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Hünengrab von Cramon (bei Malchow).
Katalog=Nummer des Großherzogl. Museums St. 116-124. E. 1375. 1376.)

Die Kies= und Sandebene, welche dem Endmoränengürtel Blücherhof-Krevtsee nach Westen zu in der Richtung nach Krakow

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und Plau vorlagert, gehört zu den in der Steinzeit stärker besiedelten Gebieten im Lande. Bei Blücherhof, dann bei Alt= und Neu=Gaarz, Dobbin, Serrahn sind schon seit langem Hünengräberbekannt geworden und zum Theil ausgebeutet (die Nachweise s. Jahrb. 64, S. 97 und 105, über ein Grab bei Hallalit s. unten S. 125). Neuerdings ist auch bei Cramon ein Hünengrab bekannt geworden und am 20. April 1900 mit entgegenkommendster Unterstützung des Herrn Oekonomierath Junghans zu Cramon

Das Grabinnere von Südosten.
Das Grabinnere von Südosten.

durch Herrn Senator Geist in Waren und Verfasser ausgegraben. Die Steinblöcke, welche die Grabkammer bildeten, sind unberührt geblieben und sollen erhalten werden, um ein Bild des Innern einer steinzeitlichen Grabanlage zu geben, wie man es leider nur noch sehr selten findet. Das Grab liegt 1,3 Kilometer nördlich vom Hofe rechts von dem Wege nach Liepen, gegenüber der Spitze des Orthsees auf der Höhe einer sanften Bodenerhebung, welche wohl als Rand des Thals eines alten Gletscherstroms aufzufassen ist, in dem heute die Nebel ihren Weg nimmt. Das Grab ist demnach weithin sichtbar.

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Bei Beginn der Ausgrabung stellte es sich als Erdhügel dar, aus dem einige Steine wenig herausragten. Die Decksteine fehlten, sie sind wohl seit längerer Zeit entfernt. Die Ausgrabung ergab, daß der ganze Hügel aufgetragen war, und zwar aus lehmigem Boden und Sammelsteinen, während der Grundboden kiesig ist. Die Blöcke der Steinkammer waren in den natürlichen Boden hineingelassen. Die Grabkammer bildete ein Rechteck in der Richtung von Norden nach Süden mit kleiner Abweichung nach Osten, von dem die ganze Länge etwa 5 m, und Breite 2,50 m betrug. Am Rande des Hügels sind noch einige stark überwachsene Umfassungssteine erkennbar, die von den äußern Rändern des Grabes 4,50 bis 5 m entfernt waren. Der Durch=

Skizze zum Grab
(Die Zahlen beziehen sich auf umstehenden Text.)

messer des Hügels betrug demnach etwa 10 m nordsüdlich, 7,50 m ostwestlich. Von den Umfassungssteinen her waren Erde und Steine gegen die Tragsteine geworfen in der Höhe von etwa 1,20 m; dieses ist also die Höhe des Hügels, über den einst die Deckplatten des Grabes herausragten. Soweit das äußere Bild.

Die Grabkammer bildet einen Raum von 3,80 m Länge, 1,65-1,70 m Breite und 1,40 m Höhe. Sie war geformt aus starken, aufrecht stehenden Blöcken mit glatter Innenwand; an der Westseite stehen drei Blöcke, der mittlere z. B. 1,80 m hoch, davon 30 cm im Boden eingegraben, oben 90 cm lang, 55 cm breit, die andere etwas kleiner. Die Fugen zwischen den Steinen sind mit flachen, über einander gelegten Platten und Keilsteinen genau geschlossen ("verzwickt"). Am Nordende sind zwei Träger,

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an der Ostseite nur zwei; an Stelle des dritten liegt an der Südostecke eine mauerartige Schichtung von rundlichen Steinen (etwa 15 cm Durchm.). Abweichungen zeigt auch die Südseite: hier stehen ein länglicher, ganz gerade abschneidender Stein von nur 25 cm Höhe und 75 cm Länge und ein Block, der nur 60 cm hoch ist. Offenbar liegt hier der Eingang und der niedrigste Stein ist die Schwelle. Vor dem Eingange auf dem Urboden lag ein Block, der auf den beiden Eingangssteinen aufgelegen haben mag und der bei der Oeffnung der Kammer, die, wie wir sehen werden, schon in vorgeschichtlicher Zeit stattgefunden hat, abgewälzt sein wird.

