zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

I.

Die Herrschaft der Meklenburger in Schweden.

Von

Dr. Friedrich Oelgarte in Friedland.

~~~~~~~~~~~~

V ielfach hat man das Zeitalter der Staufer als den Höhepunkt in der Geschichte des deutschen Volkes betrachtet, die Zeit nach dem Untergange dieses edelen Geschlechtes dagegen, das spätere Mittelalter, als eine Zeit des Niederganges angesehen; und beides mit einigem Recht. Friedrich Barbarossa hatte durch seine zwar nicht immer siegreichen, aber stets ruhmreichen Kämpfe in Italien den deutschen Namen in ganz Europa und bis in den fernen Orient geachtet und gefürchtet gemacht. Heinrich VI. hatte die Politik seines Vaters mit solchem Erfolge weitergeführt, daß er auf dem Wege war, die alte römische Weltherrschaft, die Macht auch über den Osten zu erneuern. Friedrich II. hatte das durch Zwiespalt zerrüttete Reich wieder ausgerichtet, hatte in langjährigem Kampfe mit Erfolg sein Recht gegen die Anmaßungen der Hierarchie vertheidigt und war unbesiegt gestorben. So hat die Geschichte des Reiches unter den Staufern den Charakter eines heroischen Zeitalters, und mit Recht leben jene Männer, wenn auch das, was sie gewollt haben, nicht von Dauer gewesen ist, im Gedächtniß des deutschen Volkes fort. Wie ganz anders sieht die Geschichte der folgenden Jahrhunderte aus. Die Kaiser hatten, durch die schließliche Erfolglosigkeit des Strebens ihrer Vorgänger belehrt, deren Weltherrschaftspläne aufgegeben; aber ihre Politik im Inneren des Reiches war nicht kräftiger geworden. Es gelang ihnen nicht, die immer selbständiger werdenden Partikulargewalten zum Nutzen des Ganzen niederzuhalten. Vielmehr wurden sie selbst immer mehr und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 2 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

mehr zu Territorialherren, und ihre Politik wurde fortan nicht mehr durch den Nutzen und die Ehre des Reichs, sondern durch die Rücksicht auf den eigenen Vortheil und auf die Erweiterung ihres Erblandes bestimmt. Eine derartige eigennützige Politik des Reichsoberhauptes, seine Machtlosigkeit den Fürsten gegenüber war natürlich im Stande, den alten Ruhm zu verblassen, das Ansehen des Reiches schwinden zu lassen. Und in diesem Sinne kann man wohl von einem Niedergange reden.

Aber wie schon in der ruhmvollen Stauferzeit sich die Keime und Ursachen des späteren Verfalles entwickelt hatten, eben jene immer größer werdende Unabhängigkeit der Fürsten, so machten sich nun andrerseits in dieser Zeit des scheinbaren Niederganges Spuren einer gesunden, kräftigen Entwickelung bemerkbar. Jetzt wo die Kaiser ihre persönlichen Zwecke in den Vordergrund stellten, waren es nun jene Patikulargewalten, die Fürsten und Städte, namentlich die durch ihre Entfernung vom Kaiser fast unabhängigen im Norden, die den alten Ruhm deutscher Tüchtigkeit gegenüber den auswärtigen Nationen aufrecht erhielten. Würdig können sich die Unternehmungen der hansischen Kaufleute und der holsteinischen und meklenburgischen Fürsten in den skandinavischen Reichen den Kämpfen der Staufer in Italien an die Seite stellen.

Eine der kräftigsten Aeußerungen der deutschen Regsamkeit ist die, durch die die meklenburgischen Fürsten die Herren in Schweden wurden, und durch die dies Land über ein halbes Jahrhundert lang dem Einfluß deutscher Sitte und Kultur zugänglich wurde.

Ueber die Herrschaft der Meklenburger in Schweden ist allerdings schon vieles geschrieben worden. So die Geschichte der ganzen Periode in Th. Lindners "Geschichte des deutschen Reiches unter König Wenzel, Braunschweig 1875 und 1880"; Dietrich Schäfer hat in seiner Schrift "Die Hansastädte und König Waldemar von Dänemark, Jena 1879" die erste Zeit bis zum Jahre 1375 behandelt; Kr. Erslev kommt in seiner "Dronning Margrethe og Kalmarunionens Grundlaeggelse, Kopenhagen 1882" nur für die letzte Zeit in Betracht, ebenso wie Paul Girgensohn mit seiner Schrift "Die skandinavische Politik der Hansa, Upsala 1898"; Ernst Robert Daenell hat mit seiner "Geschichte der deutschen Hanse in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, Leipzig 1897" dieselben Ereignisse behandelt, soweit sie mit in sein Thema gehörten; Carl Gustav Styffe giebt in der Einleitung zu seinem "Bidrag till Skandinaviens Historia ur utländska Arkiver, första delen, Stockholm 1859" einen Ueberblick zwar

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 3 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

über die ganze Zeit, aber nur sehr kurz; desgleichen Hans Hildebrand "Sveriges Medeltid, Stockholm 1879"; und schließlich wäre noch von Peter Friedr. Suhms "Historie af Danmark, Kopenhagen" der 13. und 14. Band heranzuziehen. Stuffe und Erslev stehen aber mit ihren Sympathien zu sehr auf gegnerischer, d. h. national=schwedischer bezw. dänischer Seite, als daß es ihnen möglich gewesen wäre, bei der Schilderung des Handelns der ausländischen, deutschen Fürsten ganz unparteiisch zu bleiben. Daenell andererseits ist von vornherein zu sehr für die hansische, speziell lübische Politik eingenommen, so daß er da, wo sie mit der der Fürsten im Widerspruche steht, die letztere zuweilen etwas unbillig beurtheilt. Demnach mangelt es zur Zeit noch an einer Arbeit, die einerseits ein gründliches, vollständiges Bild dieser interessanten Episode giebt, und andrerseits auf Grund einer, soweit dies möglich ist, unbefangenen Würdigung der Quellen eine gerechtere Beurtheilung der handelnden Personen gestattet. Deshalb dürfte die vorliegende Arbeit, die den angedeuteten Zweck verfolgen soll, nicht ganz überflüssig sein.

Als Quellen dieser Arbeit sind namentlich die benutzt, die die meiste Gewähr der Zuverlässigkeit bieten, die gleichzeitigen Urkunden, wie sie in dem Meklenburgischen Urkundenbuch (Band IV-VI u. XIII-XX), in der Sammlung der Hanserezesse (B. I-IV), in der Urkundensammlung der schleswig=holstein=lauenburgischen Gesellschaft für vaterländische Geschichte (II. B.), im Archiv für Staats= und Kirchengeschichte der Herzogthümer Schleswig, Holstein, Lauenburg von Michelsen und Asmussen (II.), im Lübecker Urkundenbuch (III. B.), im Urkundenbuch zur Geschichte der Herzöge von Braunschweig und Lüneburg von Sudendorf (III-V), in Bunges Liv=, Esth= und Kurländischem Urkundenbuch (U. B.), im Diplomatarium Norwegicum (I, II, III, V) und in Rydbergs "Sverges traktater med främmande magter" (II. B.), sowie in dem bereits genannten Werk von Styffe (B. I) aufgeführt sind. Daneben sind aber auch stets des Vergleichs halber die Werke der mehr oder minder gleichzeitigen Geschichtsschreiber herangezogen worden; ausschließlich sind dieselben nur da benutzt worden, wo die besten Quellen, die Urkunden, schien. Die wichtigsten der benutzten Chroniken und Annalen sind folgende: Das Werk des Franziskanerlesemeisters im St. Katharinenkloster zu Lübeck Detmar, der im Jahre 1385 aus Verfügung des Rathes die seit Jahrzehnten nicht weitergeführte lübische Stadtchronik fortsetzte, also gleichzeitig lebte und für diese Ereignisse, in denen auch seine Vaterstadt Lübeck eine

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

so wichtige Rolle spielte, wohl der zuverlässigste Chronist ist (das Werk ist neu herausgegeben von Karl Koppmann, zum Theil in "Die Chroniken der deutschen Städte, Band 19, Lübeck I, 1884, zum andern Theil ebenda Band 26, Lübeck II, 1899"; sodann des lübischen Dominikanerlesemeisters Hermann Korner Chronica novella (herausgegeben von Jakob Schwalm, Göttingen 1895). Korner hat nachweislich in den Jahren 1420-37 gelebt, kann also, wenn er auch nicht selbst Zeitgenosse der in Frage kommenden Ereignisse gewesen ist, doch noch Augen= und Ohrenzeugen derselben gekannt, und manche Nachricht von ihnen erfahren haben; für die Jahre 1361-64 hat er, wie er selbst angiebt, die sonst weiter nicht bekannte Chronik eines Magisters Eylart Schonevelt benutzt. Aus späterer Zeit ist die Chronik des Franziskaners und späteren Predigers und Pastors an der Kirche zu St. Petri in Lübeck Reimar Kock († 1569), der aber ältere Aufzeichnungen benutzt hat. Von schwedischen Chroniken kommen vor allem die Chronologia svecica ex codice minoritarum Wisbyensium, die (nach Girgensohn, Beilage V) für die Jahre 1389-1412 gleichzeitig verfaßt ist (in scriptores rerum svecicarum I, 1, S. 44); die ebenfalls ziemlich gleichzeitige chronica episcoporum Lundensium Nicolai archiepiscopi Lundensis (in Scr. rer. danicarum VI von J. Langebeck), die Omständelig berättelse (scr. rer. svec. I, 2), die zwar gleichzeitig entstanden, aber weil sie von einem während der Belagerung Stockholms durch die Deutschen unterdrückten Schweden verfaßt ist, nur mit Vorsicht benutzt, werden darf; weit später sind das vetus chronicon Sveciae prosaicon (scr. rer. svec. I, 1) um 1450 und das diarium fratrum minorum Stockholmensium (scr. rer. svec. I, 1) um 1480 und die Chronica regni Gothorum des Dekans und Professors der Theologie zu Upsala Erik Olai († 1486, 24. Dez.).

Die Svenska Chronica endlich des Olaus Petri, des berühmten schwedischen Reformators, ist zwar noch später nach den Ereignissen geschrieben (um 1534), geht aber zum Theil auf ältere Zeugnisse zurück, und ist deshalb wohl mit heranzuziehen.

Um zu verstehen, wie das kleine Meklenburg dazu gekommen ist, eine so bedeutsame Rolle in den nordischen Verhältnissen zu spielen, ist es nützlich, zunächst einen kurzen Ueberblick zu geben über die Zeit vor unserem Ereignisse, da sich in dieser die Fäden geknüpft haben, die nachher Meklenburg mit Schweden verbanden. Die Verbindung Meklenburgs mit dem Norden geht weit zurück. Wiederholt waren in den früheren Jahrhunderten Beziehungen theils freundlicher, theils feindlicher Natur zwischen dem Wenden=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 5 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

lande und den skandinavischen Reichen vorgekommen. Mit Schweden 1 ) zuerst kam in nähere Berührung Fürst Heinrich von Meklenburg, genannt der Löwe, zu Anfang des 14. Jahrhunderts. Im Jahre 1309 unternahm nämlich der dänische König Erich VI. Menved einen Kriegszug nach Schweden, um seinen Schwager, den von seinen Brüdern, den Herzögen Erich und Waldemar, vertriebenen Schwedenkönig Birger auf den Thron zurückzuführen. König Erich hatte schon längst Beziehungen zu Meklenburg 2 ), und so zog Fürst Heinrich als sein Bundesgenosse mit und zeichnete sich bei dieser Gelegenheit rühmlich aus. 3 ) Auch später blieb er in gutem Einvernehmen und Freundschaft mit Erich 4 ) und Birger 5 ) und wurde im Jahre 1313 sogar in den Streitigkeiten zwischen Birger und seinen Brüdern zum Schiedsrichter erwählt. Erich belehnte ihn zum Lohn für seine Dienste mit Stadt und Land Rostock, das seit 1300 unter dänischer Oberlehnshoheit stand. 6 ) Als dann aber 1317 der Schwedenkönig seine Brüder umbrachte und vor der Rache des darüber erbitterten Volkes nach Dänemark floh, nahm Heinrich an dem Versuche König Erichs, Birger abermals einzusetzen, nur lauen Antheil. Aus diesem Grunde wurde es ihm leicht, nach Birgers Tode sich dem neuen Könige von Schweden, Magnus, dem Sohn des einen der gemordeten Herzöge, zu nähern. Der Wunsch, an Schweden ein Gegengewicht gegen die erdrückende Uebermacht Dänemarks zu finden, war wohl der Grund, daß er die Partei seines alten Verbündeten und Lehnsherrn verließ. Auf einer Zusammenkunft zu Bahus wurde 1321 zwischen des jungen Königs Mutter Ingeborg und ihren Räthen einer=, und dem Fürsten Heinrich andererseits ein Schutz= und Trutzbündniß gegen Dänemark geschlossen, wo inzwischen auf Erich sein Bruder Christoph gefolgt war. 7 ) Heinrich versprach, den König im Besitze seiner beiden Kronen Schweden und Norwegen - als Tochtersohn des letzten norwegischen Königs Hakon war Magnus auch von den


1) Darüber s. bei Styffe I, S. 5 f.
2) 1300 hatte Fürst Nikolaus von Rostock, durch Brandenburg schwer bedrängt. sein Land als Lehen von Dänemark genommen. S. Meklenburgisches Urkunden=Buch (M. U.=B.) IV, 2643 und V, 2749. 2830.
3) Hanse=Recesse (H.=R.) I, S. 54; M. U.=B. V, 3405-3409.
4) M. U.=B. V, 3431. 3473. 3484. 3529. VI. 3617. 3846. 3652. 3736. 3777. 3835.
5) M. U.=B. VI, 3607. 3685.
6) Urk. vom 7. Januar 1317. M. U.=B. VI, 3871.
7) S. Styffe I, 2-6 (S. 1-10) und M. U.=B. VI, 4285-4288. 4294. 4295.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 6 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Norwegern gewählt worden - zu schützen und 200 Mann Hülfstruppen zu stellen. Ebenso versprachen auch Heinrichs Verbündete, der Herzog von Sachsen und die Grafen von Holstein und Schwerin, im Falle eines dänischen Angriffes ihre Hülfe gegen denselben. Um den Bund noch enger zu knüpfen, wurde des jungen Königs Schwester Eufemia mit Heinrichs ältestem Sohne Albrecht verlobt. 1 ) 1329 starb Fürst Heinrich, und Albrecht folgte ihm, zunächst unter Vormundschaft, dann seit 1336 selbstständig.

Der neue Fürst war ein Mann von regsamer Thätigkeit und unternehmendem Geiste; sein Ziel war, sein Land und vor allem seine Familie groß zu machen. Von kleinen Anfängen ging er dabei aus; zuerst machte er sich sein eigenes Land durch Bezwingung seiner Adligen und Städte unterthänig. Infolge seiner freundschaftlichen Verbindung mit König Karl IV. erreichte er, daß 1348 sein Land Meklenburg zum Herzogthum erhoben wurde. Durch Erbschaft und Vertrag erwarb er 1359 die Grafschaft Schwerin. Vor allem aber gab ihm seine Verbindung mit Eufemia von Schweden, die im Jahre 1336 vollzogen war, die erwünschte Gelegenheit, in den nordischen Händeln eine Rolle zu spielen. In der ersten Zeit stand sich Albrecht gut mit seinem Schwager Magnus, und noch 1354 schlossen sie einen Vertrag ab, der eine ewige Freundschaft zwischen ihnen zu sichern schien. 2 )

Aber seit dem Jahre 1356 begann das gute Verhältniß sich zu ändern. Magnus hatte, herangewachsen, die von den Schweden auf ihn gesetzten Hoffnungen nicht gerechtfertigt, sondern sich als schwach und unfähig erwiesen und sich der Leitung unwürdiger Günstlinge überlassen. Seine Unterthanen, an der Spitze die Reichsräthe, hatten ihn deshalb 1350 gezwungen, für Schweden seinen älteren Sohn Erich (XII.), für Norwegen den jüngeren Hakon (VIII.) als Mitregenten anzunehmen. Als ersterer im Jahre 1356 einen Aufstand machte, um den Einfluß von des Königs unwürdigem Günstling Bengt Algotsson zu brechen, da unterstützten ihn nicht nur König Waldemar von Dänemark, sondern auch Herzog Albrecht. 3 ) Als es dann aber infolge von Waldemars zweideutigem Verhalten zwischen Magnus und seinem Sohne zu einer Aussöhnung kam, hatte Albrecht zwar auf Seiten


1) S. Styffe 2 (S. 2 f.) und M. U.=B. VI, 4285.
2) Styffe I, 15; H.=R. I, 173.
3) Styffe 17 (S. 25), 18 (S. 28); Regesta Danica, 2409. M. U.=B. XIII, 8164.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 7 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Schweden gestanden, 1 ) dann sich aber bei den Friedensverhandlungen, wobei Waldemar schonen gewann, von diesem auf seine Seite ziehen lassen. 2 ) Daß eine derartige, wechselnde Stellungnahme Albrechts durch eine Politik bedingt war, die nur den eigenen Vortheil im Auge hatte, ist ohne weiteres klar, und ebenso daß sein Verhältniß zu Magnus dadurch ein gespanntes wurde. Doch mag auch des Schwedenkönigs eigene Unwürdigkeit dazu beigetragen haben, daß allmählich eine völlige Entfremdung zwischen den beiden Schwägern entstand, so daß endlich Albrecht, als Ereignisse in Schweden eintraten, die den Thron des Magnus wankend machten, kein Bedenken mehr trug, selbst den Sturz desselben mit herbeizuführen. Diese Ereignisse knüpften an an das Verhältniß des Schwedenkönigs zu Waldemar von Dänemark und an die Eroberung Schonens durch den Letzteren.

Magnus hatte derselben einen so geringen Widerstand entgegengesetzt, so daß seine Unterthanen von Verrath sprechen konnten: er habe absichtlich dem Dänenkönige Schonen preisgegeben, um an ihm dafür eine Stütze gegen seine eigenen Unterthanen zu haben. Die Verlobung seines Sohnes Hakon mit Waldemars Tochter Margareta schien diesen Verdacht zu bestätigen. 3 ) Aber die Großen des Reiches waren mit dieser Verbindung nicht einverstanden und zwangen Hakon, dieselbe wieder zu lösen und sich Anfang 1361 mit Elisabeth, der Schwester der holsteinschen Grafen Heinrich und Klaus, der ärgsten Feinde Waldemars, zu verloben.

Der schwache Magnus mußte diesem Schritte seine Zustimmung geben und noch dazu unter den demüthigendsten Bedingungen: wenn diese Heirath aus irgend einem Grunde nicht zu Stande käme, so sollten die Großen berechtigt sein, vom Könige abzufallen und sich den Grafen zuzuwenden und ihnen gegen den König behülflich zu sein. 4 ) Was die schwedischen Großen zu diesem eigenthümlichen Verhalten bewogen hat, ist nicht so ganz klar; sicherlich thaten sie zum Theil diesen Schritt aus gutem Patriotismus, indem sie bei Waldemars bekannter


1) Styffe I, 23 (S. 39) vom 17. August 1359; M. U.=B. XIV, 8307. 8334. 8444.
2) Rudloff: Pragmatisches Handbuch der meklenburg. Geschichte II, S. 447 und M. U.=B. XIV, 8775, 10. August 1360 vor Helsingborg.
3) 1358. Archiv für Staats= und Kirchengeschichte der Herzogthümer Schleswig, Holstein, Lauenburg von Michelsen und Asmussen II, 221.
4) Urkundensammlung der schleswig=holstein=lauenburgischen Gesellschaft für vaterländische Geschichte II, S. 242, vom 29. Juni 1361.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 8 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

selbstsüchtiger Politik für Schweden kein Heil in der Verbindung mit demselben sahen, und indem sie seine offene Feindschaft für erträglicher hielten, als seine Freundschaft. Aber es fragt sich, wieweit dieser Patriotismus in eigennützigen Motiven seinen Ursprung gehabt hat; daß die Großen ihre eigenen Zwecke, Standesinteressen hatten, wird sich später ergeben. Während der langen schwachen Regierung des Magnus hatten sie sich eine Anzahl Rechte erworben, die ihnen eine gewisse Selbstständigkeit und Macht gaben; und nun fürchteten sie wohl, daß Magnus, auf Waldemar gestützt und nach dessen Vorbild, ihnen dieselben wieder nehmen und sie in ihre frühere Stellung zurückdrücken würde. Zunächst sollten die Großen in ihrem Bestreben, Waldemar von Magnus zu trennen, Erfolg haben. Ersterer konnte sich die ihm zugefügte Kränkung natürlich nicht gefallen lassen; seine Antwort war Krieg. Bei der Schwäche der Reiche Schweden und Norwegen konnte er hoffen, nicht nur sein Ansehen durch denselben wieder herzustellen, sondern auch wo möglich noch eine Vergrößerung seines Reiches zu erlangen. Es ist hier nicht die Aufgabe, diesen Krieg vom Jahre 1361 zu schildern, wie Waldemar die Inseln Oeland und Gotland wegnahm, 1 ) wie er dabei durch die Einnahme und Plünderung der alten Hansestadt Wisby mit den anderen Hansen in Konflikt kam, die mit den beiden nordischen Königen nun eine Bündniß schlossen, 2 ) wie er dann im Sommer 1362 den Hansen vor Helsingborg eine beträchtliche Niederlage beibrachte, 3 ) die dann am 6. November 1362 einen 14monatlichen Waffenstillstand zur Folge hatte. 4 ) Meklenburg hatte an diesem ganzen Kriege nicht Theil genommen, vielleicht wegen der doppelten Verwandtschaft mit Dänemark und Schweden - Albrechts ältester Sohn Heinrich war 1350 mit Waldemars ältester Tochter Ingeborg verheirathet - oder auch weil Herzog Albrecht jetzt in einem Kriege auf Seiten des Magnus keinen Vortheil für sich sah, gegen Magnus für Waldemar aber nicht eingreifen wollte wegen seiner stetig guten Beziehungen zu den Städten. 5 ) Hatte Waldemar durch den Krieg sein eines Ziel, die Erweiterung seines Reiches durch Oeland und Gotland


1) S. Suhm, Historie af Danmark, Band XIII, S. 444.
2) H.=R. I, 260-264, Lübecker Urkundenbuch (Lü. U.) III, 410. M. U.=B. XV, 8936.
3) Detmar=Chronik in "Die Chroniken der deutschen Städte," B. 19, Lübeck, S. 534.
4) H.=R. I, 277-279.
5) Detmar S. 564.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 9 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

erreicht, so war ihm während des Waffenstillstandes ein günstiges Schicksal behülflich, auch zu seinem zweiten Ziele zu kommen, nämlich die durch die Lösung des Verlöbnisses mit Hakon verletzte Ehre seiner Tochter wiederherzustellen. Ende 1362 schickten nämlich die holsteinschen Grafen ihre Schwester Elisabeth über Meer, um die Heirath derselben mit Hakon zu vollziehen. 1 ) Ein heftiges Unwetter aber trieb ihr Schiff ans Land, in das Gebiet des Erzbischofs Nikolaus von Lund, eines eifrigen Dänenfreundes, der die Gräfin sofort gefangen setzte, um wie er sagte, das Zustandekommen eines frevelhaften 2 ) Ehebündnisses zu verhindern. Diesen Umstand benutzte Waldemar, die schwankend gewordenen nordischen Könige wieder zu sich herüberzuziehen. Hakon ließ sich bereden, die alte Verbindung wieder aufzunehmen, und am 9. April 1363 heirathete er Waldemars Tochter Margareta. Elisabeth wurde nun, als ungefährlich, freigelassen und ging nachher in ein Kloster. 3 ) Nun hatten aber Magnus und Hakon den Vertrag mit den holsteinischen Grafen und mit ihren eignen Großen vom 29. Juni 1361 gebrochen, und die letzteren waren also, mochte der Vertrag auch erzwungen sein, dem Wortlaut desselben gemäß befugt, sich vom Könige Magnus ab und den Grafen von Holstein zuzuwenden. Hakon hatte sich leicht von Waldemar überreden lassen, die Verlobung mit der holsteinischen Gräfin zu brechen. Ihr Schicksal mag ihm recht erwünscht gekommen sein, 4 ) denn es scheint ja erklärlich, daß er lieber die freiwillig eingegangene Verbindung mit Margareta, als die ihm aufgezwungene mit Elisabeth vollziehen mochte. Aber wenn man bedenkt, daß ihm dieser Schritt ja vielleicht sein schwedisches Erbe kosten konnte, so kommt man unwillkürlich auf den Gedanken, ihm noch einen triftigeren Grund unterzulegen: Vielleicht hoffte er, da Waldemars einziger Sohn Christoph von einer unheil=


1) Archiv f. Staats= und Kirchengesch. d. Hz. Schl.=Holst.= Lbg. v. Michelsen u. Asmussen II, 226.
