zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Geschichte

des

Landes-Postwesens

in Meklenburg-Schwerin.

 

Nach amtlichen Quellen bearbeitet
von

C. Moeller,

Ober=Postdirektionssekretär.

 

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

I m Laufe des Jahres 1896 war der Verfasser von dem Vorsteher der hiesigen Kaiserlichen Ober=Postdirektion, Herrn Ober=Postdirektor Hoffmann, beauftragt worden, in dem Großherzoglichen Geheimen= und Hauptarchiv Material zu einer Geschichte des früheren Landespostwesens in Meklenburg=Schwerin zu sammeln. Es war für eine Denkschrift bestimmt, deren Herausgabe bei der Eröffnung des neuen Schweriner Reichs=Postgebäudes geplant war und die inzwischen im April 1897 im Druck erschienen ist. Bei den Nachforschungen im Archive ergaben sich so ausführliche aktenmäßige Nachrichten über das Meklenburgische Landespostwesen seit dem Anbeginn der Einrichtung der Posten in Meklenburg, daß deren Verwerthung die für die Denkschrift gezogenen Grenzen überschritten haben würde, Der Herr Ober=Postdirektor entschied sich daher dafür, bei der Wiedergabe geschichtlicher Nachrichten in der von ihm herauszugebenden Denkschrift sich auf die örtliche Schweriner Postgeschichte zu beschränken. Er gab aber dem Verfasser die Anregung, die große Fülle des übrigen Materials für eine umfassendere Darstellung der Geschichte des Landespostwesens in Meklenburg=Schwerin zu verarbeiten. So ist die gegenwärtige Arbeit entstanden. Sie ist nicht allein für den Fachmann geschrieben. Der Verfasser hat sich bestrebt, zum besseren Verständniß des Stoffes auch für größere Kreise, posttechnische Einzelheiten, die lediglich für den Fachmann Interesse haben, nur insoweit zu berühren, als es der Gang der Darstellung erforderte. Deshalb darf gehofft werden, daß die Arbeit auch für den Kulturhistoriker einiges Interesse bieten wird.

Außer dem aktenmäßigen Material sind für die vorliegende Darstellung die beiden verdienstvollen Arbeiten des Oberpostamts=Direktors Flügge "Lose Blätter aus der Rostocker Postchronik" und "Die Meklenburg=Hamburger Postkurse" benutzt worden.

Schwerin, im Oktober 1897. C. Moeller.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  Seite
Einleitung 1
I. Botenanlagen in Meklenburg 4
  1. Die Botenanlagen der Herzöge von Meklenburg 5
  2. Der Danziger Bote in Meklenburg 13
II. Einrichtung eigener und fremder Postanlagen in Meklenburg (Von 1645 bis 1701) 17
1. Eigene herrschaftliche Posten 17
    a) Postanlagen im Herzogthum Meklenburg=Schwerin 23
    b) Postanlagen im Herzogthum Meklenburg=Güstrow. 33
2. Fremde Posten in Meklenburg und ihr Verhältniß zur Landespost 53
    a) Brandenburgische Posten 53
    b) Hamburger Posten 62
c) Schwedische Posten 69
d) Lübecker Posten 82
3. Allgemeiner Zustand der Postanstalt 85
III. Das Postwesen in Meklenburg=Schwerin von 1701-1785 95
  1. Die Landespost in Meklenburg=Schwerin 95
    a) Unter Herzog Friedrich Wilhelm (1701-1713) 95
    b) Unter Herzog Carl Leopold (1713-1735) 107
    c) Unter der Administration des Herzogs Christian Ludwig (1735-1747) 129
    d) Unter Herzog Christian Ludwig (1747-1756) 138
    e) Unter Herzog Friedrich (1756-1785) 144
  2. Fremde Posten in Meklenburg=Schwerin 164
    a) Brandenburgisch-Preußische Postkurse 164
    b) Hamburger Posten 179
    c) Schwedische Posten 186
    d) Lübecker Posten 198
  3. Allgemeiner Zustand der Postanstalt 200
IV. Das Postwesen in Meklenburg=Schwerin von 1785 bis 1842 247
  1. Die Landespost in Meklenburg=Schwerin 247
    a) Unter Herzog, nachmaligem Großherzog Friedrich Franz I. (1785-1837) 247
    b) Unter Großherzog Paul Friedrich (1837-1842) 291
  2. Fremde Posten in Meklenburg=Schwerin 294
    a) Preußische Postkurse 294
    b) Hamburger Posten 300
    c) Schwedische Posten 301
    d) Lübecker Posten 303
  3. Postverhältnisse zu Meklenburg=Strelitz 307
  4. Allgemeiner Zustand der Postverwaltung 314
V. Das Postwesen in Meklenburg=Schwerin von 1842 bis 1867 329
Anlagen 346
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Geschichte des Landespostwesens
in Meklenburg-Schwerin.

Von Ober=Postdirectionssecretär C. Moeller.
~~~~~~~~~~
Vignette

D ie Entwicklungsgeschichte des ehemaligen Landespostwesens in Meklenburg-Schwerin bildet ein getreues Spiegelbild der politischen und wirthschaftlichen Entwicklung des Landes.

Letztere vollzog sich seit dem 17. Jahrhundert unter schwierigen Verhältnissen. Langwierige Zwistigkeiten zwischen Fürsten und Ständen untergruben das Ansehn und die politische Stellung Meklenburgs gerade zu einer Zeit, als die Nachbarstaaten nach dem dreißigjährigen Kriege den Grundstein zu ihrer späteren Größe legten. Die inneren Wirren im Lande ließen die wirthschaftlichen Verhältnisse nicht zu ruhiger Entfaltung gelangen, sodaß Meklenburg jahrzehntelang des erforderlichen Rückhalts entbehrte, der es bei dem Aufstreben der Nachbarstaaten vor der Erdrückung zu bewahren vermochte. Deshalb konnte es nicht ausbleiben, daß Brandenburg, Hannover, Dänemark und Schweden, unbekümmert um die staatliche Selbständigkeit Meklenburgs, ihre langdauernden Kämpfe um die Vorherrschaft in Niederdeutschland wiederholt auf meklenburgischem Boden ausfochten, daß fremde Staaten, voran Preußen und Hannover, handelnd in die inneren Landesverhältnisse eingriffen und zum Entgelt für ihre Vermittlerrolle meklenburgisches Gebiet in Besitz hielten, daß endlich Meklenburg durch die Leiden des siebenjährigen Krieges an den Rand wirthschaftlichen Untergangs kam.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 2 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zwiespalt im Innern und verderbliche Einflüsse von außen, das waren in der Hauptsache die Krebsschäden, welche länger als ein Jahrhundert an dem Mark des meklenburgischen Staatslebens zehrten, bis schließlich am Ausgange des vorigen Jahrhunderts geordnete Verhältnisse eintraten, die fremden Einflüsse mehr und mehr verschwanden, und für Meklenburg sowohl in politischer als in wirthschaftlicher Beziehung eine neue, bessere Zeit anbrach, wenn es auch noch vieler Mühe und jahrelanger Arbeit bedurfte, um die Spuren des einstigen Niedergangs zu verwischen.

Denselben Entwicklungsgang machten die Postanlagen in Meklenburg durch.

Zwar waren auch in Meklenburg die Herzöge Adolf Friedrich von Meklenburg-Schwerin und Gustav Adolf von Meklenburg-Güstrow bald nach dem dreißigjährigen Kriege bestrebt gewesen, das schwer heimgesuchte Land wieder emporzubringen und den darniederliegenden Handel und Verkehr namentlich durch Einrichtung eigener Postanlagen zu heben.

Aber wenn auch die Landesposten Wurzel faßten, so konnten sie doch lange nicht zu rechter Entfaltung gelangen, weil infolge der politischen Ereignisse die Ruhe des Landes bis über die Mitte des vorigen Jahrhunderts hinaus gestört war. Dazu kam, daß fremde Staaten, vor Allem Brandenburg-Preußen und Schweden, von Anfang an gerade auf den Hauptverkehrsstraßen im Süden und Norden wichtige Postkurse durch Meklenburg leiteten, welche trotz aller Bemühungen der Herzöge in Meklenburg festen Fuß faßten und, wenn sie auch dem Lande als Ganzem von Nutzen waren, doch eine erdrückende Konkurrenz zum Nachtheil der Landesposten ausübten.

Und wie die politische Entwicklung Meklenburgs auch durch innere Wirren gehemmt wurde, so entstand in ähnlicher Weise den jungen Postanlagen der Herzöge auf dem Lande selbst ein schlimmer Feind in dem weitverzweigten Fuhrgewerbe, welches bisher schlecht und recht den Landtransport vermittelt hatte und nun nach Einrichtung der Posten unter dem Schutze der Landstände und der Seestädte Wismar und Rostock jahrelang den Wettbewerb mit den Landesposten aufnahm, ohne daß der Einfluß der Herzöge vermocht hätte, die Posten von dieser Konkurrenz frei zu machen. Erst am Schlusse des vorigen Jahrhunderts begann ein allmähliches Zurückweichen der fremden Posten aus dem Lande. Ebenso trat der Wettbewerb des Fuhrwesens mehr und mehr in den Hintergrund. Nur die preußischen Posten im

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 3 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Süden Meklenburgs blieben in altem Umfange von Bestand; aber ihre Konkurrenz machte sich von Jahr zu Jahr weniger fühlbar, weil die Neuzeit mit ihren umfassenderen Verkehrsbeziehungen den Posten neue Aufgaben zuwies, vor denen jeder Gedanke an eine Rivalität zwischen meklenburgischen und preußischen Posten zurücktreten mußte.

Die zahlreichen gleichartigen Momente, welche in der Geschichte Meklenburgs und der seiner Landesposten seit dem Ausgange des dreißigjährigen Krieges bis zur Neuzeit in die Erscheinung treten, sind an sich schon geeignet, der Entwicklungsgeschichte unseres heimischen Postwesens das allgemeine Interesse zuzuwenden; in noch höherem Maße dürfte das Interesse für die Landespost aber deswegen rege werden, weil in ihrer Entwicktungsgeschichte ihr hoher Werth als Wirthschafts- und Kulturelement zu Tage tritt, und die mannigfachen Wechselwirkungen zwischen den politischen und wirthschaftlichen Bewegungen früherer Zeiten ihren sprechenden Ausdruck in der jeweiligen Gestaltung und den Erträgnissen der Landesposten finden.

Und last not least , die Postgeschichte von Meklenburg-Schwerin liefert leider auch den Beweis, daß bis in dieses Jahrhundert hinein das Interesse an öffentlichen Fragen wie in anderen deutschen Staaten ebenso auch in Meklenburg an den Landesgrenzen halt machte, daß über der einseitigen Interessenspolitik der einzelnen deutschen Regierungen der Sinn für allgemeine deutsche Interessen in den Hintergrund treten mußte, bis die neuere Zeit mit ihren größeren politischen Fragen und ihrem umfänglicheren Wirthschaftsbetriebe der Zersplitterung Deutschlands ein Ende bereitete.

Die ehemalige Landespost in Meklenburg-Schwerin hat schon vor annähernd 30 Jahren aufgehört zu bestehen. Manche der Zeitgenossen werden sich ihrer noch erinnern als eines Zeugen der alten Territorialherrlichkeit Meklenburgs in unlängst entschwundener Zeit; für sie wie für die Jüngeren, welche nur das gewaltige Wirken der deutschen Reichspost beobachten konnten, wird der Rückblick auf frühere Kulturzustände des Landes und der dadurch ermöglichte Vergleich des Verkehrs- und Beförderungswesens von sonst und jetzt nicht ohne Interesse sein.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

I. Botenanlagen in Meklenburg.

Die Vorläufer der staatlichen Posten waren Boteneinrichtungen.

Wie in den übrigen deutschen Landen bestanden auch in den meklenburgischen Herzogthümern vor der Errichtung staatlicher Postanlagen bis in das 17. Jahrhundert hinein Botenanstalten, die den Korrespondenzverkehr und Nachrichtendienst im Lande und nach auswärts vermittelten. Sie waren indessen keine Postanlagen im heutigen Sinne des Worts, sondern Verkehrsanstalten, welche einseitig oder doch wenigstens in erster Linie und fast ausschließlich Privatinteressen dienten, nämlich denen der Herzöge von Meklenburg und denen der Kaufmannschaft in den Seestädten Rostock und Wismar. Sonstige Botenanlagen von einiger Bedeutung bestanden in Meklenburg nicht. Daß, wie es in Süddeutschland und am Rhein der Fall war, nicht noch andere Kreise der Bevölkerung ein Bedürfniß nach derartigen Botenanlagen hatten, war in der geschichtlichen und wirthschaftlichen Entwicklung Meklenburgs begründet.

Die süd- und westdeutschen Staaten erfreuten sich bereits Jahrhunderte lang, bevor Meklenburg als deutsches Reichsland in der Geschichte auftritt, während wichtiger Epochen der deutschen Kaiserzeit einer hohen Kultur; Handel und Verkehr, Künste, Kunstgewerbe und Wissenschaften standen in reicher Blüthe - hier waren gut entwickelte, weit verzweigte Verkehrs= und Botenanlagen zur Verbindung mit nah und fern Lebensbedürfniß für alle Schichten der Bevölkerung in Stadt und Land.

Wesentlich anders lagen die Verhältnisse in den meklenburgischen Herzogthümern.

Abseits der großen Verkehrsstraßen des mittelalterlichen Welthandels belegen, war Meklenburg erst im 12. Jahrhundert der deutschen Kultur erschlossen worden. Mehrere Jahrhunderte erforderte es, bis sich die völlige Verdrängung der einheimischen slavischen Bevölkerung oder ihre Verschmelzung mit der eingewanderten deutschen Bevölkerung vollzogen hatte. In sich abgeschlossen und an den großen Ereignissen der deutschen Geschichte wenig theilnehmend, gelangte Meklenburg nur zu einseitig wirthschaftlicher Entwicklung. Ackerbau und Viehzucht bildeten bis in die neuere Zeit hinein die Hauptnahrungszweige seiner Bevölkerung; Handel und Verkehr blühten nur in den Städten,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 5 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

besonders in den alten Hanseorten Rostock und Wismar und in den Landstädten Güstrow, Parchim und Neubrandenburg; Kunst, Kunstgewerbe und Wissenschaften erhoben sich nur zeitweilig und stellenweise über das Maß des Alltäglichen.

Bei derartigen allgemeinen Verhältnissen fehlten in Meklenburg alle diejenigen Voraussetzungen fast vollständig, welche in Süddeutschland und am Rhein schon frühzeitig Handel und Verkehr zur Entfaltung gebracht und Fürsten, Städten, Korporationen und Privaten Anlaß gegeben hatten, die für ihre Beziehungen nach außerhalb nothwendigen Verkehrseinrichtungen - postähnlich gestaltete Botenanlagen - zu schaffen und dergestalt zu vervollkommnen, daß sie weit und breit als Musteranstalten angesehen wurden.

In Meklenburg hatte lediglich das Fürstenhaus und die Kaufmannschaft in den Städten, vor allem in Rostock und Wismar, ein Interesse an dem Bestehen einer Boteneinrichtung. Thatsächlich besaßen auch beide Faktoren eigene Botenanstalten, denen in ihrer Organisation und Leistungsfähigkeit allerdings manche Mängel anhafteten, die aber bei dem Fehlen besserer Einrichtungen dem Bedürfniß genügten, und die ihren Betrieb erst mit der Einrichtung selbstständiger staatlicher Postanlagen einstellten.

Für die breiteren Schichten der Bevölkerung besorgten wandernde Mönche, reisende Kaufleute, herumziehende Metzger, Frachtfahrer, Handwerksgesellen und sonstige fahrende Leute Briefe und Nachrichten von Ort zu Ort - aber wie es um die Zuverlässigkeit der Boten und die Sicherheit für die Besorgung der Sendungen bestellt war, kann nicht zweifelhaft sein. Trotzdem erhielt sich die gelegentliche Beförderung von Briefen u. s. w. im Reiseverkehr bis in die neuere Zeit hinein, denn zahlreiche landesherrliche Verordnungen untersagten noch in diesem Jahrhundert bei hoher Strafe den Kaufleuten und Frachtfahrern, zum "praejudiz" des inzwischen statuirten Postregals Briefe u. s. w. zur Beförderung anzunehmen.

1. Die Botenanlagen der Herzöge von Meklenburg.

Ueber die Botenanlagen der Herzöge von Meklenburg ist in den zahlreichen Akten und Urkunden des Geheimen und Hauptarchivs zu Schwerin eine Fülle schätzbaren Materials enthalten, welches in Verbindung mit sonst in Büchern und Schriften zerstreuten Nachrichten es ermöglicht, ein anschauliches Bild von der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 6 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Organisation und dem Betriebe der Botenanstalten zu gewinnen. Die noch vorhandenen Nachrichten über Leistungen von Botendiensten durch berufsmäßige Boten reichen bis in den Anfang des 16. Jahrhunderts zurück. Damals war das Land in die zwei Theile Meklenburg-Schwerin und Meklenburg-Güstrow gespalten. Die Fürsten beider Landestheile hatten ihre gesonderten Boteneinrichtungen, die den alleinigen Zwecken der Herzöge und Regierungen dienten. Auch einzelne herzogliche Behörden nahmen eigene Boten in den Dienst; für das Kirchengericht und Consistorium in Güstrow wurden z. B. durch die Kirchengerichts- und Consistorienordnung von 1570 zwei besondere Boten bestellt.

Nach den vom Beginne bes 16. Jahrhunderts ab noch vorhandenen Rechnungen der herzoglichen Rentereien in Güstrow und Schwerin, in denen unter der Abtheilung "Botenlohn, Postgeld" u. s. w. die einzelnen Botengänge, das Ziel der Boten, die Dauer der Reise und die Botenlöhne aufgeführt werden, ist zu unterscheiden zwischen Boten, die mit Briefen im Lande, und Boten, die nach Orten außerhalb Meklenburgs zu laufen hatten. Botengänge ins Reich kommen in den Rechnungen sehr häufig vor, denn die Beziehungen zwischen Schwerin und Güstrow einerseits und Wien und Speyer andererseits waren dauernd sehr rege, da die inneren Angelegenheiten häufig die Intervention von Kaiser, Reichshofgericht und Reichskammergericht erforderlich machten.

Die Boten standen in unmittelbarem Dienste der Herzöge, leisteten für die pünktliche Erfüllung ihres Amtes den Boteneid 1 ) und führten deshalb die Bezeichnung "geschworene Boten". Vereinzelt kommt auch die Bezeichnung "Silberbote" vor; Herzog Johann Albrecht hatte 1571 einen Silberboten Nickel Kirchner nn Dienst, der, wie es auch in Brandenburg der Fall war, die herzogliche Korrespondenz in einer silbernen Kapsel beförderte.

Die geschworenen Boten führten in der Regel Aufträge außerhalb Landes aus, da deren Besorgung größere Sicherheit, mithin zuverlässige Leute erforderte. Im Lande wurden die nur ausnahmsweise auf Botengänge ausgesandt; sonst wurden für Botenreisen innerhalb Landes Personen verwendet, welche für jeden Botengang Bezahlung erhielten.


1) Nach der Kirchengerichtsordnung von 1570 hatte der Bote zu schwören, daß er den Commissarien des Consistorii gewärtig und gehorsam sein, ihre Botschaften und, was ihm jederzeit befohlen und übergeben werde, getreulich, förderlich und mit Fleiß auszurichten, und dem Notario derwegen gebührliche Relation zu thun, d. h. Meldung von seinem Botengange zu erstatten.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 7 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Schon am Ende des 16. Jahrhunderts kommt in den Rechnungen der Ausdruck "Postbote" vor, eine aus dem Reiche übernommene Bezeichnung, welche nur auf das Amt der Boten, die Bestellung der herzoglichen Korrespondenz, hindeutet, mit regelmäßigen Posten aber sonst nichts gemein hat.

Die geschworenen Boten erhielten festes Einkommen, sowie Bekleidung und Schuhzeug. Als Zeichen ihres Amtes trugen sie auf der Brust ein metallenes (später auch silbernes) Schild 1 ) mit dem herzoglichen Wappen.

Die beiden Boten in Schwerin, Panthel Zeitz und Nickel Kirchner, erhielten nach der Hofgesindsbesoldung für das Jahr 1590/91 je

8 fl.
16 fl.
8 fl.
--  
Besoldung,
Monatsgeld,
Kleidung,
6 ßl. Hutgeld.

Aehnlich lagen die Verhältnisse in Güstrow, wo die Hofgesindsbesoldung für 1588/89 drei geschworene Boten aufführt.

Außer dem festen Einkommen erhielten die geschworenen Boten auch Lauf- und Zehrgeld. Dieses betrug zwischen 2 und 4 ßl. für die Meile und für Stilllager an Orten, wo die Boten verweilen oder auf Bescheid ("Verabschiedung") warten mußten, meistens 3 ßl. für den Tag; das Zehrgeld wurde den Boten nach der Rückkehr auf Grund des Botenzettels gezahlt, der Angaben über den Weg, die Dauer und Weite des Botenganges enthielt. Fürstliche Freigebigkeit entschädigte die Boten für die Beschwerlichkeit der Reise auch wohl noch in besonderer Weise, wie manche Vermerke in den Rentereirechnungen bezeugen.

Das Botenamt war deshalb verhältnißmäßig einträglich und, wie es scheint, sehr begehrt 2 ), zumal die Boten auch Befreiung von manchen bürgerlichen Lasten genossen 3 ).

Die Boten führten ihre Reise zu Fuß oder zu Pferde aus, die kürzeren Botengänge wurden meist zu Fuß zurückgelegt. Als Boten zu Roß werden in den Rechnungen in mehreren Fällen auch "Einspännige" erwähnt, es kommt diese Bezeichnung berittenen


1) Ein derartiges (silbernes) Schild (am Schluß dieses Abschnitts abgebildet) ist uns aus späterer Zeit (1743) erhalten. Es trug der letzte Reisebote der Schweriner Justizkanzlei bis zu seinem 1812 erfolgenden Tode.
2) Davon zeugt u. A. ein in den Akten des Archivs befindliches Gesuch an Herzog Ulrich von Meklenburg von 1578 (Nr. 2 des Anhangs).
3) Von einer derartigen Steuerbefreiung meldet auch ein Patent der Güstrow'schen Räthe von 1637 (Nr. 3 des Anhangs).
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 8 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

herzoglichen Dienern zu, welche eine den heutigen Amtslandreitern oder Gendarmen ähnliche Stellung bekleideten.

Die Aufsicht über die Boten war den Botenmeistern übertragen. Nach der Kanzleiordnung des Herzogs Johann Albrecht von 1569 hatte der Botenmeister "ein ordentlich Register zu halten und dar zu verzeichnen den Monatt vnd Tagk, auch Nahmen der personen, von Botten vnd Supplicanten, damit man wiße, wan vnd wer Briefe in die Cantzley vbergiebet, auch die nötigsten vmd eltesten Sachen schleunig vnd vor andern gefurdert und verabschiedet werden mögen." Auch sollte von dem Botenmeister "das was vor Mittag gefertiget, vmb zwölf den Parteien oder Botten zugestellet, was aber nach Mittagk verrichtet, zwischen vier vnd fünf außgetheilet werden. Desgleichen soll auch sein Befehlich sein, die Briefe, so durch die Amtsbotschaften zu bestellen, dem Hauptmann, Küchenmaister oder Landreiter zu behendigen vnd darauf den Monath, Tagk ond Stunde der Abfertigung zu zeichnen, damit zu befinden, ob vnd an wem es gemangelt, das die Briefe nicht zur rechten Zeit zur Stedte gekommen."

Besonderes Gewicht wurde, wie man sieht, auf die möglichst beschleunigte Abfertigung der Boten gelegt. Deswegen sollte auch der Kanzler "für schleunige Verabschiedung aller einkommenden Sachen sorgen, auch frembde Botten so fürderlich als immer muglich abgefertigett oder, so die sachenn wichtig vndt Vertzug haben, muß denselben Recognition Zettel gegeben werden. Vnser Cammersecretarius soll auch Vertzeichnus machen, vff welchen Tag Prieff, daran gelegen, abgefertigett werden, vnb ber Botten Namen und ReIationes vertzeichnen."

Die Kanzleiordnung Herzogs Hans Albrecht von Güstrow von 1612 bestimmte wegen des Botendienstes unter Nr. 35: "Der Botte so die Acta 1 ) entweder alßbaldt zurück bringet oder hernacher wieder holet, soll schuldig seinu, von den Urtheilfassern einen Zettell, darinn, wie viell tage er des Ortes aufwarten, und was er pro studio et labore geben vnd entrichten mußen, vorzeichnet sey, zu fordern, vnd neben den Acten unserem Kantzler oder Räthen einzuschaffen oder in Vnterlassung dessen seines Bottenlohnes verlustig sein."

Der Botendienst war schwer und wegen der Mangelhaftigkeit und Unsicherheit der Straßen nicht ohne Fährlichkeit. Die Boten führten daher ihre Reise bewaffnet aus, und es wurde bei


1) von den gutachtenden Universitäten.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 9 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ihrer Auswahl auf körperliche Rüstigkeit und Gewandtheit besonderes Gewicht gelegt; dabei mußten sie verstehen, sich je nach Lage der Umstände und im Verkehr mit Personen aller Kreise geschickt und anstellig zu benehmen. Die Reisen der Boten dehnten sich oft weit aus und dauerten zuweilen Monate lang.

So sandte gelegentlich der in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zwischen den meklenburgischen Herzögen und Rostock ausgebrochenen Zwistigkeiten Herzog Johann Albrecht drei Boten an die Höfe mehrerer Reichsfürsten ab. Der erste Bote ging zum Markgrafen von Anspach, dem Pfalzgrafen zu Zweibrücken, dem Herzog von Bayern und dem Erzherzog von Oesterreich zu Innsbruck, und legte 158 Meilen zurück; 21 Tage lag er auf der Reise still; er erhielt als Entschädigung 15 fl. 16 ßl., d. h. für die Meile 2 ßl. und für je 1 Tag Stilllager 3 ßl. Der zweite Bote lief zum Herzog von Jülich, den Erzbischöfen zu Cöln und Trier und legte 126 Meilen zurück. Er bekam (einschl. für 8 Stilllager) 11 fl. 12 ßl. Der dritte Bote war zum Herzog von Lüneburg, Herzog von Braunschweig, Landgrafen von Hessen, Erzbischof zu Mainz, Herzog von Württemberg 106 Meilen unterwegs und bekam 9 fl. 13 ßl. (einschl. für 5 Stilllager).

Von der Beschwerlichkeit des Botendienstes berichtet eine Eintragung der Güstrower Renterei-Rechnungen von 1617/18: "Einem Boten Hans Wintern so mit Notificationschreiben an den Bischof nach Bremen geschickt gewesen, und von dar in Frießlandt lauffen müssen, vor 54 Meilen, für die Meile 4 ßl., weil er in Waßer waden müssen, vnd 9 Tage Ligegeldt, den 2. December ünd 19. Januar (d. h. vom 2. December 1617 bis 19. Januar 1618 unterwegs) - 10 fl. 13 ßl."

In Zeiten kriegerischer Ereignisse erhöhten sich naturgemäß die Beschwerlichkeiten der Reise, da die Boten häufig Umwege machen mußten, um an den Ort ihrer Bestimmung zu gelangen. Das war besonders im dreißigiährigen Kriege der Fall, wo Ueberfälle und Beraubungen der Boten nicht zu den Seltenheiten gehörten. Von dem Kammerboten Hans Durst in Schwerin, welcher im Jahre 1636 eine Botenreise ins Reich auszuführen hatte, ist ein Reisebericht aufbewahrt worden, in welchem er seine Reise folgendermaßen beschreibt: "VOrzeichnus wie ich habe geloffen. Erstlich nach Hilsem (Hildesheim) ist 30 Meillen, die Meillen 4 ßl., Zu Hilsem habe ich 10 Dage warten mussen vndt ich mein Abbeschett (Abschied) in den 10 Dagen nicht bekommen, ist die General aufgezogen nach dem Churfürsten von Sachsen, habe ich inen nach loffen mussen von Hilsem nach Gardeleuen,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 10 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sind 8 Meillen, von Gardeleuen nach Clötz, seindt 3 Meillen, von Clötz nach Soltwedell, sindt 3 Meillen (einen Dag warten mussen), weider her bin ich auf Dannenberg zu kommen, seindt 10 Regementer sachgesch (sächsisch) Folk durchgezogen, das ich habe nodtwendig 4 Tage warten rnost, also ich habe meine Abfertung bekommen gehabt zu Solltwedell, vndt auf der Hinreisse habe ich zu Löuenburg (Lauenburg) 5 Dage nodtweindig warten most wegen des Schwedischen Folkes, an Fergeldt hin vndt her 3 ßl. gegeben. An Meillen 51. Wie ich zu Schwerin bin kommen, habe ich das Beschet nach butzow bringen most. Habe ich auf die Reisse endtpfangen 3 Rthl." (Durst erhielt darauf bei seiner Rückkunft noch 3 Rthl. 21 ßl. ausgezahlt.)

Die Boten hatten in erster Linie Briefe zu bestellen, zuweilen aber auch andere Sachen zu befördern. Jürgen Möller, Bote zu Güstrow, hatte z. B. im Jahre 1588 von Lübeck "etlichs Seidengewandt" zu überbringen und erhielt für 9 Meilen 18 ßl. und für 1 Stilllager 3 ßl., zusammen 21 ßl.

Von dem Empfänger des Briefes mußte der Bote ein Recepisse zurückbringen, was in kriegerischen Zeiten allerdings nicht immer möglich war. so kam Jürgen Bachow, der im Jahre 1637 mit einem fürstlichen Mandat an den Pensionarius zu Klenowhof (Kleinow) geschickt war, ohne eine Empfangsbescheinigung zurück; er erhielt 1 fl. für die Reise, weil er "Vnsicherheit halber, weil die Kayserl. armée an dero Oerter gelegen, nicht billiger lauffen wollen" und berichtet nachher "in seiner Wiederkunft den kleglichen Zustand selbigen Hoffes, und daß der pensionarius mit seiner Frawe barfuß vnd nackend gangen, auch wegen Mangel Black (Tintenpulver) vnd Papier kein recepisse gebracht."

Wie aus der ganzen Einrichtung der Botenanlagen sich fast von selbst ergiebt, konnte es mit der Pünktlichkeit und Sicherheit der Botenleistungen nicht immer zum Besten bestellt sein; die Persönlichkeit der Boten, die Unsicherheit der Landstraßen, die Langsamkeit der Beförderung und, äußere Zufälligkeiten vielerlei Art machten manchen Botengang erfolglos. Kam es doch nicht selten vor, daß Boten, welche mehrere Briefe auf ihrer Reise zu bestellen hatten, aus irgend einer Ursache behindert waren, den einen oder anderen Brief selbst zu bestellen und deshalb unterwegs eine andere Gelegenheit zur Beförderung des Briefes suchen mußten. Auch viele Mißbräuche hatten sich eingeschlichen, indem die Boten unterwegs Briefe dritter Personen gegen Entgelt bestellten, Aufträge nach auswärts ausrichteten und so dem eigentlichen Zweck ihres Amtes abwendig wurden. Die Kanzleiordnung des Herzogs

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 11 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Karl von 1605 verbot zwar diesen Mißbrauch: "Weil auch vermerket, daß an Zeiten unter den praetext fremder Botten, er (der Botenmeister) und andere nach ihren eigenen Nutz und Privat affecten ihrer Freunde, quibus bene volunt, Sachen befürdern vnd großer Unterschleiff gebraucht wird, so sollen sich alle Kanzlerverwandten, Bottenmeister und alle andere solcher Gefehrlichkeit äußern und enthalten, bey ernster Straff, nach Ermeßigung." Ob diese Verordnung aber Erfolg hatte, erscheint zweifelhaft, denn eine genauere Kontrole der Boten fehlte und die Mitnahme von Privatbriefen war gewinnbringend; das Publikum zog jedenfalls auch die herzoglichen Boten anderen Beförderungsgelegenheiten vor, weil sie vor diesen immer noch die größere Sicherheit und Schnelligkeit voraus hatten.

Neben solchen Mängeln fielen naturgemäß die Untethaltungskosten der Boteneinrichtungen namentlich in politisch bewegten Zeiten, sobald sich die Beziehungen der Höfe nach auswärts reger gestalteten, um so mehr ins Gewicht, als es um die finanzielle Lage der herzoglichen Kassen häufig schlecht bestellt war. Im dreißigjährigen Kriege, während dessen die Landeseinnahmen außerordentlich zurückgingen, wurden von der Renterei in Güstrow z. B. in der Zeit vom 1. Juli 1634 bis 31. December 1635 bei einer Gesammtausgabe von ca. 150 000 fl. allein 1577 fl. an Botenlohn verausgabt. Das Bedürfniß führte deshalb dazu, im Botendienst andere Vorkehrungen zu treffen, welche neben einer namhaften Ersparniß mindestens gleiche Sicherheit gewährleisteten. Hierzu boten die Posten im Reiche und die Botenanlagen anderer Staaten Norddeutschlands Gelegenheit.

Die meklenburgischen Höfe trafen nämlich schon zu Anfang des 17. Jahrhunderts mit den in der Nähe Meklenburgs belegenen fremden Postämtern Vereinbarungen, auf Grund deren die Postmeister die Beförderung der herzoglichen Korrespondenzen und die Kontirung der Portobeträge übernahmen. Die meklenburgischen Höfe hatten lediglich die Briefe u. s. w. durch besondere Boten an den Posttagen nach den Postkontors überbringen und von da abholen zu lassen.

Der Schweriner Hof stand mit dem postkontor in Berlin in Verbinbung, dessen Postmeister, auch Botenmeister genannt - Christoff Frischmann - von der Schweriner Regierung im Jahre 1614 einschließlich einer festen Besoldung von 30 fl. im Ganzen 46 fl. 6 ßl. erhielt. Aus einer vom Jahre 1634 vorhandenen Quittung seines Bruders und Nachfolgers, des Postmeisters Veit Frischmann in Cölln an der Spree, geht hervor, daß damals das Salarium 20 Rthl. jährlich betrug.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 12 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Auch mit dem Postmeister in Leipzig unterhielt der Schweriner Hof enge Beziehungen. Herzog Adolf Friedrich vermerkte nämlich unter dem 7 August 1621 während eines gelegentlichen Aufenthaltes in Leipzig in seinem Tagebuche: "Habe den Postmeister in Eid und Bestallung genommen, zahle ihm jährlich 60 Thaler," und weiter "Dresden, 9. Juli 1628: hat mir mein Postmeister aus Leipzig 1000 Rthl. gebracht, welche mir die Stadt Rostock übermacht."

Der Hof in Güstrow stand gleichfalls mit Christoff Frischmann zu Berlin in Verbindung. Dieser erhielt 1617/18 33 fl. 8 ßl, nämlich 20 fl. als Besoldung und 13 fl. 8 ßl. an Portoauslagen. Für den Güstrower Hof waren sonst noch verpflichtet die Postmeister in Lübeck, Lüneburg und Leipzig, welche je 40 fl. als Besoldung und den Erlaß ihrer Portoauslagen bezogen. Der Postmeister in Magdeburg lieferte die Avisen und erhielt ein Fixum von 40 fl. jährlich.

Neben den Briefen vermittelten die Postmeister auch den Transport von Packeten und Victualien. Ein häufig wiederkehrender Gegenstand in Frischmanns Abrechnungen bilden Portoauslagen für die Versendung Güstrower Biers, des weitberühmten Kniesenack.

Besonders rege waren die Beziehungen der meklenburgischen Höfe zu dem Taxis'schen Postamt in Lübeck. Der dortige Reichspostmeister Johann Osenbrügge war gleichzeitig als Hofagent für den Hof in Güstrow verpflichtet. Lübeck besaß schon im Anfang des 17. Jahrhunderts bequeme Verbindungen ins Reich. Der Verkehr mit Schwerin und Güstrow wurde durch Einspännige (die schon genannten reitenden herzoglichen Diener) unterhalten, die anfangs jeden dritten Tag, später (1660), als Osenbrügge nach seiner eigenen Versicherung schnellere Verbindungen mit dem Reiche erhalten hatte, auch öfter, meistens jeden zweiten Tag, in Lübeck eintrafen.

Wie die selbständigen herzoglichen Botenposten durch die Benutzung der fremden Postämter nach und nach eingegangen waren, so nahm auch seit der Gründung eigener Landesposten in den sechsziger Jahren des 17. Jahrhunderts der Verkehr der meklenburgischen Höfe mit den fremden Postanstalten im Reiche zusehends an Umfang ab und hörte gänzlich auf, nachdem um das Jahr 1680 die Landesposten in Meklenburg festere Organisation erlangt hatten.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 13 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

2. Der Danziger Bote in Meklenburg

In Rostock und Wismar bestanden schon seit uralter Zeit eigene Botenanlagen mit gewissermaßen postmäßiger Organisation. Ihr Ursprung reicht in die ersten Zeiten der Hansa zurück.

Die Glieder der Hansa waren auf breitem Landrücken über das ganze nördliche Europa vertheilt. Meklenburg lag fast in der Mitte des Bundesgebiets. Brügge und Antwerpen im Westen, Danzig und Riga im Osten, Hamburg und Lübeck in der Mitte bildeten infolge ihrer Größe und merkantilisch wichtigen Lage die Centren des Hansaverkehrs. Neben der Verbindung zur See bestanden bereits frühzeitig unter den Hansastädten gut entwickelte Landverbindungen, die Botenzüge der Hansa. Schon im 14. Jahrhundert waren Hamburg, Lübeck, Stettin und Danzig durch Botenzüge verbunden, deren Weg über die meklenburgischen Hansastädte Wismar und Rostock verlief. Beide Städte bildeten Stationen im Hansabotenkurs.

Im 15. Jahrhundert wurden von der Stadt Danzig sogenannte Läufer zur Beförderung von Briefen und Packeten unterhalten. Einer derselben lief über Meklenburg nach Lübeck, Hamburg und Brügge und hieß der "Danziger Bote", eine Bezeichnung, welche sich in Meklenburg bis in das vorige Jahrhundert erhalten hat. Die Poststraße von Hamburg über Lübeck, Wismar, Rostock und Demmin nach Stettin wurde um diese Zeit noch vielfach als Danziger Postfahrt bezeichnet.

Der Läufer legte seine Reise reitend oder im Wagen zurück. Zu seiner Beglaubigung führte er eine Bestallung 1 ) bei sich, zu seiner persönlichen Sicherheit auch wohl einen Freibrief der Landesherrn, deren Gebiet er durchzog. Er trug die Briefschaften in einem Felleisen verwahrt. Beim Verlust von Sachen hatte der Bote Ersatz zu leisten.


1) Die im Danziger Stadtarchiv aufbewahrte Bestallung eines Boten ist im nichtamtlichen Theil des Amtsblatt der Reichspostverwaltung für 1872, S. 230, abgedruckt und lautet: "Wy begern ju wweten, wo wy den beschedenen Mattis Merkell diessen bewiser to vnsen diner vpgenommen, vnd en vnser Stadt Busse mit dem teken, dat he vnse vnd vnses Copmann vnd ok des gemeynen dwtschen Copmans mit vns vorkerende Brewe moge dregen vnd bringen. Worvme wy J. E. myt begerliker andacht gutlik vnd frundlik bidden, dat gy den egenandten Mattis juw willen vmb onses vordeenstes willen laten bewolen wesen, vnd en ok to juvem vnd des gemeynen Copmann von der dutschen hense mit juw vorkerende baden vnd loper willet op nemen, forderlik, hulplik vnd in synem rechtwerdigen saken-syn willet" u. s. w.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 14 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die zur "Danziger Reise verordneten Boten" liefen von Hamburg über Wismar uud Rostock bis Stettin und tauschten ihre Sendungen hier mit dem von Danzig angekommenen Boten aus.

Die meklenburgischen Herzöge gestatteten anscheinend stillschweigend den Durchgang der Boten.

Außer dem festen Kurse fehlte jede Regelmäßigkeit im Betriebe der Botenanlage. Zeit und Stunde der Ankunft und des Abgangs waren von mancherlei Zäufälligkeiten abhängig. Dafür waren aber die Boteneinrichtungen mehr der Allgemeinheit zugänglich, indem, wie man vermuthen darf, auch nicht dem Kaufmannsstande angehörige Personen die Anlagen benutzten.

Der Niedergang der Hansa machte dem Danziger Botenkurse noch kein Ende; aber auf dem Wege von Hamburg nach Stettin verkehrten, nachdem am Ende des 16. Jahrhunderts eine Neuorganisation des Botenbetriebes vorgenommen worden war, nur noch Hamburger Boten, bie indeß in Meklenburg auch fernerhin als "Danziger Boten" bezeichnet wurden. Die Aufsicht über den Betrieb des Kurses unterstand zwei Aelterleuten der Kaufmannschaft in Hamburg, den "Börsenalten;" unter ihnen fungirte als Obmann der Boten der Botenmeister oder Postmeister. In den Botenbetrieb kam jetzt neues Leben, die Organisation war straffer geworden, auf Pünktlichkeit und Sicherheit wurde besonderer Werth gelegt.

Die Landesherren, deren Gebiet von dem Botenkurs berührt wurde, trafen übereinstimmende Maßregeln zum Schutze der Boten, wie aus einem zwischen Hamburg und den Fürsten des niedersächsischen Kreises (darunter den Herzögen Adolf Friedrich und Johann Albrecht von Meklenburg) im Jahre 1616 abgeschlossenen Vertrage wegen Aufrechterthaltung des Landfriedens hervorgeht, in dem es wegen des Landfriedens heißt: "damit auch desto bequemer dazu zu gelangen, so soll ein jeder Herr, soviel als zu seines Landes Nothdurft, nach Größe und Weite desselben erfordert, Straßenbereuter unterhalten, die stets, sonderlich aber zu der Zeit, wann die Hamburger und Danziger Boten mit den Kaufleuten von Hamburg nach Danzig und von hier nach Hamburg reisen, die Straßen auf- und abreiten, die Wälder, Haine und Büsche durchstreifen und sonst nichts vorbeigehen lassen, darauf Acht zu haben."

Der Hamburger Botenkurs gewinnt jetzt auch für Meklenburg unmittelbares Interesse. Seit Ende des 16. Jahrhunderts liefen die Boten nicht bloß durch Meklenburg und brachten oder sammelten ihre Korrespondenz in Rostock und Wismar, es wurden

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 15 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

jetzt vielmehr in diesen Orten zur Herbeiführung einer rascheren Beförderung besondere Boten bestellt, welche später allgemein die Bezeichnung "Postmeister" führten und ihre Botengänge einerseits in der Richtung nach Hamburg, andererseits in der Richtung nach Stettin selbst oder durch angenommene Leute besorgten.

Die Boten hatten, wie aus einer Eingabe der zur Danziger Reise bestellten Boten an den Rath in Hamburg (d. d. Hamburg 1. Juni 1667) erhellt, "die auf Danzig gerichteten Schreiben, denen auch öfters Wechselbrieffe, Contractus und andere hoch importirende Schriften wie auch kostbare Juëlen angefügt waren, zu überbringen, dannenhero wegen gewißer und richtiger Bestellung allsolcher Brieffe und, was den Boten sonst anvertrauet und mitgegeben wurde, sie eine hohe cautionem leisten müssen, damit der Kauffmann auf den Fall veruhrsachter Verwahrlosung sich ihres Schadens bey ihnen erholen könne. Solche Reyse muß Tag und Nacht beschleunigt werden, undt da die Botten also die gantze Reyse selbsten nicht allein verrichten können, so haben sie in den Fürstenthumben und Landen, dadurch die Reysen verrichtet werden müssen, ihre Substituirte und Bediente, die alsolche Reyse auf gewiße Ohrter verrichten, für welcher Substituirter Verrichtung die Dantziger Pothen als selbstschüldige gehalten, und demnach darnach trachten müssen, daß sie fleißige und getrewe Leute bekommen, so die Reyse fleißig und geschwinde verrichten."

Die Boten in Rostock und Wismar legten auch in Meklenburg Seitenkurse an. Zwischen Rostock und Güstrow bestand nachweislich bereits im Jahre 1637 eine Boteneinrichtung, die wöchentlich kursirte, ebenso bald darauf eine solche zwischen Lübeck und Schwerin; jedenfalls benutzten auch andere Landstädte, z-. B. Parchim, die Botenanlagen in den Seestädten, da dieselben bequem an das Reichspostnetz über Hamburg anschlossen. Nähere Nachrichten fehlen leider, aber gelegentliche Vermerke in den Rechnungen der Herzoglichen Rentereien zu Schwerin und Güstrow lassen darauf schließen, daß die Hamburger Botenanlagen vielfältig in Meklenburg benutzt wurden.

Der Bote - Postmeister - in Rostock hieß 1655 Pankraz Schmalbacher. Mit ihm stand besonders die Güstrower Regierung in Verbindung, welche ihm Briefe, Wechsel und Gelder zur Besorgung nach Wien, Frankfurt (Main) anvertraute.

Der Hof in Schwerin zog zeitweilig den Postmeister in Lübeck vor, wie wir bereits oben gesehen haben; zwischen Schwerin und Lübeck war ein besonderer Bote, der "Lübsche Postbote", unterwegs. Aus den gelegentlichen Gängen eines Boten zwischen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 16 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Schwerin und Rostock zum Anschluß an den Hamburger Botenkurs daselbst wurde im Jahre 1647 sogar ein regelmäßiger Postkurs.

Der Bote in Rostock, oder wie es in den Rentereirechnungen heißt "die Post in Rostock" hatte trotz der kriegerischen Ereignisse im Jahre 1641 besonders gute Verbindungen in das Innere Meklenburgs und nach auswärts, denn die Regierung in Güstrow sandte ihre eigenen Mandate "mit vielen unterschiedlichen fürstlichen Befehlen und Schreiben" an die Domanialämter im Lande "zu unterschiedlichen Malen auff die Post in Rostock, von dannen sie hin wieder auf die Aembter geschickt werden."

Aehnliche Nachrichten sind auch aus den späteren Jahren aufbewahrt.

Zu Anfang der üierziger Jahre erlitt der Betrieb der Hamburger Botenanlagen, da Handel und Verkehr vollständig stockten, eine mehrjährige Unterbrechung. Nach dem Aufhören der Kriegsunruhen im Lande traten in Rostock und Wismar aber die alten Boteneinrichtungen wieder in Wirksamkeit. In Wismar hatten die Boten noch 1669 eine Station, welche ein Bürger der Stadt schon seit langen Jahren verwaltete. In Rostock war aber einige Jahre vorher eine bemerkenswerthe Aenderung eingetreten: die Hamburger Botenanlage daselbst war im Jahre 1666 in eine herzogliche Landespost verwandelt worben.

Bis fast 200 Jahre nach diesem Ereigniß war die Erinnerung an den "uralten Hamburger Botenkurs" in Meklenburg noch lebendig; denn es gelang dem Hamburger Stadtbotenamt, von den meklenburgischen Herzögen die Erlaubniß zur Wiebereinrichtung des alten Botenkurses von Hamburg bis Wismar zu erlangen. Diese neue Botenpost - die sog. Stadtreitpost - trat Ende des 17. Jahrhunderts in Thätigkeit und stellte ihren Betrieb erst im Jahre 1860 ein. Von ihr wird weiter unten die Rede sein.

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 17 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

II. Einrichtung eigener und fremder Postanlagen in Meklenburg.

(Von 1645 bis 1701.)

1. Eigene herrschaftliche Posten.

Eigene herzogliche Postanlagen nach dem Muster der Taxis'schen Reichsposten haben vorübergehend, je nachdem das wechselnde Bedürfniß es erheischte, schon im 16. Jahrhundert in Meklenburg bestanden. Das älteste Zeugniß giebt hiervon ein noch vorhandenes Schreiben des Herzogs Heinrich des Friedfertigen von Meklenburg an den Kurfürsten von Sachsen vom 9. Februar 1534 1 ), welches die Anlegung einer schnellen Postverbindung und zwar einer Reitpost von Magdeburg bis Lübeck über Grabow und Schwerin betrifft. In letzterem Orte waren Relais mit reitenden Boten eingerichtet, welche die einlaufenden Briefe schleunigst bis zur nächsten Station zu befördern hatten. Wie lange die Reitpost, welche jedenfalls angelegt war, um eine schnelle Verbindung zwischen den zur Augsburger Konfession gehörigen Fürsten und der Stadt Lübeck zu erlangen, bestanden hat, ist nicht mehr festzustellen. Die Ursache ihrer Anlegung war der Umstand, daß sächsische und hessische Räthe während der Vorverhandlungen und Vorbereitungen zum Zuge König Christians V. nach Dänemark in Lübeck anwesend waren.

Dreißig Jahre später ordnete Herzog Ulrich von Meklenburg-Güstrow die Anlegung einer Reitpost innerhalb der Grenzen seines Gebiets zwischen Neubrandenburg und Neukloster über Malchin und Güstrow an. Sie hat nur kurze Zeit bestanden, so lange die Nothdurft, die sie veranlaßt hatte, dazu drängte. In Güstrow und wohl auch in Malchin war eine "Ablage" eingerichtet, bei welcher ein tüchtiger Knecht mit einem guten Pferde zur Weiterbeförderung der einlaufenden Briefe bereit gehalten wurde. In der Verordnung, welche Ulrich am 14. September 1564 von Neubrandenburg aus wegen Anlegung dieser Post erließ, war darauf hingewiesen, daß an der Post "den gemeinen Unterthanen mit zum Höchsten gelegen sei", woraus hervorgeht, daß die Post auch allgemeineren Kreisen zugänglich war.


1) Das von der Hand des Kanzlers Kaspar von Schönaich herrührende Schreiben ist als Nr. 1 des Anhangs abgedruckt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 18 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Im Jahre 1623, als Norddeutschland unter den Wirren des dreißigjährigen Krieges zu leiden hatte, vereinbarten die meklenburgischen Herzöge mit dem Erzbischof von Bremen, den Herzögen von Schleswig und der Stadt Lübeck die Anlegung einer Reitpost von Boizenburg nach Lübeck und Güstrow, welche die von Bremen abgesandten Nachrichten und Neuigkeiten eilends nach Lübeck und Meklenburg zu bringen hatte. Die Kosten der Post sollten "als zum gemeinen Besten und dem itzigen Kriegswesen mit gehörig aus dem Landtage nebenst anderen verlegt und von künftiger Kontribution wiederum erstattet werden."

Auch Wallenstein, dem 1628 die Herzogthümer Meklenburg nach der Vertreibung der Herzöge Adolf Friedrich von Meklenburg-Schwerin und Gustav Adolf von Meklenburg-Güstrow als Lehn vom Kaiser übertragen waren, hatte unmittelbar nach ber Besitzergreifung des Landes wohlgeordnete Postanlagen in Meklenburg eingerichtet. Er war augenscheinlich dabei von der Ueberzeugung getragen, daß Regierung und Verwaltung in dem seiner Herrschaft feindlich gesinnten Lande um so rascher Fuß fassen würden, als das Land mit der Residenz Güstrow in engste Verbindung gebracht und der entlegenste Ort in Meklenburg in kürzester Frist zu erreichen war. Den öffentlichen Landstraßen folgend, entstand bald eine große Zahl von Postkursen (Reitposten), welche Parchim, Dömitz, Schwerin, Wismar, Rostock, Gnoien, Waren und Plau mit Güstrow verbanden. Ueberall im Lande wurden Stationen zum Umwechseln der Pferde eingerichtet und die Sorge und Verantwortung für die ungehemmte Besorgung der Posten den Städten, fürstlichen Aemtern u. s. w. zur Pflicht gemacht. Ueber Dömitz trafen die Nachrichten vom Kriegsschauplatze im Reiche ein, auf dem Wege über Plau unterhielt Wallenstein die Verbindung mit seinen böhmischen Besitzungen; der Weg nach Stralsund, welches Wallenstein vergeblich belagerte, führte auf der Landstraße über Gnoien. Lebhaft war auch die Verbindung mit Rostock. Mit Wallensteins Fall nahmen seine wohlorganisirten Postanlagen auch ein schnelles Ende.

Alle diese Postanlagen waren nur von so langer Dauer, als die Umstände, welche zu ihrer Einrichtung geführt hatten, eine Aenderung nicht erfuhren. Nachrichten über die Organisation und Leistungen derselben sind nicht aufbewahrt worben; jedenfalls ähnelten die Anlagen aber mehr oder weniger den früheren Botenanstalten der Herzöge von Meklenburg. Man kann sie aber als Posten bezeichnen, weil ihnen das Kriterium der Posten im engeren Sinne:. Beförderung von Briefen u. s. w. auf festen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 19 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Kursen mit untergelegten Stationen, festbestimmte Abgangs- und Ankunftzeiten und Zugänglichkeit auch für Privatkreise, zum Theil eigen war. Jedenfalls waren diese Anlagen Vorläufer der nach dem dreißigjährigen Kriege in Meklenburg zur Einrichtung gelangenden staatlichen Posten.

Bereits im Jahre 1651 wurde den meklenburgischen Herzögen der Gedanke zur Schaffung eigener Postanlagen nahe gelegt, als seitens des Taxis'schen Reichspostmeisters in Nürnberg eine reitende Post von Nürnberg durch das Gebiet des niedersächsischen Kreises nach Hamburg angelegt wurde. Die ausschreibenden Fürsten des Kreises, der Herzog von Braunschweig-Lüneburg und Herzog August von Sachsen, Administrator des Erzstifts Magdeburg, traten mit den Kreisständen, unter diesen auch mit den mekIenburgischen Herzögen, in Verhandlung und baten um eine gutachtliche Aeußerung darüber, welche Maßregeln dem Taxis'schen Vorhaben gegenüber zu ergreifen sein möchten, insbesondere, wie dem Reichspostmeister, wenn er sich "etwa mit kaiserlichen subet obreptitie erhaltenen promotorialibus"" bei den Kreisständen melden und bei dieser Gelegenheit die Postfrage zur Erörterung bringen sollte, zu begegnen sein würde. In dem nach Schwerin und Güstrow in der Angelegenheit gerichteten Schreiben hieß es dann weiter:

"Und nun zwar von der Röm. Kais. Majestät an ermelten Kreiß und dessen Stände insgesamt oder insonderheit nichts eingelanget, gleichwot aber Unsers Ermessens wegen allerhandt dem Kreiß dabei besorgenden praejudiz und Gefährlichkeit wir solchem verfänglichen Vornehmen bei Zeiten fürzubawen und dasselbe am füglichsten zu hintertreiben, gute vigilantz und Sorgfalt hoch von nöthen sein will: zumale die Anlegung newer Posten ein solches Werk ist, darinnen außer eines allgemeinen Reichstages und ohne einmütige Bewilligung der gesambten Stände und insonderheit deren dabey interessirten Kreise keine Verordnung oder Enderung geschehen kan noch soll: Alß haben wir nicht ermangeln wollen, E. L. diese verlangte Nachricht hiermit wolmeinendt zu erkennen zu geben."

Wie die Sache verlief, ist zwar nicht ersichtlich, auch für diese Darlegung belanglos, aber die Angelegenheit war insofern für die meklenburgischen Verhältnisse von Wichtigkeit, als nun auch Meklenburg in den langwierigen Streit, den das Haus Taxis wegen Ausübung der Postregalsrechte im Reiche mit den Reichsfürsten führte, hineingezogen wurde.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 20 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Meklenburg war streng genommen bei der ganzen Sache unbetheiligt. Zwar hatte der Kaiser unter dem 3. November 1627 auch an die meklenburgischen Herzöge ein Mandat erlassen, worin die Aufnahme der Taxis'schen Reichsposten in Meklenburg verlangt und im Weiteren erörtert wurde, "daß der Kaiser dem Reichspostmeister gemessenen Befehl ertheilt habe, die Posten als ein kaiserlich hochbefreites Regale in ihren Ländern einzuführen und wohl zu bestellen," eine Aufforderung, die im Jahre 1645 und später auf dem Lüneburger Kreistage im Jahre 1662 erneuert wurde, aber von dem Hause Taxis war nie direct der Versuch gemacht worden, die ihm übertragenen Postgerechtsame auch in Meklenburg auszuüben, weil Postanlagen in dem arg verwüsteten, menschenarmen Lande jedenfalls keine erheblichen Erträge versprachen, und weil überdies vorauszusehen war, daß etwaige Reichspostanlagen in Meklenburg unter den Anfeindungen Brandenburgs ständig zu leiden haben würden. Mit der jetzigen Streitfrage konnten die Herzöge von Meklenburg sich daher nur insofern befassen, als die Sache zwar nicht speziell Meklenburg, wohl aber den ganzen niedersächsischen Kreis betraf, dem Meklenburg angehörte, andererseits auch in der Angelegenheit ein wirklicher Erfolg nur bei einem geschlossenen Vorgehen aller Kreisstände zu erwarten war.

Wenn der Streitpunkt somit für Meklenburg auch nur eine mehr theoretische als praktische Bedeutung hatte, so ließen sich die meklenburgischen Herzöge doch um so lieber auf eine Parteinahme in der Sache ein, als ihnen hierdurch Gelegenheit gegeben war, die den Landesfürsten durch Art. 8 der westfälischen Friedensakte eingeräumte Integrität der Landeshoheit und damit die freie Ausübung aller Regalien gegenüber indirecten oder auch nur scheinbar vorhandenen Beeinträchtigungen von dritter Seite zu wahren. Diese Gelegenheit bot sich den meklenburgischen Höfen bald hernach auf den Kreistagen, wo die Frage des Postregals ständig auf der Tagesordnung stand und zu langwierigen erregten Erörterungen Anlaß gab, besonders als seitens Brandenburgs dem Kreistage von 1662 der umfangreiche Schriftwechsel des großen Kurfürsten mit dem Grafen von Taxis über das Postregal als landesherrliches Hoheitsrecht vorgelegt wurde.

Zu dem im Jahre 1662 in Lüneburg stattfindenden Kreistage erhielten die Schwerinschen Gesandten bezüglich des Postwesens von ihrer Regierung die Instruction, "daß die Anstellung der Post ein unstreitiges, den Kurfürsten und Ständen von denen Weyland höchstlöblichen Kaysern am Reich committiret und auf=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 21 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

getragenes Regale sei. Die Gesandten sollten deshalb ihre consultationes dahin richten, daß solches Regale der Reichsstände für allermänniglich unbeschränkt gelassen werde." Die Instruction der Gesandten zum Kreistage vom Jahre 1664 lautete: "Wenn der übrige Nebenpunkt, das Postwesen, in deliberation kömbt, so sollen Unsere abgeschickten Räthe und Gesandte sich hierinnen auf den Kreisbeschluß vom Jahre 1662" - welcher die Rechte der Reichstände, darunter das Recht, Posten anzulegen, in vollem Umfange aufrecht erhielt - "beziehen und sich denen majoribus conformiren, die ohne Zweiffel dahin gehen werden, daß Fürsten und Stände in ihrem wohlhergebrachten jure postarum und anderen Hoheiten, Rechten und Gerechtigkeiten verbleiben, und daß solches vermöge der Wahlcapitulation geschehe, die Röm. Kais. Majestät mit geziemendem respect erinnert und umb remedirung und abschaffung aller beschehenen attentaten angehalten werden möge." In ähnlicher Weise waren auch die Güstrowschen Gesandten instruirt.

Uebrigens bestanden so wenig in Meklenburg wie bei ben übrigen Kreisständen abweichende Anschauungen über das Wesen des Postregals. Der Kreistagsabschied von 1664 bestimmte bezüglich des Postwesens, daß man nicht "gemeinet sei, der Röm. Kays. Majestät an dero Befugniß Eintrag zu thun, sondern nur der Fürsten und Stände dieses niedersächsischen Kreises wohlhergebrachte possession und Gerechtigkeit mit Haltung Ihrer Posten zu vertheidigen und minder nichts die Kaiserliche Post, wo sie von alters hergebracht, in ihren Würden zu lassen." Der Kreistag richtete aber an den Kaiser die eindringliche Bitte, weil durch Graf Taxis und dessen Postbediente den Kreisständen viel praejudiz und Nachtheil zugefügt werde, dem Grafen Taxis und "dessen Postleuten die unziemblichen Eingriffe und Thätlichkeiten nicht zu gestatten. Sollte nun Herr Graf Taxis und die Seinigen sich gelüsten lassen, ferner Eingriffe zu thun, so ist keinem Stand zu verdenken, wenn er sich in seiner possession und Befugniß nach Anleitung der Rechte durch zulängliche Mittel manuteniret , zumal leichtlich eine und die andere schädliche consequenz , im Fall man sich nicht gebührend vertheidigt, daraus mit der Zeit erzwungen werden dürfte." Man werde auch dem bekannten Streben der Taxis'schen Postmeister, sich der ordentlichen, mittelbaren und unmittelbaren obrigkeitlichen jurisdiction zu entziehen, innerhalb des Kreises ernstlich entgegentreten.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 22 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Um dem Beschluß größeren Nachdruck zu geben, waren auch die Gesandten des niedersächsischen Kreises zu Regensburg angewiesen, an maßgebender Stelle die Rechte des Kreises zu betonen.

Auch im Jahre 1671 hatten sich die Gemüther noch nicht vollständig beruhigt, da die Grafen von Taxis zähe ihre Gerechtsame verfolgten. Der in diesem Jahre versammelte Kreistag einigte sich dahin, daß man die von dem Grafen Taxis seit etlichen Jahren im niedersächsischen Kreise wie in anderen deutschen Staaten verübten "attentate" wider das den Ständen "unstreitig zustehende und von deren hohen Territorialgerechtigkeit und Landessuperiorität dependirende Postregale" unter keinen Umständen dulden dürfe. Die Kreisstaaten wollten daher, "gleichwie die Röm. Kais. Majestät selbst in ihren Erblanden, dem Grafen Taxis dergleichen Eingriffe nicht gestatten", den Besitz ihrer Rechte "vestiglich und beständig mainteniren ", ihre Posten in möglichst gutem Stande erhalten, "besondere correspondence unter sich pflegen, gewiße Postordnung belieben, von Postmeistern und anderen des Werks erfahrenen einige Projecte formiren lassen, darüber dann weiteres communiciren, unterdessen denen Taxis'schen Postbedienten keine gemeine Briefsammlung concediren ." Auch diesem Kreisbeschlusse stimmten die meklenburgischen Herzöge bei und zwar um so lieber, als sie inzwischen selbst zur Anlegung von Posten im eigenen Lande geschritten waren. Es erfolgte dieses in beiden Landestheilen, in die Meklenburg damals zerfiel (dem Herzogthum Schwerin wie dem Herzogthum Güstrow) fast gleichzeitig; denn sowohl Herzog Adolf Friedrich von Schwerin wie Herzog Gustav Adolf von Güstrow waren gleich eifrig bestrebt, bald nach dem Kriege Handel und Verkehr im Lande zu beleben und die Schäden des Krieges zu beseitigen. Aber diesem Streben standen zunächst außerordentliche Schwierigkeiten entgegen. Meklenburg hatte, wenn wir den Angaben Boll's Glauben schenken dürfen, vor dem Kriege eine Bevölkerung von 300 000, nach demselben nur 50 000 Seelen. Bei dem Menschenmangel konnte der wirthschaftliche Aufschwung daher nur langsam von Statten gehen. Ueberdies konnte der Austausch der Landesproducte, wenn er sich nur auf Meklenburg beschränkte, erst nach langen Jahren Früchte tragen, denn das Land war im Kriege vollständig verarmt, seine Geldkraft gelähmt. Ebenso stand im voraus fest, daß Postanlagen, welche sich lediglich innerhalb Meklenburgs bewegten, nie zu höherer Bedeutung gelangen konnten.

Unter solchen Umständen ergab sich für beide Länder von selbst die Nothwendigkeit, die Vortheile, welche die Nähe Hamburgs

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 23 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und Lübecks gewährte, nach Kräften auszunutzen und den heimischen Erzeugnissen den Markt dieser Handelsorte zu erschließen; folgerichtig mußten gute, bequeme Verbindungen aus dem Lande nach Hamburg.und Lübeck angelegt werden, um den Tausch von Waare gegen Geld zu erleichtern und die Beziehungen zwischen Verkäufer und Käufer lebendig zu erhalten.

Dieser Erwägung verdankten die meklenburgischen Landesposten ihren Ursprung, und der Stempel dieses Ursprungs blieb der meklenburgischen Landespost während ihres zweihundertjährigen Bestehens aufgedrückt; die Hauptadern ihres Betriebes verliefen auf den Straßen von Rostock, Güstrow und Schwerin nach Hamburg und Lübeck; ihnen schlossen sich die zahlreichen Neben- und Seitenadern in das Innere Meklenburgs an, aber auch in diesen pulsirte ein den Hauptadern gleichgerichteter Verkehrsstrom nach Hamburg und Lübeck.

a. Postanlagen im Herzogthum Meklenburg-Schwerin.

Im Jahre 1644 wurde dem Rostocker Bürger Claus Borchert die Anlegung einer regelmäßigen Postverbindung zwischen Schwerin und Rostock übertragen. Er wurde vom Herzog Adolf Friedrich zum "ordinari Postboten" ernannt und mußte dem Herzoge den Eid leisten, "dero Bestes wißen und befördern, seine Post jederzeit mit allem Fleiß zu verrichten." "Insonderheit, wenn ich vermerken sollte, das mir einige verdechtige Briefe sollten aufgegeben werden, das ich solche in ganzer Geheimb Seiner Fürstlichen Gnaden einliefern, auch sonsten all das ienige thun und lassen soll und will, was einem getreuen Potten und Diener wol anstehet."

Borchert übernahm die Postfahrt auf Gewinn und Verlust, erhielt aber eine Unterstützung aus der herzoglichen Kasse, wahrscheinlich als Entgelt für die vön ihm für den Hof geleisteten Freibeförderungen.

Borchert hatte wöchentlich einmal über Sternberg nach Rostock zu reisen, die ihm übergebenen Briefe zu bestellen und um Antwort bescheidentlich Anregung zu thun. "Wie denn kein anderer Pott, solange er jedes Ohrts gegenwertig zur Stelle, einige Brieffe nicht anzunehmen, sondern dieselben alle an ihn verwiesen, angehändigt und von ihm bestellt werden sollen."

Die Post konnte, da ihr jeder Anschluß nach auswärts fehlte, in dem vom Kriege verwüsteten Lande nicht gedeihen. Das geht

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 24 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

aus der herzoglichen Verordnung vom 30. Mai 1654 hervor: "Nachdem Unser zur Rostocker Post bestellter Pott ohnverantwortlicher weise von selbsten die Post verlassen vndt zuletzt ganz nachlessig versehen, anch mit den ihm anvertraueten Brieffen vndt Sachen und deren Bestellung gar übel vnd straffbahr verfahren, alß sollen hiemit Unser Cantzleydirector vndt Räthe hieselbsten gn. befehliget sein, solchen Potten von der Post gentzlich abzuthun vndt zu volliger Restitution anvertraweter Brieffc vndt Gelder denen, so voch etwas nachstendig, mit ernst anzuhalten, hinugegen aber einen guten Potten vndt zwar, der lesen vndt schreiben kan, hinwieder zur Hand zu bringen vndt zu dieser Post zu bestellen vmdt in gebührende Pflicht zu nehmen."

Nach Borchert übernahm Pankraz Schmalbacher im Jahre 1658 die Post. Wir sind demselben schon bei Schilderung der Botenanlagen in den meklenburgischen Seestädten begegnet; er war 1655 Hamburger Bote in Rostock und scheint nun für herzogliche Dienste gewonnen zu sein.

Auch Schmalbacher übernahm die Post auf Gewinn und Verlust; aus der herzoglichen Kasse erhielt er monatlich 2 Rthl., -später 3 Rthl., weil ihm während der Kriegsjahre von 1655 - 1660 die kaiserlichen Völker seine 4 Postpferde abgenommen hatten. Die Post kursirte zu Schmalbachers Zeit schon mit Anschluß nach außen; in Rostock scheint mit dem Hamburger Boten ein Austausch mit Postsachen stattgefunden zu haben; in Schwerin wechselte Schmalbacher mit dem Lübschen Boten. Erheblich war auch Schmalbachers Einnahme nicht, dafür der Dienst aber anstrengend, und beschwerlich, denn er klagte dem Herzoge Adolf Friedrich, daß seine Umstände schlecht beschaffen seien, und daß er bei der Postfahrt Gesicht, Gehör und Verstand eingebüßt habe. Schmalbacher hatte bei seiner Annahme von der Herzoglichen Kammer folgende Vorschriften erhalten: "und soll dessen abreisens und wiederkommens folgende Zeit sein, Dienstag, wann die Lübecker Post vörigen Tages ankommen, soll er von Schwerin abreisen und desselbigen Tages zu Sternberg sein, auch mit Eröffnung der Thore Donnerstag Morgens in Rostock und des Freitags so zeitig aus Rostock aufbrechen, daß er gemächlich des Tages nachher Sternberg kommen könne, da er dann bis Sonnabend Mittag bleiben und entweder desselben Abends oder jedes Sonntags Morgen frühe zeitig in Schwerin wiederumb sein soll. Wer nun nach Sternberg oder Schwerin zu schreiben hat, kann selbige seine Briefe in das Pancratii Schmalbachern allhie zu Schwerin fürm Thor belegenes Hauß eingeben und soll das Porto seyn wie folget:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 25 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Von Schwerin bis Rostock

für 1 kleinen Brief von ca. 1/2 Bogen 1 1/2 ßl.,
" 1 Brief vom Bogen 2 ßl.,
" 1 gedoppelten Brief 4 ßl.,
" 1 Brief mit einer bloßen Supplication 3 ßl.,
wenn aber die Supplication einen kleinen Beischluß hat 4 ßl.,
da aber der Beischluß etwas großer, soll nach advenant 5 oder 6 ßl.,
gegeben werden u. s. w.

Daferne auch dem Postverwaltern Pancratio Schmalbachern einige Acta oder dgl. mit auffgegeben werden, soll ein Jeglicher sich deshalben nach Gebühr mit ihm abfinden."

Eine Post zwischen Lübeck und Schwerin ist erst im Jahre 1674 nachweisbar, denn nach Schmalbachers Ausscheiden in diesem Jahre wird Peter Hinrichs in Schwerin als Rostocker und Lübecker Postverwalter bezeichnet, d. h. er besorgte die Posten nach Rostock und Lübeck. Für beide Posten erhielt er aus der herzoglichen Kasse zusammen 8 Rthlr. monatlich.

Die Wichtigste der Postrouten aus Meklenburg war aber die Verbindung mit Hamburg.

Seitens des Herzogs Christian (Louis), der seinem Vater Adolf Friedrich im Jahre 1658 in der Regierung gefolgt war, wurde bereits ein Jahr nach seinem Regierungsantritt die Anlegung einer geschwinden Post von Schwerin über Gadebusch, Mölln und Grande nach Hamburg in der Art der kurbrandenburgischen fliegenden Post von Berlin nach Hamburg projectirt, "die in einem Tage von einem Ort zum andern gehe und ein paar Personen mit fortbringe."

Die herzogliche Kammer in Schwerin, der die Herstellung der Post aufgetragen wurde (d. d. Hamburg 5. Juni 1659), konnte dem Herzoge aber nur berichten, daß sie einen Unternehmer nicht habe finden können, und wenn die Post durchaus eingerichtet werden sollte, so müßte es auf Sr. Durchlaucht alleinige Kosten geschehen.