Die ganze Grabkammer war mit Erde und Findlingssteinen gefüllt. Die große Mehrzahl sind sicher regellos hineingeworfene Sammelsteine, wie sie auch die Oberfläche des ganzen Hügels bedeckten. Ein Theil aber war offenbar geschichtet. Auch die Lehmfüllung muß ursprünglich sein, denn in der Nachbarschaft des Grabes findet sich kein Lehm, sondern dieser kann nur zu dem Zweck der Füllung weit hergeholt sein. In der Tiefe auf dem Urboden fand sich ein ganz regelmäßiges Steinpflaster, bestehend aus flachen, etwa 2 cm starken Platten, überzogen mit einer festen Lehmdiele. Dieses Pflaster nahm aber nicht den ganzen Raum ein, sondern ließ im Norden und Osten eine Strecke frei (vgl. Skizze). Auf der Diele hatte die Beisetzung stattgefunden. Reste der Gebeine waren erhalten, und die Richtung der Leichen ließ sich danach bestimmen. Diese waren anscheinend sitzend an der Westwand, also nach Osten blickend, bestattet. Drei solcher Bestattungen waren deutlich:

Steinaxt

I. Im südlichen Theile. Etwa 25 cm von der Westwand fanden sich rechts eine Steinaxt, links ein Steinkeil; weiter nach Osten die Scherben eines verzierten Thongefäßes; als ob dem Todten eine Axt in die rechte, ein Keil in die linke Hand gegeben und ein Gefäß zu Füßen gesetzt wäre. In der ausgeworfenen Erde wurden gesammelt vier Feuersteinsplitter, darunter eine querschneidige Pfeilspitze. Die Steinaxt, aus einem feinkörnigen, grauen Gestein, anscheinend Diorit, bestehend, ist

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ungemein sauber gearbeitet; sie ist schlank, rundlich, die Schneide leicht nach unten gebogen; das Bahnende verschmälert sich zu einer glatt abschneidenden, ovalen Fläche. Länge 16 cm, größte Breite 5,5 cm. Höhe (im Schaftloch) 4 cm. Es ist der Jahrb. 63, S. 66 unter II 1 b α beschriebene Typus (vgl. unten S. 120).

Feuersteinkeil

Der Feuersteinkeil ist ein sehr zierliches Stück, von der Jahrb. 63, S. 16 beschriebenen Grundform B I, und zwar ist die eine Schneidefläche konkav ("Hohlkeil"), die Farbe ist grauweiß, beide Breitseiten gut geschliffen, die Schmalseiten mit muscheliger Vorarbeitung. Länge 8 cm, Breite oben 1,5 cm, unten 3 cm, größte Dicke (3,5 cm von oben) 1,5 cm.

querschneidige Pfeilspitze

Die querschneidige Pfeilspitze; ein dünner Feuersteinsplitter von 2 cm Länge mit konkaver Schneide. Ueber diese kleinen eigenthümlichen Spitzen ist in den Jahrb. zuletzt 64, S. 186 gesprochen; nicht nur in Dänemark, sondern auch in Aegypten sind sie in der That mit Schaft gefunden und also als Pfeilspitzen gesichert (vgl. Evans, Ancient stone implements 2. Aufl. 1897, S. 369 und 409 und Wilson, Arrowpoints u. s. w. S. 937); in neolithischen Grabhöhlen des Marnegebietes hat man sie sogar in der Wirbelsäule steckend, also in der Ausübung ihrer Funktion angetroffen (vgl. Cartailhac, la France préhistorique, S. 254). Zu chronologischen Bestimmungen sind sie nicht zu verwenden, da sie von den Anfängen der nordischen Steinzeit bis an das Ende unter den wechselndsten Verhältnissen vorkommen. Auch in Meklenburg sind gleiche Stücke schon in Gräbern gefunden, so in dem Hünenbette von Rosenberg (vgl. Friderico-Francisceum Text S. 76).