2) Denn die Verlobung mit Margareta war ja thatsächlich nicht ungültig.
3) Detmar S. 532.
4) Daß Magnus selbst die Nachricht von der Reise der Gräfin an Waldemar gesandt und ihn um ihre Gefangennahme gebeten habe, wie Olaus Petri in seiner Svenska Chronika (in Scriptores rerum svecicarum I, 2, S. 271, ed. Er. Mich. Fant.) berichtet, ist wohl übertrieben; Magnus war zu einem so entscheidenden Schritte viel zu schwach und wankelmüthig. Die Chronik ist auch viel zu lange nach den Ereignissen geschrieben (1534), als baß sie über Einzelheiten so genau hätte unterrichtet sein können.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 10 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

baren Krankheit befallen war, 1 ) nach dessen Tode auch Erbe des dänischen Reiches zu werden und dies einst mit seinen Reichen vereinigen zu können. Vielleicht erwartete er andererseits auch nicht, daß die Schweden wirklich von ihm abfallen würden. Doch in dieser Annahme sollte er sich getäuscht haben. Den schwedischen Großen war die beste Gelegenheit geboten, sich ihres elenden Königs zu entledigen und einen ihnen genehmen an seine Stelle zu setzen, und sie dachten nicht daran, diese Gelegenheit ungenutzt vorübergehen zu lassen. Sie fuhren hinüber nach Holstein - so berichtet uns die Chronik des Magisters Eilart Schonevelt 2 ) - und boten dem Grafen Heinrich die schwedische Krone an. Aber vielleicht war dieser mit den Bedingungen, die ihm die Großen stellten, nicht einverstanden, oder es schien ihm das ganze Unternehmen, sich die Krone erst erobern zu müssen, zu unsicher, 3 ) kurz, er lehnte für seine Person ab. Dafür wies er die Gesandten an den Herzog Albrecht von Meklenburg, dessen Söhne Heinrich, Albrecht und Magnus, als Söhne der Eufemia von Schweden schon ein gewisses Erbrecht auf die schwedische Krone hatten; unter diesen sollten sie sich einen wählen. Etwas abweichend erzählt diese Vorgänge die Chronologia svecica ex codice minoritarum Wisbyensium ab anno 815 ad annum 1412 4 ): Magnus habe die ihm feindlichen Großen vertrieben, diese seien nach Gotland gegangen und hätten dort den Winter 1362 auf 1363 zugebracht, und seien dann nach Wismar zum Herzog Albrecht gegangen. Beide Nachrichten lassen sich aber vereinigen, wie es schon Styffe 5 ) gethan hat. Von Albrechts Söhnen aber war der älteste, Heinrich, als Schwiegersohn Waldemars von Dänemark ebenso wie Hakon eventueller Erbe des dänischen Thrones, und als solcher ebenso wie dieser den Schweden nicht genehm. Auch mochte er den Großen wegen seiner Charaktereigenschaften, 6 ) die eine gewisse Härte und Strenge erkennen ließen, nicht passen. Deshalb wählten die schwedischen Gesandten, - es waren der königliche


1) H.=R. I, S. 199.
2) Im Auszug bei Hermann Korner in Script. rer. svec. III, 1, 207; M. U.=B. XV, 9237.
3) Styffe I, S. XXXVI.
4) In Scriptor. rer. svec. I, 1, S. 44.
5) Styffe I, S. XXXIII f., abgesehen von Ungenauigkeiten, die beide enthalten; s. D. Schäfer, S. 403 a 1.
6) Heinrich bewies später gegen adlige Straßenräuber, die er oft mit eigner Hand aufgeknüpft haben soll, eine derartige Strenge, daß er davon den Beinamen "der Henker (Suspensor)" erhielt. (Detmar S. 578.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 11 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Erzkämmerer Bischof Nicolaus von Linköping, Bischof Thomas von Wexiö, der Reichstruchseß Niklis Thuresson, der Marschall Karl Ulfsson von Toften und die Ritter Karl Ulfsson von Ulfasa, Bo(ethius) Jonsson, Erik Karlsson, Bengt Philippsson und andere 1 ) - unter den Söhnen des Herzogs den zweiten, Albrecht mit Namen. Der Herzog Albrecht nahm die Wahl für seinen Sohn an. Der junge Albrecht war etwa 1338 geboren und ums Jahr 1352 mit Richardis, der Tochter und Erbin des Grafen Otto von Schwerin verheirathet worden, welche Verbindung im Jahre 1359 den Anfall der Grafschaft Schwerin an Meklenburg zur Folge hatte. Jetzt 1363, etwa 25 Jahre alt, mochte er den Schweden als der geeignete Mann für ihren Thron erscheinen.

Zunächst war es für die Meklenburger erforderlich, die Nachbarmächte für das Unternehmen freundlich zu stimmen und wo möglich, ihre Unterstützung dabei zu erlangen. Die Grafen von Holstein, die ja die ganze Sache angeregt hatten, und denen daran gelegen sein mußte, ihre Schwester zu rächen, ließen sich leicht gewinnen. Am 25. Juli 1363 schlossen die Herzöge mit ihnen einen Vertrag, 2 ) Graf Heinrich versprach, ihnen das schon lange in seinem Besitz befindliche Schloß Kalmar in der schwedischen Provinz Smaland zu öffnen, wofür sie ihn dann entschädigen wollten. Um sich in der Heimath zu sichern, hatten sie schon am 11. Juli ein Landfriedensbündniß 3 ) auf 5 Jahre mit den Fürsten Lorenz und Johann von Werle geschlossen, und am 18. Oktober versöhnten sie sich mit Bernhard von Werle, 4 ) mit dem sie kleinere Streitigkeiten gehabt hatten, letzterer versprach dabei sogar Truppen zu überseeischem Kriegszuge zu stellen. Auch mit den Hansen war bereits über ein Bündniß verhandelt worden, 5 ) aber infolge der zu weit gehenden Forderungen der Städte hatte sich die Sache zerschlagen. Trotzdem aber standen sie dem Unternehmen nicht feindlich gegenüber, sondern beobachteten die Entwickelung mit Interesse. Denn verschiedentlich hatten sie früher über das Verhalten des Magnus ihnen gegenüber zu klagen gehabt, 6 ) von dem Sohne des Städtefreundlichen Herzogs Albrecht dagegen konnten sie ein gefälligeres Verhalten erwarten.


1) S. bei Eilart Schonevelt und script. rer. svec. I, 1, S. 44.
2) M. U.=B. XV, 9182.
3) M. U.=B. XV, 9173 u. 9174.
4) M. U.=B. XV, 9207.
5) M U.=B. XV, 9164.
6) H.=R. II, 1.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 12 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

So sandten denn auch später die Fürsten den Städten wiederholt Meldungen von ihren Fortschritten in Schweden und baten andererseits um Nachrichten aus Deutschland. 1 )

Anfang November 2 ) 1363 segelte nun Herzog Albrecht mit seinem Sohne und einer beträchtlichen Truppenzahl, vom Grafen Heinrich, dem Fürsten Lorenz von Werle und dem Grafen Günther von Ruppin begleitet, von der Warnowmündung ab, hinüber nach Schweden. Man landete zunächst in Kalmar, das dem Grafen Heinrich gehörte, der es nun den Meklenburgern übergab. Dann zog man zu Lande weiter nach der Hauptstadt Stockholm, die, von einer starken, einflußreichen deutschen Bevölkerung bewohnt, schon am St. Andreastage (dem 30. November) dem jungen Albrecht als ihrem Herrn huldigte. 3 ) Die nun folgenden 2 1/2 Monate brachte man mit Verhandlungen hin; endlich am Sonntag Reminiscere (18. Februar) des folgenden Jahres 1364 traten zu Upsala die Großen des Reiches zusammen. 4 ) Hier brachten sie ihre Anklagen gegen König Magnus, der natürlich nicht erschienen war, vor: Er habe 5 ) ein sittenloses Leben geführt, den päpstlichen Bann mißachtet, seine Eide verletzt, ungesetzliche Abgaben angeordnet, den Verlust von Schonen, Halland, Oeland und Gotland herbeigeführt und sich mit Waldemar von Dänemark zum Schaden des Reiches verbunden. Deshalb erklärten sie ihn für abgesetzt und statt seiner den jungen Albrecht von Meklenburg zu ihrem Könige; auf dem Morastein bei Upsala fand nach alter Sitte die feierliche Inthronisation statt. 6 )

Die Ansicht Styffes, 7 ) daß das Unternehmen eine verrätherische Ueberrumpelung ohne Kriegserklärung der deutschen Mächte, und ohne Aufkündigung von Treue und Gehorsam von Seiten der schwedischen Großen gewesen sei, hat schon Dietrich Schäfer 8 ) mit Recht zurückgewiesen: wenn uns auch von einer Kriegs=


1) M. U.=B. XV, 9249, 9251 und H.=R. I, 322. 323.
2) Hermann Korner nach Mag. Eilart Schonevelt S. 207 f. In dem Bericht desselben: "exeuntes Waniowe fluvium in navibus solennibus in profesto sancti Martini primum Calmarniae applicuerunt" ist nach H.=R. I, 327 a 8 das Datum, 10. November, auf die Ankunft in Kalmar zu beziehen; die Abfahrt muß also schon Anfang November angetreten sein.
3) Styffe I, 27 und M. U.=B. XV, 9215.
4) cf. M. U.=B. XV, 9237.
5) Olaus Petri: Svenska Chronika in script. rer. svec. I. 2, S. 272.
6) H.=R. I, 323.
7) Styffe I, S. XXXVI.
8) D. Schäfer S. 405 a 2.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 13 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

erklärung und einer Aufkündigung des Gehorsams nichts berichtet wird, so steht doch darum noch nicht fest, daß dieselben nicht stattgefunden haben. Und selbst angenommen diesen letzteren Fall, so kannten Magnus und Hakon ihre Großen doch wohl hinreichend, um zu wissen, daß sich diese an die Abmachungen des Vertrages vom 29. Juni 1361 halten und zum Grafen Heinrich hinübergehen würden, und daß dieser, um seine Schwester zu rächen, einen Kriegszug nach Schweden unternehmen würde. Von einer Ueberrumpelung kann also keine Rede sein, und ebensowenig von Verrath, da nach dem genannten Vertrage die Großen zu ihrem Vorgehen ja berechtigt waren. Was aber die Absetzung des Magnus betrifft, so ist hier natürlich nicht am Platze, zu erörtern, inwiefern und ob dieselbe berechtigt war; aber wenn je, so lag in diesem Falle die Beseitigung des Königs im Interesse des Reichs, und mit Recht hatten die Großen erkannt, daß in einer Verbindung mit Dänemark für Schweden kein Heil liegen konnte.

Magnus und Hakon ließen sich die Absetzung natürlich nicht ohne Weiteres gefallen, erkannten sie nicht an, und die Waffen mußten also den entscheidenden Ausschlag geben. Zunächst unterwarf sich leicht und gern das südliche Schweden dem Könige Albrecht: Mitte März bereits war das ganze Land bis auf zwei Schlösser (Warburg und Svanholm) im Besitz der Meklenburger und Holsteiner, Magnus und Hakon waren geflohen. 1 ) Da mochten sie denn wohl, angesichts dieser Thatsachen, zunächst an ihrem Kriegsglück verzweifeln, denn am 24. April (St. Markusabend) 1364 2 ) schloß in ihrem Namen der Ritter Feller Pyk mit den Gegnern einen Waffenstillstand ab, der bis zum Sonntag über drei Wochen, dem 19. Mai, dauern sollte. 3 ) Dann fand Ende Juli 4 ) eine Zusammenkunft der beiden Könige Albrecht und Magnus, sowie der anderen Fürsten und der beiderseitigen Anhänger zu Jönköping statt; 5 ) hier einigte man sich, Albrecht sollte über ganz Schweden König sein mit Ausnahme von Westgotland, dieses sollte Magnus mit Beibehaltung des Königtitels 6 ) auf Lebenszeit besitzen; weil aber Hakon, der nicht mit anwesend


1) M. U.=B. XV, 9249. 9251.
2) Nicht 24. März, wie bei D. Schäfer S. 406.
3) M. U.=B. XV, 9263 und Styffe I, 28.
4) Am 22. und 26. Juli ist König Albrecht in Jönköping, s. M. U.=B. XV, 9286. 9287.
5) Herrn. Korner S. 207 f.
6) In der Urk. M. U.=B. XV, 9287 nennt Albrecht ihn König.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 14 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

war, seine Zustimmung nicht geben konnte. So wurde eine Zusammenkunft auch mit diesem für den folgenden Sommer verabredet und der Waffenstillstand bis dahin verlängert.

Da nun das Unternehmen bis hierher gesichert erschien, so konnte König Albrecht, nachdem er seine Helfer belohnt hatte - Graf Heinrich erhielt die Insel Gotland verpfändet 1 ) - daran denken, sich auch die zu Schweden gehörenden östlichen Nebenländer unterthänig zu machen. So ging er im Herbst 2 ) des Jahres (1364) hinüber nach Finnland. Hier suchte Narve Ingwaldsson die Sache des Königs Magnus aufrecht zu erhalten. Er hatte vorher sogar einen Bund mit den livländischen Städten (Revah gegen die Anhänger der Meklenburger einzugehen versucht. 3 ) Nun mußte ihn König Albrecht in dem festen Schloß Abo belagern. Aber bis in die Mitte des folgenden Jahres 4 ) hielt sich dasselbe, und einer der treuesten Anhänger des Königs, Niklis Thuresson, fiel bei der Belagerung. Aber endlich mußte sich Narve Ingwaldsson doch ergeben und damit war der Widerstand Finnlands im Wesentlichen gebrochen.

Bevor der König noch nach dem eigentlichen Schweden zurückgekehrt war, geschah dort etwas, was die Entscheidung herbeiführte. Albrecht war abwesend in Finnland, seine Helfer, die deutschen Fürsten, nach Hause zurückgekehrt. 5 ) Da glaubten Magnus und Hakon, es sei die günstigste Gelegenheit, sich ihr Reich wieder zu erkämpfen. Sie brachen den Vertrag von Jönköping und den Waffenstillstand; mit einem norwegischen Heere rückten sie in Westermannland ein und gelangten bis nach Westeras am Mälarsee. Zu Arboga forderten sie in einem Aufruf vom 27. Februar 1365 den Erzbischof von Upsala, sowie die ganze Ritterschaft und Geistlichkeit des Erzbisthums, als ihre rechtmäßigen Herren zum Beistand gegen den fremden Usurpator auf. 6 ) Aber sie hatten vergessen, wie verhaßt sie sich bei ihren


1) M. U.=B. XV 9288.
2) Seit dem 6. October 1364 sind Briefe Albrechts datirt aus dem Lager vor der Feste Abo, s. Styffe I, S. XXXIX Anm. ††. Chronologia sv. ex cod. min. Wisb , S. 45.
3) Bunge, Liv-, Esth- und Kurländisches Urkundenbuch 11, 1006.
4) Bis zum 26. Juni sind Briefe Albrechts aus dem Lager vor Abo datirt Styffe I, XXXIX a ††.
5) Am 1. Febr. 1365 giebt Waldemar dem Herzog Albrecht einen Geleitsbrief zur Ueberkunft nach Jütland. M. U.=B. XV, 9324. Am 24. Febr. ist Albrecht wieder in Schwerin, ebd. 9329.
6) Svenska Riksarchivet Pergamentbref I, 647. cf. M. U.=B. XV, 9330.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 15 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ehemaligen Unterthanen gemacht hatten; ihr Aufruf blieb ohne Erfolg. Vielmehr regten sich nun auch die Anhänger König Albrechts. 1 ) Sie rückten, an der Spitze die deutsche Bürgerschaft von Stockholm, den Königen entgegen, ihrem abwesenden Herrn getreu. Bei Enköpina am Mälarsee trafen sich am 3. März die feindlichen Heere. Die beiden Könige hatten nicht ihre ganze Truppenzahl beisammen; sie wurden vollständig geschlagen, Magnus gerieth selbst in Gefangenschaft, Hakon entkam noch mit genauer Noth und ging nach Norwegen zurück.

So schien, als König Albrecht nach dem 26. Juni aus Finnland zurückkehrte, die Herrschaft ihm gesichert: Schweden war ihm unterthänig bis auf Westergotland, und auch mit diesem wurden Verhandlungen angeknüpft, 2 ) Finnland war unterworfen, seine neuen Unterthanen hatten treu zu ihm gestanden, seine Gegner waren unschädlich gemacht, Magnus saß gefangen in Stockholm, Hakon war geflohen. - Da erschien ein neuer Gegner auf dem Kampfplatze: König Waldemar von Dänemark. Waldemar stand seit dem Jahre 1360 (s. o. S. 7) 3 ) mit den Meklenburgischen Fürsten in bestem Einvernehmen. Seit aber Hakon 1363 seine Tochter Margareta geheirathet hatte (s. o. S. 9), stand er sich auch mit den nordischen Königen gut. Als diese nun mit Meklenburg in Konflikt kamen, da war es für ihn die Frage, welcher von beiden Parteien er sich anschließen sollte. Mit beiden war er verschwägert; aber es war klar, daß ein Charakter, wie der seinige, sich nicht durch Rücksicht auf Verwandtschaft bestimmen lassen, sondern daß sein persönlicher Nutzen für seine Haltung entscheidend sein würde. So verhielt er sich denn zunächst abwartend, neutral. Sicher beabsichtigte er schon damals dem beizuspringen, der ihm am meisten bieten würde. So knüpfte er bereits, als die Sache noch nicht entschieden war, mit Herzog Albrecht Verhandlungen an. 4 ) Wahrscheinlich verlangte er damals als Lohn für seine Hülfe, oder auch nur für die Nichtunterstützung Magnus' und Hakons, die Abtretung von Theilen Schwedens. Aber die Sache zerschlug sich; man konnte sich wohl über den Preis, den er begehrte, nicht einig werden. Als nun König Albrecht nach dem Siege bei Enköping auf dem Gipfel seiner Macht stand, konnte


1) Chronologica sv. ex cod. min. Wisb. S. 45 und Ol. Petri Sv. Chr. S. 373.
2) M. U.=B. XV, 9426 (S. 560) und Styffe I, 36 (S. 80).
3) M. U.=B. XIV. 8775.
4) M. U.=B. XV, 9324.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 16 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Waldemar natürlich von ihm für sich noch weniger erwarten, und so war es klar, daß er sich nach der gegnerischen Seite hinneigen würde. Da erschien Hakon bei seinem Schwiegervater und bat ihn um Hülfe gegen Albrecht, 1 ) und Waldemar war dazu gleich bereit. Zunächst beeilte er sich, mit seinen sonstigen Gegnern endgültig abzuschließen. Mit den Hansen war bereits am 21. Juni 1364 der Waffenstillstand von 1362 auf vier Jahre verlängert worden; 2 ) jetzt kam am 30. September 1365 ein Friede mit ihnen zu Stande. 3 ) Ebenso hatte er am 7. Juli desselben Jahres mit den Grafen von Holstein zu Kolding Frieden gemacht. 4 ) Nun hatte er freie Hand, in die schwedischen Verhältnisse einzugreifen, und am Anfang des folgenden Jahres 1366 fiel er mit Hakon in Schweden ein. Wir erfahren über diesen ganzen Krieg nur aus den Friedensverhandlungen, die nachher zu Ende Juli stattfanden. Aus ihnen geht namentlich hervor, daß Waldemar um Pfingsten (24. Mai 1366) nicht unbedeutende Vortheile errungen hatte, mehrere Schlösser waren erobert, kurz Albrecht scheint den Krieg ohne rechtes Glück geführt zu haben. Um dieselbe Zeit gelang es Hakon, die Insel Oeland mit der Feste Borgholm in seinen Besitz zu bekommen. Dieselbe war einst, 5 ) zur Zeit des Krieges mit Waldemar, von Magnus an die Städte verpfändet worden. Nun ließ sich der städtische Kommandant Friedrich Suderland, ein Rostocker, unvorsichtiger oder verrätherischer Weise bereden, sie an Hakon zu übergeben. 6 ) Angesichts der Verlegenheit seines Sohnes griff nun der alte Herzog Albrecht wieder ein und schloß am 28. Juli in Alholm auf der Insel Laaland einen Vertrag mit Waldemar. 7 ) Dieser sollte Theile der schwedischen Provinzen Westergotland und Smaland (die Landschaften Kind, Mark, Finweden und Wärend) erhalten, dazu die Insel Gotland mit Wisby, die halbe Insel Hysing, und endlich alle Schlösser, die er um Pfingsten in Besitz gehabt hatte. Dafür war er bereit, das übrige Reich Albrecht und seinen Nachkommen zu garantiren und es sogar gegen Hakon zu schützen, während König Albrecht Magnus nicht frei=


1) Am 8. und 25. Juni 1365 findet sich Hakon zu Aalborg bei Waldemar cf. Diplomatarium Norwegicum I, 386 und II, 265.
2) H.=R. I, 333. 336-338.
3) H.=R. I. 369. 370 u. M. U.=B. XV, 9398.
4) M. U.=B. XV, 9377.
5) Am 28. September 1362. M. U.=B. XV, 9092.
6) H.=R. I. 388. Lü. U. III, 604. 608.
7) M. U.=B. XVI, 9513; Schlesw.-Holst.-Lauenb. Urkslg. II, 275; Styffe I, 31.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 17 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

geben und mit Hakon keinen Frieden schließen sollte, wenn beide diesen Vertrag nicht anerkennen wollten. Zu Lichtmeß (2. Februar) des anderen Jahres sollte dann bei Kalmar eine Zusammenkunft zwischen König Waldemar und König Albrecht stattfinden, und beide sollten dann mit ihren Reichsräthen den Vertrag bestätigen. Nachdem König Albrecht schon im September des Jahres durch seine Gesandten Raven Barnekow, der sein Hauptmann zu Nyköping war, und Bo Jonsson Unterhandlungen mit Waldemar angeknüpft hatte, 1 ) fand wohl am 2. Februar 1367 die verabredete Zusammenkunft der beiden Könige statt; wenigstens scheint das daraus hervorzugehen, daß König Albrecht mit seinem Vater, dem Herzog, der wieder hinüber nach Schweden gekommen war, sich um jene Zeit in Kalmar aufhielt. 2 ) Jedenfalls aber sind die erwünschten Folgen ausgeblieben. Wie wir aus den Ereignissen der Folgezeit erkennen können, bestand kein Friede zwischen Waldemar und Albrecht; der Letztere hatte also den Vertrag nicht anerkannt. Sein Grund dazu war offenbar folgender gewesen: Herzog Albrecht hatte die Abmachungen mit dem Dänenkönige wohl im Interesse seines Sohnes, aber nicht im Interesse des Reiches Schweden getroffen. Die Reichsräthe, seine Großen, konnten es nicht zugeben, daß ihr König, nur um mit Waldemar Freundschaft und Frieden zu haben, unbesiegt Theile schwedischen Landes abtrete, besser mußte ihnen Waldemars Feindschaft, der Fortgang des Krieges erscheinen, der doch immerhin die Möglichkeit des Sieges und der Wiedererwerbung des verlorenen Landes bot. Hätte nun der König wider den Willen seiner Großen den Vertrag anerkannt und die Abtretungen zugegeben, so hätte er sich den Unwillen des ganzen schwedischen Volkes zugezogen. Sein eigener Thron wäre wankend geworden, und Waldemars zweifelhafte Freundschaft hätte ihm ebenso wenig genützt, wie einst dem Könige Magnus. So hatte offenbar König Albrecht bei sich erwogen und deshalb den Vertrag abgelehnt.

