im Jahre 1890 aufgefundenen neuen Nachrichten in einem Nachtragsheft (Schwerin, Herberger, 1904) zusammengestellt.

Die Familie Birckenstaedt konnte bisher bis zu dem aus Egeln stammenden Pastor Mattheus Birckenstaedt zu Federow zurückverfolgt werden. Als dessen Vater ist nunmehr ein Paschen Verckenstedt aus Wolmirstedt, der zwischen 1580 und 1590 das Licht der Welt erblickte, nachgewiesen, sodaß künftig nicht mehr Egeln, sondern Wolmirstedt als die Urheimat der Familie zu gelten hat.

Die Stammtafel der Familie Detmering und v. Detmering ist in der Bearbeitung des Frhr. o. Dachenhausen zu Brüssel als Beilage zu den familiengeschichtlichen Blättern in Chemnitz erschienen. Da die ältere Genealogie noch nicht hinlänglich aufgeklärt ist, setzt die Stammtafel erst mit dem 1739 geborenen Kriegskassier Johann Heinrich Detmering in Hannover ein, dessen Enkel, der Stallmeister Louis Detmering († 1851), die Familie nach Mecklenburg verpflanzte. Generalleutnant z. D. Paul Detmering, ein Sohn des Stallmeisters, ward 1896 in den erblichen preußischen Adelsstand erhoben. Die Wappen der bürgerlichen und der adeligen Linie schmücken die Tafel.

Eggers'sche Stammtafeln, darunter die eines Strelitzer und Schweriner (Eggerss) Zweiges, Mitteilungen zur Eggers'schen Familienstiftung zu Halberstadt am Harz, Familienbilder und eine Wappentafel hat unser Mitglied, der Oberstleutnant z. D. Eggers in Lübeck (Lübeck, Rahtgens, 1904) herausgegeben.

Die Familie Rosenow hat Band I (1896-1904) ihrer Mitteilungen zum Abschluß gebracht. Die letzten beiden Nummern 21 und 22 enthalten an Mecklb. Material einen Nachtrag zum Familienwappen und eine Stammtafel des Regimentsguartiermeisters Karl Gustav Rosenow im 18. Jahrhundert.

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Genaue Angaben über die Familie Rüdiger enthält das von Arend Buchholtz bearbeitete Prachtwerk: Die Vossische Zeitung (Berlin, Reichsdruckerei, 1904). Es gehört zu ihr der Berliner Buchhändler und Zeitungsverleger Johann Michael Rüdiger, der 1701 auch in Güstrow eine Buchhandlung eröffnete, sie aber nach wenigen Jahren wieder eingehen ließ. Sein Sohn, der Buchhändler Johann Andreas Rüdiger heiratete Johanna le Plat [vermutlich eine Tochter des mecklenb. Postmeisters le Plat in Hamburg] und hat 1707 nachweislich in Güstrow gelebt. Dessen Tochter Johanna Maria heiratete 1745 den Buchhändler Koppe in Rostock (vgl. Stieda, im Archiv zur Geschichte des deutschen Buchhandels 1894, XVII).

Nach den von Ministerialrat Zickermann hierselbst bearbeiteten Stammtafeln (Schwerin, Bärensprung, 1905) scheint die Familie Zickermann von der Insel Wollin zu stammen, wo seit 1630 Träger des Namens vorkommen. Bisher sind 10 Stämme nachgewiesen, deren Zusammenhang wahrscheinlich ist, aber noch nicht feststeht.