II. In der Mitte. Auf der Diele hatte offenbar Feuer gebrannt; sie war an einer Stelle ganz roth, auch lagen dort noch einige Kohlen. In den Lehm der Diele eingebettet und schwer zu erkennen lagen ostwestlich gerichtet die Reste einiger Röhrenknochen und mehrerer Gefäße, auch Feuersteinsplitter, vor dem westlichen Stein der Schmelz eines Zahnes. Die Splittern haben die Form der "prismatischen Messer" und mögen zum Theil

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Zufallsbildungen sein; eines aber hat sicher als Messer gedient. - Ueber die Thongefäße s. unten S. 122.

III. Der nördliche Theil enthielt eine Scherbe von einem Henkelgefäße und mehrere Feuersteine, weiß und mit Sprüngen, wie sie beim Brande zu entstehen pflegen. Um diese Feuersteine als Pflaster auffassen zu dürfen, wie man es in anderen Fällen, wo sie beobachtet sind, wohl gethan hat, waren es zu wenige. Auch im nördlichen Theile fanden sich Knochenspuren und zwar in der Richtung der Fuge zwischen dem nördlichen und dem mittleren Tragstein.

So weit die Beobachtungen auf dem Grunde der Grabkammer. In höheren Schichten fanden sich nun aber auch Gegenstände ganz anderer Art. Am nördlichen Ende lag auf einem Damm, etwa 30 cm über dem Urboden, ein eisernes Geräth; flach, leicht gebogen, am breiten Ende abgebrochen, 10 cm lang und an der Bruchstelle 2 cm breit. Es scheint eine Messerklinge mit geradem Rücken und leicht gewölbter, sich zuspitzender Schneide zu sein; der Griff ist abgebrochen und die Spitze gebogen. Aehnliche Formen sind aus wendischen Skelettgräbern und Burgwällen bekannt (vgl. Jahrb. 58, S. 219).

Am südlichen Ende fand sich zwischen den Steinen eine starke Brandschicht, welche schon 50 cm unterhalb der oberen Kante der Tragsteine begann und fast bis auf die Lehmdiele hinabging, auch über den Grabraum hinauf sich in die aufgeschichtete Wandung hinzog. In dieser Brandschicht lagen Scherben eines stark gebrannten Gefäßes, das mit Horizontalriefeln verziert war und einen nach außen gebogenen Rand hatte, in dem unverkennbaren Charakter wendischer Keramik. Auf der Schicht lagen die ziemlich recent aussehenden Knochen eines Pferdes. Nun erklärt sich die Gestaltung des südlichen Theils. Um in die Kammer gelangen zu können, wurde der Eingangsstein herabgewälzt und sodann auch durch Entfernung des südöstlichen Tragsteins mehr Raum geschaffen, der wohl auch zum Entweichen des Rauches nöthig war. Wahrscheinlich diente die Kammer jenen Wenden nur zum Aufenthalte, nicht als Grabraum, wenigstens sind menschliche Gebeine nicht beobachtet. Die Decksteine sind damals wohl unberührt geblieben und erst in neuerer Zeit entfernt, denn ein neben der Kammer liegender Block, ebenso ein Tragstein, zeigen Sprenglöcher.

Um dem Grabe seine Stellung unter den meklenburgischenSteinzeitfunden anzuweisen, betrachten wir zunächst die

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Geräthtypen. Die Art ist von einer Form, wie sie sich gleich oder sehr ähnlich in Hünengräbern mehrfach findet. Wir haben sie von Tatschow, Dobbin, Vietlübbe, Malchin und Stuer, auch das unten zu besprechende Stück von Blengow ist nahe verwandt. So weit die Fundberichte ein Urtheil gestatten (die meisten jener Funde entstammen Gräbern, die nicht sachgemäß ausgebeutet sind), gehören die Gräber alle in dieselbe Kategorie wie das besprochene, die der megalithischen Steinkammer.