Die Folge war natürlich, daß der Krieg seinen Fortgang nahm. Und König Albrecht wurde jetzt von seinen Großen auf das Trefflichste unterstützt. Er hatte sich in dieser Angelegenheit so benommen, wie sie es von ihm hatten erwarten müssen, indem er nämlich ihr und des Reiches Interesse gegen Waldemars Ränke und gegen den eigenen Vortheil gewahrt hatte. In Anerkennung dessen waren nun die Großen zu den außerordentlichsten Opfern


1) Diplomatarium Norw. III, 351.
2) M. U.=B. XVI, 9601.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 18 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bereit. So verpflichteten sich am 2. Mai 1367 1 ) die Ritter Karl Ulfsson von Ulfasa und Erik Karlsson freiwillig, dem Könige und seinem Vater die Hälfte ihrer gesammten Jahreseinnahmen zu überlassen und auch andere, allenfalls selbst mit Waffengewalt, dazu bewegen zu wollen. Und ebenso übernahmen es die sämmtlichen geistlichen wie weltlichen Stände, 2 ) die Hälfte von ihrem ganzen, bis dahin steuerfreien Einkommen, vom Priesterzehnten, und von allen Lehn= und Pfandgütern zu geben; nur mußte der König versprechen, daß diese außergewöhnliche Abgabe nicht noch öfter erhoben und auch nur zum Nutzen und zur Vertheidigung des Reiches verwandt werden sollte. Diese Einmüthigkeit zwischen Herrscher und Unterthanen ermöglichte denn auch ein Vorgehen mit frischen Kräften: schon zu Anfang des Jahres war es Albrecht gelungen, in Westergotland festen Fuß zu fassen, indem ihm König Magnus' Hauptmann Gerd Snakenborg das feste Schloß Arewall auslieferte. 3 ) Jetzt im Herbst des Jahres wurde Schloß Borgholm auf Oeland belagert und zu Schluß desselben mitsammt der ganzen Insel eingenommen. 4 ) Es gehorchten dem Könige die Gegenden des Nordens bis nach Dalarne 5 ) und darüber hinaus bis Helsingland. 6 )

Aber andererseits, daß es in einem der Landestheile, auf denen die Macht der neuen Herrschaft hauptsächlich beruhte, in dem Stifte Linköping, noch Gegner derselben gab, 7 ) mußte dem Könige zeigen, daß er sich allzu sehr auf seine Schweden doch nicht verlassen konnte. Und deshalb mußte er sich angelegen sein lassen, an auswärtigen Mächten eine Stütze gegen Waldemar und Hakon zu finden. Die besten Bundesgenossen waren natürlich diejenigen, die selbst mit dem Dänenkönige zu Feindseligkeiten Anlaß hatten, die Grafen Heinrich und Klaus von Holstein und vor allem die Hansestädte. Was die Holsteiner für Grund gehabt haben, jetzt wieder gegen das Dänenreich loszuschlagen, nachdem sie sich doch erst 1365 mit Waldemar versöhnt hatten, wissen wir nicht. Was die Städte anbelangt, so hatten sie zwar das Unternehmen gegen Schweden mit Aufmerksamkeit und, wie es scheint, mit Vergnügen beobachtet;


1) M. U.=B. XVI, 9629 und 9630 und Styffe I, 38.
2) Urk. vom 4. Juni M. U.=B. XVI, 9643 und Styffe I, 39.
3) M. U.=B. XVI, 9593. Styffe I, 35.
4) M. U.=B. XVI, 9678. 9702.
5) Svenska Riksarchivet Perg. I, 758. 793.
6) Styffe I, 47.
7) M. U.=B. XVI, 9610.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 19 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

entstand doch in der meklenburgisch=schwedischen Herrschaft ein Gegengewicht gegen das ihnen so gefährliche dänische Reich. Der Briefwechsel mit den Fürsten scheint das zu bestätigen: Graf Heinrich und Herzog Albrecht hatten ihnen Berichte über ihre Fortschritte in Schweden gesandt, und sie ihrerseits um Meldungen aus Deutschland ersucht und sie gebeten, die in ihrem Besitze befindlichen schwedischen Häfen mit Zufuhr zu versorgen. 1 ) König Albrecht hatte von dem Lager vor Abo den Städten einen Boten gesandt und ihnen seine Genugthuung aussprechen lassen wegen des zwischen ihnen und seinem Vater bestehenden guten Einvernehmens. 2 ) Mit diesem hatte nämlich Lübeck auf vier Jahre Frieden und Freundschaft geschlossen und ihm für jedes Jahr 400 Mk. lübisch zu zahlen versprochen. 3 ) Dagegen offen unterstützt hatten sie das schwedische Unternehmen nicht, vielmehr alles zu vermeiden gesucht, was den Frieden mit Waldemar hätte stören können; ja noch kurz bevor dieser zu Hakons Unterstützung gegen Albrecht ausziehen wollte, hatten sie sich bereit finden lassen, den Waffenstillstand mit ihm in einen endgültigen Frieden umzuwandeln. Doch Waldemar hatte sich schon kurze Zeit danach allerlei Vertragswidrigkeiten zu schulden kommen lassen: Fortwährend hatten sich die Städte über seine oder seiner Leute Gewaltthaten gegen hansische Kaufleute, über Nichtbeachtung der Privilegien und andere derartige Ungehörigkeiten beklagen müssen. 4 ) Infolgedessen war zuerst bei den preußischen Städten der Wunsch nach Abstellung dieser unangenehmen Zustände aufgekeimt; 5 ) denn sie waren es, die am meisten unter diesen Uebelständen zu leiden gehabt hatten, weil sich ihr Handel namentlich nach Westen, nach den Niederlanden erstreckte und sie deshalb vor allen anderen häufig den Sund, das Machtgebiet der Dänen, zu passiren hatten. Sie waren zunächst mit den süderseeischen Städten ein Bündniß eingegangen 6 ) und hatten durch Verhandlungen endlich auch die wendischen Städte mit Lübeck an der Spitze dazu bestimmt, daß man im November 1367 zu Köln eine gemeinsame Versammlung aller Städte abhalten und über Maßregeln zur Herbeiführung eines erträglichen Zustandes berathen wollte. Vom 11. bis 19. November 1367


1) M. U.=B. XV, 9249. 9251.
2) M. U.=B. XV, 9370.
3) M. U.=B. XV, 9345.
4) H.=R. I, 364. 392. 408. 410.
5) H.=R. I. 391.
6) H.=R. I, 402. 403.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 20 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

tagten die Sendboten der Städte, und am 19. schloß man die berühmte sogenannte Kölner Konföderation gegen Waldemar ab. 1 ) Jetzt waren es die wendischen Städte gewesen, die, wenn man überhaupt etwas thun wolle, ein ganz energisches Einschreiten wünschten. Und nach ihrem Vorgehen hatte man erkannt, daß nur ein gemeinsamer Feldzug im Stande sein würde, die wohlberechtigten Ansprüche der Hansen zu befriedigen. Die wendischen Städte waren es auch, die ein Bündniß mit den Fürsten von Holstein, Meklenburg und Schweden gegen den gemeinsamen Feind wünschten, 2 ) fanden jedoch darin nicht die völlige Zustimmung der übrigen preußischen und niederländischen Städte 3 ): diese erklärten sich zwar bereit, wenn ein Bund mit den Fürsten zu Stande käme, demselben auf ein Jahr beitreten zu wollen, bedangen sich aber ausdrücklich aus, daß ihnen aus diesem Bunde keinerlei Kosten und Nachtheile entstehen sollten, wofür sie dann freilich auch auf alle Vortheile verzichteten, die die Wendischen aus diesem Bündniß haben würden. Dem König Albrecht war die Absicht der Städte natürlich äußerst willkommen; schon von dem Lager vor Borgholm aus waren im November 1367 Verhandlungen mit ihnen angeknüpft worden; 4 ) jetzt schlossen sie, nachdem sie sich am 25. Januar 1368 bereits mit den Grafen Heinrich und Klaus verbunden und mit ihnen eine förmliche Theilung des dänischen Reiches verabredet hatten, 5 ) am 20. Februar einen Bund mit den Städten, 6 ) die am 5. Februar ihre Absage an Waldemar gesandt hatten. 7 ) Mit den preußisch=niederländischen Städten sollte das Bündniß bis zum 1. April 1369, mit den wendischen bis zum 14. April 1370 währen. 8 ) Mit Waldemars eifrigem Freunde Erich von Lauenburg schloß Herzog Albrecht, um sich den Rücken zu sichern, am 29. Februar einen zweijährigen Frieden hinsichtlich seiner Lande in Deutschland 9 ) und die Städte desgleichen; 10 ) ein ähnlicher Vertrag sollte auch mit dem Grafen Adolf von Holstein geschlossen werden. 11 )


1) H.=R. I, 413.
2) H.=R. I, 421.
3) H.=R. I, 411.
4) M. U.=B. XVI 9702.
5) M. U.=B. XVI, 9730. 9731 und H.=R. I, 422-424.
6) M. U.=B. XVI, 9744.
7) H.=R. I, 429 und M. U.=B. XVI, 9736.
8) H.=R. I, 437. 441. 442.
9) M. U.=B. XVI, 9743.
10) H.=R. III, 25.
11) H.=R. I, 436.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 21 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Sogar im eigenen Lande hatte sich der Dänenkönig durch sein rücksichtsloses Auftreten Feinde gemacht: denn auch die jütischen Adligen traten auf die Seite der Verbündeten. 1 )

So zog sich eine zahlreiche Koalition erbitterter Feinde um Waldemar zusammen. Da geschah etwas Unerwartetes: Der König verließ am 6. April 1368 plötzlich Dänemark. 2 ) Man hat über die Gründe, die ihn wohl zu diesem seltsamen Schritt bewogen haben können, viel gestritten. Schon seinen Zeitgenossen ist er unerklärlich gewesen; die neueren Historiker haben seine Handlungsweise unköniglich, unmännlich und kurzsichtig genannt. Es ist hier nun nicht der Ort, darauf näher einzugehen. Aber man kann wohl mit Daenell 3 ) überzeugt sein, daß der König den Schritt für sein und des Reiches Interesse für am nützlichsten gehalten und vorher, so gut es anging, für die Vertheidigung des Reiches Maßregeln getroffen hat. Zum Reichsverweser hatte er für die Zeit seiner Abwesenheit seinen getreuen Rathgeber Henning von Putbus, einen Adligen aus rügischem Geschlecht, ernannt.

Wie man verabredet hatte, begann der Krieg um Ostern 1368. Die Hansen hatten sich mit ihren Schiffen am Gellande versammelt, 4 ) an der Südspitze der Insel Hiddensee an der pommerschen Küste. Dann gingen sie auf Kopenhagen los; nach kurzer Belagerung mußte es am 2. Mai kapituliren. 5 ) König Albrecht rückte in Schonen ein; theils allein, theils in Verbindung mit den Städtern 6 ) nahm er Falsterbo, Skanör, 7 ) Ystadt, Cimbrishamn, Lund, Malmö. 8 ) Um die Mitte des Jahres war das ganze Land im Besitz der Verbündeten; schon am 25. Juli ratifizirte Albrecht zu Falsterbo das Bündniß mit den Städten, bestätigte ihnen ihre Privilegien und gab ihnen einige neue Vortheile. 9 )


1) Schleswig=Holst.=Lauenbg. Urkslg. II, 276 u. 277; H.=R. I, 425, Urk. vom 18. März.
2) Script. rer. dan. VI, S. 631: Nicolai archiepiscopi Lundensis chronica episcoporum Lundensium.
3) E. R. Daenell: Die Kölner Konföderation u. d. schonischen Pfandschaften. Leipz. Stud. I, 1. 1894, S. 8.
4) H.=R. I, 413.
5) H.=R. I, 479 u. Obituarium ecclesiae b. v. Havnensis scr. rer. Dan. VI, S. 377.
6) Lü. U. III, 696.
7) H.=R. I, 461. 462.
8) Messenius: Scandia ill. III, S. 25.
9) Lü. U. III, 662. H.=R. I, 453-466. M. U.=B. XVI, 9808. 9824. 9825. 9829. 9830.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 22 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die festen Plätze in Schonen blieben vertragsmäßig, ebenso wie das Kopenhagener Schloß von städtischen Hauptleuten besetzt. Der Zug des Herzogs Albrecht zusammen mit dem Grafen Heinrich und den Städtern gegen Möen, Falster und Laland war in gleicher Weise von Erfolg begleitet; es ergaben sich die Schlösser Nykjöbing 1 ) am 15. August, Alholm 2 ) am 8. und Ravensburg 3 ) am 11. September, die alle drei von deutschen Hauptleuten befehligt wurden. Die niederländischen Hansen, die sich bei Marstrand gesammelt hatten, brandschatzten unterdeß Norwegen und zwangen dadurch Hakon zur Ruhe. Schon am 24. Juni 1368 knüpfte er Verhandlungen mit den Städten an und erlangte mit König Albrechts Genehmigung einen Waffenstillstand bis Ostern (1. April folgenden Jahres. 4 ) Jütland wurde vom Grafen Klaus in Gemeinschaft mit den jütischen Adligen den Leuten Waldemars entrissen, 5 ) und der Schwedenkönig griff im Oktober zusammen mit seinem Bruder Heinrich, - der alte Herzog Albrecht war krank nach Hause zurückgekehrt 6 ) - die Insel Gotland an. 7 )

So war nach kurzer Zeit fast das ganze Reich Waldemars im Besitz der Verbündeten. Waldemar irrte unterdeß in der Fremde umher, überall bei den Fürsten um Hülfe gegen die Feinde bittend und ihnen durch sein Geld Gegner erweckend. Seine alten Freunde, die pommerschen Herzöge Bogislav VI. von Wolgast und Wratislaw VI. von Barth, zu denen er sich zuerst auf seiner Flucht gewandt hatte, erhoben sich im Verein mit ihren Stammesvettern, den Herzögen von Stettin, zuerst gegen die Meklenburger; 8 ) es ist nicht ganz klar, aus welchem Grunde, doch, wie man wohl annehmen kann, von Waldemar dazu bewogen. Anfang November 9 ) kam es bei Damgarten an der pommerschen Grenze zu einer Schlacht, in der Herzog Albrecht aber, von seinen Vettern, den Herren von Werle, treulich unterstützt, Sieger blieb. Infolgedessen kam nicht nur ein Friede zwischen beiden Parteien, sondern unter Vermittlung der Herzöge


1) M. U.=B. XVI, 9817.
2) H.=R. I, 477.
3) H.=R. I, 478.
4) H.=R. I, 475.
5) H.=R. I, 469.
6) H.=R. I, 475.
7) H.=R. I, 479.
8) H.=R. I, Nachträge S. 501.
9) Detmar I, S. 540 hier aber ungenau: um Martini; dazu vgl. a 8 und D. Schäfer S. 493 a 4.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 23 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

von Stettin sogar ein enges Bündniß zu Stande am 7. Juli 1369, in dem sich die Herzöge von Wolgast und Barth verpflichteten, den Meklenburgern auf überseeischer Heerfahrt mit 60 Rittern und Knechten zu folgen. 1 ) Die pommerschen Herzöge glaubten offenbar genug für Waldemar gethan zu haben, und wandten sich nun auf die Seite des Siegers, auf der sie größere Vortheile für sich hoffen konnten.

In dem Feldzuge des nun folgenden Jahres 1369 sollte der Rest der Arbeit gethan werden. Vor allem galt es, das wichtige, den Sund beherrschende, feste Helsingborg, das sich unter den Hauptleuten Vicko Moltke und Hartwig Kale noch immer hielt, zur Uebergabe zu zwingen. Herzog Albrecht hatte den Hansen versprochen, am 29. April zur Stelle zu sein. 2 ) Nun schickte er, selber vielleicht immer noch kränklich, seinen ältesten Sohn Heinrich, der nun zusammen mit den Städtern die Feste belagerte; 3 ) auch König Albrecht hatte mit Zuzug herbeikommen sollen, aber wir erfahren nicht, ob er wirklich erschienen ist, wenigstens scheint er danach bei der Belagerung keine bedeutsame Rolle gespielt zu haben. 4 ) Endlich, am 21. Juli, kam nach tapferer Gegenwehr zwischen Verteidigern und Belagerern ein Vertrag zu Stande, 5 ) wonach die ersteren sich verpflichteten, das Schloß am 8. September zu übergeben, wenn nicht inzwischen Entsatz herankäme, oder Friede geschlossen würde. Da keines von beiden geschah, wurde die Uebergabe denn in der That vollzogen. Da endlich fand sich der von Waldemar mit der Regentschaft betraute Reichsrath zu Unterhandlungen mit den Gegnern bereit und schloß am 30. November einen Waffenstillstand mir den Hansen. 6 )

Unterdessen hatte sich Waldemar unverdrossen nach neuen Bundesgenossen umgesehen. Seine gefährlichsten Feinde waren die Fürsten; während die Städte nur ihre alten Rechte vertheidigen wollten, hatten jene es ja geradezu auf eine Theilung des Dänenreiches abgesehen; gegen sie mußte des Königs Thätigkeit also


1) H.=R. I, 512 u. H.=R. I, Nachträge 512 f-i.
2) H.=R. I, 489.
3) H.=R. I, 497.
4) Daraus daß er am 29. Mai und 15. Juni (Suhm XIII, 639 u. Svenska Riksarch. Perg. I, 872 u. 873) sich zu Stockholm aufhielt, zu schließen, daß er überhaupt keinen Zuzug geleistet habe, scheint unzulässig. Es ist möglich, daß er, nachdem er den Zuzug herangeführt, selber vor Helsingborg nicht nöthig, zu anderen Unternehmungen weitergezogen ist.
5) H.=R. I, 497.
6) H.=R. I, 513-516.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 24 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

besonders gerichtet sein. Da nun die großartigen Erfolge der Meklenburger bei den benachbarten Fürsten Mißgunst erweckt hatten, so wurde es Waldemar mit Hülfe seiner Schätze 1 ) leicht, eine zahlreiche Koalition gegen Meklenburg zusammenzubringen. Achtzehn Fürsten, an ihrer Spitze Herzog Magnus von Braunschweig, Markgraf Otto der Faule von Brandenburg, Herzog Erich der Jüngere von Lauenburg und Graf Adolf von Holstein, sagten dem Herzog Albrecht Fehde an. 2 ) Freilich suchten diese Herren dabei weniger Waldemars, als ihren eigenen Vortheil, 3 ) und so war es denn nicht so ganz unrichtig, wenn Herzog Magnus, um die Städte von einer Hülfeleistung an die Meklenburger abzuhalten, am 17. September 1369 an Lübeck die Erklärung abgab, der Streit sei nicht Waldemars wegen, sondern aus anderen Gründen. 4 ) schon am 13. Juli des Jahres hatte sich nun freilich schon Herzog Albrecht an die Städte gewandt, und sie, vielleicht Schon in Voraussicht der kommenden Ereignisse, um Hülfe gebeten, wenn es Noth thun sollte; 5 ) aber Lübeck stand seit einiger Zeit in einem etwas gespannten Verhältnisse zu dem Herzoge, infolge von Räubereien, die sich Diener desselben gegen Bürger der den Lübeckern verpfändeten Stadt Mölln erlaubt hatten; 6 ) und so ließen sich die Hansen in der That durch die Erklärung des Magnus bestimmen, den Meklenburgern keine Hülfe zu leisten. Aber auch ohne den Beistand der Städter blieb Herzog Albrecht Sieger. Bei Roggendorf in der Nähe von Gadebusch erfocht er am 29. November 1369 einen glänzenden Sieg über die in meklenburger Gebiet eingefallenen Feinde und nahm viele von ihnen gefangen. 7 ) Infolgedessen kam dann im folgenden Jahre ein für Meklenburg günstiger Friede mit den Herzögen Magnus und Erich zu Stande. 8 )

Hatten sich die Städte bei dieser Gelegenheit wenig schön benommen, indem sie die Unterstützung ihres Bundesgenossen


1) H.=R. I, 379, cf. ebd. S. 464 a 2 und H. Sudendorf: Urkunden zur Geschichte der Herzoge von Braunschweig und Lüneburg III, 379.
2) Sudendorf III, 401. 402. 405. 410. Schl.=Holst.=Lbg. Urkslg. II, 217. 377.
3) H.=R. I, S. 465.
4) H.=R. I. 510 und II, 49 und Lü. U. III, 697.
5) H.=R. I, S. 465.
6) Lü. U. III, 706.
7) Chronicon des Nicolaus Floreke, Capellans und Notars des Raths zu Lüneburg, in Sudendorf III, 435; Detmor I, S. 544.
8) H.=R. I, Nachträge 512 b-e (19. Juni). M. U.=B. XVI, 10070. 10071. Sudendorf IV, 31. 56. 57. Schlesw.=Holst.=Lbg. U. II, 222.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 25 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Albrecht verweigerten, so waren sie damit doch wenigstens äußerlich im Recht gewesen. Ein direktes Unrecht aber gegen ihre Verbündeten war es, daß sie sich ohne die Fürsten mit Hakon und dem dänischen Reichsrath einließen. Schon im März 1369 hatte der Reichsrath Verhandlungen mit ihnen angeknüpft, 1 ) mit Hakon war am 3. August wieder ein Waffenstillstand zu Stande gekommen, 2 ) neue Verhandlungen mit den Dänen hatten sich den Juli und August hindurchgezogen 3 ) und am 30. November (s. o.) kam man endlich zum Abschluß: 4 ) Vorläufig sollte nur Waffenstillstand sein; förmlichen Frieden wollte man vorläufig im Hinblick auf das Bündniß mit den Fürsten, das erst am 14. April 1370 ablief, noch nicht schließen; dann aber sollte am 1. Mai zu Stralsund eine neue Zusammenkunft sein, auf der man die genaueren Bestimmungen des Friedens regeln wollte. Thatsächlich fand dann im folgenden Jahre diese Versammlung statt und führte zu dem Stralsunder Frieden am 24. Mai 1370, 5 ) der den Städten ihre alten Privilegien von neuem bestätigte, dem dänischen Reiche aber seinen Besitzstand sicherte. Als Bürgschaft wurden den Hansen die Einkünfte der schonischen Schlösser Skanör, Falsterbo, Malmö und Helsingborg auf 15 Jahre überlassen und die Schlösser selbst ihnen für diese Zeit in Verwahrung gegeben. 6 ) Scheinbar hatten also die Städte, indem sie erst nach dem 14. April den Frieden abschlossen, den Bund mit den Fürsten gehalten; thatsächlich aber war schon lange vorher (seit dem 30. November) die Ruhe hergestellt und der Verkehr wieder aufgenommen. 7 ) Mit Recht konnte Meklenburg=Schweden darob erbittert sein, hatte es sich doch schon als Herrn Dänemarks, oder doch zum mindesten Schonens, betrachtet, und nun garantirten die Hansen dem dänischen Reiche seinen Besitzstand. Daß die Städte wirklich die Rache der Fürsten dafür fürchteten. Scheint aus dem Gebot hervorzugehen, kein hansischer Kaufmann solle einen dänischen Hafen aufsuchen, der in meklenburgischem oder holsteinischem Besitze sei. 8 ) Zugleich ist diese Verordnung ein Beweis dafür, daß die Städte sich den Fürsten gegenüber im Unrecht fühlten. Aber allzu hart darf man ihre Treulosigkeit


1) H.=R. I, 489.
2) H.=R. I, 503. 505. 506.
3) H.=R. I, 495.
4) H.=R. I, 513-516.
5) H.=R. I, 523-539.
6) H.=R. I, 524.
7) H.=R. I, 495.
8) H.=R. I, 522.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 26 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

denn doch nicht beurtheilen. Kaufmannspolitik ist ja von je her egoistisch gewesen. Die Hansen hatten nach der Einnahme von Helsingborg im Wesentlichen erreicht, was sie wollten: der Sund stand ihnen offen und damit freie, ungehinderte Fahrt in Nord= und Ostsee; Dänemark war zu Boden geworfen, aber sie wollten nicht, wie die Fürsten, eine völlige Vernichtung desselben, die nur diesen, nicht ihnen Vortheil gebracht hätte. Dazu kam vielleicht, daß sie, als Herzog Albrecht in so gefährliche Verwickelungen mit seinen Nachbaren gerieth, eine Vernichtung von dessen Macht voraussahen, und daß sie, um nicht mit in seinen Sturz hineingezogen zu werden, um so eiliger mit den Dänen abschlossen und das, was sie erreicht hatten, für sich retteten; daß sich die Verwickelungen so bald und zu Gunsten Meklenburgs lösen würden, hatten sie offenbar nicht erwartet; und aus diesem Grunde wird man ihre Haltung zwar nicht billigen, aber doch erklärlich finden.