Dem Herzoge, welcher sich damals mit Vorliebe in Hamburg auszuhaIten pflegte, lag anscheinend sehr daran, seinen Plan verwirklicht zu sehen. Er ermächtigte daher die Kammer, nicht nur die Post auf seine Kosten einzurichten, sondern auch, "damit daran kein Mangel sei", von seinen in Schwerin vorhandenen Pferden und Leuten, die hierzu dienlich seien, zu der Post zu beordern und zu gebrauchen. Aber auch dieser Versuch blieb erfolglos. Die Kammer stellte sogar wiederholt Nachfragen bei der "Stettiner

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 26 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Post" in Rostock 1 ) an, "ob man nicht Leute von dieser Post ab auf Schwerin ziehen könnte, um etwas an den Kosten zu sparen," und meinte endlich, daß, wenn dies nicht gelingen sollte, eine reitende Post wohl genügen möchte, die Briefe des Herzogs zu bestellen.

Nun beauftragte Herzog Christian (Louis) seinen Secretair Neumann, in Mölln und Grande einen Postfahrer anzunehmen, und schrieb den Kammerräthen, "da ihnen die Sache zu schwierig geschienen, so hätte er ihnen einige Mühe abgenommen und in Mölln und Grande selbst Pferde bestellt, er erwarte nun ihren Bericht, wann die Post von Schwerin auf den Unterwegsstationen eintreffen würde. Fernere Nachrichten über das Project fehlen. Wahrscheinlich haben die Kriegsunruhen der sechziger Jahre und die bald darauf erfolgende Abreise des Herzogs nach Paris das Zustandekommen vereitelt

Ebensowenig ist ein anderer im Jahre 1667 angestellter Versuch, von Rostock aus über Wismar und Gadebusch eine fahrende Post nach Hamburg anzulegen, zur Ausführung gekommen.

Im Jahre 1678 machte Herzog Christian Louis einen nochmaligen Versuch zur Anlegung einer Post nach Hamburg. Der Herzog war um diese Zeit aus Paris nach Meklenburg zurückgekehrt, hatte aber zeitweilig wiederum seinen Aufenthalt in Hamburg genommen. Er forderte von dort aus seinen Kanzler in Schwerin zu sofortiger Einrichtung von Reitposten zwischen Schwerin, Dömitz und Bützow einerseits und Hamburg andererseits auf, damit die Korrespondenz zwischen ihm und den drei Orten "ohne Versäumniß weniger Minuten schleunig könne überbracht werden."

Der Kanzler und die Kammerräthe stellten mit Hülfe des Generals von Halberstadt zwar sofort genaue Kurstabellen über alle diese Posten auf, allein sie erlaubten sich, bei Uebersendung der Kursübersichten darauf hinzuweisen, daß die neuen Anlagen eigentlich überflüssig seien, da die Posten täglich von Hamburg bis Lübeck (ein Theil des alten Hamburg=Danziger Botenkurses), ebenso wenigstens von Hamburg bis Dömitz (nämlich mit der brandenburgischen Post von Hamburg nach Berlin, die über Dömitz verlief) kursirten und "also die Schreiben Sr. Durchlaucht viel früher und mit Verschonung dero Einspänner und Unterthanen befördert werden konnten." Auch jetzt trat die Post zwischen Schwerin und Hamburg noch nicht ins Leben.


1) d. h. bei der Hamburger Botenanlage in Rostock.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 27 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Im Lande nahm aber die Anlegung neuer anderweitiger Postkurse ihren Fortgang. Wenigstens unterstützte Herzog Christian Louis schon bestehende Kurse und suchte sie dadurch für herzogliche Interessen zu gewinnen. so zahlte der Herzog bereits seit dem Jahre 1685 dem Lübecker Postverwalter S. G. Krüger, der seit 1676 die Postfahrt zwischen Schwerin und Lübeck unterhielt, 6 Rtht. monatlich. Ebenso trug Herzog Christian Louis 4 Rthl.-monatlich zur Erhaltung einer nach Rostock angelegten Post bei, welche von Privatleuten unterhalten wurde.

Im Jahre 1685 war Paul Behrens Rostocker Postverwalter in Schwerin; er erhielt von dem Schweriner Hofe den vorbezeichneten Zuschuß von 4 Rthl. monatlich; bereits im Jahre 1688 bestand eine Botenpost nach Crivitz und Parchim und im Jahre 1698 war schon, wie hier vorweg bemerkt sei, eine Fahrpost nach Wismar im Betrieb.

Aus dem Jahre 1689 finden sich dann endlich auch Nachrichten über eine von dem Lübecker Postverwalter, S. G. Krüger in Schwerin, neu angelegte Hamburger Post vor. Für ihre Anlegung und Unterhaltung zahlte der Herzog mit jedem Jahre steigende Zuschüsse, ein Beweis, daß ihm die Post sehr am Herzen lag. Sie kursirte über Gadebusch, Ratzeburg und Trittau. Dem Durchgang der Post durch das Herzogthum Lauenburg und ihrem Eintritt in Hamburger Gebiet wurden von den Regierungen beider Staaten Hindernisse nicht in den Weg gelegt.

Ueber die Einrichtung der Post liegt nachstehender Bericht von dem Hausvoigt Kelling, dem Mitunternehmer Krügers, vor:

"Anno 1691 1 ) habe ich und Simon Krüger in Schwerin die Mecklenburg-Schwerinsche Post erstlich angetegt, von Hamburg auf Schwerin zu gehen, da sonsten niemahlen Posten hingegangen,

  1. die Woche einmal mit einem Pferde zu reiten,
  2. die Woche zweimal mit einem Pferde, als Dienstags und Freitags,
  3. die Woche einmal zu fahren mit 2 Pferden und einmal zu reiten,
  4. die Woche zweimal mit zwei Pferden zu fahren,
  5. die Woche zweimal zu fahren, mit drei Pferden,

welches ich 6 Jahre in Hamburg allein verwaltet, welches alles vor unser eigen Rechnung war und solches mit Gewinnst und


1) Dieses Datum stimmt nicht ganz mit den Rentereirechnungen, in denen die Zahlung für diese Post schon seit 1689 beginnt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 28 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Verlust, und in den 6 Jahren auch fleißig bemüht, sowohl an der Börse als in allen Wirthshäusern und Thoren und Bäumen kund gemacht mit gedruckten Zetteln angeschlagen, daß eine fahrende Post von Hamburg nach Schwerin am Tage gelegt und sich Gottlob nach und nach so gebessert, daß man 4 Pferde zulegen müssen."

Die vorstehende Aufzählung Kelling's ist nicht ohne Weiteres verständlich, aber die Erklärung ergiebt sich aus den Rentereirechnungen: Krüger erhielt bei Einrichtung der Post aus der herzoglichen Kasse im Jahre 1689 außer einer festen Zahlung von 50 Rthl. einen Zuschuß von 50 Rthl., zusammen also 100 Rthl.; für diesen Betrag wird er die oben unter 1 bezeichnete, einmal wöchentlich kursirende Reitpost angelegt haben. Die für das Jahr 1690 gebuchte erhöhte Zahlung von 250 Rthl. bildet die Entschädigung dür die wöchentlich zweimalige Expedition der Reitpost (Nr. 2); im Jahre 1691 wurden bereits 700 Rthl. Zuschuß gezahlt, weil jetzt schon eine Reitpost und eine Fahrpost nach Hamburg kursirte (Nr. 3). Die Zuschüsse für die Jahre 1694/95 und 1695/96 stiegen auf 850 bez. 1000 Rthl., weil seit 1694 zwei Fahrposten, zuerst mit je 2 Pferden, dann mit je 3 Pferden bespannt, von den Unternehmern unterhalten wurden (Nr. 4 und 5). Nach anderweitigen Aktennachrichten erhielt Krüger als Fuhrvergütung vom Herzoge den Betrag von 2000 fl. Lübisch, welche Summe der vorbezeichneten Entschädigung von 1000 Rthl. entspricht.

Ueber die Post findet sich noch eine weitere urkundliche Nachricht vor, welche die vorstehende Auslegung voll bestätigt. Herzog Friedrich Wilhelm von Schwerin, welcher seinem Bruder, dem Herzoge Christian Louis im Jahre 1692 in der Regierung gefolgt war, ließ mit Krüger über die Expedirung der Post im Jahre 1694 einen neuen Vertrag schließen, in welchem bestimmt war: "Es will besagter Postmeister zweimal in der Woche den Postwagen auf Hamburg gehen lassen und die dazu behufigen Pferde, Wagen und Knechte halten, damit die Passagiere überkommen können, und soll die Post präcise, wenn die schwedische Post 1 ) abgeht, von Hamburg gleich folgen, um 5 Uhr des Abends, oder zu Winterzeit um 4 Uhr; dabei besagter Postmeister verspricht, alles nach wie vor richtig und ehrbarlich zu specificiren, damit man sehen könne, wieviel Profit und Schaden davon zu gewärtigen sei.


1) Die hier bezeichnete schwedische Post kursirte zwischen Stralsund und Hamburg über Rostock und Wismar; sie war im Jahre 1684 mit Zustimmung der Schweriner Regierung angelegt worden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 29 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Dazu will die fürstliche Cammer ihm auf dieses Jahr 850 Rthl. baar bezahlen" (30. Juli 1694). Wie man sieht, deckt sich mit diesen Angaben der Bericht Kellings unter 4 und der Zahlungsvermerk der Rentereirechnungen für das Jahr 1694/95.

Die Post wurde von den Unternehmern auf eigenes "Hazard" unterhalten, aber sie fanden ihr Bestehen dabei, denn Aktennachrichten zufolge ergab die Post schon im Jahre 1691 bei einer Einnahme von 3125 Rthl. und einer Ausgabe von 2550 Rthl. einen reinen Ueberschuß von 575 Rthl.

Die Abfertigung der Schweriner Post in Hamburg wurde dem fürstlichen Hofagenten A. Jansen daselbst übertragen. In dem bezüglichen herzoglichen Reskript vom 27. Februar 1695 heißt es: "Wir vernehmen, daß bei Unserer von hier auf Hamburg gehenden und zurückkommenden Post allerhand Unrichtigkeiten vorgehen und einige Passagiers Beschwerung führen sollen; so haben wir gnädigst resolviret, Dir die Inspection auf unserer Post in Hamburg gnädigst zu übertragen, desfalls dann die Postwagen allemal vor Deiner Wohnung ablagern und hinwieder die Ladung und Briefe empfangen sollen.

Befehlen Dir hiermit demnach gnädigst, daß Du Anstalt machest, damit hinfür der Postwagen für Deiner Wohnung ablade und, was zurück anhero gebracht werden soll, bei Dir empfange, da dann der Postknecht Dir von hiesigem Unserm Postverwalter (Krüger) eine Charte aller in einer Post vorhandenen Briefe und Sachen in der Lade verschlossen (maßen allhier und dort zur Lade ein Schlüssel bleibt) allemal versiegelt überliefert, Du hingegen ab Hamburg alle Briefe und Sachen annehmen, auf einer Charte alles ordentlich specificiren, die Lade hinwieder verschließen und die Charte wieder versiegelt anhero an Unseren Postverwalter übersenden sollst."

Jansen antwortete hierauf unterm 5. März, er werde dem erhaltenen Befehle nachkommen und die Post vor seinem Hause expediren, damit aber keine Klage komme, müsse er die "dabei befindliche Nothdurft" anzeigen, nämlich fürs Erste ein Postreglement, darin die Zeit und Stunde angegeben, wann die Sachen geliefert werden müssen; denn so viel Jahre die Post von Schwerin dort gewesen, habe er sich vor Abgang derselben eingefunden und alles angewandt, damit, was möglich, fortgeschafft werde; er klagt, daß die Sachen für seine Durchlaucht in der Regel erst gebracht würden, wenn die Post schon im Abfahren begriffen, und schlägt vor, daß ein bestimmtes Quantum als Ladung der Post festgesetzt werden möchte, was besonders in der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 30 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Austernzeit, und wenn Küchenprovision oder gar Steine versandt werden sollen, sehr nöthig sei, da in solchen Fällen schon Pretiosa hätten zurückbleiben müssen, auch soll nach seiner Proposition ein Jeder genau angeben, was er bringe, damit nichts versehen werde, um so mehr, als die Juden bisweilen kleine Päckchen von großem valeur brächten, und diese in der allgemeinen Stube hingelegt würden; er wünscht ferner den Wagen mit einer Schoßkelle versehen, um eventualiter "ein Pferd Ladung" mehr fortbringen zu können; zum Vergleich rühmt er den Wagen der Güstrow'schen Post, welche eine verschließbare Kiste (die Postlade) bei sich führe, und deren Wagen vorne und hinten eine Schoßkelle habe und nicht einen großen Sack mit Hafer bei sich führe wie die Schweriner Post.

Von der Berliner leichten Post berichtet Jansen, daß sie einen Wagen zu 3 bis 4 Personen habe, auf dem aber hinten ein großes mit einem Vorlegeschloß versehenes Felleisen mit eisernen Ketten befestigt sei, in das viele Sachen und Briefe verpackt werden könnten.

Zu den Wismarschen (schwedischen), Berlinschen, Güstrowschen, Holsteinschen, Lüneburger und Lübecker Posten müßten sich die Passagiere Abends vor Abfahrt der Post einschreiben lassen, da er, als Agent, an Se. Durchlaucht alle Posttage nova berichten und besorgen solle und was ihm sonst aufgetragen, so hätte er ohne Adjunkt für beide Dienste nicht Zeit. Der Schleswig-Holsteinsche Agent Syvers, der auch die Post mit versähe, empfange 50 Rthl. für seinen Schreiber und überdem an Accidentien von jedem Packete 2 ßl. Schreibgelb, mit Ausnahme der Sachen für den Hof, und Monsieur Plate (der Postmeister der Güstrowschen Post in Hamburg) sei Seitens des Güstrowschen Hofes ebenso gestellt. Schließlich spricht Jansen den Wunsch aus, daß der Postverwalter von Schwerin bald nach Hamburg kommen möge, um seine Pferde und Wagen unterzubringen und mit ihm zu bereden, wie es künftig mit dem hochfürstlichen Reglement solle gehalten werden.

Die Anregungen Jansens hatten aber keinen Erfolg; eine Antwort auf seinen Bericht erhielt er überhaupt nicht.

Im Jahre 1696 wurde eine Aenderung hinsichtlich des Betriebes der Post in der Weise getroffen, daß die zu den Unterhaltungskosten der Post aus herzoglichen Mitteln bisher geleisteten Zuschüsse nicht weiter gezahlt wurden. Krüger hatte auch ferner die Post auf Gewinn und Verlust zu unterhalten und war verpflichtet, für den Herzog Sachen bis zu 24 Pfund Gewicht frei zu befördern. Die Ursache dieser Veränderung ist aus den Akten

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 31 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nicht ersichtlich, wahrscheinlich war Herzog Friebrich Wilhelm mit den schwebenden potitischen Fragen - in Güstrow war die herzogliche Linie mit dem im Jahre 1695 erfolgten Tode des Herzogs Gustav Adolf erloschen, .und Friedrich Wilhelm hatte von Güstrow Besitz ergriffen - zu sehr beschäftigt, um fernerhin den Posten genügende Aufmerksamkeit zuwenden zu können. Trotzdem wurde der regelmäßige Postenlauf zwischen Schwerin und Hamburg nicht unterbrochen.

Aber im Lande selbst trat bald darauf eine bemerkenswerthe Veränderung mit dem Postwesen ein. Trotzdem die Entwicklung der Posten einen günstigen Fortgang genommen hatte, und die größeren Orte des Landes mit einander und Hamburg und Lübeck bereits in fester Postverbindung standen, entledigte sich die Regierung im Jahre 1697 der Mühewaltung, die mit der Oberaufsicht und Kontrole der Postbetriebes verbunden war, kurzer Hand in der Weise, daß sie sämmtliche Landesposten einer Privatperson in Pacht überließ. Die Akten geben über die Vorgänge und Ursachen, welche diesen Schritt veranlaßten, keine rechte Aufklärung; nur gelegentlich kommt zum Ausdruck, daß Herzog Friedrich Wilhelm seinem Geh. Rath und Hofgerichtspräsidenten von Koppelow in Anerkennung der von demselben geleisteten Dienste die Direction über die Posten übertragen habe. Welcher Art diese Dienste gewesen waren, ist gleichfalls nicht ersichtlich, aber Herzog Friedrich Wilhelm scheint dem Geh. Rath von Koppelow wegen dessen Mitwirkung bei der Besitznahme von Güstrow in irgend einer Weise verpflichtet gewesen zu sein, denn dieser übernahm die Posten, ohne einen Pachtbetrag für dieselben zu zahlen. Möglicher Weise ist für diesen Schritt ein ähnlicher Vorgang im Herzogthum Güstrow maßgebend gewesen, wo Herzog Gustav Adolf seinem Geh. Kammerrath Mumme schon im Jahre 1694 die Posten in Pacht gegeben hatte.

Ueber die Verpachtung wurde ein Vertrag abgeschlossen des Inhalts, daß vom 1. März 1697 ab auf zunächst 10 Jahre die Direction der Posten in Koppelow's Händen liegen sollte. In den Vertrag eingeschlossen waren auch die Posten im Herzogthum Güstrow, welches Herzog Friedrich Wilhelm, wie schon angegeben, im Jahre 1695 in Besitz genommen hatte, obgleich seine Ansprüche bestritten wurden. Aber im Herzogthum Güstrow lag der Betrieb der Posten seit dem Jahre 1694 in der Hand des Geh. Kammerraths Mumme, und Herzog Friedrich Wilhelm hatte diesem im Jahre 1695 bei seiner Anwesenheit in Güstrow den Fortbestand seines Pachtvertrages ausdrücklich bestätigt. Dieser Widerspruch

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 32 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

läßt sich aus den Akten leider nicht vollständig lösen; aber der Umstand, daß von Koppelow durch seinen Vertrag verpflichtet war, für die Uebernahme der Posten im Herzogthum Güstrow jährlich eine Pacht von 1000 Rthlr. an die herzogliche Kasse zu zahlen, und dieser Betrag in keinem Jahre gezahlt worden ist, ferner noch die gleich zu erwähnende gemeinsame Thätigkeit Koppelows und Mummes auch bei der Leitung der Posten im Herzogthum Schwerin läßt den Schluß zu, daß beide Pächter sich über ihre gegenseitigen Ansprüche friedlich vereinbart haben.

Der Vertrag bezüglich der Posten im Herzogthum Schwerin trat am 1. März 1697 in Kraft; von Koppelow erhielt nach demselben freie Verfügung über das gesammte Postwesen, jedoch mit der Bedingung, daß alle bisherigen fürstlichen Verordnungen betreffs des Postwesens in Kraft bleiben, und Beschwerden über die Verwaltung des Postwesens in erster Instanz zwar vom Postdirectorium, in Berufungsfällen aber von dem herzoglichen Geh. Rath entschieden werden sollten. Im Uebrigen konnte von Koppelow das Personal bei den Posten selbständig annehmen oder entlassen; die für den Dienst erforderlichen Personen sollten aber als fürstliche Bediente angesehen werden. Hinsichtlich der herzoglichen Korrespondenz war vereinbart, daß für Sachen im Gewichte über 20 Pfund das Porto nach der Postordnung üom Jahre 1686 erlegt, für Briefe aber kein Porto entrichtet werden sollte.

Ueber Koppelows Thätigkeit im Postwesen sind Nachrichten nur in äußerst beschränktem Umfange aufbewahrt worden, und diese hier und da in den Akten verstreuten Bemerkungen lassen ein Urtheil über seine Wirksamkeit nicht zu. Von erheblichem Einfluß auf die gedeihliche Entwicklung der Posten kann seine Thätigkeit aber kaum gewesen sein, denn seine sonstigen Amtsgeschäfte ruhten auch fernerhin auf ihm, und die Uebertragung der Posten in Pacht mußte ihm zunächst nahe legen, wie aus einem reinen Pachtverhältniß sich von selbst ergiebt, das Pachtobject vom Geldstandpunkt aus zu betrachten, also die ertragsfähigen Kurse zu begünstigen, und kostspielige Neuanlagen oder bloße Verbesserungen der bestehenden Einrichtungen anstehen zu lassen. Uebrigens stand dem früheren Unternehmer der Schwerin-Hamburger Post, dem nunmehrigen Hofpostmeister Krüger in Schwerin, nach seiner Bestallung ein Aufsichtsrecht über die Posten im Herzogthum Schwerin zu, wofür er neben einzelnen Accidenzien z. B. für den Vertrieb von Zeitungen, ein Jahresgehalt von 100 Rthl. bezog.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 33 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Noch ein Moment aus v. Koppelows Pachtverhältniß ist bemerkenswerth. Schon im Jahre 1697 übertrug von Koppelow seine aus dem Pachtvertrage hervorgehenden Ansprüche mit Wissen des Herzogs zum Theil auf den Geh. Kammerrath Mumme in Güstrow, aus welchem Anlaß und mit welcher Rechtswirkung, geht aus den Akten nicht klar hervor; aber einerseits kommt Koppelows Unterschrift noch in den nächsten vier Jahren in den Postakten vor, andererseits finden sich unter manchen Schriftstücken, welche von Mummes Hand herrühren, aber die Posten im Herzogthum Schwerin betreffen, die Unterschriften sowohl Koppelows als Mummes, sodaß man nur auf ein gemeinsames Handinhandarbeiten beider Männer schließen kann.

b. Postanlagen im Herzogthum Meklenburg-Güstrow.

Die Einrichtung der Posten im Herzogthum Güstrow erfolgte zwar später aber bei Weitem planmäßiger als im Schwerinschen Gebiet. Die erste Nachricht giebt eine Verordnung des Herzogs Gustav Adolf vom 26. November 1661. Damals wurde seitens der Güstrower Regierung noch die Hamburger Botenanlage in Rostock benutzt; zwischen Rostock und Güstrow verkehrten wöchentlich zwei "ordinari Post(Fuß)boten." Die vorbezeichnete Verordnung bestimmte nun für die Zukunft:

"Fügen allen und jeden Unterthanen, sonderlich denen, die sich des Fuhrwerks gebrauchen, hiemit zu wissen:

Demnach Wir der Posten halber zwischen hier und Rostock die Verordnung gemachet, das der ordinari Postwagen von hier nach Rostock alle Woche zweimahl als des Mitwochs und Sonnabends und dann von Rostock biß hieher des Montags und Freytags abgehen und der reisende Mann umb ein billigs mit übergenommen werden soll, alß befehlen wir allen und jeden Vnserer Unterthanen insonderheit aber den Fuhrleuten, das sie an obenerwehnten Tagen keine Persohnen von hier nacher Rostock oder von Rostock bis hieher, es sey umb was für einen Preiß es wolle, bei Vermeidung Sechs Rthlr. Strafe für jede Person, so oft sie dawider handeln, halb in Unser Kammer, vndt halb dem, der die Posten bestellet, zu erlegen, überfahren sollen, es wehre den, das der ordinari Postwagen seine völlige Ladung hette; gestalt den unser Stadtvoigt wie auch Burgermeister

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 34 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und Rath alhier mit allem Ernst darüber zu halten undt die Delinquenten obbesagter Maßen abzustraffen hiemit befehliget sein sollen."

In Güstrow besorgte Hieronymus Dohnstein als herzoglicher Postmeister die Abfertigung der Post. Die vorher ausgesprochene Warnung an alle Fuhrleute war nicht ohne Ursache geschehen, denn schon bald nach Eröffnung der Post nach Rostock sah Dohnstein sich genöthigt, beim Herzoge über die Unterschleife, welche Rostocker und Hamburger Fuhrleute und Frachtfahrer gegen sein Privileg durch Mitnehmen von Reisenden u. s. w. verübten, Klage zu führen, und seinen fortgesetzten Bemühungen gelang es, im Jahre 1663 zwei herzogliche Verordnungen zu erwirken, Kraft deren die Fuhrleute bei Zuwiderhandtungen gegen Dohnsteins Privileg durch den Stadtvogt in die verordnete Strafe genommen werden sollten. Aber die "gravamina" seiner "beschwerlichen Postverwaltung" wurden, schreibt Dohnstein, auch hierdurch nicht verringert, sodaß der Herzog nunmehr Bürgermeister und Rath der Stadt Rostock bei 200 Rthlr. Strafe untersagte, Hamburger Frachtfahrer in Rostock einzulassen. Ob die Verordnung, die den Interessen Rostocks zum Besten einer Person empfindlichen Schaden zufügte und sicher auch Repressalien seitens Hamburgs befürchten lassen mußte, Erfolg gehabt hat, muß bei dem damaligen ungünstigen Verhältniß zwischen den meklenburgischen Herzögen und ihrer erbunterthänigen Stadt Rostock bezweifelt werden. Um so mehr war Dohnstein aber auf seinen Vortheil bedacht. Zu Anfang des Jahres 1664 veranlaßte er sogar die Festnahme eines Rostocker Frachtfahrers, welcher am Posttage Personen nach Güstrow befördert hatte, sodaß der Dohnsteinsche Postwagen hatte leer fahren müssen. Die herzogliche Kammer in Güstrow hieß das Verfahren Dohnsteins gut und legte dem Rostocker Frachtfahrer die verordnete Strafe von 18 Rthlr. (für 3 heimlich mitgenommene Personen) auf.

Damit hatte Herzog Gustav Adolf sich ganz auf den Boden der Kreistagsbeschlüsse von 1661, 62 und 64 gestellt und aus der Theorie, das Postwesen sei durch den westfälischen Frieden landesherrliches Regal geworden, nur die praktische Folgerung gezogen.

Von irgend einer Seite wurden den Bestrebungen Gustav Adolfs Hindernisse zunächst nicht in den Weg gelegt, vielmehr wurde auch im Lande selbst in gewissem Umfange das Hoheitsrecht als solches respectirt; denn als im Jahre 1662 die Stadt Neubrandenburg um die Erlaubniß zur Haltung eines Postboten

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 35 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nach Güstrow nachsuchte, genehmigte Gustav Adolf zwar den Antrag, aber mit der Einschränkung, daß die Haltung des Boten nur so lange gestattet werden könnte, bis der Post halber eine andere Verordnung erlassen werde.

Im Jahre 1663 kursirte schon eine Fahrpost von Güstrow nach Neubrandenburg und schloß hier an den Kurs nach Stettin an. Gustav Adolf verfügte wegen der Post: "Wann dazu solch' nöthige und nützliche Werke, wovon die ohnentbehrliche Korrespondenz sammt Wiederherstellung der Commerzien hengen, einige Kosten erfordern, soll Bürgermeister Krauthoff in Neubrandenburg sich mit der Ritterschaft und den Städten wegen Aufbringung der Kosten verstandigen." Schon damals plante Gustav Adolf, sofort bei günstiger Gelegenheit den Kurs bis Stettin auf eigene Rechnung fortzusetzen.

Die Güstrower Rentereirechnung vom Jahre 1664 berichtet von einer herzoglichen Post von Güstrow nach Neukloster und Wismar, welche gleichfalls von Dohnstein gehalten wurde. Mit dieser Post gelangte die herzogliche Korrespondenz ins Reich nach Lübeck und Hamburg zur Beförderung. Dohnstein hatte für diese sowie für die Rostocker Post eine jährliche Rekognition an die Rentkammer zu zahlen, anfänglich von 100 Rthlr. für die Rostocker und von 60 Rthtr. für die Wismarsche Post. Dohnstein wußte sich aber bald von dieser Verpflichtung frei zu machen, indem er Viehsterben und sein Unvermögen überhaupt vorschützte. Die Rekognition wurde demnächst für die Rostocker Post auf 50 Rthlr. ermäßigt; die Abgabe für den Wismarschen Kurs kam 1669 in Fortfall, da Dohnstein durch Zeugen nachwies, daß diese Post meist leer fuhr und gewöhnlich nur die herzoglichen Sachen beförderte, weit die Fuhrleute ihm fortgesetzt Konkurrenz machten.

Die Rekognition von 50 Rthlr, blieb aber bei Bestand, "welche er dann bishero (1673) der fürstlichen Kammer bahr oder durch Hergebung der zur Hofstath benöthigten Seife allemahl richtig abgetragen." Dohnsteins Verhältnisse waren aber nicht die besten, obgleich er auch die Niederlage der Seifenfabrik in Wismar hatte, von der der Seifenmonopol-Besitzer für das Herzogthum Güstrow Abraham von der Walle in Dargun seine Seife bezog; denn als er bald darauf, wie hier vorweg bemerkt werden mag, an Porto für die Beförderung fürstlicher Sachen 70 Rthlr. zu fordern hatte, reichte er ein Bittgesuch nach dem andern wegen Zahlung des Betrages ein, endlich auch an die Herzogin Sibylle; schließlich drohte er sogar, daß er bis zur Zahlungsleistung keine Seife mehr liefern werde. Dohnstein hielt

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 36 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sich unter diesen Umständen nur noch einige Jahre in seinem Amte; sein Nachfolger war 1678 Daniel le Plat.

Dohnstein hatte schon am 1. August 1667 eine Ordonnanz für die Postfahrten nach Wismar und Rostock von der Regierung erhalten. In derselben war ihm vorgeschrieben, auf jedem Kurse wöchentlich zwei Fahrten auszuführen. Er mußte sofort nach seiner Ankunft in Wismar und Rostock bz. Güstrow die Briefcharte, d. h. das Verzeichniß seiner Ladung in seinem Quartier aushängen. Sonst enthielt die Ordonnanz Taxbestimmungen, ferner Straffestsetzungen gegen Fuhrleute, welche an Posttagen Personen beförderten.

Inzwischen bemühte sich H. Gustav Adolf das Postnetz des Landes immer mehr zu erweitern. Zunächst wandte er der größten Stadt in ganz Meklenburg - Rostock - seine Aufmerksamkeit zu. Hier hatte bisher, wie wir oben schon gesehen haben, der Hamburger Botenbetrieb fortbestanden, und der Hamburger Postmeister daselbst unterhielt die Kurse von Lübeck und Demmin bis Rostock. Sei es nun, daß die guten Erträge dieser Kurse das Verlangen der Güstrower Regierung reizten, sei es auch, daß Gustav Adolf das Bestehen einer fremden Beförderungsanstalt in seinem Lande mit seinen Anschauungen über das Postregal als ein ihm zustehendes landesherrliches Hoheitsrecht für unvereinbar hielt, genug, schon in einer Geheimrathssitzung im Jahre 1660 war die Angelegenheit eingehend erörtert worden, wobei die Ansicht durchdrang, daß die Bestellung von Posten keiner Stadt, sondern zuvörderst dem Kaiser, demnächst den Landesfürsten in ihren Territorien zustehe, man daher dem Hamburger Senat die Aufhebung der Botenanlagen aufgeben müsse. Um der Sache mehr Nachdruck zu geben, wollte man gemeinsam mit der Schweriner Regierung handeln und vorerst der letzteren Gedanken vernehmen, "ob nicht der Postmeister zu Rostock von beiderseits regierenden Herren, und in eines jedweden Gebiet und Landen die Posten von der Herrschaft, durch deren Gebiete sie gehen, zu bestellen, und der Vortheil, den die Stadt Hamburg daraus ziehet, von den Landesposten zu heben sei."

Im Jahre 1666 hatten sich die beiden Regierungen dahin verständigt, daß der bisher vom Hamburger Botenamt ausgeübte Postdienst auf der Strecke Lübeck - Rostock - Demmin von beiden herzoglichen Regierungen gemeinsam eingerichtet werden solle. Trotz aller Vorstellungen der Hamburger Boten, sie in ihrem althergebrachten Betriebe nicht zu stören, und trotz der Fürsprache,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 37 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

die der Hamburger Senat ihnen angedeihen ließ, blieben die mektenburgischen Regierungen fest. Sie ernannten am 15. November 1666 die bisherigen Hamburger Postverwalter Nicolaus Bahlemann und Hans Schwengel in Rostock zu herzoglichen Postmeistern und trugen ihnen die Verwaltung des Lübeck - Rostock - Demminer Postkurses auf. 1 ) Als Abgabe hatten beide jeder Regierung den Betrag von je 33 Rthlr. 16 ßl. zu entrichten.

Lange indessen sollte sich Hans Schwengel des herzoglichen Postdienstes nicht erfreuen. Der von ihm nebenher betriebene Weinhandel hatte ihn seines Dienstes nicht genügend warten lassen, so daß der H. Gustav Adolf sich genöthigt sah, Bahlemann allein den Postdienst zu übertragen. Die deswegen erlassene Verordnung d. d. Güstrow, 12. April 1675 giebt zugleich über den Betrieb der Postanlage sowie die Beziehungen des Postmeisters zu den beiden Höfen einen so reichen Aufschluß, daß sie im vollständigen Wortlaut hier folgen mag:

"Wir Gustav Adolf u. s. w. urkunden und bekennen hiermit, . . . ob wir woll benebenst Unsers Vetters Herzogs Christian Louis zu Meklenburg Liebden Anno 1666, den 15. November, Hans Schwengeln und Niclas Bahlemann zu Rostock für Unsere Postverwalter daselbst auf gewisse Maas bestellet, daß Wir doch aus verschiedentlich eingelangten Beschwerungen der bei der Dantziger Post zu Hamburg interessirenden wider Verhoffen vernehmen müssen, daß sowol der Kgl. Schwedischen Regierung als anderen Kaufleuten zu Hamburg wegen gar zu später Ankunfft des Rostock'schen Postillions zu Demmin, 2 ) allerhand Irrung und Unrichtigkeit in Bestellung ihrer Brieffe causiret wird, als wir aber befunden, daß solches Vnwesen gutentheils daher rühret, das ermelter H. Schwengel seines Weinhandels und anderer Vmstand halber dem Postwesen so genaw vnd allerdings mit solchem Fleiß, wie erfordert wird, nicht obliegen kann, dessen Consort N. Bahlemann auch daher, weill ihm die Mühe allein aufgebürdet werden will, der Mühe endlich überdrüssig worden, vnd dadurch noch mehr Vnordnung dabey einreißen mögte, so haben Wir für gut befunden, besagtem Niclas Bahlemann das Postwesen, soviel Uns betrifft, allein aufzutragen, vnd ihn für Unsern Postverwalter Unsers Theils zu bestellen, . . . also, daß er die Posten zwischen Rostock und Lübeck und dann zwischen Rostock und Demmin sowoll zu Pferde als zu


1) Die Bestallung ist als Nr. 4 des Anhangs abgedruckt,
2) Demmin war d. Z. schwedisch.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 38 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Wagen wochentlich 2 mahl bestellen und dabei nicht die geringste Verseumniß vorgehen lassen, auch zu dem Behuff, sich mit tüchtigen getrewen Dienern, Knechten, guten starken Pferden und Wagen versehen, die paqueten bei Zeiten woll versiegeln vnd verschließen vnd die Postknechte damit zu rechter Zeit und bestimmter Stunde wegreiten und fahren lassen, wochentlich also damit coutinuiren und dahin vornehmlich sehen solle, daß alles ehrlich und auffrichtig ohne einzige Gefehrlichkeit, Vnterschlag vnd Vervortheilung geschehen möge, für welche seine hierunter anwendende Kosten vmd gebührende Mühe wir Unsers Theils gn. geschehen lassen, auch hiermit verordnen, daß er sowoll für die Persohnen als das Porto der Brieffe inhalts der hiebevor von Uns und hochged. Unsers Vetters Ld. ihm und H. Schwengeln ertheilten Ordonnanz ein gewisses Geld einheben und dasselbe in allen gehorsamblich nachkommen und geloben solle, jeboch daß, wenn Wir einige Brieffe bei der Post fortzuschicken haben, soweit Unsere Lande betrifft, dieselben ohne Porto mit überbracht werden sollen, wie Wir denn hiermit gn. versprechen vnd zusagen, ermelten Unsern Postverwalter N. Bahlemann . . . bei diesem Dienst und Postwesen, so lang er lebet, vnd . . . alles dasjenige allein praestiren wird, was bisher er und sein consort H. Schwengel insgesambt zu praestiren schuldig gewesen, jederzeit zu schützen." 1 )

In Rostock war der Wechsel der Posteinrichtungen zwar zunächst glatt von Statten gegangen, aber bald gerieth Bahlemann in eine schwierige Lage durch das vom Rathe konzessionirte Fuhramt, dessen Genossen zum Personen- und Sachtransport in einer Rolle zusammengeschlossen waren. Zur Gründung des Fuhramts hatte jedenfalls die Errichtung einer Herzoglichen Postanstalt Anlaß gegeben, da die Fuhrleute eine Schädigung ihres Gewerbes von den Posten vielleicht nicht ohne Grund besorgen mußten.

Bahlemann suchte, gestützt auf zahlreiche herzogliche Verordnungen, welche ihm allein die Brief- und Personenbeförderung zuwiesen, jede Konkurrenz des Fuhrgewerbes zu unterdrücken. Beide Parteien bemühten sich nun, einander nach Kräften zu schädigen; in den Pfändungen von Wagen und Gespannen kamen die Repressalien zum Ausdruck. Nun erhob Bahlemann Klage


1) Die Uebernahme der Postgeschäfte durch Bahlemann allein scheint auch von der Schweriner Regierung bestätigt zu sein, denn er kommt fernerhin auch in den Schweriner Akten allein vor.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 39 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

beim Herzog, und dieser befahl Bürgermeister und Rath, Bahlemann in seinem Amte zu schützen.

Es ist von Interesse, die Stellung der Stadt Rostock zu den herzoglichen Intentionen kennen zu lernen; der Magistrat berichtete nämlich unter dem 7. Mai 1683 an H. Gustav Adolf:

"E. hochf. Durchl. Rescriptum vom 1. Mai dieses Jahres, welches unser Bürger Niclas Bahlemann wieder unß außgebracht hat, ist unß vor wenig Tagen insinuiret worden und haben darauß mit höchstem Befrembden ersehen müßen, was gestalt derselbe sich darüber beschweren wolle, als suchten in E. h. D. Post-Regali wir einzugreiffen, auch zugleich zu verhindern, daß die reisenden Leute mit dem Postwagen nicht fortkommen, sondern sich anderer Fuhre mit größeren Kosten und Tardirung gebrauchen müssen, und waß daher E. h. D. an unß fast mit höchsten Ungnaden gelangen zu lassen bewogen werden. Nun hetten wir unterthänigst wünschen mögen, daß E. h. D. gnädigst geruhen wollen, unß des Supplicanten übergebene Schrift nach Inhalt des Erbvertrages zugleich zuzufertigen, so hetten wir die falsa narrata soviel deutlicher darauß E. h. D. vorstellen können; inmittels müßen wir doch unterthänigst anzeigen, und ist es notorium, daß solange diese Statt gestanden und sowoll E. h. D. als dero höchstlöbliche Vorfahren die Regierung geführet, alhie kein sonderlicher PostverwaIter befindlich gewesen, sondern wie die hiesigen Briefe bloß die Kaufmannschaft concerniren, und waß sonst hin und wieder von frembden Ohrten im Felleisen überbracht wirb, sofort zu Pferde durchgehet; so sind daher auch von einem hiesigen Bürger bloßer Dinge solche Briefe versorget und ist auf einiges Post-Regale keine reflexion gewandt worden, wir haben demnach auch gar woll verstatten können, daß wegen der Briefe-Post die gnädigste Landesherrschaft diesem unserm Bürger Niclas Bahlemann gewiße commission gnädigst übertragen mögen. Wie aber ohnedem auß den Rechten bekannt ist, daß das eigentliche Post-Regale, so wie es von Ihr Kayl. Maytt. vor sich behauptet wird, mit dem Fuhrwerk des reisenden Mannes keine Gemeinschaft habe, sondern bloßer Dinge auf die Brieffe gerichtet sey, so wolte zumahl höchstpraejudicirlich fallen, wenn dieser Balemann hieselbst sub praetextu des Postwesens im Fuhrwerk ein monopolium einführen und den reisenden Mann necessitiren könnte, an einen gewissen Wagen sich zu verdingen, damit er sein unbilliges lucrum desto höher treiben möge. Es sollte sich derselbe Nacht und Tag billig vor

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 40 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Augen stellen den tragicum eventum , welchen vor wenig Jahren sein eigenwilliges Verfahren causiret, da Vater und Sohn darüber zur desperation gebracht und sich auf offentlicher Heerstraßen an den Postknecht vergriffen, daß sie beede das Leben darüber verliehren und zum Denkmahl ihnen eine Seule in loco delicti aufgerichtet werden müssen. 1 ) Nicht viel Bessers würde man zu erfahren haben, wenn diesem Postverwalter solte frey stehen, einen von unsern Fuhrleuten allein zu beneficiren und die Abfuhr der Leute zuzuschantzen, da solches der wohlhergebrachten Fuhrordnung, so mit den Stätten Wismar und Lübeck beliebet, ausdrücklich entgegenlauffet, da denn unsere Fuhrleute gar übel daran sein würden, wenn sie schon von dem Güstrow'schen Fuhrwerk durch die Post daselbsten contra libertatem commerciorum abgestoßen sein, daß sie auch nach Wismar und Pommern nichts abführen dürften, weil auf solche manier das gantze Fuhrwerk zu der trafiquen größten Schaden und dieser Statt höchstem praejudiz gantz niedergeleget werden müsse, da doch die Fortschaffung des reisenden Mannes weit besser durch gesambte Fuhrleute nach ihrer gemachten Vereinigung kan befördert werden, als wenn nach des BahIemanns caprice einem Fuhrmann allein solche Abfuhr unter die Hände gegeben würde, weil allemahl praesumirlich , daß viele Interessenten ihre Pferde und Wagenzeug besser im stande werden halten können, als ein Kerl allein, insonderheit da die Fuhrleute bey Nacht und Tage parat sein und, es finden sich viele oder wenige Personen ein, dennoch umb den gesetzten Preiß fahren müßen, daß also der bloße Eigennutz des Bahlemanns hierunter hervorscheinet, wie denn unleugbar ist, daß im gantzen Römischen Reiche das Briefe-Porto nirgend so hoch alß hier bezahlet werden muß, weßfalls E. h. D. mit viel nachdrücklichem Eyfer ein ernstes Einsehen hierauf zu wenden haben, zu geschweigen der nothwendigen Beybehaltung und Vermehrung des Fuhrwerks, alß welches bey ereugnenden Fewersbrünsten, die Gott in Gnaden verhüten wolle, dann auch bei Krieges Zeiten und Außfällen sehr nutzbahr in Darstellungen einer guten Anzahl der Pferde zu halten, welches aber nicht conserviret werden mag, wenn man den Leuten alle Mittel benimbt, ihre Handthirung zu treiben.

Weil denn nun E. h. D. auß solchen allen gnädigst zu erkennen haben, daß dem Postwesen durch die Fuhrordnung gar nicht vorgegriffen, vielmehr der reisende Mann durch solche Anstalt


1) Die Acten über den Ueberfall sind vorhanden, über das Denkmal melden sie nichts.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 41 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

befordert wird, darumb auch zu Wißmar, obgleich der Postmeister vom Königl. Tribunal dependiret , dennoch das Fuhrwerk mit den Brieffen nicht vermenget wird, sondern der Rath daselbst durch die Fuhrleute den reisenden Mann auf Lübeck bringen läßet, und wenn alhie wider das alte Herkommen ein monopolium hierin eingeführt werden sollte, solches der Statt und in specie den hiesigen Fuhrleuten zum augenscheinlichen Verderb ausschlagen würde, wir auch wegen der Statt Privilegien und Interesse solches unterthänigst verbitten müssen - so ersuchen E. h. D. Wir hiermit gehorsambstes Fleißes, dieselben geruhen diese Umbstände fürstväterlich zu ponderiren und den Eigennutz eines Mannes der gemeinen Wollfarth einer gantzen Statt nicht vorziehen zu lassen, vielmehr den zutringlichen Supplicanten dahin gnädigstes Ernstes anzuweisen, daß er seiner Brief- portes warten und die taxam so einrichten solle, 1 ) daß es verantwohrtlich, und die bisherigen Klagten vermieden bleiben können, im Uebrigen aber wegen fortbringenden reisenden Mannes sich der gemachten Fuhr-Ordnung gemees bezeigen solle, und wie der Fuhrmann Lappe, welchen er bisher allein dazu vermeintlich gebrauchen wollen, mit in solcher Societät begriffen ist und der Ordnung nach fahren kann, also allenthalben der Nutzen des Postwesens und reisenden Mannes von Unß nach Vermögen befördert wird, und wir solchem nach die angedeutete Ahndung nicht meritiret haben . . .

Rostock, 7. Maji Anno 1683.

  Bürgermeister und Rath
wie auch vier Gewerck
Ew. h. D. Statt Rostock."

Aber Bahlemann behielt trotz dieser beweglichen Vorstellung in dem Streit die Oberhand. Herzog Gustav Adolf nahm sich seiner nachdrücklichst an; mehrfach wurden empfindliche Strafen gegen Zuwiderhandelnde verhängt, sodaß die offenen Angriffe und Belästigungen der Posten mit der Zeit ganz aufhörten. Im Stillen fügten die Fuhramtsgenossen den Posten indeß durch Beförderung von Reisenden, Briefen u. dergl. auch weiterhin Schaden zu, aber gegen dieses Unwesen konnten auch herzogliche Verordnungen nicht schützen, denn die Ueberwachung der Frachtfahrer unterwegs war unter damaligen Verhältnissen unmöglich.


1) Die Taxe war keineswegs Bahlemanns Ermessen überlassen, sondern bei der Einsetzung der beiden herzoglichen Postmeister 1666 von den beiden Herzogen festgesetzt. Diese älteste meklenburgische Postordnung (Ordonnanz) mit Taxe ist als Nr. 5 des Anhangs beigefügt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 42 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der Postkurs von Rostock wurde Mitte der achtziger Jahre während des zwischen Dänemark und Brandenburg ausgebrochenen Krieges, welcher sich zeitweilig auf meklenburgischem Boden abspielte, auf kurze Zeit unterbrochen. Im Uebrigen erlitt derselbe keine Störung, sondern erhielt sich. wenn auch Konkurrenzunternehmungen Seitens Hamburgs und Schwedens bald darauf eingerichtet wurden.

Die Uebernahme des alten Hamburger Botenkurses innerhalb meklenburgischen Gebiets hatte übrigens auch Anlaß gegeben zur Errichtung eigener herzoglicher Ablagen im Auslande, nämlich in Demmin und Lübeck. Beide Orte bildeten die Endpunkte bes Kurses. Aber sowohl in Lübeck wie in Demmin übernahmen später die Landespostmeister gegen Entschädigung die Abfertigung der meklenburgischen Posten.

Herzog Gustav Adolf war inzwischen unablässig bemüht gewesen, den Verkehr mit Hamburg durch Einrichtung einer directen Post dahin zu erleichtern, um sich dadurch von dem Hamburger Botenkurse auch auf der Strecke Lübeck - Hamburg frei zu machen. Er versuchte schon in den sechziger Jahren, von der Schweriner Regierung die Erlaubniß zum Durchgang der Post durch deren Gebiet zu erlangen, die Verhandlungen blieben aber resultatlos. Im Jahre 1670 erließ er an seinen (Amts=) Hauptmann von Bülow zu Boizenburg (dieses Amt gehörte zum Herzogthum Güstrow) den Befehl, die Bauern zu einer stehenden wöchentlichen Fuhre zwischen Boizenburg und Güstrow zur Ueberbringung der von Hamburg jeden Freitag Morgen mittels besonderer Amts=(Wein)fuhre für den Güstrower Hof anlangenden Päckereien anzuhalten. Die Bauern schützten aber ihre schlechten Umstände vor und machten so viele Einwenbungen, daß v. Bülow dem Herzoge den Vorschlag machte, in Boizenburg einen Knecht mit zwei Pferden aufzustellen, welcher die Hamburger Sendungen am Freitag Abend nach Banzkow abzuliefern hätte, von wo dieselben dann von Güstrow aus abgeholt werden könnten.

Da sich zufällig zwei Unternehmer für die Postfahrt von Boizenburg nach Güstrow fanden, so erließ H. Gustav Adolf schon unter dem 10. März 1671 eine herzogliche Ordonnanz, wie es mit den ordinären wöchentlichen Fuhren von Güstrow nach Boizenburg et vice versa gehalten werden solle. Hiernach waren die beiden (Post-) Aufseher Haltermann und Krüger zunächst verpflichtet, einen guten Wagen zu 6 Personen, mit tüchtigen Pferden bespannt, in Bereitschaft zu halten, "damit die Reisenden zu rechter und vorher festgesetzter

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 43 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zeit ihren Bestimmungsort erreichen." Die Wagen sollten Freitags Morgens von Boizenburg und von Güstrow abfahren, sodaß sie bei guter Zeit in Banzkow eintreffen und am Sonnabend nach Auswechslung ihrer Ladungen nach Boizenburg bz. Güstrow zurückkehren konnten. Die Erträge der Post sollten ganz für die herzogliche Kammer berechnet werden; vierteljährlich war mit derselben auf Grund der Charten abzurechnen. Haltermann und Krüger erhielten zum Betriebe der Post 150 Rthl., und außerdem 20 Rthl. zu ihrer Ergötzlichkeit. Verhandlungen rnit dem Schweriner Hofe wegen des Durchgangs der Post haben diesmal anscheinend nicht stattgefunden.

Der Gang der Post wurde nach dem Fahrplan der großen Berlinschen Post geregelt, welche am Donnerstag Abend von Hamburg in Boizenburg eintraf und am Sonntag Früh von dort wieder nach Hamburg fuhr. "Damit kommen wohl 10 Personen und mehr, und sie nimmt soviel Wagen von einem Orte zum andern, als dazu nothig sind," schrieb von Bülow an den Herzog. Die Post überbrachte die Briefschaften und Päckereien aus Hamburg und dem Reiche nach Boizenburg, von wo sie nunmehr auf die neu eingerichtete Güstrowsche Post übergeladen wurden.

Die kurfürstliche Post zwischen Berlin und Hamburg passirte meklenburgisches Gebiet auf der Strecke von Lenzen nach Boizenburg. Sie war nach einer zwischen Meklenburg und Brandenburg getroffenen Vereinbarung verpflichtet, für die Meklenburgischen Höfe Briefe und Päckereien frei mit zu befördern, aber diese Bestimmung wurde von den Brandenburgischen Beamten häufig außer Acht gelassen. Man empfand dies in Güstrow um so mehr, als die freie Beförderung der herzoglichen Sendungen die einzige Gegenleistung war, welche seitens der kurfürstlichen Posten für den freien Transit durch Meklenburg übernommen war. Da auch Vorstellungen am Berliner Hofe nicht dauernd Abhülfe schafften, so nahm H. Gustav Adolf das alte Project wieder auf, eine eigene Post ganz bis nach Hamburg anzulegen.

Der Kostenpunkt gab zwar noch zu Erwägungen Anlaß, aber Bülow wies darauf hin, daß über die Berliner Posten viele Beschwerden im Publikum beständen, und daß der Güstrow - Boizenburg - Hamburger Post hinlänglicher Verkehr zufließen würde, zumal wenn die geplante Güstrow - Demminer Post hergestellt und dies in Hamburg bekannt gemacht würde.

Als aber ein Unternehmer nicht sofort gefunden werden konnte, schlug Bülow vor, die Post einstweilen auf herzogliche Kosten einrichten zu lassen. Aber auch jetzt noch wäre der Plan

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 44 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

unausgeführt geblieben, wenn nicht die Kunde von der Absicht Brandenburgs, die Zahl der Berlin - Hamburger Postfahrten zu vermehren, nach Güstrow gedrungen wäre. 1 ) Dieser Umstand brachte die Regierung in Güstrow zu schnellem Entschluß. Ein Unternehmer fand sich nach langeren Ermitttungen in der Person des Hamburger Bürgers Heinrich Wohldorf. Wohldorf erhielt kontraktlich die Postfahrt mit der Bedingung, daß die Post jeden Freitag von Hamburg abfahren solle. H. Gustav Adolf stellte noch die besondere Forderung, daß das "Porto" für eine Person bis Boizenburg 8 - 12 ß billiger bemessen werden sollte, als das Porto auf der Berliner Post. Gleichzeitig mußte Hauptmann von Bülow den in Boizenburg eintreffenden kurfürstlichen Postillonen untersagen, hinfort weder für den Herzog noch sonst für eine Person in Güstrow oder Boizenburg Sendungen mitzunehmen, und Wohldorf instruiren, "bei eröffnetem Wasser Ihrer Durchlaucht zu Dero Hofstaat einige rare Fische und andere Küchensachen in Hamburg aufzukaufen."

Die neue Post machte der Regierung in Güstrow bald nach ihrer Einrichtung schwere Sorgen, zuerst durch die geringen Erträge, welche Wohldorf veranlaßten, noch im Dezember 1674 den Vertrag zu lösen, sodann durch die Mißhelligkeiten mit Hamburg und ferner mit der Regierung in Schwerin wegen des Durchgangs der Post durch deren Gebiet. Zunächst ließ Gustav Adolf die Post auf der Strecke Boizenburg - Hamburg für eigene Rechnung verwalten. Um den argen Defrauden des Postillons und später der Postaufseher, sowie dem Mißbrauch der Portofreiheit seitens der Hofbedienten, wodurch die Postaufkünfte sehr


1) In dem an den Herzog erstatteten Vortrage vom 17. Febr. 1674 heißt es u. A.: "Anmaaßen Ihre Kurf. Durchl. zu Brandenburg im Werke begriffen, noch eine Post von Boitzenburg nach Hamburg anzulegen, daß dieselbe also in Ew. Durchl. Gebiet die Woche 4 Posten von Boitzenburg bis Hamburg würden gehen lassen, da sie doch Ew. Durchl. für solche Konzession der Posten nicht das Geringste zu Willen sein und die Ew. Durchl. zustehenden Sachen nicht allein nicht ohne Entgelt überbringen, besondern es müssen ihnen dieselben aufs Theuerste, wie das pretium nur gesetzt wird, bezahlt werden, und sind die Kurfürstl. Postknechte noch so insolvent, daß sie in Hamburg öfters difficultäten machen, ob sie Ew. Durchl. Sachen für Geld mitnehmen wollen, zuweilen haben sie auch wohl gar Ew. Durchl. Sachen verloren und, wann bei Ihnen Nachfrage geschehen, noch unnütze Worte dazu gegeben; würde also zu Eurer Durchl. Nutzen und hochfürstl. Respect gereichen, wenn Ew. Durchl. selbst die Post gnädigst anlegen ließen und also den kurfürstlichen Posten einigen Abbruch thun könnten. (Adam von Biereck und H. A. von Schütz.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 45 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

geschmälert wurden, endgültig vorzubeugen, bestimmte er, daß alle Briefe und Päckereien ohne Unterschied, also auch die an ihn selbst gerichteten, baar bezahlt und dagegen alle Einkünfte der Post der Kammer genau berechnet werden sollten.

Um die Erträge der Post außerdem zu heben und bezüglich der Taxen nicht zu sehr von der kurbrandenburgischen Taxe abzuweichen, mußte v. Bülow sich in Boizenburg erkundigen, "was vor ein Schiffs  , Tonne, Packet oder andere Sachen, imgleichen auch von einer reisenden Person, wie auch Briefe und was derselben frei passiret wird, genommen werde," auch sollte von Bülow eine genaue Taxe ausarbeiten und nach Befinden eine gewisse Verordnung über die Post abfassen "und dieselbe in den Posthäusern zu männiglicher Nachricht und zur Verhütung allen Unterschleiffs affigiren lassen." v. Bülow konnte aber ausreichendes Material für die Taxe nicht beschaffen, da der brandenburgische Postmeister keine Postordnung zu besitzen vorgab.

Nach kurzer Verwaltung der Postanlage durch die herzogliche Kammer, nahmen durch Vertrag vom 23. Februar 1678 Privatunternehmer die Post wieder in die Hände, und zwar Daniel le Plat in Güstrow die Strecke Boizenburg-Hamburg und Krüger in Boizenburg die Strecke Güstrow-Boizenburg. 1 ) Beide Unternehmer erhietten einen einmaligen Zuschuß von je 100 Rthlr. von der Güstrower Kammer und eine Montirung für den Postknecht. Im ersten Jahre von Ostern 1678 bis dahin 1679 sollten sie die aufkommenden Gelder für sich heben, erst von da ab sollte eine Abrechnung erfolgen. 2 )

Herzog Gustav Adolf behielt, trotzdem die Post in Privatverwaltung ruhte, den Betrieb derselben ständig im Auge. Zeugniß davon legt ab der Erlaß der Verordnung vom 2. April 1678, "wie es mit den fürstl. meklenburgischen Postfuhren von Güstrow über Parchim und Boizenburg nach Hamburg und so wieder von Hamburg nach Güstrow, die Fracht für Passagiere und Güter wie auch Brieff und Paqvet porto betreffende, zu halten sei." Die Verordnung gab zwar feste Taxen für die Versendung von


1) Krüger, Kornschreiber zu Boizenburg, hatte bereits 1671 die Post nach Güstrow in Händen. Er mußte kontraktlich 3 Pferde halten, in Wirklichkeit aber der schlechten Wege halber 4 Pferde vorspannen und für Aushülfszwecke ein fünftes halten. Im Jahre 1675, als die Post zweimal wöchentlich kursierte, übernahm Stadtvoigt Ortel in Boizenburg die zweite Fahrt. Die Post nahm damals mit Umgehung Schwerins ihren Weg von Güstrow über Crivitz und Hagenow nach Boizenburg.
2) Der mit le Plat und Krüger abgeschlossene Pachtvertrag ist als Nr. 6 des Anhangs wiedergegeben.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 46 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Sachen, ließ aber den Unternehmern noch weiten Spielraum in der Erhebung der Gebühren; immerhin bedeutet sie aber im Vergleich mit der früheren Willkür der Unternehmer gegenüber dem Publikum einen erheblichen Fortschritt, indem sie nun öffentlich bekannt gemacht war, sodaß das Publikum selbst in der Lage war, die Richtigkeit der erhobenen Fracht- und Portosätze zu prüfen.

Anscheinend hatte die Verordnung auf das Gedeihen der Post den günstigsten Einfluß, denn im Jahre 1679 suchte die Schweriner Regierung wegen des Durchgangs der Post durch das Schweriner Gebiet Schwierigkeiten zu machen; bei der Berathung des Gegenstandes wurde in Schwerin sogar die Ansicht verfochten, daß die Schweriner Regierung den Betrieb der Post auf Schweriner Gebiet als ein ihr zukommendes Recht fordern müsse; der Streit verlief aber im Sande, da Herzog Christian Louis sich im Auslande aufhielt und keine Entscheidung traf. Es blieb also alles beim Alten.

Ernster waren die Differenzen, welche bald darauf wegen der Post mit Hamburg ausbrachen. In Hamburg hatte man nicht vergessen, daß hauptsächlich auf Betreiben der Regierung in Güstrow dem Hamburger Botenbetriebe auf Meklenburgischem Gebiet ein Ende gemacht war. Allerdings war das Hamburger Botenwesen zu Anfang der 80er Jahre, begünstigt durch die verfahrenen inneren Verhältnissen Meklenburgs, mit veränderter Organisation im Lande wieder in Thätigteit getreten, aber die Hamburger Boten setzten nunmehr auch alles daran, die mit großer Mühe zurückgewonnenen Vortheile nicht durch die emporblühende Güstrower Post wieder in Frage gestellt zu sehen. Auf Veranlassung des Botenamts suchte der Senat in Hamburg, als le Plat die herzogliche Postordnung öffentlich in der Stadt hatte anschlagen lassen, den Eintritt der herzoglichen Post in Hamburg von mehreren lästigen Bedingungen abhängig zu machen, die einem Verbot der Posten gleich kamen. Herzog Gustav Adolf ließ nunmehr, um zunächst die Zulassung seiner Post in Hamburg zu erlangen, dem Senat erklären, daß "Ihrer Durchlaucht ja das Recht, dessen andere benachbarte Stände sich bedienten, nicht gehemmt werden könnte, und gleichwie Ihrer Durchlaucht freistände, Sachen, so Sie zu Ihrem Hofstaat nöthig hätten, auf Dero Postwagen oder einen anderen Postwagen bringen zu lassen, also gehörte auch das Fahren der Briefe und Personen eigentlich zu der Post. Damit aber den Hamburger Fuhrleuten nicht zu nahe geschähe, hätten Ihre Durchlaucht schon befohlen,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 47 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

keine Postgüter und Waaren für Privatleute aufzunehmen und anhero zu fahren, mit welcher Verordnung man hoffentlich vergnügt sein würde."

Diese Erklärung sollte jedoch durch den von Güstrow nach Hamburg gesandten Unterhändler nicht früher, als bis man sähe, daß anders aus der Sache nicht herauszukommen sei, abgegeben, und zuvörderst noch auf die Waaren beschränkt werden, die zum Handel und Wandel gehörten und eigentliche Kaufmannswaaren wären.

Eine Einigung wurde erst erzielt, als seitens der Güstrower Regierung zugestanden wurde, daß die Station des Güstrow-Hamburger Kurses von Hamburg bis Escheburg von Hamburger Fuhrleuten besorgt werden sollte. Dennoch wurde wider Erwarten 1683 auf Drängen des Botenamts durch den Rath dem inzwischen in Hamburg eingerichteten meklenburgischen Postkontor die Annahme von Briefen und Packeten - außer der für den Herzog selbstbestimmten - kurz und bündig untersagt.

Wie unerwartet diese Maßregel dem Hofe in Güstrow war, erhellt aus der Antwort, welche der Kammerpräsident nach Hamburg abzusenden empfahl. Er betonte in seiner Niederschrift, daß der Postmeister keine anderen Briefe mitgenommen, als solche, die nach Güstrow gingen; vielleicht wären vereinzelt kleine Packete dabei gewesen, die auf Rostock abgegeben werden sollten, und welche die pommerschen Boten (der neue Hamburger Botenkurs) nicht mitnehmen könnten. Das Botenamt könne sich deswegen nicht beschweren, um so weniger, als auch den Hamburger Fuhrleuten dadurch kein Schade geschehe, zumal man sich unlängst dahin verglichen, daß dieselben die Post allezeit bis Escheburg führen, die Post auch keine große, sondern nur kleine Packete mitnehmen und im Uebrigen die gute Anstalt, so dabei gemacht worden, dem Commercium nicht wenig zuträglich sei. Man hege deshalb die Erwartung, daß E. E. Rath der Post keinen Eintrag thue und die auf den parteiischen Bericht der Danziger Boten verfügten Maßnahmen wieber aufhebe. Ihre hochf. Durchl. würden die Erfüllung dieser Anregung für ein Zeichen guter nachbarlicher "correspondance" ansehen und nächstens einen eigenen Bevollmächtigten nach Hamburg absenden, der an Ort und Stelle das Weitere mündlich regeln könnte.

Der Herzog konnte sich zu einem so detaillirten Schreiben nicht entschtießen. Er leugnete in dem Antwortschreiben die Berechtigung zu Beschwerden rundweg ab und verhieß lediglich die baldige Ueberkunft emes Abgesandten zu weiteren Verhandlungen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 48 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Dem Secretair Friderici, welcher bald darauf als Bevollmächtigter nach Hamburg ging, wurde das Votum des Kammerpräsidenten an Stelle einer Instruction mitgegeben und von ihm die Angelegenheit durch mündliche Besprechung gütlich beigelegt; er mußte sich aber zu der Bedingung verstehen, daß der Postmeister le Plat nicht weiter durch Mitnahme vieler großer Packete und Kaufmannswaaren den Fuhrleuten Anlaß zur Klage geben würde.

Vor der Hand verstummten die Reklamationen der Hamburger Behörde. Ganz in gleicher Weise waren der kurbrandenburgischen Post und den übrigen fremden Postanstalten Schwierigkeiten bereitet worden, allein es kam weder zur Aufhebung der fremden noch der Güstrower Post; hinsichtlich der letzteren fehlte dem Rath um so mehr das Recht, als er innerhalb des Herzogthums für die Hamburger Botenanstalt Vorrechte in Anspruch nahm, welche um nichts besser begründet waren, als der Besitzstand des Meklenburgischen Postkontors in Hamburg. 1 )

Im Jahre 1690 ernannte Herzog Gustav Adolf die beiden Unternehmer der Güstrow - Hamburger Post, Krüger zu Boizenburg und Jonas le Plat zu Hamburg (den Sohn des oben erwähnten Daniel le Plat), zu herzoglichen Postmeistern "zum Behufe der herzoglichen Hofpost". Beiden wurde unter dem 31. März eine förmliche Bestallung ertheilt und dem le Plat ein Jahresgehalt von 100 Rthl. Hamb. Crt beigelegt, wofür er das Kontor zu halten hatte.

Aus der Bestallung ergiebt sich, daß der Betrieb der Postanlagen von Güstrow nach Hamburg u. s. w. aus Privathänden in eigene herzogliche Verwaltung übergegangen, und die bisherigen Unternehmer nebst dem bei den Posten beschäftigten Personal in die Reihe der besoldeten fSürstlichen Diener getreten waren.

Außer der Güstrow - Hamburger Post gingen im Jahre 1690 auch die Posten nach Wismar, Rostock, Demmin, Plau (Berlin) und Parchim, welche bis dahin allein Daniel le Plat auf seine Kosten unterhalten hatte, in herzogliche Verwaltung über, sodaß nun die Regierung in der Lage war, das Postwesen für Handel und Verkehr und dadurch auch für die herzogliche Kasse nutzbar zu machen.


1) Für die Darstellung der Verhältnisse zu Hamburg ist die ungedruckte Schrift von Flügge, die Mecklenburgisch - Hamburgischen Postkurse und das Mecklenburgische Postamt in Hamburg, benutzt worden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 49 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der Erfolg zeigte sich bald in den aufkommenden Einnahmen. während bisher nur aus der Lübeck - Rostock - Demminer Post eine geringe Rekognition erzielt worden war, betrug die Einnahme aus den neuen herzoglichen Posten 1690/91 bereits rund 500 Rthlr., 1691/92 761 Rthlr. und 1692/93 sogar schon 1585 Rthlr., ein Betrag, der um so höher ins Gewicht fällt, als die Berliner Post bei Beförderung von Personen und Postsendungen aus und nach Meklenburg der herzoglichen Post fühlbare Konkurrenz machte, und das damals noch in den Anfängen der Entwicklung stehende meklenburgische Postwesen außerordentlich unter den Beeinträchtigungen der Kaufleute, Frachtfahrer u. s. w. zu leiden hatte.

Die günstigen Erfolge der eigenen Verwaltung erweckten übrigens den Argwohn, daß le Plat von den aus den Posten gezogenen Ueberschüssen erheblichere Vortheile erzielt hätte, als bei Abschluß des Vertrages im Jahre 1678 vorausgesetzt wurden, sodaß der Versuch sich lohnte, le Plat noch nachträglich zu einer Abzahlung zu veranlassen. Bei der über den Fall angestellten Untersuchung stützte sich le Plat auf seinen Kontrakt von 1678; die Regierung habe die spätere Uebernahme der Hamburger Post sich zwar ausbedungen, sei aber auf diesen Gedanken nicht wieder zurückgekommen. Er selbst habe übrigens bei dem Betriebe viel Schaden durch Theuerung und Viehsterben gehabt, auch über seine Einnahmen nie Rechnung geführt. Die Zahlung irgend welcher Entschädigungsgelder lehnte er rund ab. Aber sein früherer Mitunternehmer Krüger, den er aus dem Unternehmen zu verdrängen gewußt hatte, wies nach, daß die Posten jährlich etwa 3000 Rthlr. an Einnahmen getragen hätten und der Reingewinn auf 1000 Rthlr. angeschlagen werden könnte. Die Regierung legte darauf, ohne sich auf weitere Erhebungen einzulassen, dem le Plat die Zahlung einer Abfindungssumme von 750 Rthlr. auf, ob mit Erfolg, ist aus den Akten nicht ersichtlich.

Der von Jahr zu Jahr steigende Gewinn aus dem Postwesen bestärkte Herzog Gustav Adolf in seinem Bestreben, die Posten nach Möglichkeit zu verbessern. Der Gang derselben unterlag noch manchen Zufälligkeiten, sodaß häufig erhebliche Verzögerungen vorkamen. Er beauftragte daher den Hofpostmeister Brünsich in Güstrow 1 ) im Jahre 1693, eine Inspection der Posten


1) Brünsich war 19. Februar 1690 von seiner Stellung als Proviantmeister entbunden und zum Hofpostmeister befördert worden; er bezog nach seiner Bestellung ein Einkommen von 200 Rthlr., wofür er auch das Postlokal zu stellen und die Aufsicht über die übrigen Postmeister und Postfahrer (Postillons) im Lande zu führen hatte.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 50 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vorzunehmen. Erhebliche Verbesserungen konnte aber auch Brünsich nicht erreichen, denn die schlechten Wege machten alle Mühe und Aufsicht vergeblich, und die Gespanne, besonders das des Escheburger Posthalters, ließen alles zu wünschen übrig.

Gleichzeitig machte die Güstrower Regierung den Versuch, ihre Posten auch über die Grenzen des eigenen Landes hinaus zu erweitern. Sie beauftragte am 31. Januar 1693 Brünsich, mit der schwedischen Regierung in Stettin über die Durchleitung der Güstrow - Neubrandenburger Post bis Stettin zu verhandeln. Im Besonderen sollte er mit dem schwedischen Gouverneur Graf Bielke, dem wir noch weiter unten begegnen werden, in Benehmen treten und demselben vorstellen, daß der schwedischen Post nach Hamburg kein Eintrag zugefügt werden solle, da die herzogliche Post sicher aus Meklenburg ausreichenden Zugang an Personen und Päckereien haben würde; auch hatte Brünsich Auftrag, die Erlaubniß zur Anlegung einer Güstrowschen Poststation in Anclam nachzusuchen.

Brünsichs Kommissorium verlief resultatlos, wenigstens berichten die Akten nichts von der Ausführung des weitausschauenden Projects.

Obgleich diese Versuche scheiterten, durfte Gustav Adolf mit dem bisher Erreichten zufrieden sein. Der allgemeine Rahmen war für die Güstrower Postkurse vorgezogen. Die Hauptorte des Landes waren durch regelmäßige Postrouten mit einander verbunden, vor Allem war die wichtige Verbindung mit Hamburg hergestellt. Es fehlte nur noch an der festen Ordnung des Betriebes. Diese erließ Herzog Gustav Adolf unter dem 20. September 1693 als "Fürstl. Mekl. - Güstrowsche Renovirte Postordnung". 1 ) Sie ist insofern von Wichtigkeit, als sie die erste herzogliche Postordnung war, welche alle Postkurse des Herzogthums Güstrow betraf. Die bisher erlassenen Postordnungen und Ordonnanzen hatten nur die Sonderverhältnisse jedes Kurses geregelt; die Verschiedenartigkeit all dieser Verordnungen mußte naturgemäß mit zunehmendem Verkehr zu lästigen Weiterungen Anlaß geben.