Die Grundform ist weit verbreitet: es gehören hierhin die dänischen Formen S. Müller, Ordning I, 107, und Madsen, Aarbøer 1891, S. 310 und 311. 1 ) Daß dieser Typus eine Weiterentwickelung eines älteren scharfkantigen (S. Müller, Ordning, 72-75) ist und in eine jüngere Periode, die besonders durch die jütischen Einzelgräber, Gruppe III, charakterisirt wird, fällt, hat Müller, Aarbøer 1898, S. 245, ausgeführt. In Schleswig=Holstein findet er sich ebenfalls in gut charakterisirten jungsteinzeitlischen Muldengräbern und Ansiedlungen (Mestorf, Mitth. d. anthrop. Gesellsch. von Schleswig=Holstein, Hefte 5 und 12). Aus der Provinz Brandenburg (West=Havelland) stammt ein ähnliches Stück (Voß=Stimming, Vorgesch. Alterth. von Brandenburg I, 3, Abth. 2), und auch der Axthammer des Brandgrabes von Warnitz i. d. Neumark (Goetze, Ztschr. f. Ethnol. 1892, S. 178) steht der Form nahe; 2 ) in Bylan in Böhmen ist ein gleicher in "liegenden Hocker"=Gräbern mit "thüringischen" Amphoren und Schnurbechern, in denen aber auch schon Kupferringe auftraten, gefunden (Pic, Cechy predhistorické, Tafel III, 11). Diese Funde stimmen darin zusammen, daß sie stets einem jüngeren Abschnitte der Steinzeitkultur des betreffenden Landes angehören. Dem verführerischen Gedanken, daß sie einem Volke oder doch einer Kulturbewegung angehören, die die Flachgräber nach dem Norden gebracht hat, wollen wir hier nicht nachgehen; auf die große Aehnlichkeit des Cramoner Grabes in der Ausstattung mit den jütischen Einzelgräbern (Axt, Keil, querschneidige Pfeilspitzen, S. Müller, a. a. O. S. 215) sei aber doch hingewiesen, und diese dänischen Gräber schließen sich durch Axtform und Keramik (Weiter=


1) Noch genauer wie das Cramoner Stück entspricht die Axt aus einem zerstörten Hünengrabe bei Dobbin (2124, Jahrb. 11, S. 347) dem dänischen Typus.
2) Fast ganz gleich der Warnitzer ist eine Axt von Gnoien (1097, Jahrb. 8 B., S. 33) "aus einem Hünengrabe", leider ohne genauere Fundangabe.
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entwickelung des Schnurbechers), durch das Bindeglied des Warnitzer Grabes der thüringischen Schnurkeramik an.

Folgen wir der Montelius'schen Eintheilung der Steinzeit, (Månadsblad 1893), so würde der Typus seiner Periode III angehören.

Daß die Form des Feuersteinkeils die gewöhnliche in den Steinzeitgräbern ist, ist bekannt (s. u. a. Jahrb. 63, S. 34 und Goetze, Berliner Ztschrft. für Ethnologie 1900, Verhandlungen S. 153. 1 ) Sie bestehen auch fast immer aus demselben grauen Gestein; daß auch diese Geräthform im Wesentlichen jüngeren Abschnitten der neolithischen Periode angehört, hat für Dänemark Sophus Müller, für Norddeutschland Goetze (a. a. O.) wahrscheinlich gemacht.

Die Thongefäße. Leider ist die Anzahl nur gering, und es sind von keinem so viele Reste erhalten, daß eine Zusammensetzung möglich wäre; ja, nach der Erhaltung scheint es, daß die Gefäße gar nicht vollständig dem Beerdigten mitgegeben sind, sondern es sich nur um Scherben handelt, die bei der Grabceremonie eine Rolle gespielt haben. Bei der hohen Bedeutung, welche gerade die Keramik als Bestimmungsmittel für zeitliche Zusammenhänge hat, rechtfertigt sich ein genaueres eingehen.