Siegreich über seine Feinde in Deutschland hätte Herzog Albrecht nun auch den Krieg gegen Waldemar wohl fortsetzen können; aber allein, ohne die Städte, versprach er sich doch wohl nicht mehr den Erfolg, den er eigentlich von dem Kriege gehofft hatte. So beschloß er denn auch seinerseits, sich mit Waldemar zu einigen. Um so leichter wurde ihm freilich dieses scheinbare Aufgeben seiner Pläne auf Dänemark, als sich jetzt ihm eine andere Aussicht eröffnete: auf friedlichem Wege zu dem Ziele zu gelangen, das er durch den Krieg hatte erreichen wollen, nämlich Dänemark seinem Hause zu erwerben. Waldemar war nämlich ohne männliche Erben; von seinen Töchtern aber war die älteste Ingeborg die Gemahlin von Albrechts ältestem Sohne Heinrich gewesen, beider Sohn, Albrecht der Jüngere, also des Dänenkönigs nächster Erbe. Ihm gedachte der Herzog nun den dänischen Thron nach Waldemars Ableben zu verschaffen, und glaubte am leichtesten dies Ziel durch gutes Einvernehmen, durch ein Handinhandgehen mit Waldemar erreichen zu können. So kam am 14. August 1371 ein Vertrag zwischen beiden zu Stande, in dem der König seinem Enkel Albrecht dem Jüngeren die Erbfolge in Dänemark zusagte, während der Herzog dafür auf alle Eroberungen, die er im Dänenreiche gemacht hatte, verzichtete. 1 ) So hatte Waldemar sein Reich wiedergewonnen. Als Preis dafür aber hatte er seinen anderen Schwiegersohn, den Norwegerkönig, ohne Bedenken fallen lassen; dessen Ansprüche


1) M. U.=B. XVIII, 10229.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 27 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

auf Schweden wurden überhaupt nicht erwähnt, sondern, wie es ja der Vertrag mit den Meklenburgern voraussetzt, stlillschweigend Albrecht als Schwedenkönig anerkannt; und auch von Dänemark sollte Hakons Gemahlin, Waldemars andere Tochter Margareta, dem Vertrage zufolge, nur soviel erhalten, "als möglich und redlich" sei. Ob zwischen Waldemar und dem Schwedenkönige auch ein förmlicher Friede geschlossen ist, wird nicht berichtet. Jedenfalls aber fanden keine Feindseligkeiten mehr zwischen ihnen statt; jeder von beiden war wahrscheinlich froh, wenn der andere ihn in Ruhe ließ. Der Hauptstreitpunkt, der zwischen ihnen bestehen konnte, nämlich wem von ihnen das Land Schonen gehöre, blieb wahrscheinlich unberührt, da dasselbe ja thatsächlich zur Zeit weder in des einen, noch in des anderen Gewalt war, sondern unter dem Einfluß der Hansen stand. 1 )

Während im Dänenreiche und an der deutschen Ostseeküste in den nun folgenden Jahren im allgemeinen Frieden herrschte, kam König Albrecht in Schweden noch lange nicht zur Ruhe. Zwar von Waldemar hatte er nichts mehr zu fürchten; aber Hakon setzte die Versuche, den Thron seiner Ahnen wieder zu erringen und seinen Vater Magnus, der noch immer zu Stockholm in der Gefangenschaft schmachtete, zu befreien, mit anerkennenswerther Beharrlichkeit fort. Zu Hülfe kam ihm dazu, daß er fast sein Ziel erreichte, ein für Albrecht höchst unheilvoller Umsand: die Erhebung eines Theils des schwedischen Volkes gegen ihren König. 2 ) Grund zur Unzufriedenheit glaubten zunächst die schwedischen Großen zu haben. Sie waren einst mit König Magnus in Zwist gerathen, weil er ihre, sei es rechtmäßigen, sei es angemaßten Vorrechte anzutasten versucht hatte. sie hatten ihn zu Fall gebracht, weil sie gefürchtet hatten, daß er mit Hülfe Waldemars ihre Macht brechen würde. In Albrecht hatten sie ein gefügigeres Werkzeug zu finden gehofft; aber sie hatten sich getäuscht. Um ihm den Thron zu erkämpfen und zu behaupten, hatten sie, die einzelnen Herren, hinter denen nicht das ganze Volk stand, natürlich nicht ausreichen können, sondern seine beste Hülfe waren hierbei die deutschen Soldtruppen und an ihrer Spitze die kriegerischen und abenteuerlustigen holsteinischen und meklenburgischen Adligen gewesen. Als Lohn für ihre Dienste hatten die Letzteren überall im Reiche die festen Burgen


1) Bis August 1372 nennt sich A. allerdings noch dominus terrae Scaniae s. M. U.=B. XVI, 1094. 10100. 10107. XVIII, 10305 und 10351.
2) Ol. Petri scr. rer. svec. I, 2, S. 274; über das Folgende s. Girgensohn, S. 56 ff.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 28 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und weite Gebiete des umliegenden Landes zu Lehen bekommen. 1 ) So waren Raven Barnekow über das Schloß Nyköping, 2 ) Heinrich Parow über Stäkeholm und das Land Tjust gesetzt, welches später an die Brüder .Johann und Vicke Ummereise, dann an Henneke Bützow und endlich an Heinrich und Henneke Moltke überging; 3 ) Vicke von Vitzen hatte die Vogtei Kalmar inne, Arnold von Vitzen Häsleby und Henning Königsmark Oeland. 4 ) Gestützt auf diese deutschen Herren und auf seinen Vater, den alten Herzog Albrecht, hatte der König sich dem übermäßigen Einfluß des Reichsrathes, der vor allem nur seine, des Adels, Interessen, nicht die des Königthums im Auge hatte, entzogen und war dadurch mit demselben in ein gespanntes Verhältniß gerathen. Trotzdem waren beide einig gewesen, so lange sie in Waldemar den gemeinsamen Feind zu bekämpfen hatten; jetzt, da dieser nicht mehr zu fürchten war, mußte der Konflikt zwischen König und Adel ausbrechen. Es handelte sich hier also zunächst durchaus nicht um einen nationalen Gegensatz zwischen Deutschen und Schweden, im Gegentheil war, wie Girgensohn nachgewiesen hat, 5 ) das Verhältniß zwischen deutschen und schwedischen Adligen das denkbar beste und wurde vielfach noch durch gegenseitige Heirathen befestigt. Anders war es allerdings bei den übrigen Ständen, namentlich den Bauern, denen die deutsche Herrschaft nur Nachtheil gebracht hatte. Ihnen war Magnus kein harter König gewesen, sie hätten seinen Sturz nicht gewünscht; trotzdem hatten sie sich nach dem Vorgang ihrer Großen der neuen Herrschaft zunächst gefügt. Daß aber die durch dieselbe ins Land gekommenen deutschen Adligen anfingen, die freien schwedischen Bauern ebenso zu behandeln, wie sie es in ihrer Heimath mit ihren hörigen gewohnt waren, mußte allmählich eine tiefe Erbitterung hervorrufen und schließlich bewirken, daß ihnen Albrechts Regierung als eine Fremdherrschaft erschien. Obgleich also die Erbitterung des Adels zunächst nicht gegen die Deutschen, sondern gegen Albrecht gerichtet war, die der Bauern aber nicht gegen den König, sondern gegen seine deutschen Helfer ging, thaten sich doch beide zusammen; und als auch Hakon wieder gegen Albrecht auftrat, glaubten sie, der günstigste Augenblick sei gekommen, jetzt ihre gemeinsamen Interessen wahrzunehmen. Mit Hakon hatte


1) Diarium Wadstenense scr. rer. svec. I, 1, S. 102.
2) M. U.=B. XV, 9426; Styffe I, 36.
3) Styffe 41. 42; M. U.=B. XVIII, 10440.
4) Styffe I, 63. 66.
5) S. 57. 58.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 29 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

König Albrecht zwar, um die Zeit des Stralsunder Friedens, vielleicht unter Vermittlung der Städte im Anschluß an denselben, Verhandlungen angeknüpft: 1 ) Am 9. Mai 1370 hatte er die Bischöfe von Linköping und Skara und drei Ritter beauftragt, zu Lödöse im Juni mit dem Gegner zu unterhandeln. Aus irgend einem Grunde muß diese Zusammenkunft aber aufgeschoben worden sein, denn am 12. Juli hatte ebenfalls Hakon acht Herren bevollmächtigt, im August zu Lödöse seine Sache zu führen. Weiter erfahren wir nichts über diese Verhandlungen, ja nicht einmal, ob die Zusammenkunft im August wirklich stattgefunden hat. Vielleicht ist sie an Hakons übermäßigen Forderungen gescheitert; Erfolg hat sie jedenfalls nicht gehabt, denn im nächsten Jahre ging der Krieg zwischen Albrecht und Hakon weiter. Dies Mal führte ihn der Letztere mit mehr Glück, als bisher, denn schon im Winter war das Schloß Axewall in Westergotland wieder in seine Hände gekommen. 2 )

Jetzt war es, wo die Unzufriedenen in Schweden sich mit ihm verbanden. Es erhoben sich die Bewohner des mittleren Schweden und riefen in einer Proklamation ihre Landsleute auf, das Joch der Deutschen abzuwerfen und sich von der Fremdherrschaft und den Bedrückungen, die sie so lange durch dieselben erfahren, zu befreien. 3 ) Schwedische Adlige, vor allem Erik Kettilsson, und der Bischof Nikolaus von Linköping, bis vor kurzem noch ein Anhänger König Albrechts, hatten sich an ihre Spitze gestellt. Bis eine Meile von Stockholm entfernt drangen die Aufrührer vor, ließen sich hier aber in Unterhandlungen mit den Gegnern ein. König Albrecht selbst war nicht anwesend, sondern nach Deutschland hinübergegangen, wohl um neue Truppen zu dem Kriege gegen Hakon zu werben. Da schlossen denn in seinem Namen die auf seiner Seite gebliebenen Adliqen, der Marschall Karl Ulfsson, Bo Jonsson, Bengt Philippsson und andere Ritter, sowie der Bischof von Strengnäs und die stockholmer Rathsherren am 15. April 1371 mit den Aufständischen einen Waffenstillstand ab, der bis 4 Wochen nach Pfingsten, bis zum 21. Juni dauern sollte. Die Bedingungen, die die Empörten stellten, waren: im Interesse Hakons, daß sein Vater, der gefangene Magnus, mild und ehrenvoll behandelt und nicht von Stockholm weggeführt werden sollte; und im Interesse des Volkes mußte Bo Jonsson im Namen des Königs


1) S. Schäfer, S. 531 a 1.
2) Styffe I, S. LVI und a 2.
3) Olaus Petri scr. rer. svec. I, 2, S. 274.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 30 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

versprechen, daß keine neuen Steuern aufgelegt, sondern nur die erhoben werden sollten, zu denen man gesetzlich verpflichtet sei. 1 ) - Nun kam auch König Hakon heran und lagerte mit einem Heere dicht bei Stockholm. 2 ) Als nun König Albrecht um diese Zeit aus Deutschland zurückkam, sah er sich sogleich den schwierigsten Verhältnissen gegenüber: Der Waffenstillstand, den seine Anhänger mit den Empörern geschlossen hatten, war abgelaufen. Die Hauptstadt wurde von den Aufständischen und Hakon zugleich bedroht. Doch nun scheint es zu neuen Verhandlungen gekommen zu sein, die die auf des Königs Seite gebliebenen Großen in die Hand nahmen. Sie scheinen dem Könige, wie aus dem folgenden Vertrage hervorgeht, allerlei Vorwürfe gemacht und die Abstellungen von mancherlei Zuständen und die Zusicherung von verschiedentlichen Rechten verlangt und nur so sich bereit erklärt zu haben, seine Sache mit Energie zu vertreten. König Albrecht wußte sich nicht anders zu helfen: er gab gänzlich dem Verlangen der Großen nach und am 9. August 1371 stellte er ihnen in dem Minoritenkloster zu Stockholm eine Urkunde aus: Er versprach darin, seinen Ständen den Schaden zu erstatten, den seine Vögte und Untergebenen wider seinen Willen vielfach angerichtet hätten; sämmtliche Lehen und Vogteien sollten von nun an nur an Einheimische gegeben werden; die wichtigsten der Schlösser sollte Bo Jonsson entgegennehmen; allen, die Güter in Schweden besäßen, sollten diese gesichert sein, auch wenn sie selbst in Norwegen oder Dänemark wohnten; in allen Fällen wollte er sich nach dem Rathe des Reichsrathes richten. 3 )

König Albrecht hatte diesen Vertrag mit den Adligen geschlossen und zwar sowohl mit denen, die bisher seine Anhänger zu sein geschienen hatten, wie mit den Anführern des empörten Volkes; das Volk selbst aber war dabei offenbar garnicht gefragt worden. Dasselbe war ausgezogen, der Herrschaft des fremden Königs und seiner deutschen Vögte ein Ende zu machen; jetzt wo der König den Wünschen des Adels sich willfährig gezeigt hatte, war von seiner Entfernung keine Rede mehr; jetzt nachdem die Großen ihr Ziel erreicht hatten, mochte ihnen ein Fürst, den sie kannten, angenehmer sein, als irgend ein anderer, von dem sie nicht wußten, was sie von ihm zu erwarten hatten. Die einzige Bestimmung des Vertrages, die im Interesse des Volkes


1) M. U.=B. XVIII, 10185. Styffe I, 44.
2) Diarium fratrum minorum Stockholmensium in Scr. rer. svec. I, 1, S. 73.
3) M. U.=B. XVIII, 10227.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 31 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

mit aufgenommen zu sein schien, daß die Lehen und Vogteien fortan nicht mehr von Deutschen, sondern von Einheimischen besetzt werden sollten, hatte für das Volk thatsächlich wenig Bedeutung, denn einmal behandelten die schwedischen Großen ihre Untergebenen durchaus nicht besser, als die Deutschen es thaten, 1 ) und zweitens wurde diese Bestimmung in der Folgezeit überhaupt nicht einmal innegehalten. Aus dem letzteren Umstande geht also hervor, daß den schwedischen Adligen in Wirklichkeit daran wenig gelegen war, weil sie sich ja recht gut mit ihren deutschen Standesgenossen standen. Alle anderen Bestimmungen des Vertrages dagegen kamen den Adligen sehr zugute. Dadurch daß jedermann seine Güter gesichert wurden, mochte er auch in Dänemark oder Norwegen wohnen, war es dem Könige unmöglich geworden, den Uebertritt eines seiner Adligen auf die Seite der gegnerischen Könige, Waldemar oder Hakon, mit Gütereinziehung zu bestrafen; zugleich scheint damit eine Restituirung derer stattgefunden zu haben, die einst als Anhänger Magnus' ihre Güter verloren hatten. 2 ) Dadurch aber, daß Albrecht die wichtigsten Schlösser an Bo Jonsson, den Führer des Adels, gab und sich nach den Beschlüssen des Reichsrathes zu richten versprach, gab er thatsächlich so ziemlich seine ganzen Machtbefugnisse an die Großen und ihm blieb fast nur der Königsname. So hatten bei diesem Vertrage allen Vortheil die Adligen, während das Volk, dessen sie sich zur Erreichung ihres Zwecks bedient hatten, leer ausging. Man möchte daraus beinahe schließen, daß die Großen nur um ihrer eigenen Ziele willen absichtlich die Unzufriedenheit des Volkes gesteigert und zum offnen Aufruhr gereizt haben; 3 ) thatsächlich standen ja Adlige an der Spitze der Empörer. Zwar waren das Leute, die wie Erik Kettilsson und Bischof Nikolaus 4 ) nichts zu verlieren hatten, sondern im Falle des Gelingens nur gewinnen konnten; die von den Adligen dagegen, die in Amt und Besitz waren, hatten sich vorsichtig zurückgehalten und waren dem Namen nach Anhänger Albrechts geblieben, um sich, wenn die Sache mißglückte, nicht zu kompromittiren. Aber wir finden später die ersteren im besten Einvernehmen mit den letzteren, so daß


1) S. Girgensohn, S. 60.
2) Wenigstens erscheinen später einige derselben, Erik Kettilsson, Erengisle Sunesson, Ulf Jonsson u a. im Besitz derselben, selbst im Reichsrath, s. Styffe I, S. LX u. a.
3) S. Schäfer, S. 533.
4) Der Bischof war durch den Papst seines Bisthums entsetzt. Styffe I, S. LVII.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 32 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wir wohl annehmen können, daß sie auch damals schon im Einverständniß gehandelt haben.

Ebenso wie das Volk, ließen die Adligen auch ihren Verbündeten Hakon fallen, nachdem er ihnen als Schreckmittel gegen Albrecht hatte dienen müssen. Am 14. August 1371 kam zwischen beiden Königen ein Friede zu Stande, dessen Bedingungen zeigen, daß Hakon, was er bisher erreicht, lediglich durch sein Bündniß mit dem Adel erreicht hatte, während er nun, wo ihn derselbe aufgegeben hatte, die ungünstigsten Bedingungen annehmen mußte. Das einzige, was Hakon erlangte, war die endliche Befreiung seines Vaters Magnus, wofür er aber 12000 Mk. Silber zusagen und 60 Ritter und Knappen als Bürgen stellen mußte. Alle Ansprüche auf Schweden, wie auf Schonen mußten Magnus und Hakon aufgeben und nur die Einkünfte einiger westlicher Grenzgebiete sollte Magnus auf Lebenszeit zum Nießbrauch haben. 1 ) - Mit diesem Vertrage war Schweden endgültig für Hakon und seinen Vater verloren. Und der letztere hat drei Jahre danach in einem norwegischen Fjord durch Ertrinken seinen Tod gefunden. 2 )

In den nun folgenden Jahren hatte Schweden zwar nach Außen hin Frieden, im Innern aber kam das Land noch immer nicht zur Ruhe. Der König scheint sich mit den Adligen, die ihm so große Zugeständnisse abgedrungen hatten, nicht sehr gut gestanden zu haben. Die Bedingungen des Vertrages vom 9. August 1371 waren theilweise zu unbestimmt gewesen, als daß sie hätten Streitigkeiten verhindern können, sowohl der König, wie die Großen bemühten sich, sie möglichst zu ihrem Vortheil auszulegen. Der König verlangte, daß ihm von den Gütern, Schlössern und Pfandlehen, die dem Adel überlassen worden waren, in gleicher Weise Abgaben gegeben würden, wie von allen anderen; dessen weigerten sich die Adligen, und das Verhältniß des Führers derselben, Bo Jonsson, zu dem Könige wurde infolgedessen ein so gespanntes, daß Bo nicht ohne einen ausdrücklichen Geleitsbrief zum Könige kommen wollte. 4 ) Auch sonst hatten die Großen die erlangte Macht benutzt, ganz nach ihrer Willkür zu handeln; das Volk wurde von ihnen bedrückt, Fehden, Mord und Todtschlag herrschten im Lande. So wurde


3) M. U.=B. XVIII, 10817. Styffe I, 48.


1) M. U.=B. XVIII, 10230. Libellus Magnopolensis in scr. rer. svec. III, 1, S. 197 (Detmar II, 372).
2) Ol. Petri scr. rer. svec. I, 2, S. 274.
4) M. U.=B. XVIII, 10654. Styffe I, 55.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 33 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

z. B. im Jahre 1374 der Bischof Gottschalk von Linköping wegen persönlicher Streitigkeiten von dem Ritter Matz Gustavsson auf einer Reise erschlagen. 1 ) König Albrecht war nicht im Stande, derartige Ausschreitungen zu hindern, hauptsächlich fehlte es ihm an Geld, und die Lage war so schwierig, daß der alte Herzog Albrecht es für nöthig hielt, einmal wieder nach Schweden hinüberzukommen, um seinem Sohn mit seinem Rathe beizustehen. Unter seiner Vermittelung kam zwischen dem Könige und den Großen ein Vertrag zu Stande, in welchem der Erstere in der Frage der Adelsgüter nachgab und die Auffassung des Adels zuließ, das heißt, die Adelsgüter sollten von nun an abgabenfrei sein und bleiben. Als Gegenleistung mußten dafür die Großen einen allgemeinen Landfrieden auf drei Jahre geloben, der allen Fehden und Unruhen für diese Zeit ein Ende machte. 2 ) Als nun noch Bo Jonsson, der Führer der Adelspartei, zum Reichsdrost erhoben wurde, 3 ) scheinen die Adligen mit dem, was sie vom Könige erreicht hatten, zufrieden gewesen zu sein und infolge davon auch im Wesentlichen den Landfrieden gehalten zu haben, wenigstens hören wir für die nächsten paar Jahre so gut wie nichts von Schweden, es herrschte also wohl Ruhe.

Dafür richtete sich während der nächsten Zeit die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Ereignisse in Dänemark. Kaum war Herzog Albrecht aus Schweden nach Hause zurückgekehrt, da starb Ende Oktober 1375 König Waldemar von Dänemark, ohne Söhne zu hinterlassen; und seine beiden Enkel, Albrecht der Jüngere von Meklenburg und Olaf von Norwegen, machten Anspruch auf den erledigten Thron. Nach deutscher Anschauung hatte Albrecht, als Sohn der Ingeborg, der ältesten Tochter Waldemars, vor Olaf, dem Sohne der jüngeren Tochter Margareta ein näheres Recht; nach dänischem Gesetz aber gab ihm das keinen Vorzug, denn Dänemark war Wahlreich. Es kam also für den, der siegen wollte, darauf an, sich die Zuneigung der für die Wahl maßgebenden Persönlichkeiten zu verschaffen. Schon seit Jahren hatte der alte Herzog Albrecht daran gearbeitet, das Recht seines Enkels Albrecht auf die Nachfolge in Dänemark zu sichern. Von Waldemar selbst hatte er die Zustimmung dazu erworben. Mit dem Kaiser Karl IV. und seinem Sohne Wenzel hatte er wiederholt Verträge geschlossen (6. Juni 1373, 28. April 1374), 4 ) in


1) Styffe I, 65.
2) Styffe I, S. LXV.
3) Vor Pfingsten 1375. M. U.=B. XVIII, 10742. Styffe I, 62.
4) M. U.=B. XVIII, 10449. 10450. 10554. H.=R. I, 108-112.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 34 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

denen diese versprachen, des jungen Albrecht Ansprüche unterstützen zu wollen; nun forderte der Kaiser am 6. November in der That die Dänen auf, dem jungen meklenburgischen Herzoge als ihrem Herrn zu huldigen. 1 )

Aber Waldemar war ja, mochte er seine Zusage, durch die er sich ja den Frieden mit Meklenburg einst erkauft hatte, ehrlich gemeint haben oder nicht, nicht mehr am Leben, konnte also nichts nützen; der Kaiser aber war weit entfernt, und seine Macht reichte nicht bis über Dänemark. Die Städte, die nach den Bestimmungen des Stralsunder Friedens das Recht erhalten hatten, über die dänische Königswahl mitzureden, 2 ) schwankten zwischen beiden Kandidaten hin und her, weil ihnen eigentlich keiner von beiden angenehm war. Den Ausschlag mußte also der dänische Reichsrath geben. Waren aber die Großen Dänemarks vielleicht schon von vornherein den Meklenburgern abgeneigt im Hinblick auf die langjährige Feindschaft, so machten diese sie sich vollends zu Gegnern durch eine Unvorsichtigkeit. Indem der junge Albrecht Titel und Wappen eines Königs von Dänemark annahm, noch mehr aber, indem er ein enges Bündniß mit den den Dänen so verhaßten Holsteiner Grafen schloß und ihnen ganz Schleswig und Jütland mit den dazu gehörigen Inseln und mehreren Schlössern versprach, 3 ) erbitterte er einerseits die Großen, deren altes Wahlrecht er ganz außer Acht zu lassen schien, und andrerseits das Volk, da er über Landestheile zu Gunsten der verhaßten Landesfeinde verfügte. So neigten sie sich dem Gegenkandidaten zu, und am 3. Mai 1376 wählten sie, an ihrer Spitze der alte treue Diener Waldemars, Henning von Putbus, zu Slagelse Olaf, den Sohn Margaretas und Hakons von Norwegen, zum Könige von Dänemark. 4 ) Angesichts dieser Thatsache beschlossen die Hansen, ihr Recht, an der Königswahl mitzuwirken, aufzugeben und gegen Bestätigung ihrer Privilegien Olaf anzuerkennen. 5 ) Zugleich wandelten sie den Waffenstillstand mit Norwegen in einen endgültigen Frieden um. 6 )

So war für die Meklenburger also wenig zu hoffen; aber trotzdem war Herzog Albrecht nicht gewillt, seines Enkels Sache


1) M. U.=B. XVIII, 10792.