Trotz der Fürsorge, welche H. Gustav Adolf den Posten zu Theil werden ließ, blieben die finanziellen Ergebnisse aber hinter seinen Erwartungen erheblich zurück. Der Herzog übersah dabei vielleicht, daß die jungen Anlagen manche Schwierigkeiten zu überwinden haben, vor Allem aber erst bei der Bevölkerung und


1) Anhang Nr. 7.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 51 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dem Handelstande festen Fuß fassen mußten, bevor sie nennenswerthe Erträge abwerfen konnten; andererseits wurde den Postanlagen durch Frachtfahrer und durch die Postillone selbst, wie die Regierung mit Recht argwöhnte, fortgesetzt großer Schaden zugefügt. Erfahrungen, wie diesem Unwesen zu wehren sei, hatten bislang noch nicht gesammelt werden können, und zahlreiche Vorschläge von berufener und unberufener Seite erwiesen sich als wirkungslos. H. Gustav Adolf' griff daher zu dem Ausweg, die Posten eine Zeitlang einem Unternehmer in Pacht zu geben, in der Voraussetzung, daß eine Privatperson weit besser die Abstellung aller Mängel bewirken könnte, als die mit sonstigen Geschäften überbürdeten Regierungsbeamten, zumal es sich bei einem Unternehmer um die Wahrung gewichtiger eigener Interessen handelte. Ein geeigneter Unternehmer fand sich in der Person des herzoglichen Geh. Kammerraths Mumme, der schon seit 1689 als Postdirektor in der Kammer die Postsachen bearbeitet und reges Interesse für den Gegenstand gezeigt hatte.

Der über die Verpachtung abgeschlossene Vertrag ist vom 13. Juli 1694 datirt. Mumme hatte danach eine Jahrespacht von 1000 Rthlr. zu zahlen; die Dauer des Vertrages war zunächst auf 6 Jahre bemessen, der Beginn auf den 15. Juli festgesetzt. Alle Intraden sollten dem Pächter zufließen, dafür aber hatte er auch alle Unterhaltungskosten zu tragen; maßgebend für die Erhebung der Gebühren blieb die herzogliche Postordnung. Die fürstliche Korrespondenz, ebenso "Päckschen" für den Hof bis 20  Gewicht waren portofrei zu befördern. Das Postpersonal wurde zur uneingeschränkten Disposition des Pächters gestellt, er hatte Beamte und Postillone anzustellen, zu besolden und zu entlassen, auch die Letzteren in den Hoffarben kleiden zu lassen; die Beamten sollten aber als fürstliche Diener gelten und ihre bisherigen Freiheiten auch fernerhin genießen. Der Herzog sagte den Posten seinen Schutz zu und versprach, "Kriegstroublen, so Gott gnädigst verhüten wolle, die den Postenlauf störten, in billige consideration zu ziehen und dem Geh. Kammerrath Mumme an der Pension gut zu thun."

Mumme entfaltete alsbald die ersprießlichste Thatigkeit. Die Entwicklung der Posten schritt unter seiner Leitung sichtlich vorwärts, was vor allen Dingen der ausgiebigen Unterstützung zu danken war, welche Mumme für seine Bestrebungen bei dem Herzoge fand. Aber das gute Verhältniß zwischen Beiden wurde schon im Jahre 1695 durch den Tod Herzog Gustav Adolf's gelöst.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 52 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Da Leibeserben nicht vorhanden waren, so entspannen sich um die Nachfolge im Herzogthum Güstrow mehrjährige Streitigkeiten, während deren allerdings Herzog Friedrich Wilhelm von Schwerin in der ersten Zeit die Regierungsgewalt ausübte, sie aber bald darauf an die im Lande eingesetzte kaiserliche Interimsregierung abtreten mußte. Während der Anwesenheit H. Friedrich Wilhelms in Güstrow hatte Mumme die Gelegenheit wahrgenommen, sich den Pachtvertrag bestätigen zu lassen. In der That gab der Herzog am 29. Januar 1696 seine förmliche Genehmigung dazu, "daß wenn Wir zur Güstrauischen Succession gelangen, ihm das Postwesen gnädigst beigelegt und er biß zu fernerer Verordnung darin nicht beeinträchtigt werden solle."

Der Pachtvertrag blieb bis zum Jahre 1701 von Bestand, ohne von einer Seite aufgekündigt worden zu sein.

Wir haben oben schon gesehen, wie während dieser Zeit in beiden meklenburgischen Herzogthümern die Postpächter im besten Einvernehmen mit einander der Leitung der Posten oblagen. Die Hauptthätigkeit, welche auch die Posten im Herzogthum Schwerin berührte, entfaltete aber Mumme, der in Betrieb und Organisation wesentliche Verbesserungen vornahm. So gelang ihm, der in beiden Betrieben festen Fuß gefaßt hatte, auch die Beilegung des langjährigen Zwistes über den Durchgang der Güstrow - Hamburger Posten durch Schwerin'sches Gebiet; dieselben nahmen seit dem Jahre 1697 ihren Weg nicht mehr über Banzkow oder Parchim, sondern über die Residenz Schwerin, die fortan zwei Verbindungswege nach Hamburg besaß.


Das alte Projekt der Herzöge von Meklenburg, die Verbindung mit Hamburg, war 1701 zur gesicherten Ausführung gelangt. Zwei große Postkurse von Rostock über Bützow, Sternberg, Schwerin, Gadebusch, Ratzeburg und von Neubrandenburg über Güstrow, Sternberg, Schwerin, Boizenburg vermittelten in ununterbrochenem Lauf den Verkehr mit Hamburg; Seitenkurse schlossen auch die abgelegenen Theile des Landes an diese Hauptwege an. Der Betrieb war, soweit es die schwankenden Zeitverhältnisse zuließen, zweckdmäßig eingerichtet, jedenfalls berechtigten die Anlagen zu guten Hoffnungen. Wenn diese sich aber nur zum Theil erfüllten, so hatte das seinen Grund mit an dem Bestehen fremder Postanlagen auf meklenburgischem Gebiet, die gerade auf den Straßen nach Hamburg mit den meklenburgischen Posten in Konkurrenz getreten waren.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 53 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

2. Fremde Posten in Meklenburg und ihr Verhältnis zur Landespost.

Fremde Posten haben auf meklenburgischem Gebiet vereinzelt schon vor Einrichtung herzoglicher Posten bestanden, zum Theil sind sie gleichzeitig mit den letzteren im Lande aufgetreten. Die auswärtigen Staaten, deren Postkurse die meklenburgischen Grenzen überschritten, waren Brandenburg (Preußen), Hamburg, Schweden und in beschränktem Umfange auch Lübeck.

a. Brandenburgische Posten.

Der brandenburgische Postkurs, welcher hier am meisten interessirt, war die wichtige Postroute von Cölln a. d. Spree (Berlin) nach Hamburg. Sie ist wenige Jahre nach Beendigung des dreißigjährigen Krieges angelegt worden und berührte als erstes fremdes Gebiet Meklenburg auf der Strecke zwischen Lenzen und Boizenburg. Die brandenburgische Regierung hatte sich wegen des Durchgangs der Post mit den meklenburgischen Höfen in Verbindung gesetzt; der Schriftwechsel mit dem Schweriner Hofe ist noch vorhanden, der mit dem Hofe in Güstrow aber nur theilweise, was um so mehr zu bedauern ist, als beide Höfe in der Angelegenheit eine wesentlich verschiedene Stellung einnahmen.

Unter dem 28. August 1656 schrieben die kurfürstlichen Geh. Räthe an Herzog Adolf Friedrich, wie sie, Sr. Fürstl. Gnaden, erheischender Nothdurft nach, nicht verhalten könnten, "welchergestalt S. Kurfürstl. Gn. unser gnädiger Herr eine Zeit hero angemerket, daß durch das seumige Postwesen, da die Bothen theils ihres eigenen Nutzens, theils auch ihrer Nachlässigkeit vndt von einigen ihnen veruhrsachten Verhinderungen halber, öffters gar langsamb gangen, die nötige correspondentien verrücket vndt auch die commercien zu Wasser vndt Lande nicht wenig geschmälert vndt aufgehalten werden."

Sie hätten deshalb nach gründlicher Erörterung, wie dem Unwesen abzuhelfen sein möchte, den kurfürstlichen Amts-Kammerrath und Hofrentmeister Michael Mathiaß, welcher in der Geschichte der preußischen Post eine wichtige Rolle spielt, beauftragt, "zur Beförderung der nöthigen correspondentien , so auch der Commercien von Hamburg auf Berlin, Frankfurth a. d. Oder vndt Breslaw solch Postwerk zu Lande vndt dann auch zu Wasser auf der Elbe, Havell, Spree vndt Oder vor wenig Wochen bester maaßen einrichten zu lassen."

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 54 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Geh. Räthe theilten noch mit, daß wöchentlich zwei Mal die Posten zwischen den bezeichneten Orten kursirten. "Darnegst aber hat man observiret , daß in Herbst- vndt Frühlingszeiten, auch wenn die Waßer sich ergoßen, zwischen Lentzen, Newhausen und Boitzenburg schwerlich auch mit Leibes vndt Lebensgefahr vndt zum öfftern wohl gar nicht fortzukommen, welches, wenn es nicht durch einen anderen Wegt zu remediren , diesem newangerichteten nützlichen Werke große Hinderung geben würde."

Da nun seitens der meklenburgischen Höfe dem Vernehmen nach aus dieser Ursache beabsichtigt worden sei, einen neuen Weg von Dömitz ab auf die Höhe über die Woosmer Mühle nach Lübtheen, Quassel, Schwechow und die Blüchersche Mühle herstellen zu lassen, so ersuchten die kurfürstlichen Räthe den Schweriner Hof, diesen Weg zu des Landes eigenem Besten so bald als möglich einrichten zu lassen und seine Benutzung den kurfürstlichen Posten zu gestatten. Als Entgelt verhießen sie, daß die neue Postanlage uneingeschränkt auch für die Beförderung herzoglicher Sendungen zur Verfügung gestellt werden und alle brandenburgischen Postbedienten Anweisung erhalten sollten, dem herzoglichen Hofe aufs Beste an die Hand zu gehen.

Der Ueberbringer dieses Schreibens, Christoph Krause, Bürgermeister und Postverwalter zu Lenzen, hatte außerdem noch den Auftrag erhalten, "eine vndt andere Nachricht von diesem so nöthigen Postwerke unterthenig zu geben, vndt dann, auf vorgesetzten Fall, do Dieselben Sich dieses Werks bedienen wollten, von J. F. G. zu vernehmen, ahn welchem Ohrte Sie Ihre vndt der Ihrigen Briefe abgeben vndt weiter durch die kurfürstliche Post bestellen vndt befördern lassen wollen." Krause "überzuckerte", wie es in einer späteren Darstellung heißt, diesen Antrag noch in einem besonderen Schreiben nach Schwerin, indem er auf die Vortheile hinwies, welche Meklenburg aus der Post zufließen würden, und ferner, daß bei dieser neu eingerichteten Post alles in gute Ordnung gestellt sei, daß kein Brief, so gering er auch sei, unterschlagen werden könne, da die einzelnen Postmeister an den Stationsorten ein Buch halten und darin alle abgehenden und ankommenden Briefe richtig verzeichnen müßten. "So muß auch diese Post allemahl 8 Meillen weges immer 10 Stunden richtig fahren, wobey auch allemahl eine Persohn nebst dem Postillon mit fortkommen kann." Als Abgabeort der fürstlichen Korrespondenz für die Post schlug Krause die Woosmer Mühle oder Lübtheen vor, wo 4 Pferde parat ständen. Schließlich bat

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 55 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Krause, der Postanlage fürstlichen Schutz angedeihen zu lassen, da "dieselbe zur Besserung der Kommerzien des Landes viel beitrage." Die Post sollte wöchentlich zwei Mal kursiren und zwar

von Hamburg Mittwoch und Sonnabend, Abends,
von Boizenburg Donnerstag und Sonntag, früh 3 Uhr,
von Berlin Montag und Donnerstag.

In Schwerin traf man schnelle Entscheidung. Ob Krause es verstanden hatte, die Wünsche des kurfürstlichen Hofes besonders deutlich und dringlich zu schildern, und ob der sorgsame Herzog Adolf Friedrich seinem im Kriege schwer heimgesuchten Lande die von Krause so anschaulich geschilderten Vortheile einer guten Verbindung nach Hamburg möglichst bald zu gute kommen lassen wollte, oder ob man die Wichtigkeit der Sache in Schwerin nicht durchschaute und einer eingehenden Prüfung nicht für werth hielt, ergeben die Akten nicht - kurz, das am 28. August abgelassene Schreiben der Berliner Geheimen Räthe überreichte Krause schon am 2. September, und am 3. September ging bereits die Antwort des Schweriner Hofes ab, welche sich dahin aussprach: "Was dieselben wegen Einrichtung einer newen Post vnd Beförderung benöthigter correspondentien auff Befehl des Herrn Kurfürsten zu Brandenburg an Unß gelangen lassen, solches haben Wir sowoll aus eingereichtem Schreiben alß von dem anhero abgefertigten Postverwalter zu Lentzen mit mehrem vernommen. Wie nuhn dieses eine Sache ist, die daß bonum publicum concerniret, so wollen Wir sothaner guhten intention nicht entsein, besonders vielmehr die gnädige Beforderung thun, daß es auffs beste iedoch Unß vndt Vnserem Lande ohne praejuditz seinen Fortgang nehmen möge, gestaltsam Wir denn schon vor diensam zu besserer Beschleunigung vndt Fortbringung deß reisenden Manns insonderheit bei Herbst- und Wintertagen die Verordnung gemachet, daß die Fehre bei Quassel wieder angerichtet vnd also der Wegk durch das hohe und trukene Land genommen werde, wobei man nunmehro in voller Arbeit begriffsen ist."

Eine Antwort auf dieses Schreiben findet sich in den Akten nicht vor; es läßt sich daher auch nicht mit Sicherheit angeben, ob die in diesem Schreiben gestellten Bedingungen von dem Berliner Hofe angenommen worden sind. Die Vermuthung spricht aber dafür, denn die brandenburgischen Postbedienten zeigten in den ersten Jahren nach Einrichtung der Post den meklenburgischen Höfen bereitwilliges Entgegenkommen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 56 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Anlegung der Brücke oder Fähre über die Sude bei Quassel verzögerte sich wider Erwarten, sodaß die brandenburgischen Posten, welche inzwischen ihre Thätigkeit aufgenonnnen hatten, mit Gefahr für die Wagen, deren Ladung und Passagiere durch die Sude hatten fahren müssen. Nach einer erneuten Vorstellung Krauses aber wurde die Vollendung der Fähre gegen Ende des Jahres 1656 erreicht, und die neue Post kursirte nun ungehindert durch das meklenburgische Gebiet. 1 )

Die Post kam bald in Aufschwung und erzielte anscheinend günstige Erfolge für Brandenburg.

Aber die Hoffnungen, welche die meklenburgischen Höfe nach dem Schreiben der kurfürstlichen Räthe für sich an das Bestehen der Post knüpfen durften, erfüllten sich in der Folgezeit nicht. Die kurfürstlichen Beamten bei der Post waren in Erfüllung der Verpflichtungen, welche der Berliner Hof zu Gunsten der meklenburgischen Regierungen übernommen hatte, seit Beginn der sechsziger Jahre nachlässig geworden. Die freie Beförderung sowie die schnelle Besorgung der herzoglichen Korrespondenzen hatte wiederholt zu wünschen übrig gelassen, und die kurfürstlichen Postillone und Postmeister erhöhten noch durch fortgesetzte Plackereien und Chikanen die Verstimmung der meklenburgischen Behörden in dem Maße, daß bei diesen bereits im Jahre 1664 erwogen wurde, ob "den herzoglichen Interessen leidlich, daß die brandenburgische geschwinde Post die Aemter Dömitz und Boizenburg berühre, und daß der Kurfürst in Boizenburg einen eigenen Postmeister halte, der sich bei Abfertigung der Post des kurfürstlich brandenburgischen Postsiegels bediene." 2 )

Vorläufig kam es indeß noch nicht zur Austragung der Angelegenheit.

Als dann aber im Jahre 1669 die Berliner Post in der Nähe von Boizenburg angefallen, der Postknecht erschlagen und nun von Berlin aus angeregt worden war, die Poststraße an Posttagen von Reitern bewachen zu lassen, lehnte Herzog Gustav Adolf diesen Vorschlag zwar nicht ab, ließ aber nach Berlin mittheilen: "Nachdem Wir des Postwesens in Unseren Landen Uns


1) Aus den Akten erhellt nichts Sicheres darüber. Nach einzelnen zerstreuten Nachrichten kann man annehmen, daß auch zum Güstrower Hofe ähnliche Beziehungen wie zum Schweriner Hofe bestanden haben.
2) Von kurfürstlicher Seite war einem Bürger in Boizenburg kurz nach Inbetriebnahme (1657) die Abwartung der Post übertragen worden, ohne daß vorher eine Verständigung mit den Höfen in Schwerin und Güstrow stattgefunden hatte.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 57 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

billig allein anzunehmen und darin die Post zu bestellen haben, so seind Wir auch jetzo bedacht, Kurbrandenburg künfftig dessen in Boitzenburg zu entheben und die Post daselbst behufigermaßen einzurichten."

Die meklenburgischen Höfe traten nunmehr mit einander wegen der Berliner Post in Verhandlung. Dabei ergab sich das überraschende Resultat, daß bei beiden Höfen - 14 Jahre nach Anlegung der Post - nicht mehr bekannt war, in welcher Weise und wann dieselbe entstanden, und ob seitens Meklenburgs die Genehmigung hierzu ertheilt sei. Die Schweriner Regierung war - allerdings ohne dasselbe " pro certa regula " behaupten zu wollen - der Ansicht, "daß die Post durch Dömitz gehe, wobey wir jedoch dies angemerket, daß die Posten daselbsten nicht sonders ruhen oder ihr Ablager halten, sondern den geraden Wegk durch und nach anderen Ohrten nehmen, welches vielleicht die Vhrfach sein mag, daß darüber zwischen Ihrer Kurfürstl. undt Unsers gnäd. Herrn Fürstl. Durchl. oder zuvor dero Herrn Vaters hochsehligen Andenkens gewiße pacta nicht verfaßet oder aufgerichtet worden, sondern die toleranz dem Werk die mensur allein bißhero gegeben hat; wir wollen Unß jedoch bei Ihro Durchl. Bedienten und voraus zu Dömitz weiteres erkundigen."

Aber das Rechtsverhältniß der Post zu den meklenburgischen Höfen blieb auch jetzt noch für letztere ungeklärt, da auch (Amts-) Hauptmann von Bülow zu Boizenburg, der in der Sache zum Bericht aufgefordert worden war, nur nach Güstrow melden konnte, daß die Post bereits seit dem Jahre 1657 (thatsächlich schon seit dem Jahre 1656) durch Boizenburg gehe, wie die dem Postmeister Lembcke daselbst ertheilte kurfürstliche Bestallung nachweise, daß aber sonst über den Ursprung der Post, der sog. "kurfürstlichen Hofpost", Näheres nicht in Erfahrung zu bringen gewesen sei.

Bei dem Mangel verbürgter Nachrichten hielt H. Gustav Adolf es nicht an der Zeit, Maßnahmen zur Aufhebung der kurfürstlichen Posten in Meklenburg vorzubereiten, sondern schlug dem Schweriner Hofe vor, "alte weiteren Vmbstände zu betrachten vndt wann etwa sonst ein vndt anderes bei Kurbrandenburg zu negotiiren were, besser mündlich am kurbrandenburgischen Hofe die inconvenientien angebracht vndt in gutem Vernehmen, Ihrer Hochfürstl. Durchl. praejuditz zu verhüten, dieselbe abzuthun wäre, auch bei den Benachbarten erkundiget werden könnte, welchergestalt auch daselbst die kurbrandenburgischen Posten eingeführet."

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 58 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Da die Schweriner Regierung bei der Abwesenheit des Herzogs Christian Louis in Frankreich für die ganze Angelegenheit nur geringes Interesse zeigte, so blieb die Sache vor der Hand auf sich beruhen.

Aber am Güstrower Hofe empfand rnan immer drückender die Abhängigkeit von dem guten Willen der brandenburgischen Postmeister, welche bei der Freibeförderung der herzoglichen Korrespondenz manche Schwierigkeiten und Weiterungen machten. Herzog Gustav Adolf sandte deshalb im Jahre 1670 den Amtshauptmann von Bülow mit der Anweisung nach Berlin, hier energisch auf Abhülfe der vielfältigen Beschwerden zu bringen. Dies hatte den Erfolg, daß der kurfürstliche Postdirector Michael Mathiaß im Auftrage der Regierung an den brandenburgischen Postmeister in Boizenburg verfügte, "daß er künftig alle fürstlich Meklenburgischen wie auch dero Minister und Beamten Briefe und Packete auf der kurfürstlichen Post frei nach Hamburg mit fortsenden, die zurückkommenden gleichergestalt frei abfolgen lassen möchte, da Sr. Kurfürstl. Durchl. eigentlicher gnädigster Wille ist, daß Ihre Fürstl. Durchl. zu Meklenburg auf der kurfürstlichen Post, soviel immer möglich und ohne Versäumniß der Post geschehen kann, zur Hand gegangen und aller guter Wille bezeugt werden möge. Der Herr Abgesandte v. Bülow hat dagegen versichert, daß solcher guter Wille nicht solle gemißbrauchet oder die Post über die Gebühr beschweret, auch keine andere als die fürstlich Güstrowsche oder, was dero Minister und Beamte in deren Hohen Herrschaftl. Geschäften zu schreiben haben, frei mit fortzusenden begehrt werden."

So entgegenkommend sich der Berliner Hof den Wünschen der Güstrower Regierung gezeigt hatte, so trat doch nach kurzer Zeit wieder das alte Verhältniß ein.

Aber Herzog Gustav Adolf sah davon ab, nochmals bei dem Berliner Hofe Vorstellungen zu machen, sondern er suchte sich vielmehr jetzt selbst zu helfen durch Einrichtung einer eigenen Post nach Hamburg, deren oben bereits gedacht ist (S. 45). Nach Herstellung dieses Postkurses wurden alle Verbindungen zur Berliner Post gelöst; der Güstrower Hof schenkte der kurfürstlichen Post fortan keine Beachtung mehr und sah auch der Vermehrung der brandenburgischen Posten auf der Berlin - Hamburger Straße stillschweigend zu, trotzdem die brandenburgischen Posten jetzt, nachdem meklenburgische Posten zwischen Boizenburg und Hamburg verkehrten, infolge ihrer besseren Organisation und ihres häufigeren Ganges entgegen den Versprechungen vom Jahre 1656

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 59 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in beträchtlichem Maße zum Präjudiz der meklenburgischen Posten beitragen mußten, da sie den größeren Theil des Postverkehrs auf der meklenburgischen Route an sich gezogen hatten.

Im Jahre 1682 kursirte die Brandenburgische Rost zwischen Berlin und Hamburg bereits in nachstehender Weise:

  1. die ordinäre oder große Post geht Sonnabend auf .Hamburg und kommt vor Dömitz um 10 Uhr Vormittag an, legt aber nicht ab, sondern muß vor dem Thor so lange halten, biß zuförderst die Passagiere angemeldet und der Postwagen im Zollgebäude angegeben ist; von Hamburg nach Berlin am Freitag 10 Uhr Vormittag;
  2. die geschwinden Posten von Berlin nach Hamburg gehen Donnerstag und Sonntag 3 Uhr Nachm.; von Hamburg nach Berlin Sonntag und Donnerstag 4 Uhr;
  3. die Küchenposten von Berlin nach Hamburg kommen Montag und Mittwoch 10 Uhr Abends; von Hamburg nach Berlin Mittwoch und Sonnabend 10 Uhr Abends.

Die Post kursirte demnach 5 Mal wöchentlich in jeder Richtung.

Bis 1690 hatte die Berliner Post ihren Weg von Lenzen über Dömitz, Lübtheen und Boizenburg genommen; aber die Strecke bei Dömitz war besonders bei Hochwasser nur mit Gefahr von den Posten zu passiren. Die kurfürstliche Regierung bemühte sich daher, von den meklenburgischen Höfen die Erlaubniß zur Durchführung der Posten auf einem anderen Wege, von Lenzen direct über Lübtheen auf Boizenburg, zu erlangen. Hierdurch veränderte sich die Kursstrecke auf meklenburgischem Gebiet, sodaß auf dem Wege zwischen Lenzen und Boizenburg (8 Meilen) die Wahl eines anderen Orts zum Pferdewechsel nothwendig wurde. Auf das Gesuch um Anlegung einer Station zum Pferdewechsel in der Mitte dieser Strecke erwiderte die Schweriner Regierung bejahend und genehmigte eine Station in dem Dorfe "Quassel oder wo es sonst bequem sei", nachdem seitens der brandenburgischen Regierung versichert worden war, "daß diese von Schwerin erlangte gutwillige Concession zum Nachtheil der Schweriner Regierung keineswegs mißbraucht und nichts angemaßt werden solle, was Sr. hochfürstl. Durchl. juri superioritatis entgegen zu sein nur scheinen könnte."

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts traten die drei Höfe wegen der Post noch einmal in Korrespondenz. In Boizenburg war bereits, wie wir oben gesehen haben, seitens der Güstrower

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 60 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Regierung ein Postmeister bestellt; im Jahre 1696 verwaltete das Amt der Postmeister Mumme. Auch ein brandenburgisches Kontor befand sich in Boizenburg, welches der Bürgermeister und Postmeister Lembcke verwaltete. Letzterer war damals "wegen Wunderlichkeit unbrauchbar" geworden, und an Mumme war die "Beobachtung der brandenburgischen Post mit committirt worden." Aus welchem Grunde damals nicht ein eigener brandenburgischer Postmeister wieder bestellt wurde, läßt sich nicht mehr feststellen; es hatte vermuthlich Herzog Friedrich Wilhelm von Schwerin, dem um diese Zeit das nach Gustav Adolfs Tode heimgefallene Herzogthum Güstrow zugesprochen war, in Berlin gegen die Haltung eines eigenen brandenburgischen Postkontors und Postmeisters erfolgreich Protest erhoben, denn man forderte von Mumme, als er von Brandenburg zur Besorgung der Berliner Post bestellt war, keine Eidesleistung für den Kurfürsten, sondern nur die Unterzeichnung eines Reverses, daß "er die Posten treulich besorgen wolle."

Für Meklenburg war dieser Ausgang der Angelegenheit insofern wichtig, als späteren Versuchen der Krone Preußen, in Boizenburg doch wieder eigene Postmeister zu ernennen, jedesmal seitens der meklenburgischen Regierung unter Hinweis auf den vorliegenden Fall erfolgreich vorgebeugt werden konnte, sodaß für die meklenburgischen Postmeister in Boizenburg die Abfertigung der preußischen Posten künftig zwar die Hauptarbeit ausmachte, aber als Nebenamt galt, zu dessen Verwaltung sie gleichzeitig für den König von Preußen in Pflicht genommen wurden.

Außer der Berlin - Hamburger Post berührte noch die 1681 vom großen Kurfürsten eingerichtete, zwei Mal wöchentlich kursirende "geschwinde Post" von Magdeburg nach Hamburg den Ort Boizenburg. Seitens der dem niedersächsischen Kreise angehörigen Staaten hatte man ihrer Einrichtung von Anfang an nicht gerade günstigen Auges zugesehen, denn die weitverzweigten, wohlorganisirten brandenburgischen Postanlagen arbeiteten mit erstaunlicher Sicherheit und zogen naturgemäß den ganzen Verkehr einer Gegend an sich, häufig auch wohl aus nicht brandenburgischen Gebietstheilen. Dieser Grund trat in den Erörterungen der Kreisstaaten über die post allerdings nicht offen hervor, sondern man deckte sich bei den offenen und versteckten Versuchen zur Schädigung der kurfürstlichen Post mit dem Einwand, daß die um diese Zeit in MitteldeutschIand grassirende Viehseuche durch die brandenburgischen Posten auch nach Norddeutschland verschleppt werden könnte.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 61 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Post kam aber dennoch in Aufschwung und hatte bald so erheblichen Verkehr aufzuweisen, daß der große Kurfürst im Jahre 1685 beschloß, außer der geschwinden noch eine langsamere, gleichfalls 2 Mal wöchentlich kursirende Post von Magdeburg nach Hamburg anzulegen. Um der Post einen möglichst großen Zugang an Frachtgütern und Personen zu verschaffen, nahm die am Montag aus Magdeburg abgehende langsame Post ihren Weg über Havelberg und Perleberg auf Boizenburg, die Post, welche am Donnerstag abging, den Kurs über Salzwedel und Lüneburg auf Boizenburg. In Boizenburg hatte der für die Berlin - Hamburger Post eingesetzte Postmeister auch die Abfertigung der Magdeburger Post zu besorgen.

Es ist von Interesse, hier hervorzuheben, daß im Jahre 1685 demnach der Ort Boizenburg wöchentlich bereits von 18 preußischen Posten berührt wurde, so daß durchschnittlich fast 3 preußische Posten des Tages durch Boizenburg gingen.

Ueber das Verhältniß der Magdeburger Post zu Meklenburg sind Nachrichten nicht aufbewahrt worden, da die meklenburgischen Höfe der Post, trotzdem ihr eigener Postmeister in Boizenburg sie mitverwaltete, keine weitere Beachtung schenkten; inwieweit die Post wirthschaftliche Vortheile für Meklenburg gehabt hat, läßt sich daher nur vermuthen.

Erwähnung verdienen hier noch zwei Projecte der brandenburgischen Regierung, über meklenburgisches Gebiet Postkurse anzulegen, nämlich eine Post von Berlin über Neubrandenburg nach Stralsund und eine andere Post von Demmin über Rostock auf Lübeck. Die Akten berichten über diese Posten, daß im Jahre 1679 in Neubrandenburg ein brandenburgischer Postmeister bei Bürgermeister und Rath vorstellig geworden war, der von Berlin nach Stralsund einzurichtenden Post den Durchgang durch Neubrandenburg bei Tag nnd Nacht zu gestatten. Herzog Gustav Adolf von Güstrow ordnete an, daß "ermelte Post allemahl so Tages als Nachts durchgestattet und keineswegs aufgehalten werden solle." Die Post sollte zweimal wöchentlich kursiren.

Ueber das zweite Project schrieb der brandenburgische Obristwachtmeister von Bredow an das meklenburgische Amt Dargun, daß die Stettinsche Post auf Rostock und Lübeck zwar noch nicht angeordnet sei, daß die Postillone zwischen Stettin, Stralsund und Rostock aber schon in Bereitschaft lägen, auf Befehl sofort die Postfahrten aufzunehmen.

Ob beide Posten in Thätigkeit getreten sind, lassen die Akten nicht erkennen, es muß aber bezweifelt werden mit Rücksicht auf

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 62 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

die politischen Ereignisse des Jahres 1679. Die Projecte entstammten der Zeit, als der große Kurfürst die Schweden niedergeworfen und aus ihren pommerschen Besitzungen verdrängt hatte und er hoffen durfte, als Frucht seiner Siege Schwedisch-Pommern seinem Staate einverleiben zu können. Da ihm im Frieden von St. Germain en Laye aber auferlegt wurde, die eroberten schwedischen Gebietstheile zurückzugeben, so fiel damit jedenfalls auch der Plan, brandenburgische Posten durch Schwedisch-Pommern und auf dem alten Hamburger Botenkurse von Stettin nach Rostock und weiter nach Wismar und Lübeck einzurichten.

Immerhin zeigt aber das Project, mit welcher Energie der große Kurfürst allzeit bestrebt war, neugewonnene Gebietstheile sofort an das brandenburgische Postnetz anzuschließen und denselben für den bequemen Absatz ihrer Erzeugnisse günstige Verbindungen zu verschaffen - eine Praxis, die nicht wenig zum Aufblühen seines Staates beigetragen hat.

b. Hamburger Posten.

Die am Ende des 17. Jahrhunderts in Meklenburg bestehenden Hamburger Postanlagen kann man als die Wiederaufnahme des alten Hamburg - Danziger Botenkurses bezeichnen. Eine aus dem Jahre 1773 herrührende Relation über den rechtlichen Bestand der Post in Meklenburg spricht sich über dieselbe folgendermaßen aus: "Die Lage, welche das Herzogthum Meklenburg zwischen Hamburg, Lübeck, Holstein, Bremen, Westfalen, Holland und England auf der einen und ganz Pommern, Danzig, Preußen, Kurland, Lifland und Rußland auf der anderen Seite hat, scheint diesem Lande schon einen natürlichen Anspruch auf die Unterhaltung der Correspondance zwischen diesen beiden Gegenden zu verschaffen. Natürlich gehen alle Posten von der einen nach der anderen Seite der Länge nach durch das meklenburgische Gebiet, nur mit dem Umstande, daß die fahrende Post zwischen Hamburg und Schwedisch-Pommern bis Rostock für königlich schwedische, zwischen Hamburg, Lübeck und Preußisch-Pommern aber die reitende für Hamburger und Lübecker Rechnung gehen, obgleich diese beiden Städte nur die reitende Post bis Wismar auf ihre Kosten unterhalten, von da ab aber ihr Felleisen bis Schwedisch-Pommern lediglich auf herzoglich meklenburgische Kosten unentgeltlich fortgebracht wird.

Den Grund dieser Anomalie setzt die Stadt Hamburg in unvordenklichen Besitz. Beweis hat sie zwar darüber nicht zu

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 63 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

führen für gut befunden, aber der Besitzer hat die Präsumtion eines gerechten Titels für sich, und es ist sehr glaublich, daß in vorigen Zeiten, bevor die ordentliche Fortbringung des Briefwechsels vermittelst der Posten im 17. Jahrhundert ein landesherrliches Regal ward, die Städte Hamburg und Lübeck ihre damals wohl noch häufigere Korrespondenz mit Stralsund, Stettin, Danzig und allen Ostseeschen Hansestädten nicht auf Kosten der hierbey gar nicht interessirenden Landesherrn, sondern lediglich auf ihre eigenen Kosten ganz hin und her durch reitende Boten betrieben haben, gleichwie noch itzt zwischen Lübeck, Hamburg, Bremen und Amsterdam eine diesen Städten gemeinschaftIiche reitende und fahrende Post geht, und so wie noch itzt im Reiche fast jede beträchtliche Reichsstadt, z. B. Nürnberg, ihre sog. Boten oder Landkutschen fast nach allen Gegenden hin mitten durch die Territorien der Fürsten, aller von diesen sowohl als noch mehr von dem Kaiserlichen General=Postmeister gemachten Widersprüche ungeachtet, bis diese Stunde, wiewohl unter manchen Einschränkungen, unterhält."

Der Verfasser der Relation hat mit seiner Vermuthung über den Ursprung der Hamburger Post in Meklenburg Recht. Thatsächlich war der Hamburg - Danziger Botenkurs eine uralte Boteneinrichtung der Hansestädte; aber schon seit der Mitte des 17. Jahrhunderts waren dem Durchgange des Botenkurses seitens der meklenburgischen Höfe - besonders in Rostock - Schwierigkeiten bereitet worden. Im Jahre 1657 sahen sich daher die Aeltesten der Börse zu Hamburg, denen die Botenanlage unterstand, veranlaßt, bei Bürgermeister und Rath dahin vorstellig zu werden, daß den Boten in ihrem Betriebe auf meklenburgischem Gebiet Hindernisse in den Weg gelegt würden; denn, obgleich sie mittels ihrer seit Jahr und Tag ununterbrochen ausgeübten Postfahrten alle Briefe Pakete und Personen richtig befördert hätten, sodaß von allen Kaufleuten und Reisenden die Botenanstalt und gute Ordnung ihres Betriebes sonderlich gerühmt worden wäre, so hätte jetzt doch ein Anderer "auch unter J.J. F.F. D.D. von Meklenburg=Schwerin und Güstrow in Rostock wohnhafftig, besagten Botten darin einige Sperr- und Hinderung zu thun und solche guthe taugliche Fuhr- und Anstalt Ihnen zu nehmen und an sich zu ziehen, auß lauter Abgunst und gewinnsüchtigen Eigennutz sich unterstanden." Die Aeltesten der Börse baten daher den Rath, "zu eigener dieser Stadt und deren Kommerzien Wollfahrt, Beforderung und Auffnahme" nach Güstrow und Schwerin zu Schreiben, daß den Boten, Kauff- und reisenden

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 64 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Leuthen allsolche ordinari bestellte, gute, taugliche Fuhr möge gelassen und anstaat derer wider uhralt Heerkommen und Gebrauch kein ander untaugliche und unanstendige Fuhr und Leute angetrungen werde." Aber alle Klagen waren vergeblich. Auch Bürgermeister und Rath vermochten nichts bei den meklenburgischen Herzögen zu erreichen, denn diese hatten gerade damals begonnen, eigene Posten im Lande anzulegen.

Im Jahre 1667 - als kaum die bisherigen Hamburger Boten in Rostock, Bahlemann und Schwengel, in herzogliche Dienste getreten waren - klagten die Boten: daß ihnen jetzt der Durchgang durch Meklenburg nicht mehr verstattet werde; denn J.J. F.F. D.D. hätten selbst Leute bestellt, denen sie ihre Briefe und Sachen übergeben müßten, "welche dieselbe, soweit J.J. F.F. D.D. Fürstenthumber sich erstrecken, überbringen sollen. Weil wir nun keine Brieffe in Meklenburg samblen, besondern allein dieselbe so wir allhier empfangen undt diejenige Brieffe so zu Zeiten J.J. F.F. D.D. Unß zu überbringen zumuthen, durch unsere substituirte durchführen, welches Kur- und Fürsten des heyl. Röm. Reiches allen auß Hamburg reysenden Pothen verstatten," so baten die Boten den Rath zu Hamburg, nochmals bei den Herzögen um Wiederherstellung der alten Zustände nachzusuchen.

Als das wiederum vergeblich war, übten sie ihrerseits an den fürstlichen Postverwaltern zu Rostock Repressalien mancherlei Art - auch Bürgermeister und Rath zu Rostock scheinen dabei die Hand im Spiele gehabt zu haben -, sodaß Bahlemann und Schwengel bei Herzog Gustav Adolf lebhafte Beschwerde führten, wie ihnen, trotzdem sie als fürstliche Postverwalter "mit gewisser Ordre bestellt wären, von den Postverwaltern zu Hamburg Jörgen Petersen und Hans von Hargen Schwierigkeiten bereitet und der von J.J. F.F. D.D. ausgegebenen Postordre schnurstracks zuwider gehandelt werde." Sie hatten deshalb nach Hamburg berichtet, daß in Meklenburg jetzt Landesposten beständen und daß eine Abrechnung über die Beförderung auf der meklenburgischen Strecke des Danziger Botenkurses nicht mehr erfolgen könne. Letzterer Einwand scheint für Bahlemann und Schwengel seinen besonderen Grund gehabt zu haben, denn sie suchten sich nun auch der Abrechnung aus der Zeit vor 1666 mit Hamburg zu entziehen. Die meklenburgischen Herzöge mischten sich zunächst nicht in die Angelegenheit, um den Hamburgern nichts Schriftliches zukommen zu lassen, aus dem für die Zukunft nachtheilige Ansprüche hergeleitet werden könnten; überdies war Herzog Gustav Adolf auf Bürgermeister und Rath in Hamburg nicht gut

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 65 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zu sprechen, weil dieser sich in der Korrespondenz an die Herzöge "allein als Dienstwillige" unterzeichnet und der Herzog dies als " despectirlich und wider alles Herkommen" fand. Die Schweriner Regierung, mit der Herzog Gustav Adolf sich sogar in Benehmen gesetzt hatte, dachte kühler über diesen Punkt, denn sie schrieb, daß sie " in Archivo Nachfrage angestellet und daraus befunden, das sich Burgermeister und Rath ab antiquo sonder qualität alß Dienstwillige und also bloßerdinge Burgemeister und Raht, recentius Dienstwillige, öffters Dienstbereitwillige unterschrieben, von welchem letzten modo B. und Rath zu Hamburg in ihrer subscription nicht sonders different befunden werden, daß wir also bey Unß anstehen müssen, da man gleich einige Erinnerung wegen besser Beobachtung beiderseits J.J. F.F. D.D. respects nacher Hamburg abgehen ließ, ob man damit etwas Fruchtbarliches schaffen oder außrichten werde."

Damit war die Sache abgethan, aber die meklenburgischen Herzöge hielten es doch für geboten, Bürgermeister und Rath zu Hamburg ein für allemal ihren Standpunkt zu der ganzen Angelegenheit darzulegen. Sie ließen im Juli 1667 ein gemeinsames Schreiben nach Hamburg ab, in welchem es hieß:

. . . . "waßgestaldt Ihr um Abstellung Unser in Newlichkeit von Rostock mit Bestellung der Brieffe und ander sonst beigefügten Sachen, nacher Dantzig angelegten Post, dadurch absunderlich Eure bei Euch vorhandenen Botten an ihrer intention behindert würden, ansuchen wollen, worbey Ihr dann zu mehrer Feststellung Eures eingewandten Gesuchs die Verwilligung Unßer Vorfahren, daß auch solches, wan durch Unsere Lande Eure Botten mit Brieffen und anderen Sachen nacher Dantzig gereiset und auch unterweges hieselbsten einige Bedienten angenommen, in effectu pro libero et facili transitu anzusehen und daß Wir sothanen hochgemelter Unser Vorfahren angezeigten vestigiis fürters nachzugehen kein Bedenken tragen wollten, der Länge nach angeführet. Wir mögen Euch darauff in günstgnädiger Antwort nicht bergen, obwohl Unsere Vorfahren die Bestellung einiger Bedienten in Unseren Landen Ewren Dantziger Boten expresse nicht verwehret, daß dennoch solche conniventz Unß zur continuation keineswegs verbinden könne oder möge. Wir hetten auch zwar solchem passu fürters nachgesehen, wenn nicht bey den Dantziger Botten eine sonders große negligentz , wodurch öfters viele Brieffe auch andere kostbare Sachen vielen interessenten zu merk=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 66 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

lichem praejuditz verwahrloset und veräußert, mit Unseren hierüber veruhrsachten Mißfallen verspüret worden, daß Wir dahero ohnumbgänglich bewogen, eine solche Anstalt in Unseren Landen zu machen, dadurch Wir und zwar vermittelst angenommener caution von denen zur Post bestellten Persohnen für dergleichen praejuditz und schädlichen Verlust nebenst anderen Interessenten gesichert seyn könnten; da Wir nun solchergestalt vermöge bekannter Reichsabschiede und krafft Unser landesfürstlichen Obrigkeit die Post in unseren Landen bestellet, dasselbe auch zu thun wol befugt, ist daraus ohnschwer abzunehmen, daß Wir executione juris nostri hierunter keinen vnd also weniger Ewren Dantziger Botten einiges Ungleiche zufügen, bey so bewandten Umbständen undt da Wir allbereit gewiße Persohnen zu solchen Postwesen ordiniret , auch Unsere fürstliche reputation hierunter interessiret ist, Wir umb so viel weniger daß angefangene Werk rescindiren oder wieder umbstoßen können."

Bei der Deutlichkeit dieser Worte gaben Bürgermeister und Rath es auf, weitere Versuche zur Zurückgewinnung des verlorenen Terrains zu machen; die Hamburger Boten suchten aber aus der Niederlage zu retten, was zu retten war, und forderten von Bahlemann und Schwengel sofortige Abwicklung der Rechnungen aus der Zeit vor dem Jahre 1667. Bahlemann wußte die Sache aber durch allerlei Ausflüchte bis 1671 hinzuziehen; schließlich behauptete er sogar, daß er als herzoglicher Diener nichts mehr zu leisten habe, "zu geschweigen, daß bei täglicher Abnahme der commercien nach Abzug derer J.J. F.F. G.G. desfalls abstattenden recognitions gelder vom übrigen man kaum die Knechte und Wagen unterhalten kann." Erst auf Dazwischentreten des Herzogs Christian Louis und nachdem aus Hamburg ein besonderer Abgesandter der Kaufmannschaft der Sache in Rostock unter Zuhülfenahme eines Notars mehr Nachdruck gegeben hatte, sah Bahlemann sich veranlaßt, seinen Verbindlichkeiten gegenüber dem Hamburger Botenamt nachzukommen.

Einige Jahre später, als man in Hamburg eine günstigere Zeit gekommen wähnte, wurden die Bemühungen um den Transit durch Meklenburg von Neuem aufgenommen. Damals aber richtete sich die Aufmerksamkeit von Bürgermeister und Rath nach einer anderen Seite. Im Jahre 1680 fragte er Namens der Leipziger Botenschaft bei der Schweriner Regierung an, ob die zwischen Hamburg und Leipzig laufenden Boten das

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 67 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

meklenburgische Gebiet passiren dürften "auf und von Magdeburg, so lange es allda gesund und ohne contagion 1 ) bleibet"; die Boten sollten sich auch aller Personen- und Sachbeförderung enthalten, "auch bei Annehmung der Leipziger Briefen zu Magdeburg mit Räucherung undt sonsten alle Behörige äußerste Sorgfalt zu gebrauchen . . ., wenn den Boten nur "die freie passage und repassage " gewährt würde, und bitte Bürgermeister und Rath den Boten "den innoxium und oberwähnter Maßen praecautionirten transitum unaufgehalten inskünftig zu gönnen." Der Antrag wurde seitens der meklenburgischen Regierungen indeß kurzer Hand abgelehnt.

Befremdlicher Weise hatte die Schweriner Regierung aber schon wenige Jahre darauf ihren Standpunkt gegenüber den Hamburger Botenposten wesentlich geändert; Herzog Christian Louis war außer Landes, und seinen Räthen mochte die Sache nicht von Wichtigkeit erscheinen - kurz, im Jahre 1682 war der Danziger Bote von Hamburg aus auf meklenburgischem Boden wieder in Thätigkeit. Der Kurs ging über Ratzeburg, Stove auf Wismar, die Post verkehrte als Reitpost zwei Mal wöchentlich und hatte auf dem Gute Röggelin bei Stove eine Umspannstation. Die Genehmigung zur Anlegung der Post war seitens der Hamburger Kaufmannschaft bei dem Schweriner Hofe nicht eingeholt worden; auf Erkundigung der Regierung berichtete der Gutsverwalter zu Röggelin, die Kaufmannschaft habe mit ihm vereinbart, er möge auf ein paar Monate ein Pferd in Fütterung nehmen. Die neue Einrichtung, so habe man sich Hamburgerseits geäußert, würde übrigens nicht lange dauern, da die reitende Post bald in eine fahrende umgewandelt werden und die letztere dann über Gadebusch kursiren sollte. Nun legte sich die Regierung allerdings ins Mittel und verbot den Durchgang der Post durch die Aemter Rehna und Grevesmühlen. Die Hamburger Boten gaben den Versuch aber trotzdem noch nicht auf; die Eigenthümer der Post (der oben schon genannte Hans von Hargen, Schorer und Lührmann in Hamburg) richteten eine Bittschrift nach Schwerin des Inhalts, daß ihnen Bürgermeister und Rath die "Postgerechtigkeit" verliehen habe, weswegen sie für ihren Postkurs um freie Passage durch Meklenburg bäten. Wider Erwarten verfügte die Regierung in Schwerin an die Bittsteller am Juli 1683, . . . "welchergestalt Ihr von Bürgermeister und Rath zu Hamburg mit der


1) Es handelte sich um die während dieser Zeit in Mitteldeutschland herrschende verheerende Viehseuche.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 68 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Postversehung über Wismar belehnet und Ihr Uns umb eine freie passagie für dieselbe durch Unsere Lande und Gebiet in Unterthänigkeit ersuchet. Wir geben Euch darauf zur gnädigsten Antwort, dieweilen das Postwesen an ihm selbsten nützlich, daß Wir Eure unterthänigste Anmeldung wegen berührender Unser Landen zu einen schuldigem respect auf- und annehmen und in Ansehung Eurer bezeigten devotion und was dem gemeinen Besten hierunter zu gute kömbt, Eurem unterthänigsten Suchen mit Verstatung der Durchreise gnädigst Raum und Statt geben, dahingegen Ihr jedoch, wegen solcher erlangter Gnade Unsere fürstlichen Briefe oder sonst an unsere Regierung und Bediente destiniret mit- und zurücknehmen, ohne daß Ihr davon einiges Brief= porto fodern werdet."

Damit war der alte Betrieb der Hamburger Boten auf einem Theil bes meklenburgischen Gebiets unter uneingeschränkter staatlicher Konzession wieder zugelassen. Der Kurs Hamburg - Wismar kam bald wieder in Aufschwung, da er die gesammte Hamburger Korrespondenz nach Pommern u.s.w. zur Beförderung erhielt, wodurch den herzoglichen Posten schwerer Abbruch zugefügt wurde. In vollständiger Verkennung der Verhältnisse hatten die meklenburgischen Posten sogar noch Leistungen zu Gunsten des Hamburger Botenamts auszuführen, denn sie beförderten das Felleisen mit der Hamburg - Pommerschen Korrespondenz zwischen Wismar und Demmin vollkommen frei, und das Botenamt bezog überdies ungetheilt die Portoerträge für die von Hamburg abgehende Korrespondenz.

Daß man in Schwerin einen bedauerlichen Mißgriff mit Ertheilung der Konzession gethan hatte, lag schon nach kurzer Zeit klar zu Tage, aber rückgängig zu machen war dieser Schritt nicht mehr.

Aus dem Jahre 1693 finden sich noch Botenzettel des neuen Hamburg - Danziger Botenkurses vor, die in dem vorgebruckten Theile als Stationen des Kurses Hamburg - Stettin - Danzig die Städte Wismar, Rostock, Demmin und Anklam aufführten, während der Postverkehr zwischen diesen Städten durch meklenburgische Posten vermittelt wurde, ein Beweis, daß das Hamburger Botenwesen den meklenburgischen Theil des Danziger Kurses, trotzdem er in herzogliche Verwaltung übergegangen war, immer noch als ihm gehörig betrachtete und offenbar nur auf die Gelegenheit wartete, die Postfahrt auf dem ganzen Kurse für sich zurückzugewinnen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 69 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
c. Schwedische Posten.

Der Ursprung der schwedischen Postanlagen in Meklenburg läßt sich bis in den dreißigjährigen Krieg zurück verfolgen.

Die Krone Schweden hatte durch ihr bewaffnetes Einschreiten die Vorherrschaft in Niederdeutschland erlangt und auf größere Gebietstheile an der deutschen Ost- und Nordseeküste die Hand gelegt, dahin gehörten Pommern mit Stettin, die Herrschaft Wismar und die Fürstenthümer Bremen und Verden. Durch den westfälischen Frieden wurde Schweden der Besitz dieser Länder bestätigt.

Schon im Jahre 1633 waren die von schwedischen Truppen occupirten Gebietstheile in Niederdeutschland durch besondere Postkurse verbunden, welche Aktennachrichten zufolge sogar dem öffentlichen Verkehr dienten. Die Kriegswirren machten den Anlagen aber bald ein Ende.

Von Leipzig aus beauftragte später im Jahre 1646 der schwedische Generalgouverneur in Deutschland, Linnart Torstensohn, einen gewissen Vollrath Happach aus Riga in Livland, mit Rücksicht "auf den von ihm bishero in Aufrichtung und Beförderung dieses ersprießlichen Werks erwiesenen unverdrossenen Fleiß, das Postwesen und dessen Expedition in Pommern und Meklenburg auch außerhalb dieser Lande in Teutschland und wo etwann der Zeit und Gelegenheit nach die Posten hiezu befordern, welchem zufolge er schuldig seyn soll, solch Werk mit getrewen und bekanten Leudten, wie nichts minder gutten Pferden auf seine eigene Kosten sowol hin als wieder zurück dergestalt zu bestellen, daß die abgehenden und ankommenden Posten wöchentlich ihre gesetzte Tage und Stunden unfehlbar ankommen und unverzüglich wieder abreisen sollen und können; . . . desgleichen soll auch gemelter Vollrath Happach befugt sein, wo er an Ohrten und Stellen Posten, die nicht richtig und zu der Länder Wolfahrt nützlich angelegt sein mögten, befinden mögte, dieselbigen abzuschaffen, zu verrücken und nach seinem Gutachten zu Fuße oder zu Pferde zu bestellen: vor welche seine habende Mühe vnd Vnkosten ihme seine Bestallung in einem absonderlichen Kontrakt sol gemachet und gereichet werden."

Happach war in einem besonderen Schreiben Torstensohns dem Schutze und Wohlwollen aller hohen und niederen Offiziere, der Kommandanten der Orte und Läinder, durch welche die Posten gehen würden, empfohlen mit der Aufforderung, "dem

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 70 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Happach und seinen Bedienten bey Tag und Nacht unverzüglich beförderlich zu sein."

Die neue Post, die auf Grund dieser Verordnungen durch Meklenburg geleitet wurde, kursierte zweimal wöchentlich am Mittwoch und Sonnabend von Hamburg nach Danzig und berührte Lübeck, Wismar, Rostock, Demmin, Stettin und Zanow. Die ganze Reise wurde von der reitenden Post in 6 Tagen zurückgelegt. Der Kurs war so geregelt, daß der jede Woche zwei Mal in Hamburg verkehrende Bote von Amsterdam regelmäßigen Anschluß fand. Vor der Einrichtung des Kurses bat Happach Herzog Adolf Friedrich um Zulassung der Post auf meklenburgischem Gebiet im October 1646 in der Hoffnung, daß der Herzog "solch dero fürstlichem Hause, Ritterschaft und semptlichen Vnterthanen auch Benachbarten hoch beförderliches und ersprießliches Werk sich gnädig werden belieben lassen." Er beabsichtigte, von fünf zu fünf Meilen ein Posthaus einzurichten, und bat den Herzog, "da solches zu aller reisenden Persohnen auch commercien Beförderung gereichet," um Ausstellung eines offenen Patents an Beamte und Städte in Meklenburg, um für sich und seine "Postverwanten" alle Beförderung zu erhalten. Das Patent wurde in der erbetenen Form ertheilt und die Post trat ins Leben. Im Jahre 1648 fertigte Bernd Stellmann in Rostock als Stettinscher Postmeister die Post ab. Bei seinem Tode (1660) wurde die Abfertigung der Post an die Postverwalter der Hamburger Botenpost, die nachmaligen fürstlichen Postverwalter Bahlemann und Schwengel übertragen, die auch später noch das Amt mitverwalteten.

Während der siebenziger Jahre, als Schweden mit Dänemark, Brandenburg und Polen im Kriege lag, war der Betrieb der Post ganz unterbrochen; erst aus dem Jahre 1678 finden sich wieder Nachrichten von der neuangelegten Kgl. schwedischen fahrenden Post nach Stralsund und Stettin. Sie kursirte zweimal wöchentich von Hamburg über Grande, Schmielow, Gadebusch, Wismar, Altkarin auf Rostock. Hier trennte sich der Kurs nach Norden auf Stralsund zum Anschluß an den Seekurs Stralsund - Ystadt, nach Südosten über Demmin, Anklam, Ueckermünde auf Stettin.

Bald aber hatte sich das Kriegsglück zum Nachtheil Schwedens gewendet. Der große Kurfürst hatte ganz Pommern in Besitz genommen, sodaß die schwedische Post Ende des Jahres 1678 wieder einging. Aber der Friedensschluß zu St. Germain en Laye entriß Brandenburg alle gewonnenen Vortheile, Pommern wurde

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 71 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wieder als schwedischer Besitz anerkannt. Zunächst versuchte die schwedische Regierung nun, ihren alten Postkurs nach Wismar und Hamburg wiedereinzurichten.

Eine Anfrage bei den meklenburgischen Höfen, ob die Post durch deren Gebiet geleitet werden dürfe, fand hier zunächst verschiedene Beurtheilung. Christian Louis sprach sich dem Herzog von Güstrow gegenüber zustimmend aus: "weil das Postwesen als ein gemeinnütziges Werk billig nicht zu hindern, vielmehr aller Orthen zu befördern, so zweifeln wir nicht, E. Lbd. werden mit Unß der Meinung sein, daß dem Suchen zu deferiren sei." Herzog Gustav Adolf, welcher sich zuerst ablehnend ausgesprochen hatte, scheint dem Project nun auch zugestimmt zu haben, denn in den Akten findet sich der Entwurf zu einem gemeinsamen Schreiben der meklenburgischen Höfe nach Stettin, in dessen Eingang hervorgehoben wird, daß, nachdem der liebe Gott den Frieden wiedergebracht habe, die Genehmigung zur Einrichtung der Post ertheilt werde, und der Postillon Tag und Nacht in Rostock einfahren dürfe, sobald er vor der Stadt ein Zeichen gebe.

Von langem Bestand scheint diese neu angelegte Post aber nicht gewesen zu sein, vielleicht mochte sie auch den Ansprüchen des Königs Karl XI. von Schweden, der auf die Vervollkommnung und Ausbreitung des Post- und Verkehrswesens, wie überhaupt auf die innere Organisation seines Reiches große Sorgfalt verwandte, nicht vollkommen genügen; jedenfalls berichten die Akten von der in seinem Auftrage bewirkten Neueinrichtung einer Post zwischen Hamburg, Stralsund und Stettin über Wismar und Rostock. Unter dem 7. März 1684 theilte er dem in Paris weilenden Herzog Christian Louis mit, "welchengestaIt Wir eine newe fahrende Post von Unserem in Hamburg habenden Postkontor ab über Pommern und von dannen weiter zu Wasser mittels denen dazu schon eingerichteten Fahrzeugen anhero nach Unserem Reiche angeleget. Gleichwie nun dieselbe in solchem ihrem Lauf unumgänglich einen Theil E. L. Lande und Städte berühren muß, so sind Wir dannenhero veranlaßet worden, E. L. hierdurch . . . zu ersuchen, . . . die Verordnung ergehen zu lassen, damit solche fahrende Post frey und ungehindert passiren und derselben aller geneigter guter Wille und Beförderung erwiesen werden möge, und zweifeln wir an E. L. guten Willfährigkeit hierunter soviel weniger, als es E. L. Landen und Unterthanen hoffentlich in vielen zuträglich und nützlich sein wirdt, Wir auch alle Gelegenheit ergreifen werden, E. L. Unsere Erkenntlichkeit

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 72 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

desfalls in der That zu bezeugen." Ein Schreiben gleichen Inhalts ging auch an den Güstrower Hof. Ueberdies theilte Karl XI. seinen Plan auch dem Rath zu Rostock mit.

Mit der Einrichtung der Post waren von Karl XI. die Landrentmeister und Postinspektoren Klinkowström und Hannott in Wismar beauftragt, welche sich in der Angelegenheit gleichfalls nach Schwerin und Güstrow mit der Bitte um Gewährung und Unterstützung wandten und unter Ueberreichung des königlichen Schreibens darauf hinwiesen, daß, nachdem der liebe Gott allem Anschein nach diesen Landen die Ruhe und den edlen Frieden gönnen wolle, der König auf baldige Einrichtung der Post dränge.

Der Gegenstand war für die meklenburgischen Höfe heikler Natur. Im Lande waren in der Zwischenzeit Landesposten eingerichtet worden, welche eine bequeme Verbindung von Rostock nach Hamburg gewährten. Ihre Benutzung war naturgemäß auch für fremde Korrespondenz offen. Aber den Antrag rundweg abzulehnen, wozu Herzog Gustav Adolf rieth, war nach Lage der Zeitverhältnisse inopportun, weil frühere Erfahrungen gelehrt hatten, daß Schweden nie viel Federlesens zu machen gewohnt war. Andererseits hatte Christian Louis in bedauerlicher Inkonsequenz vor Kurzem Hamburger Posten im Lande wieder zugelassen; damit war ein Präcedenzfall lästigster Art geschaffen, so daß die Antwort des Schweriner Hofes nur bejahend ausfallen konnte. Herzog Christian Louis antwortete in der That auf das königliche Schreiben von Paris aus am 19. Januar 1685: "Also wollen auch hierin E. Maj. mit Verstattung Ihrer obbenandter Maßen von Hamburg durch Unsere Lande nach Pommern, ab- und zurückgehende Post hiermit und Kraft dieses gratificir en, auch an Unsere Regierung dienlichen Befehl ergehen lassen." Aber er wollte die Genehmigung auch nicht ohne Weiteres ertheilen; er verfügte deshalb noch an demselben Tage an seine Räthe in Schwerin, daß sie für die Ertheilung der Genehmigung eine "Erklecklichkeit" fordern sollten. Er verlangte Bericht über nähere Einzelheiten der Post und wies die Räthe an, die Genehmigung nur unter Vorbehalt der Rücknahme zu ertheilen und dafür zu sorgen, daß den Landesposten durch die neue schwedische Post kein Präjudiz zugefügt werde. Die Räthe fandten einen Fahrplan der neuen Post - die Post ging ursprünglich über Gadebusch, Wismar, Bukow und Kröpelin auf Rostock - an den Herzog und berichteten das zur Sache Erforderliche, u. A., daß die Post auf schwedische Kosten erhalten werde; im Uebrigen glaubten sie doch hervorheben zu müssen, daß Meklenburg in=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 73 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sonderheit die Stadt Gadebusch den Vortheil habe, "daß die Post daselbsten ableget und der Stadt nicht wenigen Nutzen schaffet. Wir wollen sehen, ob durch diese Post J. F. D. ein absonderlicher Vortel zugekehret werden könne. Inzwischen soll dahin gesehen werden, daß durch diese Post J. F. D. kein Praejudiz zuwachsen möge, in betracht nomine deroselben wir unß vorbehalten, dieselbige gehen zu lassen oder wieder aufzuheben."

In welcher Weise die Schweriner Räthe diese Absicht hatten ausführen wollen, ist aus den Akten nicht ersichtlich, dafür ergiebt sich aber aus ihnen, daß die schwedische Post schon bald darauf in drückendster Weise zum Schaden der meklenburgischen Landesposten betrieben wurde. Dabei geschah seitens der Schweriner Regierung nichts, was einer Wahrung der herzoglichen Interessen gleichzuachten gewesen wäre. Die Post trat auf Grund herzoglicher Genehmigung in Gang, und weder von Herzog Christian Louis noch von der Regierung in Schwerin wurden für den Durchgang der Post weitere Vorbehalte in Stockholm angebracht.

Anders und zwar konsequenter verfuhr Herzog Gustav Adolf von Güstrow, dessen Gebiet die neue Post gleichfalls passiren mußte. Auch mit ihm war wegen Durchführung der Post durch das Herzogthum Güstrow verhandelt worden; die von ihm ertheilte Antwort ist zwar nicht aufbewahrt worden, daß sie aber wenigstens nicht rückhaltlos zustimmend gelautet haben kann, ergiebt sich aus den verschiedenen Verordnungen, welche er bald darauf wegen der Post erließ. An die fürstlichen Postmeister Bahlemann und Völschow in Rostock erging unterm 13. December 1686 die Verfügung: "Bezüglich des praejudicirlichen Vorhabens der schwedischen Regierung bz. des Postwesens lassen wir geschehen und wollen, daß Ihr durch einen von Euch dependirenden Postillon den Postwagen, so zwischen Rostock und Stralsund gehet, soweit unser Gebiet sich erstreckt, fahren und die Persohnen allemahl für dem ordentlichen (d. h. fürstlichen) Posthause ab- und aufsteigen lassen sollet, und habt Ihr wegen des Ohrts, an welchem der Pommersche Postillon den Wagen zu liefern und resp. Ihr ihn anzunehmen habet, zuförderst Euch mit dem schwedischen Postmeister zu vergleichen."

An demselben Tage erging eine Verordnung gleichen Inhalts an Bürgermeister und Rath zu Rostock, dem Postmeister Völschow 1 )


1) Völschow war noch bei Lebzeiten Bahlemanns zu dessen Unterstützung bestellt und ist später sein Nachfolger im Amte geworden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 74 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

hülfreiche Hand zu bieten, um alle dabei auftretenden Hindernisse zu beseitigen.

Völschow machte von der erhaltenen Anweisung bald praktischen Gebrauch. Die Post war nämlich in der ersten Zeit nach ihrer Einrichtung auf dem ganzen Kurse als königlich schwedische Post von Postillonen in schwedischer Montirung befördert worden; an dem Postwagen befand sich das schwedische Wappen. Völschow ließ vom Jahre 1686 ab die Post soweit, als sie das Gebiet des Herzogthums Güstrow berührte, zwar als königlich schwedische, aber durch meklenburgische, von seinem Kontor abhängige Postillone in meklenburgischer Montur fahren; das war besonders auf der Strecke von Rostock bis gleich hinter Damgarten der Fall, wo in Behrendshagen die Auswechslung der Posten stattfand. Ob er auch weiter nach Meklenburg hinein die schwedische Post durch meklenburgische Postillone befördern ließ, läßt sich zwar nicht mit Sicherheit angeben, doch sprechen gelegentliche Aktenvermerke davon, daß die Post bis Altkarin gleichfalls von seinen Gespannen und Postillonen gefahren wurde.

Der schwedische Postmeister Vatky in Stralsund suchte zwar die Maßregeln Völschows zu durchkreuzen, fand aber merkwürdiger Weise bei der schwedischen Regierung, die gerade jetzt mit der Regelung der inneren Landesverhältnisse, der Reduction des Grundbesitzes u. s. w. zu thun hatte, für seine Anträge keine aus reichende Unterstützung, sodaß die schwedische Post auf Güstrower Gebiet äußerlich als fürstlich meklenburgische Post gelten konnte, und das genügte dem Hofe in Güstrow, da man das Bestehen der Post bei dem Verhalten der Schweriner Räthe doch nicht hätte hindern können.

Aber auch die Regierung in Schwerin kam bald zu der Einsicht, daß sie bei Ertheilung der Genehmigung zum Durchgang der Post nicht die eigenen Interessen genügend gewahrt hatte. Schon im Jahre 1685 entstanden Differenzen mit der schwedischen Regierung in Wismar. Die alte Poststraße zwischen Rostock und Wismar lief über Neubukow, die schwedische Post wurde aber an Neubukow vorbei über Altkarin geleitet, zum Nachtheil der Zolleinnahmen in Neubukow, die nach der Angabe des Zollverwalters daselbst beträchtlich zurückgegangen waren, seit die Post über Altkarin ging; auch sollte die Nahrung der Städte Neubukow und Kröpelin beeinträchtigt worden sein, obgleich alle Posten an diesen Orten bisher höchstens eine Stunde gehalten hatten. Die Regierung in Schwerin trat mit der schwedischen Regierung deswegen in Schriftwechsel, aber aus Wismar erfolgte die Antwort,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 75 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

daß die königlich schwedische Post ihren Weg wählen könne, wo sie am schnellsten ans Ziel komme, " quod vias commodas pro postis quaerere liceat, quo cursus absolvatur citius ," übrigens seien ja auch die Posten frei von Abgaben und Zöllen, auch habe früher die reitende Post immer ihren Weg über Karin genommen.

"Wir haben," hieß es noch in dem Schreiben, "nicht vermuthen können, daß einer hochfürstlichen Regierung das königliche Schreiben (wegen der Post) so zeitig außer Gedächtniß gekommen seyn sollte, das daher vnsere hochgeehrte Herren hätten Anlaß nehmen können, auf die von dem Stadtvoigt zu Newen Bukow eingegebene sottises zu reflectiren ." Das Schreiben schloß dann mit einem energischen Protest wider die Zumuthung des Stadtvoigts in Neubukow und der Warnung, daß man bei Wiederholung Hülfe in Stockholm suchen müsse.

Die Schweriner Regierung ließ sich indeß durch diese Drohungen nicht einschüchtern. Anscheinend hatte sie aus dem energischen Verhalten des Güstrower Hofes eine Lehre gezogen und suchte jetzt, das Versäumte nachzuholen. Sie erhob sofort gegen das Schreiben der Regierung in Wismar Widerspruch und begründete ihre Forderung damit, daß im Römischen Reiche jeder Landesherr für sein Territorium das Postregal ausübe und sie folgerichtig fordern müsse, daß auch seitens fremder Posten ihre Verfügungen respectirt würden. Sie verlangte, daß die schwedische Post auf der alten bekannten Poststraße über Kröpelin und Neubukow fahre, widrigenfalls Gewaltmaßregeln ergriffen werden müßten. Damit noch nicht zufrieden, stellte die Regierung in Schwerin die ausdrückliche Forderung, daß die schwedische Post mit nicht mehr als 2 Pferden bespannt sein, höchstens 2 - 3 Personen befördern, nur die ordinairen Landwege fahren, vor den Zoll- und Posthäusern anhalten und keine zollbaren Güter laden dürfe. (Schreiben d. d. Schwerin 23. April 1686.) Um ihrer Verfügung auch den erforderlichen Nachdruck zu geben, ließ sie die Verordnung von den Kanzeln ablesen und an den Post- und Zollhäusern öffentlich anschlagen, auch die Beamten und Städte in geeigneter Weise instruiren. Ueberdies wurden zur Wahrung der herrschaftlichen Interessen zwei Reiter in Altkarin stationirt.

Für kurze Zeit hatten diese Maßregeln Erfolg. Aber da die Regierung zu Schwerin schon einige Monate später bei der Ueberwachung der schwedischen Post erlahmte, so nahm diese nach wie vor den Weg über Karin. In Schwerin war damit zum zweiten Mal die Gelegenheit verpaßt, um der schwedischen Post auf

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 76 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

meklenburgischem Gebiet erfolgreich entgegentreten zu können. Die Folgen zeigten sich bald.

Durch königliche Verordnung vom 10. Januar 1699 war das gesammte schwedische Postwesen in Sr. Majestat deutschen Provinzen dem königlichen Kantzlei-Collegium und der königlichen Ober-Postdirektion in Stockholm unterstellt worden. Das Collegium verfügte alsbald, daß die Post von Stralsund nach Hamburg auf dem ganzen Kurse, also auch auf meklenburgischem Gebiet, als königlich schwedische Post eingerichtet und von königlichen Postillonen in schwedischer Montirung gefahren werden sollte. Den meklenburgischen Höfen wurde von diesen Anordnungen keine Mittheilung gemacht, dagegen wurde das von dem fürstlichen Postmeister Völschow in Rostock an dem Umspannorte Behrendshagen aufgestellte Gespann kurzer Hand an Völschow ledig zurückgeschickt. In Rostock traf dafür ein schwedischer Postillon mit einem neuen königlichen Postwagen ein.

Bald darauf fand sich auch bei Völschow ein schwedischer Postsecretair Fischer von Stralsund mit einem amtlichen Schreiben des Inhals ein, daß vom Jahre 1700 ab die schwedische Post in Rostock von schwedischen Beamten u. s. w. expediret und dirigiret werden solle, auch die Post ihren Weg direct von Stralsund auf Rostock nehmen werde, wo sie von der königlichen Post von Wismar aufgenommen werden solle.

Dieser Gewaltmaßregel konnten die meklenburgischen Höfe nur wenig energisch entgegentreten. Doch ließ sich Völschow wenigstens nicht abhalten, zu handeln, wie es ihm Eid und Pflicht befahl. Er nahm zwar die schwedische Post ab, schickte aber den schwedischen Postwagen ledig nach Stralsund zurück und beforderte die Post mit seinem eigenen Postwagen nach Wismar weiter. Zu längerem energischen Widerstand fühlte sich Völschow, wie er den Regierungen in Schwerin und Güstrow mit einem Bericht über das Vorgefallene anzeigte, aber zu schwach, so daß er wohl nicht lange mehr den Uebergriffen der schwedischen Regierung glaubte wehren zu können.