Von seinem Verständnis für das Tun und Treiben unserer Großeltern zeugen die kulturgeschichtlichen Skizzen, die der Kriminalrat Ackermann in München unter dem Schriftstellernamen Georg Wächter (er war lange Zeit Herausgeber des Polizeiorgans "Der Wächter") ursprünglich in der Halbmonatschrift "Niedersachsen" (Bd. IV, 1899) und nunmehr in Buchform (Plau, Hancke, 1904) hat erscheinen lassen. Sie führen den Titel: "Kleinstadtleben in der Großeltern jungen Jahren". Der Verfasser hat bei seinen Schilderungen vornehmlich die Stadt Bützow in den Jahren 1834-1837 im Auge gehabt, doch sind seine Angaben, soweit sie nicht eigentlich Bützower Verhältnisse betreffen, ohne weiteres auch für die anderen kleinen mecklenburgischen Landstädte gültig. Daß das Bild von dem beschaulichen Leben unserer Altvordern zutreffend ist, werden viele alte Leute aus ihren Kindheitserinnerungen zu bezeugen in der Lage sein.

Weniger systematisch durchgeführt, aber ebenfalls interessant sind die Schilderungen Henriette Stenders "Vör 100 Johr" (Rostock, Volckmann, 1904). Sie sind in plattdeutscher Sprache niedergeschrieben und behandeln Rostocker Verhältnisse der Jahre 1801-1816.

In jüngster Zeit ist von Professor Dr. Ehrenberg in Rostock ein Institut ins Leben gerufen, das allgemeine Beachtung verdient. Er hat ein wirtschaftwissenschaftliches Archiv begründet, das er "Thünenarchiv" nennt, weil der handschriftliche

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Nachlaß des bekannten Landwirts Johann Heinrich v. Thünen auf Tellow bei Teterow den Grundstock seiner Bestände bildet. Das Archiv umfaßte ursprünglich nur die Gutsrechnungen Thünens (fortgesetzt von seinem Sohn und Enkel, für zusammen fast ein Jahrhundert), seine wissenschaftlichen Ausarbeitungen und einen großen Teil seines Briefwechsels, ist seitdem aber durch Erwerbung der Geschäftsbücher der Firma Saniter & Weber in Rostock (für mehr als 100 Jahre) erweitert worden. Die Verwertung dieser Materialien und die Vertretung der bisher nicht genügend gewürdigten Thünenschen Forschungsmethode, die, kurz gesagt, in der Ermittelung und Vergleichung einzelner genauer Wirtschaftstatsachen besteht, soll in der gleichfalls von Ehrenberg gegründeten neuen Zeitschrift "Das Thünenarchiv" erfolgen. Es liegen bisher drei Hefte (Jena, Fischer, 1905) vor. Das erste Heft setzt die Ziele der Zeitschrift auseinander, handelt von Thünen's ersten wirtschaftwissenschaftlichen Studien und von den Betriebsergebnissen des Gutes Lalendorf von 1846-1895 unter Paetow'scher Bewirtschaftung. Der übrige Inhalt ist nicht mecklenburgisch. Das zweite Heft bringt sorgfältige Untersuchungen des Dr. H. Sköllin über aktive maritime Berufstätigkeiten der mecklenburgischen Küstenbevölkerung auf dem Fischlande, an dem Küstenstrich von dort bis Warnemünde und in dem Hafenort Warnemünde. Für ein eng begrenztes Gebiet ist hier zu erforschen gesucht, welche Umstände auf das Schwinden des seemännischen Geistes der heimischen Küstenbevölkerung Einfluß gehabt haben. In dem dritten Heft wird u. a. die Vergleichbarkeit der Lalendorfer Betriebsergebnisse (s. erstes Heft) mit denen anderer Güter erörtert und der Einfluß der Lage des Gutes Lalendorf an Chaussee und Eisenbahnen auf seine Betriebsergebnisse untersucht.

Die Arbeiten von A. Kaegbein, zur Geschichte und Organisation der mecklenburgischen Segelschiffrhederei (Rostock, Hinstorff, 1903) und F. Jantzen, über die landwirtschaftlichen Arbeiterverhältnisse im Großherzogtum Mecklenburg=Schwerin (1904, 1. Heft) beruhen auf einer Anregung von Prof. Ehrenberg. Auch in diesen sind mit Thünenscher Forschungsmethode gute Ergebnisse erzielt.