2) H.=R. I, 524.
3) M. U.=B.XIX, 10838-10840. Schl.=Holst.=Lbg. U. II, 244-247.
4) Annales danici ab anno 1316 ad annum 1389 in Script. rer. dan. VI, S 533.
5) H.=R. II, 120. 133.
6) H.=R. II, 123-128. 134.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 35 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

aufzugeben; mit den Waffen in der Hand beschloß er ihm sein Recht zu erkämpfen. Während die holsteinischen Grafen in Schleswig einfielen, zog der Herzog im September des Jahres (1376) mit einer starken Flotte vor Kopenhagen 1 ) und schüchterte dadurch die Königin Margareta, die für ihren unmündigen Sohn die Leitung übernommen hatte, derart ein, daß sie sich am 21. des Monats zu einem Vertrage bereit finden ließ: ein Schiedsgericht sollte über die Ansprüche der beiden Thronkandidaten entscheiden; Markgraf Friedrich von Meißen wurde zum Schiedsrichter ausersehen. 2 ) Eine Anzahl dänischer Großer verpflichteten sich, wenn für den jungen Albrecht entschieden würde, dahin zu wirken, daß er auch wirklich zu seinem Rechte käme. Da sich indessen der dänische Gesandte, Konrad Moltke, nicht unter allen Umständen dem Schiedsgericht unterwerfen zu können erklärte 3 ) so zerschlug sich diese Aussicht auf friedliche Einigung. Ebenso wenig führten Verhandlungen, die zu Mitte Juni des folgenden Jahres (1377) zu Nyborg stattfanden, zum Ziel. 4 ) Immerhin aber war es doch von Nutzen für die Meklenburger, daß eine Anzahl dänischer Adliger, die sich in dem Kopenhagener Vertrage verpflichtet hatten, für das Recht des jungen Albrecht zu wirken, sich jetzt auch gebunden fühlten, und nun, da durch dänische Schuld die Bestimmungen jenes Vertrages nicht ausgeführt waren, offen auf die Seite Meklenburgs traten. 5 ) Vor allem waren es die einflußreichen Herren Tuve Galen und der Reichsrath Anders Jakobsson, die am 4. August 1377 nach Wismar hinübergingen und dort sich dem jungen Herzog Albrecht gegenüber verpflichteten, ihm den Besitz der ererbten, widerrechtlich vorenthaltenen Krone Dänemarks zu verschaffen. 6 ) Ebenso traten am 2. Mai 1378 drei dänische Adlige, Jakob Axelsson, Peter und Jesse Duve, auf Albrechts Seite und wurden dafür mit Gütern in Schonen be=


1) Detmar I, S. 556. Libellus Magnopolensis in Scr. rer. svec III, 1. S. 199 (Detmar II, 377).
2) M. U.=B. XVIII, 10927.
3) Libell. Magn. ebd.
4) H.=R. III, 97.
5) Daenell, Köln. Konföd. S. 78 hat dieses Verhalten der dänischen Adligen damit erklärt, daß im dänischen Reichsrath eine Partei bestanden habe, die antimonarchische Bestrebungen pflegte, die die Verbindung mit den Meklenburgern nur als Drohmittel gebrauchte, um von der augenblicklich schwachen Regierung durch Zugeständnisse für sich selbst möglichst große Machterweiterung zu erlangen. - Das ist durchaus wahrscheinlich, da wir ja bei den schwedischen Adligen dieselben Bestrebungen finden.
6) M. U.=B. XIX, 11038. Styffe I, 68.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 36 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

lohnt. 1 ) Während dieser ganzen Zeit der vergeblichen Verhandlungen hören wir nichts von größeren Unternehmungen des alten Herzogs; aber keineswegs war die meklenburgische Partei unthätig, sondern in fortwährendem Kleinkrieg suchte sie dem Gegner unablässig zu schaden, ihn allmählich mürbe zu machen. Zu diesem Zwecke warfen sich meklenburgische Adlige, fehdelustig wie sie waren, und auf dem Lande durch Landfrieden in ihrer Kriegslust beschränkt, auf die See und führten hier nach Art von Piraten ein wildes Kampfleben gegen die dänischen Küstenbewohner und Seefahrer. 2 ) Daß sie es dabei nicht immer so ganz genau nahmen, sondern gelegentlich einmal sich an einem friedlichen Kauffahrerschiff vergriffen, ist nicht zu verwundern. Aber durchaus unerweislich ist es, was Girgensohn 3 ) sagt, daß sich die Meklenburger in ihrem Kampfe gegen die Dänen berufsmäßiger Seeräuber bedient hatten. Zwar gestalteten zu Johanni 1377 die Hansen den meklenburgischen Städten Wismar und Rostock, sich solange vom Kampfe gegen die "Seeräuber" fern zu halten, bis Friede zwischen Meklenburg und Dänemark geschlossen sei, 4 ) und als am 30. Mai 1378 auf dem Stralsunder Hansetage beschlossen wurde, daß jeder, der die "Seeräuber" schütze, als ebenso schuldig angesehen werden solle, wie diese, da verweigerten Wismar und Rostock ihre Zustimmung und traten offen für die "Seeräuber" ein. 5 ) Aber beides beweist doch nur, daß die Hansen keinen Unterschied zwischen den meklenburgischen Parteigängern und den eigentlichen Seeräubern machten, und was die letzteren verbrochen hatten, auch den ersteren in die Schuhe schoben. 6 ) Dagegen verwahrten sich die Bürger der beiden meklenburgischen Städte, für wirkliche Seeräuber aber traten sie schwerlich ein. Noch einmal kam es im Jahre 1378 zu Verhandlungen mit dem dänischen Reichsrathe zu Rostock, die aber wie die früheren scheiterten. 7 ) Nun erkannte der alte Herzog Albrecht, daß schließlich doch nur ein energischer Angriff von durchschlagendem Erfolg


1) M. U.=B. XVIII, 11102-11104. Styffe I, 69-71.
2) Cf. Lindner, Geschichte des deutschen Reiches unter König Wenzel II, 242.
3) S. 7.
4) H.=R. II, 150.
5) H.=R. II, 156.
6) Es wird ebenso gewesen sein, wie 1392, wo die Meklenburger den Stralsundern den Vorwurf machten, daß sie "vele bedderver lude döden leten, de deme kopmanne newerlde schaden dan hadden". H.=R. IV, 217.
7) H.=R. II, 156, III, 108.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 37 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sein würde; mit den Herzögen Erich von Lauenburg und Albrecht von Lüneburg schloß er Bündnisse 1 ) und rüstete dann eifrig zum Kriege. Anfang 1379 gedachte er loszuschlagen, und sicher würde ihm bei dem damaligen Stande der Verhältnisse sein Unternehmen geglückt sein, - da ereilte ihn am 18. Februar 1379 der Tod. 2 ) Der junge König Olaf war von seinem gefährlichsten Feinde befreit, denn trotz seines hohen Alters war Albrecht die Seele des ganzen Unternehmens gewesen. Jetzt gerieth es sofort ins Stocken, denn des Herzogs Sohn und Nachfolger Heinrich betrat, anstatt wirklich loszuschlagen, wieder den Weg der Verhandlungen, die aber ebenso, wie die früheren, ganz ohne Erfolg blieben. So verlief das Unternehmen gegen Dänemark, das so großartig angefangen hatte, allmählich im Sande, und seit dem Jahre 1381 gab der junge Albrecht den Titel eines Königs von Dänemark, den er bis dahin noch geführt hatte, auf und nannte sich seither nur Erbe zu Dänemark. 3 )

Herzog Albrecht war bis an sein Ende geblieben, was er sein ganzes langes Leben hindurch gewesen war: ein Mann von rastloser Thätigkeit und Unternehmungslust. Sein ganzes Leben war der Sorge für das Wohl seines Landes und für die Größe seines Hauses geweiht gewesen, und mit Eifer und Geschick hatte er sich dieser beiden Aufgaben zu unterziehen gewußt. Durch den Erwerb der Grafschaft Schwerin hatte er das Gebiet seines Landes abgerundet, durch zahlreiche Landfriedensbündnisse die Ruhe und Ordnung in demselben aufrecht erhalten. Durch die Erlangung der Herzogswürde hatte er seinem Hause Glanz und Ansehen erworben, die er durch die Unternehmungen während seiner ganzen Regierung noch vermehrte. In allen Kämpfen ein siegreicher Heerführer, war er zugleich ein geschickter und einsichtsvoller Diplomat gewesen; wo er durch die Waffen nicht zum Ziele zu kommen glaubte, hatte er es durch Verhandlungen versucht. Da er wußte, was er den Kräften seines kleinen Landes zumuthen durfte, hat er niemals leichtsinnig zum Schwert gegriffen, sondern stets erst, nachdem er sich leistungsfähige Bundesgenossen verschafft hatte. Deshalb auch sein stetiges gutes Verhältniß mit den Hansestädten, deren Macht, vor allem Geldmacht, er wohl zu würdigen verstand. Sollen doch noch seine letzten Worte der Rath an seine Söhne gewesen sein, sich stets gut mit den Städten zu stellen; das hatte er sein Leben lang gethan und wäre gut


1) Sudendorf V, S. 108.
2) Detmar I, S. 564; cf. M. U.=B. XIX, 11177. 11247, S. 470.
3) M. U.=B. XX, 11344.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 38 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dabei gefahren. - Er war es gewesen, der seinem Sohne Albrecht den schwedischen Thron erkämpft hatte; er war Jahre lang dessen beste Stütze gewesen, und stets hatte er ihm mit Rath und That zur Seite gestanden, wo er sich nicht mehr zu helfen gewußt. Bei dem letzten Kampfe gegen Dänemark hatte er noch alles geleitet. Bis nach Preußen und Livland hatte sein Einfluß gereicht. So kann man seine Unternehmungen fast als ein Streben nach dem dominium maris Baltici für das meklenburgische Haus bezeichnen. Es ist nicht abzusehen, was vielleicht noch geschehen wäre, wenn er länger gelebt hatte. Mit ihm war auch seines Hauses Größe dahin: keiner seiner Söhne hatte seine Gaben geerbt, um dieselbe aufrecht erhalten zu können. Nicht nur, daß sein ältester Sohn Heinrich das dänische Unternehmen einschlafen ließ, auch die Tage seines anderen Sohnes Albrecht als König von Schweden waren gezählt.

König Albrecht von Schweden hatte in das dänische Unternehmen nicht thätig mit eingegriffen. Zweifellos aber wird sein Vater, der sich Anfang September 1376, kurz vor dem Zuge gegen Kopenhagen, wieder nach Schweden begeben hatte, 1 ) mit ihm damals die Umstände berathschlagt haben, und König Albrecht würde, wenn es 1379 wirklich zum Kriege gekommen wäre, an die Seite seines Vaters und seines Neffen getreten sein. 2 ) Denn selbst wenn der letztere dem Könige Olaf vielleicht die Krone nicht mehr abgewonnen hätte, so hätte doch der Krieg unter allen Umständen zu einer bedeutenden Schwächung Dänemarks geführt. König Albrecht selbst hätte dabei Schonen gewinnen können, auf das er seine Ansprüche keineswegs aufgegeben hatte. Und auch die schwedischen Großen würden, trotz allem was vorangegangen war, ihren König in diesem Kriege unterstützt haben, lag es doch auch in ihrem und des Reiches Interesse, daß Olaf und damit sein Vater Hakon (infolge der Vereinigung Dänemarks und Norwegens) nicht zu mächtig wurden. Denn trotz des Friedens vom Jahre 1371 und des Verzichtes auf die schwedische Krone, hatte Hakon in Wirklichkeit seine und seines Hauses Ansprüche auf dieselbe doch noch nicht aufgegeben (wie eine Urkunde vom 26. Oktober 1376 3 ) beweist, in der sich Olaf König von Schweden nennt). Der Umstand, daß dem Reiche von Seiten Hakons Gefahr drohte, scheint nun eine Art Aussöhnung zwischen König


1) M. U.=B. XIX, 10925.
2) Anders Styffe I, S. LXVIII.
3) M. U.=B. XIX, 10935.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 39 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Albrecht und seinen Großen zu Wege gebracht zu haben; von Albrecht hatten sie im Wesentlichen erreicht, was sie wollten, von Hakon hatten sie sich dieselben Zugeständnisse, wäre er wieder zur Regierung gekommen, erst mühsam wieder erkämpfen müssen. So wies sie ihr Vortheil auf Albrechts Seite, und wir finden, daß namentlich der mächtige Bo in dem Kriege mit Norwegen den König eifrig unterstützt (s. u.). Kleinere Grenzstreitigkeiten scheinen schon im Jahre 1374 den Frieden gestört zu haben. 1 ) vielleicht weil Hakon die westlichen Districte, die einst seinem Vater Magnus auf Lebenszeit überlassen waren, nach dessen Tode nicht zurückgeben wollte. Aber zu einem förmlichen Kriege 2 ) ist es damals wohl kaum gekommen; die Anzeichen dafür sind zu gering. Im Jahre 1379 aber scheint der Krieg wieder eröffnet zu sein. 3 ) Wahrscheinlich war zwischen König Albrecht und seinem Vater für dies Jahr ein gemeinsamer Kriegsplan verabredet worden, daß nämlich, während der Herzog gegen Olaf losschlug, der König zu gleicher Zeit gegen Hakon zu Felde ziehen sollte, um diesen an einer Unterstützung seines Sohnes zu hindern. Während nun aber dem Herzog der Tod die Ausführung seines Planes unmöglich machte, hat König Albrecht die ihm zugefallene Aufgabe in Angriff genommen. Aber schon im August ging er auf einen Waffenstillstand ein, 4 ) wohl weil sein Angriff nicht von dem erwarteten Erfolge begleitet war, da Herzog Albrechts Nachfolger Heinrich den Plan seines Vaters nicht ausführte, und so den Bruder im Stiche ließ. Aber im folgenden Jahre wurden die Feindseligkeiten wieder aufgenommen: Im März 1380 erließ König Hakon an seine Unterthanen ein Aufgebot gegen seine Feinde, "die Deutschen in Schweden", die einen Einfall in Norwegen beabsichtigten. 5 ) Der Angriff derselben, der sich aber nicht gegen Norwegen, sondern gegen Schonen richtete, blieb indessen infolge des Widerstandes der Bewohner ohne Ergebniß. Zur Vergeltung machten nun die Norweger, durch dänische Truppen unterstützt, einen Angriff auf Schweden, bei dem die Städte Skara, Jönköping, Westeras und Oerebro in Flammen aufgingen. 6 ) Hierauf ist wohl Frieden eingetreten, wenigstens hören


1) Vgl. Styffe I, S. LXIX.
2) Wie Styffe (I, S. LXX).
3) Diplomatorium Norwegicum II, 461.
4) Ebd. 459.
5) Ebd. 461.
6) Chronologia vetusta ab anno 880 ad annum 1430 in scr. rer. svec. I, 1, S. 66.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 40 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wir in den folgenden Jahren nichts mehr von kriegerischen Ereignissen. König Albrecht und die Schweden waren wohl wegen der Mißerfolge gegen Schonen zum Frieden geneigt; König Hakon aber war im Mai 1380 gestorben, 1 ) so ging auch dessen Wittwe Margareta im Namen ihres Sohnes Olaf wohl bereitwillig auf den Frieden ein, da ihr vor Allem daran zunächst liegen mußte, ihre und ihres Sohnes Stellung in Dänemark und Norwegen zu befestigen. Davon separat schloß Albrecht mit dem Lande Schonen am 31. März 1381 einen Waffenstillstand (zu Skeninge) auf ein Jahr, der aber auch danach weitergehen, doch mit dreimonatlicher Kündigung sollte abgesagt werden können. 2 ) Um seine Stellung zu sichern, war der König in der früheren Zeit schon mit auswärtigen Mächten in Verbindung getreten; so hatte er schon 1375 mit dem livländischen Ordensmeister ein Schutz= und Trutzbündniß geschlossen, 3 ) jetzt gingen für ihn sein Bruder, Herzog Heinrich, und sein Schwager Graf Heinrich von Holstein 4 ) mit dem Könige Ludwig von Polen ein Bündniß ein. 5 ) Bedeutsamer aber als diese auswärtigen Verbindungen war es für König Albrecht, daß im Verlaufe der folgenden drei Jahre eine Anzahl schonischer Adliger auf seine Seite traten; so hielt er im Frühjahr 1384 die günstigste Zeit für gekommen, endlich seine Pläne auf Schonen zu verwirklichen. 6 ) Wieder ergriff er deshalb die Waffen. Diesmal hatte er besseren Erfolg: die Schlösser Oeresten, Oppensten und Laholm wurden erobert, die beiden ersteren vielleicht durch Bo Jonssons Unterstützung, in dessen Pfandbesitz wir sie später finden 7 ) Zwar als der dänische Reichsdrost Henning von Putbus mit einem starken Heere erschien, mußte sich König Albrecht zurückziehen; die Schlösser aber zu nehmen, gelang den Dänen nicht. Trotzdem muß es ihnen im Laufe des Jahres gelungen sein, auf dem flachen Lande das Uebergewicht zu gewinnen, denn im folgenden Jahre konnte König Olaf mit seiner Mutter und seinen Großen hinüber nach Schonen gehen und am 27. Mai 1385 zu Lund eine allgemeine Landesversammlung veranstalten, worauf er sich, nachdem er jedermann seine Privilegien und Rechte bestätigt hatte, am


1) cf. M. U.=B. XIX, 11285.
2) M. U.=B. XX, 11326.
3) M. U.=B. XVIII, 10752.
4) Heinrich war mit Albrechts Schwester Ingeborg verheirathet.
5) 7. September 1381. M. U.=B. XX, 11370. Styffe I, 75.
6) Annales danici ab anno 1316 ad annum 1389 in scr. rer. dan. VI, 534.
7) S. Styffe I, S. LXXII, 77.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 41 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

folgenden Tage, dem Trinitatissonntage, in der Kirche von Lund feierlich als dem Herrn des Landes huldigen ließ. 1 )

Inzwischen war in Meklenburg am 4. April 1383 zu Schwerin der Herzog Heinrich gestorben, und ihm folgte im gleichen Monat 1385 sein jüngster Bruder Magnus im Tode. 2 ) Es war klar, daß dadurch König Albrecht, jetzt alleiniger Herzog von Meklenburg zu Schwerin und Vormund über die nachgelassenen Kinder beider Brüder, eine größere Macht, ein freieres Verfügungsrecht über die Kräfte Meklenburgs erlangte. In Anbetracht dessen mochte er als nunmehriges Haupt seines Hauses einerseits es nun für seine Pflicht halten, sich seines Neffen Albrecht, der seine Ansprüche auf den dänischen Thron nicht aufgegeben, sondern nur auf gelegenere Zeit vertagt hatte, kräftig anzunehmen, und dies um so mehr, als er andrerseits auch um seiner selbst willen Olaf energisch entgegentreten mußte; denn dieser hatte ihm nicht nur Schonen entrissen, sondern auch, indem er seit Anfang 1385 den Titel verus heres Sveciae angenommen hatte, 3 ) seine Absicht auf Schweden deutlich kundgethan. Nun hatte König Albrecht allerdings eingesehen, daß er allein ohne Hülfe nichts würde gegen Dänemark ausrichten können; trotz aller vorangegangenen Erfolge hatte er Schonen wieder verloren; die schonischen Großen, die nur ihren eignen Vortheil im Auge hatten, hatten nicht bei ihm ausgehalten, sondern waren, als Henning erschien, sofort zu diesem übergetreten. Auf die Großen seines Reichs konnte sich Albrecht auch nicht verlassen; so suchte er Freundschaft und Bündnisse mit deutschen Mächten. Am 24. Juni 1385 erschien er mit seinem Neffen Albrecht auf dem Hansetage zu Stralsund 4 ) und bot den Städten ein Bündniß gegen Dänemark=Norwegen an. Denn auch die Städte hatten gerechten Grund zur Erbitterung gegen Dänemark. Wiederholt hatten sich die dänischen Vögte in Schonen Gewaltthaten und Bedrückungen gegen hansische Kaufleute erlaubt, 5 ) auch durch Unterstützung der Seeräuber gegen sie verschiedentlich Grund zur Klage gegeben. 6 ) Margareta hatte alle Beschwerden darüber unbeachtet gelassen und Ansprüche auf Schadenersatz hinzuhalten gewußt; als Hakon 1380 gestorben war, hatte sie immer wieder gezögert, die nor=


1) Annal. dan., S. 534.
2) M. U.=B. XX, 11506 und 11674.
3) H.=R. II, 308. 311. III, 190.
4) H.=R. II, 306.
5) H.=R. II, 232.
6) H.=R. II, 240. 254.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 42 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wegischen Privilegien der Städte zu bestätigen, und ihre Vögte in Oslo und Tunsberg hatten, sicher mit ihrem Einverständniß, erklärt, daß die Privilegien nach Hakons Tode überhaupt aufgehört hätten. 1 ) Einen ganz bestimmten Zweck scheint Margareta bei all diesen kleinen Nichtswürdigkeiten im Auge gehabt zu haben: daß ihr die Hansen die verpfändeten 4 schonischen Schlösser vor Ablauf der Frist zurückstellen sollten. Doch dieses Ziel sollte sie nicht erreichen. Vor allem die preußischen Städte, die wegen ihrer steten Verbindung mit den süderseeischen am meisten den Sund zu passiren und deshalb am meisten von den Dänen zu leiden gehabt hatten, waren der Ansicht, daß man das einzige Mittel, durch das man einen Druck auf Margareta ausüben konnte, nicht aus den Händen geben dürfe, 2 ) bevor man nicht Schadenersatz und Bestätigung der Privilegien erlangt hätte. Willkommen war ihnen deshalb ein Schreiben des Königs von Schweden gewesen, das er zusammen mit seinem Neffen, dem "Erben zu Dänemark", erlassen hatte, daß sie die Schlösser nicht ausliefern sollten, weil er selbst Anspruch darauf habe. 3 ) In Hinsicht darauf hatten es am 12. März 1385 auf dem Hansetage zu Lübeck die preußischen Hansen durchgesetzt, daß man dem städtischen Befehlshaber in Schonen, Wulf Wulflam von Stralsund, den Befehl zukommen ließ, die Schlösser ferner auch über den eigentlichen Rückgabetermin hinaus zu behaupten 4 ) Zu Himmelfahrt 1385 war dieser Termin, und Margareta erschien mit Olaf, dem dänischen Reichsrath und großem Gefolge vor Helsingborg und verlangte die Uebergabe. 5 ) Seiner Instruktion gemäß aber verweigerte Wulf Wulflam dieselbe. Das war nun eine Provokation gegen Dänemark gewesen, die für die Hansen die ernsthaftesten Folgen haben konnte; denn obschon man nur Gleiches mit Gleichem vergolten, hatte man formell sich doch Dänemark gegenüber ins Unrecht gesetzt; ein Krieg schien die unvermeidliche Folge. Da erschien nun König Albrecht und machte die glänzendsten Anerbietungen zu einem Bündnisse gegen Dänemark: getreulich wolle er ihnen helfen, ihr Recht von den Dänen zu erlangen, und als sicheres Unterpfand versprach er ihnen dafür Schlösser und Gebiete. 6 ) Aber die Städte - es


1) H.=R. II, 240.
2) H.=R. II, 274. 290. 297.
3) H.=R. II, 297.
4) H.=R. II, 298.