Von Schwerin wurde nunmehr der Kammersecretair Varenius an die Regierung in Wismar abgeordnet, um im Wege der Unterhandlung den Streitfall möglichst in einer für Meklenburg günstigen Weise zu ordnen. In Wismar ließ man sich nur auf Allgeweinheiten ein und behauptete, das königliche Kanzlei-Collegium beabsichtige nur, den Kurs Hamburg - Stralsund - Ystadt als ein einheitlich Ganzes einzurichten, und zwar lediglich zur Beförderung der schwedischen Korrespondenz zwischen Hamburg und Schweden.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 77 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Erlaubniß sei von den meklenburgischen Höfen ertheilt worden, und die Post sei immer als schwedische Post gegangen, auch hatten schwedische Bediente - zu ihnen rechnete man schwedischerseits auch Völschow in Rostock - immer die Abfertigung der Post besorgt. Allerdings gab die Regierung in Wismar zu, daß in der Zwischenzeit in der Organisation der Post auf Völschows Betreiben eine Aenderung eingetreten sei insofern, als die Post auf meklenburgischem Gebiet von herzoglichen Postillonen gefahren worden sei, das ändere aber an dem rechtlichen Stande der Sache nichts, denn Völschow habe als königlich schwedischer Postmeister die Post von Rostock bis Damgarten gefahren, sei also gleichsam der Postfahrer des eigentlichen Unternehmers der Post, des Postmeisters Vatky in Stralsund, gewesen, und wenn er im Jahre 1686 die Postillone der Post auch in rothe Livrée (ursprüngliche Uniform der meklenburgischen Postillone) gesteckt habe, so sei dieser Umstand doch unwesentlich. Wenn die schwedische Regierung auch hiergegen nicht eingeschritten sei, so habe Vatky gegen Völschow's Verfahren doch rechtzeitig Protest erhoben. Schließlich gab die Regierung in Wismar deutlich zu verstehen, daß man etwaigen Eingriffen seitens der meklenburgischen Regierungen und der Stadt Rostock in schwedische Rechte nach Erfordern mit Waffengewalt entgegentreten würde.

In Schwerin residirte damals der Herzog Friedrich Wilhelm, in Güstrow leitete seit 1695 die kaiserliche Provisionalregierung die Geschäfte bis zur Erledigung der Thronfolgefrage. Herzog Friedrich Wilhelm hatte gegründete Aussicht auf die Nachfolge in Güstrow. Da ihm somit in absehbarer Zeit der Besitz des ganzen Gebiets, welches von der schwedischen Fahrpost in Meklenburg passirt wurde, zufallen mußte, so lag ihm natürlich sehr daran, daß die mit Schweden schwebenden Poststreitigkeiten günstig für ihn verliefen. Er ließ es deshalb nicht bei den durch Varenius geführten fruchtlosen Unterhandlungen bewenden, sondern focht den Streit weiter aus.

Von der Krone Schweden wurde als Grundlage für ihre Berechtigung zur Anlegung der Fahrpost immer das Schreiben des Herzogs Christian (Louis) (d. d. Paris 1685), in welchem dieser die Einführung der Post zugelassen hatte, allen Einwendungen der meklenburgischen Regierungen entgegengehalten. In Schwerin wollte oder konnte man das Vorhandensein des Schreibens nicht geradezu leugnen, aber man zweifelte die Echtheit desselben an (allerdings wohl mit Unrecht, da das über den Schriftwechsel des Herzogs Christian Louis geführte, noch erhaltene Copierbuch den

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 78 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Vermerk enthält, daß das dem Wortlaut nach angegebene Schreiben am 19. Januar 1685 von Paris nach Schweden abgegangen sei), auch trat man mit der Behauptung hervor, daß die von Herzog Christian Louis der Krone Schweden eingeräumte Freiheit nur für ihn und nicht auch für seine Nachfolger rechtsverbindlich sei, es vielmehr jetzt mindestens einer Erneuerung des Antrages um weitere Zulassung der Post bedürfe. Aber alle Einwendungen seitens der Regierung in Schwerin verschlugen nichts, sie hatten nur den Erfolg, daß das schwcdische Kanzlei-Collegium um so zäher an seinem Recht festhielt.

Nachdem inzwischen auch der große nordische Krieg ausgebrochen war, und schwedische Truppen sich im Lande aufhielten, war für Friedrich Wilhelm der Augenblick, seine Rechte der Krone Schweden gegenüber nach Umständen mit Gewalt zur Anerkennung zu bringen, schlecht gewählt. Er sah daher vor der Hand von allen Schritten zur Beseitigung der schwedischen Post ab und wartete für sein Vorhaben eine bessere Zeit ab.

Das schwedische Kanzlei-Collegium benutzte aber die günstigen politischen Verhältnisse, um für die Post weiter Raum zu gewinnen. Vatky wurde beauftragt mit Völschow wegen seiner Bestellung zum königlichen Postmeister und wegen Uebernahme der Fahrpost zu unterhandeln. Völschow wurde daraufhin von Vatky aufgefordert, einen Revers zu unterzeichnen, durch den er sich zur Besorgung der schwedischen Post bereit erklärte. Das Begleitschreiben enthielt die Warnung, bei seiner Weigerung werde eine andere geeignete Person zum Postmeister bestellt werden. Völschow erbat darauf von der Regierung in Schwerin Verhaltungsmaßregeln. Dieser war die Sache aber wegen der Nähe der schwedischen Truppen sehr unwillkommen. Sie sprach sich Völschow gegenüber auch nur sehr gewunden aus, beauftragte aber Bürgermeister und Rath in Rostock, das Vorhaben des Postkommissars Vatky in Stralsund auf alle "glimpfliche" Weise zu hindern und "da er dennoch mit Bestellung eines neuen Postmeisters in Unserer erbunterthänigsten Stadt verfahren sollte, den Bürgern ein solches und die Annahme und Beherbergung solcher Posten bei harter Ahndung zu untersagen. (7. März 1700)"

Die Stadt Rostock konnte wegen der Nähe der schwedischen Truppen nichts für Völschow thun. Allmonatlich lief deshalb von ihm ein KIagebrief nach dem Andern in Schwerin ein mit Berichten über immer neue Uebergriffe der schwedischen Postbedienten. Aber auch die Regierung war ebenso wie Rostock um Maßregeln zur Abhülfe üerlegen. Eine halbwegs befriedigende

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 79 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Lösung gelang erst dem Geh. Kammerrath Mumme, dem Pächter der herzoglichen Posten. Er wußte mit den schwedischen Behörden einen Vergleich zu Stande zu bringen, demzufolge der schwedische Postillon das Relais von Behrendshagen nach Rostock zwar fahren durfte, aber mit der Maßgabe, daß er seinen Fuhrvertrag und seine Bezahlung von dem herzoglichen Postmeister zu Rostock nehmen und meklenburgische Livree tragen mußte; überdies sollten die Portoerträge der Strecke Rostock - Behrendshagen dem Rostocker Postkontor zufließen.

Ob für den Durchgang der schwedischen Post an Meklenburg je eine Rekognition gezahlt worden ist, wie Herzog Christian Louis im Sinne hatte, läßt sich nicht mehr feststellen. Es ist sogar, da in den Rentereirechnungen beider Regierungen sich keine derartige Einnahme findet, in höchstem Grade unwahrscheinlich. Varenius giebt zwar gelegentlich an, daß früher sowohl an den Hof in Güstrow wie in Schwerin eine bestimmte Abgabe gezahlt sei, er verwechselt aber anscheinend hiermit die vor Jahren von der alten Hamburger Botenanlage gezahlten Rekognitionen.

Weiter unten wird sich Gelegenheit bieten, die fernere Entwicklung der Beziehungen Meklenburgs zur schwedischen Durchgangspost darzulegen. Dagegen muß hier noch einer anderen schwedischen Post Erwähnung geschehen und zwar der sog. Küchenpost des schwedischen Generalgouverneurs in Deutschland, Grafen Bjelke, von Stettin nach Hamburg, die allerdings nur kurze Zeit bestanden hat, aber auf ihrem Kurse ganz Meklenburg von Osten nach Westen berührte. Sie sollte zur directen Verbindung zwischen Stettin und Hamburg dienen.

Graf Bjelke, welcher Ende der 90er Jahre in der Güstrower Successionsfrage eine für Meklenburg verhängnißvolle Rolle spielte, legte im Jahre 1689 den Regierungen in Schwerin und Güstrow den Plan vor, daß er "zu Sr. Majestät von Schweden und seiner eigenen Commodität und Hauses Behueff eine geschwinde Post von Stettin auf Hamburg anzulegen" beabsichtige. Er erbat gleichzeitig für seine Post- und Küchenkalesche freien Transit durch das meklenburgische Gebiet. Die Post sollte in jeder Richtung einmal wöchentlich kursiren und ihren Weg über Neubrandenburg, Waren, die Station "zum grünen Jäger" bei Krakow, Settin (im Amte Crivitz), Wittenburg und Schwarzenbeck gehen. An jedem dieser Orte hatte er bereits 3 - 4 Pferde mit den nöthigen Knechten als Relais untergebracht, auch wegen der Verpflegung der Knechte und Pferde Abmachungen getroffen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 80 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Schweriner Räthe wandten sich, da der Herzog außer Landes weilte und seine Befehle daher nicht in Kürze einzuholen waren, an den Bürgermeister von Rostock, Liebeherr, der gleichfalls bei der Güstrower Succession eine Rolle spielte und dem man in dieser Angelegenheit ein ersprießliches Urtheil zumuthete, um Rath, ob dem Antrage Bjelke's zu willfahren sei. Liebeherr erwiderte: "Hochgedachte Ihre Excell. haben zwar bei dero Anwesenheit zu Güstrow von dieser anzulegenden neuen Post einige Erwehnung gethan, auch damals von J. F. Durchl. eilfertige Erklärung dazu erhalten. Wie aber nachgehends der Güstrowsche Postverwalter Plate nähere remonstration gethan, das durch dergleichen Veranlassung das gantze Postwesen verrücket werden würde, da haben J. F. D. sich eines anderen bedacht und den Kammerrath Mummen nach Stralsund geschickt, welcher anzeigen müssen, daß aus vielen bewegenden Gründen die Verenderung der Posten nicht thunlich fallen würde." Daraufhin sei schwedischerseits der Plan aufgegeben und nur gebeten worden, ob man nur hin und wieder eine Küchenkalesche nach Hamburg schicken dürfe.

Die Güstrower Regierung genehmigte schließlich den Durchgang der Post; die Räthe in Schwerin verhielten sich dagegen ablehnend. Graf Bjelke setzte indessen seine Bemühungen, die Schweriner Regierung umzustimmen, fort und gab die bündige Erklarung ab, die Post solle nur zur Verbindung mit dem schwedischen Herzogthum Bremen 1 ) dienen, um die Korrespondenz dahin sicher zu stellen; auch sollten mit der Post zu Niemands Schaden nur die außer den Posttagen kommenden Sachen, Briefe und Personen befördert werden, insbesondere "auch ein und andere refraîchissements an Früchten, Gartengewächsen und anderen Dingen"; schließlich wurde den Schweriner Räthen noch versichert, "daß die intention von jedem besorgten praejudicio weit entfernt sei, und die hochfürstliche superioritas territorialis durch diese Anordnung in keinem Wege gekränkt oder beleidiget, noch der geringste Abnutz dem fürstlichen Einkommen oder dero Vnterthanen entzogen, vielmehr dero Nahrung und Vortheil merklich befördert werden soll."

Was man von derartigen Versprechungen Schwedens zu halten hatte, war gerade um diese Zeit bei der schwedischen Post Stralsund - Hamburg zum sichtlichen "Abnutz des fürstlichen Einkommens" und zur "merklichen Schmälerung von Nahrung und


1) Im Herzogthum Bremen stand damals der Feldmarschall Horn mit schwedischen Truppen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 81 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Vortheil der Unterthanen" klar zu Tage getreten. Die Schweriner Räthe beharrten deswegen auf ihrer ablehnenden Haltung. Sie gaben diese auch erst auf, als Bjelke auf die in den Herzogthümern Holstein und Bremen stehenden schwedischen Truppen hingewiesen und bei weiterer Ablehnung seiner Forderung Repressalien im Herzogthum Schwerin in Aussicht gestellt hatte.

Der Gewalt mußten die Schweriner Räthe im Interesse des Landes weichen, Sie ertheilten also nunmehr die Erlaubniß zur Durchführung der Post, aber nur "unter der Hand und ohne expressen Befehl Sr. Fürstl. Durchlaucht."

Inzwischen hatte sich Graf Bjelke, dem die Verhandlungen mit der Schweriner Regierung zu umständlich und zeitraubend waren, direct an Herzog Christian Louis mit der Bitte gewandt, ihm den Durchgang seiner Post durch das Herzogthum Schwerin zu gestatten; Graf Bjelke ließ dabei einfließen, wie er bei dem Durchmarsche der schwedischen Truppen durch Meklenburg immer auf das zwischen Schweden und Meklenburg bestehende freundschaftliche Verhältniß Rücksicht genommen und seine Truppen stets von gewaltthätigen Uebergriffen abgehalten habe, daß nunmehr aber das gute Veichältniß zwischen beiden Ländern getrübt scheine, da die fürstlichen Räthe in Schwerin ihm den Durchgang seiner Küchenkalesche durch das Schweriner Gebiet verwehrt hätten.

Herzog Christian Louis, welcher die Vereinigung der meklenburgischen Herzogthümer in seiner Hand zu erreichen und für seine Pläne sich des schwedischen Beistandes bei der bevorstehenden Succession in Güstrow zu sichern trachtete, suchte naturgemäß alles zu vermeiden, was das gute Verhältniß zwischen ihm und der Krone Schweden sowie dem mächtigen Generalgouverneur von Pommern, Grafen Bjelke, stören konnte. In zuvorkommender Weise ersuchte er mittels eigenhändigen Schreibens ( de la Haye , 21. April 1690) den Grafen, die ablehnende Haltung seiner Räthe zu entschuldigen. " Je feray en suite tout ce qui se peut vous complaire, peutêtre que mes gens ont appréhendé avec raison de laisser introduire une nouveauté qui pourroit avec le temps donner lieu à des conséquences qui ne sont pas toujours aisé à remédier ."

Gerade jetzt hatten auch die Schweriner Räthe zur Durchführung der Post von sich aus ihre Zustimmung ertheilt Graf Bjelke setzte seine Küchenpost deshalb in Gang. Sie bestand aber nur kurze Zeit; wann sie wieder aufgehoben wurde, hat sich nicht mehr feststelIen lassen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 82 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Trotz der wiederholten gegentheiligen Versicherungen von schwedischer Seite hat sowohl die Küchenpost Stettin - Hamburg wie die Post Stralsund - Hamburg die herzoglichen Landesposten in außerordentlichem Maße geschädigt. Besonders die Stralsunder Post beschränkte sich nicht auf die bloße Durchführung der Korrespondenz von Pommern nach Hamburg und umgekehrt, sondern sammelte und bestellte auf dem ganzen Kurse durch Meklenburg Briefe, Packete und Gelder, nahm auch Reisende auf und konnte wegen der Nähe der Schwedischen Truppen ungestört ganz wie im eigenen Lande verfahren. Ja, diese Nähe der schwedischen Truppen mußte obendrein noch im Publikum unwillkürlich die Ueberzeugung wecken, daß die schwedische Post bessere Garantie und höhere Sicherheit biete als die Landespost, zumal deren Organisation gegenüber der schwedischen Post offenbar zurückstand. Im Lande, z. B. zu Rostock, und in besonders hervortretender Weise auch in dem Städtchen Gadebusch, floß der schwedischen Post fast der ganze Verkehr nach Hamburg zu, so daß nicht selten die herzoglichen Posten leer fahren mußten.

Es begreift sich daher, wenn bei der meklenburgischen Regierung von Jahr zu Jahr die Erbitterung gegen die schwedische Post stieg und man nur auf die Gelegenheit wartete, sie beseitigen zu können.

d. Lübecker Posten.

Der letzte auswärtige Staat, welcher bereits im 17. Jahrhundert eigene Postanlagen besaß und dieselben über meklenburgisches Gebiet führte, war die benachbarte freie Reichsstadt Lübeck. Sie war in älterer Zeit ein wichtiges Bindeglied in den Botenkursen der Hansestädte gewesen; als dann der Hansebund aufgelöst wurde, behielt Lübeck einen Theil seiner alten Botenverbindungen bei, die sich nach Hamburg und Lüneburg, sowie auf meklenburgischem Gebiet nach Wismar, Schwerin und Boizenburg erstreckten. Nach Schwerin kursirte eine Lübecker Post schon 1676 einmal wöchentlich. S. G. Krüger besorgte als Lübischer Postmeister die Post, die Personen, Briefe und Sachen beförderte. Er erhielt von dem Herzog von Meklenburg-Schwerin jährlich einen Livreerock und Mantel, später nach Abschluß eines Kontrakts 72 Rthlr. jährlich aus der herzoglichen Kasse. Krüger besaß ein herzogliches Privileg zur alleinigen Ausübung der Postfahrt nach Lübeck; um sein Gewerbe hoch zu bringen, hatte er außerdem einen herzoglichen Befehl erwirkt, der einem Fuhrmann, welcher bisher 2 - 3 Mal zwischen Schwerin und Lübeck zum Nachtheil der Post

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 83 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gefahren war, die Fahrt nach Lübeck bei 50 Rthlr. Strafe nur alle 14 Tage einmal und zwar an einem bestimmten Wochentage erlaubte. Das Postwesen stand in Lübeck unter der Aufsicht des kaufmännischen Kollegiums der Schonenfahrer, welche im alten Hansebund die angesehenste Korporation der Kaufleute bildeten und von ihren zahlreichen Privilegien das Recht der Postbestellung in die neuere Zeit hinübergerettet hatten. Später unterstanden die Wismarsche und dänische Post dem Schütting in Lübeck, einem Kollegium der vier Aeltesten der Schonenfahrer. Unter dem Schütting verwalteten dann später meklenburgische und dänische Beamte für Rechnung und Kosten ihrer Regierungen die Posten.

Ueber die Zeit der Durchführung Lübecker Posten durch das Meklenburgische nach Wismar spricht eine Bestallung, die am 28. Nov. 1679 von den Schonenfahrern zu Lübeck dem Lübecker Bürger J. Bruhn zur Postfahrt nach Wismar ausgestellt ist. Die Bestallung hebt hervor, daß die königliche Regierung zu Wismar und das Schonenfahrerkollegium schon längst mit Unlust wahrgenommen hätten, wie "die in Hamburg zum Danziger Kurs verordneten Botten eine geraume Zeit hero uns praejudiciren " wollen; man hätte in Lübeck wie in Wismar sich der Hamburger Boten gänzlich entbürdet und beschlossen, einen "eigenen Botten, welcher wöchentlich zu zwei Mahlen die Reise von Lübeck nach Wismar und von dannen wieder zurücke verrichte, zu bestellen. Dabey dann in gute Consideration gezogen die aufrichtige Treue und nützliche Dienste, so der ehrbare J. Bruhn von Jugend auf schon beym Postwesen üerrichtet . . . Er soll seinem Bottendienst getreulich vorstehen und selbigen dem Postwesen üblichen Gebrauch und Nothwendigteit nach verwalten oder wenn er unvermögens daran behindert, die ihm anvertrauten Felleisen in beiden Kontoren richtig einliefern, im Reisen richtige Stunden halten und auf jede Meyle nicht länger alß eine Stunde zubringen, keine Nebenbriefe ohne express en Vorbewußt mitnehmen . . . Damit er seinen Bottendienst mit genugsamen Auskommen verrichten möge, so vermachen Wir ihm zum monatlichen traitement 26 Rthlr. davon Er 16 Rthlr. aus dem Lübschen und 10 Rthlr. aus dem Wismarschen Postkontor empfangen soll . . ."

Der Schweriner Regierung von der Einrichtung der Post Mittheilung zu machen, oder für den Durchgang derselben um Erlaubniß nachzusuchen, hatte man weder in Lübeck noch in Wismar für erforderlich gehalten. Dagegen hatte man für die Berücksichtung der Lübecker und Wismarschen Verhältnisse so gut wie möglich gesorgt.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 84 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

So schloß man im Jahre 1683 über den Gang sowie die Taxen der Post zwischen Lübeck und Schweden einen Vertrag, der auf das durch die Post arg geschädigte Fuhrgewerbe in Wismar und Lübeck große Rücksicht nahm. Damals lief auf dem Kurse ein Lübecker und ein Wismarscher Postwagen; jeder Wagen fuhr an einem bestimmten Tage der Woche und Tags darauf zurück, sodaß beide zusammen 2 Hin- und Rückreisen machten; die Wagen durften außerdem noch an anderen Wochentagen fahren, waren dann aber in der Personen-, Waaren- und Briefbeförderung zu Gunsten bes ordinären Postwagens beschränkt. Die Fahrpläne wurden so geregelt, daß die Post sowohl in Lübeck wie in Wismar den Anschluß an die daselbst abgehenden Posten rechtzeitig erzielte. Bemerkenswerth ist noch, daß der Krone Schweden in dem Vertrage das Absenden eigener Boten als ausdrückliches Reservat vorbehalten blieb.

Mit der Schweriner Regierung trat Lübeck erst im Jahre 1701 in Verhandlung, als es sich darum handelte, wegen der Postverbindung zwischen Lübeck und Schwerin neue Einrichtungen zu treffen. Herzog Friedrich Wilhelm vereinbarte bei dieser Gelegenheit mit Bürgermeister und Rath zu Lübeck: ". . . daß die Lübeckschen Posten das fürstlich meklenburgische Territorium ferner berühren mögen und es damit in statu quo verbleiben, also daß dieselben wie bishero ungehindert kommen und gehen mögen."

Nach dieser neuen Konvention von 1701 mußte der Lübecker Postmeister vierteljährlich die Karten nach Schwerin einsenden; als Einkommen bezog er den achten Theil der Portoaufkunft der Post. Dafür hatte er aber die Pflicht, Briefe, Packete und Personen nur dieser Post zuzuführen. Lübeck verzichtete auf die Fahrt in der Station von Schwerin nach Lübeck.

Für die Portoerhebung nach Meklenburg hatte der Lübecker Postmeister die herzogliche Postordnung und Taxe anzuwenden.

Ueber die angegebenen Postrouten sprechen nur wenig Schweriner Akten; über den Kurs von Lübeck nach Boizenburg schweigen sie mit Ausnahme gelegentlicher Andeutungen gänzlich. Man wird nicht fehlgehen, wenn man hieraus auf eine geringe Bedeutung dieser Postrouten in jener Zeit schließt, immerhin aber waren sie bedeutend genug, um in gewissem Grade die landesherrlichen Interessen zu schädigen, denn sie durchquerten den fruchtbarsten Theil Meklenburgs, den Klützer Ort, und hielten den Verkehr dieser Gegend in dem Bann der benachbarten Hansestadt.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 85 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

3. Allgemeiner Zustand der Postanstalt.

Im Allgemeinen bietet die Entwicklungsgeschichte des Postwesens in Meklenburg bis zum Jahre 1701 wenig befriedigende Züge dar. Neben manchem Licht treten große Schattenseiten in den Vordergrund.

Das bemerkenswertheste Moment in der Entwicklungsgeschichte der meklenburgischen Landesposten vor 1701 bildet die Statuirung des Postregals als Hoheitsrecht der Krone. Die Grundlage für das neue Regal bildeten die Beschlüsse der Kreistage, als Vorbild für die Ausgestaltung desselben dienten die Postanlagen in Brandenburg, vor allem aber die Taxis'schen Posten, welche schon über 100 Jahre bestanden. Wie in Brandenburg, so beanspruchte auch in Meklenburg die Krone das Recht, allein im Lande regelmäßige Beförderungsanlagen - Posten - herstellen und betreiben zu dürfen. Die Durchführung der Postregalsrechte innerhalb des Landes, d. h. gegenüber etwaigen Ansprüchen der Stände oder Städte des Landes gelang auch in Meklenburg ohne Schwierigkeit.

Aber der Werth des neuen Regals war hoch in Meklenburg erheblich beschränkt. Zunächst durch die fremden Posten, die das Land durchschnitten; denn die Landespost mußte ihre Verwaltungsmaßregeln immer im Hinblick auf das Bestehen und die Möglichkeit einer Konkurrenz der fremden Posten treffen, sie war bei der vollen Ausübung ihrer Regalsrechte behindert, in ihrer Entschließung unfrei und, was schwerer ins Gewicht fällt: die meklenburgischen Regierungen waren in rein internen Landesangelegenheiten bis zu einem gewissen Grade vom Auslande abhängig.

Andererseits erfolgte die Ausgestaltung des Regals in Meklenburg nicht nach hinreichend festen Principien, sodaß die Konkurrenz anderer Beförderungsanlagen im Lande - vor allen Dingen des Fuhrgewerbes - nicht erfolgreich niedergehalten werben konnte. Das zeigt sich deutlich an der Entwicklung des Postzwangs.

Herzog Gustav Adolf verbot (16. November 1661) die Beförderung von Personen zwischen Güstrow und Rostock mit anderen Beförderungsmitteln als durch die Post, "es wäre denn, daß der ordinari Postwagen seine volle Ladung hätte," später (2. März 1680), mit besonderer Bezugnahme auf die Kontraventionen des Fuhrgewerbes, die Beförderung von Reisenden auf den Straßen nach Boizenburg und Hamburg, nach Wismar, Rostock, Parchim bei 8 Thlr. Strafe, "es were denn an Markttagen oder daß die ordinairen Posten ihre volle Ladung hätten."

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 86 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Herzog Christian Louis wies (11. März 1679) die Beförderung von Personen an Posttagen überhaupt den Posten zu. H. Friedrich Wilhelm verbot (23. Juli 1697) bei 50 Rthlr. Strafe im Allgemeinen die Beförderung von Reisenden durch andere Fuhrgelegenheiten.

Hinsichtlich des Sachtransports waren Vorrechte zu Gunsten der Posten nur vereinzelt und ohne Nachdruck angeordnet worden. Erst H. Friedrich Wilhelm drückte (23. Juli 1697) den Postzwang für Briefe durch. Die Verordnung vom 23. August 1701 bestimmte, daß an Posttagen die Beförderung von Briefen und kleinen Packen allein den Posten zustehen sollte. Hinsichtlich der Personenbeförderung war aber in dieser Verordnung nur bestimmt, daß Reisende zwischen Güstrow und Rostock überhaupt, sonst im Lande an den Posttagen nur von den Posten befördert werden sollten.

So unzureichend der Postzwang präcisirt war, um so mehr nahm das Fuhrgewerbe Anlaß, den bereits seit den sechsziger Jahren gegen das Postregal geführten Kleinkrieg mit aller Erbitterung fortzusetzen. Besonders das zunftmäßig organisirte Fuhramt in Rostock nahm den Kampf mit den herzoglichen Posten sehr energisch auf. Strafen, häufige Pfändungen von Wagen und Gespannen hatten nur vorübergehend Erfolg, und Klagen über die Kontraventionen und die "Unterschleife" des Fuhrgewerbes bildeten bis tief in das 18. Jahrhundert hinein eine ständige Erscheinung in den Akten der Postverwaltung.

Das Postregal in den Händen der meklenburgischen Herzöge hatte daher einen wesentlich geringeren Werth als in dem benachbarten Brandenburg, wo der große Kurfürst schon am Ausgang des 17. Jahrhunderts das Postregal von nachtheiligen Einflüssen fast ganz frei zu machen verstanden hatte.

Im Uebrigen legte die absolute Staatsgewalt auch in Meklenburg den Posten noch mancherlei Vorrechte bei, um sie freier in der Bewegung zu machen. Schlagbäume und Thore mußten den Posten selbst bei Nachtzeit auf das Signal der Postknechte sofort geöffnet werden, bei schlechten Wegen durften die Posten Umwege auch über Aecker nehmen, wenn diesem Vorrecht auch lebhaft widersprochen wurde und Pfändungen der Postwagen aus diesem Anlaß vorkamen. Eine "Arretirung" der Postwagen war strenge untersagt. Die Behörden hatten Anweisung, den Posten allen nur möglichen Schutz angedeihen zu lassen. Die Postmeister, Posthalter u. s. w. genossen vielfach Befreiung von bürgerlichen Lasten, Einquartierung u. dergl.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 87 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Das Briefgeheimniß wurde streng gewahrt; wenigstens findet sich keine Stelle in den Akten, wo über die unbefugte Eröffnung oder Unterdrückung von Briefen Klage geführt worden wäre. Aus diesem Grunde enthalten die Akten auch keine besonderen herzoglichen Verordnungen über die Wahrung des Briefgeheimnisses durch die Postbeamten; vielleicht mochte man aber auch an das Briefgeheimniß selbst nicht unseren heutigen Maßstab anlegen, denn der Brauch, die Briefkarte mit den Namen der Empfänger von Postsenbungen zur öffentlichen Kenntniß auszuhängen, war für die Wahrung des Briefgeheimnisses an sich schon schlecht geeignet.

Die Verwaltung der Posten war gleich Anfangs den herzoglichen Kammern übertragen worden; aber die Herzöge, vor Allem Adolf Friedrich, Gustav Adolf und Friedrich Wilhelm, übten dennoch auf die Verwaltung tiefgreifenden persönlichen Einfluß aus. Wenn sie trotzdem fast gleichzeitig die Posten in beiden Herzogthümern pachtweise an Privatpersonen überließen, so mag diese Maßregel, zumal die Posten mitten in der Entwicklung begriffen waren, wirthschaftlich nicht gerechtfertigt erscheinen, aber die im Ganzen wenig befriedigenden Ergebnisse der Posten führten zu der richtigen Erwägung, daß ein geeigneter Pächter, welcher an der gedeihlichen Entwidlung der Posten pekuniär interessirt war, besser als die mit anderen Geschäften überlasteten Kammern in der Lage wären, in kurzer Zeit die Posten neu zu beleben, die ihnen anhaftenden Mängel zu beseitigen und dem Betriebe für seine fernere Entwickelung eine gesunde Grundlage zu geben. In dieser Erwägung hatte sich H. Gustav Adolf nicht getäuscht, denn der Geh. Kammerrath Mumme, welcher 1694 die Güstrower und bald darauf auch die Schweriner Posten in Pacht übernahm, hat sich außerordentliche Verdienste um die Entwicklung der Landesposten erworben, so daß seine Thätigkeit den Uebergang zu einer neuen Entwicklungsphase der Landespost bildet.

Von Beamten bei der Postverwaltung läßt sich erst am Ende des 17. Jahrhunderts sprechen. Postmeister waren um 1700 schon in den meisten Städten Meklenburgs beschäftigt; die Postmeister an größeren Orten führten die Postgeschäfte als Lebensberuf, an anderen Städten besorgten Privatpersonen, Apotheker, Gastwirthe, Bürgermeister, Amtspersonen u. s. w. den Dienst als Nebenamt gegen eine Jahresbesoldung, welche zwischen 8 bis 50 Rthlr. schwankte. Die Berufs-Postmeister in Schwerin, Güstrow, Rostock, Boizenburg und Hamburg genossen eine gewisse bevorzugte Stellung, ihre Einkünfte waren auch dem größeren Betriebe entsprechend

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 88 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

höher. Der Postmeister in Lübeck erhielt den achten Theil der Portoaufkunft von den Meklenburg - Lübecker Posten.

Sämmtliche Postoffizianten wurden beeidigt, mußten Kaution bestellen, entweder baar oder durch Bürgschaft, und erhielten eine Bestallung. Für den Beruf vorgebildete Beamte gab es erst seit 1690, als die Häufung der Postgeschäfte die Postmeister zwang, Schreiber und Gehülfen in Dienst zu nehmen. Der erste meklenburgische Postschreiber Zeller wirkte 1691 in Boizenburg; seine Besoldung betrug 60 Rthlr.

Eine Vererbung des Amts in einer Familie bildete durchaus keine Ausnahme; in Rostock haftete das Postmeisteramt so sehr an der Person Bahlemanns, daß Letzterer dasselbe bei seinem Ausscheiden dem Nachfolger als Vermögenstheil gegen eine Altersrente überwies. In Boizenburg kam 1681 ein fürstliches Wohnhaus "nebst dem dabei gelegten Postwesen" zum Verkauf; vom Verkauf ausgeschlossen wurde dagegen die als beneficium auf dem Hause ruhende "freie Wein- und Bierschenke".

Zu den Unterbedienten gehörten Wagenmeister, Briefträger, Litzenbrüder; diese nahmen die Stelle der heutigen Packetbesteller ein.

Die Offizianten waren kanzleisässig, selbst in Rostock unterstanden die Postbeamten der herzoglichen Kanzlei; die Unterbedienten wurden von den Niedergerichten abgeurtheilt.

Die Posthäuser galten als privilegirte Orte; über dem Eingang zum Posthause war ein gemaltes, hölzernes Schild mit dem Wappen und Namen des Herzogs angebracht.

Ueber die finanziellen Ergebnisse der Landesposten bis zum Jahre 1701 liegen nur unzureichende Nachrichten vor. Von wesentlicher Bedeutung konnten dieselben nicht sein mit Rücksicht auf die Konkurrenz der fremden Posten und des Fuhrgewerbes; überdies hatte die politische Lage des Landes von 1650 bis 1700 den wirthschaftlichen Aufschwung sehr gehemmt. Im Herzogthum Schwerin beliefen sich die Ueberschüsse schätzungsweise auf 1000 bis 1500 Rthlr. im Jahre. Bei der neuen Post Schwerin - Hamburg betrug im Jahre 1694/95 die Roheinnahme . . 3124 Rthlr.

(einschl. 1340 Rthlr. für Freibeförderungen zum herzoglichen Hofstaat),

die Ausgabe (Fuhrgehalte u. s. w.) 2550 Rthlr.

der Ueberschuß mithin rund 575 Rthlr.

Die übrigen Kurse nach Lübeck, Wismar u. s. w. brachten zusammen ungefähr den gleichen Betrag.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 89 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Während von Koppelow's Pachtperiode flossen außer der von Bahlemann-Rostock für die Demmin - Rostock - Wismarsche Post gezahlten Rekognition von 33 Rthlr. 16 ßl. keine Einnahmen aus den Posten zur herzoglichen Schatulle.

In Güstrow erscheinen die Rekognitionsgelder aus Rostock gleichfalls als Einnahme. Seit etwa 1678 beliefen sich die Ueberschüsse angeblich auf etwa 1000 Rthlr. jährlich bei einer Gesammteinnahme von ungefähr 3000 Rthlr. Unter herzoglicher Verwaltung brachten die Posten im Jahre 1690 rund 500 Rthlr., in den folgenden Jahren 800 Rthlr., 2000 Rthlr. Ueberschüsse, diese sanken 1693 aber wieder unter 1000 Rthlr., was zur Verpachtung der Posten an Mumme gegen eine Jahrespacht von 1000 Rthlr. Anlaß gab.

Geregelte Dienstvorschriften gab Mumme zuerst heraus. Man unterschied Reit-, Fahr- und Botenposten, die meist zweimal wöchentlich kursirten. Den Grenzort Boizenburg berührten 1680 bereits 18 preußische und Reichsposten, ferner Schweriner, Güstrower und Lübecker Posten je zweimal wöchentlich, so daß diese Stadt mit täglich 4 bis 6 Posten weitaus die besten Verbindungen im Lande besaß.

Die Residenz Güstrow hatte 1693 folgende Postverbindungen:

Sonntag: nach Berlin, und von Hamburg, Wismar, Rostock, Neubrandenburg und Parchim,
Montag: nach Rostock,
Dienstag: nach Parchim, Neubrandenburg, Hamburg, Rostock, sowie von Rostock,
Mittwoch: nach Wismar, Rostock und Berlin, sowie von Berlin und Rostock,
Donnerstag: nach Rostock, sowie von Hamburg, Rostock, Neubrandenburg und Parchim,
Freitag: nach Parchim, Neubrandenburg, Hamburg, Rostock, sowie von Wismar und Rostock,
Sonnabend: nach Wismar und Rostock, sowie von Berlin und Rostock,
d. h. 6 Mal wöchentlich mit Rostock, 2 Mal mit Wismar, Hamburg, Parchim, Neubrandenburg und Berlin.

Rostock hatte 1684 an Postverbindungen wöchentlich: 2 Reitposten nach Wismar, 2 Fahrposten nach Demmin, 3 Fahrposten nach Güstrow, 1 Fahrpost nach Schwerin, 2 Reitposten nach Stralsund und eine Botenverbindung mit Parchim.

Die Residenz Schwerin war damals nur klein und hatte für das Land bei Weitem nicht die Bedeutung der heutigen Stadt;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 90 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sie stand mit Lübeck, Rostock und Parchim, später auch mit Güstrow und Hamburg in regelmäßiger Verbindung.

Sämmtliche Posten regelten ihren Kurs nach den für Schwerin und Güstrow erlassenen Kursordnungen, die wieder auf den Postverbindungen Hamburgs in das Reich basirten. Die Kontrole der Posten unterwegs wurde durch Stundenzettel unterhalten; jede Versäumniß über 1/2 Stunde sollte mit 1 Rthlr., ja mit Leibesstrafe geahndet werden. Entschuldigungen wurden nicht angenommen, "es sei denn, daß der Postillon ganz bestimmt nachweisen könne, daß ihm etwas am Wagen beschädigt oder daß er wegen großen Wassers umfahren müssen oder andere unvermuthete Fälle ihn gehindert." Um das Stundenhalten blieb es aber lange Zeit schlecht bestellt, denn die öffentlichen Straßen waren meistens in erbarmenswerther Verfassung.

Die Postknechte (Postillone) trugen rothe Montirung, "die fürstlichen Farben," auf der Brust das herzogliche Wappen, ein silbernes Schild, damit, wie Bahlemann in Rostock naiv meint, "böse Buben und Straßenräuber offenbar sehen können, daß sie Postführer sein und für denselben sicher reisen mügen, dieselben sich auch nicht entschuldigen mügen, daß Sie es nicht gewußt, daß es Postführer seien." Außerdem führten die Postillone das Posthorn.

Als Postwagen waren einfache, offene Leiter- oder Korbwagen in Gebrauch; sie ruhten auf fester Achse. Auf die Leitern wurden Bänke gesetzt als Sitzplätze für Passagiere. Die Postsachen lagen lose im Wagen; Brieffelleisen und Werthgegenstände wurden aber in der kastenähnlichen Lade aufbewahrt, welche auf den Boden des Wagens gestellt wurde. Ein Wagen kostete 7 - 20 Thaler und hatte trotz seiner schweren, ungefügen Bauart eine Gebrauchsdauer von 1, höchstens 2 Jahren, denn die schlechten Wege machten auf jeder Fahrt Reparaturen nöthig. Der Postillon führte daher stets Aushülfsstücke bei sich. Vorne und hinten am Wagen waren leiterähnliche Schoßkellen zum Aufbewahren von Reisegepäck angebracht. (Abbildung auf Seite 94.)

Für die Posten konnten nur starke, gute Pferde gebraucht werden; ein Pferd kostete 25 - 40 Thaler. Jeder Wagen wurde je nach der Beschaffenheit der Wege mit 3 - 5 Pferden bespannt. Der Bestand an Postpferden muß an einzelnen Orten, z. B. in Boizenburg und Güstrow, sehr erheblich gewesen sein; denn dem Postmeister le Plat in Güstrow waren einmal 24 Pferde, einem anderen Posthalter bald darauf 15 Pferde in einem Jahre an Rotz und Wurm eingegangen. Die Postmeister waren durchweg

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 91 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gleichzeitig Posthalter; letztere hatten die Posten innerhalb einer Station (Wegstrecke von 6 - 8, später von 3 - 5 Meilen) zu befördern.

Die Aufsicht unterwegs führte der Schirrmeister; ein solcher wurde jeder Fahrpost beigegeben. Er hatte, besonders in Hamburg, nach Kräften durch Ansagen in Krügen und Schenken Passagiere für die Post heranzuziehen.

Der Dienst bei den Postanstalten - Postkontors - war einfach; sie waren an Posttagen den ganzen Tag, sonst nur während einiger Stunden für den Verkehr geöffnet. Eine Stunde nach Eintreffen der Post mußte die Briefkarte, in welcher alle eingelaufenen Sendungen mit dem Namen des Empfängers verzeichnet waren, am Posthause öffentlich ausgehängt werden, sodaß Jeder selbst nachsehen konnte, ob Sendungen für ihn eingegangen waren.

Briefe, welche binnen einer bestimmten Zeit nach Ankunft der Post nicht abgeholt waren, wurden in Rostock und Güstrow durch den Litzenbruder den Empfangern ausgehändigt.

Wie es bei dem Postamt in Rostock bei Ankunft oder Abgang von Posten herzugehen pflegte, davon giebt nachstehender Bericht des Postmeisters Bahlemann an die Herzöge von Schwerin und Güstrow vom Jahre 1667 hinlängliche Kunde:

"Alß bey der mir gn. anvertrauten Postverwaltung nicht geringe Beschwerden sich ereugnen, dahero, daß auff den Posttagen bey abgehenden Posten die Briefe nicht zu rechter Zeit eingebracht, sondern damit mannigmahl biß 11 und 12 Uhr in der Nacht verzogen, großer tumult daneben und Muthwill verübett, frömbde reyßende Leute in ihrer Ruhe verstörett werden, überdehm alsofort, sobald nur die Posten alhier angekommen, und ehe und .bevor die abgehende Posten wieder abgefertigett, sich theilß Leute finden, die Briefe mit unnützen, ja fast ehrenrührigen Worten fodern, und aber die angekommene Briefe nicht ehe, biß die abgehende Posten abgefertigett, außgeantwortett werden können, gestalt solche Posten keinen Vertzug noch Aufhalt leiden,

So gelanget an E.E. D.D. .meine unterth. Bitte, in gn. Erwegung, da demselben nicht gesteuret, die Posten verzögert, auch der Geringste mich mit schimpflichen ehrenrührigen Worten anzufahren und sowol für alß im Posthauße allerhand Muthwillen anzurichten sich unterstehen würde, in patenti forma eine ernste Verordnung, so im Posthause affigirt werden kann, deß Einhalts, daß ein Jeglicher, so Brieffe mit der Post nach Wißmar, Lübeck, Hamburg etc. . haben will, selbige des Sonntags und Mittwochs umb 8 oder höchst umb 9 Uhr, auf Stralsundt, Greyfs=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 92 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wald, Anklam, Stetin, Dantzig etc. Sonntags bis 1 Uhr und Donnerstags umb 4 Uhr Nachmittags praecise einbringen, die angekommenen Briefe aber nicht ehe, bevor die abgehende Posten abgefertigett und die Postcharte affigirett , ohn einiges mein Beschweren und molestiren abfordern, mich weder bey der Eingabe noch Abforderung der Briefe mit schimpflichen und ehrenrührigen Worten anfahren, noch sonst bey Tag und Nacht, für und in den Posthause Widerwillen verüben solle, ergehen zu lassen, und Bürgermeister und Raht alhie, daß sie darüber ernstlich halten, ernstlich zu injungir en."

Daß dem Unwesen kein Einhalt geboten worden war, zeigen spätere Klagen Bahlemanns an die Herzöge.

In den Posthäusern hing die herzogliche Postordnung oder Taxe aus. An Orten, wo keine fremden Posten konkurrirten, blieben die Taxen jahrelang unverändert, an anderen Orten, z. B. Rostock, Boizenburg, Hamburg, machte die herzogliche Taxe alle durch Abänderung der fremden Taxen hervorgerufenen Schwankungen mit, damit die Landesposten nicht durch die fremden Posten hinsichtlich der Gebühren unterboten und so vom Postverkehr ausgeschlossen würden. Andererseits sind auch Fälle bekannt, daß an Orten, wo offenkundige Konkurrenz des Fuhrgewerbes bestand, nicht selten um Postfracht- und Fuhrlohn gefeilscht wurde und niedrigere Gebühren zur Erhebung gelangten, um die Postwagen nicht leer fahren zu lassen.

In Schwerin hatte nach ber Taxe von 1701 eine Person, welcher 40 - 50  Freigepäck bewilligt war, für die Meile 1 ) 8 ßl. zu zahlen; ein Brief (vor 1 entzeln Brieff wird gerechnet so unter und bis 1 Loth, darüber nach proportion ) nach Hamburg 2 ßl. (über Gadebusch - Ratzeburg) und 3 ßl. (über Wittenburg - Boizenburg); Gelder und Juwelen kosteten nach Hamburg für je 100 Rthlr. oder 6  Gold oder Silber 12 ßl., Juwelen nach proportion des obigen Werths; die Taxe nach Rostock war der für Hamburg gleich, die von Parchim 8 ßl. gleich der von Wismar u. s. w. Päckereien (auch Akten) kosteten nach Hamburg 1/2 - 1  4 ßl.; 2 - 6   à   2 ßl.; 6 - 16   à   1 ßl.; darüber à   9  ; 100 Austern in Schalen 12 ßl., ohne Schalen 6 ßl.; 1 Reh 24 ßl., 1 Hase 8 ßl., 1 Schwein je nach der Größe 1, 1 1/2 - 2 Rthlr.; ähnlich waren die Taxen nach Rostock, Wismar u. s. w.


1) Man unterschied noch jahrelang später nach großen, gewöhnlichen und kleinen Meilen; Gadebusch - Ratzeburg (24 km) waren 3 große Meilen, Wittenburg - Boizenburg (30 kmi) 4 kleine Meilen, Schwerin - Rehna (34 km) 4 Meilen, Schwerin - Gadebusch (23 km) 3 Meilen u. s. w.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 93 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nach der Postordnung Herzog Gustav Adolfs von Güstrow vom Jahre 1678 hatte eine Person nach Hamburg zu zahlen 3 Rthlr. 8 ßl. bei 20  Freigepäck; ein Brief ("vom Bogen") von Güstrow bis Hamburg kostete 4 ßl., nach Parchim 1 ßl., "wenn die Briefe größer nach advenant ," ein Schiffspfund Gut bei Sommerszeit nach Hamburg 2 Rthlr. 16 ßl., zu Winterszeit 2 Rthlr. 32 ßl. "Was aber kleine Päckschen, Tönnchen und Kästchen so unter 1/4 Schiffspfund sein, dafür wird nach Pfunden bezahlet und zwar für 1  9  von Hamburg bis Güstrow, was gar kleine Päckschen fein, deßfalls wird gegeben für das  1 ßl., und ist im Uebrigen die Proportion des Weges zu observir en, wenn das mitgegebene nur nach einem gewissen Ort und nicht gantz hingebracht wird."

Für 1  schwer an Gelde 4 ßl., da aber nur biß Parchim, Boizenburg, soll die Proportion des Weges angesehen werden.

Nach der Güstrower Postordnung (vom 20, September 1693) zahlte 1 Person von da nach Hamburg (20 - 30  Freigepäck) 3 Rthlr., sonst 7 ßl. für die Meile, Passagiere von Rostock nach Hamburg sollten dagegen nicht mehr als auf der schwedischen Post zahlen, die wahrscheinlich niedrigere Taxen hatte; 1 Brief vom Bogen kostete nach Hamburg 4 ßl., 1 Schiffspfund von Güstrow nach Hamburg im Sommer 2 Rthlr. 12 ßl., im Winter 2 Rthlr. 24 ßl.; "kleine Päckschen u. s. w. 1  9  , was gar kleine Päckschen sind, fors  1 ßl. und ist im Uebrigen die Proportion des Weges zu observir en; 1  Gold nach Hamburg 4 ßl., wenn es unterwegs bleibt, nach advenant . Mit der Rostocker Post 1 Brief 1 ßl., 1 Person im Sommer 16 ßl., 1 Schiffspfund 20 ßl., 1 Tonne Kniesenack oder Bier 16 ßl."

Auf der Berliner Post 1 Person nach Plau 36 ßl., nach Berlin 3 Rthlr. 36 ßl., 1 Brief nach Berlin 5 ßl.

Bestimmungen über die äußere Beschaffenheit, den Umfang und das Gewicht der zur Post gegebenen Sendungen waren noch nicht erlassen. Infolgedessen war die Ladung eines Postwagens meistens ein buntes Gemisch kaufmännischer Waaren, Frachtsachen, Victualien in Tonnen und .Kisten, wenn der Absender es nicht vorzog, der Bequemlichkeit halber blutendes Wild, Hirsche, Rehe, Schweine ohne jede Verpackung abzusenden. Die Postwagen glichen daher ganz den schwer bepackten Frachtwagen und schlichen schneckenähnlich auf den Landstraßen dahin. Für die Passagiere war unter solchen Umständen der Aufenthalt auf den Postwagen keine Annehmlichkeit. Eine Schweriner Verordnung von 1691

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 94 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

setzte das Meistgewicht eines voll beladenen Postwagens auf 4 - 5 Tonnen (80 - 100 Centner) fest.

Briefe und sonstige Sendungen konnten frankirt und unfrankirt abgesandt werden. Passagiere konnten die Hälfte des Fahrgeldes vorausbezahlen und sich damit einen Platz sichern.

Die Postkontors rechneten jährlich mit den Kammern, später mit den Pächtern ab, das Rechnungsjahr lief vom 1. Juni bis Ende Mai, aber es dauerte bei einzelnen Postanstalten jahrelang, bis die Rechnung eines Jahres abgewickelt war.

Die Portogebühren wurden meistens nur bis zur Landesgrenze berechnet, nur nach einzelnen Orten des Auslandes konnte die Frankirung ganz erfolgen, z. B. nach Berlin. Für kleinere Orte im Lande bestanden keine besonderen Taxen; die zu erhebenden Portobeträge mußten immer nach der Taxe der nächsten größeren Stadt - Schwerin, Güstrow oder Rostock - reducirt werden. Den Postmeistern war damit natürlich ein weiter Spielraum für die Erhebung der Gebühren gelassen.

Engere Beziehungen zu fremden Verwaltungen hatten sich im Großen und Ganzen erst wenig entwickelt. In größerem Umfange wurde nur mit dem Taxis'schen Postamte zu Hamburg freundschaftlicher Verkehr unterhalten; die meklenburgische Korrespondenz ins Reich wurde daher überwiegend nach Hamburg geleitet.

So einfach die meklenburgischen Postverhältnisse um das Jahr 1700 auch noch waren, so hatte man sich im Publikum doch schon an die Thätigkeit der Posten gewöhnt. Sie begannen auch in einem Ackerbaulande, wie es Meklenburg vorzugsweise ist, wirtschaftliche Bedeutung zu erlangen, unterhielten sie doch alte und knüpften neue Verbindungen für den Absatz der Landesprodukte an.

Postkutsche
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 95 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

III. Das Postwesen in Meklenburg - Schwerin von 1701 bis 1785.

Die Güstrower Successionsfrage war durch den zu Hamburg am 8. März 1701 abgeschlossenen Erbvergleich in der Weise geregelt worden, daß Herzog Friedrich Wilhelm von Schwerin das Herzogthum Güstrow, sein Rivale um die Nachfolge, Herzog Adolf Friedrich von Mirow, die Herrschaft Stargard und das Fürstenthum Ratzeburg erhielt. Herzog Friedrich Wilhelm vereinigte demnach in seiner Hand die Herzogthümer Schwerin und Güstrow mit der Stadt Rostock, das Gebiet des heutigen Großherzogthums Meklenburg=Schwerin, Herzog Adolf Friedrich das Gebiet des heutigen Großherzogthums Meklenburg=Strelitz. Hinfort bestanden zwar noch zahlreiche gemeinsame Beziehungen zwischen beiden Herzogthümern, vor allen Dingen hinsichtlich der Verfassung, der Union der Landstände, der landständischen Vertretung u. s. w., im Uebrigen aber ergab sich als unvermeidliche Folge der langjährigen Rivalität beider Prätendenten, daß die beiden Herzogthümer sich fortan fast vollständig fremd gegenüber standen und auf politischem Gebiet nicht selten gegnerische Ziele verfolgten.

Die Posten entwickelten sich sowohl in Meklenburg=Schwerin wie in Meklenburg=Strelitz vollkommen frei und unbeeinflußt von einander. Hierdurch ist die Möglichkeit geboten, ohne auf die strelitzschen Postverhältnisse näher einzugehen, als eine Erklärung der gegenseitigen Beziehungen es erfordert, eine Darstellung der früheren Postverhältnisse in Meklenburg=Schwerin zu geben.

1. Die Landespost in Meklenburg - Schwerin

a. unter Herzog Friedrich Wilhelm (1701-1713).

Im Herzogthum Meklenburg=Schwerin bestanden die Verträge wegen Verpachtung der Posten auch unter den neuen Verhältnissen fort. Koppelow verwaltete die Posten im alten Herzogthum Schwerin, Mumme in Güstrow, doch mußte Letzterer die auf dem Gebiet des Herzogthums Strelitz kursirenden Posten (Neubrandenburg - Strelitz, [Güstrow] - Landesgrenze - Neubrandenburg, [Waren] - Landesgrenze - Strelitz u. s. w.) aus seinem Verwaltungsbereich abgeben, da die Strelitzer Herzöge wegen der Posten besondere Vorkehrungen trafen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 96 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Das erste Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts verlief für Meklenburg trotz des nordischen Krieges verhältnißmäßig ruhig. Handel und Verkehr konnten sich ungestört entwickeln. Aber Herzog Friedrich Wilhelm trug doch Bedenken, die Posten wieder in eigene Verwaltung zu nehmen, da bald nach Abschließung des Hamburger Vergleichs ernste Zwistigkeiten mit dem Strelitzer Hofe über die Auslegung mehrerer Vergleichsbestimmungen und mit den Ständen des Landes wegen Gewährung einer Landescontribution zur Einführung stehender Truppen ausgebrochen waren und seine volle Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen.

Der Herzog erneuerte daher den im Jahre 1701 ablaufenden Pachtvertrag mit Mumme bis auf Weiteres. Koppelow's Vertrag blieb einstweilen unverändert.

Es bestanden mithin, trotzdem die Herzogthümer Schwerin und Güstrow in einer Hand vereinigt waren, dem Namen nach zwei von einander getrennte Postverwaltungen im Lande. Wenn beide Postpächter auch einander stets Hand in Hand arbeiteten und Differenzen zwischen beiden nicht vorkamen, so lag der Gedanke doch nahe, daß die gesammten Posten des Landes unter einheitlicher Leitung sich wesentlich günstiger entwickeln würden, als unter den jetzigen Verhältnissen, wo der eine Pächter mit seinen Maßnahmen vielfach auf den andern Rücksicht zu nehmen hatte, anstatt daß lediglich öffentliche Interessen entscheidend waren. Vermuthlich war Herzog Friedrich Wilhelm selbst von dieser Ueberzeugung getragen, vielleicht hatte Mumme auch diesen Gedanken höheren Orts angeregt - wie dem auch sei -, nach Aktenvermerken begab der Geh. Rath von Koppelow sich im Jahre 1703 "aus unterthänigster Devotion gegen den Herzog" der ihm aus seinem Pachtvertrage zustehenden Rechte. Er schied in diesem Jahre ganz aus der Postverwaltung aus und erhielt als Entschädigung aus den Postpachtgeldern jährlich 500 Thlr. auf Lebenszeit Wir begegnen seinem Namen von jetzt an in den Postakten nicht wieder.

In seine Stelle trat der Geh. Kammerrath Mumme. Am 8. September 1703 wurde mit ihm in Grundlage seines ersten Pachtkontrakts vom Jahre 1694 ein neuer Vertrag abgeschlossen, welcher alle Posten im Herzogthum Meklenburg=Schwerin umfaßte, u. A. auch die bis dahin unter mittelbarer herzoglicher Verwaltung stehenden Posten auf dem ehemaligen Hamburger Botenkurse zwischen Lübeck, Rostock und Demmin. Die für diese Posten von dem Postkontor in Rostock bis dahin gezahlte Rekognition von 66 Rthlr. 32 ßl. (je 33 Rthlr. 16 ßl. an jeden

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 97 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der beiden meklenburgischen Höfe) kam vom 1. Januar 1704 ab - dem Beginn von Mumme's neuem Kontrakt - in Fortfall.

Die Dauer des neuen Pachtvertrages wurde vorerst auf 4 Jahre bemessen. Als Jahrespacht sollte Mumme in den beiden ersten Jahren der Pachtperiode je 2500 Rthlr., vom dritten Jahre ab aber 3000 Rthlr. zahlen. Dem Wortlaut nach stimmte der neue Vertrag mit dem alten im Wesentlichen überein; Mumme hatte indeß in den verflossenen Jahren manche Erfahrungen gesammelt, die er bei Redaktion des neuen Vertrages zu seinem Vortheil verwerthete. In erster Linie verlangte er, daß die bisherigen alten Taxen, die zu unbestimmt waren und dem Gutdünken der unteren Postorgane zu weiten Spielraum ließen, einer Neuregelung unterzogen werden sollten; seiner Forderung wurde nachgegeben. Noch im Jahre 1704 wurden für die Kontore in Rostock, Güstrow und Schwerin neue Taxen aufgestellt, die länger als 60 Jahre in amtlicher Geltung blieben. Dafür versprach Mumme, fürstliche Briefe auch fernerhin auf allen meklenburgischen Posten frei zu befördern, bat aber, daß der Herzog seinen Räthen und Dienern das Absenden eigener Briefe unter dem Rubrum fürstlicher Sachen, welcher Gebrauch sich im Laufe der Zeit herausgebildet hatte, strenge untersagte. Da bisher die Freibeförderungen trotz der Beschränkung des Freigewichts auf 20  für herzogliche Sachen Beförderungskosten in Höhe von 1/3 - 1/2 der Portoaufkünfte aller Postkurse erfordert hatten, stellte Mumme die Bedingung, daß "anstatt der 20  , so Ser mus auf den Posten frei haben sollen, umb alle disput en im Abrechnen und Nachwägen zu vermeiden, wöchentlich 80  , es seien solche auf den Posten oder nicht, freigegeben und dafür von Ser mi Rechnung das porto von solchen 80  wöchentlich und zwar à  9  wirklich decourtir et werden, was aber Ser mus über solche 80  wöchentlich auf der Post haben, solches wird à  auch mit 9  wie bisher bezahlt und quartaliter von der pension gekürtzet werden." Dagegen sollen Theuerungen an Korn u. s. w. keinen Einfluß auf den Kanon haben, nur "Krieg und Pestilenz, wenn die Postkurse dadurch erheblich gestört würden, in billige consideration gezogen werden."

Die fürstlichen Räthe beantragten vor Abschluß des Vertrages, die Bestimmung desselben, wonach ihnen die Postfreiheit für Briefe in herzoglichen Angelegenheiten nicht mehr in früherem Umfange gewährt werden sollte, nicht in den Vertrag aufzunehmen; sie beruhigten sich aber, als Mumme ihnen mündlich versprach, "daß er von diesen Briefen kein Briefporto zu fordern intendire "

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 98 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und die Bestimmung nur deswegen aufgenommen habe, um bei etwaigen Mißbräuchen freie Hand zu behalten.

Auch auf dem jetzt erheblich vergrößerten Arbeitsfeld bethätigte Mumme sein bisheriges Geschick. Schon nach kurzer Zeit waren die Posten in den bisher politisch getrennten Landestheilen zu einem einheitlichen Ganzen verschmolzen. Im Besonderen richtete Mumme seine Bemühungen dahin, der Konkurrenz der fremden Posten im Lande durch Herstellung günstiger Kursverbindungen und Festsetzung gleichmäßiger und billiger Taxen die Spitze zu bieten, sowie den vom Fuhrgewerbe im alten Umfange weiter verübten Nebenfuhren und Kontraventionen Einhalt zu thun. Für diese Bemühungen fand er bei Herzog Friedrich Wilhelm jederzeit ausgiebige Unterstützung. Am Schlusse seiner Pachtperiode war das meklenburgische Postwesen daher wohl geordnet und trat hinsichtlich seiner Leistungen und der Pünktlichkeit des Betriebes hinter gleichartigen Anlagen der Nachbarstaaten wenig zurück. Die Hauptkurse waren zwischen Schwerin, Güstrow, Rostock und Hamburg eingerichtet, nicht minder wichtige Kurse bestanden zwischen Lübeck - Wismar - Rostock - Demmin; Lübeck - Schwerin - Parchim; Lübeck - Wismar; Schwerin - Wismar; Güstrow - Rostock; Güstrow - Parchim - Waren - Plau. Die kleineren Städte waren zum Theil durch Fußbotenposten an das allgemeine Postnetz angeschlossen.

Für dieses vielverzweigte Netz bedurfte Mumme eines gut geschulten, zuverlässigen Personals. Die bis dahin vielfach unbestimmten Dienst- und Besoldungsverhältnisse des Personals wurden fest geregelt; sämmtliche Beamten und Unterbedienten erhielten treffliche Dienstinstructionen, in welchen alles über den Dienst Wissenswerthe kurz zusammengestellt war.

Die Gehälter waren allerdings, vornehmlich an kleineren Orten, wo in der Regel Ortseingesessene den Postdienst versahen, nur gering; aber der Dienst erforderte hier keine große Mühe und nur wenig Zeit, da die Posten nur zwei Mal wöchentlich in jeder Richtung kursirten. Anders war es aber an größeren Orten, wo die Dienstgeschäfte in den Händen von Berufsbeamten ruhten. Le Plat in Hamburg, dessen Thätigkeit schwer zu kontroliren war, der aber wegen seines vielfachen Verkehrs mit den fremden Postanstalten an seinem Amtsorte eine wichtige Vertrauensstetlung inne hatte, bezog unter Mumme schon "Alles in Allem" 700 Währung = etwa 300 Thlr. jährlich; vorher hatte er nur 100 Thlr. erhalten. Völschow in Rostock, der bisher auf dem Kurse Wismar - Rostock - Demmin immer noch einigermaßen selbständig

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 99 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gewirthschaftet hatte, infolgedessen in Rostock ziemlich verfahrene Verhältnisse herrschten, mußte nun über den Kurs Rechnung ablegen; er behielt zwar auch unter Mumme die Kurse von Rostock nach Demmin und nach Damgarten in eigener Verwaltung, mußte hierfür aber an Mumme eine Rekognition von 400 Thlr. jährlich zahlen, 1 ) während früher vom ganzen Kurse von Wismar nach Demmin nur 66 2/3 Thlr. Rekognitionsgelder zur herzoglichen Kasse flossen -- ein Beweis, wie einträglich die Posten schon geworden waren. Die Postmeister in Schwerin, Güstrow und Boizenburg erhielten durchschnittlich Gehälter in Höhe von 300 Rthlr.

Eine genaue Kenntniß der finanziellen Ergebnisse der Postverwaltung würde den besten Maßstab für Mumme's Thätigkeit bieten können, leider sind aber aus der Zeit vor dem Jahre 1708 Nachrichten über die Einnahmen und Ausgaben der Postverwaltung nur in unzureichendem Maße erhalten geblieben. Mumme selbst gab gelegentlich die Ausgaben am Schlusse seiner Pachtperiode auf rund 11100 Thlr, an, sodaß bei Hinzurechnung seiner Jahrespacht und eines in derselben Höhe sicher erzielten Gewinnes die Gesammteinnahme der Postverwaltung mit 17000 Thlr., die Ueberschüsse mit 6000 Thlr. sicher nicht zu hoch veranschlagt sein dürften. Solche Zahlen reden eine deutliche Sprache. Mumme erzielte bereits eine Verzinsung seiner Ausgaben mit über 50 %; 150 Jahre später betrugen die Ueberschüsse nur 20 - 25 % der Ausgaben, und dieses Ergebniß galt schon als recht beträchtlich. Man sieht, Mumme verstand es, sein Pachtobject nach Kräften auszubeuten; aber über seinem Streben nach persönlichem Gewinn ließ er nie die wirthschaftliche Bedeutung der Posten für die Allgemeinheit aus den Augen, denn die Ueberschüsse hatte er lediglich seiner eigenen Thätigkeit zu danken, die dahin zielte, das Postkursnetz immer mehr zu erweitern und vor Allem Ordnung und Pünktlichkeit in den Betrieb zu bringen. Thatsächlich findet sich in den Akten keine Andeutung, die auf eine Uebertheuerung des Publikums, oder auf Unordnung und Mangelhaftigkeit des Betriebes hätte schließen lassen; wohl aber enthalten die Akten manche warme Anerkennung für die Thätigkeit Mumme's.

Die günstigen Erfolge des Geh. Kammerraths Mumme konnten nicht lange verborgen bleiben. Herzog Friedrich Wilhelm hatte im Jahre 1708 erreicht, was für ihn jedenfalls auch Anlaß


1) Völschow hatte nebenbei auch noch ein erkleckliches Einkommen aus dem Seifenmonopol, das ihm der Herzog 1701 verliehen hatte.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 100 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gewesen war, die Posten eine Zeitlang in Privathände zu geben: ein wohlgeordnetes Postwesen. Er ließ daher den am 1. Januar 1708 ablaufenden Vertrag nicht wieder erneuern, sondern nahm die Posten in eigene Verwaltung zurück. Die Leitung wurde der herzoglichen Kammer übertragen. Innerhalb derselben übte Mumme auch fernerhin die unmittelbare Aufsicht über die Posten aus, sodaß eine Aenderung in den Verwaltungsgrundsätzen zunächst nicht eintrat. Angeblich hatte H. Friedrich Wilhelm sogar dem Geh. Kammerrath Mumme versprochen, in Postsachen nur von seiner Seite Rath anzunehmen.

Auf besonderen Wunsch des Herzogs mußte Mumme unmittelbar nach Ablauf seines Postvertrages der Regierung eine Denkschrift einreichen, die alle wesentlichen Punkte umfassen sollte, welche bei der künftigen Berechnung der Posten (d.h. bei der Verwaltung für unmittelbare herzogliche Rechnung) zu beobachten sein würden. Er übergab sein eingehend begründetes Memorial am 13. Februar 1708. Es enthielt treffliche Leitpunkte für die Verwaltung der Posten und bildete gleichsam das Resumee der Erfahrungen, die Mumme während seiner langen Thätigkeit gesammelt hatte.

Zunächst legte er dar, daß zum Gedeihen des Postwesens das pünktliche Ineinandergreifen der Haupt- und Anschlußkurse, das Stundenhalten der Postillone und die Festsetzung ausreichender Stilllager in den größeren Orten unumgänglich erforderlich sei, damit besonders der Handelsstand in der Lage sei, Briefe mit wendender Post beantworten zu können; darauf sei besonders in Rostock bei der überwiegenden Konkurrenz der schwedischen Post hinzustreben. Die den Postmeistern stillschweigend zugestandene Portofreiheit werde häufig mißbraucht, die Postmeister müßten daher eidlich verpflichtet werden, nur Sachen in eigenen Angelegenheiten durch die Post zu versenden. Weitere Darlegungen berührten die Gehalts- und Dienstverhältnisse des Personals, die Beziehungen zum Publikum und dergl. rnehr. Bemerkenswerth ist endlich noch eine Anregung Mumme's, die mit den Anschauungen der Zeit kaum übereinstimmte, die aber auf seinen Charakter ein günstiges Licht wirft. Er hatte während seiner Amtsführung Arme oder unvermögende Personen in der Regel auf den Posten frei oder gegen ermäßigte Gebühren befördern lassen und sich dieser Personen wegen sogar mit den benachbarten Postverwaltungen in Verbindung gesetzt, welche sich bereit erklärt hatten, die mit Freifahrtscheinen reisenden armen Leute auf allen Kursen ihrer Verwaltung befördern zu lassen. Mumme legte der Regierung nahe, die von

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 101 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ihm abgeschlossenen Vereinbarungen aufrecht zu erhalten und eine ähnliche Verabredung jetzt auch noch mit der preußischen Postverwaltung zu treffen.

Im Besonderen empfahl Mumme schließlich der Regierung, die ohne Unterlaß andauernden Unterschleife und Nebenfuhren des Fuhrgewerbes durch Erlaß ausreichender Bestimmungen energisch zu unterdrücken.

Die Regierung unterzog das Memorial einer eingehenden Würdigung. Im Interesse einer gesunden Entwickelung der Landespost muß man aber bedauern, daß die Absichten Mumme's bei einzelnen einflußreichen Mitgliedern der Regierung völlig verkannt wurden. Besonders der Landrentmeister von Löw, welcher für das Wesen der Posten augenscheinlich gar kein Verständniß besaß, kritisirte seine sämmtlichen Vorschläge in absprechender Weise und zwang Mumme zu scharfer Erwiderung. Der Streit zog sich mehrere Monate lang hin. Mumme fühlte aber seinen Einfluß am Schweriner Hofe schwinden. Beim Herzog fand er kein rechtes Verständniß mehr für seine Pläne, und da seine Gegner im Postwesen überwiegenden Einfluß gewannen, so wurde er noch im Jahre 1709 seiner fruchtlosen Bemühungen müde.

Ob ihm das Votum in Postangelegenheiten daraufhin entzogen worden ist, geht aus den Akten nicht klar hervor. Er äußerte sich im Juni 1709 aber gelegentlich dem Hofpostmeister Hahn in Schwerin gegenüber, daß er nichts mehr mit Postsachen zu thun habe. Hahn erbat sich nunmehr direkt vom Herzoge Verhaltungsmaßregeln, worauf an die Kammer am 18. Juni die Verordnung erging: "Weilen der Geh. Kammerrath Mumme der Direction in den Postsachen freiwillig sich begeben, als wird der Kammer die Direction des Postwesens hinwieder gnädigst committiret und aufgetragen, jedoch daß, wenn was Haubtsächliches darinnen vorkömbt, mit der fürstlichen Regierung Rücksprache gehalten werde."