Die zur XI. Allgemeinen evang.=lutherischen Konferenz in Rostock im September 1904 versammelten Geistlichen hat der Lokalausschuß mit einer Festschrift willkommen geheißen. Darin schildert Prof. Dr. Schäfer=Rostock in Anknüpfung an das Wandgemälde in der Vorhalle der Sternberger Kirche die Verbreitung der lutherischen Lehre im Lande bis zu ihrer offenen Anerkennung

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auf dem Sternberger Landtag von 1549. Dr. Axel Vorberg zeichnet ein Lebensbild von dem Rostocker Reformator Joachim Slüter.

Sonst sind an kirchengeschichtlichen Untersuchungen nur noch Wehrmanns "Vatikanische Nachrichten zur Geschichte der Kamminer Bischöfe im 14. Jahrhundert" (Baltische Studien N. F. VIII, 129 ff.) zu nennen. Sie beruhen auf den päpstlichen Bestallungsbullen und erschöpfen damit die Quellen für die Bischöfe, sodaß Wehrmann zum Schluß seiner Arbeit ein zuverlässiges Verzeichnis der katholischen Bischöfe Kammin's aufstellen kann. Für uns ist es wertvoll, weil ja ein großer Teil des östlichen Mecklenburgs ehemals zur Kamminer Diözese gehörte.

Die Geschichte unsers Volksschulwesens hellen die nachgelassenen Werke zweier mecklb. Theologen, des Pastors Pistorius=Schwerin und des Propstes Rußwurm=Ratzeburg, auf. Sie lagerten bisher ungenutzt in den Registraturen des Oberkirchenrats zu Schwerin und der Propstei zu Ratzeburg, und sind von Oberlehrer Dr. Schnell mit Genehmigung der zuständigen Behörden in den Mitteilungen der Gesellschaft für deutsche Erziehungs= und Schulgeschichte (XIV, Heft 2, Berlin, Hofmann, 1904) veröffentlicht worden. Die Arbeit von Pistorius beschränkt sich auf die ritter= und landschaftlichen Schulen in Mecklenburg=Schwerin und ist bislang nur für die Zeit von 1650-1813 gedruckt. Anfangs entwickelte sich das Schulwesen hier gemeinsam mit dem des herzoglichen Gebiets, geriet nach dem landesgrundgesetzlichen Erbvergleich von 1755 aber sehr in Rückstand. Damals wurden bekanntlich die ritter= und landschaftlichen Schulen, abgesehen von dem Lehrpunkt, der Aussicht der Ortsobrigkeiten überlassen, sodaß Herzog Friedrich's Versuche, seine Schulreformen im ganzen Lande durchzuführen, 1772-1774 an dem Widerstand der Stände scheiterten. So bieten die Schulen der Ritter= und Landschaft um die Wende des Jahrhunderts großenteils kein erfreuliches Bild, und erst im 19. Jahrhundert hat man begonnen, Wandel zu schaffen. Die Arbeit von Rußwurm behandelt die Volksschulen in dem Fürstentum Ratzeburg.

Eine Vorstellung von der allgemeinen Entwickelung der städtischen Schulen gewährt die von Pastor Schreiber bearbeitete Geschichte der Stadtschule zu Kröpelin bis 1798, ebenfalls in den Mitteilungen der Gesellschaft für Schulgeschichte (XIV, 2) gedruckt. Es wäre immerhin zu wünschen gewesen, daß sich der Verfasser nicht so sorgsam abgemüht hätte, möglichst genaue Nachrichten über die Schullehrer zusammenzutragen. Die Geschichte des Unterrichts wäre dann noch besser hervorgetreten.

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Zum Jubiläum des Schweriner Gymnasiums hat nachfraglich Direktor Dr. Münnich Mitteilungen über die Zeit von 1853-1903 gemacht. Sie sind den ehemaligen Schülern gewidmet und zweifellos von allen dankbar aufgenommen, da sie eine Fülle von Erinnerungen an die ihnen liebgewordene Bildungsstätte auffrischen.