5) H.=R. III, 190. 191 (11. Mai).
6) H.=R. II, 306.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 43 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ist schwer zu verstehen, warum - ließen diese günstige Gelegenheit, ihren alten Einfluß in den nordischen Reichen wieder zu gewinnen, vorübergehen, und die preußischen Städte, die Anfangs dem Bündnisse mit Meklenburg=Schweden geneigt gewesen waren, fügten sich den anderen: man schlug das Bündniß aus und beschloß die Auslieferung der schonischen Schlösser, die dann durch die städtischen Gesandten auch vollzogen wurde. 1 ) Auch Verhandlungen, die König Albrecht mit den Grafen von Holstein, den einstigen Verbündeten seines Vaters, anknüpfte, waren ergebnißlos; Graf Heinrich lebte nicht mehr, und seinem Sohn und Nachfolger Gerhard wußte Margareta durch Zugeständnisse für sich zu gewinnen: am 14. August 1386 belehnte sie ihn zu Nyborg mit dem Herzogtum Schleswig, wofür er dem Reiche Dänemark im Kriegsfalle Beistand gelobte. 2 ) Auf dem Hansetage zu Lübeck war Albrecht im Juli 1386 noch einmal erschienen. 3 ) Hoffte er vielleicht daß die Hansen doch noch schwankend werden und seinem Werben nachgeben würden? Auch Margareta war auf diesem Hansetage anwesend; vielleicht hat er hier mit ihr persönlich Verhandlungen geführt; doch offenbar ohne Erfolg. Dann kehrte er wieder nach Schweden zurück.

Nun mußte er zusehen, wie er allein mit seinen Unterthanen sich gegen die Ansprüche des dänischen Fürstenhauses in Schweden behaupten könne. Doch noch nicht sogleich kam der Kampf wieder zum Ausbruch. Albrecht hatte jetzt begreiflicher Weise keine Lust, Krieg anzufangen, weil alle seine Bemühungen um Bundesgenossen vergeblich gewesen waren. Alle, auf die er hätte rechnen können, hatte ihm Margareta abspenstig gemacht, die Hansen, die Holsteiner. Aber auch sie wartete wohl auf noch günstigere Zeit, bevor sie den entscheidenden Schritt zum Kriege that. Sie sollte nicht allzu lange zu warten haben, bis des Königs eigene Unterthanen mit ihr gemeinsame Sache machten. Zwischen dem Schwedenkönige und den Großen seines Reichs hatte in den letzten Jahren eine Art Friedenszustand geherrscht, aber weit entfernt davon, daß es zu einer aufrichtigen Versöhnung gekommen wäre; die Großen hatten die erlangte Macht eifersüchtig zu wahren, der König im Gegensatz dazu seine wenigen ihm gebliebenen Befugnisse wieder zu mehren gesucht. Einen offenen Zwist hatte das noch nicht wieder hervorgerufen, war aber natürlich dazu ange=


1) H.=R. II, 306. 308.
2) s. Erslev, S. 131.
3) Detmar I, S. 593; M. U.=B. XXI, S. 11790.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 44 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

than gewesen, die ohnehin bestehende Spannung zu vergrößern. Ein Punkt vor allem hatte den König noch mehr erbittern müssen: Als er im August 1386 aus Deutschland nach Schweden zurückgekehrt war, war gerade der mächtige Reichsdrost Bo Jonsson gestorben und hatte ein eigenthümliches Testament hinterlassen: Von seinem ungeheuren Besitz sollte nur ein ganz kleiner Theil an seine Erben, seine Wittwe und seinen Sohn fallen; der bei Weitem größte Theil dagegen, der hauptsächlich aus Pfandlehen bestand, sollte solange unter der Verwaltung von zehn schwedischen Großen stehen, bis die darauf stehenden Kronschulden an seine Erben zurückgezahlt waren. Anstatt daß die Lehen also, wie es ohne das Testament geschehen wäre, zwar nicht direkt an den König, aber doch sicher unter seinen Einfluß gekommen waren, wodurch sich seine Macht wieder außerordentlich gehoben hätte, hatte sie Bo seinen Standesgenossen in die Hände gespielt und dadurch deren Macht gegen den König noch mehr gestärkt. Das beweist deutlich, wie wenig echt die Aussöhnung Bos mit Albrecht gewesen war. Den Letzteren mußte das natürlich ungemein erbittern. Am 23. September zitirte er die zehn Testamentsvollstrecker, die sogenannten Testamentarii, zum Dezember nach Stockholm, damit sie ihm die Berechtigung ihrer Befugnisse darlegen sollten. 1 ) Wie sehr sie sich im Gegensatze mit dem Könige fühlten, sieht man daraus, daß sie nicht ohne Zusicherung freien Geleites für sich und ihre Urkunden zu kommen wagten. Ein greifbares Resultat scheinen diese Verhandlungen nicht gehabt zu haben. Aber im Laufe des folgenden Frühjahrs gelang es dem Könige, sich eine Art Gegengewicht gegen die Testamentarii zu schaffen. Bo Jonssons Wittwe nämlich, Frau Greta Dume, mußte mit dem Testamente ihres Mannes nicht minder unzufrieden als der König sein, da es ihr und ihrem Sohne jedes Verfügungsrecht über die Hauptmasse ihres Erbes nahm und zwar so, daß sie wahrscheinlich niemals in den Besitz desselben kommen würden. 2 ) Einzig und allein lag es also in ihrem Interesse, das Testament anzufechten, und da sie dadurch mit den Testamentarii in Konflikt kommen mußte, mit dem Könige gegen den gemeinsamen Feind zu gehen. Sie trat deshalb mit Albrecht in Einvernehmen und erkannte ihn als Vormund über ihre Kinder an, damit er deren Recht gegen die Testamentarii


1) Styffe I, 79.
2) Denn daß der stets geldarme König die Pfandlehn je einlösen würde, war unwahrscheinlich.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 45 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

schütze. 1 ) Unter den Begleitern dieser Letzteren hatte sich auf der Zusammenkunft im Dezember auch Bo Jonssons Vogt zu Abo, der Lagmann von Finnland 2 ) Jäppe Abramsson Djeken, befunden. Vielleicht ist dieser schon damals mit dem Könige in Unterhandlungen getreten. Jedenfalls aber erreichte der Letztere jetzt, daß Jäppe gegen Zusicherung einer Anzahl von Rechten den König als Vormund der Kinder Bos anerkannte, daß er damit also sich von der Sache der Testamentarii, das heißt überhaupt der Adelspartei, schied und dem Könige für die Vogteien Abo, Borga und Satagunna den Lehnseid leistete, 23. Juni 1387. 3 ) Noch einmal, nur wenige Tage vor diesem Vertrage, als die Verhandlungen dazu wohl noch in der Schwebe waren, hatte Albrecht zu Konungxhamn bei Stockholm eine Uebereinkunft mit den Testamentarii herbeizuführen versucht 4 ), die aber jedenfalls ebenso ergebnißlos wie die frühere verlaufen war.

Nach dem durch die Verbindung mit Jäppe Abramsson erreichten unzweifelhaften Erfolge über die Testamentarii, meint Girgensohn, 5 ) habe der König, um seinen Sieg ernstlich auszunutzen, seinen sogenannten Reduktionsversuch angestellt, d. h. den Versuch, den Adligen einen Theil ihrer Güter zu nehmen und denselben wieder an die Krone zu bringen. In keiner der gleichzeitigen Urkunden aber findet sich eine Spur von einem solchen Versuche, und deshalb hat schon Styffe 6 ) denselben gänzlich geleugnet; wie mir scheint, mit Recht. Den ältesten Bericht darüber giebt uns die Chronologie svecica ex codice minoritarum Wisbyensium: 7 ) Nach dem Tode Bo Jonssons habe König Albrecht seinen Großen einen Theil ihrer Güter entziehen wollen, den sie und ihre Vorfahren in früheren Kriegszeiten usurpirt hatten; deswegen hatten die Großen, darüber erbittert, sich empört, unter dem Vorwande, der König wolle ihnen ihre Güter nehmen und sie an Deutsche geben. Styffe meint nun, diese ganze Angabe beruhe auf einer Verwechselung, Vermischung mit dem Streite Albrechts und der Großen wegen der Pfandgüter Bo's, und mit der später von Margareta vorgenommenen Reduktion. Das letztere hat Girgensohn 8 ) zurückgewiesen, indem


1) Styffe I, 83.
2) Vgl. Styffe I, 78. 80.
3) Styffe I, 82. 83. 84.
4) 21 Juni 1387. M. U =B. XXI, 11891.
5) S. 63. 64.
6) Styffe I, S. LXXIX Amn.
7) in script. rer. svec. I, 1. S. 45.
8) Beilage V, S. 198.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 46 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

er wahrscheinlich macht, daß die Wisbychronik von 1389-1412 gleichzeitig geschrieben sei, wodurch also ein Zusammenwerfen der sogenannten Reduktion Albrechts mit der Margaretas unmöglich scheint. Höchst wahrscheinlich ist dagegen die erstere Vermuthung Styffe's, daß nämlich die Erzählung des Chronisten von Wisby den Versuch des Königs schildert, den Testamentarii die Güter Bo's zu nehmen. Denn die Chronik bringt ihre Erzählung ausdrücklich zusammen mit dem Tode Bo's. Die Güter, die der König einziehen wollte, waren diejenigen Bo's; sie waren ein Theil der Güter, die die Großen (und zwar diese Güter Bo selbst) in unruhigen Zeiten, nämlich in und nach dem Kriege mit Hakon, an sich gebracht hatten. Der König wollte diese Güter an Deutsche geben; das ist auch richtig: nämlich an Bo's Erben, denn Greta Dume, und ihre Brüder Henneke, Klaus, Vollrath und Berthold Dume, die ihr beistanden, 1 ) waren Deutsche. So lassen sich die Angaben der Wisbychronik ungezwungen erklären, ohne daß man einen Reduktionsversuch anzunehmen braucht. 2 ) Anders freilich die um 1449 geschriebene Prosachronik 3 ) und die etwa 1452 verfaßte Reimchronik; 4 ) nach jener hatte Albrecht jeden zehnten, nach dieser gar jeden dritten Freihof sowohl des Adels, wie der Kirche einziehen wollen. Wie Girgensohn 5 ) wahrscheinlich gemacht hat, gehen beide Nachrichten auf eine um 1450 noch lebende Tradition zurück, die in verschiedenen Fassungen existirte. Diese Tradition kann nur von gegnerischer Seite ausgegangen sein, und wir brauchen deshalb nicht daran zu zweifeln, daß es sich in beiden Berichten um tendenziöse, böswillige Entstellung des Thatsächlichen handelt. Durch die Angabe, daß der König jeden zehnten, ja, jeden dritten Hof, ja, sogar von kirchlichen Besitzungen habe einziehen wollen, soll offenbar das Verfahren desselben noch gehässiger machen. 6 ) Wir werden also die Hypothese von einem Reduktionsversuche Albrechts abweisen. Wie hätte denn auch der König so thöricht sein sollen, sich seine


1) S. Styffe I, 83.
2) Auch der Umstand, daß bei der folgenden Empörung gerade die Testamentarii die Führer waren, beweist, daß gerade sie sich mit A. überworfen hatten.
3) Vetus chronicon Sveciae prosaicon in scr. rer. svec. I, 1. S. 247.
4) Förbindelsedict i. Klemming: Rimkrönikor I, S. 187. III, 289.
5) In Beilage V, S. 199.
6) Vielleicht liegt in der letzteren Angabe noch eine Reminiscenz daran, daß sich der Bischof Nikolaus von Linköping unter den Testamentarii befand.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 47 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Großen durch eine derartige Maßregel zu unversöhnlichen Feinden zu machen, wo er einsehen mußte, daß es über kurz oder lang doch zum Kriege mit Dänemark kommen würde, und wo er ohnehin schon ohne Bundesgenossen war. Also nur das Testament Bo Jonssons wollte er ungültig machen und dessen Güter unter seinen Einfluß bringen. Aber auch das war den Großen schon zu viel. Vielleicht auch dadurch noch gereizt, daß er an Jäppe Abramsson einen Helfer erhalten, erhoben sie sich in offener Empörung gegen den König zu Anfang des Jahres 1388. Allein waren die Aufrührer aber doch noch zu schwach, um gegen den König und seine Leute auftreten zu können. Die Mehrzahl der Städte war noch in seinen Händen. Die größtentheils deutschen Bürger der Städte Stockholm und Kalmar waren ihm treu ergeben. Eifrige Unterstützung von Seiten der Meklenburger, wie überhaupt der norddeutschen Adelsherren waren ihm sicher. Da griffen die Großen wieder zu einem Mittel, das sie schon einmal, im Jahre 1371, mit Erfolg angewandt hatten: sie riefen das Volk zum Kampfe gegen die Deutschen auf, und indem sie alle Schuld an der Bedrückung der niederen Klassen von sich abwälzten, stellten sie sich als die Führer des Volkes gegen die Deutschen, die nationalen Feinde, dar. Die Folge davon war zunächst eine unerwünschte: diejenigen Adligen, die sich überhaupt noch als Deutsche fühlten und nicht völlig zu Schweden geworden waren, mußten dadurch in Gegensatz zu ihnen treten. Ehedem hatten sie sich gut mit ihren schwedischen Standesgenossen gestanden, also offenbar dieselben Ziele wie sie, das heißt, eine Erweiterung ihrer Macht, auch auf Kosten der königlichen, gehabt. Nun aber, als Deutsche durch die nationale Bewegung jeden Haltes beraubt, mußten sie ihre einzige Stütze in dem Könige, der sie ins Land gebracht hatte, suchen, und so waren sie wieder ihrerseits in den nun folgenden Kämpfen desselben beste Stützen. So wäre für die schwedischen Großen der Sieg dennoch fraglich gewesen, wenn sich die Nachbarmächte vom Streite fern gehalten hätten. Aber nun war für Margareta von Dänemark der langersehnte Augenblick gekommen. Für sie hatte zwar im vorigen Jahre eine Zeit lang alles auf dem Spiel gestanden, als am 3. August 1387 plötzlich ihr 17 jähriger Sohn Olaf gestorben war. 1 ) Mit ihm war der letzte Sproß aus dem Hause der Folkunger (und mütterlicherseits dem der Estrithiden) ins Grab gesunken, und jetzt konnte der jüngere Albrecht von Meklenburg


1) Untersuchung über das Datum s. Erslev, S. 468, Amn. 16.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 48 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

mit vollem Recht seine Ansprüche auf Dänemark erneuern, während in Norwegen, das Erbreich war, der einzige rechtmäßige Erbe jetzt König Albrecht von Schweden selbst war, 1 ) und während auf Schweden selbst jetzt jedes Recht Margaretas erloschen war. Aber es war ihr gelungen, daß der dänische Reichsrath sie als Regentin und bevollmächtigte Vormünderin über Dänemark anerkannt und sich verpflichtet hatte, nur den als König und Nachfolger anzunehmen, der auch ihr genehm sei; 2 ) und ebenso hatten die Norweger im Februar 1388, unter Hintenansetzung der allein erbberechtigten Meklenburger, sie als Regentin des Landes gewählt. 3 ) Und nun wurde ihr von den aufständischen Schweden selbst die Gelegenheit gegeben, sich auch in die Händel zwischen König Albrecht und seinen Großen einzumischen. Die Testamentarii und einige andere Adeligen erschienen bei ihr und ersuchten sie um Hülfe gegen Albrecht; schon im Januar hatte ihr einer derselben, Algot Magnusson, die Schlösser Oeresten und Oppensten übergeben und als Lehen von ihr wieder angenommen. 4 ) Nun kam es am 22. und 23. März zu einem förmlichen Vertrage zwischen ihr und den schwedischen Großen. Es war klar, daß Margareta nicht gesonnen war, umsonst ihre Hülfe zu spenden, sondern sie verlangte geradezu, daß die Großen sie als ihre und ganz Schwedens Herrscherin annehmen sollten. Auf Erik Kettilssons Schloß Dalaborg, wo diese Zusammenkunft stattfand, mußten die Großen ihr das geloben. Dazu sollten ihr dieselben alle Lehen und Schlösser Bo Jonssons, die fast die Hälfte des Reichs ausmachten, überliefern, nur Nyköping und Wiborg 5 ) mit den dazu gehörigen Liegenschaften sollten sie behalten. Dafür versprach Margareta das Reich gegen seine Feinde zu schützen, vor allem auch gegen Albrecht, und es nach Friedensschlusse in seinen alten Grenzen gegen Norwegen wiederherzustellen. Den Großen versprach sie alle Privilegien zu bestätigen, die sie unter den alten Königen vor Albrechts Regierung erworben hatten; über die Schlösser und Lehen wolle sie dann verfügen, wie das Gesetz es bestimmte. Alle Schweden, die Güter in Dänemark oder Norwegen hatten, sollten diese in Frieden besitzenen. 6 ) Es ist sonderbar, daß die Großen auf diese für sie so


1) Durch seine Mutter Eufemia von Schweden und Norwegen.
2) Vgl. Erslev, S. 153. Albrecht IV. starb im Sommer 1388. M. U.=B. XXI, 11995.
3) Ebd. S. 156.
4) Sverges traktater med främmande magter ed. Rydberg II, 462.
5) In Finnland.
6) Sver. traktater ed. Rydb. II, 411. 412.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 49 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ungünstigen Bedingungen eingingen; denn nicht nur daß Margareta dasselbe von ihnen verlangte, was Albrecht gefordert hatte, die Pfandgüter Bo Jonssons, sondern noch dazu mußten sie alle Privilegien, die sie unter Albrechts Regierung erworben hatten, aufgeben. Man hatte meinen sollen, daß sie unter diesen Umständen die Verhandlungen mit Margareta abgebrochen hätten; aber sie waren zu weit gegangen, als daß sie noch hätten umkehren können. Den Kampf gegen Albrecht ganz aufgeben und sich ihm wieder unterwerfen, war nicht möglich; sie waren einmal gegen die Deutschen als Führer des Volkes aufgetreten; dieses würde sich nicht wieder wie 1371 haben beschwichtigen lassen, es hatte ja damals erfahren müssen, daß die deutschen Vögte trotz allen Versprechens nicht entfernt worden waren; die Großen hatten die Schuld davon auf den König geschoben, nun war es klar, daß das Volk dessen Beseitigung verlangte. Allein mit dem Volke den Kampf gegen Albrecht und seine Deutschen aufzunehmen, waren sie zu schwach, so mußten sie sich wohl oder übel Margaretas Bedingungen fügen. Anfangs scheinen sie freilich noch gezögert zu haben. Noch Ende 1387 hatten sie einen Adligen, Klaus Plate, an den Hochmeister des Deutschen Ordens geschickt, um, wie Daenell 1 ) nicht unwahrscheinlich meint, so des Ordens Hülfe, ohne Margareta, sich gegen Albrecht zu verschaffen. Der Gesandte war aber auf der Durchreise durch Pommern von dem Herzog Wratislav VII. von Stolp, dem Verwandten Margaretas, 2 ) und dann nach seiner Befreiung durch den Hochmeister selbst gefangen gesetzt worden. 3 ) Das hatte die einzige Aussicht der Großen, ohne Margaretas Hülfe auszukommen, zum Scheitern gebracht, und so hatten sie sich denn trotz jener harten Bedingungen mit ihr eingelassen, vielleicht mit dem Hintergedanken, daß eine Frau diese Ansprüche später nicht würde durchsetzen können. Eine ähnliche geringschätzige Meinung von der Königin scheint zu seinem eigenen Schaden auch Albrecht gehabt zu haben. Freilich Angaben wie die, daß er ihr spottender Weise einen Schleifstein gesandt habe, darauf sie lieber ihre Scheeren und Nadeln schärfen solle, anstatt Krieg zu führen, sind nichts als Erfindungen der Sage. Aber sie kennzeichnen jedenfalls die


1) S. 74, Anm. 2.
2) Er war mit Margaretas Schwestertochter Maria von Meklenburg verheirathet.
3) Die Gefangennahme Plates durch Wratislav geschah also offenbar im Interesse der Königin; warum aber die durch den Hochmeister, der doch nicht ihr Freund war, ist unklar.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 50 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Stimmung der Deutschen gegen sie; und Scherzworte über sie als den "König Hosenlos" mögen in der That am Hofe Albrechts in Umlauf gewesen sein. Der Kampf zog sich das ganze Jahr über in stetigen kleinen Plänkeleien, aber ohne daß es zu einer bedeutenden Schlacht gekommen wäre, ohne Entscheidung hin. 1 ) Da entschloß sich König Albrecht im Winter von 1388 auf 1389 2 ) nach Deutschland hinüberzugehen und dort frische Truppen zu sammeln, um mit deren Hülfe im folgenden Jahre, vielleicht eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbeizuführen. Seine Werbungen in Deutschland hatten guten Erfolg; es gelang ihm, ein starkes Heer zusammenzubringen, zahlreiche deutsche Adlige strömten ihm zu, selbst einige Fürsten schlossen sich ihm an, die Grafen Albrecht von Holstein und Günther von Ruppin, und wahrscheinlich auch Herzog BogislavVII. von Pommern. 3 ) Meklenburg sicherte er durch einen Vertrag mit dem Markgrafen Jobst von Brandenburg. 4 ) Dann ging er noch mitten im Winter 5 ) wieder hinüber nach Schweden. Hier belagerte ein dänisches Heer unter dem Ritter Niels Svarteskaning das Schloß Axewall 6 ) in Westergothland. 7 ) König Albrecht wollte es entsetzen und zog darauf zu. Unterdessen war ein zweites dänisches Heer, das unter der Leitung des Deutschen Heinrich Parow 8 ) stand, auch herangekommen und zog auf Jönköping 9 ) los, um den König abzuschneiden. An der Schnelligkeit des Königs aber scheiterte der Plan, und als das dänische Heer in Jönköping ankam, war er schon vorbei. Dadurch war Niels Svarteskaning mit seinem Heere in eine äußerst unglückliche Lage gerathen, vor sich hatte er die Besatzung Axewalls, im Rücken drohte ihn Albrecht anzugreifen. Nothgedrungen mußte also Heinrich Parow, um seinen Mitfeldherrn zu retten, nun hinter Albrecht hermarschieren, um seinerseits ihm in den Rücken zu kommen. Bei dem Dorfe Asle, eine Meile östlich von der Stadt Falköping - es war am St. Matthiastage, dem 24. Februar 1389 - erreichte die Nachricht von dem Heranrücken des zweiten dänischen Heeres den König, der sofort Halt


1) S. Erslev, S. 161.
2) Am 31. October urk. er schon in Mekl. M. U.=B. XXI, 12023.
3) S. Erslev, S. 161.
4) M. U.=B. XXI, 12031.
5) Am 6. Dez. ist er noch in Rostock. M. U.=B. XXI, 12034.
6) Zwischen Wener= und Wettersee.
7) Detmar II, S. 25.
8) Einst Anhänger Albrechts.
9) An der Südspitze des Wettersees.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 51 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

machte, um Parow zu erwarten; er hoffte wohl, ihn zu schlagen und dann ungestört sich gegen Svarteskaning wenden zu können. Zunächst gelang es ihm thatsächlich, zwei dänische Abtheilungen niederzuwerfen, aber er hatte nicht gewartet, bis seine sämmtlichen Truppen geordnet und schlachtbereit waren, und so kam die Schlacht wieder zum Stehen. Immerhin war es aber noch unentschieden, wer den Sieg behalten würde; da wandte sich plötzlich des Königs Reiterführer Gerd Snakenborg mit seiner Abtheilung zur Flucht. Das entschied nach kurzer Zeit das Schicksal der Schlacht. Snakenborgs Korps muß eine wichtige Aufgabe gehabt haben; seine Flucht mußte das übrige Heer erschrecken und in Unruhe, schließlich ins Wanken bringen, so daß es endlich den Dänen gelang, es ganz auseinander zu sprengen. Damit war der Kampf gegen Albrecht entschieden. Der König, der mit den übrigen Herren und seinen Getreuen wohl versucht hatte, die Schlacht wiederherzustellen, war nicht geflohen; so gerieth er mit seinem Sohne Erich, seinem Vetter, Bischof Rudolf von Skara und den übrigen deutschen Herren in Gefangenschaft; sein treuer Feldhauptmann Vicko von Vitzen, der Befehlshaber von Kalmar, war unter den Gefallenen; auch die Dänen hatten den Sieg mit dem Tode ihres Oberkommandanten Heinrich Parow erkauft 1 ) Aber das konnte natürlich bei der Größe des Sieges nicht in Betracht kommen. Margareta eilte auf die Kunde davon von Warberg in Halland, wo sie sich seit Anfang des Kampfes aufgehalten hatte, nach Bahus, wo ihr nun die Gefangenen vorgeführt wurden. Von dem Herzoge Bogislav erlangte sie hier gegen Entlassung der pommerschen Gefangenen, daß er sie als Herrscherin Schwedens anerkannte, ja sich sogar, wenn sie es verlangen sollte, zur Stellung von Hülfstruppen verpflichtete. 2 ) Auch der Bischof Rudolf und die Grafen Günther und Albrecht wurden gegen Lösegeld entlassen. Bei König Albrecht aber und seinem Sohne machte Margareta die Freilassung von ihrer Verzichtleistung auf die Krone Schweden abhängig. Da sich beide hierzu nicht verstehen wollten, blieben sie in der Gefangenschaft und wurden auf die Feste Lindholm in Schonen gebracht.