Es gewinnt den Anschein, als ob lediglich auf diesen Ausgang die Gegner Mumme's hingearbeitet hätten; seine Pläne traten doch noch ins Leben. Er hatte noch die Genugthuung, daß die wichtigsten seiner Vorschläge zur Ausführung gelangten. 1 )

Zunächst erging am 25. Juli 1710 das herzogliche Edict "wegen Abstellung der zum Schaden und Nachtheil des Postwesens


1) Im Jahre 1712 quittirte Mumme den herzoglichen Dienst vollständig und zog sich auf das von ihm angekaufte Gut Nepersdorf bei Wismar zurück, wo er 1717 starb.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 102 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

eingeschlichenen Nebenfuhren." In demselben wurde betont, wie das Postwesen jetzt mit nicht geringen Kosten dergestalt verbessert worden sei, daß Reisende und Fremde dabei nicht nur ihre Rechnung fänden, sondern auch die auf den Posten versandten Pretiosen und Päckereien mit genügender Sicherheit, schleuniger und richtiger Beförderung an ihren Bestimmungsort geleitet würden. "Wiewohl nun bei solchen Umständen Wir uns die Hoffnung gemacht, es würden sowohl auswärtige Passagierer als Bürger und Krahmer solches zu ihrer Bequemlichkeit eingerichtete Werk und dessen Aufnahme noch mehr zu befördern suchen, so müssen Wir doch mit besonderem Mißvergnügen erfahren, wie im Gegentheil diesem so nützlichen Werk entgegengearbeitet und Alles, was zu dessen Nachtheil und Ruin gereichen kann, mit großem Fleiß manchesmal practisiret worden. Wie dann ein solches durch die häufig eingeschlichene Nebenabfuhren sowohl der Passagiere selbst als allerhand postmäßiger Waaren von den Orten, wo Unsere Postkontors befindlich, biß diese Stunde ohnerachtet aller vorhin diesfalls emanirter Edicte und hart verpönten Befehligen höchst strafbar ist continuiret und dadurch verursachet worden, daß Unsere von hier nach Hamburg, Lübeck, Wismar, Rostock, Güstrow, Parchim, Grabow etc. abgehenden und anhero wieder zurückgehenden Posten ledig von Persohnen und von Packereyen unbeladen fahren müssen, dahingegen Krämer und Fuhrleute Personen und postmäßige Sachen, auch sogar Briefe gar häufig an sich gezogen und damit ungescheuet im Lande hin und her gefahren, als ob die Posten pro forma eingerichtet, und denselben Eingriffe und Abbruch zu thun, ein freies Handwerk wäre." Alle bisher zur Abstellung der Nebenfuhren erlassenen Verordnungen werden ausdrücklich erneuert. "Absonderlich befehlen Wir denen Krämern und Fuhrleuten . . ., daß wann in Unseren Landen sie ihrer Angelegenheiten halber oder mit frachtbaren und nicht postmäßigen Waaren hin- und herfahren und von solchen Ohrten, wo Unsere wohleingerichtete Postkontors vorhanden sind oder doch Unsere Posten wöchentlich zwei auch mehrmalen durchpassiren, abreisen, sie passagierer, es seien Frembde oder Einheimische, mitzunehmen und kleine Packereyen, so postmäßig sind, wie auch Briefe an sich zu ziehen und von den Posten abwendig zu machen, à dato publicationis dieser Unserer Verordnung an gäntzlich unterlassen sollen bey 10 Rthlr. toties, quoties sie hingegen gehandelt zu haben befunden werden, unablässig zu erlegender Geldbuße auch nach Befinden und da einer mehrmalen hierüber betroffen würde, bey härterer

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 103 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und willkürlicher Leibesstrafe." Demnächst wurde bestimmt, daß Reisende, welche nicht bis zum Posttag mit der Reise warten oder bei besetzter Post nicht reisen konnten, sich einer Nebenfuhre bedienen durften; um aber allen Unterschleifen, die durch diese Verfügung entstehen konnten, auch den scheinbaren Vorwand der Gesetzlichkeit zu nehmen, sollten die Fuhrleute eines Orts, welche an derartigen Nebenfuhren - d. h. Extrapostfahrten - theilhaben wollten, zu einer Vereinigung - der Fuhrrolle - verbunden werden mit der Wirkung, daß außer ihnen kein anderer Fuhrmann Extrapostfuhren auszuführen berechtigt sein sollte. Erst diese Verordnung normirte den Postzwang im Herzogthum Schwerin in ausreichender Weise; der Begriff "postmäßige Sachen" ließ zwar noch verschiedenartige Deutung zu, aber die Beförderung von Personen und Briefen war nunmehr ohne Einschränkung - nicht bloß wie bisher an Posttagen - Privileg der herzoglichen Posten. Alle Behörden, Postbedienten, Amtspersonen u. s. w. waren angewiesen, Unterschleifen streng nachzuforschen. Kontraventionen wurden zuerst mit 10 Thlr., im zweiten Falle mit 20 Thlr., weiterhin mit Konfiskation von Pferden und Wagen bestraft. Denunzianten, welche den Schuldigen seines "Verbrechens" überführten, erhielten als Belohnung den vierten Theil der Strafe.

Unter dem 1. August 1710 erschien dann als Erläuterung zu dieser Verordnung das "Fuhrreglement vor die in Sr. Hoch-Fürstl. Durchl. zu Meklenburg Landen angeordnete Extraposten, denen Passagierern und Commercia hin und wieder im Lande zu treiben Ab- und Zureisenden auch Courierern, Estaffetten etc. zum besten." Fuhrämter sollten hiernach auf den wichtigeren Poststraßen eingerichtet werden, und zwar auf der Hamburger Straße zu Hagenow und Boizenburg, auf der Straße nach Lübeck zu Gadebusch, auf der Rostocker Straße zu Sternberg und Bützow, auf der Güstrower Straße zu Sternberg, auf der Berliner Straße zu Grabow und Dömitz u. s. f. Die Namen der zu diesem Postdienst bereiten Fuhrleute wurden in eine Rolle eingetragen, und die einzelnen Fuhrleute wurden der Reihe nach zur Beförderung der beim Postkontor sich meldenden Passagiere angesagt. Die Aufsicht über die Ordnung der neuen "Reisefuhrämter" führten die Postmeister. Jeder Fuhramtsgenosse sollte mindestens 4 gute Pferde, eine Postkalesche und einen größeren Wagen (für 5 Personen), sowie gutes Wagenzeug besitzen, damit die Passagiere nicht über schlechte Bedienung klagen konnten. Bei Extrapostfahrten sollte die Meile im Winter in 1 1/2, im Sommer in 1 1/4 Stunde

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 104 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Stunde zurückgelegt werden. Damit übrigens das Fuhrgewerbe nicht Anlaß haben sollte, über die Bestimmungen des Reglements zu klagen, wurde den Postmeistern untersagt, große Frachten und schwere Kaufmannswaaren durch die ordinären und Extraposten befördern zu lassen. Tagesfahrten, die von einem Orte ausgingen und dahin zurückführten, wurden von den Bestimmungen nicht berührt.

Uebrigens wurde auch durch diese Verordnung noch ausdrücklich bestimmt, daß die Fuhramtsgenossen, "umb allen Unterschleiff zu verhüten, sowohl als die Passagierer von diesem Ohrt alles Collectirens der Briefe und Ansichziehung dergleichen kleiner Packereien, so per naturam auf die Posten gehören, bey harter willkürlicher Strafe gänzlich enthalten."

Für eine Extrapost mit 2 Pferden waren 28 ßl. für 1 Meile, mit 3 Pferden 14 ßl. dazu, mit mehr Pferden 1 Rthlr., außerdem von jeder Person eine Gebühr von 4 ßl. (zur Pferdekasse) zu entrichten; der Wagenmeister erhielt für seine Bemühungen (Ansagen, Bestellung der Gespanne u. s. w.) von jedem Reisenden noch 2 ßl. Kurierpferde kosteten 1 Rthlr. für 1 Meile und mußten die Meile in einer Stunde zurücklegen.

Das erste Fuhramt im Lande entstand noch in demselben Jahre in Boizenburg, wo schon vor einigen Jahren vom Herzoge ein Fuhramt - allerdings auf anderer Grundlage - zur Beförderung der Nebenpostwagen eingerichtet worden war, das aber kaum länger als ein Jahr bestanden hatte. Die Errichtung von Fuhrämtern an anderen Orten des Landes ging langsamer vor sich.

Im Allgemeinen waren die Verordnungen von günstiger Wirkung, zumal in den nächsten Jahren seitens der herzoglichen Behörden über ihre strenge Befolgung mit anerkennenswerthem Eifer gewacht wurde. Nach Ausweis der Rentereirechnungen stieg der Ueberschuß der Postverwaltung von 2222 Rthlr. im Jahre 1710/11 auf 6514 Rthlr. (einschließlich der Freibeförderungen von fürstlichen Sachen) im Jahre 1711/12, immerhin ein recht günstiger Erfolg.

Auch den sonstigen Vorschlägen Mumme's schenkte die Regierung Beachtung. Im Rechnungsjahre 1711/12 hatten die Freibeförderungen für den Herzog und die Regierung noch 2121 Rthlr. Portokosten erfordert, ein Betrag, der zu den Gesammtausgaben von etwa 10000 Thlr. in keinem Verhältniß stand und vermuthen ließ, daß unter herzoglichen Sachen auch mißbräuchlich viele Privatsachen mit unterliefen. Trotz eindringlicher Vorstellungen einflußreicher Personen des Hofes,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 105 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Regierung und der Aemter im Lande erließ Herzog Friedrich Wilhelm am 4. Mai 1712 die Verordnung, daß künftig im Lande keine Briefe an die Regierung unfrankirt angenommen, den Akten keine Privatbriefe beigelegt und sonst alle Sachen an die Regierung unter der persönlichen Adresse des Herzogs mit dem Vermerk "in fürstlichen Regierungs-, Kammer- und Kanzleigeschäften" zur Absendung gelangen sollten; Zuwiderhandelnden wurde für jeden Brief eine Strafe von 2 Rthlr. angedroht.

Durch eine andere Verordnung wurden die Hauptpostämter in Schwerin, Rostock, Güstrow, welche über die kleineren Postanstalten in gewissem Umfange bezirksweise die Aufsicht zu führen hatten, angewiesen (2. Mai 1712), eingehend die Rechnungs- und Besoldungsverhältnisse ihrer Bezirke zu prüfen. Die Berichte sämmtlicher Postanstalten liegen noch vor. Sie enthalten aber nur Klagen über Klagen, welche an sich betrachtet das meklenburgische Postwesen in bedauerlichem Zustande erscheinen lassen. Das mag auf den ersten Blick befremdlich erscheinen, denn erst vier Jahre vorher hatte Mumme die Posten in bester Ordnung aus den Händen gegeben. Aber seit 1711 war Meklenburg wieder der Schauplatz kriegerischer Ereignisse, und die zahlreich aufbewahrten, beweglichen Berichte der Postanstalten an die Kammer gaben ein betrübendes Bild der inneren .Zustände des Landes.

Als nämlich König Karl XII. von Schweden in der Schlacht bei Pultawa (1709) geschlagen war und in der Türkei eine Zuflucht gefunden hatte, ergriffen Dänemark, Rußland, Preußen und Sachsen von den schwedischen Besitzungen an der Ostseeküste Besitz. Im Jahre 1711 standen die Truppen der vier Staaten in Meklenburg und schalteten und walteten hier wie in einer schwedischen Provinz; Ende des Jahres 1712 wurden die Verbündeten von den Schweden bei Gadebusch aufs Haupt geschlagen. Jetzt verließen die streitenden Parteien zwar Meklenburg, aber das Land hatte unter den kriegerischen Wirren schwer gelitten. Um das Elend voll zu machen, brach noch im Jahre 1712 eine verheerende Viehseuche im Lande aus, die den Wohlstand Meklenburgs außerordentlich schädigte.

Unter solchen Verhältnissen war es um die Posten schlecht bestellt gewesen. Davon giebt Kunde die Verordnung, welche Herzog Friedrich Wilhelm am 20. November 1711 "wider die Post-Sicherheitsstörer" an sämmtliche fürstliche Beamte, Städte und die Ritterschaft erließ. In derselben heißt es, "Wasgestalt bei Uns sehr beschwerliche Klagen eingelauffen, daß in Unseren

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 106 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Landen bei jetzigen sehr kümmerlichen und beschwerlichen Zeiten der freie Kurs Unserer Posten vielfältig behindert, dieselbe auch gar beraubet und sowohl den Postillonen als auch den Passagieren, Boten und anderen Reisenden das Ihrige gewaltsam abgenommen, dieselben spoliiret, auch sonst allerhand unleidliche Beschweren und Thätlichkeiten von einigen streitenden Parteien, auch wohl andern zusammen rottirten und der jetzigen Troubeln sich bedienenden bösen Gesindels, mit stehlen, rauben, parthieren, betrügen und dergl. ausgeübet werden. - Wir können aber solch unziemliches und wider die allgemeine Reichssatzungen, den Landfrieden und alle heilsame Rechte und Gesetze laufendes hochstrafbares Beginnen als eine von Gott verordnete, christliche Obrigkeit keineswegs, insonderheit zum merklichen Nachtheil Unsers hohen Postregals dulden;" deshalb wurde allen Unterthanen bei Leibes- und Lebensstrafe befohlen, auf die Sicherheit der Posten zu wachen; in Dörfern sollten bei Postberaubungen die Glocken geläutet und alle Leute zusammengerufen werden, um vereint die Räuber zu bewältigen. Wesentlichen Erfolg konnte sich Herzog Friedrich Wilhelm von dieser Verordnung kaum versprechen, denn er besaß nicht die Macht, den fremden Truppen wirksam gegenüber zu treten. Um aber die Posten und das Publikum nach Möglichkeit vor Verlusten zu sichern, verordnete er noch am Ende des Jahres 1711, daß auf den Posten keine Personen, Sachen und Briefe der kriegführenden Parteien befördert, und Pretiosen und Gelder nur auf Gefahr des Absenders angenommen werden sollten, ein Mittel, welches nur in Zeiten höchster Gefahr angewendet werden konnte, da es das Vertrauen zu den Posten untergraben mußte.

Nach längeren Verhandlungen erwirkte er auch noch von dem kommandirenden schwedischen General Grafen Steenbock im Jahre 1712 einen Schutzbrief, in welchem Offiziere und Mannschaften der schwedischen Armee bei Leibes- und selbst Lebensstrafe befehligt wurden, die meklenburgischen Posten ungehindert passiren zu lassen und vor Vergewaltigungen zu schützen.

Die Ordnung im Postwesen war aber und blieb gestört; die Ueberschüsse sanken schon im Jahre 1712/13 auf 2364 Rthlr. und 1713/14 weiter auf 1894 Rthlr. Von dem Postkontor zu Rostock gingen .in diesem Jahre des Krieges wegen überhaupt keine Gelder ein. Die Rostocker Gegend hatte nämlich unter den Kriegsdrangsalen besonders schwer zu leiden gehabt. Vieles trug zum Niedergang der Posten auch der 1712 erfolgende Ausbruch der Pest in Hamburg bei, weshalb im Jahre 1713 der sonst so

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 107 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

rege Postverkehr zwischen Hamburg und Meklenburg nur durch vereinzelte Reitposten vermittelt werden konnte.

Die Verwaltung des Postwesens war unter solchen Umständen für die Kammer mit manchen Verdrießlichkeiten verbunden; zudem wollten die Verluste auf den Posten kein Ende nehmen, Stockungen im Betriebe unterbrachen in lästigster Weise den Verkehr nach auswärts, und wenn das Publikum einmal keine Klagen erhob, dann kamen diese sicher aus den Reihen der Posthalter und Postfahrer, die über Kürzung ihrer Einkünfte Beschwerde führten, da z. B. auf der Straße nach Hamburg wegen der unterbrochenen Posttransporte alle Fuhrkontrakte gelöst worden waren. Lange Zeit hatte sich die Kammer mit der Bearbeitung dieser Beschwerden zu befassen, da die Postfahrer sich allen Beschwichtigungsversuchen gegenüber um so unzugänglicher erzeigten, als die Posthalter auf den brandenburgischen Kursen nach Hamburg während der Epidemie zwar auch ihre Thätigkeit hatten einstellen müssen, trotzdem aber im unverkürzten Genuß ihre alten Löhne geblieben waren.

b. unter Herzog Carl Leopold (1713-1735; † 1747).

Erst mit dem Ende des Jahres 1714 kamen wieder bessere Zeiten, und die gestörten Kurse nach Hamburg nahmen den Betrieb wieder auf. Die Ueberschüsse der Posten stiegen im Jahre 1714/15 auf 5460 Thlr. und im Jahre 1715/16 sogar auf 9242 Thlr., aber diese ruhige Zeit erfreulichen Gedeihens bildete gleichsam die Stille vor dem Sturm, der noch im Jahre 1716 über Meklenburg ausbrach und das Land auf lange Jahre zum Schauplatz innerer Zwistigkeiten und kriegerischer Wirren machte.

Im Jahre 1713 war Herzog Friedrich Wilhelm gestorben und sein Bruder, Herzog Carl Leopold, hatte die Regierung übernommen. Es ist bekannt, wie Herzog Carl Leopold bald nach seinem Regierungsantritt seine absolutistischen Bestrebungen gegenüber der Ritterschaft des Landes und der Seestadt Rostock herauskehrte und mit den Ständen, auf deren Privilegien es abgesehen war, sofort in die heftigste Fehde gerieth.

Als naher Verwandter des Czaren fand er vorübergehend Unterstützung bei den Russen; zu ihm hielten auch die Landstädte und das niedere Volk unter der Führung der Geistlichkeit. Die Ritterschaft und die Stadt Rostock aber suchten und fanden Schutz beim Kaiser.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 108 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Bei den inneren Unruhen und Zwistigkeiten begann die Ordnung und allgemeine Sicherheit im Lande rasch zu schwinden. Es kam noch hinzu, daß jetzt auch wieder feindliche Truppen - der große nordische Krieg näherte sich damals seinem Ende - auf meklenburgischem Gebiet ihre Kämpfe ausfochten und Schweden, Russen, Dänen - gleichgültig ob Freund oder Feind - in Meklenburg nach Belieben schalteten. Handel und Verkehr lagen fast gänzlich danieder, die Landesposten fristeten nur ein kümmerliches Dasein und hatten obendrein schwer unter der Konkurrenz der fremden Posten zu leiden, die unter dem Schutze ihrer Truppen mehr und mehr festen Fuß in Meklenburg faßten und den Landesposten auf den wichtigeren Routen sichtlich Terrain abgewannen.

In dieser schwierigen Lage hatte Herzog Carl Leopold seinem Hofintendanten von Walter 1 ) die Verwaltung des Postwesens übertragen. Walter bekleidete seit 1715 die Stelle eines Ober- Postdirectors, aber er war für dieses Amt in bewegter Zeit völlig ungeeignet, da er für die Geschäfte nur unzureichendes Verständniß besaß und in Hofintriguen seine Zeit und Kraft verschwendete. Von seiner Thätigkeit als Oberpostdirector sind nur bruchstückweise Nachrichten erhalten geblieben und diese melden außer von seiner treuen Anhänglichkeit an den Herzog nichts Rühmenwerthes. Ueberdies schränkte sich, glücklicherweise möchte man sagen, der Kreis seiner Thätigkeit in demselben Maße ein, je mehr der Einfluß des Herzogs im Lande schwand.

Auf kurze Zeit war Herzog Carl Leopold durch russische Hülfe unumschränkter Herr im Lande geworden, das änderte sich aber, als Peter der Große mit seinen Truppen abzog. Nun erhielt die Ritterschaft unter dem Schutze des Kaisers die Oberhand. Letzterer verfügte im Jahre 1718 die Reichsexekution gegen Herzog Carl Leopold, infolge dessen zu Anfang des Jahres 1719 Truppen aus Kurhannover und Braunschweig-Lüneburg ins Land rückten. Herzog Carl Leopold unterlag im Kampfe und nahm zunächst in Dömitz seinen Aufenthalt.

In Rostock trat im Jahre 1719 zur Schlichtung der Streitigkeiten eine kaiserliche Kommission zusammen, welche einseitig die


1) Walter war der Sohn eines Schneiders und Lakairen der Prinzessin Maria Elisabeth von Meklenburg, zurerst Dienstjunge eines Kammerdieners, dann Kammerdiener, endlich am 21. Februar 1715 Kammerrath und bald darauf als Julius von Walter Geh. Kammerrath, Hofintendant und Ober-Postdirector, "ein homme sans honneur, der Prügel annimmt, wenn es dem Herzog beliebt, und der sich zu Allem gebrauchen läßt."(Jahrbuch des Vereins für Mekl. Gesch., 60, S. 289.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 109 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Interessen der Ritterschaft begünstigte und bald auch in die Regierung des Landes eigenmächtig eingriff. Der Sitz der herzoglichen Regierung wurde darauf auch von Schwerin nach Dömitz verlegt.

Herzog Carl Leopold gab trotz seiner Niederlage die Regierung des Landes nicht aus den Händen. Er suchte vielmehr alle Verfügungen der Exekutionshöfe durch Gegenverordnungen unwirksam zu machen, und da die Landstädte und die Bevölkerung auf dem flachen Lande auch jetzt noch fest auf seiner Seite standen, da die Geistlichkeit in ihm ihren obersten Bischof sah, so gelang ihm dies in vielen Fällen. Aber die Unordnung im Lande stieg deshalb nur um so höher. Was Wunder, wenn unter solchen Verhältnissen die Wirthschaft des Landes schweren Schaden litt und bei ihrem Niedergange auch für die Landesposten Krisen schlimmster Art eintraten.

Eine verhängnißvollere Periode als die Zeit zwischen 1716 bis 1721 war den Posten noch nicht beschieden gewesen. Um das Uebel voll zu machen, war in Folge der Kriegswirren schon seit dem Jahre 1716 die Verbindung der Landesposten nach Hamburg unterbrochen. In diesem Jahre lagen nämlich dänische, russische und preußische Truppen vor dem schwedischen Wismar und eroberten es nach mehrmonatlicher Belagerung. Die Dänen gerirten sich schon ganz als Erben Schwedens, nabmen Wismar für sich in Anspruch und machten Miene, die schwedische Post von Stralsund nach Hamburg für dänische Rechnung einzurichten. Im Vertrauen auf den Beistand des damals noch in Meklenburg anwesenden Czaren hatte aber Herzog Carl Leopold Zeit und Gelegenheit für günstig gehalten, nach dem Falle Wismar's die schwedisch - dänische Post innerhalb meklenburgischen Gebiets zu beseitigen und auf ihrem alten Wege eine Landespost einzurichten. Als daher im Jahre 1716 in Rostock ein dänischer Postbeamter von Stralsund mit der ersten, jetzt für dänische Rechnung betriebenen Post eingetroffen war, um den vormals schwedischen Postkurs von Stralsund nach Hamburg auf dänischen Fuß einzurichten, nahm der herzogliche Postmeister Babst in Rostock die Post zwar ab, schickte aber den dänischen Postwagen auf Veranlassung des Herzogs wieder nach Stralsund zurück und ließ die Ladung und Passagiere mit der herzoglichen Post weiter befördern. Dänemark vergalt diesen Eingriff in seine angemaßten Rechte sofort mit Repressalien ähnlicher Art, indem es die meklenburgischen Fahrposten von Rostock, Güstrow und Schwerin nach Hamburg auf lauenburgischem Gebiet, das damals in dänischen Händen sich befand, anhalten

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 110 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und nach Meklenburg zurückschicken ließ. Damit war die Lebensader des meklenburgischen Postkursnetzes vollständig unterbunden.

Mehrere Jahre blieb der direkte Verkehr der meklenburgischen Posten nach Hamburg zum Nachtheil des Landes unterbrochen.

Es erscheint heute unverständlich, wie dieser unerquickliche Zustand, dessen Folgen für das ganze Land sich sofort durch schnelle Abnahme von Handel und Verkehr fühlbar machten, überhaupt längere Zeit hindurch hatte bestehen können, aber er war eine Folge der inneren Wirren im Lande, welche die politische Stellung Meklenburgs vollständig untergraben hatten. Zur Illustration, wie tief das Ansehen Meklenburgs in der Zeit zwischen 1716 und 1720 bei den Nachbarstaaten gesunken war, sei hier eines Vertrages gedacht, den Hamburg und Preußen im Jahre 1716 wegen der Postbeziehungen zwischen Hamburg und Pommern abschlossen, und der Leistungen der meklenburgischen Posten zu Gunsten der beiden vertragschließenden Staaten zur Voraussetzung nahm, ohne daß eine vorgängige Berathung über den Gegenstand mit der meklenburgischen Regierung stattgefunden hätte. Der Vertrag - der sog. Kombinationsreceß - bestimmte nämlich u. A., daß die Korrespondenz von Hamburg nach Pommern und zurück auf der Strecke zwischen Rostock und Demmin mit den meklenburgischen Posten befördert werden sollte. Auch eine Anzeige über den Vertragsschluß an die meklenburgische Regierung hielt man nicht für erforderlich, dieselbe wurde lediglich vorbehalten. Nur mit dem herzoglichen Postkontor in Rostock hatte anscheinend eine Verständigung stattgefunden.. Widerspruch gegen diese Abmachungen wurden sofort oder bald nach der Abschließung des Vertrages weder von der herzoglichen Regierung noch von der kaiserlichen Kommission erhoben, obgleich das politische und finanzielle Interesse Meklenburgs bei der Sache nicht unwesentlich berührt wurde. Die mißlichen Verhältnisse des Landes, vor Allem aber der bedauerliche Zwiespalt in der Regierung ließen den Dingen ruhig ihren Lauf, so daß Preußen und Hamburg ungestört im Genusse der freien Beförderung ihrer Korrespondenz auf den Landesposten blieben.

Als ein Lichtblick in trüber Zeit mußte es daher in der Bevölkerung anmuthen, daß die Verbindung mit Hamburg endlich nach dreijähriger Unterbrechung wieder hergestellt wurde, sodaß dem meklenburgischen Postnetz jetzt wieder das lang entbehrte Rückgrat eingefügt war. Ueber den Verhandlungen mit der dänischen Regierung wegen Freigebung des Weges nach Hamburg war längere Zeit verstrichen, und der Durchgang der Posten durch

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 111 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Lauenburg war von Dänemark erst zugelassen worden, nachdem Herzog Carl Leopold. die Erklärung abgegeben hatte, daß es mit der dänischen Post wie mit der vormaligen schwedischen Post gehalten werden sollte.

Im Jahre 1719 traten die meklenburgischen Postkurse auf Hamburg von Güstrow und Schwerin aus über Boizenburg und Ratzeburg in alter Weise wieder in Thätigkeit. Ihnen gesellte sich sogar im Jahre 1721 noch ein dritter Postkurs nach Hamburg von Rostock aus zu. Wie oben bereits angegeben ist, hatte Herzog Carl Leopold schon im Jahre 1717 die Absicht, auf der alten schwedischen Postroute nach Hamburg eine meklenburgische Post in Betrieb zu setzen; damals mißlang der Versuch. Bezeichnend für den Starrsinn des Herzogs bleibt aber die Thatsache, daß er das Project einer dritten Meklenburg - Hamburger Post nicht schwinden ließ, sondern sofort, als sich die Möglichkeit bot, mit der Einrichtung der Post vorging, trotzdem diese infolge der Konkurrenz der dänischen Post schwerlich gedeihen konnte. Bevor der Betrieb auf der neuen Route eröffnet wurde, hatte Herzog Carl Leopold sich mit dem Rath in Hamburg und der hannoverschen Regierung wegen Zulassung der Post auf Hamburger und lauenburger Gebiet in Benehmen gesetzt. Beide Staaten erhoben keinen Widerspruch, doch mußte der Herzog der Krone Hannover die Anlegung einer hannoverschen Post von Lüneburg über Wismar, Rostock auf Stralsund gestatten, der sog. Kommissionspost, welche angeblich nur zur Beförderung der Korrespondenz der subdelegirten Räthe in Rostock dienen sollte, aber ganz aus den Erträgen des Rostocker Postkontors unterhalten wurde.

Auch auf diese Bedingung ging Herzog Carl Leopold bereitwilligst ein, obgleich er sich damit Lasten aufbürdete, die durch nichts gerechtfertigt waren. Und die Erwartungen, die er an seine dritte Hamburger Post knüpfte, erfüllten sich überhaupt nicht, denn die Post fuhr meistens leer, und an Stelle der dänischen Post erschien nach Beendigung des nordischen Krieges sofort wieder die schwedische Post und nahm den Betrieb in alter Weise auf dem Kurse zwischen Stralsund und Hamburg über Rostock und Wismar wieder auf. Da sie auch jetzt in demselben Umfange wie früher auf ihrem ganzen Wege durch Meklenburg den Postverkehr an sich zog, so war das Schicksal der dritten meklenburgischen Post von Anfang an besiegelt.

Herzog Carl Leopold zeigte sich über das Fehlschlagen seiner Pläne höchlich entrüstet. Auf seine Anweisung mußte der Post=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 112 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

meister Babst in Rostock daher wieder zu dem gewohnten Mittel greifen - wenn dasselbe auch noch jedes Mal seinen Zweck verfehlt hatte - nämlich, die schwedische Post kurzer Hand zurückzuschicken. Nachdem Babst auch wirklich mehrere Male den schwedischen Postwagen wieder bis zur Grenze hatte bringen lassen, legte sich aber die schwedische Regierung ins Mittel und verbat sich energisch jede Einmischung in ihre wohlverbrieften Rechte. In dem wegen der Post an die Regierung in Dömitz gerichteten Schreiben äußerte sie sich dahin, daß bei der "Neueinrichtung des pommersch - Hamburger Postkurses schwedischerseits keine andere Intention vorgelegen habe, als selbigen wiederum nach voriger Zeiten Beliebung und Observanz einzurichten." Indessen sei von Seiten Meklenburgs bei dieser Gelegenheit außer den schon sonst nach Hamburg gehaltenen zwei Posten eine neue dritte Post angelegt worben, welche mit der schwedischen Post nicht nur am gleichen Tage und zu gleicher Stunde von Rostock abginge, sondern auch mit dieser gleiche Tour hielte, außer daß sie Wismar und Ratzeburg nicht berührte, sondern was Wismar beträfe, eine Meile davon, zu Neuburg, die Passagiere absetzte und sie durch Bauerwagen nach Wismar fahren ließe.

Aus diesem Grunde würde die schwedische Post im Rostocker Kontor leer und ohne Packete abgefertigt und Personen wie Päckereien auf die meklenburgische Post genommen. Dieses Vorgehen des Rostock'schen Kontors glaubte die schwedische Regierung um so weniger billigen zu können, als solches zu einer offenbaren Kränkung der königlich schwedischen Postfahrt gereiche, und auch die Beförderung der auf Wismar gehenden Passagiere merklich behindert werde. In dem Schreiben erging dann an die meklenburgische Regierung die Forderung, bei dem meklenburgischen Postkontor in Rostock Vorkehrung zu treffen, "daß das vorerwähnte neuerliche Unternehmen gänzlich abgestellt und die königliche Post in ihrem vormaligen Wesen sowohl der unbehinderten Fahrt als auch der mitzunehmenden Packete und Passagiere halber gelassen werden möge." Als das Schreiben in Dömitz einlief, waren die Wirren in Meklenburg auf dem Höhepunkt angelangt. Der Herzog hatte Dömitz verlassen und seinen Wohnsitz nach Danzig verlegt, von wo aus er die Regierung des Landes fortsetzte. In Meklenburg fand sich daher keine Stelle, welche den Forderungen Schwedens hätte entgegen treten können, denn die Räthe der Exekutionshöfe hielten sich wohlweislich bei der Angelegenheit im Hintergrund. Eine Aenderung des zeitigen Zustandes trat deshalb nur insofern ein, als die schwedische

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 113 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ebenso wie die dritte meklenburgische Post nach Hamburg einstweilen von Bestand blieben.

Unterdessen hatte die kaiserliche Kommission in Meklenburg unter Schwierigkeiten mancher Art ihres Amtes weiter gewaltet. Nach der Abreise des Herzogs glaubte sie zwar im Lande leichteres Spiel zu haben, aber Herzog Carl Leopold wußte auch von Danzig aus vielfach die Anordnungen der Kommission wirksam zu durchkreuzen. Viele Fäden stellten bald die Verbindung zwischen Danzig und Meklenburg her, sodaß der Herzog über alle Geschehnisse im Lande stets auf dem Laufenden gehalten wurde. Die Kommissionshöfe argwöhnten nicht mit Unrecht, daß der Verkehr des Herzogs mit seinen Anhängern im Lande hauptsächlich mittels der Posten unterhalten wurde. Es begann daher im Jahre 1722 eine geradezu ängstliche Ueberwachung der Posten seitens der Kommission. Ueberall witterten die subdelegirten Räthe Verrath. Heimliche Brieferöffnungen kamen hin und wieder vor und trugen nicht wenig dazu bei, das Vertrauen der Bevölkerung zur Pünktlichkeit und Sicherheit der Posten noch mehr zu erschüttern, als es die Wirren im Lande schon gethan hatten.

Um aus der steten Sorge herauszukommen, blieb für die Kommission nur ein Mittel übrig, und zu diesem nahm sie bald ihre Zuflucht. Auf die bloße Ueberwachung folgte die förmliche Uebernahme der Posten in Selbstverwaltung. Schon zu Ende des Jahres 1721 suchte die Kommission Einfluß auf die Verwaltung der Posten zu gewinnen, und von 1722 ab war die Leitung der Posten schon fast ausschließlich in ihrer Hand; nur einzelne unwichtige Kurse von Dömitz und Schwerin ab blieben auch fernerhin in herzoglicher Hand. Die unmittelbare Leitung der Posten wurde der kaiserlichen Exekutionskasse in Boizenburg übertragen, einer Behörde der Exekutionshöfe, welche die finanzielle Administration des Landes ausübte. Jetzt trat das meklenburgische Postwesen in ein neues Stadium. Die Exekutionskasse nahm die Verwaltung der Posten sofort energisch in die Hand, aber die Verwaltung hatte unendliche Mühe und Verdruß für die kaiserlichen Räthe im Gefolge. Die Postbeamten waren durchweg erklärte Anhänger des Herzogs, besonders die Beamten in Schwerin, wo der Oberpostdirektor von Walter im Interesse des Herzogs eine rührige Thätigkeit entfaltete, ferner auch das Postkontor in Rostock, bei welchem der Postmeister Babst offen für den Herzog wirkte, im Stillen aber bei der Noth der Zeit es meisterlich verstand, seine eigenen Taschen zu füllen. Mehrere Untersuchungen hatten überdies dargethan, daß die meisten Postmeister in den

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 114 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

kleinen Städten Meklenburgs bei der heimlichen Beförderung der Korrespondenz an den Herzog ihre Hand im Spiele gehabt hatten.

Die Exekutionskasse ordnete nunmehr eine schärfere Ueberwachung der Posten an. Da die Kasse die Hauptkurse beherrschte, so sannen die Anhänger des Herzogs auf einen Ausweg, wie neue Verbindungen nach auswärts anzuknüpfen wären, um wieder höhere Erträge aus den Posten zu erzielen und eine ungestörte Verbindung mit Hamburg in der Hand zu haben. Auf Betreiben des Ober-Postdirektors von Walter wurde daher noch im Jahre 1723 eine Post von Dömitz über Lübtheen nach Hamburg angelegt, um die Korrespondenz nach Danzig über Hamburg zu leiten, von wo sie mit fremden Posten weitergehen konnte. Aber die Post wurde noch in demselben Jahre durch Lüneburger Dragoner ausgehoben. Ein ähnliches Schicksal hatten andere Postkurse, die Walter von Schwerin aus nach Wismar und Hamburg anlegen wollte. Als der Postmeister Hahn von Schwerin gelegentlich eine Reise nach Hamburg unternahm, argwöhnte die Exekutionskasse sofort, daß ein neues Projekt wegen Anlegung einer Post nach Hamburg im Werke sei und ersuchte den Rath zu Hamburg, Hahn überwachen zu lassen und vor allen Dingen dem Stadtpostmeister alle Kollusion mit Hahn und dem Postkontor in Schwerin, dessen Personal in besonderem Verdachte stand, zu untersagen. Der Hamburger Rath ließ nur kurz nach Boizenburg mittheilen, daß dem Stadtpostmeister allein die Annahme von Briefen nach Meklenburg zustände und daher von einer Kollusion desselben mit den Schweriner Postbeamten garnicht die Rede sein könnte.

In der Zwischenzeit hatten die Exekutionshöfe aber nachhaltigere Maßregeln vorbereitet. Es war offenkundige Thatsache, daß bei dem Postkontor in Schwerin trotz aller Ueberwachung der Posten eine rege Thätigkeit für den Herzog entfaltet wurde, und zwar mit um so größerem Erfolge, als in Schwerin eine große Zahl von Posten zusammenlief, sodaß die dortigen Postbeamten - ausschließlich Anhänger des Herzogs, nachdem der Postsekretär Ahrens daselbst, der im Verdacht stand, im Solde der Lüneburger zu stehen, wegen angeblich von ihm verübter Untreue seines Dienstes entlassen war - eine leichte Kontrole über die Korrespondenz im Lande ausüben und ihre so erworbenen Kenntnisse im Interesse des Herzogs verwerthen konnten.

Daß Walter auch vor heimlicher Eröffnung von Briefen nicht zurückschreckte, ergeben die Akten. Er mußte über alle Ereignisse im Lande berichten, über die "Lüneburger", das Ver=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 115 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

halten des Herzogs Christian Ludwig, des Bruders des Herzogs u. s. w. Im Jahre 1722 konnte Walter an Herzog Carl Leopold nach Danzig berichten, daß ihm vom Schweriner Postkontor ein Brief aus Grabow (dem Aufenthaltsorte des Herzogs Christian Ludwig) heimlich zugestellt worden sei, "da denn das Lack der einen Seite des Couverts nicht wol gehalten hat, und darin gefunden habe, daß die Grabow'sche Herrschaft noch vorm Fest nach Strelitz gehen wolle."

Die Executionshöfe verfielen daher, um sich gegen etwaige Brieferöffnungen bei dem Schweriner Postkontor zu sichern, auf den Ausweg, das Postkontor in Schwerin zu isoliren und alle Posten an Schwerin vorbei zu leiten.

Den nächsten Anlaß zu dieser Maßnahme bot die Versetzung des Postsekretärs Mester - eines Verwandten des Ober-Postdirektors Walter - von Rostock nach Schwerin. Die Exekutionskasse fürchtete nicht mit Unrecht, daß Walter und Mester zusammen nur noch eifriger für des Herzogs Interesse thätig sein würden. Sie berichtete daher über ihren Plan an die Exekutionshöfe und hob in ihren Darlegungen wegen des Postsekretärs Mester hervor, "daß er ein junger, unerfahrener Mensch sei, der von den bösen und schädlichen consiliis des Ober-Postdirektors dependire. Mester habe auch verlauten lassen, autorisirt zu sein, nach Befinden alle durch das Schweriner Postkontor gehenden Briefe zu öffnen. Da nun die aus jenseits von Schwerin belegenen Aemtern an die Exekutionskasse einzusendenden Ueberschüsse mit der Schwerin - Hamburger Post nach Boizenburg geschafft und die Löhnung der Güstrow'schen Garnison und was an jene Aemter zu zahlen sei, ebenfalls immer über Schwerin expedirt werden müßte, so stünde, wenn auch bisher derartiges nicht vorgekommen sei, doch zu besorgen, daß dort Briefe geöffnet würden, wie denn auch die Gelder einiger Gefahr exponirt sein dürften, und zwar um so mehr, als man sich des Postsekretärs Mester, der sich in Schwerin aufhielte, nicht versichern und an demselben auch keinen Regreß nehmen könnte."

Unter dem Gewicht dieser Gründe ordneten die Exekutionshöfe daher unter dem 10. März 1722 an, daß alle Schwerin berührenden Posten an dieser Stadt vorbei, über einen nahe bei Schwerin belegenen Ort abgeleitet werden sollten. Man wählte hierzu das etwa 4 km von Schwerin, an der Straße nach Wittenburg belegene Dorf Wittenförden, welches nach Ausführung geringfügiger Wegeänderungen von allen Posten bequem zu erreichen war, ohne daß diese das Weichbild der Stadt Schwerin

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 116 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zu berühren nöthig hatten. Nach Wittenförden wurde auch das in Schwerin befindliche Hauptpostkontor verlegt; die Verwaltung desselben wurde dem Hannoverschen Postmeister Busekist, welcher sich im Dienste der Lüneburger als besonders zuverlässig gezeigt hatte, übertragen. Er erhielt von der Exekutionskasse eine ausführliche Dienstinstruktion; da er auch sonst gute Kenntniß in Postsachen bewies, so wurde ihm noch die Rechnungslegung über die Einkünfte aus allen meklenburgischen Postkursen übertragen, eine Vertrauensstellung, welche das neue Hauptpostkontor in Wittenförden bald zur wichtigsten Postanstalt des Landes machte und dem Postmeister Busekist in gewissem Umfange ein Aufsichtsrecht über die anderen Postanstalten verlieh. Dem Namen nach bestand das herzogliche Postkontor in Schwerin unter dem Hofpostmeister Hahn allerdings auch fernerhin fort, aber da es nach außen hin vollständig abgeschnitten war, so konnte es eine eigentliche postdienstliche Thätigkeit nicht mehr ausüben. Es war ganz von Wittenförden abhängig. Gelegentliche Wagenfuhren, Boten und Reitposten zwischen Schwerin und Wittenförden vermittelten fortan den Verkehr der Residenz. Die Exekutionshöfe hatten mit dieser Maßregel mehr erreicht, als ursprünglich beabsichtigt war: sie hatten den Briefverkehr auf den Schweriner Postkursen der Kontrole des herzoglichen Postamts entzogen und übten von jetzt an auch noch die Kontrole der Korrespondenz von und nach Schwerin aus.

Wie zu erwarten stand, berichtete Walter über die Ereignisse in Schwerin sofort an den Herzog in Danzig und bat um Verhaltungsmaßregeln. Herzog Carl Leopold verfügte alsbald nach Schwerin, daß die Schweriner Postbeamten die mit dem Postwesen daselbst vorgenommene Veränderung bei der allerschwersten Verantwortung nicht allein in keiner Weise zu verstatten hätten, vielmehr "den von Uns angeordneten Postkurs nach wie vor unveränderlich zu continuiren, sondern auch den Postfahrern bei harter Gefängniß-, auch dem Befinden nach peinlicher Leibesstrafe in Unserem Namen zu gebieten, daß sie auf der Lüneburger Zumuthen sich mit ihnen wegen eines veränderten Postweges überall zu nichts einlassen, sondern bei entstehendem Zwang und gewaltsamem Verfahren mit Wagen und Sachen nach dortigem Postkontor sich zurückbegeben." Die Postbeamten sollten in vorkommenden Fällen weitere Befehle von dem Ober-Postdirektor Walter und dem Kommandanten von Wenckstern einholen. Irgend ein Erfolg war aber nach Lage der Verhältnisse auch von dieser Verordnung nicht zu erwarten.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 117 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Exekutionskasse, welche nun das Heft einmal in Händen hatte, nutzte auch ihre Macht nach Kräften aus. Sie citirte bie Vorsteher der drei Hauptkontore in Schwerin, Rostock und Güstrow, sowie den Postmeister le Plat in Hamburg nach Boizenburg und schärfte ihnen strenge ein, daß fortan die Posten nicht mehr über Schwerin, sondern über Wittenförden zu expediren seien; bei der geringsten Weigerung würden sofort militärische Maßregeln ergriffen werden. Die Postmeister erhielten demnächst Weisung, mit dem Postkontor in Wittenförden über die Postgelder vierteljährlich abzunehmen.

Dem Oberpostdirektor von Walter und dem Schweriner Postpersonal war jetzt jede Möglichkeit genommen, für den Herzog in bisheriger Weise zu wirken. Walter gab sich zwar Mühe, auch jetzt noch den Pflichten seiner Stellung nachzukommen, aber alle seine Versuche, von Schwerin aus neue herzogliche Postkurse anzulegen, scheiterten an der Wachsamkeit der Lüneburger Truppen.

Der Name Walters kommt daher von jetzt an nur noch hin und wieder in den Postakten vor; von seiner Hand finden sich aus der Zeit zwischen 1723 bis 1729 allerdings noch Nachrichten, aber sie enhalten nur bewegliche Klagen an den Herzog über die Noth, welche infolge der politischen Veränderungen über ihn und seine Familie hereingebrochen war. Er starb im Jahre 1729.

Wie in Schwerin so ging die Exekutionskasse auch gegen das Rostocker Postkontor in energischer Weise vor. Hier hatte sich der Postmeister Babst wegen seiner Parteinahme für den Herzog bei der Kommission mißliebig gemacht. Er erhielt strenge Weisung, alle an den Herzog gerichteten Briefe an die subdelegirten Räthe in Rostock einzureichen. Aber er folgte diesem Befehle nicht, sondern konspirirte weiter. Zufällig griffen Lüneburger Reiter aber im Jahre 1722 einen Briefträger auf, welcher heimlich verdächtige Briefe und Packete zwischen Walter und Babst hin- und hertrug. Bei dem Postkontor in Rostock lief darauf eine Verfügung der Exekutionskasse vom 29. Dezember d. J. ein des Inhalts, daß auch Babst bei dieser heimlichen Korrespondenz interessirt und nächst dem Postsekretär Mester in Schwerin daran den höchsten Theil habe, zumal sich unter den aufgefangenen Briefen nicht allein zwei besondere Packete mit Briefen befunden, sondern auch Briefe an die dem Hauptkontor in Rostock unterstellten Postmeister zu Tessin, Sülze, Gnoien, Ribnitz und Marlow "unter dem praetext, ob selbe herrschaftliche Sachen beträfen, worin jedenfalls andere des Ohrts zu bestellende Sachen und Briefe begriffen, Sr. Durchl. Name mißgehandelt und die Post=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 118 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

intraden geschädigt würden." Babst sollte sich nun binnen 14 Tagen wegen seines Verhaltens rechtfertigen. Er theilte dem Herzog Carl Leopold sofort das Vorgefallene mit und verschwor sich hoch und theuer, daß er bisher immer alle herzoglichen Briefe sicher besorgt habe; nun sei er aber verrathen worden und habe ein gar hartes Schreiben aus Boizenburg erhalten mit der Aufforderung, alle Briefe nach und aus Danzig mit den ordinären posten zu versenden. Schon am 23. Januar 1723 hatte er den herzoglichen Befehl in Händen, daß er auch künftighin seinem Eide und seinen Pflichten nach dahin sehen möge, daß die fürstlichen Briefe unter der (Deck-)Adresse der herzoglichen Postmeister richtig zur Stelle kämen. Weiteres berichten die Akten über das Verhalten des Postmeisters Babst nicht; aus gelegentlichen Andeutungen der Akten aus dem folgenden Jahre kann man aber schließen, daß Babst nach wie vor für den Herzog Carl Leopold heimlich die Beförderung der Korrespondenzen nach und von Danzig, vielleicht mittels der schwedischen Post, besorgt hat.

Nachdem die Exekutionskasse jetzt alle Postkurse in Meklenburg in die Hände bekommen hatte, bemühte sie sich, so gut es ging, die lang entbehrte Orbnung im Postwesen wiederherzustellen. Aber dei diesen Anstrengungen mußte von vornherein jeder Fortschritt in Frage gestellt sein, weil die Exekutionshöfe die Verwaltungsthätigkeit nach einseitigen Gesichtspunkten aufnahmen und bei der Leitung des Postwesens zunächst die politische seite der Sache hervorkehrten, die Bedürfnißfrage in wirthschaftlicher Beziehung aber in der Hauptsache unberührt ließen. Unzählige Aktenstücke aus der Zeit von 1723 bis 1725 erwecken beshalb den Anschein, als habe die Exekutionskasse wirklich Orbnung geschaffen und die zahlreich im Postwesen vorhandenen Mißstände beseitigt, das war aber nur zum Theil der Fall. In Wirklichkeit wurden Aenderungen grundsätzlicher Art überhaupt nicht vorgenommen, nur die offen zu Tage liegenden Mißstände, besonders im Kurswesen, wurden nothdürftig abgestellt. Im Großen und Ganzen bewegte sich aber der Organismus der Post in den noch von dem Geh. Kammerrath Mumme vorgezeichneten Bahnen weiter.

Diese Entwicklung erscheint verständlich im Hinblick auf den Gang der politischen Ereignisse im Lande. Die Posten waren gewissermaßen im Zwang der Umstände von der kaiserlichen Kommission übernommen worden, indem die Kommission so ihr Uebergewicht im Lande befestigte und nebenbei die Aufkünfte aus den Posten als billige Entschädigung für die aufgewendeten Exekutionskosten in ihre Tasche fließen ließ. Da das Postwesen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 119 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bisher allein dem Herzoge zuständig gewesen war, ohne daß eine Hinzuziehung der Stände bei dem Erlaß von postgesetzlichen Bestimmungen und Verwaltungsnormen stattgefunden hatte, so konnte die Exekutionskasse jetzt auf demselben Wege weiterschreiten, aber sie mußte davon absehen, grundlegliche Neuerungen einzuführen, weil hierzu die Mitwirkung der Stände erforderlich geworden wäre. Und hiervon sahen die Exekutionshöfe um so lieber ab, als die schwebenden politischen Fragen schon hinreichenden Anlaß zu unliebsamen Reibereien mit der Ritterschaft, ihrer einzigen festen Stütze im Lande, gegeben hatten. Die meklenburgische Postverwaltung unter der kaiserlichen Kommission glich daher um ein Haar einem schlecht bewirthschafteten, liegenden Besitzthum in der Hand eines Gläubigers, der es in Abwesentheit des Besitzers zwangsweise übernimmt und die Mißwirthschaft nur soweit abstellt, daß er nothdürftig seine Kosten deckt.

Diese Sachlage hinderte die Exekutionskasse aber nicht, eine Inspicirung des Postwesens von erfahrenen Personen vornehmen zu lassen, um wenigstens eine allgemeine Kenntniß von dem damaligen Zustande des meklenburgischen Postwesens zu erlangen. Sie wählte hierzu die Postmeister Busekist in Wittenförden und Zeller in Güstrow. Beide besaßen im Postwesen ausreichende Erfahrung; Busekist hatte während seiner früheren Wirksamkeit in Hamburg bei dem dortigen hannoverschen Postamte in einem größeren Betriebe gearbeitet, und Zeller war vor seiner Berufung nach Güstrow in Boizenburg vorgebildet worden, wo er den Dienst bei den meklenburgischen und preußischen Posten versehen hatte. Bei ihrer Untersuchung des meklenburgischen Postwesens fanden beide trotz der von der Exekutionskasse schon vorgenommenen Aenderungen noch Vieles zu tadeln; ausreichende Postordnungen und vor Allem gleichmäßige Taxen, eine Erinnerung an Mumme's Thätigkeit, waren seit Langem nicht mehr in Gebrauch; das Fuhrgewerbe hatte in altem Umfange die Konkurrenz mit den Posten wieder aufgenommen und beförderte sowohl Personen als Briefe und postmäßigeWaaren; ferner mangelte es an dem richtigen Ineinandergreifen ber einzelnen Kurse, am Stundenhalten der Postillone - kurz, überall waren die Anzeichen tiefsten Verfalles wahrnehmbar.

Dieses Ergebniß übertraf sogar noch die Befürchtungen der Exekutionshöfe. Sie verhielten sich aber zunächst noch abwartend; die Exekutionskasse verwies die Postanstalten lediglich auf die strikte Befolgung der bisher erlassenen herzoglichen Verordnungen und Taxen. Wegen der von den beiden Revisoren gemachten

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 120 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Vorschläge zur Abstellung der Unterschleife des Fuhrgewerbes suchte die Exekutionskasse zunächst die Ritterschaft auszuhorchen, um vor der Einleitung bestimmter Maßnahmen deren Ansicht kennen zu lernen; denn die Verordnungen des Herzogs Friedrich Wilhelm aus dem Jahre 1710, deren Erneuerung nur erforderlich geworden wäre, bestanden wohl noch unverändert zu Recht, aber bei ihrem Erlaß hatte die Ritterschaft nicht mitgewirkt, und bei einer Erneuerung dieser Verordnungen, welche, wie schon im Jahre 1710, so auch jetzt wieder laute Klagen des Fuhrgewerbes hervorrufen würde, waren unliebsame Erörterungen der Ritterschaft zu besorgen. Und in der That - auf eine direkte Anfrage der Exekutionskasse bei dem Engeren Ausschuß in Rostock verwahrte dieser auch jetzt noch sein Recht, bei der Publikation von Verordnungen, welche wie die genannten in einschneidender Weise öffentliche und privatrechtliche Interessen berührten, berathend mitzuwirken. Unter solchen Verhältnissen sahen die Exekutionshöfe von einer Renovirung der Verordnungen von 1710 überhaupt ab.

Bei der eigenartigen Gestaltung der inneren Verhältnisse Meklenburgs - der Einfluß des Herzogs Carl Leopold auf gewisse Bevölkerungskreise hatte noch nicht an Gewicht verloren - erwies sich das Postwesen im Besitz der Exekutionshöfe immer mehr als ein schwieriges, mühevolles Arbeitsfeld, auf dessen Boden unter den damaligen Verhältnissen keine Früchte reifen konnten. Die Postbeamten waren durchweg gut herzoglich gesinnt und zeigten den von Boizenburg herrührenden Anregungen gegenüber nicht gerade großes Entgegenkommen, und wie bei den Beamten, so fand die Exkekutionskasse auch sonst manche Ablehnung bei der Bevölkerung. Tief eingreifende Aenderungen vorzunehmen, wie Busekist und Zeller vorschlugen, hielt die Exekutionskasse daher nicht am Platze. Sie beschränkte sich bei Ausführung der Vorschläge vielmehr auf vereinzelte Anordnungen, deren Wahl allerdings keine glückliche war: am Ende des Jahres 1723 hob sie die dritte Hamburger Post wieder auf, so daß die schwedische Post konkurrenzlos ihren Betrieb jetzt nach Belieben einrichten konnte, und ermäßigte die den Posthaltern gezahlten Fuhrgelder mit Rücksicht auf die gute Ernte des Jahres 1723 ganz beträchtlich, um hierdurch die in Folge der andauernden Mißwirthschaft entstandenen Ausfälle der Einnahmen in gewissem Umfange auszugleichen. Die Folge war natürlich, daß das an sich schon mangelhafte Pferdematerial der Posten sich noch mehr verschlechterte und, hierdurch veranlaßt, der pünktliche Betrieb auf den Kursen fast ganz zur Unmöglichkeit wurde.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 121 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Weitere Aenderungen aber wurden bis zum Eintritt besserer Zeiten verschoben. Vor der Hand blieben die sichtbaren Zeichen inneren Verfalls das hervortretende Gepräge des Postwesens unter der Verwaltung der Kommissionshöfe.

Es ist nicht ohne Interesse, hier die Worte eines einwandfreien Beobachters wiederzugeben, nämlich des Amtmanns und Postmeisters Haltfuß in Boizenburg, welcher mit eigenen Augen die Thätigkeit der Exekutionsregierung und das Thun und Treiben der Hannoverschen und Wolfenbütteler Beamten wahrzunehmen Gelegenheit hatte. Er schrieb in einem nach Danzig gerichteten Briefe: "Unser hiesiger Zustand steht noch so hin. Der hiesige Erste (d. h. Direktor der Exekutionskasse) hat als Tit. Geheimber Rath in Hannover 1200 Rthlr., der andere in Wolffenbüttel 3 - 400 Rthlr., wäre dieser nicht ein Vetter von Bernst. (d. h. Graf Bernstorff, hannöverscher Premierminister), er wurde gewiß nicht das Direktorat erhalten haben. Allein es war Noth und Schuldt woll die raison, daß er es sein mußte, um auch hiervon zu profitiren. Wie sie denn woll alle wünschen, daß es noch lange wehren möge. Die Postkarten können auch Zeugniß geben, wie den Beamten und Pensionarien gelernt wird, düchtig in bie Küche zu senden. Der Liebe Gott gebe, daß mein gn. Herzog bald in sein Land kommt, so werden viele den Trauermantel umnehmen, denn viele der Kerls haben schon Weiber darauff genommen und stellen sich an, als ob sie ewig so leben wollten. Sobald nur ein Dienst aufkommt, so sind von Hannoverscher Seite gleich zehn im Vorschlage, denn wie sie endlich den Küchenmeister in Güstrow hingeärgert hatten, da waren so viel, daß es nicht zu sagen. Wolfenbüttel aber recommendirt keinen einzigen, es hätte auch der Director wohl nicht sein dürfen, wenn er nicht bey Gumpel Moses und sonst nicht darein gesessen wäre."

Diese Beschreibung der damaligen Zustände im Lande klingt fast übertrieben, zumal sie aus dem Munde eines auf herzoglicher Seite stehenden Beamten stammt - aber die Geschichte erzählt noch trübere Bilder aus der Zeit der Exekution. Auch in der Postverwaltung wußte bald ein Stellenjäger zweifelhaften Schlages einen einträglichen, angesehenen Posten zu erringen. Im Jahre 1724 bewarb sich der württembergische Hofrath Hans Albrecht von Schütz, vermuthlich ein Verwandter des zweiten (Wolffenbüttelschen) Kassendirektors M. von Schütz in Boizenburg um Beschäftigung im Postdienste.

Von Schütz war entblößt von Allem und steckte tief in Schulden, wie man bei der Exekutionskasse in Boizenburg sich

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 122 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

als offenes Geheimniß erzählte. Ob er für den Postdienst besondere Vorkenntnisse mitbrachte, wie man nach den Akten annehmen möchte, interessirt hier weniger zu wissen. Aber seine Persönlichkeit mußte doch empfehlend gewesen sein, ober er vermochte für sich das Gewicht warmer Fürsprache von dritter Seite geltend zu machen, denn die Kassendirektoren gingen auf sein Gesuch ein und beauftragten ihn, eine eingehende Inspektion des Postwesens vorzunehmen.

Schütz machte sich alsbald mit Eifer an die Arbeit. Gleich bei seiner ersten Inspektionsreise fand er aber noch mehr zu tadeln als zwei Jahre vor ihm die Postmeister Busekist und Zeller. Auf höhere Veranlassung hin begann er mit der Besichtigung des Postkontors in Rostock. Hier waltete seines Amts der schon mehrerwähnte Postmeister Babst, ein entschiedener Anhänger des Herzogs, gewaltthätig und brutal in seinem Auftreten gegen Beamte und Publikum, Vorgesetzte und Untergebene, dabei in jeder Weise auf seinen Vortheil bedacht. Er stand bei den subdelegirten Räthen in Rostock in besonders schlechtem Ansehen, denn er schaltete und waltete unter ihren Augen ungescheut nach eigenem Gutdünken, und die Räthe hatten ihn im Verdacht, daß er trotz aller Warnungen immer noch für den Herzog thätig war. Der hannoversche Subdelegirte, Ober-Appellationsrath von Alvensleben, schrieb wörtlich über ihn an die Exekutionskasse am 15. November 1723: " Il a obtenu ce poste pour avoir été un des 100 Männer, qui ont trahi cette ville; 1 ) c'est une créature dévouée entièrement á la cour, c'est aussi la raison pourquoi uous n'avons pas osé confier nos lettres à son bureau . . . "

Bei dem Rostocker Kontor stellte von Schütz eine Mißwirthschaft sonder Gleichen fest und faßte sein Endurtheil dahin zusammen, daß bei dem Kontor ein allgemein gültiges Postreglement überhaupt nicht vorhanden sei, die Taxen willkürlich erhoben würden, zeitweilig auch, wenn es vortheilhaft wäre, die Taxe von Güstrow in Anwendung käme. Im Kontor herrschte die größte Unordnung. Dem Postmeister stände als Kontroleur (zur besseren Ueberwachung richtiger Rechnungslegung über die Aufkünfte) sein Sohn zur Seite, und beide wirthschafteten fast nur für die eigene Kasse. Niemand wollte mit Babst zu thun haben, da er in rohester Weise sachliche Erörterungen mit Thätlichkeiten zu beenden pflegte, wie von Schütz selbst an sich


1) d. h. Rostock.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 123 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

hätte erfahren müssen. Verordnungen der Regierung fänden überhaupt keine Beachtung.

Dieser Befund bildet ein trübes Zeugniß für die früheren Verkehrsverhältnisse der wichtigsten Stadt des Landes, deren Erwerbsleben unter den mangelhaften Verkehrsanlagen empfindlich leiden mußte. so begreift es sich auch, daß der schwedischen Post, welche Babst allerdings auch besorgte, für die aber feste Normen erlassen waren, welche selbst Babst nicht zu verletzen wagte, fast der ganze Brief- und Personenverkehr der betriebsamen Stadt zufloß. Schütz fand denn auch zuletzt noch zu rügen, daß die schwedische Post den Postaufkünften schweren Schaden zufügte, und regte bei der Exekutionskasse an, die im Interesse der Postintraden nöthige Beschränkung der schwedischen Post herbeizuführen.

Nachdem von Schütz dann noch den Bezirk des Postkontors in Wittenförden inspicirt und hier die Geschäfte in Ordnung gefunden hatte, trat er mit Vorschlägen zur Besserung des Postwesens hervor. Wie Busekist und Zeller schon zwei Jahre früher hielt auch von Schütz den Erlaß eines Generalreglements und einer festen Taxe für das ganze Land für vornehmlich erforderlich, weiterhin noch die strengste Beaufsichtigung der Beamten, durchgreifende Wegebesserungen, weitere Ermäßigungen der Fuhrgelder und Anderes mehr. Auch über die finanzielle Seite der Sache ließ er sich- wenn auch nur vorsichtig und mit mehr allgemeinen als positiven Verheißungen - aus; für die Bezirke Rostock und Wittenförden glaubte er eine Nettoaufkunft von zusammen 1150 Thlr., für das ganze Land eine solche von annähernd 2000 Thlr. in Aussicht stellen zu können. Noch vor kaum 20 Jahren hatten die Posten schon 6000 Thlr. und darüber an Reineinnahmen aufgebracht! Auch das Verhältniß der schwedischen Post zur Landespost machte von Schütz zum Gegenstande längerer Auseinandersetzungen, die in lauten Klagen über die Uebergriffe der fremden Posten gipfelten.

Auch bei den kleineren Kontoren hatte von Schütz Revisionen abgehalten. Dabei kam dann allerdings Manches zu Tage, was auf die postalischen Zustände jener Zeit, und ebenso auch auf die Geduld und Bedürfnißlosigkeit unserer Voreltern ein seltsames Licht wirft. Der Postmeister in Wittenburg expedirte unordentlich, ließ seine Dienstgeschäfte bald von diesem, bald von jenem, nicht selten auch von Schulknaben verrichten. Er "übersetzte" das Porto, hielt schlechte Pferde und war brutal gegen das Publikum, wie er denn "das Dienstmädchen des Amtmanns daselbst, welches

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 124 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

die für ihre Herrschaft eingelaufenen Briefe abzuholen pflegte, ohne Grund zu prügeln beliebte." In Malchin hielt der Postmeister ganz besonders schlechte Pferde, trotzdem er höhere Stationsgelder bezog als sonst ein Postmeister im Lande (für 8 Meilen von Güstrow bis Neubrandenburg 680 Thlr.); für seine Pferde bezahlte er beim Ankauf selten mehr als 4 Thlr., auch ließ er sie in der Regel ohne Zaum und Gebiß mit bloßem Reifhalter fahren. Die Pferde waren "sonst auch Hungers ganz entkräftet, dahero auf solche 8 Meilen fast allemahl 26 Stunden zugebracht werden."

Solcher Thatsachen führte von Schütz noch eine ganze Reihe auf - übergenug aber, um der Exekutionskasse endlich die Augen zu öffnen und sie zu größerer Energie anzuspornen. Aber sie that auch jetzt nur halbe Arbeit. Da von Schütz nach seinen bisherigen Leistungen die geeignetste Persönlichkeit zu sein schien, um Ordnung in die verfahrenen Verhältnisse der Postverwaltung zu bringen, so ernannten auf Vorschlag der Exekutionskasse die Exekutionshöfe den Hofrath von Schütz noch im Jahre 1724 in Anerkennung seiner bisher bewiesenen Thätigkeit zum Postdirektor dergestalt, daß er vom Tage seiner Ernennung ab die Specialleitung des gesammten Postwesens in Meklenburg=Schwerin auszuführen hatte. Die obere Leitung verblieb der Exekutionskasse in Boizenburg. Wichtigere Sachen waren der unmittelbaren Entscheidung der Höfe vorbehalten. Als Wohnsitz wurde dem neuen Postdirector Rostock angewiesen, wo die subdelegirten Räthe residirten; sein Gehalt betrug 500 Rthlr. jährlich, außerdem bezog er Futter für vier Pferde, deren er wegen seiner häufigen Inspektionsreisen im Lande bedurfte.

Trotzdem die Exekutionshöfe das Richtige in den Vorschlägen des Postdirektors von Schütz wohl erkannten, konnten sie sich doch nicht dazu aufraffen, postgesetzliche Bestimmungen zu erlassen, oder Neuerungen von einiger Wichtigkeit vorzunehmen, denn die Furcht, mit der Ritterschaft des Landes auch über postalische Fragen in Berathungen eintreten zu müssen, wobei dann sicher Differenzen entstehen würden, bildete auch jetzt noch das Hinderniß, an dem eine durchgreifende Reformthätigkeit erlahmen mußte. Alle Vorschläge des Postdirektors gingen daher ohne Weiteres als schätzenswerthes MateriaI zu den Akten.

Eine von dem Hofrath von Schütz im Entwurf vörgelegte Postordnung, enthaltend postgesetzliche Bestimmungen für den Verkehr zwischen Post und Publikum, war in ihrer Art recht brauchbar und übersichtlich und hätte bei Berücksichtigung der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 125 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zeitverhältnisse immerhin Anerkennung verdient; sie blieb aber nur Entwurf, weil Dinge postgesetzlicher Natur von den Berathungen mit der Ritterschaft grundsätzlich ausgeschlossen wurden.

Es erweckt nach den Akten fast den Anschein, als hätten die Exekutionshöfe bei ihrem passiven Verhalten den an sich richtigen Nebengedanken gehabt, daß der Postdirektor von Schütz - übereifrig und interessirt, wie er war - sich schon durch eigenes Streben und ohne den Erlaß eingehender Verordnungen seine Position schaffen und den meklenburgischen Postkursen zu besserer Entwicklung verhelfen würde, denn es gehörte zu seiner Dienstpflicht, möglichst oft durch persönliche Einwirkung bei den Postkontoren nach dem Rechten zu sehen und die Postkurse, sobald sich Zeit und Gelegenheit fand, zu bereisen und zu inspiciren.

Diesen Erwartungen entsprach von Schütz allerdings in mehr als wünschenswerthem Maße. Zunächst suchte er zu erreichen, daß die von ihm angeregten Verbesserungen thatsächlich eingeführt würden, aber ohne eigentlichen Erfolg. Das Einzige, was er zu erreichen vermochte, war, daß feine Anregungen wegen der Wegebesserungen wenigstens bis an den Landtag kamen. Aber das von ihm eingereichte Verzeichniß der besonders schlechten Wege war so umfangreich geworden, daß außerordentliche Mittel dazu gehört hätten, die Wege in einigermaßen erträglichen Stand zu bringen; die schlechte finanzielle Lage des Landes verbot derartige kostspielige Operationen. Die Sache blieb also, wie Sie war.

Innerhalb des engen Kreises der Postverwaltung machte sich der Einfluß des Postdirektors wn Schütz aber bald bemerkbar. Er war fast ununterbrochen auf Inspektionsreisen unterwegs und erschien unerwartet bei den Postkontoren, wo er in rücksichtslosester Weise durchgriff und aufgefundene Mißstände sofort abstellte oder zur höheren Kenntnißnahme nach Boizenburg berichtete. Die Postmeister, die bis dahin bei den fortdauernden Wirren im Lande ohne jede Aufsicht von oben nur immer in ihre Tasche gewirthschaftet hatten, geriethen jetzt in die größte Erregung und warfen allen Haß, den sie als Anhänger des Herzogs Carl Leopold gegen das "Lüneburger Regiment" im Lande offen zur Schau trugen, gegen den Schützling der Lüneburger, den Hofrath von Schütz. Zunächst beschwerten sie sich beim Herzoge über die jetzt im Postwesen vor sich gehenden ungesetzlichen Neuerungen, aber da von Danzig keine Abhülfe erfolgen konnte, so wandten sie sich in zahllosen Eingaben an die Exekutionskasse, ja selbstan die Exekutionshöfe mit der Bitte, sie vor den Gewaltthätigkeiten des Postdirektors in Schutz zu nehmen. Waren schon diese

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 126 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Bitten in wenig schmeichelhaften Ausdrücken abgefaßt, so führten die Berichte und Erwiderungen des Hofraths von Schütz meist eine noch schärfere Sprache und paßten wenig zu seiner Stellung und der Politik der Exekutionsregierung, die sich bemühte, nach Kräften zu laviren und jeden lauten Zwist zu vermeiden. Selbst den Kassendirektoren gegenüber war von Schütz durchaus nicht wählerisch in seinen Berichtsausführungen. Mancher herbe Tadel floß ihm daher von dieser Seite zu, ohne indessen auf das Verhalten des Postdirektors nachhaltig zu wirken. Den Kassendirektoren war der Hofrath von Schütz, der um jede Kleinigkeit jederzeit Aufhebens machte und sobald ihm nicht Jeder sofort zu Willen war, mit direkten Berichten an die Kommissionshöfe drohte, bald ein ebenso unwillkommener Gast wie den Postmeistern im Lande, zumal seine zahllosen Berichte, Vorstellungen, Klagen und Verbesserungsvorschläge der Kasse und den Kassendirektoren eine nicht unerhebliche Mehrarbeit verursachten. Schon nach einjähriger Wirksamkeit im Postwesen hatte von Schütz seine Stellung nach oben wie nach unten vollständig verdorben. Die Postkontore waren widerwilliger als je und setzten allen seinen Anordnungen passiven Widerstand entgegen, und bei der Exekutionskasse fand er wegen seines wenig taktvollen Verhaltens immer geringere Beachtung und Unterstützung.

Unter derartigen unerquicklichen Verhältnissen war die dringend wünschenswerthe Besserung der Posten beinahe völlig in Frage gestellt, nicht zuletzt auch aus dem Grunde, weil der Hofrath von Schütz mit seinem Uebereifer durchaus nicht selbstlose Absichten verband; denn für ihn war, wie Jebermann wußte, die Besserung seiner eigenen derangirten Verhältnisse das Ziel aller Arbeit. Das kam bald an's Licht. Gegen das Ende des Jahres 1725 legte er nämlich den Exekutionshöfen ein längeres Memorial vor, um zu beweisen, in welchem Maße das meklenburgische Postwesen während seiner bald zweijährigen Verwaltungsthätigkeit sich gehoben haben sollte. Er wies in der Denkschrift vor Allem auf die angeblichen Erfolge seiner eigenen Thätigkeit hin und ließ mehrfach einfließen, daß der jetzige günstige Zustand des meklenburgischen Postwesens lediglich das Verdienst seiner Arbeit sei. Wenn auch nicht in Abrede genommen werben soll, daß von Schütz sich manche Verbienste wirklich erworben hatte, so entsprach der Zustand des Postwesens doch bei Weitem nicht seiner Schilderung; denn wenn auch mehrfach offen zu Tage liegende Mißstände von ihm beseitigt worden waren, so nahm auch im Postwesen die innere Zersetzung ungestört ihren Fortgang.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 127 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Darüber waren selbst die Kassendirektoren durchaus nicht im Zweifel. Von Schütz schloß sein Memorial mit dem Gesuch, ihm alle meklenburgischen Posten in Pacht zu geben und zwar unter folgenden Bedingungen: Die Pacht sollte 2800 Rthlr. jährlich betragen, die Dauer des Vertrages zunächst 12 Jahre umfassen, da in der ersten Zeit sicher eine Unterbilance zu erwarten sei. Die von ihm zu verhängenden Geldstrafen sollten zur Hälfte ihm, zur anderen Hälfte der Exekutionskasse zufließen; die Kautionen der Beamten wären ihm zu überweisen. Ueberdies forderte er energischen Schutz und Beistand für seine Verwaltung und hielt es für geboten, daß die Ersatzverbindlichkeit für casus fortuiti ("so weder von ihm noch von den Postmeistern, Wagenmeistern und Postillonen verschuldet") von der Exekutionskasse getragen werden müßte. Uebrigens würde er, wie er besonders glaubte hervorheben zu müssen, nach wie vor der Exekutionskasse in Eid und Pflicht zugethan bleiben.