Eine übersichtliche Geschichte der Universität Rostock von dem verstorbenen Bibliothekar Dr. Hofmeister enthält das für die Weltausstellung von St. Louis herausgegebene Prachtwerk über das Unterrichtswesen im Deutschen Reich.

Dem Bericht über die Unterrichtsanstalten schließt sich am passendsten der Hinweis auf die Briefe des Rostocker Professors Johannes Caselius an, die in den Programmen des Christianeum's zu Altona 1900 und 1904 von Prof. Dr. Clausen veröffentlicht sind. Diese Briefe, 75 an der Zahl, sind kurz vor der Übersiedelung des Caselius nach Helmstedt niedergeschrieben. Sie sind in einer Handschrift von 1665 erhalten, die nach mancher Irrfahrt in die Bibliothek des Altonaer Gymnasiums geraten ist.

Zur Geschichte einzelner Orte ist bereits manches vorweggenommen, das hier nicht wiederholt zu werden braucht. Für Wismar ist noch erschienen eine interessante kleine Untersuchung von Techen über die Gründung der Stadt (Hansische Geschäftsbl. 1903, Leipzig 1904), wodurch der im letzten Jahresbericht vorgebrachte Wunsch, es möchten des Verfassers Forschungen zur älteren Stadtgeschichte nicht in den "Mecklb. Nachrichten" vergraben bleiben, schon zum Teil erfüllt ist. Die Gründung Wismars ist zwischen 1222 und 1229, die Besiedelung in erster Linie aus dem neu kolonisierten Mecklenburg selbst, dann aus Sachsen, Friesland, Westfalen, Holstein, Lauenburg und dem niederrheinischen Gebiet erfolgte. Für seine Bemerkungen zum Ratzeburger Zehntenregister hätte Techen gewiß gern die Arbeit von Hellwig im Jahrbuch 69 gekannt, die damals noch nicht vorlag.

Die Wismar=Denkmünze (s. am Schluß des Jahresberichts), entworfen von Geh. Archivrat Dr. Grotefend, geprägt in rund 150 Stück aus versilberter Bronze durch die kgl. Münze in Berlin, ist in verschiedenen Zeitungen beschrieben und abgebildet. Eine der besten Abbildungen findet sich in den Lübecker "Vaterstädtischen Blättern" (Nr. 49, vom 4. Dez. 1904).

Das neue Heft der Rostocker Beiträge (Bd. IV, Heft 2) bietet, wie herkömmlich, eine Reihe kleinerer Forschungen. Über die Burspraken, die Sammlung von Verordnungen, die alljährlich

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der Bürgerschaft von der Laube des Rathauses aus verkündet wurden, erfahren wir von Dr. Dragendorff interessantes Material. Er druckt den Text der ältesten Rostocker Bursprake aus dem 15. Jahrhundert ab und weist die Veränderungen nach, die sie im Laufe der Zeit erfahren hat. Ein anderer Aufsatz Dragendorffs handelt von dem Amt der Buchbinder in Rostock, worüber wir im Winter 1903/4 einen Vortrag im Verein gehört haben. Dr. Koppmann schreibt über das Vogteigebäude in Warnemünde. Man hat zu unterscheiden eine alte Vogtei im 14. und 15. Jahrhundert, eine neue Vogtei, von der zuerst 1472 die Rede ist, und die jetzige, 1605 als ein Neubau des Herrenhauses entstandene Vogtei. Weiter teilt Koppmann mit: 1. Gereimte Rollen der Goldschmiede= und Barbierlehrlinge, die auf das Lehrlingwesen des 16. Jahrhunderts Licht werfen. 2. Die 1567 erlassene Ordnung des gemeinen (alten) Kastens, einer allgemeinen Stadtkasse, die die früheren Sonderkassen aufhob. 3. Berichte über die Konstituierung der Kollegien der Hundertmänner (1583) und Sechzehner (1593). Dr. Crull=Wismar veröffentlicht ein Schreiben von 1565, wonach damals Rostocker Biertonnen durch einen eingebrannten Ochsenkopf kenntlich gemacht wurden. Dr. Vorberg bespricht die Disziplinar= und Strafreglements der Rostocker Bürgergarde (1848-1853). Oberlandesgerichts=Sekretär Pöhl macht Mitteilungen zur Geschichte des Oberlandesgerichtsgebäudes. Das Grundstück, bis 1472 im Privatbesitz, ward 1472-1760 von der Universität als akademische Regentie, 1789-1877 von der Justizkanzlei, seit 1879 vom Oberlandesgericht benutzt.