Scherbe mit Verzierung

a) Aus dem ersten (südlichen) Begräbnisse: eine größere Scherbe; Randstück, schwarzbraun. Unterhalb des Randes ist ein dreifaches Band von spitzwinkligen Zickzackdoppellinien, welche in Tiefstich ausgeführt sind. Für die Form des Gefäßes bietet die Scherbe keinen Anhalt; die Verzierung ist in den Megalithgräbern häufig. Vgl. die Nachweise Jahrb. 63, S. 80 und 64, S. 113 und sehr zahlreiche Beispiele aus Ganggräbern bei Madsen, Gravhøje fra Stenalderen.


1) Den Ausdruck "Hacken" für die sehr häufigen unsymmetrisch gestalteten kann ich mir aber nicht aneignen, da die Form der Schneide darauf hinweist, daß diese Geräthe zum großen Theil als Schab= oder Glättinstrumente benutzt sind.
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Scherbe mit Verzierung

b) Aus dem mittleren: eine Anzahl einfacher und formloser Scherben brauner Färbung; außerdem ein größeres Randstück, hellbraun, verziert mit einer Doppelreihe von kleinen, halbmondförmigen Einstichen, von denen in Abständen von 2cm Streifen von paarweisen Halbmonden senkrecht nach unten gehen. Auch dieses Ornament ist nicht neu, sondern kommt sehr ähnlich auch sonst in unsern Megalithgräbern vor, so in dem unserm Grabe auch sonst ähnelnden von Remlin, ebenso wie in der dänischen Ganggräberkeramik (z. B. Madsen, Gravhøje XI, aa).

c) Aus dem nördlichen Begräbnisse: Der Rest eines Henkelgefäßes mit leicht eingezogenem Rande und scharfer Kante zwischen Rand und Wandung; diese biegt sich in starker Wölbung nach unten; unter dem Rande sitzt ein Henkel; unverziert; braun. Die Form ist sehr wahrscheinlich die im Jahrb. 63, S. 80 und 81 besprochene Schalenform, wie wir sie aus dem Hünengrabe von Tatschow und von der Ostorfer Seeinsel haben (vgl. auch unten S. 128, das zweite Gefäß von Blengow). In Dänemark finden sich sehr ähnliche Schalen in den "Ganggräbern" (S. Müller, Ordning I, 220 und 222); bei Lübeck in dem berühmten Grabe von Waldhusen (Freund, Lübecker Festschrift 1897, Tafel II, Fig. 5); in Hannover in Megalithkammern (z. B. Haltern bei Osnabrück; Müller und Reimers, Alterthümer der Provinz Hannover IV, 35). Analogien mit brandenburger und schlesischen Funden giebt Goetze a. a. O. 1900, S. 170, aus denen sich auch die Zeitstellung jener Schalen als (ältere? Genossen der "Bernburger" und "Rössener" keramischen Gruppe ergiebt. Das stimmt durchaus mit den Beobachtungen in Dänemark überein, denn auch die Ganggräber gehören in einen späteren Abschnitt der neolithischen Periode, ebenso wie die von Goetze besprochenen Typen.