In Boizenburg fühlte man sofort das Abenteuerliche in den Plänen des Postdirektors von Schütz heraus. Immerhin konnte das scheinbare nähere Eingehen auf seine Vorschläge dazu verhelfen, einen tieferen Blick in den wirklichen Zustand des Postwesens zu thun und vor Allem die finanzielle Seite kennen zu lernen. Die Kasse ließ daher in ihrer Erwiderung durchblicken, daß der angebotene Jahreskanon von 2800 Rthlr. viel zu gering bemessen sei, da die Posten des Bezirks Wittenförden allein schon einen rechnungsmäßigen Ueberschuß von 1700 Rthlr. gewährten. Der Form wegen ging auch, noch bevor von Schütz zurückberichten konnte, ein Bericht an die Exekutionshöfe ab; die Kasse verfehlte nicht, die sonderbare Verwaltungsthätigkeit des Postdirectors von Schütz ins rechte Licht zu setzen, und kam am Schluß ihrer Darlegung mit ihrer eigenen Ansicht über den eigenartigen Antrag heraus, indem sie sich dafür aussprach, daß die Posten überhaupt nicht verpachtet werden dürften, am Wenigsten an den Postdirektor von Schütz, dessen mißliche Lage und sein unschickliches Gebahren nur sehr geringe Garantie für die Aufrechterhaltung des Pachtvertrages bieten könnten. Von seiner Thätigkeit im Postdienste sei auch fernerhin nicht viel Ersprießliches zu erwarten, da er in seinem Auftreten auch der vorgesetzten Exekutionskasse gegenüber zu schroff und unlenksam sei und gegen zahlreiche Beamte gar unzeitige Animositäten gezeigt habe, sodaß man täglich mit Querelen behelligt werde, die um so unverständlicher wären, als die Hauptkontors in zuverlässigen Händen wären. Die Kassendirektoren glaubten überdies sicher versprechen zu können,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 128 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

daß der vom Postdirektor von Schütz angebotene Pachtbetrag - sobald nur Handel und Wandel sich wieder heben und die Kreditverhältnisse sich bessern würden - auch unter ihrer Verwaltung voraussichtlich bald erzielt werden würde.

Eine in der Zwischenzeit in Boizenburg eingelaufene neuerliche Eingabe des Hofraths von Schütz fand keine Beachtung mehr, nachdem die Exekutionshöfe, ohne weitere Erhebungen zur Sache vorzunehmen, das Anerbieten des Postdirektors rundweg abgelehnt hatten.

Dadurch ließ von Schütz sich jedoch nicht sehr beirren, sondern wirkte ruhig in der bisherigen Art weiter. Aber seine amtliche Stellung war jettzt wesentlich verschlechtert; denn bei den Kassendirektoren fand er nur noch selten den gewünschten Rückhalt, sodaß ihm sein Amt täglich mehr zur schweren Bürde wurde. Kam es doch vor, daß die Direktoren den Postkontoren direkt Befehle zufertigten, von denen er erst Kenntniß erhielt, wenn er bei den Kontoren dienstlich zu thun hatte. Dennoch ließ er es an dem gewohnten Eifer nicht fehlen, aber wirkliche Erfolge erzielte er auch später nicht, und dem meklenburgischen Postwesen vermochte er daher zu besserem Gedeihen nicht zu verhelfen.

Die Ursache seiner Mißerfolge war aber nur zum Theil ihm persönlich zur Last zu schreiben, in wesentlich höherem Grade den im Lande noch immer andauernden politischen Wirren, denn seit dem Jahre 1727 herrschte völlige Anarchie im Lande. Herzog Carl Leopold übte von Danzig aus seinen gewohnten, unheilvollen Einfluß aus, und die Exekutionshöfe konnten zwar das offene Feuer im Lande dämpfen, nicht aber die versteckte Glut löschen, die überall im Geheimen fortglimmte und die Wiederkehr der Ruhe erschwerte.

In dieser Noth schritt der Kaiser wieber ein. Er suspendirte im Jahre 1728 den Herzog Carl Leopold gänzlich von der Regierung und ernannte dessen Bruder, Herzog Christian Ludwig, zum Administrator des Landes. Dieser Gewaltakt machte das Uebel aber nur noch ärger; denn von keiner Seite wurde diese kaiserliche Verfügung anerkannt. Die anarchischen, regellosen Zustände dauerten bis zum Jahre 1730 fort; aber offener Aufruhr brach im ganzen Lande aus, als Herzog Carl Leopold in diesem Jahre wieder in Meklenburg erschien und die Regierung, soweit sein Einfluß reichte, wieder ausübte. Unerträgliche Zeiten kamen jetzt über Meklenburg. Ueberall streiften im Lande bewaffnete Banden umher und vernichteten die geringen Ueberbleibsel des Verkehrs vollständig. Für die Posten war jetzt eine neue Krise

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 129 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

eingetreten; die Postkurse stockten vollständig, denn auf Befehl des Herzogs Carl Leopold mußten seine Reiter die Fahrposten, deren sie habhaft werden konnten, anhalten und mit der vorgefundenen Ladung nach Schwerin bringen, wo er sich aufhielt. Die Pferde wurden zur Verstärkung seiner Kavallerie verwendet. Unter solchen Verhältnissen getraute sich kein Posthalter mehr, Pferde zu den Posttransporten herzugeben. Die Postkontore mußten daher feiern, da Niemand mehr Sendungen einlieferte und von auswärts keine Posten mehr ankamen. Das Postkontor in Wittenförden stellte für geraume Zeit seinen Betrieb ganz ein. Da der Unwille des Herzogs Carl Leopold über diese Schöpfung der "Lüneburger" besonders groß war, so hatte der Postmeister vor der Annäherung des Herzogs rechtzeitig seine Haut in Sicherheit gebracht. Der bei dem Postkontor beschäftigt gewesene Postschreiber war von herzoglichen Reitern aufgegriffen und gefangen gesetzt worden.

Mehrere Jahre dauerten diese schlimmen Zustände in Meklenburg fort. Besserung trat erst ein, als Herzog Carl Leopold im Jahre 1735 von den Exekutionstruppen geschlagen war und darauf, aller Macht entblößt, in Wismar Zuflucht suchen mußte. Sein Bruder, Herzog Christian Ludwig, trat jetzt die kaiserliche Administration über Meklenburg in vollem Umfang an, ohne daß von dritter Seite Einspruch erhoben worden wäre. Jetzt konnte endlich das Land nach fast zwanzigjähriger Kriegsnoth wieder aufathmen. Die fremden Truppen wurden aus Meklenburg zurückgezogen, und die Exekutionshöfe England - Hannover und Preußen, auf welches seit 1728 das Konservatorium über Meklenburg mit ausgedehnt war, stellten ihre Thätigkeit ein, nicht ohne indeß ihre Exekutionskosten vorher liquidirt zu haben. Da das Land zur Bezahlung dieser Kosten bei seinen völlig zerrütteten Verhältnissen außer Stande war, so mußten an Kurhannover acht Aemter im westlichen, an Preußen vier Aemter im südlichen Meklenburg als Pfandobject überlassen werden. Die zwölf Aemter, die sog. Hypothekämter, machten ungefähr den vierten Theil des Landes aus.

c. Unter der Administration des Herzogs Christian Ludwig (1735-1747).

Wesentlich durch die Verpfändung der Aemter in seiner Machtbefugniß beschränkt, trat Herzog Christian Ludwig nun die Administration des Landes an. Aber vom Tage der Uebernahme

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 130 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

des Amts an entfaltete er eine Reformthätigkeit zur Hebung des Landes, wie sie unter ähnlich schwierigen Verhältnissen ihres Gleichen suchen könnte. Auch der Postverwaltung ließ er die gebührende Sorgfalt angedeihen. Das bisherige Postkontor in Wittenförden wurde noch im Jahre 1735 nach Schwerin zurück verlegt. Sämmtliche Postkurse traten allmählich wieder in Gang. Aber um die zahlreich eingeschlichenen Mißstände im Postwesen zu beseitigen, bedurfte es langer Zeit, und die Regierung verhehlte sich nicht, daß sie erst für ihre Bemühungen nach Verlauf mehrerer Jahre wirkliche Erfolge auf dem verwahrlosten Gebiete würde ernten können. Dennoch ging sie thätig ans Werk und besserte, wo sie mit ihren unzureichenden Mitteln helfen konnte.

Ernste Schwierigkeiten erwuchsen zunächst aus den im Besitz Hannovers befindlichen Hypothekämtern, durch welche die wichtigen Postkurse nach Hamburg liefen. Der Oberaufseher der Aemter, von Hauß in Boizenburg, forderte, daß alle Postgefälle, die innerhalb der Hypothek erhoben wurben, zur Hypothekkasse berechnet werden müßten. Dem widersprach die herzogliche Administrationsregierung auf Anrathen des Postdirektors von Schütz, der auch unter den neuen Verhältnissen sein Amt behalten hatte, energisch, aber da die ruhige, dachgemäße Behandlung des Falles dei der ablehnenden Haltung der Hannoverschen Regierung allein vor weiterem Schaden bewahren konnte, so berief Herzog Christian Ludwig den Postdirector von Schütz und die Postmeister in Schwerin, Rostock und Güstrow zu einer Berathung nach Schwerin. Bei der am 6. August hier stattfindenden Besprechung wies von Schütz darauf hin, daß nach der kaiserlichen Verordnung vom 18. November 1734, die das Rechtsverhältniß der Hypothekämter regelte, der Krone Hannover neben sonstigen Befugnissen auch der Bezug der Postgefälle bis zur Wiedereinlösung der Aemter durch Meklenburg verbleiben sollte.

Im Weiteren legte von Schütz auch die kaiserliche Verordnung vom 27. Juni 1735 vor, die bezüglich der Postgefälle verfügte: "Was die Postrevenüen in ben verhypothecirten Aemtern anlangt, so lassen es Kais. Maj. bei der am 18. November 1734 hierüber ergangenen Resolution nochmals allergnädigst bewenden; in Verfolg deren diejenige Postbediente, so mit Einnahme und Berechnung der Postrevenüen zu thun haben, für den König zu verpflichten und wo ein oder ander abgehet, die Bestellung solcher Postbedienten währender Hypothek demselben überlassen bleibe, 1 )


1) Eine kaiserliche Resolution vom 2. Mai 1735 hatte die Stellung der Postbeamten in einer weniger präcisen Weise dahin festgestellt, daß (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 131 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

hingegen sei dem Kommissario das ganze Reglement der Posten auch in diesen verhypothecirten Aemtern von Kais. Maj. alleinig commitirt. Nachdem das Postkontor zu Hamburg weder zur Specialhypothek mit verlanget, noch auch was außer den verhypothecirten Aemtern anderwärts an Revenüen sich befindet, pro hypotheca mit coustituiret worden, so ließen es Kais. Maj. hierinfalls dabei bewenden, daß das mektenburgische Postkontor zu Hamburg unter der constituirten Special-Hypothec nicht mitbegriffen sei."

Nach dieser Verordnung flossen allerdings die Revenüen aus den Posten innerhalb der Hypothekämter zur Hypothekkasse, aber der Zwang, alle Postgefälle ungeschmälert dahin abzuführen, war nicht in der Verordnung ausgesprochen, denn diese hatte augenscheinlich nur die Nettoaufkunft der Posten im Auge; wenn Hannover also an den Erträgen der Posten Theil haben wollte, so mußte es auch die Betriebskosten tragen helfen. In der That gab die hannoversche Regierung vor dem Gewicht dieser Argumente nach; die Differenz wurde im Jahre 1736 durch eine Konvention in der Art beigelegt, daß die auf den beiden meklenburgischen Postkursen nach Hamburg in Boizenburg, Wittenburg, Rehna und Gadebusch erzielten Einnahmen, welche auf rund 1700 Rthlr. geschätzt wurden, ganz der Hypothekkasse zufließen, hingegen die Ausgaben, welche die Hamburger Postkurse innerhalb des Gebiets der Hypothek verursachten, zum Betrage von rund 1300 Rthlr. von den vorbezeichneten Postkontoren als Unterhaltungsbeitrag für die Posten an die meklenburgische Postverwaltung vergütet werden sollten. Die Jahresaufkunft aus den Postgefällen in den Hypothelämtern belief sich demnach auf etwa 400 Rthlr., sie war aber später erheblich höher, da unter der Administration des Herzogs Christian Ludwig Handel und Verkehr wieder aufzublühen begannen.

Hinsichtlich der an Preußen verpfändeten Aemter kamen Differenzen auf postalischem Gebiete nicht vor, da auf dem Gebiet dieser Aemter wichtigere Postkurse nicht bestanden.

Nach Beilegung des Zwistes mit Hannover nahm Herzog Christian Ludwig die Reform im Postwesen wieder auf. Von Werth waren ihm dabei die Anregungen, welche der Postdirektor von Schütz 1735 in längerem Memorial eingereicht hatte. Dieser


(  ...  ) "die Bestellung und Absetzung der Postbedienten, folglich alle Untersuchungen, sofern sie sothaner Bedienten officium und conduite betreffen und die Strafe nicht infamiret, der Kammer nach wie vor gelassen werden sollen."
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 132 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

hatte den Zeitpunkt, der ihm eine neue vorgesetzte Behörde brachte, für günstig gehalten, in dem Bericht an erster Stelle die Erfolge seiner zehnjährigen Thätigkeit im Postwesen aufzuzählen und seine Verdienste in grellen Farben zu beleuchten. Von Schütz hatte allerdings in schwerer Zeit sich bemüht, die Ordnung im Postwesen aufrecht zu erhalten und in seinem Ressort bessere Zustände zu schaffen, aber seine Thätigkeit hatte sich seit 1730 eigentlich ganz auf minderwichtige Dinge des lokalen Postdienstes beschränkt, während Sachen von Bedeutung der unmittelbaren Behandlung und Erledigung der Regierung bezw. Administration unterlegen hatten. So hatte er zuletzt überhaupt keine Gelegenheit gehabt, wirkliche Verdienste sich zu erwerben.

Die Kammer, der sein Bericht zur Begutachtung zuging, führte seine angeblichen Verdienste denn auch auf ihr richtiges Maß zurück und fällte überdies noch über seine Person eine herbe, absprechende Kritik.

Außer seinen früheren Vorschlägen, die er auch jetzt wiederholte, hatte von Schütz der besonderen Fürsorge der Regierung empfohlen, die eingerissenen Portofreiheiten einzuschränken, den Wege- und Straßenbau zu betreiben, Wegweiser aufzustellen, das Verhalten der Postmeister mehr zu beaufsichtigen, Kontroleure zur Revision des Postbetriebes zu bestellen, u. dergl. mehr, endlich noch die viel angefochtene Autorität des Postdirektors gegen die unteren Postorgane zu befestigen.

Die Kammer berichtete, daß der Hofrath von Schütz die Postfreiheiten gerabe am Meisten benutzt und mißbraucht habe; die Wegebesserung sei schon in die Hand genommen, dieselbe könnte ihm aber nicht anvertraut werden, "da es in Betracht der Art, wie er seine affaires betreibt, ganz ohne nützlichen effect sein würde"; Wegweiser seien zwar sehr nützlich und anderswo viel in Gebrauch, aber ein Postillon müßte seinen Weg allein finden und kennen. Das schlechte Betragen der Postmeister sei schon denselben durch die Bestallung untersagt, der Vorschlag also unangemessen; Kontroleurs anzustellen, laufe nur auf eine Titeländerung hinaus und gäbe nur zu Gesuchen um Gehaltsverbesserungen Anlaß. Ueber Schütz selbst sagte der Kammerbericht, er habe durch sein Verhalten selbst verursacht, wenn seine Autorität geschwunden sei. Die früheren Kassendirektoren hätten ihn deshalb "wohlweißlich ratione seines Dienstes fast aus aller activität gesetzt und seiner auch an offentlicher Tafel mit solchen Worten erwähnt, die die Ursache seiner geschmälerten Autorität genugsam ans Licht bringen." Die Bemerkung des Hofraths

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 133 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

von Schütz, daß während seiner elfjährigen Verwaltung die meklenburgischen Posten einen reinen Ueberschuß von 40000 Rthlr. gebracht hätten, wurde mit folgenden bezeichnenden Worten abgethan: "In der Zeit von 11 Jahren haben sämmtliche meklenburgischen Posten an Ueberschuß noch keine 30000 Rthlr. (wie en moment bewiesen werden kann) baar eingebracht. Kann ich nun davon die in solchen Jahren von dem Postdirektor gezogene und über 7000 Rthlr. steigende Besoldung und Fouragegelder subtrahiren, so wird kaum ein Ueberschuß von 20000 Rthlr., folglich ein offenbar unerweisliches Vorhaben bleiben, baß der Postdirektor dem aerario auch nur einen Pfennig acquerirt habe, hingegen mehr als zu klar in die Augen fallen, daß dem aerario durch ihn wenigstens soviel als er jährlich pro salario bezogen, an Schaden verursacht worden; endlich auch daraus sich zu Tage legen, mit was Recht er seine Besoldung, die er vornehmlich aus der durch seinen Fleiß zu verschaffen versprochene Verbesserung der Postrevenues haben sollen, die Zeit her gehoben."

Diese Kritik nahm dem Postdirektor von Schütz den letzten Rest seines Einflusses. Er behielt bis zu seinem Tode (1739) zwar sein Amt und Einkommen bei, bemerkenswerthe Nachrichten sind aber über seine Thätigkeit in den Akten nicht mehr enthalten.

Immerhin waren seine Vorschläge und Anregungen zur Reorganisirung des Postwesens doch nicht auf unfruchtbaren Boden gefallen, denn Herzog Christian Ludwig ließ sie sich bei seiner Reformthätigkeit als Muster dienen. Die älteren Postverordnungen wurden sämmtlich erneuert und den Postkontoren zur strengsten Beobachtung eingeschärft. Das Fuhrgewerbe, das seit längerer Zeit wieder den Wettbewerb mit den Posten in außerordentlich schädigender Weise aufgenommen hatte, wurde scharf kontrolirt; Uebertretungen fanden sofortige harte Ahndung. Auch in den arg gestörten Postenlauf kam allmählich wieder Pünktlichkeit und Sicherheit; die einzelnen Kurse griffen immer besser in einander ein.

Um den Passagieren den Aufenthalt auf den Postwagen, welche infolge ihrer ungefügen Ladung mehr Frachtwagen glichen und deshalb keine Stunden halten konnten, angenehmer zu machen, erging aus Neustadt, den 7. Mai 1735, die herzogliche Verordnung, daß bei 10 Thlr. Strafe keine Päckereien über Centnerschwere angenommen werden sollten. Da diese Verordnung nicht sofort wirkte, sodaß noch in demselben Jahre einmal der Postwagen von Hamburg nach Güstrow unter der Last der Ladung zusammenbrach, auch erhebliche Verspätungen der auswärtigen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 134 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anschlußkurse 1 ) vorkamen, so wurde d. d. Neustadt, 16. Dec. 1735, die Verordnung nochmals allen Beamten eingeschärft.

Im Jahre 1736 wurde demnächst das Höchstgewicht einer Postladung auf den Hamburger Kursen auf 2000  beschränkt. Um auch in der Kammer den Postenlauf kontroliren zu können, mußten fortan sämmtliche Stundenzettel von den Postämtern eingereicht werden. Da auch viele Ersatzforderungen vorgekommen waren, durch Verlust von Postsendungen auf den unebenen Straßen, Diebstahl in der Nacht u. s. w., so wurde bestimmt, daß werthvollere Sachen nicht in den an allen Wagen angebrachten Schoßkellen, sondern in der Postlade verwahrt werden sollten. Von den sonstigen Vorschlägen des Postdirektors von Schütz wurden dann noch Verfügungen gegen das Ueberhandnehmen der Freibeförderung von Sendungen erlassen.

Die Bemühungen des Herzogs-Administrators Christian Ludwig um die Hebung des Postwesens waren nicht vergeblich. Im Jahre 1740 lieferten die Posten bereits einen baaren Ueberschuß von 4800 Thlr., trotzdem aus dem vierten Theil des Landes die Ueberschüsse (etwa 1000 Rthlr. jährlich) der Kammer entgingen. Insgesammt brachten die meklenburgischen Posten daher im Jahre 1740 eine Nettoaufkunft von etwa 6000 Thlr. ein.

Wesentlich mit verdankte Herzog Christian Ludwig diese erfreulichen Erfolge seinem Streben, alle der gedeihlichen Entwicklung der Posten schädlichen Schwierigkeiten durch Besonnenheit und Nachgiebigkeit fern zu halten.

Die Akten berichten mehr als einen Fall,. wo dieses Streben zu Tage tritt. Durch den Diensteifer des Hofpostmeisters Jahnke in Schwerin waren mit dem Oberaufseher der Hypothekenämter in Boizenburg über die Auslegung der Konvention von 1736 Differenzen entstanden. Die Postämter in der Hypothek suchten die Postgefälle nach Möglichkeit zu erhöhen, indem Sie sämmtliche Postsendungen auf möglichst weitem Wege durch das Gebiet der Aemter leiteten. Von Gadebusch ging z. B. die Korrespondenz nach Berlin und weiter, welche früher über Schwerin und Güstrow geleitet war, nach Boizenburg, wo sie dann sofort auf die Berliner


1) Auch der Güstrow - Berliner Kurs (der von Güstrow bis Plau meklenburgischerseits gefahren wurde, während von Plau bis Berlin preußische Postwagen liefen) erlitt mehrfache Verzögerungen, sodaß die von dem damaligen Kronprinzen Friedrich von Preußen in Rheinsberg abgesandten Korrespondenzen den Anschluß an die Cleve'schen Posten in Berlin verfehlten, worüber Friedrich sich sehr mißbilligend ausgesprochen hatte.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 135 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Post überging. In Schwerin machte sich naturgemäß bald ein Ausfall am Transitporto fühlbar, und der Rent- und Postmeister Jahnke in Schwerin forderte das Postamt in Gadebusch auf, den früheren Speditionsweg weiterzubenutzen, widrigenfalls nach den Karten der Ausfall berechnet und reklamirt werden müßte. Nachdem in der Sache das Gutachten des Reichs-Postmeisters in Hamburg eingeholt war, welches erklärte, daß jedem Aufgeber die Wahl eines Beförderungsweges für seine Sachen freistünde, wurde die Angelegenheit gütlich dahin beigelegt, daß das Kontor in Gadebusch Auftrag erhielt, die Bestimmungen der Konvention von 1736 genau zu befolgen und Sendungen, auf denen der Absender den Leitweg über Boizenburg nicht besonders vorgeschrieben hatte, wie früher über Schwerin zu leiten.

Ernster waren die Differenzen, welche mit der Krone Hannover noch zu Anfang der vierziger Jahre wegen des Durchgangs der meklenburgischen Posten durch Lauenburg entstanden. Bis zum Jahre 1740 waren wegen des Bestehens meklenburgischer Postkurse auf lauenburger Gebiet irgend welche Verhandlungen zwischen den betheiligten Regierungen nicht gepflogen worden. Aber während der Exekution hatte die hannoversche Regierung die Bedeutung und den Werth der Hamburger Posten für Meklenburg kennen gelernt und bemühte sich nun, an den Aufkünften der Postkurse, wenigstens von Lauenburg ab, Antheil zu haben. Ein Vorwand, die Frage anzuregen, war bald gefunden. Das hannoversche Regierungskollegium in Ratzeburg hatte um Bewilligung umfänglicher Portofreiheiten auf den Meklenburg - Hamburger Postkursen nachgesucht, war aber abschlägig beschieden worden. Darauf lief aus Hannover die Erwiderung ein, daß den meklenburgischen Posten, weil kein Vertrag über den Transit bestehe, die Durchfahrt durch das Lauenburger Gebiet nicht gestattet werden könnte. Der meklenburgischen Regierung wurde aber freigestellt, die Posten bis Ratzeburg und Lauenburg zu führen, von wo ab Hannover für eigene Rechnung die Postkurse bis Hamburg unterhalten würde. Herzog Christian Ludwig bemühte sich natürlich sofort mit dem Hinweis auf den fünfzigjährigen Bestand der Posten diese harten Maßregeln abzuwenden, aber in dem Antwortschreiben des Königs Georg von England - Hannover (d. d. Kensington 15./26. October 1742) hieß es: "Denn was die jura territorialia in Absicht der Posten mitbringen, und welchergestalt kein deutscher Reichsstand fremde Posten in seinem Lande zuzulassen ober zu dulden ohne hinzukommende concessiones, pacta oder besonders von dem anderen Theil er=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 136 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

worbene Gerechtsame schuldig sei, das ist Euer Liebden ohne mein Anführen bekannt. Dergleichen Concessiones sind aber über besagte Post von mir und meinen Vorfahren an der Regierung niemals ertheilt worden. Und wie aus der seitherigen Tolerantz als einer bloßen willkürlichen Sache so wenig eine beständige in perpetuum sich erstreckende Bewilligung gefolgert werden, als durch selbige mir die Befugniß benommen sein kann, meine lauenburgischen Posten auf eine erlaubte Art zu verbessern, da dieses wiederum auf eine rem merae facultatis hiuausläuft, also würde auch, wenn es gleich mit der angezogenen fünfzigjährigen possession seine Richtigkeit hatte und man die Sache auf den Fuß ansehen wollte und könnte, als ob es dabei auf die Erwerbung eines juris singularis ankäme, dennoch die Zeit solcher possession noch lange nicht an die Anzahl Jahre reichen, welche zu einem unvordenklichen Besitz und einer darauf zu bauenden praescription nöthig ist, so daß an allen Seiten sich unzweifelhaft zu Tage leget, wasmaßen ich die mehrgedachten meklenburgischen Posten in meinem lauenburgischen Territorio nicht zu dulden befugt, hingegen aber die Anbindung derselben mit meinen lauenburgischen Posten dasjenige einzige Mittel sei, welches bewandten Umständen nach ohne meine Benachtheiligung und mit Beobachtung der Bequemlichkeit des Publici und Ew. Lbd. eigener Convenienz eintreten könne.

Meines Bedünkens ist die von Ew. Ld. geäußerte Bedenklichkeit, wasmaßen dieselben Sich als kaiserlicher Kommissarius nicht befugt hielten, dergleichen transactiones einzugehen, dadurch erlediget worden, daß der von meinem ministerio geschehene Antrag auf etwas temporaires gerichtet ist.

Auf allen Fall wird es mir aber nicht verdacht werden können, daß ich mich meines habenden Rechts bediene, alß wodurch nach der gemeinen Rechtsregul Niemandem Unrecht geschehen wird."

Die nun in der Angelegenheit abgehaltenen Konferenzen verliefen ohne ein für Meklenburg günstigeres Resultat. Andere Schritte, die Christian Ludwig unternahm, um aus der Verlegenheit herauszukommen - Einforderung rechtlicher Gutachten von mehreren Universitaten u. s. w. - führten auch zu keinem Ziel, denn die Universität in Halle bat, ihr die Beantwortung der gestellten Fragen zu erlassen, "dieweilen sie aus erheblichen Ursachen die Ertheilung dieses responsi bedenklich halte;" die sonst um ihre Ansicht angegangenen Fakultäten wichen in ihren Aussprüchen bedenklich von einander ab. Selbst an den Reichshofrath und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 137 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

an den Hof in Berlin wandte sich Herzog Christian Ludwig mit der Bitte um Vermittlung, aber gleichfalls ohne Erfofg, denn der Reichshofrath nahm die Partei Hannovers. Ein Antwortschreiben aus Berlin oder ein Vermerk, daß der Berliner Hof die Vermittlerrolle übernommen hätte, findet sich nicht in den Akten. In dieser Noth suchte Christian Ludwig nochmals bei Hannover selbstgünstigere Bedingungen zu erzielen, indem er in eindringlichen Worten das Recht Meklenburgs an dem Durchgange der Posten durch Lauenburg klar zu beweisen suchte; er erzielte damit aber nichts, sondern rief obendrein noch die bündige Erklärung Hannovers hervor, daß die bisherige Durchfahrt und Ablager der meklenburgischen Posten im Lauenburgischen nicht weiter gestattet werden könnten. Doch zeigte sich die englische Regierung zu weiteren kommissarischen Unterhandlungen bereit. (Schreiben aus St. James 4/15. März 1743). Um etwaigen Gewaltmaßregeln der hannoverschen Regierung nach Möglichkeit vorzubeugen, entschloß sich Herzog Christian Ludwig in die von Hannover vorgeschlagene kommissarische Verhandlung der Angelegenheit einzutreten. Als herzoglicher Abgeordneter ging der Zahlkommissair Balck nach Hannover. Er hatte infolge seines gewandten Auftretens auch den Erfolg, daß am 21. September 1743 eine Konvention zustande kam, nach welcher den meklenburgischen Posten gegen eine jährliche Rekognition von 300 Rthlr. nicht allein der Transit, sondern auch die Kollektur und die Distribution von Postsendungen auf lauenburger Gebiet in bisherigem Umfange zugestanden wurde. Die Konvention sollte vorerst auf die Dauer von 8 Jahren von Bestand sein.

Dieses für Meklenburg günstige Resultat läßt sich nur durch die Absicht der hannoverschen Regierung erklären, künftig zwischen Hamburg und den lauenburgischen Städten eigene Posten anzulegen; vielleicht war man in Hannover auch der Ansicht, daß die Kommunionposten Lauenburg - Hamburg keine höheren Erträge als 300 Rthlr. abwerfen würden. Wie dem auch sei, die Konvention wurde von beiden Regierungen bestätigt. Zu größerer Sicherheit wurde in der Postkonvention das Postregal der Krone Hannover in Lauenburg außer Zweifel gesetzt. Die meklenburgische Regierung sagte zu, daß die Korrespondenz aus Meklenburg nach Hannover, die bis dahin vielfach den Weg über Hamburg genommen hatte, über Lüneburg geleitet, wogegen ihr für den Portoausfall eine angemessene Vergütung gewährt werden solle; schließlich war noch wegen einiger Postfreiheiten für einzelne hannoversche Beamte das Erforderliche vereinbart worden.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 138 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Trotz der scheinbar unüberwindlichen Schwierigkeiten wegen des Durchgangs der Posten hatte Meklenburg durch die Konvention einen überraschend günstigen Erfolg erzielt, denn die geringe Jahresabgabe von 300 Rthlr. konnte bei den stetig wachsenden Aufkünften der Landesposten nicht wesentlich in Frage kommen, zumal jetzt der Besitzstand der wichtigen meklenburgischen Posten nach Hamburg auf lauenburgischem Gebiet vertragsmäßig sichergestellt und anerkannt war. -

Im Jahre 1747 starb Herzog Carl Leopold, ohne Leibeserben zu hinterlassen. Die Regierung fiel nun an seinen Bruder, Herzog Christian Ludwig, sodaß dessen kaiserliches Kommissorium nunmehr erlosch. Um die Regierung hatte sich Herzog Carl Leopold in den letzten Jahren nicht mehr bekümmert; das hatte ihn aber nicht abgehalten, unter dem 3. December 1740 den Sohn seines 1729 verstorbenen Ober-Postdirektors von Walter, JuIius von Walter, bisher Offizier in fremden Diensten, wieder zum Ober-Postdirektor zu bestellen. Der jüngere Walter führte zwar den verliehenen Titel, übte aber die Funktionen eines Ober-Postdirektors nie aus.

d. Unter Herzog Christian Ludwig (1747-1756).

Mit dem Regierungsantritt des Herzogs Christian Ludwig II. wurde der Kammer auch wieder die Verwaltung des Postwesens übertragen. Die specielle Bearbeitung der Ppostsachen ruhte zunächst aber nicht, wie es zu Anfang des Jahrhunderts zum Vortheil der Posten der Fall gewesen war, in der Hand eines Kammermitgliedes, sondern unterstand der Kollegialbehandlung der Kammer; für wichtigere Gegenstände war auch jetzt die Regierung bz. der Herzog ausschließlich zuständig. Die Kammer erhielt noch im Jahre 1747 Gelegenheit, sich eingehender mit dem Postwesen befassen zu müssen. In diesem Jahre hatten sich nämlich Differenzen mit der hannvoerschen Regierung wegen der Auslegung der Konvention von 1743 ergeben. Bis dahin hatte in Ratzeburg ein eigenes meklenburgisches Postamt unter dem herzoglichen Postmeister Bergmann bestanden; im Jahre 1743 war daselbst auch ein hannöversches Postamt unter dem lauenburgischen Regierungssekretär Steding eingerichtet worden. Dieser forderte - jedenfalls von der Regierung in Hannover veranlaßt - nach dem Tode Bergmanns im Jahre 1747 die Uebertragung des Amts als meklenburgischer Postmeister. Als die herzoglichen Posten trotzdem nach wie vor bei dem Bergmannschen Hause

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 139 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vorfuhren, überwies er die eingesammelten, für die meklenburgischen Posten bestimmten Korrespondenzen nicht der meklenburgischen, sondern der schwedischen Post, welche auch über Ratzeburg kursirte. Die Beschwerden der herzoglichen Kammer fruchteten nichts, da in Hannover augenscheinlich von Neuem der Gedanke aufgetaucht war, den meklenburgischen Posten nach Hamburg Schwierigkeiten in den Weg zu legen und möglichst das meklenburgische Postkontor aus Ratzeburg zu verdrängen. Das sah man in Schwerin sehr wohl ein, und da langwierige Verhandlungen keinen Erfolg verhießen, so wurde dem hannoverschen Postmeister Steding in Ratzeburg die Abfertigung der meklenburgischen Posten mit übertragen. Er vollzog einen Revers des Inhalts, daß er genau nach der Konvention von 1743 verfahren und unter "Verpfändung seiner Habe und Güter dafür sorgen wolle, daß der Konvention in keinem Stücke zuwider gehandelt werde." Dieses Versprechen hatte aber gar keine Bedeutung mehr, denn von Lauenburg und Ratzeburg nach Hamburg waren in der Zwischenzeit hannoversche Postkurse eingerichtet worden, welche den meklenburgischen Posten großen Schaden zufügten, da sie die gesammte Korrespondenz Lauenburgs, welche bisher allein die meklenburgischen Posten befördert hatten, an sich zogen.

Wie fühlbar die Konkurrenz dieser hannoverschen Posten hervortrat, zeigt ein Schreiben des meklenburgischen Postmeisters Kroon in Hamburg aus dem Jahre 1748. Nach demselben that die Post "den meklenburgischen Postintraden besonderen Schaden, weil

1. Alle, die in Lauenburg und Ratzeburg gesessen, bei ihrer Hin- und Rückreise nach Hamburg sich solcher bedienten;

2. weilen die Sonntagspost mit den von hier nach Meklenburg reisenden Juden immer besetzt ist, die sie des Sabbats wegen der meklenburgischen Post vorziehen und den Umweg nicht achten;

3. weil das Porto sehr gering gestellet ist, so werden auch mit derselben viele Sachen versandt; was aber noch am nachtheiligsten ist, so werden

4. alle diejenigen Güter, so aus dem Reiche als von Leipzig, Braunschweig, Kassel u. s. w. mit der kombinirten Post hieselbst eintreffen, und vordem, wie sichs gebühret, von derselben in hiesiges meklenburgisches Postamt zur weiteren Beförderung eingeliefert zu werden pflegten, jetzo aus dem hannöverschen Postkontor mit ihrer neuen Post auf Ratzeburg fortgeschaffet und von dort ab erstlich nach Meklenburg an die destinirten Oerter befördert, wodurch dann der meklenburgischen Post der Nachtheil

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 140 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zuwächst, daß sie nicht nur das porto von Hamburg nach Ratzeburg von solchen Sachen verliert, sondern es wird ihr noch überdem eben das verlohrene porto zu Ratzeburg als Auslage an schwerem Gelde angerechnet, woraus dann entstehet, daß quartaliter dahin soviel schwer Geld zu vergüten ist. Es wäre also bey solchen Umständen wohl kein Wunder, wenn die meklenburgischen Postgefälle sich verringerten."

Kroon glaubte, wenn den Juden der Reisezwang auferlegt würde, daß dann den meklenburgischen Posten erhebliche Mehraufkünfte zufließen würden. Zur Begründung dieser Behauptung verstieg er sich zu folgendem Vorschlage: "Den in Meklenburg gesessenen Juden wäre anzubefehlen, sich nicht von Meklenburg nach Hamburg zu begeben, ohne sich wenigstens von Ratzeburg oder Boizenburg ab der meklenburgischen Post zu bedienen und ebenfalls von Hamburg ab nach Boizenburg oder Ratzeburg; im Widrigen aber, und falls sie sich einer anderen Post bedienten, bei ihrer Retour in Meklenburg in 2 Rthlr. Strafe verfallen seyn sollten, sofern sie nicht aus hiesigem hochfürstl. Postamt einen Schein vorzuzeigen vermöchten, daß sie von Boizenburg oder Ratzeburg mit der hochfürstl. meklenburgischen Post anhero gekommen und auch rnit derselben wieder von hier zurückgekehrt seien; imgleichen müßte dem Schwerinschen Hofjuden Hinrichsen ebenmäßig untersagt werden, keinem von Hamburg oder Altona eintreffenden Juden die Handlung in Meklenburg zu vergönnen ohne Vorzeigung eines Postscheines, daß er von Hamburg mit der meklenburgischen Post abgereiset sei, wodurch denn dieses gravamen, so auf das wenigste 100 Rthlr. des Jahres einbringen müßte, ganz leichte und ohne einer fremden Post Eintrag zu thun, gehoben werden könnte."

Der Vorschlag Kroons fand indessen keine Berücksichtigung, da die Regierung sich mit dem durch den Postmeister ausgestellten Revers, der Konvention nicht zuwider zu handeln, begnügen zu müssen glaubte.

Die 1743 auf 8 Jahre abgeschlossene Konvention mit Hannover wurde daher im Jahre 1751 auf weitere 16 Jahre erneuert.

Die Nachgiebigkeit, welche der meklenburgische Hof bei dieser Angelegenheit und ebenso vier Jahre früher bei einem ähnlichen Anlaß wegen des Durchgangs der meklenburgischen Posten durch Lauenburg bethätigt hatte, entsprang in erster Linie der eigenen persönlichen Willensmeinung des Herzogs Christian Ludwig, der bei den im Großen und Ganzen noch wenig befriedigenden inneren Verhältnissen des Landes möglichst jeden Zwistt nach außen zu

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 141 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vermeiden und alle Kräfte für die Besserung der inneren Lage des Landes zu sammeln suchte. Damit hatte es vor der Hand aber noch gute Weile. Die Kriegswirren hatten zwar schon vor zwölf Jahren aufgehört, und die äußeren Spuren des früheren Niedergangs waren während mehrjähriger, nach schwerer Kriegsnoth doppelt erfreulicher Zeit der Ruhe mehr und mehr verwischt worden, Ordnung und Zuverlässigkeit waren in ernster, eifriger Friedensarbeit zurückgekehrt, aber trotzdem harrte eine Reihe schwieriger Aufgaben noch immer der Erledigung. Das Verhältniß zwischen Regierung und Ritterschaft hatte noch nichts an Schärfe eingebüßt Vor Allem hemmte eine drückende Schuldenlast die Regierung an freier Bewegung, und die Wiedereinlösung der verpfändeten zwölf Aemter bildete ein Problem, welches allerdings schon oft erwogen worden war, aber eben so oft wieder hatte bei Seite gestellt werden müssen, weil es bei dem herrschenden Geldmangel der Geldkraft des Landes unmögliche Opfer zugemuthet haben würde. Die herzoglichen Einkünfte waren auch zu Ende der vierziger Jahre noch verhältnißmäßig sehr gering, und bis zum Jahre 1747 hatten aus ihnen noch die Kosten zweier Hofhaltungen - für Herzog Carl Leopold in Wismar und für Herzog Christian Ludwig in Schwerin - bestritten werden müssen, sodaß der Rest der Einkünfte nur knapp hinreichte, die laufenden Bedürfnisse für Verwaltung und Regierung zu befriedigen. So war die Regierung wider Willen gezwungen, kostspielige Neuerungen und Verbesserungen auf günstigere Zeit zu verschieben. Die Quellen, aus denen die Regierung schöpfen konnte, waren sämmtlich voll in Anspruch genommen, ohne daß sich die Möglichkeit geboten hätte, den Lauf der Quelle bei Zeiten zu stärken und ihr neuen Zufluß zuzuführen.

Unter solchen Verhättnissen konnte es nicht ausbleiben, daß die Erträge, welche die Regierung im Lande haben konnte, nicht von Jahr zu Jahr sich vermehrten, sondern sich von 1740 bis zum Jahre 1750 fast ständig auf gleicher Höhe hielten. Diese Erscheinung trat auch im Postwesen deutlich zu Tage. Wie ein Blick auf die Finanzergebnisse der Posten in der Periode zwischen 1740 und 1750 erkennen läßt, haben sich die Einkünfte in dieser Zeit fast jedes Jahr gleichbleibend auf etwa 6000 Rthlr. belaufen. In dem einen Jahre wurde dieser Betrag um ein Geringes überstiegen, im anderen Jahre blieb der Ertrag wieder unter dem Durchschnitt. Demgegenüber war die wirthschaftliche Entwicklung des Landes langsam aber stetig fortgeschritten, ohne daß schwerere Krisen - abgesehen von der in den Jahren 1744 und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 142 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1745 herrschenden, allerdings verheerenden Viehseuche - sich fühlbar gemacht hätten. Der wirthschaftliche Fortschritt hätte sich demnach folgerichtig in einer entsprechenden Steigerung des Postverkehrs und der Posteinnahmen bemerkbar machen müssen. Das war aber, wie wir gesehen haben, nicht der Fall; ein Beweis, daß dem Organismus des Postwesens schwer wiegende Mängel anhaften mußten. Diese waren allerdings auch zahlreich vorhanden.

Die Akten aus jener Zeit lassen durchaus nicht die Annahme zu, als hätte die Regierung in diesem Decennium den Posten nicht die erforderliche Sorgfalt zugewendet. Sie berichten vielmehr von mannigfachen Verhandlungen, die im Schooße der Regierung stattfanden, um den Schäden auf den Grund zu kommen - aber um wirklich Tüchtiges zu erreichen, war eine umfängliche Reformarbeit vorzunehmen, und hierzu fehlten eben die Mittel gänzlich. Uebrigens funktionirte die Maschinerie des Postwesens in leidlich guter Weise, die schweren Gebrechen, die vorhanden waren, traten für unkundige Augen nicht leicht bemerkbar zu Tage. Im Großen und Ganzen waren auch jetzt noch in der Postverwaltung deutlich die Spuren der Thätigkeit des Geh. Kammerraths Mumme zu erkennen. Trotzdem seit dessen Ausscheiden bereits mehr als 40 Jahre, reich an politischen und wirthschaftlichen Wechselfällen, verstrichen waren, wurden alle von Mumme für wesentlich andere Verhältnisse zugeschnittenen Dienst- und Verwaltungsgrundsätze in unveränderter Weise beibehalten und ausgeübt. Alle für die Beziehungen zwischen Post und Publikum erlassenen Vorschriften, die jeder Schwankung und Aenderung der Wirthschaftslage eigentlich hätten angepaßt werden müssen, waren noch aus der Zeit des Herzogs Friedrich Wilhelm in Geltung, und ebenso waren auch die Taxvorschriften, die noch aus der Verwaltung Mumme's herrührten, unverändert geblieben, obgleich die finanzielle Lage des Landes sich in den vierziger Jahren gegenüber den ersten Jahren des Jahrhunderts wesentlich verschlechtert hatte. Allerdings waren im Laufe der Zeit, veranlaßt durch örtliche Verhältnisse, durch die Konkurrenz der fremden Posten, vielleicht auch in diesem ober jenem Falle durch die Habsucht einzelner Postmeister, mehrfache Abänderungen der Taxvorschriften vorgenommen worden, aber diese waren ohne Rücksicht auf das Publikum von den Postmeistern eigenmächtig - lediglich im Interesse der Postkontore - eingeführt worden und hatten bewirkt, daß im Lande selbst sinnwidrige Verhältnisse hinsichtlich der Taxirungsvorschriften Platz gegriffen hatten. Die Postkurse hatten eine Aenderung nicht erfahren; sie nahmen unbeirrt ihren

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 143 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

alten Weg, ohne daß umfänglichere Kursregulirungen - Einrichtung neuer Wege, Aufhebung entbehrlicher Kurse, Vermehrung einträglicher Linien - eingetreten wären.

Herzog Christian Ludwig hatte den Zustand des Postwesens schon seit geraumer Zeit aufmerksam im Auge behalten. Um den Posten eine eingehendere Beaufsichtigung zuzuwenden, ernannte er im Jahre 1749 den Geh. Kammerrath von Smith zum Ober-Postdirektor. Aber dieser war nicht die geeignete Persönlichkeit, um auf einem lange vernachlässigten Gebiete wohlthätige Reformen durchzuführen. Er schied auch noch in demselben Jahre oder doch im Jahre 1750 aus dem Dienste, nachdem er wegen Veruntreuung herrschaftlicher Gelder in Untersuchung gekommen war. Die Akten berichten von seiner Thätigkeit in Postsachen nur ganz vereinzelt; vielleicht kann man daraus schließen, daß er im Kammer-Kollegium lediglich in Postangelegenheiten referirte und das Kollegium nach wie vor die Leitung des Postwesens ausübte.

Aber die Regierung wendete den Posten jetzt doch größere Aufmerksamkeit zu und suchte die besonders hervortretenden Mißstände abzustellen. Vor allem mußten die Unterschleife der Postbeamten, die an manchen Orten geradezu im Großen betrieben wurden, möglichst verhütet werden, wenn die Postintraden eine Steigerung erfahren sollten. Doch fehlte es an Erfahrung, an welcher Stelle man hierfür mit Reformen zu beginnen hätte. Ob deshalb die Verordnung Herzog Christian Ludwigs vom 6. Mai 1749 wegen der beim Postwesen und der Accise von Beamten und dem Publikum begangenen Unterschleife schon gleich von durchschlagendem Erfolg war, muß dahingestellt bleiben, denn am 24. Januar 1750 sah sich der Herzog genöthigt, die bisher für Korrespondenzen der Behörden mit dem Herzoge und untereinander bestehenden Portofreiheiten - ein großes Hülfsmittel für allerlei Betrügereien - gänzlich aufzuheben und dafür volle Portozahlung einzuführen. Augenscheinlich war mit dieser Verordnung der rechte Weg eingeschlagen, denn die Erträge der Posten stiegen im Jahre 1749/50 zum ersten Mal seit dem Bestehen der Posten auf über 7000 Rthlr., nämlich auf 7110 Rthlr. Ein Erfolg war demnach schon zu verzeichnen, wenn auch im Hinblick auf die ruhigen Zeitverhältnisse ein wesentlich höherer Ueberschuß hätte erwartet werden dürfen.

Auch bei der Regierung machte sich dieser Gedanke rege, aber man war sich über die einzuschlagenden Mittel, bessere Erfolge zu erzielen, nicht recht klar. Kostspielige Versuche konnten wegen der finanziellen Lage des Landes nicht angestellt werden;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 144 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

auf der anderen Seite erinnerten die nicht unbeträchtlichen Zahlen in den Jahresabschlüssen der PostverwlItung - im Jahre 1751/52 betrugen die Roheinnahmen 25211 Rthlr., die Ausgaben 17350 Rthlr., die Ueberschüsse 7861 Rthlr. - in unbequemer Weise daran, daß bei sachgemäßer Leitung wesentlich höhere Erträge aus den Posten zu erzielen gewesen wären. Zu verwundern ist es nicht, daß bei dieser Sachlage auch von den unteren Organen der Postverwaltung zahlreiche Vorschläge einliefen, das Problem billig und einfach zu lösen. Der Hofpostmeister Roland in Schwerin, früher herzoglicher Kabinetssekretär, war besonders eifrig bedacht, Verbesserungsvorschläge abzugeben. Von seiner Hand finden sich zahlreiche Anträge, Vorschläge, Gutachten, Promemorien u. s. w., die allerdings vermeintliche Verbesserungen im Postwesen zum Vorsatz hatten, aber nicht immer als solche gelten konnten, da Roland offenbar technisch nicht genügend vorgebildet war. Seine Vorschläge liefen in letzter Linie auch immer wieder auf Beseitigung der Mißstände hinaus, welche die ständigen Begleiter der Landespost seit ihrer Einrichtung in Meklenburg gewesen waren. Besserung der Straßen, Regelung des Ladungsgewichts der Posten, des Stundenhaltens der Postillone und der Konkurrenz des Fuhrgewerbes.

Unmittelbaren Erfolg hatte Roland mit seinen Anträgen zwar nicht, aber sie waren doch der Grund, daß das Interesse der Regierung und Kammer an den Posten nicht erkaltete. In der Kammer war besonders der Geheime Rath Brunsich Edler von Brun, der anscheinend größere Erfahrung auf weiten Reisen gesammelt hatte, bestrebt, an der Reform der Posten mitzuwirken.

Unter dem 14. October 1753 wurde ihm das Amt eines Ober-Postdirektors übertragen, so daß er jetzt ein unmittelbares Interesse hatte, seine Bestrebungen zu bethätigen.

Der Hauptschwerpunkt von Brunsichs Thätigkeit fällt aber schon in die Regierung des Herzogs Friedrich, der 1756 seinem Vater, Herzog Christian Ludwig II., gefolgt war.

e. Unter Herzog Friedrich (1756-1785).

Aeußerlich konnte oder wollte auch Brunsich die Posten keiner Veränderung unterwerfen: der Postkurs, die Route mit den Stationen, blieb, wie sie schon seit Anlegung der Kurse gewesen war; alle Hauptkurse verkehrten zweimal wöchentlich, die Neben- und Seitenkurse abhängig davon auch zwei- oder einmal wöchentlich. Aber Brunsich faßte das Wesen der Posten mit tieferem

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 145 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Verständniß auf. Er sah ein, daß Pünktlichkeit in der Beförderung die Vortheile einer schnellen Beförderung auf Kosten der Regelmaßigkeit des Ganges bedeutend überwog. Bisher hatten zwar auch Vorschriften über das Stundenhalten der Posten bestanden, d. h. wie lange die Postillone auf eine Meile fahren und wie lange sie an den Stationsorten verweilen konnten; die Bestimmungen kamen aber immer bald außer Gebrauch. Die Hindernisse, welche den Gang der Posten verzögert und das Stundenhalten unmöglich gemacht hatten, - schlechte Wege, saumselige Postillone bei mangelnder Aufsicht, übemaßige Ladung und schlechte Gespanne - suchte Brunsich von Grund aus zu beseitigen. Die Wegebesserung war auf sein Betreiben im Gange. Demnächst erging die Kammerverordnung vom 28. Januar 1756, welche das Ladungsgewicht der Postwagen auf 4 - 5 Ctr. pro Pferd beschränkte, und befahl, daß je nach Lage der Verhältnisse entweder einzelne Ladungsstücke zurückgelassen oder, wenn die Kosten aufkommen würden, Beiwagen zur Beförderung von Personen oder Sachen genommen werden konnten. Dann erneuerte Brunsich die wegen der Stunden- und Frachtzettel früher erlassenen Vorschriften, sodaß nun gegen die lässigen Postillone, die unterwegs nach Gutdünken die Post verzögerten, auf Grund dieser Verordnungen eingeschritten werden konnte. Daß nur äußerste Strenge die seit langer Zeit eingerissenen Mißstände abstellen konnte, zeigte das durchaus nicht ungewöhnliche Beispiel des Postillons auf der Station Schwerin - Demen (- Güstrow); derselbe fuhr die Strecke immer sehr schlecht und langsam. "Seine pferde wären, so war die allgemeine Klage, schlecht und ermüdet, sodaß sie zuweilen stille standen und der Knecht dabei liegen gegangen, weshalb die Passagiere abgestiegen und über eine Meile bis Demen zu Fuß marschieret wären; auf die drei Meilen bis Demen hätte der Knecht 9 1/2 Stunden zugebracht. Die Pferde seien daher so schlecht, weil der Postillon (Posthalter) seine Pferde solchergestalt strapazierte, daß er beständig Extrapostfuhren thäte, und wenn von einer Extrafuhr die Pferde ungefähr eine Stunde zu Hause wären, so müßten sie sofort wieder vor die Post legen."

In den Stundenzetteln wurde nun die Entfernung der einzelnen Stationen und die Fahrzeit vermerkt - ein bedeutender Fortschritt gegen früher, da mancher Postfahrer bis dahin selbst nicht gewußt hatte, wie groß der von ihm zurückzulegende Weg und binnen welcher Frist derselbe zurückzulegen war. Im Allgemeinen war es Brauch, den Postillonen für jede Meile im

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 146 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Sommer 1 1/4, im Winter 1 1/2 Stunde Fahrzeit zu gewähren. Diese Fristen wurden jetzt auf Brunsichs Betreiben allgemein eingeführt, sodaß nun die Posten regelmäßiger kursirten als früher, die Posten der Nebenkurse rechtzeitig eintrafen und besonders der Anschluß an fremde Kurse bei den Grenzpostämtern jederzeit sicher gestellt war. Nun konnte oder sollte es doch wenigstens sich nicht mehr ereignen, daß z. B. in Boizenburg, wo Posten nach Berlin, Halle, Hamburg, Ratzeburg und Lüneburg abgingen, der Anschluß der meklenburgischen Posten, wie sonst so häufig, verfehlt wurde, sodaß die Passagiere tagelang in Boizenburg verweilen mußten.

Auch der Ober-Aufseher in Boizenburg kam der meklenburgischen Regierung bei diesen Verbesserungen nach Möglichkeit entgegen. Der Postmeister Manecke daselbst erhielt Weisung, auf die Posthalter und Postillone der Strecke Boizenburg - Hamburg - vornehmlich an dem großen Knotenpunkt Escheburg - scharfe Obacht zu haben. Manecke berichtete auch, wie saumselig bisher die Posten auf meklenburgischem Gebiet gegangen und wie häufig der Anschluß in Boizenburg an die preußischen Posten versäumt sei; die Ursache läge auch nicht, wie der Postdirektor Roland in einem Promemoria angegeben hätte, an den Postfahrern zwischen Boizenburg und Hamburg, sondern an den Stationen auf herzoglichem Gebiet. "Solcherwegen habe er nicht allein privatim bei den herzoglich meklenburgischen Postämtern sondern auch durch publique avertissements auf dem Kurs von Boizenburg bis Güstrow verschiedene und öftere Anregung gemacht und nicht unterlassen, den Schaden, so dem Postwesen daraus zuwüchse, deutlich zu machen, jedoch den gewünschten Zweck nicht erreichen mögen."

Der Bericht Maneckes, der mit offenbarer Sachkenntnis geschrieben war und in Schwerin überzeugen mußte, war der Regierung trotzdem um so unliebsamer, als er aus dem Hypothekamte, gleichsam einem fremden Gebiete kam. In der Kammer wurde er noch mit der bissigen Bemerkung versehen: "Je offenbarer der Grund zu diesem Promemoria ist, desto schlechtere Ehre machet er unseren Postkontors zu Schwerin und Güstrow, am besten wäre es, dasselbe dem Roland mitzutheilen, mit den Worten: Si tacuisses etc ." Auf Brunsichs Betreiben war die Kammer auch einsichtig genug, den drei Hauptpostämtern in Schwerin, Rostock und Güstrow nunmehr aufzugeben, dem Postkurswesen ihre ganze Aufmerksamkeit zuzuwenden und unnachsichtlich jede Versäumniß oder Nachlässigkeit zu bestrafen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 147 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Roland fühlte sich empfindlich gekränkt. Er gestand zu, daß allerdings die Schwerin - Boizenburg - Hamburger Post außerordentlich langsam fahre und häufig sich verspäte, "wovon Niemand mehr Beschwerde hat als das Schweriner Kontor, indem Licht und Lampen ganze Nächte mit meinem Schaden brennen und der Expediteur als der Kontorschreiber und Litzenbruder bis an den hellen Morgen aufpassen und in den Kleidern bleiben müssen," die Post sei aber dem Postkontor in Güstrow unterstellt, halte in Schwerin nur 2 Stunden zur Expedition und zum Pferdewechsel, und müsse die Kammer dem Güstrow'schen Kontor die erforderliche Weisung zukommen lassen.

Da auch der langsame Gang des ihm unterstellten Kurses Schwerin - Ratzeburg - Hamburg gerügt war, so rechtfertigte sich Roland gegen diesen Vorwurf mit den Worten: "Ich habe mir alle menschenmöglichste Mühe gegeben, die Fahrt der Schwerin - Hamburger Post, welche über Ratzeburg geht und nur allein unter meiner Inspektion steht, zu befördern, und wie ich an Warnen, Schreiben, Drohen und Strafen nichts erwinden ließ, so ist auch bekannt, daß gedachte Post nach jetziger Jahreszeit (Dezember 1757) und Beschaffenheit der Wege und Witterung eine Zeit lang ziemlich früh und Abends um 9 Uhr hier eingetroffen, außer 2 Mal, da einmal der Postwagen im Trittower Holze stecken geblieben und erst wieder herausgezogen werden müssen und ein ander Mal ein Pferd krank geworden und dernnächst umgefallen."

"Und wie die Post auf dieser Fahrtt fünf diverse, worunter vier fremde territoria passiren muß, so ist der herzoglichen Regierung selbst bekannt, wie oft ich designationes von nöthigen Wegereparaturen eingegeben; da aber solches nichts gefruchtet, vielmehr die Wege bisher geblieben, wie sie immer gewesen, ja noch von Tag zu Tage mehr ausgefahren und schlechter werden, so ist es eine wahre Unmöglichkeit, daß dieser Postkurs, zumal bei Winterszeit accurat und ordentlich beschafft werden kann."

Auch Kütemeyer war angewiesen worden, seinem Kurse die gebührende Sorgfalt zuzuwenden und die Wagenmeister und Postillone besser zu überwachen, die gegen alle Ordnung besonders durch den vielstündigen Aufenthalt in jedem Kruge, wo sie von den Passagieren traktirt wurden, die Verzögerung der Posten zum großen Theil verursachten. Er schob die getadelten Mißstände ebenfalls auf die Wegeverhältnisse und berichtete "Ich will diese Leute (die Postfahrer und Postillone) keineswegs entschuldigen, allein ihre Vorträge erwecken fast Mitleiden; durch den bisherigen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 148 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

weichen Herbst und Winter sind die meisten Pferde kraftlos geworden und zum Theil gestorben, die Bedienten erkrankt, die Wagens zerbrechen öfters, und wenn keine Passagiers auf dem Wagen sind, bleibet die Post ganze halbe Nächte beliegen, weil kein Postillon befugt ist, sich davon zu entfernen, um Hülfe herbeizuholen. Nebendem ist mir bie Pfundenzahl zu 2500  Ladung vorgeschrieben, welche wohl bei gutem oder Frostwetter die schnelle Fahrt zuläßt, bei der jetzigen anhaltenden Tiefe und langen dunklen Nächten aber nicht erlaubet anders als schrittweise zu fahren, zu geschweigen der vielen her- und hingehenden Gelder von Hamburg, welche Vorkommenheit diesen Herbst posttäglich gewesen zu 20 - 40000 Rthlr., die vice versa nach Neubrandenburg und Strelitz gegangen, welche Lasten wie Steine die Wagen und Pferde gedrücket und obgleich die nöthigen Beiwagen besonders bei zustoßenden Landtagspackereien nicht geschonet worden, so haben dennoch bei den tiefen und dunklen Nächten die Pferde fast nur kriechen können."

Von der Regierung ergingen nun auf Brunsichs Betreiben erneut Verordnungen zur Beschleunigung des Postenlaufs und zur Wegebesserung, und zum Beweise, daß es ihr Ernst war mit ihren Weisungen, erhielt Oberjägermeister von Pentz Auftrag, zwei Forst- und Jagdbediente ("verschwiegene zuverlässige Leute") mit der Post nach Gadebusch hin- und zurückfahren zu lassen, welche sich Ankunft, Abgang und Stilllager der Posten unterwegs merken, ferner die Wege beobachten und über sonstige Vorkommnisse der Reise berichten sollten. Sie berichteten denn auch, daß die Verzögerung hauptsächlich darin läge, weil die Postwagen entsetzlich und wie ein Frachtwagen beladen gewesen wären, sonst aber an der Fahrt nichts auszusetzen gewesen sei. Neue Verordnungen waren die Folge dieses eigenartigen Versuchs, aber wie war es möglich, das tief eingewurzelte Uebel von Grund aus auszumerzen, da der starke Frachtverkehr besonders auf der geringen Zahl von Hauptstraßen diese in kurzer Zeit wieder in den alten Zustand bringen mußte!

Wie es auf den Wegen wirklich aussah, lehren zwei Klagen aus unbefangenem Munde, deren eine (des Grafen Plessen) bemängelt, daß der Kurs Güstrow - Neubrandenburg zwischen Stavenhagen und Güstrow oft 36 Stunden sich verzögere und zur Empfangnahme von Briefen häufig sogar Extraposten abgesandt werden müßten. Die andere - des Bürgermeisters und Posthalters Köhler in Penzlin - ließ verlauten, daß er den Postwagen zwischen Güstrow und Neubrandenburg kontraktlich vierspännig

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 149 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

befördern solle, ihn aber wegen der erstaunlichen Ueberlastung häufig auch mit 7 Pferden nicht aus der Stelle bringen könne.

Erschienen diesen Zuständen gegenüber Brunsich's Reformbestrebungen auch wohl für ihn selbst zum Theil hoffnungslos, so hatte er gleichwohl noch sonstige Verbesserungen projektirt, von denen er eine Hebung des Postwesens erhoffen durfte. Vor Allem fehlte es, wie er schon bald nach dem Regierungsantritt an den Herzog berichtete, an einer gültigen Vorschrift, nach der sich jeder Postbeamte zu richten habe. Bisher sei deshalb vielfach willkürlich verfahren und von den Nebenkontors meist für die eigene Tasche gewirthschaftet worden. Er hatte deshalb den Entwurf zu einem Generalpostreglement ausgearbeitet, in welchem die dienstlichen Verhältnisse der Postoffizianten, die Beziehungen des Publikums zur Post und alle Dienstvorschriften festgelegt waren. Der Entwurf setzte den von dem Postdirektor von Schütz im Jahre 1725 vorgelegten Entwurf zu einem Reglement in vervollkommneter Weise fort. Auch eine vollständige Taxe hatte Brunsich ausgearbeitet; die Abfassung derselben sei allerdings schwierig und zeitraubend gewesen, weil bei keiner Postanstalt ein sicheres Fundament der jetzt gültigen Taxe vorhanden sei, außer daß man sich auf die von 1704 berufen habe, von der man aber doch, ohne die Ursache zu kennen, abgewichen sei.

Brunsich legte nunmehr diese Instruktion und Taxe im Entwurf mittels eindringlichen Berichts der Regierung vor und wies darauf hin, daß erst durch das Reglement endgültig geordnete Verhältnisse im Postwesen Platz greifen würden.

Leider hatten sich aber die Zeitverhältnisse inzwischen wieder derartig verschlechtert, daß die Regierung ihre Aufmerksamkeit wichtigeren Dingen zuwenden mußte. Sie beschränkte sich daher darauf, beide Entwürfe der Kammer zum Erachten zuzufertigen. Damit war die Sache vor der Hand erledigt, denn wenn auch Herzog Friedrich die Kammer aufgefordert hatte, ihr Gutachten über die Brunsich'chen Entwürfe unverzögert zu erstatten, so gerieth die Angelegenheit unter der wieder über Meklenburg hereinbrechenden Kriegsnoth gänzlich in Vergessenheit.

Es ist bekannt, daß Herzog Friedrich in dem 1756 aufs Neue ausgebrochenen Kriege auf Seiten der Gegner Friedrichs des Großen stand. In Folge dessen spielten die Kriegsereignisse bald auf meklenburgisches Gebiet über, das nun lange Zeit hindurch unter den Bedrückungen von Freund und Feind außerordentlich zu leiden hatte. Herzog Friedrich mußte mehrfach nach Lübeck, später nach Altona flüchten, Handel und Verkehr stockten

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 150 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vollständig; die öffentlichen Kassen wurden beschlagnahmt, und die preußischen Truppen schalteten ganz wie Herren im Lande.

Der Postverkehr, der gerade angefangen hatte, sich zu heben, nahm unter den Kriegsleiden schnell an Umfang ab; denn die Postkurse waren oft monatelang unterbrochen, und ihre Sicherheit und Pünktlichkeit fanden ein schnelles Ende. Am besten kann die Noth der Zeit, unter der die Posten ihren Dienst thun mußten, an den Posterträgen bemessen werden. Die Ueberschüsse der Posten beliefen sich

1755/56 auf 10126 Rthlr. 40 ßl.
56/57 " 7460 " 22 "
57/58 " 9251 " 45 "
58/59 " 9666 " 29 "
59/60 " 14995 " 10 "
60/61 " 14435 " 16 "
61/62 " 5703 " 3 "

Es möchte auffallen, daß trotz der Kriegsjahre von 1757 bis 1761 erhöhte Ueberschüsse erzielt wurden, man darf aber nicht übersehen, daß in dieser Zeit eine Münzverschlechterung unglaublicher Art stattgefunden hatte und daß jene Ueberschußbeträge in Wirklichkeit nur den vierten Theil an gutem Gelde darstellten.

Obendrein hatten die Posten für die preußischen Truppen auch noch schwere Leistungen mancher Art unentgeltlich auszuführen, z. B. Transportirung von Waffen, Munition, Nahrungsmitteln u. s. w.; das Postkontor Schwerin mußte u. A. während des Krieges für einige Hundert Staffetten 1657 Rthlr. Reitgelder aufwenden. Aktennachrichten zufolge betrug der den meklenburgischen Posten durch die Freibeförderungen von Postsendungen in dieser Zeit zugefügte mittelbare Schaden insgesammt 37609 Rthlr., wovon auf den Bezirk des Hauptkontors in Güstrow für das Jahr 1762, in welchem die Russen und Preußen vereint als Feinde im Lande standen, allein 18000 Rthl. (allerdings des schlechtesten Geldes) entfielen. Diese Beträge konnen zwar im Vergleich zu dem nach vielen Millionen zählenden Schaden, den das unglückliche Land durch den Krieg erdulden mußte, nicht in Betracht kommen, aber im Hinblick auf das nur kleine meklenburgische Postnetz reden jene Zahlen doch eine deutliche Sprache und bestätigen vollinhaltlich die trüben Schilderungen, die über die Noth und die Leiden des Landes im siebenjährigen Kriege aufbewahrt worden sind.

Keine Stelle im Lande besaß Einfluß und Macht genug, den Ruin aufzuhalten, in den das aufs Neue in den Zustand äußerster Verwilderung zurückgeworfene Postwesen zu stürzen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 151 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

drohte, keine Stelle besaß aber auch das Interesse, nachdem der Geh. Rath von Brunsich, der einzige, der hätte retten können, noch im Jahre 1756 aus den herzoglichen Diensten entlassen worden war. Befremdlich mag es unter den geschilderten Umständen erscheinen, daß dennoch 1758 der Plan erwogen wurde, zwischen Meklenburg und Hamburg eine dritte fahrende Post anzulegen. Durch die Verschlechterung des Münzwesens, die damit verbundenen Versuche der Einschleppung minderwerthiger Münze und die Ein- und Ausfuhr besserer Münze zum Behufe der Agiotirung, waren zwischen Hamburg und Meklenburg ständig schwere Silber- und Kupfersendungen unterwegs, häufig zum Werthe von 60 - 70000 Rthlr. im Gewicht 20 - 30 Ctr. auf einem Wagen, deren Beförderung, wie schon früher geklagt war, Wagen und Gespanne ruinirte und den Postenlauf vollständig in Unordnung brachte. Unter diesen Umständen schlug Roland vor, noch eine dritte fahrende Post zweimal wöchentlich nach Hamburg abzufertigen. Der Plan wurde reiflich erwogen, Kostenanschläge waren aufgestellt und alle Vorbereitungen zur Inbetriebsetzung der neuen Post getroffen, aber der Krieg und die Weigerung Kurhannovers, noch weitere meklenburgische Posten durch Lauenburg passiren zu lassen, ließen das Projekt nicht zur Ausführung kommen. Die Regierung half sich einstweilen durch Einstellung von Beiwagen zu den beiden schon bestehenden Posten. Da dieses Verfahren aber den Abmachungen der Konvention von 1744 wegen des Durchgangs der meklenburgischen Posten durch Sachsen - Lauenburg zuwiderlief, so protestirte der hannoversche Postmeister Steding in Ratzeburg gegen diese Verletzung des Vertrages und erhob bei der Regierung in Schwerin Beschwerde. Der Versuch, ihn durch ein Gnadengeschenk von 50 Dukaten anderen Sinnes zu machen, mißlang, da Steding das Geld mit höflichen aber bestimmten Worten unter Hinweis auf seinen Eid zurücksandte. Er suchte auch fortgesetzt den meklenburgischen Posten, die meist in der Nacht in Ratzeburg eintrafen, den Durchgang zu erschweren, sah aber schließlich, ohne an kompetenter Stelle Schritte zu beantragen, dem ferneren Durchgang von Haupt- und Beiwagen durch Ratzeburg unthätig zu. Vom Jahre 1763 ab hörten endlich die von Ratzeburg aus erhobenen Querelen ganz auf, da nun ein anderer Postmeister daselbst fungirte.

Als der Krieg im Jahre 1763 beendet war, waren die Finanzen des Landes, der Wohlstand der Bevölkerung ruinirt, Handel und Verkehr auf das schwerste geschädigt, weil der Krieg alle Beziehungen im Lande und nach auswärts unterbrochen hatte.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 152 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Des Herzogs Friedrich harrte unter so trüben Verhältnissen eine lange Reihe ernster Aufgaben. Aber er nahm sofort nach Abschluß des Friedens die Arbeit energisch auf. Um den Wohlstand, Handel und Verkehr frisch zu beleben und damit die Finanzkraft des Staates zu kräftigen, dazu waren nicht zuletzt auch die Posten berufen. Sie hatten schon vor dem Kriege im Verkehrsleben des Landes eine achtungswerthe Stellung eingenommen und in den fünf Jahren von 1751 bis 1756 insgesammt Ueberschüsse zum Gesammtbetrage von 42000 Thlr. aufgebracht, ein Ergebniß, das erreicht worden war, ohne daß die Regierung den Posten außerordentliche Fürsorge hatte zuwenden können. Jedenfalls ergab sich hieraus, daß die Posten bei sachgemäßer Bewirthschaftung zu einer ergiebigen Einnahmequelle umgeschaffen werden konnten. Dieser Erwägung verschloß sich die Regierung auch nicht, aber bis zu dem Zeitpunkte, wo die Posten wieder Ueberschüsse von annehmbarer Höhe aufbringen konnten, bedurfte es noch jahrelanger Anstrengungen und ununterbrochener Fürsorge, denn das Kurssystem war im Kriege fast ganz zerstört worden, und auf den Postrouten, die während des Krieges nothdürftig den Betrieb hatten aufrecht erhalten können, waren die Einnahmen durch die in unglaublicher Weise betriebenen Unterschleife der Wagenmeister und Postillone sowie durch den in alter Weise blühenden Wettbewerb der Fuhrleute auf ein Mindestmaß gesunken.

Um der Arbeitslast, die die Verwaltung der Posten in den nächsten Jahren mit sich bringen mußte, zu entgehen und dennoch sofort aus den Posten eine sichere Rente zu beziehen, forderte Herzog Friedrich am 9. November 1763 daher die Kammer zu einem Gutachten darüber auf, ob nicht die zeitweilige Verpachtung der Posten an die Vorsteher der drei Hauptkontore oder an eine geeignete Privatperson zu dem beabsichtigten Ziel führen würde.