Die Stadt Doberan feierte 1904 ihr 25jähriges Bestehen. Dies gab die Veranlassung, daß Archivregistrator Rusch die Erhebung des ehemaligen Fleckens zur Stadt am 1. Juli 1879 und ihre Aufnahme in den ständischen Verband darstellte. (Schwerin, Bärensprung, 1904).

Für Parchim habe ich eine Arbeit des Schriftstellers O. Weltzien (Parchim, Wehdemann, 1903) nachzuholen. Sie ist ein brauchbarer Leitfaden durch die Geschichte der Stadt und verwertet die bisherigen Darstellungen in geschickter Weise.

Die aufstrebende Ortschaft Brunshaupten=Arendsee hat Pastor Schreiber mit einer kleinen Schrift (Kröpelin, Horn, 1905) beschenkt, in der er an der Hand eines Einwohnerverzeichnisses von 1762 im Geiste eine Wanderung durch die damaligen Gehöfte, Kirche und Pfarre unternimmt. Sie wird den Badegästen willkommen sein.

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Eine Geschichte des Gutes Mustin, Amts Sternberg, liegt in der Bearbeitung des Grafen v. Oeynhausen (Schwerin, Herberger, 1905) vor. Das jetzt Bolten'sche Gut befand sich ursprünglich in v. Cramon'schen, dann bis 1739 in v. Restorff'schen Händen. Erst seitdem haben die Besitzerfamilien schneller gewechselt.

Die Vergangenheit des Kirchspiels Selmsdorf im Ratzeburgischen schildert Paster Horn in den Beilagen zum "Schönberger Anzeiger", wozu er die Akten der Schönberger Landvogtei ausgiebig benutzt hat.

Auch der Erforschung der Geschichte der mecklenburgischen Truppenteile hat man sich wieder eifrig zugewandt. Zu den beiden jüngsten Arbeiten über das 2. Dragonerregiment und das Grenadierregiment ist in diesem Geschäftsjahr eine Offiziersstammliste des Jägerbataillons Nr. 14, bearbeitet von Oberleutnant Voelkel (Berlin 1904), hinzugekommen. Es enthält eine chronologische Zusammenstellung der Offiziere mit Angaben über Avancement, Feldzüge und Kriegsorden und jährliche Ranglisten von 1821 an, in welchem Jahr das Jägerbataillon als leichtes Infanteriebataillon formiert wurde.

Professor Haberland=Neustrelitz hat eine kurze Geschichte des Mecklenburg=Strelitzischen C-Husaren=Regiments nach einer von ihm 1896 an Großherzogs Geburtstag gehaltenen Rede zum Abdruck (Neustrelitz, Bohl, 1905) gebracht. Das Regiment ward 1813 formiert, nahm an den Freiheitskämpfen ruhmvollen Anteil, erbeutete bei Leipzig den einzigen Adler der Napoleonischen Kaisergarde, den diese verloren hat, und wurde März 1816 wieder aufgelöst.

Die Geschichte des Mecklenburgischen Münzwesens im 14. und 15. Jahrhundert stellt Dr. Techen in einigen Punkten in den Hansischen Geschichtsblättern (Leipzig 1904) richtig, indem er den in den Hanserecessen VIII gedruckten Münzreceß von 1392 heranzieht, den Oertzen übersehen und deshalb für das II. Heft seiner Mecklenburgischen Münzen nicht ausgenutzt hatte. Es handelt sich um die Ausprägung von Witten, Sechslingen und Dreilingen.

Der zweite Vereinssekretär:     
Dr. Stuhr .