Durch Verrath der schwedischen Großen war Margareta ins Land gerufen worden; durch Verrath hatte der unglückliche Fürst


1) Detmar II, S. 25, annales danici ab anno 1316 ad annum 1389 in scr. rer. dan. VI, S. 535.
2) Rydberg, Sver. trakt. II, 414.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 52 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

den Sieg und die Freiheit verloren; 1 ) jetzt ergriff der Verrath noch weitere Kreise; nicht nur daß Gerd Snakenborg und sein Geschlecht jetzt offen zu der Königin übertraten, 2 ) es ließen sich auch die Söhne des gefallenen Vicko von Vitzen durch Geld bewegen, ihr Schloß Kalmar auszuliefern. Infolgedessen konnte sich auch die Stadt Kalmar nicht länger halten, sondern mußte der Dänenkönigin huldigen. 3 ) Ebenso nahm Margareta mit Hülfe der Großen ohne Schwierigkeit das ganze Land ein. So konnte sie im Oktober des Jahres zu Söderköping einen großen Landtag abhalten, wo sie förmlich die Regierung antrat; die Verträge, die sie im März des Jahres vorher mit den Großen geschlossen hatte, wurden feierlich bestätigt und diese mußten ihr eine große Steuer bewilligen. 4 ) Sie hatten also schließlich nur Nachtheil von ihrem Verrath. Auf diesem Tage scheint auch Jäppe Abramsson zu Margareta übergetreten zu sein, 5 ) er mochte an dem glücklichen Ende des Kampfes für seinen König zweifeln, ja die Herrschaft desselben für allezeit beendigt halten, und wollte nun wenigstens die Schlösser, die er inne hatte, für sich und seine Schützlinge, Bo Jonssons Wittwe und Sohn, bewahren. Margareta glaubte, daß jetzt jeder Widerstand gebrochen sei, und für wie vollständig sie ihren Sieg hielt, beweist ihre Absicht, zum Dank für denselben im folgenden Jahre eine Wallfahrt nach Rom zu unternehmen. 6 ) Daraus sollte freilich nichts werden, denn so ganz, wie sie gedacht hatte, war der Krieg keineswegs zu Ende. Von allen Städten im Lande blieb allein die Hauptstadt Stockholm ihrem rechtmäßigen Könige treu. 7 ) Die Bürgerschaft, die zum größten Theile aus Deutschen bestand, beschloß in Gemeinschaft mit dem Befehlshaber des Schlosses, Herbert Königsmark, sich nicht zu ergeben sondern den Dänen Widerstand zu leisten. Alle dänisch gesinnten Einwohner wurden durch einen Gewaltstreich ausgetrieben. Ein Angriff, der wie es scheint von den Dänen gemacht wurde, wurde abgeschlagen, 8 ) und in den


1) An dem Verrath Snakenborgs ist wohl nicht zu zweifeln; stand doch schon vorher ein Verwandter, Johann Sn., in dänischen Diensten. Daß er nachher der erste deutsche Adlige ist, der auf Margaretes Seite tritt, spricht auch nicht zu seinen Gunsten.
2) Svenska Riksarch. Rerg 2419. 2420.
3) Detmar II, S. 29; Rydberg, Sver. trakt. II, 415.
4) Rydberg II, S. 474 f.
5) S. Girgensohn, S. 92.
6) S. Codex diplomat. Pruss. IV, 111.
7) Omständelig berättelse in script. rer. svec. I, 2, S. 212.
8) Vgl. Rydbera, Sver. trakt. II, 474.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 53 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nächsten Jahren hielt sich die Stadt, die alle Schrecken der Belagerung erleben und außerordentliche Lasten auf sich nehmen mußte, mit einer Energie und Ausdauer, die bewundernswürdig ist. Allerdings ohne Unterstützung von außen wäre das doch wohl kaum möglich gewesen. Trotz König Albrechts und seines Sohnes Gefangennahme war die Herrschaft der Meklenburger in Schweden der Idee nach keineswegs zu Ende, denn vor dem Kriege hatte der König für den Fall, daß ihm etwas zustoßen sollte, seinen Neffen Johann, Magnus' Sohn, zum Regenten Schwedens ernannt; für ihn sollte, da er noch unmündig war, so wurde am 26. August 1390 durch Familienbeschluß des meklenburgischen Hauses festgesetzt, des Königs alter Oheim, Herzog Johann von Stargard, die Leitung übernehmen, und derselbe sollte mit allen Kräften für die Befreiung des Königs wirken. 1 ) Vorher etwas zu unternehmen, war nicht möglich gewesen, da sich die Meklenburger, trotz des Vertrages Albrechts mit Jobst, im Laufe des Jahres 1389 mit Brandenburg in eine Fehde verwickelt hatten. 2 ) Als dann Markgraf Jobst selbst in der Mark erschien, wurde dieselbe beigelegt, 3 ) so daß sich Johann nun der Beschäftigung mit den schwedischen Angelegenheiten widmen konnte. Man beschloß, mit einem Heere den Stockholmern zur Hülfe zu kommen; und noch im selben Herbste ging Herzog Johann mit einer Flotte dahin ab; zwar verlor er ein Schiff durch Sturm, ein anderes durch den Verrath eines Schiffsführers, der es an die Dänen auslieferte, 4 ) die anderen aber kamen glücklich hinüber. 5 )

Im Verein mit den Stockholmern machten die Meklenburger einen Streifzug ins Innere des Landes, zersprengten ein schwedisches Heer und zerstörten die Städte Enköping und Westerås. 6 ) Nach einer späteren Nachricht sollen sie sogar bis Linköping vorgedrungen sein. 7 ) Auf diese Erfolge hin scheinen die Meklenburger mit


1) Rydberg, Sver. trakt. II, 416.
2) Detmar II, S. 33.
3) Das Bündniß von 1389 wurde am 3. Januar 1391 erneuert, M. U.=B. XXII, 12255.
4) Detmar, II, S. 38.
5) Chron. svec. Wisb. in scr. rer. svec. I, 1, S. 45 f. Nach Erslev 176 und Daennell 79 soll Johann nicht nach Stockholm gelangt, sondern umgekehrt sein. Demgegenüber hat Girgensohn S. 162 a 4, wie mir scheint mit Recht, hervorgehoben, daß die Stockholmer ohne Johann wenn dessen Anwesenheit auch nicht ausdrücklich erwähnt wird, einen so erfolgreichen Zug schwerlich hätten unternehmen können.
6) Chron. svec. Wisb. S. 45 f. ad an. 1389.
7) Erich Olai in scr. rer. svec. II, 1, S. 116.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 54 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Margareta wegen der Befreiung der Gefangenen Unterhandlungen angeknüpft zu haben, die jedoch zu keinem Resultat führten. Da sah die Königin ein, daß sie energischere Maßregeln gegen Stockholm ergreifen müsse und sandte eine Heeresabtheilung, die, um die Stadt von aller Zufuhr abzuschneiden, an der Einfahrt zum Hafen zwei Schanzen anlegte. 1 )

Aber auch die Meklenburger blieben nicht unthätig. Im Mai 1391 schlossen die Herzöge Johann und seine Söhne Johann, Ulrich und Albrecht mit ihren Städten Rostock und Wismar, die sich bisher noch zurückgehalten hatten, sich nun aber besannen, was sie ihrem Herrn schuldig waren, ein enges Bündniß, dem alsbald die Ritterschaft der Vogteien Gadebusch, Grevismühlen und Schwerin, sowie die Städte Grevismühlen, Schwerin, Bützow, Sternberg und der Bischof 2 ) und das Stift Schwerin beitraten. 3 ) Man wollte zur Befreiung des Königs und seines Sohnes im Kriege mit Dänemark alle Mittel versuchen. So griff man vor Allem zu einer Maßregel, ähnlich der, die in den siebziger Jahren im Kampf um die Erbfolge in Dänemark gute Dienste geleistet hatte: man beschloß wieder wie damals, im Kleinkriege zur See den Dänen auf alle mögliche Weise Schaden und Abbruch zu thun; aber man ging diesmal weiter als damals; in der richtigen Erkenntniß, daß die Kräfte Meklenburgs allein nicht ausreichen würden, den Kampf mit allem Nachdruck zu führen, erließen die Herzöge mit den Städten eine Proklamation, wonach Allen, die dem Könige von Schweden helfen und für ihn auf eigene Faust den Krieg gegen die Dänen führen wollten, die meklenburgischen Häfen geöffnet sein sollten. 4 ) Dieser Aufruf hatte einen außerordentlichen Erfolg; aus ganz Norddeutschland strömten Schaaren herbei, um an dem Kampfe mit Dänemark theilzunehmen. Es ist klar, daß sich unter diesen Leuten viel Gesindel befand, das nun, unter dem Vorwande, für König Albrecht zu kämpfen, für sich möglichst viel Beute machen wollte, und es deshalb nicht so genau nahm, ob es Schiffe der feindlichen Dänen, oder die unbetheiligter Dritter, der friedlichen hansischen Kaufleute, angriff. Streng von diesen zu unterscheiden sind aber diejenigen, die sich unter den Befehl meklenburgischer Adliger oder der Herzöge selbst stellten, und die ihren ersten Zweck darin sahen,


1) Detmar II, S. 41, 42.
2) Rudolf, auch ein Sohn des alten Johann, der sein schwedisches Bisthum Skara aufgegeben hatte.
3) Urk. vom 3., 11., 15., 18., 22., 24. Mai s. Rydberg, Sver. trakt. II, 417.
4) H.=R. IV, 15.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 55 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

das belagerte Stockholm mit Zufuhr aller Art, besonders Lebensmitteln, zu versorgen, und die davon den Namen Vitalienbrüder, das ist: Viktualienbrüder, erhielten. Die Meklenburger konnten natürlich nicht in jedem einzelnen Falle unterscheiden, zu welcher von beiden Kategorien die Leute gehörten, denen sie ihre Häfen öffneten. Daß sie aber zunächst keineswegs daran dachten, mit Leuten der ersten Art, die gemeine Seeräuber waren, gemeinsame Sache zu machen, beweist der Umstand, daß im Jahre 1392 die Gerichtsvögte von Wismar einen gewissen Albrecht vom Sande und Genossen wegen Seeräuberei verfesteten. 1 ) Die hansisschen Kaufleute freilich machten keinen Unterschied zwischen diesen beiden Arten meklenburgischer Parteigänger, den echten und den angeblichen, machten vielmehr für den Schaden, den sie von letzteren, den Piraten, zu leiden hatten, auch die ersteren, die Vitalienbrüder, verantwortlich, und behandelten sie, wenn sie sie fingen, genau so wie jene. Dafür mögen dann wohl später die Vitalienbrüder aus Rache ihrerseits auch manch städtisches Schiff genommen haben, und so kam es, daß allmählich ihr Name auch auf die anderen, die Seeräuber, überging und schließlich damit identisch wurde. - Auch an die Preußen, die Städte und den Ordensmeister, die aus verschiedenen, Handels= wie politischen Rücksichten Grund zur Erbitterung gegen Margareta hatten, 2 ) wandten sich die meklenburgischen Herzöge. Am 8. Juli 1391 gaben die Herzöge Johann und Albrecht und der Bischof Rudolf den Bürgermeistern von Rostock und Wismar, Heinrich Witte und Markward Bantzkow, und zwei Rittern, Werner von Axekow und Heidenreich Bibow, Vollmacht zur Gesandtschaft an König Wenzel und an den Meister des deutschen Ordens. 3 ) Die Gesandtschaft an Wenzel konnte offenbar nur den Zweck haben, daß sich die Meklenburger ein moralisches Plus, das Einverständniß des deutschen Königs, zu verschaffen wünschten; an materielle Unterstützungen von seiner Seite konnten sie wohl kaum denken. Den Preußen aber schlugen sie ein Bündniß gegen Margareta vor und baten sie zugleich, alle Handelsbeziehungen zu Dänemark einzustellen. Sie erhielten aber eine ablehnende Antwort: Die Preußen seien beiden Freund, den Meklenburgern sollten ihre Häfen wie sonst geöffnet sein, aber die Handelsbeziehungen nach Dänemark könne man nicht abbrechen. 4 )


1) Wism. liber proscript., S. 39.
2) S. Girgensohn, S. 104 f.
3) Pötker V, S. 27, cf. H.=R. IV, 16. 217.
4) H.=R. IV, 15.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 56 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Trotz der Ablehnung eines Bündnisses von Seiten der Preußen waren die Meklenburger doch stark genug, noch im Herbst des Jahres 1391 eine bedeutende Flotte von Vitalienbrüdern zusammenzubringen. Mit derselben segelten der alte und der junge Herzog Johann von Stargard nach Stockholm ab. Auf dem Hinwege brandschatzte man die Inseln Bornholm und Gothland. 1 ) Vor Stockholm eroberte man mit Leichtigkeit die eine der beiden die Einfahrt sperrenden Schanzen und konnte so der Stadt die Zufuhr zukommen lassen. Da die Einnahme der anderen aber, die auf einer Klippe sehr unzugänglich gelegen war, Schwierigkeiten machte, und sich nun Nahrungsmangel bemerkbar machte, so zog man es zunächst vor, sich in Unterhandlungen mit dem Feinde einzulassen. 2 ) Zu Nyköping fand im Oktober eine Zusammenkunft mit Margareta statt, die, da sie sich überhaupt in Verhandlungen einließ, offenbar in Bedrängniß durch den meklenburgischen Angriff gekommen war und keinen anderen Ausweg wußte. Wir können die Bestimmungen des Vertrages, der hier zu Stande kam, nur aus späteren Angaben entnehmen: 3 ) Für 50000 Mark sollte der König mit seinem Sohne aus der Gefangenschaft entlassen werden, wofür dem Herzoge einige Schlösser als Unterpfand gegeben wurden; am 9. Juni folgenden Jahres sollte der Vertrag endgültig auf einer Zusammenkunft zu Falsterbo abgeschlossen werden; bis dahin sollte Waffenstillstand sein. Als diese Zusammenkunft dann im Juni 1392 stattfand, 4 ) und Herzog Johann den Abschluß der in Nyborg getroffenen Vereinbarungen forderte, weigerte sich Margareta unter dem Vorwande, sie müsse erst noch darüber berathen; vielmehr verlangte sie, daß, wenn sie den König für die schon reichlich hohe Summe von 50 000 Mark freigeben solle, er dann ihr auf Lebenszeit Stockholm und was er sonst etwa noch in Schweden besaß, für 10 000 Mark verpfänden solle. 5 ) Das war in anderen Worten nichts als eine förmliche Abtretung Schwedens, worauf Herzog Johann natürlich nicht eingehen konnte; so schlug er denn seinerseits vor, ein Lösegeld für den König zahlen zu wollen, so hoch es die Städte Lübeck, Hamburg und Stralsund angeben würden. Das aber verwarf wieder die Königin, die Versammlung ging auseinander, ohne


1) H.=R. IV, 28. 29. 53-55.
2) S. Detmar II, S. 42.
3) H.=R. III, 411. IV, 38. 59.
4) Nicht, wie abgemacht zu Falsterbo, sondern zu Wordingborg.
5) H.=R. IV, 57. 59
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 57 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

daß man etwas erreicht hatte. Nun lieferte Johann natürlich auch die ihm als Unterpfand gegebenen Schlösser nicht aus, weshalb Margareta sich später heftig beklagte und Johann Vertragsbruch vorwarf; 1 ) ganz mit Unrecht, nicht er, sie selbst war daran schuld, daß der Ryborger Vertrag nicht ausgeführt worden war; ja, man kann sagen, sie hatte die Meklenburger mit diesem Vertrage geradezu betrogen. Die natürliche Folge war der Fortgang des Krieges. Die Städte Wismar und Rostock meldeten den übrigen Hansen, daß sie ihre Häfen wieder den Helfern des Königs geöffnet hätten; 2 ) damit ihre Kaufleute keinen Schaden haben möchten, sollten sie doch jeden Handel nach den nordischen Reichen untersagen, denn die Helfer des Königs müßten natürlich jeden angreifen, der den Dänen Unterstützung leiste und Zufuhr brächte. 3 ) Wären die Hansen darauf eingegangen, so hätte das Aufgeben jeden Handels den armen skandinavischen Reichen, die auf Einfuhr angewiesen waren, bedeutenden Schaden gebracht und sie vielleicht nachgiebiger gemacht, auf annehmbare Friedensbedingungen einzugehen, und das wäre auch den Hansestädten, denen so viel an der Herstellung des Friedens liegen mußte, zum Vortheil gewesen. Aber die Städte weigerten sich, die nordischen Handelsbeziehungen abzubrechen; so mußten sie denn auch die Aussicht auf fortwährende Angriffe von Seiten der Vitalienbrüder mit in Kauf nehmen, und eigentlich kann man es den Meklenburgern nicht verargen, daß sie allen, die der Königin Vorschub leisteten, Abbruch thaten. Ihrer Sicherheit halber erließen die Hansen nur das Gebot, daß kein Handeltreibender anders als in größeren Geschwadern fahren sollte. 4 ) Dagegen erließ Graf Albrecht von Holland an seine Städte das von den Meklenburgern gewünschte Verbot der Fahrt nach den nordischen Reichen; wenn jemand trotzdem fahre, so stehe er für keinen Schaden ein. 5 ) Nun sammelten sich die Vitalienbrüder, und unternahmen, an 1500 Mann stark, unter ihren Führern Henning Mandüvel, Arnold Stuke und anderen einen Zug an die livische und esthnische Küste, offenbar um sich dort einen Stützpunkt für ihre künftigen Fahrten zu suchen. Andere Haufen, es mochten


1) H.=R. III, 411. IV, 220.
2) Während des Waffenstillstandes war von ihnen aus natürlich nichts gegen Dänemark unternommen, also auch allen auf eigne Hand Kämpfenden kein Schutz gewährt.
3) H.=R. IV, 59. 143.
4) H.=R. IV, 60. 124. 125.
5) H.=R. IV, 143. Dipl. Norweg. V, 257.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 58 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dies wohl echte Piraten sein, setzten sich im Sund selbst fest und fielen dort jeden ohne Unterschied an, der in ihr Bereich kam. 1 ) Margareta konnte dagegen garnichts thun, da sie so gut wie gar keine Flotte besaß; deshalb sah sie sich sogar gezwungen, sich durch einen Friede= und Freundschaftsvertrag mit England drei große Schiffe zu leihen. 2 ) Ein Versuch dagegen, mit dem Orden in Preußen in Einvernehmen zu treten, scheiterte an der gänzlich ablehnenden Haltung der preußischen Städte. 3 ) Im Herbst 1392 hatte sie dann begonnen, die Stadt Stockholm durch ein Heer unter dem Dänen Abraham Brodersson und dem schwedischen Großen Algot Magnusson von allen Seiten einschließen zu lassen. Auf der Landseite scheint diese Abschließung einigen Erfolg gehabt zu haben, während die Absperrung von der See gänzlich mißlang. 4 )

Die Unternehmungen der Meklenburger gingen im nächsten Jahre mit gutem Erfolg weiter, aber zugleich war auch die See immer unruhiger und die Schifffahrt für die Städte immer gefährlicher geworden. So hatte der jüngere Herzog Johann 5 ) selbst bei einem Streifzuge nach Bornholm 12 preußische Schiffe erbeutet. 6 ) Die Züge der Vitalienbrüder erstreckten sich jetzt sogar bis in die Nordsee. Eine Schaar unter Anführung eines Verwandten des Königs 7 ) fuhr durch den Sund, plünderte die dänischen und norwegischen Küsten und eroberte und verbrannte die Stadt Bergen, 8 ) und ließen sogar die Einwohner dem König Albrecht huldigen.

Jetzt endlich rafften sich die Hansestädte aus ihrer langjährigen Unthätigkeit auf; sie hatten erfahren müssen, daß die Meklenburger mit ihrer Drohung, alle nach den nordischen Reichen segelnde Schiffe anzugreifen, Ernst gemacht hatten; der ganze Handel war schließlich so gut wie unmöglich geworden. Sie sahen, daß diesem unerträglichen Zustande ein Ende gemacht werden müsse, wenn nicht ihr ganzer Handel zu Grunde gehen sollte. Die preußischen Städte waren es zuerst, bei denen diese Erkenntniß aufkeimte; aber ihre Einmischung sollte sich nicht gegen


1) H.=R. III, 411. IV, 153.
2) Rydberg, Sver. trakt. II, 419.
3) H.=R. III, 411.
4) Ericus Olai in script rer svec. II, 1, S. 117.
5) Sein Vater, der alte Herzog Johann, war im Jahre 1392 gestorben.
6) H.=R. IV, 160. cf. 174. 643.
7) Der Name wird nicht genannt; vielleicht war es Albrecht von Stargard, der auch später als Anführer der Vitalienbrüder vorkommt.
8) Detmar II, S. 50, 51.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 59 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Meklenburg, durch das sie doch all den Schaden erlitten hatten, sondern gegen Margareta richten. Sie hatten wohl erkannt, daß Meklenburg den Kampf nicht anders führen konnte und mußten ihm in ihrem Innern Recht geben; eine gewisse Sympathie für das kleine Land, das sich so wacker gegen den mächtigen Feind hielt und eine so große Aufopferung für seinen Landesherrn bewies, mochte auch dabei mitwirken. Zudem hatten die Herzöge bei allen Reklamationen um Schadenersatz stets die entgegenkommendste Haltung gezeigt. 1 ) Margareta dagegen hatte zu allen Beeinträchtigungen, die sie sich seit Alters gegen die Städte erlaubt hatte, immer neue gefügt; alle Bitten um Abstellung derselben hatte sie hinzuhalten, allen Ansprüchen auf Schadenersatz hatte sie auszuweichen gewußt, und das noch dazu mit einer Freundlichkeit, die, da ihr nichts Reelles entsprach, die Städte nicht minder erbittern mußte, als die Kaltblütigkeit, mit der sie Gewaltthaten ihrer Leute, die fast unter ihren Augen geschehen waren, ableugnete. 2 ) Deshalb hatten sie alle Werbungen 3 ) derselben um ihre Freundschaft mit unzweideutigen Worten abgewiesen. 4 ) Unter ihrem Einfluß geschah deshalb es auch wohl, daß man jetzt auf dem Hansetage zu Lübeck am 22. Juli der gerechten Forderung der Meklenburger endlich nachgab: auf ein Jahr lang wurde die Fahrt nach Dänemark und Schonen streng untersagt, 5 ) und man beschloß außerdem Boten an Margareta zu senden, um sich von ihr einen Tag und Ort angeben zu lassen, an dem sie gesonnen sei, unter städtischer Vermittelung mit den Meklenburgern Friedensunterhandlungen anzuknüpfen. Daß die letzteren sich darauf einlassen würden, wenn ihnen nur einigermaßen günstige Bedingungen angeboten wurden, war klar; aber auch Margareta konnte nicht wagen, die Einmischung der Hansen abzulehnen; das Verbot der Handelsfahrt nach ihren Ländern hatte ihr gezeigt, daß die Städte jetzt gewillt seien, ernsthafte Maßregeln zur Beendigung des Krieges zu ergreifend und der Gefahr, daß die Hansen, wenn sie sich weigerte zu unterhandeln, mit den Meklenburgern zusammen gegen sie gehen könnten, durfte sie sich nicht aussetzen; dazu war sie doch nicht mächtig genug. So kam man denn überein, am 8. September zu Falsterbo die Verhandlungen zu beginnen. 6 )


1) H.=R. IV, 160. 162. 163. 169. 172.