Im Kammer-Kollegium erhoben sich gegen diese Anregung der Regierung gewichtige Bedenken. Die Kammer verhehlte sich zwar nicht, daß die Posten eigene herzogliche Verkehrseinrichtungen seien, aber doch entsprechend ihrer bisherigen Entwicklung in erster Linie berufen wären, dem allgemeinen Besten nutzbar zu sein. Ob Sie diesen Zweck auch nach der Verpachtung noch erfüllen würden, mußte mit Recht zweifelhaft bleiben, da der Pächter in erster Linie an sein Interesse denken mußte. Um indeß dem herzoglichen Befehl Genüge zu leisten, erörterte man alle Gründe für und wider den Plan und forderte schließlich den Kammersekretär Livonius auf, sein Gutachten zur Sache abzugeben. Der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 153 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

von Livonius unter dem 29. November 1763 abgestattete Bericht verwarf gleichfalls den Plan einer Verpachtung der Posten; er schrieb u. A.: "Meklenburg ist bekanntermaßen so situirt, daß bei den vorhergehenden unruhigen Zeiten und durch die wenige Aufmerksamkeit, so man vorhin auf das Postwesen gehabt, demselben eine solche Benachtheiligung zugewachsen, daß auswärtige benachbarte Mächte in Ansehung der Posten beinahe ebensoviel zu sprechen haben als der Landesherr selbst."

"Schweden, Preußen und Kurhannover haben in Meklenburg Posten und exerciren die Kollektur. Die in Güstrow und Schwerin abgehenden Postwagen nach Hamburg und Lübeck dürfen, wenn auch völlige Fracht vorhanden ist, doch nicht ganz beladen werden, sondern es muß allemal für die in den Hypothek-Kontors Gadebusch, Wittenburg, Boizenburg und Rehna dazu kommende Personen und Päckereien Platz gelassen werden. Geschieht dies nicht, so werfen gedachte Postkontors entweder so viele Stücke herunter, als nöthig ist, ihre Päckereien fortzubringen, oder sind gar viele Postgüter vorhanden, so nehmen sie Beiwagen, und diese muß das hiesige Postärarium bezahlen. Ein solches ist für den Pächter eine große Beschwerde, er bleibt bei Abgang der Post allemal ungewiß, ob die aufgeladenen Sachen entweder nicht unterwegs liegen bleiben und er solcherhalb mit den Korrespondenten in Kontestation gerathe, oder ob nicht gar Beiwagen genommen werden, die den gehofften Ertrag wieder absorbiren."

"Die Post von Schwerin über Ratzeburg nach Hamburg unterhält die Posten des Schwerinschen Distrikts, sowie die Post von Güstrow über Boizenburg nach Hamburg und die Rostocker und Neubrandenburger Posten den Güstrowschen Distrikt unterhalten. Der liber transitus für die von Güstrow und Schwerin nach Hamburg durch das Lauenburgische gehenden Posten stützet sich nur auf eine convention gegen 300 Rthlr. jährliche Rekognition. Kann man dem Pächter die Versicherung geben, daß diese auf Johannis 1768 zu Ende gehende Konvention werde prolongirt werden? Ich bezweifle diese Prolongation aus vielen Gründen und glaube vielmehr muthmaßlich, daß von Kurhannover nach geendigter Konvention auf eine Kombination werde angetragen werden. Geschieht dies, so kann der Pächter nicht Kontrakt halten oder subsistiren."

"Preußen hat zwar eigentlich keine Kollektur und keine Postmeister außer zu Parchim, Neustadt, Grabow und Lübtheen, wird die heimliche und öffentliche Kollektur aber nachbleiben an allen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 154 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Orten, wo ihre Posten passiren, wenn sie erfahren, daß die Posten verpachtet sind?"

"Im Rostocker Distrikt findet sich eine große Schwierigkeit wegen der Verpachtung. Die Benachtheiligung, welche daselbst durch die fahrende und reitende auswärtigen Posten vorgeht, ist bekannt genug. Hat der Pächter Kenntniß von Postsachen, so wird er verlangen, daß jene soll abgestellt werden, oder wenn dieses nicht geschehen kann, so wird er die Kosten für den ohnentgeltlichen Transport der verschlossenen Valise sowohl als den Schaden, der ihm dadurch erwächst, hoch genug anschlagen. Kennt er das Innere des Postwesens im Rostocker Distrikt nicht, sondern pachtet auf ein Gerathewohl, so wird er, wenn ihm die Augen aufgehen, um Remission anhalten und des Querulirens wird kein Ende sein."

"Der ohnendlichen Verdrießlichkeiten mit den Postfahrern, wann sich der Taxpreis ändert und der unausbleiblichen Beschwerden und Klagelieder über die grundlosen Wege, welchen sich der Pächter exponirt, will ich nur obenhin gedenken. Noch eines Umstandes muß ich Erwähnung thun, warum ich die Verpachtung der Posten für impracticable halte. Die Karten der Postdistrikte sind so durch einander verwickelt, daß man nicht akkurat bestimmen kann, welcher Ertrag eigentlich zum Schwerin'schen oder Güstrow'schen Distrikt gehört. Ich will dieses durch ein paar Exempel aus vielen deutlich machen."

"Auf der Tour von Schwerin über Ratzeburg nach Hamburg et v. v. sollen keine Beiwagen statuirt werden. Kommen nun entweder von Schwerin oder auch in Hamburg so viele Päckereien zur Post, daß Sie nicht alle fortgeschafft werden können, so bleiben sie auf den folgenden Tag, da die Post von Schwerin über Boizenburg nach Hamburg oder von Hamburg über Boizenburg nach Schwerin geht, beliegen. In der Karte von Schwerin über Ratzeburg nach Hamburg et v. v. werden sie notirt mit der Beischrift: "Folgen morgen", und in der von Hamburg über Boizenburg nach Schwerin wird beigeschrieben "Zur gestrigen Post". Der Rächter des Schwerin'schen Distrikts wird sich die Aufkünfte zueignen wollen, weil sie zu seiner Karte gehören, und der Pächter des Güstrow'schen Distrikts wird den Ertrag nicht fahren lassen wollen, weil sie mit der von ihm gepachteten Post fortgebracht sind."

"Mit der Post von Schwerin über Bützow nach Rostock und über Güstrow nach Rostock geht es ebenso. sind mehrere Päckereien vorhanden, als bei Abgang der Post über Bützow

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 155 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

fortgebracht werden können, so werden sie zwar zur Karte geschrieben, aber den folgenden Tag erst über Güstrow nachgesandt."

"Der Lübeck'sche Postmeister bekommt nach der Konvention octavam partem der ganzen Kollektur in Lübeck, deswegen auch in der Karte von Lübeck auf Schwerin das volle Franko und Portogeld eingeschrieben wird. In den von Schwerin mit diesen Päckereien und Briefen abgehenden Karten wird, wenn sie franko gewesen sind, nur beigeschrieben: "de Lübeck", und wenn Sie nicht frankirt werden, die Auslagen ante lineam notirt, mit der Beischrift "de Lübeck". Aus den aus Lübeck auf Schwerin abgehenden Karten ist ersichtlich, wieviel selbige getragen hat und hiernach wird die octava von dem Schwerin'schen Kontor bezahlt. Wird der Pächter, welcher die Lübecker Briefe und Packereien weiter transportirt, selbige ohne Entgelt fortschaffen? Kann er nicht vielmehr de jure verlangen, Antheil an dem Franko und Portogelde zu haben?"

"Gesetzt, die herzogliche Kammer, deren Kognition und Erkenntniß die Pächter unterworfen bleiben sollen, wollte im Voraus festsetzen, daß derjenige, welcher die Briefe und Päckereien gefahren, auch das porto oder frankogeld haben sollte, so würden nothwendig das Schwerin'sche Kontor, welches die Post nach dem ohngefähren Anschlage, was selbige bisher getragen hat, gepachtet, offenbar Schaden leiden und der Güstrow'sche Postpächter lucriren. Des ewigen Streitens gegen einander nicht zu gedenken, ob der Ertrag der Posten durch die Verpachtung werde vergroßert werden können? Dieses ist eine Frage, welche die Zukunft beantworten muß. Der Ertrag derselben ist seit zehn Jahren so geringfügig nicht gewesen. Die in der Kammerregistratur vorhandenen Abmachungen erweisen, daß die Posten in den nächst verflossenen zehn Jahren wenigstens noch mal so viel getragen haben als in den vorhergehenden zehn Jahren. Ich glaube auch gewiß, daß bei nunmehr Gottlob! ruhigen Zeiten der Ertrag sich noch verbessern werde, wenn nur die gehörigen Mittel angewandt werden und ein Jeder seiner Schuldigkeit Genüge leistet. Daß aber durch die Verpachtung der Ertrag schlechterdings werde vergrößert werden, solches bezweifle ich gar sehr. Ein Pächter, welcher das Innere des Postwesens kennt, wird sich schon vorsehen, daß er nicht zu hoch hineingehet. Ein gewisser Anschlag läßt sich nicht machen, und über die Aufkünfte läßt sich keine eviction prästiren, sowie man selbiges bei Verpachtung der Güter über die Quadratruthenzahl thun kann. Wer aber ohne Kenntniß auf ein Gerathewohl pachtet, der wird nach Verlauf von ein

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 156 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

paar Jahren entweder bettelarm werden oder auch um Remission schreien."

"Mein stärkster Grund aber, warum ich die Verpachtung der Posten nicht für vortheilhaft halte, ist der: das preußische Postwesen ist zu der Höhe gestiegen, dahin wir es so leicht nicht bringen werden. Soviel mir aber bekannt, sind bei ihnen die Posten nicht verpachtet, sondern sie werden alle berechnet."

"Ich glaube noch eher, daß die Postaufkünfte dadurch verbessert werden könnten, wenn man den Postmeistern certam partem von den Einkünften accordirte, als wenn nmn sie verpachtet. Sie werden alsdann allen Fleiß und alle Mühe verwenden, selbige ergiebiger zu machen, auch besser auf die defraudationes und Unterschläge der Wagenmeister und Postillons vigiliren."

Da dieses Gutachten mit den eigenen Ansichten der Kammer zusammentraf, so wurde an die Regierung ein fast gleichlautender Bericht eingereicht; zur Erhöhung der Postaufkünste regte die Kammer aber noch an, künftighin mit der Ausgabe der bedenklich vermehrten Postfreipässe an Offiziere, Bediente u. s. w. sparsamer umzugehen und zur Ueberwachung der Posten unterwegs berittene Visitatoren anzustellen.

Trotz der mannigfachen Gegengründe des Kammerberichts glaubte die Regierung, daß aus der Verpachtung der Posten höhere Aufkünfte erzielt werden könnten. Die Kammer beharrte wieder ihrerseits bei ihrer Ansicht, ordnete sich schließlich aber, wenn auch mit Widerstreben, der höheren Beurtheilung willig unter, sodaß sie im März 1764 bereits melden konnte, daß vor Ablauf des Kammerrechnungsjahres (Ende Juni) der Verpachtung der Posten nichts mehr im Wege stehe.

Bei der Regierung war man aber inzwischen doch anderen Sinnes geworden. Sie verfügte am 17. April 1764 an die Kammer, daß ihre Willensmeinung nicht durchaus auf eine Verpachtung der Posten gerichtet sei, sondern daß sie nur beabsichtige, den Ertrag der Posten so hoch zu treiben, als es ohne Bedrückung des Publikums möglich sei; sobald nur dieses Ziel erreicht wäre, sei es gleichgültig, ob die Verpachtung oder Berechnung der Posten zum Ziele gefuhrt hätte. Die Kammer sollte jetzt aber unverzüglich zweckdienliche, vor allen Dingen nicht mit neuen Ausgaben verbundene Vorschläge zur Hebung der Postaufkünfte abgeben.

Um der Regierung jeden Gedanken an die Nützlichkeit der Verpachtung zu benehmen, kam die Kammer im April 1764 nochmals mit überzeugenden Gründen auf ihre Ansicht zurück: ein Pächter werde die Posten nur auf Lebenszeit pachten wollen,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 157 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wodurch der Regierung behufs Rücknahme der Posten in Selbstverwaltung beim Eintritt günstiger Jahre die Hände gebunden seien; der Pächter werde schon in seinem Interesse bestrebt sein, die zum Theil kostbaren Postoffizianten durch billigere Arbeitskräfte nicht zum Vortheil des Publikums zu ersetzen, und werde auch Portofreiheiten für herzogliche Sachen nicht gestatten. Schließlich kam sie mit ihren Vorschlägen zur Verbesserung des Postwesens hervor. In erster Linie seien "muntere und zuverlässige Subjekte" zur Beaufsichtigung der Posten zu bestellen; im Weiteren sei das Post-Rechnungswesen besser zu organisiren und schließlich die Postfreiheit gänzlich abzustellen, da mit derselben mancherlei Unfug und Mißbrauch geschehe. Die Verordnung vom Jahre 1750, welche die Postfreiheit aufhob, war nämlich in der Zwischenzeit durch die politischen Verhältnisse vollständig in Vergessenheit gerathen. Außerdem hielt die Kammer die Einrichtung einer ihr unmittelbar untergeordneten Behörde, welche die nächste Aufsicht über das Postwesen zu üben hatte, für ersprießlich genug, um wesentliche Vortheile von ihrem Wirken in sichere Aussicht stellen zu können.

Die Regierung war nunmehr überzeugt und ordnete die sofortige Ausführung der Kammervorschläge an. Durch Reskript vom 30. April 1764 wurde die Haupt-Postkommission eingerichtet und in dieselbe der Kammersekretär Livonius und der Postsekretär Hennemann berufen. Beide waren für ihr neues Amt in jeder Beziehung geeignet; jener hatte, wie schon sein oben mitgetheiltes Gutachten erkennen läßt, für Fragen wirthschaftlicher Art einen klaren, ungetrübten Blick, Hennemann dagegen, dem schon die Anwartschaft auf den Vorsteherposten des Schweriner Hauptkontors ertheilt war, besaß ausreichende Erfahrung in Dingen posttechnischer Natur. Ihr Hauptaugenmerk sollte die neue Behörde, wie ihr von der Regierung besonders eindringlich empfohlen war, dahin richten, daß das Einkommen einer ganzen Reihe von Postbeamten wegen ihrer inzwischen gesteigerten Nebenbezüge beträchtlich ermäßigt werden könnte. Die Vorschläge der Kammer wegen Aufhebung der Portofreiheit fanden allerhöchste Billigung, doch bedang sich der Herzog für das Aufgeben derselben die Zahlung einer jährlichen Pauschalsumme an die fürstliche Chatulle aus.

Die Hauptpostkommission trat sofort in Wirksamkeit. Als Ziel war ihr vom Herzoge gesteckt worden, in möglichst kurzer Zeit die Postüberschüsse auf 16000 Rthlr. zu treiben. Die Herabsetzung der Gehälter wurde jedenfalls nur gesprächsweise

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 158 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

berührt, denn Hennemann war mit Rücksicht auf seine künftige Stellung als Postdirektor für die Sache nicht zu haben.

Die Aufhebung der Postfreiheiten erfolgte durch Verordnung vom 23. Juni 1764, derzufolge alle zur Post und mit der Post kommenden Sachen von Jedermann, er sei wer er wolle, baar bezahlt werden sollten. Die an die herzogliche Chatulle aus der Postkasse zu zahlende Abfindung wurde auf 200 Rthlr. jährlich festgestellt.

Livonius und Hennemann entfalteten, obgleich sie die Geschäfte als Mitglieder der Postkommission im Nebenamt gegen eine Vergütung von je 100 Rthlr. verwalteten, großen Eifer und Geschick zur gründlichen Verbesserung des Postwesens. Von ihnen gingen zahlreiche Vorschläge aus, die meist unverändert die Genehmigung des Herzogs fanden. Durch Revision der Postkarten, Ueberwachung der Aemter und Postkurse, Abschließung günstigerer Fuhrkontrakte hatten sie die Genugthuung, daß die Einkünfte aus den Posten sich von Jahr zu Jahr hoben.

Nachdem in den Jahren 1766 - 1768 dem Herzoge die Wiedereinlösung der bis dahin an Hannover verpfändeten Hypothekämter im westlichen Meklenburg gelungen war, standen die Meklenburg - Hamburgischen Postkurse wieder ganz im ungetheilten herzoglichen Besitz, sodaß die bis dahin in der Hypothek für Kurhannover gehobenen Postgefälle ganz zur Postkasse vereinnahmt werden konnten.

Auch die Verlängerung der Konvention mit Hannover wegen des Durchgangs der meklenburgischen Posten durch Lauenburg, die im Jahre 1744 geschlossen und 1752 auf vorläufig 16 Jahre erneuert worden war, wurde, um bei einer Ablehnung seitens Hannovers zu anderweitigen Vorkehrungen hinlänglich Zeit zu haben, schon 1766 angeregt und von Hannover (St. James, 21. August 1767) auf 24 weitere Jahre zugestanden, allerdings mit der Bedingung, daß den meklenburgischen Posten nicht mehr als 1 - 2 Beiwagen beigegeben werden dürften.

Als die Postkommission durch ihre rege Thätigkeit in das Postwesen größere Ordnung gebracht hatte, trat sie zur ständigen Erhaltung derselben an die Aufgabe, ausreichende gesetziche Bestimmungen zu erlassen, welche alle Theile des Dienstes umfassen und sowohl den Beamten als dem Publikum zur bindenden Richtschnur dienen sollten. Bis dahin hatten einzelne herzogliche Verordnungen aus dem 17. Jahrhundert, welche fast sämmtlich als Postordnungen bezeichnet waren, sowie aus späterer Zeit Erlasse und Reskripte über diesen und jenen Gegenstand, endlich

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 159 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

auch eine ganze Reihe von Taxordnungen als nothdürftiges Hülfsmittel gedient. Die Verordnungen waren zwar nach ihrem Erscheinen allen Postkontors zugefertigt worden, aber trotzdem eine große zahl von ihnen mehrfach erneuert worden war, fielen sie doch bei den vorherrschenden schlechten Verhältnissen im Lande immer bald wieder der Vergessenheit anheim. Der in den letzten Jahren kräftig aufgeblühte Postverkehr bedurfte aber schon eingehenderer Bestimmungen, welche vor allen Dingen die vielfachen Beziehungen zwischen Post und Publikum einheitlich zu regeln vermochten. Das Bedürfniß nach einer solchen Postordnung hatte schon vor Jahren der Postdirektor von Schütz mehrmals nachgewiesen. Nach ihm war auch einer Aktennachricht zufolge Ober-Postdirektor von Smith trotz der kurzen Dauer seiner Amtsführung mit der Abfassung einer allgemeinen Postordnung beschäftigt gewesen. Später gab der Ober-Postdirektor Brunsich Edler von Brun sich Mühe, bei der Regierung den Erlaß einer solchen zu erreichen, aber auch seine Bemühungen blieben erfolglos. Die Postkommission, deren Mitglieder noch unter Brunsich dienstlich thätig gewesen waren, suchten den von ihm entworfenen, aber in den Kammerakten vergrabenen Entwurf der Postordnung wieder hervor und benutzten ihn als willkommenes Vorbild für ihre Arbeit.

Bereits im Jahre 1765 legten beide den Entwurf der neuen Postordnung der Kammer vor. Sowohl im Aufbau als auch in der ganzen Bearbeitung des Stoffes trägt er unverkennbare Anlehnung an Brunsichs frühere Vorschläge.

In der Kammer erfuhr der Entwurf eine gründliche Umarbeitung; das Kammerkollegium wollte vor allen Dingen eine logische Behandlung des Stoffes beobachtet wissen; sie empfahl deshalb den Verfassern den Stoff in der Weise anzuordnen, daß der erste Theil von der Einrichtung der Posten, Bestellung der Postoffizianten u. s. w. handeln solle; der zweite Theil hatte zu umfassen "das, was Recht sei" bei der Einlieferung, der dritte bei der Beförderung unterwegs, der vierte endlich bei der Ankunft am Bestimmungsorte der Postsendungen. Die Postkommission arbeitete nach diesen Fingerzeigen den Entwurf um, der demnächst an den Herzog zur Bestätigung eingereicht wurde.

"Er ist" - schrieb die Kammer - "die Frucht einer vieljährigen Praxis, denn schon im Jahre 1748, wo der Ober - Postdirektor von Smith bereits vergeblich sich gemüht hatte, eine ausreichende Postordnung zusammenzustellen, hat man bei der großen Ungewißheit in Anordnung und Entscheidung des Post=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 160 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wesens und so vielfältiger dabei aufstoßenden Vorkommenheiten immer die Absicht gehegt, nach dem Exempel benachbarter Staaten ein höchst unentbehrliches Werk hervorzubringen, wodurch sich alles, was sich in Postangelegenheiten bald auf diese bald auf eine veränderte Art begiebt, in der Natur, den Gebräuchen und der Verfassung des Landes bestmöglichst angemessener Art kurz und ohne prozessualische Umschweife so decidiren lasse, daß dabei soviel sichs thun läßt, das Publikum vieler unangenehmer Begebenheiten, Euer hochf. Durchl. manchen beträchtlichen Schadens und das dirigirende Kammer - Kollegium täglicher nicht geringer Belästigungen überhoben sein könnte." Ueber der Prüfung der Postordnung bei der Regierung vergingen aber noch einige Jahre, da über zahlreiche Punkte noch Aufklärungen und Begutachtungen von der Kammer, der Postkommission und den Vorstehern der Hauptkontors eingefordert wurden; vor allen Dingen waren dem Herzoge die Bestimmungen über die Postfreiheiten, den Gerichtsstand der Postoffizianten, endlich auch die Frage der Schadloshaltung des Publikums in Verlustfällen nicht erschöpfend genug behandelt; in letzterer Beziehung legte der Herzog das Hauptgewicht auf die schnelle, ungesäumte Erledigung des einzelnen Falles durch unmittelbare Entscheidung der Kammer, ohne die weitläufigen Geschäftsformalien, deren Anwendung bis dahin die Entscheidung in Garantiesachen oft jahrelang verzögert und dem Fiskus wie dem Kläger haufig schweren Verlust an Zeit und Geld zugefügt hatten.

Nachdem alle Bedenken der Regierung beseitigt waren, erfolgte endlich die Veröffentlichung der . Postordnung am 1. Januar 1770 als:

Des Durchl. Fürsten und Herrn
Herrn Friedrichs
Herzogen zu Mecklenburg u. s. w.
Post=Ordnung
und revidirte
Post=Taxe.

Die Postordnung besteht äußerlich aus drei Theilen, nämlich der eigentlichen Postordnung, einer Reihe älterer Verordnungen, die nur erneuert wurden, endlich einer Taxe. Die Postordnung enthielt auf 36 Seiten Text in 70 paragraphen alle Bestimmungen, welche der oben bezeichnete Aufbau nöthig machte. Den einzelnen Paragraphen waren ältere Verordnungen als Anlagen und zu näherer Erklärung beigefügt, wodurch dieselben wieder voll in Kraft traten; es waren:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 161 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. die Verordnung des Herzogs Friedrich vom 17. Juni 1762, daß jeder Passagier selbst nach seinen Sachen sehen sollte; 1 )
  2. die Verordnung des Herzogs Friedrich Wilhelm vom 25. Juli 1710 wegen Abstellung der vom Fuhrgewerbe gegen das herzogliche Postregal geübten Kontraventionen;
  3. die Verordnung des Herzogs Christian Ludwig vom 3. April 1755 wegen Ausdehnung des Postzwangs;
  4. die Verordnung des Herzogs Friedrich vom 19. Febr. 1757 wegen des Mißbrauchs der Posthörner durch Privatpersonen;
  5. das Reglement des Herzogs Friedrich vom 10. October 1759, wie es mit Extraposten, Kourieren und Estaffetten künftighin gehalten werden solle;
  6. eine gleichfalls von Herzog Friedrich zu diesem Reglement erlassene Erläuterung vom 1. December 1760.

Die Taxe enthielt Taxvorschriften für die Beförderung von Personen, Briefen, Geldern, Handpacketen bis zu 16  Gewicht und Frachtsachen im Lande und im Verkehr mit Hamburg, ferner Ausführungsbestimmungen und Erläuterungen zur Taxe, endlich eine Taxe für einfache Briefe nach Orten außerhalb Meklenburgs.

Der Erlaß der Postordnung bildet in der Entwicklunggeschichte des heimischen Postwesens einen Denkstein von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Sie machte den zahlreichen Unzuträglichkeiten, welche sich bei dem Mangel ausreichender Vorschriften aus allen Gebieten des Postwesens seit Jahren eingeschlichen hatten, mit einem Schlage ein Ende und ließ an Stelle der Unsicherheit, welche sowohl Beamte als vor allen Dingen das Publikum bei Benutzung der Posteinrichtungen befangen gehalten hatte, ein Gefühl des Vertrauens und der Sicherheit entstehen, das dem weiteren Gedeihen des Postwesens nur förderlich sein konnte. Als Beweis dafür, daß die Postordnung wirklich brauchbar war, ihren Zweck durchaus erfüllte und den Gegenstand erschöpfend behandelte, mag der Hinweis dienen, daß sie ein ganzes Jahrhundert hindurch bis zum Uebergang des meklenburgischen Landespostwesens auf den norddeutschen Bund im Jahre 1868 in Geltung geblieben ist, ohne daß sie Abänderungen grundsätzlicher Bedeutung in größerer Zahl erfahren hätte.


1) Diese Verordnung ist veranlaßt durch einen Postersatzfall, der im Archiv für Post und Telegraphie, Jahrgang 1897, dargestellt ist.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 162 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Einen wesentlichen Zweig ihrer Thätigkeit erblickte die Postkommission auch in der Regelung der Verhältnisse des Postwesens zum Fuhrgewerbe. Auf diesem Gebiete waren allerdings bisher zahlreiche Verordnungen und Verfügungen getroffen worden, die endliche Regelung der Beziehungen zum Fuhrgewerbe glückte aber erst der Kommission, auf deren Anrathen Herzog Friedrich die Verhältnisse zwischen Post und Fuhrleuten gesetzlich ordnete. Hiervon wird weiter unten die Rede sein.

An dem Bestande der Posten, den Wechselstationen, dem Kurse u. s. w. nahm die Postkommission wesentliche Aenderungen nicht vor. Umfängliche Neueinrichtungen von Posten unterließ sie, weil die Zeitverhältnisse nicht gestatteten, zu ungewissen Operationen erhebliche Mittel aufzuwenden.

Die Hauptkurse bildeten wie bisher die Verbindungen zwischen

  1. Güstrow - Schwerin - Boizenburg - Hamburg,
  2. Rostock - Bützow - Schwerin - Ratzeburg - Hamburg,
  3. Schwerin - Lübeck,
  4. Wismar - Rostock,
  5. Güstrow - Rostock und
  6. Güstrow - Neubrandenburg.

In dem Bestande der Seitenkurse waren aber in der Zwischenzeit Verbesserungen rnancherlei Art vorgenommen worden; jeder größere Ort des Landes war an das Postnetz angeschlossen durch Fahr- oder Botenposten, die im Zusammenhang mit den großen Hauptposten kursirten. Allerdings ließ sich die Regierung noch nicht von dem Grundsatze leiten, Postanlagen im Interesse von Handel und Verkehr zum allgemeinen Besten anzulegen. Das widersprach der Anschauung der Zeit, welche das Postwesen als Finanzinstitut betrachtete, das in erster Linie Ueberschüsse an die herzogliche Kasse abliefern sollte und in weiterer Linie erst den Forderungen des Verkehrs billige Zugeständnisse machen konnte.

Ein Beispiel dafür bildete die Stadt Brüel, die im Jahre 1772 weder ein Postamt noch eine regelmäßige Postverbindung zum Anschluß an das allgemeine Postnetz des Landes besaß. Ein Antrag der Stadt, von Brüel nach dem 1 Meile entfernten Orte Sternberg (Station bes Kurses Güstrow - Schwerin - Hamburg) eine Postverbindung anzulegen, wurde auf Betreiben der Haupt- Postkommission abgelehnt, "maßen der kleine Ort die auf dergleichen Einrichtung erforderlichen Kosten besorglich nicht abwerfen dürfte." Der Postverkehr von Brüel wurde daher wie vorher so auch noch geraume Zeit später durch einen geschworenen Gerichtsboten unterhalten, der die gerichtliche Korrespondenz beförderte

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 163 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und nebenher auf seinen Gängen den Privat-Briefverkehr vermittelte. 1 )

Im Jahre 1770 waren 39 Postämter in Meklenburg in Thatigkeit, die in Rechnungssachen den drei Hauptpostämtern Schwerin, Güstrow und Rostock unterstellt waren; außerdem bestand in Hamburg ein herzogliches Postamt. Herzogliche Postmeister fungirten überdies in Lauenburg, Ratzeburg, Lübeck und Demmin, die im Hauptamte Postbediente ihrer Staaten waren, gleichzeitig aber gegen Bezahlung die meklenburgischen Posten mitbesorgten.

Trotz angestrengtester Thätigkeit der Hauptpostkommission und obgleich das Land von neuer Kriegsnoth und wirthschaftlichen Krisen zwischen 1765 und 1785 verschont blieb - nur in den Jahren 1774/75 trat wieder eine verheerende Viehseuche im Lande auf - wurde das Ziel, das Herzog Friedrich der Postkommission vorgezeichnet hatte, zu seinen Lebzeiten nicht mehr erreicht. Erst in seinem Todesjahre (1785) stiegen die Postüberschüsse zum ersten Mal auf 16136 Rthlr.; in der Zeit von 1765 bis 1785 hatten sie durchschnittlich 14000 Rthlr. betragen, sodaß sie hinter dem von der Regierung geforderten Mindestbetrage um 2000 Rthlr. zurückblieben.

Im Jahre 1779 starb der Kammersekretär Livonius, und der inzwischen zum Postdirektor aufgerückte Hennemann trat in


1) Im Jahre 1782 erbot sich der Bürger Tonagel in Brüel, eine Post zwischen Brüel und Sternberg anzulegen. Sein Gesuch wurde von der Regierung unter der Bedingung genehmigt, daß
  1. ehe die Fahrt auf Gewinn und Verlust überlassen werde, er auch Ertrag und Kosten vorerst auf 3 Jahre übernehmen solle,
  2. die Kammer nur das Posthorn und einen Rock für den Postillon herzugeben verpflichtet sei,
  3. die Post dreimal wöchentlich kursiren müsse,
  4. als Taxe die allgemeine Taxe von 1770 gelten solle,
  5. Unternehmer ordentliche Postfarten zu halten habe, er auch
  6. den Eid als Postverwalter zu leisten und eine Kaution von 200 Rthlr. zu stellen habe.
Tonagel richtete schließlich unter den vorstehenden Bedingungen eine zweimal wöchentlich kursirende Fahrpost ein, und da er sich bewährte, so ernannte der Herzog im Jahre 1786 zum wirklichen herzoglichen Postmeister.Bis zu seinem Tode (1822) besorgte er die Postfagrt und die Postgeschäfte in Brüel auf seinen Gewinn und Verlust. Seine Wittwe bezog das übliche Sterbe- und die beiden Gnadenquartale, setzte aber die Postfahrt fort; der bezügliche Fuhrkontrakt war mit ihr auf Lebenszeit abgeschlossen und wurde im Jahre 1840 gegen Zahlung einer Rente von 100 Rthlr. abgelöst. In ihres verstorbenen Ehemanns Stelle wurde im Jahre 1822 ein großherzoglicher Postexpediteur eingesetzt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 164 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

die erste Stelle der Hauptpostkommission ein. Die Ernennung eines neuen Mitgliedes für die zweite Stelle der Kommission unterblieb, weil das Kammer-Kollegium sich dafür aussprach, daß man von einem zweiten Mitgliede "nichts Ersprießliches verabsehen könne, da alles auf Hennemanns Kenntnisse und Erfahrung ankommen werde."

Die Hauptpostkommission überhaupt aufzuheben, hielt die Regierung aus praktischen Gründen noch nicht für rathsam. Sie übertrug dem Postdirektor Hennemann daher das Votum in Postsachen innerhalb der Kammer, wogegen sie dem Kammersekretär Wachenhusen, den die Kammer als besonders geeignet empfohlen hatte, die Revision und Expedition der minderwichtigen Postsachen anvertraute. Nachdem auch Hennemann im Jahre 1780 gestorben war, gelangte die Postkommission definitiv zur Aufhebung. Wachenhusen wurde zum Postdirektor und Vorsteher des Hauptpostkontors in Schwerin befördert. Er votirte innerhalb der Kammer bis zum Jahre 1789 in Postsachen, behielt aber den übrigen Kammersekretären gegenüber seinen bisherigen Rang als Kammersekretär bei, wie ausdrücklich in der ihm ertheilten Bestallung bestimmt war.

Herzog Friedrich starb im April 1785. Er hatte in seiner fast dreißigjährigen Regierung schwere Zeiten für Meklenburg und auch für dessen Postwesen gesehen, hatte aber auch, und zwar nicht zum mindesten durch eigene Tüchtigkeit, den Aufschwung seines Landes und das Wiederaufblühen von Handel und Verkehr und damit des Postwesens miterleben dürfen, einen Aufschwung, der für die Zeiten seines Nachfolgers große Erfolge in Aussicht zu stellen geeignet war.

2. Fremde Posten in Meklenburg - Schwerin.

a. Brandenburgisch - Preußische Postkurse.

Die preußischen Posten auf dem Kurse von Berlin nach Hamburg hatten innerhalb meklenburgischen Gebiets bisher nur eine Poststation in Boizenburg gehabt, wo der herzogliche Postmeister gleichzeitig die Geschäfte für die preußischen Posten mit versah. Die Postroute führte seit den neunziger Jahren nicht mehr über Dömitz, sondern des besseren Weges halber von Lenzen über Findshier, Woosmer Mühle, Lübtheen und Quassel nach Boizenburg. In Quassel war eine Umspannstation eingerichtet. Die Entlegenheit dieses Ortes von Lenzen (5 Meilen) ließ es für

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 165 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

die preußische Regierung vermuthlich wünschenswerth erscheinen, die Umspannstation in einem näher bei Lenzen belegenen Orte unterzubringen. Man hielt den Flecken Lübtheen, der Lenzen etwa 3/4 Meile näher, also ungefähr in der Mitte zwischen Lenzen und Boizenburg belegen war, hierfür geeignet.

Auf eine vom preußischen Generalpostamt nach Schwerin gerichtete Anfrage erwiderte Herzog Friedrich Wilhelm (Rostock, 16. März 1703) in zuvorkommender Weise, daß die Anlegung der Station in Lübtheen genehmigt werde, jedoch "mit dieser expressen Bedingung, daß, solange Wir obgedachte Poststation vergönnen, an gedachtem Orte kein Postkontor angeleget, weniger davon andere Nebenposten abgehen und daß zur Erhaltung der Brücken und Dämme (statt der bisherigen Abgabe von 40 Rthtr.) 50 Rthlr. jährlich an Unsere Kammer entrichtet wird." Die preußische Regierung stimmte (Cölln a. Spree, 30. März 1703) den vorstehenden Bedingungen zu, und die preußischen Posten wechselten fortan in Lübtheen.

Während der nächsten Jahre konnte die preußische Post in Ruhe ihrem friedlichen Berufe nachgehen; aber schon vom Jahre 1712 ab, als der nordische Krieg im Lande tobte und die politischen Verwicklungen in Meklenburg allmählich ernstere Gestalt annahmen, begannen sich die bisherigen guten Beziehungen zwischen Preußen und Meklenburg hinsichtlich der gegenseitigen Postverhältnisse bedenklich zu trüben. Im Verkehr der beiderseitigen Postorgane bildete sich ein gereizter Ton heraus, der sich auch auf die unteren Glieder übertrug und sich in ununterbrochenen Chikanen und Reibereien der beiderseitigen Beamten und Postillone Luft machte. Die preußischen Posten hatten auf ihrem Wege durch Meklenburg einen schweren Stand, mehrfach wurden offene Gewaltthätigkeiten an ihnen verübt, die Postwagen angehalten, Passagiere und Ladungsgegenstände weggenommen und diese den herzoglichen Posten zugeführt. Die preußischen Postillone vergalten in gleicher Weise.

Diesen Anfechtungen gegenüber und zugleich zum Schutze gegen die in Meklenburg befindlichen fremden Kriegsvölker sah sich die preußische Regierung genöthigt, den in Meklenburg kursirenden Posten sowie den Postanstalten in Güstrow, Plau und Boizenburg besondere Sauvegardebriefe zu ertheilen und an den Postgebäuden in jenen Orten das königliche Wappen anbringen zu lassen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 166 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der für die Postanstalt in Güstrow ausgestellte Sauvegardebrief bezeichnete das Postamt daselbst als ein königlich preußisches, obgleich in Güstrow nur ein herzogliches, nicht aber königliches Postamt bestand, und beginnt mit den Worten: ". . . Nachdem die Kriegsunruhe in den meklenburgischen Landen leider je länger je mehr zunehmen wtll, so haben Wir für nöthig befunden, Unsere der Orthen habende Posten und derselben Bediente in Sicherheit zu setzen, zu welchem Ende Wir dann aller auswärtigen Potentaten bestallte hohe und niedere .Kriegs- und andere Bediente hiermit gebührend ersuchen, daß sie Unser Postamt in Güstrow nebst denen daselbst wohnenden Bedienten und Postillonen wie auch den ihnen angehörige Viehe, Pferde, Mobilien und andere Zubehörungen, nichts davon ausgeschlossen, unbeunruhigt lassen . . . (Cölln a. Spree, 19. November 1712)."

Dieser Sauvegardebrief war mit anderen Briefen nach Rostock gerathen, hier erbrochen und dem Herzoge Friedrich Wilhelm zugestellt worden. Der Herzog befahl, den Brief unberücksichtigt zu lassen und einstweilen aufzubewahren. Ebenso wurden auf herzoglichen Befehl auch die nach Meklenburg gesandten königlichen Wappenschilder nicht ausgehängt. Ein nach Lübtheen gesandtes königliches Wappen wurde auf Befehl des Herzogs Friedrich Wilhelm Ede des Jahres 1712 zurückgesandt mit dem Anfügen, "wie Wir dergl. Unserem hohen Postregale in Unseren Landen verfängliche Facta nicht verstatten können."

Während der Regierung des Herzogs Carl Leopold wurde das Verhältniß zur preußischen Post nicht verbessert, sondern eher verschlechtert. Herzog Carl Leopold zeigte sich über den zwischen Hamburg und Preußen abgeschlossenen Kombinationsrezeß von 1716 in hohem Grade entrüstet, da derselbe das Hoheitsrecht des Herzogs antastete. Der Herzog verschmähte, weil ihm die Macht zu energischen Maßnahmen fehlte, auch kleinliche Mittel nicht, um seinem Unmuthe Luft zu machen, wie folgender Vorfall zeigt.

In Stettin war seit kurzer Zeit an Stelle des bisherigen schwedischen ein königlich preußisches Postamt eingerichtet worden, das naturgemäß für die Abrechnungen aus dem Postverkehr mit den Postanstalten benachbarter Staaten, z. B. mit dem herzoglichen Postkontor zu Rostock, nicht mehr die bisherigen schwedischen, sondern die preußischen Bestimmungen zu Grunde legte. Das Postamt in Stettin hotte nun von Rostock aus der Portoabrechnung angeblich noch etwa 90 Rthlr. zu fordern. Da das meklenburgische Kontor trotz mehrfacher Aufforderungen nicht

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 167 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zahlte, wurde über den Fall schließlich zwischen den beiderseitigen Höfen unmittetbar verhandelt. Herzog Carl Leopold forderte im März 1717 das Postkontor zu Rostock zu einer Aeußerung auf; letzteres berichtete, daß bisher im Verkehr mit Pommern das meklenburgische Postamt, ebenso wie auch das frühere schwedische Postamt, immer das ganze Porto behalten hatten, welches bei ihnen vereinnahmt worden war; das sei alte Gewohnheit gewesen und schon deswegen gerechtfertigt, weil die pommersche Korrespondenz besonders von Hamburg auf den meklenburgischen Postkursen 15 Meilen weit ohne besondere Vergütung befördert worden sei, während auf pommerschen Kursen bis Stettin nur 10 Meilen zurückzulegen seien. Eine Antwort dieses Inhalts ging nach Berlin ab. Trotz aller Gegenbemerkungen des preußischen Hofes war der Betrag auch 1720 noch nicht gezahlt. Nun wurde der Postmeister in Lenzen beordert, nach Dömitz zu reisen, wo der meklenburgische Hof damals residirte, bei dem Ober-Postdirektor Walter die Zahlung des Betrages zu reklamiren und nach Erfordern dabei vorzustellen, daß im Nichtzahlungsfalle die Schuld durch den Magistrat in Rostock exekutorisch von dem Postkontor daselbst beigetrieben werden würde.

Diese Drohung verstimmte in Dömitz sehr. In dem Antwortschreiben der Regierung zu Dömitz vom 27. März 1720 wurde zwar eine Prüfung der Angelegenheit verheißen, man versagte sich aber nicht, dabei Folgendes einfließen zu lassen: "Inzwischen muß es billig zu diesseitigem sonderem Befremden gereichen, daß aus obgemelter Verordnung des königlichen General-Finanzdirektorii die wohl ganz unerwartete clausul zu üernehmen, man würde bey nicht sogleich erfolgender Befriedigung sich sogleich nach Rostock wenden und bei dem dortigen Magistrat die execution wider den Postmeister Babsten ratione debiti et impensarum suchen. Es kann nicht unbekannt sein, daß gedachte Stadt und Magistrat Sr. hochf. Durchl. ohnstreitige Erbunterthanen seyn, und da mehrbesagter Postmeister auch derselben würklicher Bedienter ist, so kann nicht anders denn äußerst empfindlich seyn, daß man dortiger Seiten intendire, einen fürstlichen Bedienten, der, wenn er gleich von Ihro hochfürstl. Durchl. in die Suspension 1 ) gesetzt wäre, dennoch dieser in das Postregale schlagenden Sache


1) Postmeister Babst in Rostock war damals gerade wegen üblen Betragens und schlechter Dienstführung - im Jähzorn hatte er im Jahre 1719 einen Litzenbruder seines Kontors erschlagen - von der kaiserlichen Kommission von seinem Amte suspendirt, von Herzog Carl Leopold aber ausdrücklich in seinem Dienste bestätigt worden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 168 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

halber vor niemanden alß vor Seiner hochfürstl. Durchlaucht zu belangen wäre, dero eigener Unterthanen Jurisdiction zu unterwerfen und ihn durch dieselbe exequiren zu lassen; solcher aperten inconvenience halber könne Ihre hochf. Durchl. ohnmöglich davor halten, daß auf hohem Befehl Ihr. Königl. Maj. eine solche Anstellung werde seyn veranlaßt worden, dahero Sie sich umb so viel mehr gemüßiget sehen werden, darüber ohnmittelbar bey Ihr. Königl. Maj. ihre so billige Beschwerde zu führen."

Der Postmeister Hasper aus Lenzen wurbe übrigens nicht in die Stadt Dömitz eingelassen, sondern mußte mehrere Tage vor der Stadt liegen bleiben. Das vorstehende Antwortschreiben wurde ihm aus der Festung herausgeschickt. Im Jahre 1721 wurde von dem Postkontor zu Rostock endlich der Streitbetrag gezahlt, und der ganze Streit endete damit, daß das Postamt in Stettin angewiesen wurde, "dem Postkontor zu Rostock das Briefporto zwischen Demmin und Rostock fernerhin nicht zu disputiren."

Das gespannte Verhältniß zwischen ben beiderseitigen Postverwaltungen blieb jedoch auch fernerhin bestehen und äußerte sich in endlosen Reibereien der Postorgane, die über die geringfügigsten Fragen des wechselseitigen Verkehrs langathmige Erorterungen anstellten und sich obendrein in spitzen, harten Worten nie genug zu thun wußten.

Auch bei der meklenburgischen Regierung griff bald infolge des Verlaufs der politischen Ereignisse ein lebhaftes Gefühl der Mißstimmung gegen Preußen Platz, das seinen Höhepunkt erreichte, als König Friedrich Wilhelm I. im Jahre 1734 als Ersatz für seine Mitwirkung bei Regelung der Landeswirren in Meklenburg die vier Aemter Eldena, Marnitz, Plau und Wredenhagen pfandweise mit Beschlag belegt hatte. Die Aemter traten zum übrigen Meklenburg in ein ähnliches Verhältniß wie die acht hannoverschen Hypothekämter im Westen des Landes, aber während in diesen die meklenburgische Regierung in gewissem Umfange wenigstens noch landesherrliche Hoheitsrechte ausüben konnte, verlor sie in den preußischen Pfandämtern fast jeden Einfluß, da hier die Verwaltung sofort nach der Besitznahme auf preußischem Fuß eingerichtet wurde.

Trotz aller von der Schweriner Regierung getroffenen Maßregeln traten die Postanstalten in Plau und Parchim fast ganz aus ihrem Abhängigkeitsverhältniß zur herzoglichen Postverwaltung heraus. Beschleunigt wurde diese allmählich eintretende Entfremdung durch einen neuen Postkurs, den die preußische Postverwaltung noch in den dreißiger Jahren von Lenzen über Grabow

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 169 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nach Parchim anlegte, von wo derselbe nach Plau zum Anschluß an den Berlin - Plau - Güstrower Kurs ausgedehnt wurde.

Herzog Christian Ludwig machte aus seinem Mißbehagen über diese neue preußische Post im Lande durchaus kein Hehl. Zunächst versuchte er, auf Umwegen den Lauf der Post zu stören, indem er die Postmeister in den vorbezeichneten Städten anwies, sich der Expedition der Post zu enthalten und "extrema" abzuwarten; als das aber erklärlicher Weise bei der straffen Disciplin der preußischen Regierung, der sich die Postämter nicht zu entziehen wagten, vergeblich war, brachte er die Angelegenheit sogar zur Entscheidung des Reichshofraths, der die Aufhebung der Post befahl. Aber die preußische Regierung dachte nicht daran, die neue Post aufzuheben, denn sie hatte nach Einrichtung der Post mitten durch das von ihr besetzte meklenburgische Gebiet eine bequeme Verbindung zwischen den beiden wichtigen Postkursen von Berlin nach Hamburg und von Berlin nach Güstrow, wodurch die Verbindung mit den meklenburgischen Pfandämtern und den in ihnen garnisonirenden preußischen Truppentheilen unterhalten wurde.

Der Herzog gab trotz dieses Mißerfolges seine Bemühungen, sowohl die neue preußische wie überhaupt alle fremden Posten aus meklenburgischem Gebiet ganz zu verdrängen, nicht auf. Seine Einsicht und Erfahrung ließen ihn zwar die wirthschaftlichen Vortheile, welche die zahlreichen fremden Postkurse auf den Hauptverkehrsstraßen im Lande für Meklenburg im Gefolge hatten, nicht verkennen, aber ihn leitete der gewiß nicht unberechtigte Wunsch, seine Landesposten von der Konkurrenz der fremden Posten frei zu machen, um für die im Innern des Landes dringend nothwendigen Reformen freie Hand zu haben und aus den Posten eine ergiebige Einnahmequelle für die erschöpften Kassen des Landes zu schaffen. Aber der traurige Zustand und die politische Lage Meklenburgs gestatteten ihm nur halbe Maßnahmen, die keine wirklich dauernden Erfolge erwarten ließen. Um beispielsweise die Post von Lenzen nach Plau möglichst von dem meklenburgischen Lokalverkehr auszuschließen, verfügte er, daß die Korrespondenz aus Güstrow und dem nördlichen und östlichen Meklenburg nach den preußischen Pfandämtern und Grabow nicht direkt von Güstrow aus über Plau oder Parchim, sondern auf dem Umwege über Schwerin befördert werden sollten. Und da auch jetzt noch von preußischen Behörden das Postkontor zu Güstrow stets als königliches Postamt bezeichnet wurde, wies Herzog Christian Ludwig den Postmeister Kütemeyer daselbst an,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 170 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sofort in Berlin vorstellig zu werden und nach Schwerin zu berichten, wenn im wechselseitigen Verkehr das herzogliche Postkontor als königliches Postamt bezeichnet werden sollte; später erhielt Kütemeyer sogar bei 30 Rthtr. Geldstrafe die Anweisung, derartig adressirte Briefe unerbrochen zurückzuschicken.

In den vierziger Jahren ließ Herzog Christian Ludwig Nachforschungen über den rechtlichen Bestand der preußischen Post von Berlin nach Hamburg auf meklenburgischem Gebiet anstellen; denn er hatte damals schon die Wiedereinlösung der westlichen Hypothekämter von der Krone Hannover im Auge und wollte für den Fall des Gelingens dieses Projekts anscheinend rechtzeitig umfassende Maßregeln gegen die preußische Post vorbereiten. Aber die archivalischen Quellen über den Ursprung der Post flossen sowohl in Schwerin als auch in Berlin, wie aus einem noch vorhandenen Entwurf zu einem Schreiben nach Berlin zu folgern ist, sehr spärlich, sodaß Herzog Christian Ludwig davon absehen mußte, ein klares Urtheil über die geschichtliche Entwicklung der preußischen Postgerechtsame auf meklenburgischem Gebiet zu gewinnen.

Dafür nahm er aber bald darauf an anderer Stelle die Gelegenheit wahr, der preußischen Post entgegenzutreten.

In dem Städtchen Lübtheen, wo nach dem Uebereinkommen zwischen Meklenburg und Preußen vom Jahre 1703 von den preußischen Posten eine Umspannstation gehalten werden konnte, war im Jahre 1748 der Posthalter gestorben, welchem bisher die Abwartung der preußischen Durchgangspost im Orte obgelegen hatte. Nach dem klaren Wortlaut der Konvention war die Station nur für den Pferdewechsel bestimmt, aber während der unglücklichen Zeitverhältnisse unter Herzog Carl Leopold hatten die preußischen Posthalter in Lübtheen - wie sich mit Rücksicht auf die Natur des Postdienstes fast von selbst ergab - begonnen, für die preußische Durchgangspost Personen und Postsachen anzunehmen und zu befördern. Eigene herzogliche Posten berührten den Ort dauernd nicht; ein Nachtheil erwuchs daher der herzoglichen Landespost aus dem Verfahren des Postamts in Lübtheen nicht, eher war noch das Vorgehen desselben im öffentlichen Interesse lobend anzuerkennen - aber dem herzoglichen Postregal war doch dadurch zuwidergehandelt worden, und das glaubte Herzog Christian Ludwig nicht dulden zu sollen.

Die Nachricht von dem Hinscheiden des Posthalters in Lübtheen war daher kaum nach Schwerin gedrungen, als auch schon vom Herzoge ein Nachfolger in der Person des Postmeisters

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 171 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Dietrichs bestellt wurde, der sofort in Lübtheen die Geschäfte übernahm. Der zu dem gleichen Zweck von dem preußischen Postamte in Lenzen nach Lübtheen beorderte Postsekretär Hasper kam zu spät und mußte unverrichteter Sache wieder nach Lenzen zurückkehren.

In Berlin nahm man diesen Verlauf der Angelegenheit anscheinend sehr übel auf. Man berief sich auf die Konvention von 1703, die der preußischen Postverwaltung die Haltung einer Poststation in Lübtheen zugestand, und stellte die bestimmte Forderung, die wohlerworbenen preußischen Gerechtsame nicht zu stören. Darauf richtete die Schweriner Regierung ein maßvoll gehaltenes Schreiben nach Berlin, welches die landesherrlichen Hoheitsrechte in Grundlage der Konvention von 1703 in vollem Umfange reservirte. Wie zu erwarten stand, wollte die preußische Regierung ihre erweiterten Postbefugnisse, die sie in Lübtheen thatsächlich längere Zeit hindurch ausgeübt hatte, nicht ohne Weiteres fahren lassen, denn sie kam mehrmals auf den Fall zurück, jedoch ohne daß die meklenburgische Regierung an Entgegenkommen dachte. Bald aber trat die Sache in ein anderes Stadium, als die herzogliche Kammer die weitere Behandlung des Gegenstandes übernahm. Im Gegensatz zur Regierung trug sie ein sichtlich unentschlossenes, schwankendes Verhalten zur Schau, dessen Urheber der damalige herzogliche Ober-Postdirektor von Smith war, welchem die Bearbeitung der Postsachen im Kammer-Kollegium oblag. Er mochte von einem entschiedenen Auftreten gegenüber der bekannten Energie der preußischen Regierung nichts Gutes besorgen, denn er instruirte den Postmeister Dietrichs, den preußischen Beamten gegenüber "von einer hiesigen Bestallung nichts zu erwähnen, sondern nur quasi auf eigenen Einfall anzuziehen, daß er nach Ihrer Fürstl. Durchl. hoher Intention nach Lübtheen translociret werden solle und er so im Stande wäre, die königlich preußischen Posten zu besorgen."

Die preußische Regierung hatte von dieser Instruktion jedenfalls Kenntniß erhalten, aber sie that zunächst keine weiteren Schritte, sondern ließ einige Zeit hindurch die Posten von Berlin nach Hamburg in Lübtheen überhaupt nicht mehr halten, sondern durch den Ort ohne Pferdewechsel durchgehen. Die Nachricht von dieser unerwarteten Maßregel rief in der herzoglichen Kammer ein drückendes Gefühl des Unbehagens hervor. Der Ober-Postdirektor von Smith glaubte endlich nichts besseres thun zu können, als nach Berlin die Mittheilung gelangen zu lassen, daß man in Schwerin nichts Anderes beabsichtige, als mit Beibehaltung des

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 172 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

guten Einvernehmens mit dem königl. General-Postamte die in diesem Falle ganz unstreitigen herzoglichen Hoheitsrechte in den meklenburgischen Landen zu behaupten. Zum Schluß sprach sich die Kammer aber doch dahin aus, daß man "die preußischen Intentionen - wenn es nur ohne Nachtheil der diesseitigen hohen Gerechtsame irgend passiren könnte - quasi nesciendo passiren lassen wolle, um dadurch eine fernere hiernächst vielleicht noch nachtheiliger ausfallende contestation zu vermeiden."

Von Berlin lief hierauf überhaupt keine Gegenäußerung ein. Aber Dietrichs erhielt aus Lenzen einen Eidesrevers zur Vollziehung zugesandt, durch welchen er sich verpflichten sollte, den König von Preußen als seinen Herrn zu betrachten und das königliche Postregale strenge zu beobachten. Dietrichs bat ben Ober-Postdirektor von Smith um Verhaltungsmaßregeln. So unwillkommen diesem auch die Angelegenheit war, so konnte er eine Antwort nicht umgehen. Er ging aber nicht geradeaus auf das Ziel los, sondern strich in dem Revers die beiden vorgenannten Punkte und sandte denselben so abgeändert an Dietrichs mit dem Bemerken zurück, daß man gern sähe, wenn die Eidesformel in der abgeänderten Weise abgefaßt würde. "Wie ihm hier aber schon mündlich bedeutet worden, daß er in keine Wege sich merken lassen solle, ob hätte er von hiesigem Hofe einige Instruktion erhalten, so hat es dabei sein unveränderliches Bewenden. Und muß er ebenmäßig, als wenn er es nur vor sich thäte, die Erinnerung thun, daß der kürzeste Weg sein möchte, wenn ihm eine schriftliche Anweisung an die Postillone mitgegeben würde, daferne anders, so viel ich mich erinnere, Herr Postmeister Hasper (in Lenzen) es schon abgeschlagen, ihn zu Lenzen den Postillons vorzustellen. Meinet er damit nicht durchzukommen, so finde er sich auf Empfang dieses gleich wieder hier an. Will er aber einen Versuch machen und es gehet sodann nicht nach Willen, so bitte er sich lieber Bedenkzeit aus und komme sodann unverweilet hier an." Preußischerseits wollte man sich auf eine Abänderung der Eidesformel nicht einlassen, aber die Regierung in Schwerin bestimmte, Dietrichs sollte den Eid entweder in der neuen Fassung leisten oder die Eidesleistung überhaupt ablehnen. Hierzu kam es indeß nicht. Die preußische Regierung hielt jedenfalls den Gegenstand einer weiteren Verhandlung nicht für werth, denn die Akten berichten von einer neuerlichen Intervention preußischer Behörden nicht; dagegen läßt sich aus vereinzelten Aktennotizen schließen, daß endlich doch eine Einigung über den Streitpunkt zwischen den beiden Regierungen erzielt wurde.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 173 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Dietrichs wurde in Lenzen am. 20. November 1748 für Preußen verpflichtet, und ein inzwischen in Lübtheen für die preußische Post thätig gewesener preußischer Postschreiber ging nach Lenzen zurück.

Der Ober-Postdirektor von Smith sprach demnächst Dietrichs seine Befriedigung über den Verlauf der Angelegenheit aus und ersuchte ihn, nach Schwerin zu kommen, da er mit ihm wegen Anlegung einer meklenburgischen wirklichen Poststation in Lübtheen Rücksprache halten wolle. Aber Dietrichs starb noch im Jahre 1749, und nun besorgte von Smith neue Verwicklungen mit Preußen. Dieselben blieben auch nicht aus. Der von der meklenburgischen Regierung eingesetzte neue Posthalter 1 ) wurde zwar vom General - Postamte anerkannt, aber dieses behielt sich vor, ihn in sein Amt einzuführen. Herzog Christian Ludwig verfügte am 20. October 1753, daß der Posthalter durch einen meklenburgischen Beamten einzuführen sei. Auf eine Gegenvorstellung der Kammer erging zwei Tage darauf eine herzogliche Verordnung, daß es bei dem Befohlenen sein Bewenden behalten müsse, "um so mehr, als die königlich preußische Post zu Lübtheen von Uns in einer anderen Gestalt als einer bloßen Neben- oder Beistation bisher nicht erkannt ist, noch erkannt werden kann. Und ob Wir gleich an dem Postwesen zu Lübtheen nicht principaliter participiren, so lässet sich doch nach der Natur des Uns in Unserem Territorio allein zustehenden Postregals bei der preußischer Seiten intendirten solennen Anweisung in Lübtheen nicht anders als mit Zuordnung eines Unserer Seits dabei dirigirenden Commissarii verfahren. Und wenn dieser auch allenfalls nichts mehr thut, als daß er dem preußischen Postmeister in Unserem Posthause ad protocollum andeutet, daß er mit Vorbehalt diesseitigen Postregals den actum der Anweisung seinerseits zu verrichten habe, so ist damit Unserem juri allenthalben prospiciret und der Begriff einer precarischen Beipost, gegen welche man vorhin von Berlin aus selbst nichts anhero erwidert, ipso facto bestätiget. Wir glauben auch nicht, daß man preußischerseits gegen diesen modum procedendi etwas einwenden werde; dahingegen ist selbst aus dem Briefe des Postmeisters Hasper in Lenzen ersichtlich, daß man auf eine Lokalanweisung, die außer diesem von Uns vorgeschriebenen Expedienti Unserem


1) Der Postmeister in Lübtheen führte die Bezeichnung Posthalter, da er die Poststation Lübtheen - Boizenburg zu fahren, sonstige Postgeschäfte im Orte aber eigentlich nicht zu betreiben hatte.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 174 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Regali und Territorial Juri verfänglich sein würde, fest bestehen zu wollen scheine."

Jetzt fam man aber zu spät, denn während noch der Postdirektor Roland in Schwerin beauftragt wurde, den Posthalter in Lübtheen einzuführen, hatte Hasper in Lenzen bereits die Einführung besorgt, sodaß Roland unverrichteter Sache wieder abziehen mußte. Aber die ganze Angelegenheit hatte für die meklenburgische Regierung keine nachtheiligen Folgen, denn als bald nach diesem Vorfall in Lübtheen ein eigenes meklenburgisches Postkontor eingerichtet wurde, übernahm der jedesmalige herzogliche Postmeister die Mitbesorgung der preußischen Posten, sodaß hier ein ähnliches Verhältniß wie in Boizenburg Platz griff. Bei der Besetzung der Postmeisterstelle in Lübtheen fand späterhin eine Konkurrenz seitens des General-Postamts nicht mehr statt.

Auch unter dem Nachfolger des Herzogs christian Ludwig II., dem Herzoge Friedrich, blieb das bisherige kühle Verhältniß gegenüber der preußischen Post am Schweriner Hofe bestehen. Herzog Friedrich verfolgte mit fast noch größerer Energie als irgend einer seiner Vorgänger das Ziel, das Postregal als ein ihm allein im Lande zustehendes Hoheitsrecht auszubilden und alle fremden Postanlagen im Lande aufzuheben, um an ihrer Stelle Landesposten einzurichten. Den preußischen Posten trat er sofort nach dem Antritt der Regierung schroff entgegen, denn für ihn kam noch der Umstand hinzu, daß er beim Ausbruch des siebenjährigen Krieges auf Seiten der Gegner Preußens stand. Mehrfach kamen infolgedessen Störungen im Kurse der preußischen Posten vor, aber im Allgemeinen war es um seine Pläne den preußischen Posten gegenüber schlecht bestellt, denn die Waffenerfolge Friedrichs des Großen und die Gegenwart preußischer Truppen in Meklenburg ließen es Herzog Friedrich doch gerathen erscheinen, von Gewaltmaßregeln Abstand zu nehmen. Dagegen versuchte er, auf indirektem Wege zum Ziel zu gelangen. Im Jahre 1757 ließ er eigene Postkurse im südwestlichen Meklenburg von Grabow über Lübtheen nach Boizenburg und von Dömitz nach Boizenburg anlegen mit der offenbaren Absicht, durch diese Konkurrenzkurse den Postverkehr jener Gegend von den preußischen Posten abzulenken und den eigenen Posten zuzuziehen. Der Oberaufseher der hannoverschen Hypothekämter in Boizenburg, deren Gebiet von den neuen Postkursen berührt wurde, widersprach dem Durchgange der neuen Posten nicht. Aber sie konnten infolge der kriegerischen Ereignisse nicht emporkommen. Trotz aller

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 175 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

herzoglichen Verordnungen, welche auf die neuen Posten hinwiesen und die Bevölkerung jener Gegend zur Benutzung derselben ermahnten, waren die Aufkünfte dieser Posten von vornherein so gering, daß kaum die Betriebskosten aufkamen. Sie stellten daher im Verlaufe des Krieges von selbst den Verkehr ein. Uebrigens hatte die herzogliche Regierung Mühe, den Kurs der alten herzoglichen Posten von Schwerin und Güstrow nach Hamburg aufrecht zu erhalten, da mehrfach der Betrieb infolge der Gegenwart preußischer Truppen im Lande unterbrochen wurde.

Als Herzog Friedrich dann bald nach Beendigung des Krieges die hannoverschen Hypothekämter zurückerworben und schon die Verhandlungen zur Wiedereinlösung der preußischen Pfandämter eingeleitet hatte, sah er, um bei Friedrich dem Großen keine neue Mißstimmung gegen Mecklenburg zu erwecken, davon ab, den preußischen Posten Hindernisse in den Weg zu legen.

Die Einlösung der vier Pfandämter gelang dem Herzoge Friedrich nicht mehr, und so blieb bis zu dessen Tode (1785) der Besitzstand der preußischen Posten in Meklenburg unverändert. Der große Berlin - Hamburger Postkurs berührte von Lenzen über Lübtheen bis Boizenburg meklenburgisches Gebiet und hatte in Boizenburg ein Postamt mit voller Dienstbefugniß und eine Station in Lübtheen, wo allerdings die Kolligirung und Distribuirung von Postsendungen der Krone Preußen vertragsmäßig nicht zustand, wohl aber nach dem siebenjährigen Kriege von Preußen erfolgreich prätendirt wurde. Der preußische Postkurs Berlin - Güstrow erstreckte sich nur bis Plau, von wo die Post als meklenburgische bis Güstrow befördert wurde. Wie aus einzelnen zerstreuten Aktennotizen zu folgern ist, wurde zwar von dem preußischen General-Postamt mehrmals der Versuch gemacht, auch auf der Strecke von Plau bis Güstrow Einfluß zu gewinnen, aber die Schweriner Regierung wußte jedesmal rechtzeitig einzutreten, sodaß "das herzogliche Postregal nicht geschädigt wurde".

Zu welchen verzweifelten Mitteln der Schweriner Hof bei seinem Streben, die gefürchteten preußischen Uebergriffe zurückzuweisen, manchmal griff, zeigt nachfolgender Vorfall: Im Jahre 1781 war an des Postdirektors Gutzmer Stelle in Güstrow der Postdirektor Stöckhardt getreten. Da derselbe von Preußen eine Vergütung von 30 Rthlr. erhielt (unzweifelhaft für Dienstleistungen im Interesse der Berlin - Plauer Post und deren Weiterführung bis Güstrow), so bat die General-Postkasse für Rechnungszwecke um eine Beglaubigung von allerhöchster Stelle, daß durch Gutzmers Ableben eine Vakanz eingetreten, nun aber durch Neubesetzung

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 176 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Stelle wieder gehoben sei. Die Regierung verfügte darauf am 16. Mai 1781 an das Postkontor in Güstrow, wie sie "das Ansinnen der General-Postkasse wegen der von hier aus zu notificirenden Veränderung bei Unserem dortigen Hauptpostkontor etwas so Neues und Andringliches zu sein scheine, daß Wir darauf eine Einlassung bedenklich finden. Ihr habt die Sache daher diesmal gänzlich unbeantwortet zu lassen und bei weiterer Anrege sie in guten terminis dadurch abzulehnen, wie es bei der Notorietät der Veränderung eines förmlichen Notificatorii nicht bedürfe."

Heute erscheint ein derartiges Verhalten einer höchsten Landesbehörde in Fragen von so untergeordneter Bedeutung unverständlich, aber man darf nicht übersehen, dnß der vorerwähnte Vorfall einer Zeit entstammt, wo die zahlreichen großen und kleinen Höfe Deutschlands eifersüchtig um ihre staatliche Selbstständigkeit besorgt waren und der Großmachtspolitik Preußens überall mit Argwohn und Mißtrauen begegneten. Und Herzog Friedrich, dessen Tüchtigkeit und Einsicht auch über die Landesgrenzen hinaus bekannt war, glaubte um so mehr Grund zu seinem Verhalten Preußen gegenüber zu haben, als dieses seit Jahren schon meklenburgisches Gebiet im Besitz hatte und erst im siebenjährigen Kriege Meklenburg seine schwere Hand hatte fühlen lassen, "der preußischen Posten nicht zu gedenken, welche nun schon seit Jahr und Tag zum Präjudiz des herzoglichen Postregals meklenburgisches Gebiet durchkreuzten" - wie sich eine aktenmäßige Darstellung zur Sache äußert.

Es läßt sich aber darüber streiten, ob der Vortheil, den das Bestehen der preußischen Durchgangsposten in wirthschaftIicher Beziehung für Meklenburg hatte, nicht höher anzuschlagen ist, als die Nachtheile, die sie durch Einsammlung und Beförderung von Sendungen, welche sonst den Landesposten zugeflossen wären, diesen zufügten; denn die Postkurse Meklenburgs konnten auf dem Wege nach Hamburg für den Wettbewerb mit den preußischen Posten überhaupt kaum in Frage kommen, weil die letzteren infolge ihrer Pünktlichkeit, Sicherheit und Schnelligkeit jede Konkurrenz aus dem Felde schlugen. Aber es läßt sich nicht leugnen, daß die preußischen Posten aus ganz Südwestmeklenburg den Verkehr an sich zogen und hierdurch den Landesposten empfindlichen Schaden zufügten. Wenn, um ein Beispiel aus späterer Zeit herbeizuziehen, nach den Akten die Portoaufkunft der preußischen Posten in dem kleinen Orte Lübtheen für das Jahr 1801 auf 1500 Rthlr. bemessen wurde, so mag diese Angabe übertrieben

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 177 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sein, jedenfalls aber entgingen auch schon früher den Landesposten durch die preußischen Postkurse nicht unerhebliche Beträge an Porto und Gebühren, welche im Hinblick auf die lange Dauer dieser Einbuße und die nur mäßigen Gesammteinnahmen aus den herzoglichen Posten in finanzieller Beziehung sehr wohl in Betracht kommen.

Dem Publikum war es allerdings nicht zu verdenken, wenn es mit Vorliebe sich der preußischen Postkurse bediente, denn die Zahl der preußischen Posten auf der Straße zwischen Berlin und Hamburg war für damalige Zeitverhältnisse schon sehr beträchtlich, wie aus nachfolgender Uebersicht über den Postenlauf in Boizenburg hervorgeht. Dieser Ort wurde am Schlusse dieser Periode von folgenden Posten berührt:

Tabelle
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 178 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Tabelle

(Am Donnerstag, Freitag und Sonnabend im Wesentlichen wie am Montag, Dienstag und Mittwoch.)

Am Sonntag wurden in Boizenburg keine Posten expedirt.

Im Ganzen verkehrten demnach in Boizenburg abgehend und ankommend wöchentlich 70 Posten, im Durchschnitt posttäglich fast 12 Posten; hiervon entfielen auf Preußen allein 50 Posten, während die übrigen von Hannover, Lübeck und Meklenburg eingerichtet waren; für meklenburgische Rechnung kursirten nur je 2 Mal wöchentlich Fahrposten von Boizenburg nach Hamburg, Schwerin (Rostock) und Parchim und zurück, im Ganzen 12 Posten.

Die preußischen Posten leisteten den Transit für die meklenburgische Korrespondenz nach Preußen und darüber hinaus in die südlichen und südöstlichen Theile des Reichs, ferner nach Süd- und Osteuropa. Die Auswechslung fand zum größten Theil in Boizenburg statt und beschränkte sich auf die einfachsten Formen. Meklenburg bezog das Porto für die inländische Beförderung; für die unfrankirte Korrespondenz wurden die den meklenburgischen Posten zulommenden Beträge in den Karten der Grenzpostämter als Auslagen angesetzt Das Fazit jeder Karte wurde ursprünglich posttäglich, später monatlich und vierteljährlich gezogen.

Die meklenburgische Korrespondenz nach dem Westen und Südwesten Deutschlands ging über Hamburg, wo die Taxis'schen Posten die Weiterbeförderung übernahmen. Nicht selten aber -

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 179 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

besonders dann, wenn in Meklenburg sich wieder einmal eine Gegenströmung wider Preußen fühlbar machte, ging der ganze Postverkehr Meklenburgs nach dem Auslande ohne Unterschied über Hamburg und von da mittels der Taxis'schen Posten weiter ins Reich, trotz der Reklamationen, welche sofort von den preußischen Postbehörden bei der meklenburgischen Regierung erhoben wurden.

b. Hamburger Posten in Meklenburg.

Unter der Regierung des Herzogs Friedrich Wilhelm von Meklenburg-Schwerin war der Bestand der Hamburger Postkurse mit Meklenburg unverändert erhalten geblieben. Zweimal wöchentlich kursirte eine Fahrpost des Hamburger Botenamts über Ratzeburg, Gadebusch auf Wismar und zurück.

In Hamburg hatte man nicht vergessen, daß noch vor 40 - 50 Jahren der Korrespondenzverkehr längs der Ostseeküste von Hamburg über Stettin nach Danzig auch auf meklenburgischem Gebiet in den Händen des städtischen Botenamts zu Hamburg gelegen hatte. Unablässig war daher das Hamburger Botenamt bemüht, von seinen alten Gerechtsamen einen möglichst großen Theil zurückzuerwerben. Es wartete nur auf eine günstige Gelegenheit zur Ausführung seiner Pläne. Und diese fand sich bald.