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Die Grabform ist die bei weitem häufigste unter unseren Hünengräbern, die große (mit mehreren Decksteinen versehene) Grabkammer mit einem Eingange an einer Seite und ohne Gang. Der Erdauftrag ging fast bis zur Höhe der Tragsteine und diente dazu, sie in ihrer Lage zu halten. Zu der oft ausgesprochenen 1 ) Annahme, daß der Erdmantel auch die Decksteine bedeckt hätte, liegt hier ebenso wenig ein Grund vor, wie in den zahlreichen anderen Fällen, von denen hier nur auf die sehr ähnlichen Gräber von Alt=Sammit (Jahrb. 26, S. 115 flgd.) und Zarnewanz I (Jahrb. 64, S. 111) hingewiesen sein mag; die in einem Hügel gelegenen, ganz bedeckten Gräber, wie die unten zu besprechenden von Blengow und Gresse, gehören späteren Perioden an. Der Mangel ausreichender Untersuchungen drängt sich bei solchen Versuchen, eine fachliche und zeitliche Ordnung unserer Denkmäler vorzunehmen, immer wieder auf; es kann also nur als Vermuthung gelten, wenn wir folgende Reihenfolge als wahrscheinlich voraussetzen: I. Einfache Steinkammer im Boden mit freiliegendem Deckstein (z. B. Zarnewanz II; Jahrb. 64, S. 116). 2. Große Steinkammer, freistehend auf dem Urboden mit frei liegenden Decksteinen (Cramon u. s. w.). 3. Steinkammer, überdeckt von einem Hügel (Blengow u. s. w.), dem Typus der Ganggräber entsprechend. Durch das Fehlen des Ganges unterscheiden sich die großen meklenburgischen Hünengräber von den großen skandinavischen Grabbauten, den dänischen "Riesenstuben" (jättestuer), bei denen der aus großen Blöcken geschaffene Eingang einen so wesentlichen Bestandtheil bildet, daß die schwedischen Archäologen sie als "Ganggräber" (ganggrifter) zu bezeichnen pflegen. Anlage und Ausstattung der meklenburgischen Hünengräber aber stimmt so mit den nordischen Ganggräbern überein, daß eine zeitliche Zusammengehörigkeit zweifellos ist. Doch auch hier finden sich charakteristische Unterschiede: in Meklenburg sind in Megalithgräbern viel häufiger als in Dänemark durchbohrte Aexte aus Diorit oder ähnlichem Gestein, fehlen dagegen die künstlichen Dolche und Messer aus Feuerstein noch ganz. Wenn demnach die große Masse unserer Megalithgräber


1) So versichert Cartailhac, la France préhistorique S. 181 u. flgd. bestimmt, daß die französischen Dolmen sämmtlich eine Erd= und Steinbedeckung gehabt hätten, führt aber keine Beweise an. Ich glaube, daß es für jeden, der selbst auf dem festgefügten, ganz freistehenden Steinhause von Crucunno (Bretagne, Morbihan) gestanden hat, sehr starker Beweise bedürfen wird, nicht an die Ursprünglichkeit solcher Anlagen zu glauben.
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der nordischen Periode der Ganggräber entspricht und in Montelius, Periode III der Steinzeit (Manadsblad 1893) fallen wird, so deckt die mecklenburgische Steinkammerzeit sich doch nicht mit dieser skandinavischen Periode (dort sind gerade die Dolche eine Charakterform der Ganggräber), sondern scheint etwas älter zu sein. Wollen wir die relativen Begriffe "alt" und "jung" anwenden, so werden wir aber immerhin die Gräber des Cramoner Typus als jungneolithisch bezeichnen müssen. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß sie an das Ende gehören. Wir werden über noch jüngere, aber immer noch steinzeitliche Gräber unten bei Gresse und Wiligrad zu reden haben.

Es erübrigt noch ein sekundäres Vorkommniß zu erwähnen. Am Ende der Kammer fehlte, wie schon gesagt, der Kragstein, und es fand sich eine wendische Kulturschicht. Wir haben hier also ein Beispiel für die Benutzung eines steinzeitlichen Grabes in sehr viel späterer Zeit; anscheinend ist hier ein Tragstein entfernt und so der Zugang geschaffen. Der Grund des Grabes ist, wie die Ausgrabung zeigte, unberührt geblieben. Aehmliche Verhältnisse haben sich bei dem Hünengrabe von Remlin und einem der Moltzower gezeigt. Daß es noch immer nicht genügt, derartige an sich ja ganz selbstverständliche Erscheinungen, wie die späterer Benutzung einer steinzeitlichen Grabanlage, hier also in der Wendenzeit, einfach zu registriren, hat erst vor kurzem die Behandlung gezeigt, welche in den Bonner Jahrbüchern die westphälischen Hünengräber gefunden haben.