2) H.=R. IV, 153.
3) H.=R. III, 411. IV, 153.
4) H.=R. III, 411. IV, 154.
5) H.=R. IV, 156. 158. 160.
6) H.=R. IV, 159.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 60 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Am 29. September 1393 - die Meklenburger und die städtischen Sendeboten hatten wegen ungünstigen Wetters die Reise nicht rechtzeitig antreten können 1 ) - trafen nun die Gesandten der Hansestädte, der Herzog Johann und die Königin mit ihren Räthen zu Falsterbo zusammen. Von vornherein erklärten aber die Meklenburger, in Sachen der schwedischen Thronfrage nicht verhandeln zu können, dazu stehe niemandem als dem Könige selbst das Recht zu; da aber dieser in der Gefangenschaft nicht die freie Bethätigung seines Willens haben könne, müsse er nothwendiger Weise erst befreit werden. Darauf konnte und wollte sich Margareta nicht einlassen, sie hatte ja sonst den ganzen Krieg umsonst geführt. Da waren es die städtischen Bevollmächtigten, die mit einem vermittelnden Vorschlage hervortraten: Der König solle auf 2 bis 3 Jahre aus der Gefangenschaft entlassen werden und nun in Freiheit weiter mit Margareta verhandeln. Zur Sicherung für letztere sollte während dieser Zeit Stockholm an vier zuverlässige Leute gegeben werden, zu halb und halb aus Albrechts und Margaretas Anhängern. Könnten sich diese beiden inzwischen nicht einigen, so sollte Stockholm den Leuten des Königs wieder gegeben werden, dieser aber in die Gefangenschaft zurückkehren; oder, falls er das nicht thäte, sollte Stockholm der Königin überantwortet werden. Da war nun zwar eine Schwierigkeit, wo vier Leute finden, die beiden Parteien gleich zuverlässig galten? So erklärte sich Johann bereit, Stockholm den Hansen zu übergeben. Nach einigem Zögern erklärte sich Margareta mit diesem Vorschlage einverstanden, doch müsse sie erst zu Hause mit ihren Reichsräthen berathen, welche Garantie sie von den Städten verlangen könne, daß diese auch wirklich unparteiisch handeln würden. Zum nächsten Hansetage wolle sie dann nach Lübeck kommen oder ihre Vertreter schicken und dann die Sache endgültig regeln. 2 ) Damit löste sich endlich zu Ende Oktober die Versammlung, in der sicheren Erwartung, daß nun im nächsten Jahre der langersehnte Friede wirklich eintreten würde, auf. Als aber am 3. März 1394 der Hansetag zu Lübeck zusammentrat, waren die Gesandten fast aller Städte erschienen, auch Herzog Johann mit seinen Räthen war gekommen, aber Margareta hatte sich nicht eingefunden, hatte auch keine Gesandten geschickt, sondern nur ein Schreiben mit nichtssagenden Entschuldigungen. 3 ) In Folge dessen kam


1) H.=R. IV, 160.
2) H.=R. IV, 167.
3) H.=R. IV, 191.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 61 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

man wieder nicht zum Abschluß. Es ist klar, daß Margareta mit diesem Hinhalten einen bestimmten Zweck im Auge hatte. Die Verhandlungen zu Falsterbo hatten kein Resultat ergeben, mit dem sie so recht hätte zufrieden sein können. Sie hatte sich offenbar größeren Vortheil von der Gefangennahme Albrechts versprochen; nun sollte sie ihn freilassen und damit das Mittel, durch das sie bei weiteren Verhandlungen einen Druck auf die Meklenburger ausüben konnte, aus der Hand geben. Ueberdies war es nicht sehr wahrscheinlich, daß der König, wenn die künftigen Verhandlungen ergebnislos blieben, in die Gefangenschaft zurückkehren würde; freilich sollte sie ja dann Stockholm erhalten; aber der König hatte dann, da er ja keines seiner Rechte auf Schweden aufgegeben hatte, immer die Möglichkeit, es ihr durch Krieg wieder abzunehmen; und außerdem, wer garantirte ihr, daß die Städte, denen sie ja so manche Schädigung gethan hatte, ihr Stockholm wirklich ausliefern würden, und es nicht vielmehr für sich behalten, und als Druckmittel, ihren Forderungen Nachdruck zu geben, gegen sie anwenden würden. Vortheil erwartete sie also, wenn sie auch den Vermittelungsversuch der Städte nicht abzulehnen gewagt hatte, nur aus einem Hinschleppen der Sache. Dabei hatte sie aber offenbar nicht bedacht, daß sie durch ein derartiges Verhalten den Unwillen der Städte, auch der wendischen, die ihr bis dahin nicht ungünstig gesinnt waren, erregen und sie den Meklenburgern, die auf die Maßnahmen der Städte eingegangen waren, günstig stimmen mußte. Das zeigte sich denn auch in den Beschlüssen dieses Tages: Die Schonenfahrt wurde wieder, außer wenn man in größerer Anzahl zusammen sei, verboten, und die Fahrt durch den Sund ganz untersagt. 1 )

Zugleich aber beschlossen die Städte, da infolge des Verhaltens der Königin für die nächste Zeit das Eintreten eines gesicherten Zustandes zur See nicht zu erwarten war, selber eine Flotte zur Befriedung der See auszurüsten. 2 ) Wäre dieser Plan zu Stande gekommen, so hätte er die Kriegführung der Meklenburger für die nächste Zeit ganz lahm gelegt; das hätte aber Niemand anders als Margareta den größten Vortheil gebracht, und da die preußischen Städte fürchteten, daß die Königin, wenn sie nicht mehr von Seiten der Meklenburger bedrängt würde, in der Schadenersatzfrage wieder den alten ungefälligen,


1) H.=R. IV, 192, cf. 204. 205.
2) H.=R. IV, 192.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 62 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

hinhaltenden Standpunkt einnehmen würde, so traten sie mit Entschiedenheit gegen den Plan einer allgemeinen Seewehr auf, 1 ) so daß derselbe thatsächlich nicht zur Ausführung kam. Es ist wohl klar, daß die preußischen Städte mehr um ihrer selbst willen, als im Interesse der Meklenburger die für diese so günstige Haltung eingenommen hatten. Aber die Meklenburger mochten glauben, daß das aus ganz besonderem Wohlwollen für sie geschehen sei, und daraufhin versuchten sie, mit den Preußen ein förmliches Bündniß gegen Margareta einzugehen; im Mai des Jahres 1394 erschienen meklenburgische Gesandte in Danzig und machten den Städten, wie dem Hochmeister ihre Vorschläge. Aber die Städte wiesen das Bündniß zurück; sie wollten sich mit ihren wendischen Genossen, mit denen sie sich nach der Ablehnung der Seewehr ohnehin nicht besonders gut standen, nicht noch mehr veruneinigen; ebenso lehnte der Hochmeister es ab, eine Vermittelung zwischen den schwedischen Großen und den Meklenburgern zu versuchen. Alles, was diese erreichten, war, daß der Hochmeister versprach, mit allen Kräften dafür eintreten zu wollen, daß König Albrecht für ein Lösegeld freigelassen würde. 2 ) Aber trotz dieses Mißerfolges war die Lage der Meklenburger keineswegs ungünstig. Im Winter 1393 auf 94 scheint Margareta den Versuch gemacht zu haben, ohne die Hansestädte in den Besitz Stockholms zu gelangen, die Stadt wurde schwer belagert, und es brach schon Hungersnoth in ihr aus; da gelang es noch rechtzeitig einer Anzahl Schiffen der Vitalienbrüder, die unter der Führung meklenburgischer Adliger, des Rambold Sanewitz, Bosso vom Kaland und anderer standen, nachdem sie sonderbare Abenteuer durchgemacht hatten, in den Hafen einzulaufen und die Stadt wieder zu verproviantiren. 3 ) Im Mai 1394 erlangten die Meklenburger auch in Finnland wieder bedeutenden Anhang, indem sich Bo Jonssons Wittwe Greta Dume ihnen völlig anschloß. 4 ) Auch Jäppe Abramsson scheint sich damals ihnen zunächst heimlich verbündet zu haben; ein öffentliches Bündniß schloß er dann im folgenden Jahre mit Bos Sohn, Knut Bosson, dem er dabei die Schlösser seines Vaters übergab. 5 ) Im Juli gelang es den Vitalienbrüdern sogar, die Stadt Malmö zu


1) H.=R. IV, 205. 212. 213.
2) H.=R. IV, 217.
3) Herrn. Korner herausgegeben von Schwalm, S. 90, 341. Reimar Kock im Grautoff, S. 495.
4) H.=R. IV, 217.
5) Styffe I, 86.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 63 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

erobern und in Brand zu stecken, 1 ) In Hinsicht auf alle diese Schädigungen sowohl, wie auf die unfreundliche Haltung der Hansen entschloß sich Margareta, die Verhandlungen doch endlich wieder aufzunehmen; zu Helsingborg sollten dieselben stattfinden. Hier trafen am 22. Juli die Sendboten der Städte, Gesandte des Hochmeisters und die meklenburgischen Räthe mit der Königin und den dänischen Reichsräthen zusammen. Man verhandelte lange, bis weit in den August hinein, mit einander und kam endlich zu dem Resultat: der König solle auf ein halbes Jahr freigelassen werden und versuchen, sich innerhalb dieser Zeit mit Margareta zu einigen; gelänge das nicht, so solle er sich wieder in die Gefangenschaft begeben oder 60000 Mark zahlen. Acht der Hansestädte sollten die Bürgschaft übernehmen und Stockholm besetzen. Am 1. November schon sollte auf einer neuen Zusammenkunft zu Alholm der Vertrag von Helsingborg ratifizirt und die Gefangenen entlassen werden. 2 ) Aber wieder machte ein unvorhergesehenes Ereigniß der Hoffnung auf ein baldiges Eintreten der Ruhe ein Ende: die preußischen Gesandten, die zu dem Alholmer Tage ziehen wollten, wurden auf der Durchreise durch Pommern plötzlich vom Herzog Wratislav VII. aus Feindschaft gegen den Hochmeister gefangen genommen, so konnte der angesagte Tag wegen des Ausbleibens derselben nicht abgehalten werden. 3 ) Man möchte beinahe vermuthen, daß Margareta auch hierbei wieder ihre Hand im Spiele gehabt habe und daß sie von einer abermaligen Verzögerung der Entscheidung Vortheil für sich hoffte. Die anwesenden Gesandten konnten nun nichts weiter thun, als eine neue Versammlung auf den 23. April des folgenden Jahres nach Falsterbo und Skanör anzusetzen. Ein neuer kriegerischer Erfolg der Meklenburger - eine Schaar Vitalienbrüder unter Führung Albrechts von Peckatel eroberten Wisby und einen Theil der Insel Gotland 4 ) - mußte Margareta endlich belehren, daß es schließlich für sie doch das Beste sein würde, baldigen Frieden zu machen. Jetzt endlich stand dem Frieden nichts mehr im Wege, und am 10. Mai 1395 hatten sich alle Gesandten der Städte und des Hochmeisters, der Herzog Johann mit seinem Sohn und Gefolge in Skanör und Falsterbo eingefunden, während die Königin noch einige Zeit auf sich warten ließ (wir wissen nicht, aus welchem Grunde) und erst zu Ende des Monats mit


1) Detmar, II, S. 56.
2) H.=R. IV, 235. 236. 237.
3) H.=R. IV, 242-244.
4) Chron. svec. Wisb. scr. rer. sv. I, 1, S. 46. cf. H.=R. IV, 438.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 64 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ihren Räthen ankam, 1 ) Man hielt sich jetzt bei den Verhandlungen durchaus an die Bestimmungen des Helsingborger Vertrages, die jedoch in einzelnen Punkten modifizirt wurden. So mußte Margareta der gemeinsamen Ansicht der Meklenburger und der Hansen nachgeben, daß es nicht genüge, den König auf ein halbes Jahr freizugeben, und man erreichte, daß dafür drei Jahre bestimmt wurden, 2 ) auch alle anderen beiderseitigen Gefangenen sollten für dieselbe Zeit frei sein. Weiter kam man indessen mit den Verhandlungen nicht, da Herzog Johann und die Meklenburger sich wie früher weigerten, über Stockholm ohne den König etwas Endgültiges abzumachen, und so entschloß sich die ganze Versammlung, nach Lindholm zu ziehen, wo Albrecht immer noch gefangen saß. 3 ) Vom ersten bis zum siebzehnten Juni verhandelte man hier nun im Beisein des Königs und kam endlich zum Abschluß, da sich Albrecht und sein Sohn mit allen Abmachungen, die bereits getroffen waren, einverstanden erklärten. Die Städte, die die Bürgschaft übernahmen, waren: Lübeck, Stralsund, Greifswald, Danzig, Elbing, Thorn und Reval; sie versprachen: Zu Michaelis (29. September) 1398 würden sie entweder den König wieder in die Gefangenschaft ausliefern, oder 60 000 Mark Lösegeld für ihn bezahlen, oder Stockholm der Königin überliefern; doch sollten sie schon zu Trinitatis des Jahres (2. Juni) vorher melden, welche von den drei Bedingungen sie innezuhalten gedächten 4 ) Die Meklenburger sagten dafür zu, daß sie fortan nicht mehr die Piraten schützen würden. 5 ) Bis zum 8. September wollte man alle Urkunden besiegelt haben, dann sollte Stockholm den Hansen übergeben werden und darnach König Albrecht in Freiheit gesetzt werden. 6 ) Wie abgemacht, so geschah es; am 31. August 1395 übergab Herzog Johann den von den Hansen gesandten Hauptleuten Stadt und Schloß Stockholm, und ließ sie ihnen den Huldigungseid leisten. 7 ) Diese sandten die Nachricht davon nach Helsingborg, wo die Gesandten der Städte bereits versammelt waren, um den König in Empfang zu nehmen. Aber erst am 26. September war man so weit gekommen, daß man die Urkunden in Empfang nehmen und über=


1) H.=R. IV, 259-275.
2) H.=R. IV, 261.
3) H.=R. IV, 261. 275.
4) H.=R. IV, 266
5) H.=R. IV, 264.
6) H.=R. IV, 275.
7) H.=R. IV,292. 296.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 65 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

geben konnte; nun wurden König Albrecht und sein Sohn Erich herbeigeholt und hatten endlich nach langer, sechseinhalbjähriger Gefangenschaft die Freiheit wieder. 1 )

Mit bewundernswürdiger Umsicht wie im Kampfe, so in den Verhandlungen hatte Herzog Johann während dieser Jahre die schwierige Sache durchgeführt; mit Opferwilligkeit hatte das ganze Land Meklenburg hinter seinem Fürsten gestanden; mit echter Treue aber hatten vor Allem die Städte Wismar und Rostock die Sache ihres Herrn zu der ihrigen gemacht, obgleich sie ihren Genossinnen, den anderen Hansestädten, gegenüber dadurch in die schwierigste Stellung gekommen waren. Nun hatten die Meklenburger und Johann das Ziel erreicht, nach dem sie so lange gestrebt hatten; König Albrecht war frei, ohne daß er irgend eines von seinen Rechten hatte aufgeben müssen. Schweden war dem Könige keineswegs verloren, noch hatte er vollen Anspruch auf Stockholm, und Gothland, das die Meklenburger im Frieden behauptet hatten, konnte zum Ausgangspunkte werden, die ehemalige Machtstellung wieder zu erwerben; doch zunächst herrschte Ruhe.

In der nächsten Zeit suchte Königin Margareta das, was sie errungen hatte, zu ihrem Vortheil auszunutzen. Es war zu Lindholm nach der Freilassung König Albrechts zwischen ihm und Margareta eine Zusammenkunft zum 7. November nach Ryköping angesetzt worden, 2 ) dort wollten sie mit einander über ihre Streitigkeiten übereinzukommen suchen. Es war aber nichts aus diesem Tage geworden, und nachher scheint von keiner von beiden Seiten je wieder eine Annäherung versucht worden zu sein. Die Königin hatte wohl genug daran, auch ohne besondere Abmachungen thatsächlich Herrscherin in Schweden zu sein. Um aber auch ihrem designirten Nachfolger, ihrem Großneffen Erich dem Pommern, die gleiche Stellung zu verschaffen, that sie einen Schritt, der geeignet war, die Unruhe der vorigen Zeit wieder heraufzuführen. Von den Norwegern war Erich schon nach Olafs Tode zum Könige gewählt worden, nun ließ Margareta die dänischen Großen im Januar 1396 und im Juni desselben Jahres auch die Schweden ihn zu ihrem Könige wählen. 3 ) Mit Recht konnte Meklenburg das als Vertragsbruch ansehen, denn offiziell war ja Albrecht immer noch König von Schweden und


1) H.=R. IV, 298.
2) H.=R. IV, 297.
3) S. Erslev, S. 199.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 66 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Kampf um die Entscheidung ja keineswegs zu Ende, sondern nur durch Waffenstillstand unterbrochen, und es ist den Meklenburgern nicht zu verargen, daß sie nun den Kampf um die verlorene Krone wieder begannen. Albrecht selbst freilich scheint nicht mehr recht dazu aufgelegt gewesen zu sein, noch einmal das Kriegsglück zu versuchen, sondern überließ jetzt den Kampf seinem Sohne, Herzog Erich. Erich begab sich nach Gothland, um hier Wisby als Stützpunkt für seine Unternehmungen zu gebrauchen. 1 ) Vitalienbrüder, die nach 1395 keineswegs aufgehört hatten zu bestehen, schlossen sich ihm an. Mit ihrer Hülfe bezwang er den Sven Sture, einen schwedischen Adligen, durch den die Königin die Insel und Wisby zu erobern versucht und der sich nach dem Mißlingen dieses Planes auf eigne Hand in einem Theile Gothlands festgesetzt hatte;) 2 ) jetzt von Herzog Erich besiegt, trat er in dessen Dienste über, und damit war jetzt die ganze Insel in meklenburgischem Besitz. 3 ) Nach diesem Erfolge dachte Erich auf dem schwedischen Festlande wieder Fuß zu fassen; im Juli 1397 segelte eine Flotte auf Stockholm zu, um die Stadt zu überrumpeln; Sven Sture war selbst mit der Leitung betraut worden. Der Plan mißlang aber infolge der Aufmerksamkeit der städtischen Hauptleute, und die Flotte mußte unverrichteter Sache wieder abziehen. 4 ) Da starb am 26. Juli 1397 plötzlich Herzog Erich auf Gothland. 5 ) Seine junge Wittwe, Sophia von Pommern, überließ die Leitung ihrer Interessen an Sven Sture, der in seinen Burgen wieder den Piraten Zuflucht gewährte. Als infolgedessen sich der Hochmeister an den König Albrecht wandte, er möchte dem Unwesen, durch das den Städten wieder der größte Schaden erwuchs, zu steuern versuchen, da erklärte der König, er könne nichts dagegen thun; Meklenburg hatte keine Macht mehr über die wilden Schaaren. Doch noch einmal versuchten die Meklenburger, in geordneter Kriegsleitung sich an ihre Spitze zu stellen und so ihrer Herr zu werden; Herzog Johann ging hinüber nach Gothland und sagte dem Könige Erich Krieg an. 6 ) Aber in seiner Hoffnung auf guten Erfolg sollte er sich getäuscht haben. Es gelang ihm nicht, den Krieg wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Die Seeräuber wurden immer


1) H.=R. IV, 438.
2) H.=R. IV, 361.
3) S. Erslev S. 207.
4) H.=R. IV. 410.
5) Scr. rer. Suec. Ia, S. 46. Detmar II, S. 93 (um Sept. 8).
6) H.=R. IV, 438.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 67 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zügelloser, und es war deshalb kein Wunder, wenn der Versuch der Meklenburger, die Hansen und Preußen wieder für sich zu interessiren, auf kein Entgegenkommen traf. 1 ) Durch die Verhältnisse in Livland, einen Streit um das Erzstift von Riga, waren sie ohnehin mit dem Orden in Conflict gerathen, 2 ) Preußen konnte jeden Augenblick einen Angriff der gothländischen Vitalienbrüder erwarten, da beschloß der Hochmeister Konrad von Jungingen, der Gefahr durch seinen Angriff zuvorzukommen. Im Marz 1398 segelte er mit einer bedeutenden Flotte hinüber nach Gothland, griff die Raubburgen Stures an und zerstörte sie, rückte dann vor Wisby, wo sich Sture und Herzog Johann selbst aufhielten und zwang nach längerer Belagerung die Städte sich am 5. April zu ergeben. So blieb dem Herzog schließlich nichts anderes übrig, als die Insel dem Orden zu übergeben, nachdem der Hochmeister versprochen hatte, sich darüber mit König Albrecht einigen zu wollen. 3 ) Im Mai 1399 versetzte dieser für 30000 Nobel Gothland an den Orden. 4 ) Am 29. September 1398 hatten die Hansestädte bereits, da es dem Könige Albrecht nicht möglich gewesen war, die ausbedungene Summe von 60000 Mark als Lösegeld zusammenzubringen, vertragsgemäß Stockholm an die Königin Margareta ausgeliefert; 5 ) und damit war für Meklenburg der letzte Rest seiner einstigen Macht, seiner Weltstellung verloren, und es war wieder eingetreten in die Reihe der kleinen norddeutschen Territorialmächte.

Der alte Herzog Albrecht hatte Meklenburg einst hoch emporgehoben, unter seinem Sohne, dem Könige Albrecht, ging diese hervorragende Stellung wieder verloren; aber es wäre unbillig, wenn man den letzteren allein dafür verantwortlich machen wollte. In den Umständen vielmehr hatten die Ursachen gelegen, daß er sich auf dem schwedischen Throne nicht hatte halten können; oder wenn irgend jemandem. so muß man den schwedischen Großen die Schuld daran beimessen. Sie hatten ihn auf ihren Thron gerufen, weil sie gehofft hatten, durch ihn und statt seiner herrschen zu können; als er sie aber enttäuschte, als er seine Aufgabe ernst nahm und, auf seinen Vater gestützt, selbst König sein wollte, waren sie ihm Feind geworden. Das Volk hatte er sich nie gewinnen können, dessen Herz er sich von


1) H.=R. IV, 413. 425. 426.
2) Darüber vgl. Lindner: Wenzel II, 274 f.
3) H.=R. IV, 437. 438.
4) H.=R. IV, 657.
5) Detmar II, S. 105
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 68 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vornherein durch die Begünstigung der Deutschen entfremdete, die er doch als nothwendigste, sicherste Stütze brauchte. Freilich hatte Albrecht seines Vaters treffliche Gaben nicht besessen, weder sein diplomatisches Geschick, noch sein Feldherrntalent; aber einen gesunden Verstand und wackeren Muth und Entschlossenheit hatte er mehrfach gezeigt: ersteren, als er den Alholmer Vertrag, so günstig er auch für ihn scheinen mochte, als unannehmbar erkannte, letztere in den Kämpfen mit Waldemar, Hakon und noch zuletzt auf dem Schlachtfelde von Asle. Durchaus geschickt hatte er sich benommen, als er in den Kämpfen mit dem Adel die Gegner zu trennen verstand, indem er Jäppe Abramsson und Greta Dume für sich gewann. Von Charakter mag er etwas leicht gewesen sein, aber nie, so läßt sich nachweisen, hat er während seiner ganzen Regierung eine Handlung gethan, um deren Willen man ihn mit Recht verurtheilen könnte, etwa wie seine große Gegnerin Margareta mit ihrer hinterhaltigen Politik.

Unter anderen Umständen wäre er vielleicht ein glücklicher Herrscher gewesen; die Böswilligkeit und der Verrath, mit denen er zu kämpfen hatte, hätten auch einen anderen zu Fall gebracht. Und so wird unser Endurtheil über König Albrecht dahin lauten, daß er gewiß kein hervorragender, aber immerhin ein durchaus achtenswerther Fürst gewesen ist.

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 69 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Stammbaum
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 70 zur ersten Seite zur vorherigen Seite
Stammbaum