Während der Regierung des Herzogs Carl Leopold hatten sich, wie schon oben des Näheren dargelegt ist, auch im Postwesen alle Bande der Ordnung gelöst. Gleichzeitig hatte Preußen während des nordischen Krieges ganz Vorpommern südlich der Peene und Stettin mit Beschlag belegt, und das Botenamt suchte nun die Wiedereinrichtung des alten Botenkurses mit Preußens Hülfe zu seinem Vortheil zu betreiben. Der Senat zu Hamburg trat mit dem General-Postamte in Berlin wegen Beförderung der Hamburg - Pommerschen Korrespondenz in Verbindung. Unter dem 22. Mai 1716 wurde zwischen beiden eine Vereinbarung geschlossen, der oben schon erwähnte Kombinationsrezeß. 1 ) Nach dem Vertrage hatte das Städtische Botenamt in Hamburg für Beförderung der Hamburger Korrespondenz nach Rostock Sorge zu tragen; das herzogliche Postkontor zu Rostock sollte sie mittels der herzoglichen Posten bis Demmin befördern, von wo preußische Posten den weiteren Transport zu besorgen hatten, und umgekehrt. Bezüglich der Portotheilung war vereinbart worden, daß die


1) Der Kombinationsrezeß ist als Anlage 8 des Anhanges abgedruckt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 180 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Portoaufkunft zwischen Demmin und Stettin ganz der preußischen Postverwaltung, die zwischen Hamburg und Demmin dem städtischen Botenamt verbleiben solle. Doch war vereinbart worden, daß das Porto von Hamburg bis Stettin 6 ßl. kosten sollte, wovon Preußen 3 ßl. und Hamburg 3 ßl. zufallen sollte; dafür hatte sich dann noch der Hamburgische Botenmeister wegen des freien Transports des Felleisens von Demmin bis Rostock mit dem Postkontor letztgedachten Orts zu vergleichen.

An eine vorhergehende Verständigung mit der meklenburgischen Regierung hatte man nicht gedacht. Man glaubte, durch die Verhandlung mit dem Rostocker Postkontor Meklenburg zur Genüge berücksichtigt zu haben. Der Sicherheit halber ließ man nachträglich durch den Postrath Grabe dem meklenburgischen Residenten von Habichtsthal in Berlin erklären, daß der preußische Gesandte in Hamburg angewiesen werden solle, gemeinschaftlich mit dem zu ernennenden meklenburgischen Kommissarius dahin zu wirken, daß der Hamburgische Botenmeister die im Rezeß geforderte Vergleichung mit dem Rostocker Postkontor wirklich vornehme.

Von all diesen Verheißungen erfüllte sich in Folge der ungünstigen politischen Verhältnisse in Meklenburg nichts. Bis 1724 wurde die Hamburger Briefpost auf den herzoglichen Postkursen frei befördert, ohne daß von einer Stelle im Lande auf das Mißverhältniß hingewiesen worden wäre. Erst der Postdirektor von Schütz brachte den Rezeß und die aus demselben für Meklenburg entspringenden schweren Nachtheile öffentlich zur Sprache. In einem Schreiben an den Magistrat zu Hamburg hob er hervor: "Ich bin höchlich verwundert, weshalb das fürstliche Postamt (Rostock) vermöge des Rezesses nichts für den freien Transport der Preußisch - Pommerschen Briefbeutel genießen soll; als wenn der § 8, der dieses ausdrücklich anweiset, nur umsonst gesetzet und die fürstlichen Posten nur anderen Vortheil zu Wege bringen zu helfen bestellt wären. Man sage doch, worin das so groß beschrieene aequivalent bestehe, so von hier mit dortiger fahrenden und reitenden Post franco spediret wird." 1 ) Er drohte auch, falls keine sofortige Berücksichtigung der meklenburgischen Interessen erfolge, die Briefbeutel anhalten und die Briefe einzeln taxiren zu lassen. Im Interesse einer baldigen Erledigung der Angelegenheit hielt von Schütz aber eine mündliche Besprechung


1) Es handelt sich hierbei um Zeitungen, die von Hamburg nach Rostock frei befördert wurden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 181 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

für sachfördernd, und er reiste daher im Jahre 1726 mit Zustimmung der Exekutionskasse nach Hamburg, um mit dem Senat und dem Botenmeister Weißbach das Erforderliche zu vereinbaren. Bei dem Bürgermeister Wiese und bei Weißbach fand von Schütz billige Anerkennung seiner Forderung. Aber die gleichfalls in der Sache kompetenten Aeltesten der Börse beriefen sich auf ihren unvordenklichen Besitztitel an dem Bestehen des alten Danziger Botenkurses und wollten von der ihnen angemutheten Zahlung einer Entschädigung an Meklenburg nichts wissen. Der Postdirektor von Schütz war, wie man nach seinen Berichten über den Erfolg seiner Reise annehmen muß, über die Bedingungen, unter denen der alte Hamburger (Boten-) Postkurs von Herzog Christian Louis auf meklenburgischem Gebiet wieder zugelassen worden war, anscheinend nicht hinreichend unterrichtet, sodaß er seinen Forderungen nicht den wünschenswerthen Nachdruck geben konnte. Den lauen Argumenten des Postdirektors von Schütz gegenüber erhob das Hamburger Botenamt den Einwand, daß die Meklenburg - Hamburgischen Küchenposten, d. h. die herzoglichen Posten von Schwerin und Güstrow nach Hamburg, außerordentlich zur Beeinträchtigung des Hamburger Botenkurses beiträgen. Sie, "die aus pure lauterer concession von Hamburg allein zum Transport von Packeten und Personen zugestanden" seien, beförderten nichtsdestoweniger ungescheut Briefe auch nach Pommern. Von Schütz wußte keine stichhaltigen Gegengründe anzuführen und hielt es aus diesem Grunde für zweckmäßig, von einer weiteren Erörterung der Frage überhaupt abzusehen. Von Hamburg ging aber ein Schreiben an die Exekutionskasse in Boizenburg ab des Inhalts, daß man zu der hohen Exekutionskasse das Vertrauen habe, sie werde diese Angelegenheit in statu quo bewenden lassen. Entsprechend dem sonstigen Verhalten der Exekutionshöfe, sich jeder Einmischung in die Verhältnisse der meklenburgischen Post zu fremden Staaten grundsätzlich zu enthalten, verfügte die Kasse demnächst an von Schütz (5. März 1726), "daß diese tractaten, um die Weitläufigkeiten fernerer Verhandlungen und spätere Uebergriffe des Hamburger Botenamts zu vermeiden, unter glimpflichen Reservaten der dem Durchl. Hause Meklenburg zustehenden Befugnisse abgebrochen werden sollten."

In der That hatte der Fall damit vor der Hand seine Erledigung gefunden.

Als dann im Jahre 1729 die Hamburger Reitpost angefangen hatte, außer gewöhnlichen Briefen auch noch Gelder,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 182 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Pretiosen und kleine Packete durch Meklenburg zu befördern, regte der Postdirektor von Schütz bei der Exekutionskasse nochmals an, dem Gegenstande endlich die erforderliche Ausmerksamkeit zuzuwenden. Er wies darauf hin, daß Gelder nach den Postreglements aller größeren Staaten nicht in die Briefbeutel (Felleisen), sondern in die Postladen gehörten und aus diesem Grunde den meklenburgischen Posten zuzuführen seien, aber die Exekutionskasse lehnte auch jetzt jede Einmischung in die ihr sichtlich unbequeme Streitfrage ab.

Die Sache blieb auch in den nächsten Jahren, wie sie war. Zu ihrer Beurtheilung ist es aber von Interesse, hier den Standpunkt, den man Hamburger seits einnahm, näher zu beleuchten.

Was das Hamburger Botenamt in Meklenburg als ihm zukommendes Recht beanspruchte, wollte es in Hamburg den herzoglichen Posten nicht in gleichem Umfange zugestehen. Das Bestehen eines eigenen herzoglichen Postkontors daselbst war ihm von jeher ein Dorn im Auge gewesen.

Des Oefteren war dieser Gegenstand schon zur Verhandlung gekommen, aber ohne daß direkte Schritte zur Beseitigung des meklenburgischen Postwesens auf Hamburger Gebiet unternommen worden wären; denn Senat und Botenamt verfolgten sichtlich den Zweck, amtlich das Bestehen herzoglicher Postanlagen aus ihrem Gebiet einfach zu übersehen und den Dingen ruhig ihren Lauf zu lassen. So erklärt sich auch der Umstand, daß während der Wirren in Meklenburg unter der kaiserlichen Exekution die günstige Gelegenheit zur Beseitigung der herzoglichen Posten unbenutzt gelassen wurde. Endlich fand sich aber doch eine Gelegenheit, der Frage des Bestehens eines herzoglichen Posthauses in Hamburg sachlich näher zu treten.

Der herzogliche Postmeister le Plat war wegen mangelhafter Dienstführung 1738 seines Amtes entlassen worden. Von dem Wechsel in der Person des Postmeisters erhielt der Senat in Hamburg Kenntniß und theilte nunmehr nach Schwerin mit, daß man wohl die vormals zugebilligte herzogliche Hofküchenpost zum Packet- und Personentransport auch ferner zulassen, derselben jedoch die Briefbeförderung zum Nachtheile des eigenen städtischen Botenwesens nicht zugestehen könne.

Gleichzeitig hatte der Senat dem neuen herzoglichen Postmeister Hasse einen extractum protocolli extrajudicialis des Raths mit folgendem Inhalte zufertigen lassen (4. Juni 1738): "Conclusum, daß von Ihrer Herzogl. Durchl. dem Herrn Herzoge

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 183 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

von Meklenburg Christian Ludwig, als kaiserlichen zur Landesadministration verordneten höchsten Kommissarius zum Postverwalter der hochfürstl. mekl. Hof- und Küchenpost ernannten hiesigen Bürger und Kaufmann Hasse, solange diese Post von Hamburg abgehen und er sie verwalten würde, ein hochweiser Rath allen obrigkeitlichen Schutz zwar hiermit versicherte, jedoch ihn dabei, wie überhaupt seiner bürgerlichen Pflichten also auch dessen erinnern ließe, daß er sich mit besagter Hof- und Küchenpost begnügte, dieselbe nicht weiter, als auf Passagiers und Packete erstreckte und hingegen aller Briefsammlung bevorab derjenigen, so auf Rostock, Stettin, Wismar und der Orten gehen, enthielte und weder dadurch noch sonst zum Nachtheile der Stadt und ihres Botenwesens das Geringste unternehme, widrigenfalls und auf beglaubte, des Gegentheils Anzeige er in willkürliche Strafe werde genommen werden."

Noch zweimal trat bald darauf ein Wechsel in der Person des Postmeisters in Hamburg ein, und jedes Mal wurde an Bürgermeister und Rath hiervon Kenntniß gegeben; aber eine Rückäußerung erfolgte von dieser Seite nicht, auch wurden Einwendungen nicht erhoben.

Das passive Verhalten von Senat und Botenamt gegenüber der herzoglichen Post fand ihren Grund vielleicht in dem Umstande, daß auch dem Hamburger Reitpostkurse auf meklenburgischem Gebiet bis in die fünfziger Jahre keine Beachtung geschenkt wurde. Deswegen war aber der Unwille der, meklenburgischen Regierung über das Bestehen dieser Post unvermindert geblieben, denn als Herzog Friedrich im Jahre 1758 zur Gewinnung einer beschleunigten Verbindung mit Hamburg die Anlegung einer Reitpost von Schwerin nach Rehna zum Anschluß an die Hamburg - Rostock - Stettiner Reitpost anregte, rieth die Kammer, von der Anlegung der Anschlußpost lieber abzusehen, da anderenfalls aus der Einrichtung derselben in Hamburg eine Anerkennung der Hamburger Reitpost gefolgert werden könnte.

Um diese Zeit hatte sich für die meklenburgische Regierung endlich die Aussicht geboten, bei der preußischen Regierung die Anerkennung ihrer langjährigen Forderungen aus dem Kombinations - Rezeß von 1716 zu erlangen; die beiderseitigen Kommissarien waren bereits zur Ausführung der erforderlichen Verhandlungen ernannt, als der Ausbruch des siebenjährigen Krieges alle von der Regierung in Schwerin gehegten Erwartungen zerstörte.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 184 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Dafür begannen nun wieder Unterhandlungen wegen der Reitpost mit der Stadt Hamburg. Die Uebergriffe der Reitpost hatten zu manchen Klagen der meklenburgischen Postämter Anlaß gegeben. Als dann der Oberaufseher der Hypothekämter in Boizenburg, von Albedyll, sich beschwerte, daß die Reitpost nicht bei dem Posthause in Rehna, sondern in einem Wirthshause ablegte, auch Klagen über den unregelmäßigen Gang der Post aus den Kreisen des Publikums bei der Regierung erhoben wurden, nahm letztere Veranlassung, bei dem Hamburger Senat am 28. März 1764 energische Beschwerde wegen Nichterfüllung der Bestimmungen des Kombinationrezesses von 1716 einzulegen. Sie forderte dann ratione praeteriti seit 1716 und ratione futuri für die Beförderung des verschlossenen Hamburger Brieffelleisens eine angemessene Entschädigung, widrigenfalls das Felleisen geöffnet und die Korrespondenz stückweise berechnet werden würde. Bemerkenswerth ist der Schlußsatz des herzoglichen Schreibens: "Wie Wir Uns aber niemalen vorstellen mögen, daß das in Unserem Lande Uns zustehende mit Unserer Landeshoheit verknüpfte Postregale durch eine in den unruhigsten Zeiten eingeschlichene, nachhin auch verschiedentlich widersprochene Possession Uns geschmälert werden könne, welche rechtswidrige Schmälerung sogar mit dem § 8 des Rezesses auf keinerlei Weise bestehen würde, so verstehen Wir Uns zu Derselben rühmlichen Gemüthsbilligkeit, wasmaßen Sie es selbst für hart und unverantwortlich bei sich erkennen werden, daß Wir des Genusses Unserer landesherrlichen Zugeständnisse noch länger entbehren sollten. Solchemnach gesinnen Wir an Dieselben freundschaftlich, daß für die Zukunft ein für allemal die Richtschnur festgesetzt werde, daß der Hamburgische Botenmeister die Post nicht weiter als bis Lübeck an das dortige Postkontor expedire, von dort aber das Felleisen, wenn es gehörig geöffnet und mit denen von Unserem Postmeister in Lübeck kollectirten Briefen vermehret worden, für Unsere alleinige Rechnung bis Wismar und über Bukow nach Rostock und Demmin zurück gebracht, folglich Unserer Postkasse der ganze Ertrag zwischen Lübeck und Demmin ohne einige Participation auswärtiger Kontors beigelegt werde."

Auch der meklenburgische Gesandte in Berlin, von Lützow, erhielt Weisung, mit der preußischen Regierung in der Angelegenheit zu konferiren und dieselbe von der Rechtmäßigkeit der meklenburgischen Forderungen zu überzeugen.

Das herzogliche Schreiben schien in Hamburg ganz unerwartet gekommen zu sein. Um Zeit zu gewinnen, schützte man vor, noch

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 185 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in der Sache recherchiren zu müssen. Ende November wurde demnächst darauf hingewiesen, daß man aus dem meklenburgischen Postwesen in Hamburg Gegenforderungen stellen und deswegen gleichfalls noch Ermittelungen anstellen müsse. Endlich im Mai 1765 erfolgte eine eingehendere Antwort. Der Magistrat suchte sich um den Kernpunkt - den freien Transit der Hamburgischen Korrespondenz - herumzuwinden, indem er darauf hinwies, daß die Beförderung durchaus nicht frei geschehen sei, da die Stadtreitpost ständig von Rostock nach Hamburg ein 5 - 6  schweres Zeitungspacket frei befördert habe, mithin das städtische Postamt eher noch Forderungen anzumelden hätte. Er selbst könne einseitig eine Aenderung des Rezesses von 1716 nicht vornehmen. Uebrigens hätte die Reitpost den Transit nicht erst durch den Kombinationsrezeß erlangt, sondern denselben bei Abschluß des Rezesses als altes Privileg besessen. Sollte indessen von einer Transitgebühr nicht Abstand genommen werden können, so erwartete der Magistrat die Angabe derselben, ließ aber durchblicken, daß dann Schritte wegen der meklenburgischen Posten auf Hamburger Gebiet vorgenommen werden könnten.

Die Hauptpostkommission erhielt das Schreiben des Hamburger Senats zur Begutachtung. Die meklenburgische Forderung wurde von ihr auf 433 Rthlr. 16 ßl. jährlich, insgesammt (für 50 Jahre) auf 21666 Rthlr. 32 ßl, festgesetzt. Ueber die Einwendungen des Senats gegen die meklenburgische Postanstalt in Hamburg half sie sich leicht hinweg mit der Begründung, so lange nicht urkundliche Beweise beigebracht würden, könne den diesseitigen Posten auch die Briefsammlung nicht versagt werden. Aber bei der Regierung selbst hatte man keine Hoffnung, die berechnete Entschädigung zu erhalten, und sie erklärte deshalb, daß jedes billig bemessene Anerbieten zur Beilegung der Irrung angenommen werden sollte. Nach längeren Verhandlungen, während deren einmal 9 Jahre lang - in Schwerin waren die Akten abhanden gekonnnen, die auf den Fall Bezug hatten - jede Korrespondenz über den Gegenstand geruht hatte, wurde endlich der Legationsrath und Postmeister Pauli in Hamburg beauftragt, mit dem Senat in Unterhandlung zu treten. Dieser hatte noch verschiedene Bedingungen und Forderungen zu stellen, aber am 23. Dec. 1780 kam schließlich ein Vertrag zustande, auf Grund dessen Alles so ziemlich beim Alten belassen werden sollte, übrigens aber das "Sr. hochf. Durchl. in dero Landen zustehende Postregal von der Stadt völlig und allerwege anerkannt wurde." Die meklenburgische Regierung hatte auch fernerhin das Hamburger Felleisen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 186 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

von Wismar nach Rostock und zurück, von Rostock nach Demmin und zurück und von Rostock nach Damgarten und zurück zu befördern; das Porto für Briefe von Rostock nach Hamburg verblieb aber dem Postkontor zu Rostock, ebenso das Porto für unfrankirte Briefe aus dem Reiche, die über Hamburg in Rostock eingingen. Für den Transit hatte der Magistrat zu Hamburg jährlich 1200 Währung Banko von Johannis 1781 nach Schwerin zu zahlen.

Wenn auch die Zahlung einer Entschädigung für die Vergangenheit seitens Meklenburgs nicht weiter gefordert wurde, so hatte Meklenburg doch aus dem Vertrage einen nicht unerheblichen Gewinn erzielt, indem der Vertrag an sich schon darthat, daß die Hamburger Reitpost von der herzoglichen Regierung nur gegen angemessene Entschädigung zugelassen wurde. Von dem Bestehen der meklenburgischen Posten auf Hamburger Gebiet war in dem Vertrage überhaupt nicht die Rede; seitens des Hamburger Kommissars wurde die Sache nicht berührt, und Pauli hatte wohl das Bestehen der Post und die von ihr allmählich erworbenen Befugnisse bei deren faktischem Besitze nicht zum Gegenstand der Berathungen machen wollen.

Die Bestrebungen des Herzogs Friedrich, die fremden Posten in Meklenburg möglichst zu beschränken oder sie zu Leistungen im Interesse des Landes zu verpflichten, waren demnach der Hamburger Reitpost gegenüber von Erfolg gekrönt; jedenfalls bewirkte der Vertrag, daß die vielen Klagen über die Stadt-Reitpost und die Beeinträchtigung der herzoglichen Posteinkünfte fortan verstummten.

c. Schwedische Posten in Meklenburg.

Die zwischen dem Kammerrath Mumme und dem Postdirektor Vatky in Stralsund im Jahre 1700 geschlossene Vereinbarung blieb vor der Hand mehrere Jahre in voller Geltung bestehen, wenn auch schwedischerseits mehrmals versucht wurde, den ganzen Postkurs von Stralsund bis Hamburg in eigene Hände zu bekommen. Durch Mumme's Wachsamkeit wurden aber alle dahin zielenden Versuche vereitelt. Er verhehlte dem Herzoge Friedrich Wilhelm aber nicht, daß die Hauptschuld an den unaufhörlichen Differenzen mit der schwedischen Postverwaltung dem Postmeister Völschow in Rostock zur Last zu legen sei, da er immer schlechte Pferde halte und infolgedessen den Lauf der Posten ständig verzögere. Andererseits sei der Krone Schweden gerade an der ungehemmten, schleunigen Verbindung zwischen Stralsund und Hamburg im

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 187 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Interesse der Seepostlinie Ystadt - Stockholm außerordentlich gelegen, da Hamburg damals im Norden Europas die Centrale im Handel und Verkehr bildete und die Schwedischen Besitzungen im Herzogthum Bremen unmittelbar an Hamburg grenzten.

Diese Angabe Mumme's wurde noch bestätigt durch ein Schreiben, welches König Karl XII. aus seinem Feldlager zu Blonin am 2. August 1705 an Herzog Friedrich Wilhelm richtete. Nach dem Wortlaut des Schreibens beabsichtigte Karl XII., auf Grund der von Herzog Christian Louis im Jahre 1685 ertheilten Konzession die Verbindung zwischen Stralsund und Hamburg in solchen Stand zu setzen, "daß nicht allein das Felleisen von und nach Schweden als auch Passagiere und Sachen auf Unseren eigenen Postwagen ohne einige Veränderung mögen geführet werden, inmaßen durch die bisherige Abladung und Auswechslung auf fremden Wagen verschiedene Irrungen, Unrichtigkeiten u. s. w. entstanden sind." Er ersuchte daher um freie Passage sowie um Erlaubniß zur Errichtung eines eigenen Kontors zu Rostock; letzteres solle indeß "keineswegs einige Paquete und Briefe zum Präjudiz Ew. Liebden Postkontors zu kolligiren befugt sein." Um gleichzeitig einer etwaigen Ablehnung seines Gesuchs vorzubeugen, wies König Karl darauf hin, daß ja schwedischerseits gleichfalls den herzoglichen Posten gestattet sei, wöchentlich eine Doppelpost (von Schwerin und Güstrow) frei in Wismar ein- und durchfahren zu lassen, ohne daß dieselben sich bei dem schwedischen Postkontor anzumelden nöthig hätten. Endlich bat Karl noch, ihm die Anlegung einer geschwinden Feldreitpost zwischen Stettin und Hamburg durch Meklenburg zu gestatten, damit die Korrespondenz zwischen der Armee und dem Reiche, sowie der Armee und deren Angehörigen thunlichst erleichtert werde; die Feldpost sollte ihren Weg über Neubrandenburg, Waren, Banzkow und Wittenburg nehmen, da derselbe bedeutend kürzer sei als der Weg der schwedischen Fahrpost.

Als dieses Schreiben in Schwerin eintraf, stand König Karl XII. auf dem Gipfel seiner Macht. Der von ihm ausgesprochene Wunsch wegen des Postwesens mußte daher einem Befehl gleich kommen. Nichtsdestoweniger wußte der Kammerrath Mumme Herzog Friedrich Wilhelm von einer uneingeschränkten Genehmigung der schwedischen Wünsche abzubringen. In einem längeren Bericht zergliederte er die einzelnen Forderungen und Vorstellungen Karls XII. in klaren und anschaulichen Worten, die ihren Eindruck bei der herzoglichen Regierung nicht verfehlten. Mit fast wörtlicher Wiedergabe von Mumme's Bericht ging daher

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 188 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

unter dem 28. November 1705 das Antwortschreiben an Karl XII. ab. "Man habe," heißt es in demselben, "zwar die Passage eines schwedischen Postwagens von Rostock nach Hamburg verstattet, und obzwar dieser Postwagen, da Wir Zeit Unsrer fürstlichen Regierung Kraft hoher landesfürstlicher Macht und nach dem Exempel anderer Länder und benachbarter Puissancen Unser Postwesen befugtermaßen in Unseren Landen selber exerciren, auch insonderheit wie an allen Ohrten also auch von Rostock ab, fahrende Posten nach Hamburg anlegen lassen, den Unsrigen nunmehro nicht geringen Eintrag und Schaden verursachet, so haben Wir dennoch obige Konzession aus geziemender deference vor E. Königl. Maj. Unseres merklichen Schadens unerachtet, bis anhero in ihren Würden gelassen. Daß aber auch zu obangeführter Zeit (1685) Ew. Königl. Maj. Vater von Unserem Vetter und Antecessor an der Güstrow'schen Regierung die Konzession sollte ertheilt sein, daß auch von Rostock ab gantz nach Stralsund ein schwedischer Wagen und Postillon fahren sollte, davon finden Wir in Unseren Archivis sogar keine Nachricht, wohl aber erhellet aus denen damaligen Verordnungen (Güstrow, 13. December 1686, an die Postmeister Bahlemann und Völschow, sowie an Bürgermeister und Rath zu Rostock), daß Weyl. Herzog Gustav Adolph zu Güstrow dergleichen praejudicirliche Neuerungen im Postwesen nicht gestatten wollen; und daß solche Verordnung nicht ohne effect gewesen, hat nicht allein der nachherige Erfolg erwiesen, da nämlich dieses eine relais von Rostock bis Damgarten jederzeit von einem Güstrow'schen Postillon, weil solches im Güstrow'schen Territorio ist, gefahren worden, sondern es hat auch zu der Zeit der damalige Kommissarius Vatky sich wegen des Porto dieses relais mit Unserm Rostock'schen Postmeister schriftlich verglichen (Stralsund, 22. Februar 1686)." Vatky könne daher an den König nur einen unzutreffenden Bericht von der Sachlage eingesandt haben, und man müsse jetzt fordern, daß es mit der Konzession der schwedischen Post auf der Strecke zwischen Hamburg und Rostock seiu Genügen behalte.

Ein eigenes königliches Postkontor könne in Rostock nicht zugestanden werden. "Wir können Ew. K. Maj. bei Unseren fürstl. Worten versichern, daß nicht Ew. K. Maj. Interesse sondern vielmehr eine partikulière Absicht einiger privat Leute hierunter versiret und einer Unserer eigenen Unterthanen in Rostock, welchem Wir aus bewegenden Ursachen bey Kombinirung Unser Fürstenthümer die Güstrow'sche Post, so er

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 189 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vormals verwaltet hat, abnehmen lassen, und welcher nunmehr E. Kgl. Maj. Postkontor gern in sein Haus haben will, zu dergl. bösen instrument wieder Unß als seinen natürlichen Landesherrn gebrauchet wird." Die sachlichen Ausführungen über die Konzessionirung der herzoglichen Post in Wismar, fährt dann das Schreiben fort, seien übrigens Sr. Maj. falsch, vielleicht absichtlich falsch vorgetragen, indem bei Einrichtung der meklenburgischen Postkurse von Schwerin und Güstrow nach Wismar das schwedische Kontor daselbst es abgelehnt habe, die herzoglichen Posten abzunehmen, weil dieselben angeblich zu geringe Erträge abwürfen, sodaß die Posten genöthigt waren, in einem Wirthshause "zum Posthorn" abzulegen, das früher die schwedischen Posten in gleicher Weise benutzt hätten. Uebrigens sei Wismar Endstation der Posten, sodaß von einer Durchfahrt nicht die Rede sein könne.

Auch der dritte Punkt im Schreiben Karl XII., einen Feldpostkurs durch Meklenburg anzulegen, wurde abgeschlagen, mit dem Bemerken, daß die Feldpost bequem an die zweimal wöchentlich von Neubrandenburg nach Güstrow gehende Fahrpost anschließen könne. Bei Anlegung der Feldpostroute bestände die Gefahr, daß die herzogliche Post von Neubrandenburg bis Güstrow ruinirt würde, und man habe aus diesem Grunde kurz vorher ein ähnliches Gesuch des Strelitzer Hofes, der eine eigene Post über Güstrow, Banzkow und Wittenburg nach Hamburg anlegen wollte, ablehnen müssen. "Eure Kgl. Maj. wollen nur, schließt das Schreiben, zu Unß die feste Zuversicht haben, daß Wir an allen dero glorieusen actionen aufrichtigen part nehmen und zu allen deren ferneren progressen des großen Gottes kräftigen Beystand und glücklichen Success von Herzen anwünschen, also auch Unsererseits gern dahin cooperiren werden, daß dieselben bei noch fortwehrenden dero Krieges expeditionen in Pohlen mehrere und geschwindere Correspondence von Hamburg nach Stettin dero intention zu vollkommener Satisfaction und merklichen Nutzen und zugleich ohn Unsern Schaden und sonst besorglichen und gewiß erfolgenden Abgang Unserer Posten erreichen können, in welcher Wir diesen unvergreiflichen Vorschlag thun wollen, dero Posten an die Unseren in Neubrandenburg anzuschließen; denn als Wir Unß haben berichten lassen, braucht dero Post aus Hamburg nach Stettin jedesmal pptr. 84 Stunden, da Unsere Posten den anderen Kurs über Güstrow von Hamburg ab in 48 Stunden gemächlich in Neubrandenburg seien."

Ob man sich in Schwerin großen Erfolg von diesem Schreiben versprach, lassen die Akten leider nicht erkennen. Karl's XII.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 190 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Energie und Starrsinn hätten den Widerstand Meklenburgs mit leichter Mühe brechen können, aber in den Wechselfällen des nordischen Krieges trat gerade jetzt der für Schweden verhängnißvolle Wendepunkt ein, wo Karl XII. unterlag. Den meklenburgischen Posten blieb vor der Hand wenigstens die Konkurrenz einer neu organisirten, vollständig eigenen schwedischen Post im Lande erspart. Dafür bestand aber die alte schwedische Post ruhig weiter, nicht zum Vortheil des herzoglichen Postwesens. Zahlreiche Berichte und Eingaben in den Akten lassen erkennen, daß die schwedische Post, hauptsächlich zwischen Rostock und Wismar, fast den ganzen Korrespondenzverkehr aus Meklenburg an sich riß. Besonders von der Hand des Postmeisters Völschow in Rostock finden sich noch viele diesen Punkt betreffende Eingaben vor. Zwischen ihm und den schwedischen Postämtern in Pommern bestand ein immerwährender Kleinkrieg, welcher mit dazu beitrug, die Beziehungen zwischen Meklenburg und Schweden mehr und mehr zu verschlechtern. Zu heller Fehde loderte der Kampf auf, als der schwedische Postmeister in Stettin es ablehnte, die Portotheilung aus den Kursen Rostock - Stralsund und Rostock - Demmin - Stettin nach alter usance zu belassen, vielmehr eine eingehende Berechnung aller für die Post aufkommenden Portobeträge forderte. Bis dahin hatte jede Postanstalt die bei ihr erhobenen Portobeträge für sich vereinnahmt. Völschow hatte nicht vermocht, das alte Verfahren wiederherzustellen und daher, wie er an Herzog Friedrich Wilhelm berichtete, "zur maintenirung des hochfürstlichen Postregals vor der Hand dem Stettin'schen Postkontor wegen der Briefe von Hamburg, Lübeck und Wismar, so auf Ew. hochf. Durchl. reitenden Post vier Mal wöchentlich und jedesmal 15 Meilen (von Wismar über Rostock nach Demmin) fortgeschafft worden, wöchentlich 4 Rthlr. angerechnet."

In den nächsten Jahren wendete sich das Kriegsglück vollständig zu Ungunsten Schwedens, sodaß den meklenburgischen Posten von schwedischer Seite keine Gefahr mehr drohte. Aber nun spielten die Kriegsereignisse auch nach Meklenburg hinüber. Dänen, Sachsen und Russen wirthschafteten bald wie Herren im Lande. Die schwedischen Posten hörten auf, zu kursiren, aber den hierdurch gewonnenen Vortheil ließen die Kriegswirren nur sehr unvollständig zur Erscheinung kommen. Bezeichnend für die Zeitverhältnisse ist ein Bericht des Ober-Ppostdirektors von Walter vom 12. April 1715 an den Geh. Rath von Wolffradt, in welchem geklagt wird, "daß die Dänen unsere Posten auf öffentlichen Landstraßen nicht allein aufhalten, sondern auch gar

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 191 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

attaquiren und die Ihnen beliebe Sachen mit sich wegnehmen. Wann nun dergleichen unbilliges und wider den allgemeinen Landtfrieden lauffendes höchst despectirliches Beginnen und hauptsächlich wider hochfürstliches Postrecht absonderlich itziger Zeit nach dergleichen auch also von den Schweden nachgefolget werden dürfte, wodurch den unsere Posten in Abnehmen und größeste Unsicherheit gesetzet werden wird," so, ersuchte Walter Wolffradt, bei dem Kommando der Dänen schleunigst Vorstellungen zu erheben.

Gegen Ende des Jahres 1715 war Stralsund in dänische Hände gefallen, und Dänemark beeilte sich, die schwedische Erbschaft anzutreten. In erster Linie sollte der alte schwedische Postkurs unter dänischer Leitung von Stralsund nach Hamburg wieder eingerichtet werden. Der schwedische Postmeister von Rosenkreutz in Stralsund widerrieth zwar dem mit der Anlegung der Post betrauten dänischen Feldpostmeister, in die meklenburgischen Gerechtsame einzugreifen und ein besonderes dänisches Postkontor in Rostock anzulegen, auch die meklenburgische Regierung erhob energischen Protest, nichtsdestoweniger wurde eine dänische Reitpost, später eine Fahrpost von Stralsund nach Hamburg über Wismar (das inzwischen auch in dänischen Besitz gelangt war) eingerichtet. Sie kursirte zwei Mal wöchentlich und legte in Rostock bei der Frau des dänischen Kommissars Saß und in Wismar bei einem dänischen Offizier ab. Mit der Post gelangte eine umfangreiche Privatkorrespondenz zur Beförderung, da das Publikum bei dem augenblicklichen Ueberwiegen des dänischen Einflusses im Lande die Post für besonders sicher hielt. Die meklenburgische Regierung trug naturgemäß mit Rücksicht auf die in Schleswig - Holstein stehenden dänischen Truppen Bedenken, sofort einzuschreiten, indeß erging doch am 1. Februar 1717 an den meklenburgischen Oberst von Schwerin zu Rostock gemessener Befehl, die dänische Post bei der Ankunft daselbst anzuhalten und das Felleisen mittels der fürstlichen Fahrpost befördern zu lassen.

Der herzogliche Postmeister Babst wurde zwei Tage darauf dahin instruirt, die ankommende dänische Post im Beisein des Postillons in seinem Hause abzunehmen und deren Verpackung auf eine meklenburgische Post zu beaufsichtigen, auch unter dem Beistand militärischer Hülfe zu verhüten, daß in Rostock kein dänisches Felleisen geöffnet, noch auch neue Briefe gesammelt oder gar Personen für die dänischen Posten eingeschrieben würden. Sonst enthielt die Instruktion folgende bezeichnende Punkte: 4. "Wenn aber welche mitkommen, welche nach Demmin und Stettin wollen, so hat Er Ihnen anzuzeigen: daß Er ordre

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 192 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

hätte, niemand auf unserer Post aufzunehmen, welcher nicht auf unserer Post ankähme, Er könnte es aber doch etliche Male geschehen lassen, damit die Leute nicht aufgehalten werden, absonderlich wenn sie vorgeben sollten, sie hätten es nicht gewußt. Dem dänischen Postillon aber hätte er anzuzeigen, daß er Niemand nach Stettin mitnehmen solle, welcher nicht auf der meklenburgischen Post ankähme."

Aehnliche Instruktionen ergingen an die Städte, welche die dänischen Posten unterwegs passiren mußten. Ueberall wurden die Befehle des Herzogs Carl Leopold gern und willig befolgt. Die Folgen dieser Handlungsweise machten sich indessen bald zum Nachtheil Meklenburgs bemerkbar. Die Dänen übten überall, wo sie es vermochten, Repressalien schlimmster Art an den meklenburgischen Posten, nnd jede einer dänischen Post im Lande widerfahrene Unbill wurde in verstärktem Maße wieder vergolten. Besonders im Herzogthum Lauenburg, das in den Händen der Dänen war, erfolgten die schwersten Schädigungen der meklenburgischen Posten; die Fahrposten wurden in Ratzeburg und Boizenburg von dänischen Streifkorps aufgehoben, die Pferde ausgespannt, Postgüter beschlagnahmt und die Postillone eingesperrt u. s. w.

Da zu besorgen stand, daß das meklenburgische Postwesen seinem Ruin entgegengehen wurde, wenn seine Haupteinnahmequelle, die Verbindung mit Hamburg, abgeschnitten würde, so beauftragte Herzog Carl Leopold den Hofrath Ostermann in Amsterdam, die Intervention der czarischen Minister daselbst anzurufen, da Gefahr bestand, daß die Korrespondenz des Czaren, welche damals theilweise über Meklenburg befördert wurde, durch die Kriegswirren beschädigt und in ihrem Laufe schwer verzögert werde. Aber bevor man Erfolg von dieser Maßnahme erwarten konnte, waren die Zustände schon unerträglich geworden. Auf meklenburgischer wie auf dänischer Seite sah man ein, daß man nutzlos seine Kräfte aufreibe; beide Parteien kamen daher überein, "zu Hinlegung des eine Zeither vorgewesenen Mißverständnisses wegen beyderseitiger von und nach Hamburg durch diese und die holsteinschen Lande gehende fahrenden und reitenden Posten" sich zu verständigen. Die meklenburgischen Kommissare für die in Hamburg stattfindende Berathung, Accisedirektor Kelp und Agent und Postmeister le Plat in Hamburg, erhielten die vorläufige Instruktion: "Man wisse noch nicht - da die aktenmäßigen Grundlagen fehlten - wie weit man Seitens Meklenburgs gehen könne; die Bevollmächtigten sollten daher erst die dänischen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 193 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Forderungen entgegennehmen und sofort über dieselben nach Schwerin berichten."

Die Berathung begann, und Dänemark ließ den meklenburgischen Kommissaren ganz exorbitante Forderungen vorlegen: Schadenersatz für die den dänischen Posten zugefügte Benachtheiligung (3475 Rthlr.); für die Zukunft freie Passage für dänische Posten durch ganz Meklenburg von Ratzeburg über Gadebusch, Wismar, Altkarin, Rostock und Damgarten; Einstellung der (um diese Zeit) neu eingerichteten dritten herzoglichen Fahrpost nach Hamburg, und andere Forderungen.

Kelp und le Plat brachten nach eingeholter Instruktion ihrerseits Forderungen von nicht geringerem Umfange vor. Sie begründeten eingehend den Rechtsstandpunkt der ehemaligen schwedischen Post, wollten von einem dänischen Postkontor in Rostock nichts wissen und forderten, wenn für ihre sonstigen Bedingungen Entgegenkommen bestände, daß die Beförderung der Post von Rostock nach Behrendshagen allein für meklenburgische Rechnung, wie es im Jahre 1701 Gebrauch gewesen wäre, erfolgen müsse. Sie machten auch ihrerseits Schadenersatz geltend und zwar in Höhe von 8000 Rthlr., denn die damals bestehenden 3 meklenburgischen Postkurse nach Hamburg hätten sonst schätzungsweise folgende Einnahmen abgeworfen:

1. Kurs Rostock - Wismar - Hamburg 4000 Rthlr.
2. " Güstrow - Boizenburg - Hamburg 4160 "
3. " Schwerin - Ratzeburg - Hamburg 3000 "

Zusammen 11160 Rthlr.

Nach Lage der damaligen Zeitverhältnisse im Lande können diese Beträge nur die Roheinnahmen der Hauptkurse dargestellt haben. Da beide Parteien hartnäckig auf ihren übermäßigen Forderungen bestehen blieben, so war die Kommission auch nach dreimonatiger Tagung nicht einen Schritt vorwärts gekommen. Herzog Carl Leopold wendete sich daher, um die Angelegenheit zu Ende zu bringen, unmittelbar nach Kopenhagen, aber von hier lief unter dem 15. Januar 1718 nachstehende Antwort ein: "Es ergehet an Ew. Liebden hiemit Unsere freundvetterliche Requisition, Sie geruhen Unseren Posten durch dero Städte sowie damahlen, als Vor-Pommern in schwedischen Händen war, den freyen, ungehinderten Lauf zu lassen und Unß hierunter eine marque zu geben, ob Sie eine gute nachbahrliche Freundschafft mit Unß zu unterhalten gemeinet sind oder nicht, allermaßen Wir auf den

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 194 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

einen oder anderen Fall darnach Unsere mesures zu nehmen nicht ermangeln werden."

Da der meklenburgischen Regierung somit keine Wahl freistand, auch die immer mißlicher gewordenen inneren Landesverhältnisse wenigstens nach dieser Seite hin zur Nachgiebigkeit riethen, so erfolgte aus Schwerin unter dem 25. Januar die Erwiderung, daß die von und nach Pommern durch Meklenburg kursirenden dänischen Posten ungehemmte Passage in demselben Umfange genießen sollten, wie vordem die schwedischen Posten; man sprach dabei aber die Erwartung aus, "ebenmäßig werden Ew. Kgl. Maj. mit Unseren dero Territoria berührenden Posten alles wieder in vorigen Stand setzen lassen."

Die Akten lassen den Verlauf der Angelegenheit leider nicht erkennen, aber in der Zwischenzeit hatten der dänische Postmeister Hjort in Stralsund und der herzogliche Postmeister Babst in Rostock vereinbart, daß die dänisch - pommersche Korrespondenz der meklenburgischen Fahrpost zugeführt werden sollte. Dieses Verhältniß blieb bestehen, bis der dänische Generalgouverneur von Dewitz die Anlegung einer eigenen dänischen Fahrpost nach Hamburg betrieb. Am 11. Januar 1719 kam die dänische Post zuerst wieder in Rostock an; gleichzeitig kursirte, allerdings von dänischer seite lebhaft bestritten, die dritte meklenburgische Post von Rostock nach Hamburg ruhig weiter. Da sich die Konkurrenz der dänischen Post aber wie früher die der schwedischen Post für die meklenburgischen Postaufkünfte lästig fühlbar machte, erhob die meklenburgische Regierung alsbald über das Bestehen der Post bei den zur Exekution gegen Meklenburg bestellten Höfen Protest. Darauf erging von dem Herzog von Wolfenbüttel am 20. Juni 1719 die Antwort, daß die kaiserliche Kommission nicht gewillt sei, "von den juribus territorialibus des Herrn Herzogs von Meklenburg=Schwerin Lb. etwas zu remittiren, oder in die Schmälerung der Posteinkünfte zu consentiren, also würde alles Nöthige vorzukehren sein, die dänische Neuerung zu hindern." Ein dieselbe Angelegenheit betreffendes Reskript von Hannover, 19. Juni 1719, entschied aber in der Sache folgendermaßen: "Es ist Uns vorgetragen, was Ihr wegen der von kgl. dänischer Seiten zu Stralsund angelegten, durch das Meklenburgische nach Hamburg fahrenden Post berichtet und Uns anheim gegeben. Nun können Wir Uns in diese Sache nicht mischen, sondern müssen selbige gehen und deren Ausmachung dem Meklenburg=Schwerinschen Hofe überlassen."

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 195 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Eine Aufklärung der beiden von den Exekutionshöfen erlassenen abweichenden Bescheide ist nach den Akten auch später nicht ergangen. Unter der erdrückenden Konkurrenz der dänischen Posten mußte die Rostock - Hamburger Post ihren Betrieb einstellen.

Nach Beendigung der nordischen Krieges hörten die dänischen Posten auf zu kursiren. An ihrer Stelle traf die erste schwedische Post am 18. Januar 1721 von Wismar wieder in Rostock ein. "Um das herzogliche Postregale und Interesse zu observiren und den pommerschen desseins zu praeveniren," tauchte nun bei der meklenburgischen Regierung sofort wieder die Absicht auf, eine Konkurrenzpost einzurichten, zumal es eines Landesherrn unangemessen sei; sich zur Beförderung seiner Korrespondenzen der durch sein Land gehenden fremden Postkurse zu bedienen. Trotz der Wirrsale, in denen Meklenburg damals bei der Abwesenheit des Herzogs Carl Leopold befangen war, wurde der Plan festgehalten; die Abneigung gegen alle in Meklenburg überwiegenden fremden Einflüsse beseitigte alle Hindernisse und Bedenken. Noch im Jahre 1721 trat die dritte meklenburgische Post von Rostock nach Hamburg wieder in Gang. Dem Durchgang der neuen Post durch Lauenburg begegneten keine Schwierigkeiten, dafür suchte aber die schwedische Regierung nach Kräften dem neuen Unternehmen Abbruch zu thun. Es gelang ihr dies um so besser, als die Abfahrtszeiten der schwedischen Post günstiger für den Anschluß von Pommern her lagen als die der meklenburgischen. Doch der Postmeister Babst in Rostock ließ kein Mittel unversucht, alle dem Gedeihen der Post hinderlichen Einflüsse zu beseitigen, vor allen Dingen die Konkurrenz der schwedischen Post. Daß die letztere in absehbarer Zeit wieder eingehen würde, daran war nach Lage der Verhältnisse nicht zu denken; er griff daher zu anderen Maßnahmen. Auf seinen Antrag wurde der Gang der dritten herzoglichen Post hinsichtlich des Anschlusses an die fremden Posten in Hamburg zweckmäßig geregelt. Auch sonst suchte er die schwedische Post direkt zu schädigen; er ließ nämlich wiederholt die schwedischen Wagenmeister nichtiger Ursachen halber einsperren, verbot der Post die Briefsammlung und Annahme von Personen in Rostock u. s. w. Aber der Streit nahm schon kurze Zeit darauf ein für Meklenburg wenig rühmliches Ende, denn die Exekutionskasse, die in der Zwischenzeit die Verwaltung der Posten übernommen hatte, verfügte die Aufhebung der Rostock - Hamburger Fahrpost. In der Verfügung vom 19. März 1723 heißt es: "Wie die Erfahrung lehrt, daß die Ao. 1721 von Rostock über Hornstorf, Gadebusch, Rehna auf Hamburg angelegte neue

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 196 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

fahrende Rost die Postgefälle wegen ihrer excessiven Kosten und geringen Profits dergestalt geschmälert, daß der Postmeister Babst zu Rostock dadurch nicht allein in einen sehr starken Vorschuß gesetzet, sondern auch durch diese Post die über Bützow und Sternberg auf Wittenförden nach Hamburg fahrende Post fast ganz inutil gemacht worden," so werde hiermit der Postkurs überhaupt aufgehoben.

Babst suchte sich nunmehr an den schwedischen Posten für den ihm entgangenen Gewinn zu rächen. Er zettelte endlose Streitigkeiten mit den Passagieren und Beamten der schwedischen Post an, suchte derselben möglichst wenig Passagiere und Postgüter in Rostock zuzuführen und verzögerte, wo er nur vermochte, den Gang der Post. Sein Einfluß erstreckte sich aber nur auf Rostock allein; die schwedische Post kam trotz seines widerwilligen Verhaltens in Aufschwung, und da die Regierung in Stralsund bei jeder der Post widerfahrenen Unbill sofort mit Drohungen bei der Hand war, so hatte die Post allmählich Befugnisse sich angemaßt, die sie vor der dänischen Zeit nie besessen hatte, z. B. das Recht Briefe, Packete und Personen innerhalb Meklenburgs zu sammeln und zu befördern. Dieser Umstand machte sich bald in der Abnahme der Rostocker Postgefälle fühlbar, sodaß die Exekutionskasse wegen der Post mit der Regierung in Stralsund in Schriftwechsel trat. Hierburch wurde wenigstens Ende des Jahres 1723 von letzterer das Zugeständniß erzielt, daß die schwedische Post an den Stationsorten innerhalb Meklenburgs nicht kolligiren dürfe.

Diese Verheißungen waren aber nicht von langer Dauer. Schon im Jahre 1725 fand der Postdirektor von Schütz sich veranlaßt, bei der Exekutionskasse über die in früherem Umfange weiter bestehenden Uebergriffe der schwedischen Post Klage zu führen. Die Kassendirektoren begnügten sich indeß damit, am 17. Februar 1725 an von Schütz zu verfügen: "Wir finden es bedenklich, wegen der zwischen dem Rostock'schen und schwedischen Postamte zu Stralsund sich enthaltenden Differenzen sich in weitläufige Discussiones einzulassen, und wird am Besten sein, wann Eurem Vorschlage gemäß selbige, so gut sichs thun lassen will, in der Güte beyzulegen, jedoch daß des Hertzogen zu Schwerin Lb. dero Befugniß künftig zu beachten reserviret werde."

Da Nachgiebigkeit bei der schwedischen Regierung nicht zu erwarten war, so ließ auch von Schütz jetzt den Dingen seinen Lauf; nur von Zeit zu Zeit frischte er bei der Exekutionskasse

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 197 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

die Erinnerung an die schwedische Post wieder auf, erfuhr aber jedesmal Abweisung, da die Exekutiönshöfe sich in weitläuftige Poststreitigkeiten nicht einlassen wollten. Als von Schütz im Jahre 1729 anzeigte, daß der schwedische Postdirektor in Stralsund sich sogar die Postfreiheit innerhalb Meklenburgs angemaßt hätte, erging an ihn 4. Mai 1729 der Bescheid, daß, da "der Postdirektor schon vor Einrückung der kaiserlichen Exekution die Postfreiheit besessen hätte, man darunter jetziger Zeit eine Aenderung vorzunehmen bedenklich finde."

Unter solchen Umständen fand die schwedische Post reichliche Muße, sich in Meklenburg einzubürgern; von der meklenburgischen Regierung wurden ihr in der nächsten Zeit auch keine Hindernisse in den Weg gelegt, und wenn das Postamt in Stralsund Anlaß zu Klagen nahm, so betrafen dieselben ständig die der Post von den meklenburgischen Postbeamten zugefügten Schwierigkeiten, zu denen die meklenburgischen Postkontors gerne die Hand boten. In dieser Beziehung zeichnete sich besonders das Postkontor in Gadebusch aus, welches unter dem Vorwande, nur zum Besten des hochfürstlichen Postregals zu handeln, der schwedischen Post auf jede Weise Eintrag that. Es mag dahin gestellt bleiben, ob der herzogliche Postmeister etwa deswegen auf die schwedische Post so schlecht zu sprechen war, weil die Expedition derselben ihm abgenommen und einem Barbier in Gadebusch übertragen war.

Unter dem 31. August 1747 erließ König Friedrich von Schweden für den Stralsund - Hamburger Postkurs ein neues Reglement, nach dem die schwedischen Taxen erheblich niedriger waren als auf den meklenburgischen Posten, sodaß die letzteren vom Publikum weniger benutzt wurden als die schwedischen Posten. Man zog die Sache nach einiger Zeit in Schwerin zur Berathung und beschloß, auch die meklenburgische Posttaxe zu ermäßigen; über den Verhandlungen gingen aber Jahre hin, als dann der siebenjahrige Krieg ausbrach, gerieth die Sache in Vergessenheit. Nachdem dann im Jahre 1757 infolge der schwedischen Invasion aushülfsweise eine schwedische Reitpost zwischen Rostock und Stralsund eingerichtet war, trat die schwedische Fahrpost am 2. Juli 1758 wieder in Thätigkeit.

Das Verhältniß Meklenburgs zu Schweden hatte sich durch die Stellung beider Staaten zu Preußen erheblich zu Gunsten Schwedens geändert, sodaß 1759 sogar die meklenburgische Regierung sich bereit finden ließ, das Porto für die zwischen Hamburg und Schweden versandten schwedischen Münzbeträge erheblich zu ermäßigen als Entgelt dafür, daß Schweden die für

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 198 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

die meklenburgischen Truppen in Stralsund bestimmten Lebensmittel accisefrei dorthin hatte transportiren lassen. Nach Beendigung des Krieges, nachdem das Verhältniß zu Schweden wieder erkaltet war, begann man, die Uebergriffe der schwedischen Posten wieder als solche zu empfinden, besonders als diese soweit gingen, daß z. B. für Versendungen zwischen Wismar und Rostock fast ausschließlich die schwedische Post benutzt wurde. Nunmehr nahm die inzwischen gebildete Hauptpostkommission sich der Sache an und richtete an die Regierung im Jahre 1769 einen aktenmäßig begründeten Antrag über die schwedische Post in Meklenburg.

Auf Herzog Friedrichs Bestrebungen, allen fremden Posteinrichtungen innerhalb Meklenburgs entgegenzutreten, ist schon oben hingewiesen worden. Entsprechend seinem bisher befolgten Prinzip ließ er der Regierung in Stralsund daher unter dem 23. Februar 1769 mittheilen: "Zu der Herren rechtsbilliger Gesinnung haben Wir das zuversichtliche Vertrauen, Sie werden, wie Wir hierdurch darum angelegentlich ersuchen, die Verfügung fördersamst machen, daß den Wagenmeistern mehr erwähnter königl. Post die unzulässige Aufnahme der Passagiers und Sammlung von Briefen und Päckereien für und in Unseren Landen, besonders in Gadebusch, bei harter Strafe untersaget werde." Die schwedische Regierung verhieß zwar Abhülfe, that aber nichts, den vielseitigen Klagen über die Uebergriffe ihrer Post in Meklenburg den Grund zu nehmen; daher blieb die Aufwerksamkeit der meklenburgischen Regierung unausgesetzt auf den schwedischen Postkurs gerichtet. Die Zeitläufte wären ja günstig gewesen, den schwedischen Uebergriffen gewaltsam entgegenzutreten, aber Herzog Friedrich suchte seine Zwecke möglichst durch friedliche Mittel zu erreichen. Durch fortgesetzte Verbesserung des meklenburgischen Postwesens gelangte er zu dem Ziele, daß die schwedische Post vollständig isolirt wurde und endlich in ihrem Wirkungskreis auf den Lokalverkehr zwischen Hamburg, Wismar und schwedisch Pommern beschränkt blieb.

d. Lübecker Posten in Meklenburg.

Die Lübecker Postkurse nach Wismar und Boizenburg erlitten während der Anwesenheit der dänischen und preußischen Truppen in Meklenburg in den Jahren 1715 und 1716 eine längere Unterbrechung. Während die verbündeten Truppen in diesen Jahren vor der schwedischen Stadt Wismar lagen, machte der meklenburgische Hof Anstrengungen, in den Besitz der Lübecker

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 199 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Postkurse zu kommen. Seinen Bemühungen wurden auch von den dänischen und preußischen Heerführern, solange die Belagerung deren ganze Thätigkeit in Anspruch nahm, keine Schwierigkeiten in den Weg gelegt; aber gleich nach dem Fall Wismars traten die Lübecker Posten, nicht ohne Begünstigung der dänischen Regierung, wieder in Wirksamkeit.

Erst der Postdirektor von Schütz brachte die Angelegenheit im Jahre 1726 zur Sprache. Auf seine Anregung untersuchte die Exekutionskasse die Rechtsgrundlagen für das Bestehen der Post auf meklenburgischem Gebiet und erhielt vom Gewett zu Lübeck ein Schreiben unter dem 23. März, "daß gleichwie man solcherwegen in geruhiger mehr denn 40jähriger von denen Hertzogen zu Meklenburg nicht contradicirter noch sonst veränderter possession sei, auch von keinen excessibus etwas wisse, also werden die Kassendirektores damit alles in statu quo belassen, bei sothanen Umständen auch keine editionem etwaiger documentorum verlangen."

Von Schütz erreichte auch thatsächlich nichts, was den Bestand der Posten hätte ändern können, dafür zeigte aber der Lübecker Magistrat Entgegenkommen in weitem Umfange, indem er das Briefporto zwischen Lübeck und Schwerin von 1 auf 2 ßl. zu erhöhen versprach und den dänischen Postinspektor Hëus, welcher die holsteinschen Posten gepachtet hatte, vermochte, Briefe aus Dänemark und Holstein nach Pommern und Brandenburg in Hamburg dem meklenburgischen Postkontor zuzuführen. Letzteres geschah auch, ersteres aber blieb Versprechen, da von den Exekutionshöfen eine Antwort auf das Gesuch der Kassendirektoren nicht einlief. Erst die Hauptpostkommission lenkte die Aufmerksamkeit der Regierung im Jahre 1767 auf den nun bald hundertjährigen Gebrauch, wonach ein Brief auf der 8 Meilen langen Strecke von Schwerin nach Lübeck - d. h- 2 sog. Stationen von je 4 Meilen - nur 1 ßl. kosten solle. Thatsächlich wurde jetzt zwischen den Regierungen in Schwerin und Lübeck die Portoerhöhung von 1 auf 2 ßl. beschlossen; sie fand auch in der Taxe von 1770 Berücksichtigung.

Herzog Friedrich von Schwerin ließ, wie schon früher bezüglich der preußischen, Hamburger und schwedischen Posten auf meklenburgischem Gebiet, aktenmäßige Feststellungen auch über die Entstehung der Lübecker Postkurse in Meklenburg vornehmen; mangels ausreichenden Materials mußte die Sache aber einstweilen auf sich beruhen, und erst seinem Nachfolger in der Regierung war es vergönnt, praktische Erfolge aus diesen Erhebungen durch die Beseitigung der Mehrzahl dieser fremden Kurse zu ziehen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 200 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Allgemeiner Zustand der Postanstalt.

Am Schlusse des ersten Jahrhunderts seines Bestehens bietet das Postwesen in Meklenburg einen erfreulichen Anblick dar. Trotz der Abgeschlossenheit des Landes nach außen und der langjährigen Wirren und kriegerischen Ereignisse im Innern war für die Landespost eine feste Grundlage geschaffen, auf der unter günstigen wirthschaftlichen Verhältnissen ein gesunder Aufbau möglich war.

Das Postregal als herzogliches Hoheitsrecht war trotz der Wirren unter Herzog Carl Leopold fest begründet. Sein Entwicklungsprozeß war im Großen und Ganzen durch die im Jahre 1710 erlassenen Verordnungen des Herzogs Friedrich Wilhelm zum Abschluß gekommen. Durch die langwierigen Streitigkeiten zwischen Fürsten und Landstände war das Postwesen eigentlich nie direkt berührt worden, selbst im landesgrundgesetzlichen Erbvergleich von 1755 wird es nirgends besonders erwähnt, obgleich es schon damals eine wichtige Rolle im Wirthschaftsleben des Landes spielte. Vielleicht beweist dieser Umstand, daß das herzogliche Postregal auch bei den Ständen volle Anerkennung gefunden hatte.

Für die Herzöge bildete das Regal ein reines Finanzobjekt. Daraus erklärt sich, daß neue Postkurse, neue Postanlagen nur in dem Falle entstanden, wenn ein sicherer Gewinn zu erwarten war; das wirthschaftliche Bedürfniß wurde zwar hie und da in Rücksicht gezogen, ohne indeß entscheidend zu sein. So begreift sich auch das ablehnende Verhalten der Herzöge gegenüber den fremden Posten, die zwar für Handel und Verkehr im Lande unzweifelhaft von Bedeutung waren, andererseits aber dem herzoglichen Regal fühlbaren Abbruch thaten. Der Gegensatz zu den fremden Posten im Lande hinderte aber die Herzöge nicht, ihrerseits außerhalb Meklenburgs Postgerechtsame auszuüben. In Hamburg blieb das herzogliche Postkontor aller Anfechtungen ungeachtet von Bestand, in Lübeck stand den Herzögen ein gewisses Maß von Postbefugnissen zu, und in Ratzeburg wie in Lauenburg hatten die Meklenburg - Hamburger Kurse seit uralter Zeit den Postverkehr vermittelt; durch die Konvention von 1743 mit Hannover wurde dieses Vorrecht ausdrücklich anerkannt.

Dem Postzwang wurde im Verlauf dieser ganzen Periode eine immer schärfere Präzision zu Theil. Die Verordnung vom 25. Juli 1710 stellte den Reiseverkehr ganz unter die Kontrole

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 201 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Postanstalten; ebenso wurde auf Briefe und kleine "postmäßige" Päckereien der Postzwang uneingeschränkt ausgedehnt. Nur Frachtgegenstände wurden dem Fuhrgewerbe zur Beförderung freigegeben. Wo die Grenze zwischen postmäßigen und frachtbaren Sachen lag, blieb vor der Hand unentschieden. Jedenfalls aber war dieser Mangel gerade die Ursache, weshalb der Wettbewerb des Fuhrgewerbes schwer zu beseitigen war. Noch im Jahre 1740 beförderten die Posten Sachen von 2 - 300  Gewicht; "hierfür sei zwar, wie Postmeister Jahnke sich äußerte, keine Verordnung erlassen, solches sei aber durch die Gewohnheit bekannt." Da dieser Brauch aber die Postwagen den Frachtwagen ähnlich machte und den regelmäßigen Lauf der Posten erschwerte, wurde am 6. April 1740 das Meistgewicht für Postpäckereien auf 100  festgesetzt.

Am 3. April 1755 erfolgte dann endlich eine Verordnung, welche den Postzwang ohne Unterschied auf Gelder, Pretiosen, Briefe und Packete bis zu 25  Gewicht ausdehnte. Personen waren in der Verordnung nicht erwähnt, da sie unbestritten dem Postzwang unterlagen, wie aus dem neuen Fuhrreglement vom 10. Dctober 1759 deutlich hervorgeht. Nur hatte sich bezüglich der Personenbeförderung die Postverwaltung eines Theils ihres Monopols insofern entäußert, als sie den Extrapost-, Kurier- und Estaffettendienst sowie die Gestellung der Beiwagen zu den regelmäßigen Posten allgemein den Reihefuhrämtern bezw. dem Fuhrgewerbe überhaupt, allerdings unter strenger Kontrole der Postanstalten überwiesen hatte. Die Begrenzung des postzwangspflichtigen Gewichts auf 25  schloß nicht aus, daß die Posten auch schwerere Sendungen bis zu 150  Gewicht beförderten; selbst Frachtsachen blieben eine ständige Erscheinung auf den herzoglichen Postwagen. Zeitungen unterlagen nicht direkt dem Postzwange; der Zeitungsvertrieb war vielmehr Privatsache der Postmeister, welche für den Zeitungsvertrieb Portofreiheit genossen. Uebrigens konnte sich Jedermann Zeitungen kommen lassen, wie und von wo er wollte; aber wenn das Publikum seine Zeitungen nicht von dem Postamte sondern direkt vom Verleger bezog, so mußte für jede Nummer das volle Briefporto entrichtet werden; das kam durch die Vertheuerung des Bezuges einem Verbote gleich, sodaß für Zeitungen gleichfalls ein indirekter Postzwang bestand.

Zur Illustration, wie eng der Begriff des Postzwangs von den meklenburgischen Herzögen aufgefaßt und wie ängstlich darüber gewacht wurde, jeden auch nur scheinbaren Eingriff in das Regal

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 202 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zu verhindern, lehrt nachfolgender Vorgang: Im Jahre 1752 war eine zweimal wöchentlich kursirende Fahrpost von Parchim über Lübz, Goldberg und Dobbertin nach Güstrow angelegt worden. Die Verwaltung des adligen Klosters in Dobbertin, welche bisher zur Unterhaltung des Postverkehrs zweimal wöchentlich einen Boten zwischen Dobbertin und Güstrow hatte laufen lassen, der auch für andere nicht zum Kloster gehörige Personen Briefe beförderte, wurde in jenem Jahre von der Regierung angewiesen, den Botengang aufzuheben, da jetzt Dobbertin von herzoglichen Posten berührt würde. Trotz dieser Verordnung verkehrte der Bote ruhig weiter, bis 1769 die Verfügung erging, daß das Postamt in Güstrow die von dem Boten überbrachten Briefe weder befördern noch dem Boten Briefe für das Kloster mitgeben sollte. Da jetzt aber der Landtag zu Gunsten des KIosters intervenirte, erging am 16. März 1770 die Verordnung: "Einem jeden Mitgliede unserer getreuen Ritter- und Landschaft bleibt es allemal unbenommen, dergleichen ihm gehörige Sachen durch seine Fuhren und Boten fortbringen zu lassen, wenn er sich unserer Posten zu bedienen nicht gerathen findet." Mit Bezug auf den vorerwähnten Fall entschied demnächst aber die Regierung, daß die Berechtigung, eigene Boten zur Briefbeförderung absenden zu dürfen, immer nur einzelnen Personen, nicht aber Korporationen und Kollegien (also auch nicht dem Kloster) zustehen sollte. Daraufhin wurde die Aufhebung des Klosterboten verfügt, ohne daß der Landtag weiter zur Sache Stellung nahm.

Die für das Postwesen erlassenen zahlreichen älteren Verordnungen sind in der Mehrzahl Straf- und Zwangsgesetze. Sie tragen in unverfälschten Zügen den Stempel des Entwicklungsganges, den das meklenburgische Postwesen durchmachte. Ohne inneren Zusammenhang unter einander enthalten die einzelnen Verordnungen zahlreiche Unklarheiten und Widersprüche, ein Beweis, daß bei der Regierung die Erfahrung und der erforderliche Ueberblick, häufig auch wohl bei der Fülle anderer wichtigerer Verwaltungssachen das erforderliche Interesse für das Postwesen fehlte. Jedenfalls berechtigt das Vorhandensein der zahlreichen Postverordnungen zu der Annahme, daß es der Regierung und Kammer nur unter Schwierigkeiten mancher Art möglich war, den Einklang zwischen den fiskalischen Interessen der herzoglichen Chatulle und den wirthschaftlichen Bedürfnissen von Handel und Verkehr herzustellen.

Erst in den von Herzog Friedrich erlassenen Postverordnungen ist ein fester Aufbau erkennbar, der sich gegen das bunte Allerlei

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 203 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der älteren Verordnungen vortheilhaft abhebt. Durch den Erlaß der Postordnung von 1770 war ein wichtiger Schritt vorwärts gethan, denn jetzt waren endlich für die Beziehungen zwischen Post und Publikum feste Bestimmungen erlassen, die für die damaligen einfachen Formen des wechselseitigen Verkehrs vollkommen ausreichten und vermöge ihrer schematischen Fassung leicht beim publikum Eingang fanden. Vor Allem war jetzt auch die lang entbehrte Einheitlichkeit im Geschäftsbetrieb bei allen Postanstalten des Landes gewonnen, indem die Postordnung Bestimmungen über die äußere Beschaffenheit der Postsendungen, über die Formalitäten bei Einlieferung, Beförderung und Aushändigung der Sendungen, über die Ersatzleistung und über andere wichtige Fragen des Postdienstes umfaßte. Daß auch zahlreiche Härten in der neuen Postordnung enthalten waren, erklärt sich aus dem Geiste der Zeit, die in Bevormundung der Unterthanen das Heil des Staates erblickte.

Es fehlte übrigens im Lande auch nicht an Stimmen, die den Herzögen das Recht bestritten, solche Verordnungen selbständig zu erlassen, welche, wie die neue Postordnung, öffentliche und private Interessen berührten. Wie immer in derartigen Dingen hielt sich der Engere Ausschuß von Ritter- und Landschaft für den berufenen Vertreter und Vertheidiger der Interessen aller Kreise des Landes. Unter Hinweis auf den landesgrundgesetzlichen Erbvergleich, der den Ständen ein weites Feld zur Mitarbeit an der Landesverwaltung zusicherte, beklagte sich der Engere Ausschuß in einer Eingabe vom 2. März 1770, daß die Postordnung ohne Mitwirkung von Ritter- und Landschaft zu Stande gekommen sei. "Euer hochf. Durchlaucht, heißt es in dem Schreiben, sehen die Erlassung der Postordnung mit beigefügter Taxe als einen wesentlichen Theil Ihres landesherrlichen Postregals an und halten sich berechtigt, ohne Verletzung der Landesgrundgesetze auf die in derselben verglichene Kompetenz Ihrer getreuen Stände keine Attention zu nehmen. Es liegt den Ständen ferne, das zu verkennen, ohn Zweifel werben E. h. D. doch auch ermessen, daß das aus der Landeshoheit fließende Postregale ober das Recht und die Befugniß, aus landesherrlicher Macht und Gewalt zu Nutzen und Bequemlichkeit der Unterthanen Posten ohne Jemandes Einrede im Lande anzuordnen, sich mit der auf die Wohlfahrt und Zufriedenheit der Unterthanen aller Stände abzweckenden Konkurrenz der gedachten Stände . . . ganz wohl vereinbaren lasse und wenigstens insofern durch die erstere gesetzlich bestimmt werden soll, wie die Unterthanen sich in Absicht auf die Posten

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 204 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zu betragen oder die Gebühren zu erlegen haben. Diese Vereinbarung beruht nicht in unseren Gedanken oder in unserer Erfindung; sie ist landesgesetzlich und E. h. D. als dero Vorfahren legen sie uns in den Mund. In den §§ 195, 198 und 199 des Erbvergleichs soll in allen gleichgültigen Justiz-, Polizei- und Kirchensachen der Ritter- und Landschaft rathsames Bedenken und Erachten erfordert werden und ohne diese ihr etwas Neuerliches, so ihren Privilegien, Reversalen, Gerechtigkeiten und Verträgen zuwider, nicht aufzulegen. Unter die Polizeisachen gehören ohnfehlbar die Postsachen mit," und da in Polizeisachen - schließt die Eingabe - eine Zuziehung der Stände stattfinde, so sei es unbegreiflich, weshalb bei Erlaß der Postordnung von der Mitwirkung der Stände abgesehen sei. Münz=, Steuer= und Zollregalien seien Hoheitsrechte der Fürsten so gut wie das Postregal, und in allen allgemeinen Sachen auf diesen Gebieten finde stets verfassungsmaßig ein Mitberathungsrecht der Stände statt.

In Verfolg dieses Rechtsstandpunktes hatte demnächst der Engere Ausschuß zur Wahrung öffentlicher Interessen einzelne Bestimmungen der Postordnung über die Haftung der Postanstalt bei Einbruch, Straßenraub u. s. w., sowie bezüglich der Taxen zum Gegenstand einer längeren Auseinandersetzung gemacht; aber die Regierung verhielt sich diesen Vorstellungen gegenüber ablehnend, indem Sie dabei beharrte, das Gesetzgebungsrecht in Postsachen als Ausfluß des dem Herzoge zustehenden Postregals anzusehen. Vielleicht gewichtiger anderer Ursachen halber hatte aber Herzog Friedrich noch im Jahre 1762 bei Erlaß der Verordnung über die Haftpflicht der Postverwaltung für Reisegepäck die Nothwendigkeit zur Mitwirkung der Landstände bei Erlaß von Postverordnungen indirekt anerkannt, indem er auf eine Vorstellung des Engeren Ausschusses an die Kammer verfügte, daß die Verordnung, welche ohne Mitwirkung der Stände abgeschlossen war, vor der Hand zurückzulegen sei. Wenn die Verordnung dennoch im Jahre 1763 bei Entscheidung eines Ersatzfalles als rechtsgültig angezogen wurde, und im Jahre 1770 sogar unverändert als Anlage zur neuen Postordnung erschien, so beweist dieser Umstand nur, daß der Herzog trotzdem die Mitwirkung der Ritterschaft bei Verwaltung des Postwesens nicht als absolut erforderlich erachtete.

Uebrigens suchte der Engere Ausschuß gerade in den siebenziger Jahren des vorigen Jahrhunderts mehrfach Gelegenheit, sein Mitbestimmungsrecht auf postalischem Gebiet zu wahren - immer aber ohne positives Resultat; seine Einwände

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 205 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

änderten an dem Inhalte der herzoglichen Verordnungen in seinem Falle, und eine ganze Reihe später ergangener gerichtlicher Entscheidungen sah die Postordnung mit allen für das herzogliche Regal ergangenen Verordnungen als zu Recht bestehende Norm an. So war das Postregal vielleicht das einzige Gebiet der Verwaltung, auf dem die Ritterschaft infolge der Zähigkeit der Herzöge keinen Einfluß zu gewinnen vermochte; es stand außerhalb der langdauernden Kompetenzstreitigkeiten der maßgebenden Gewalten im Lande.

Die Haftpflicht der Post unterlag anfangs einer Beschränkung nur insoweit, als ein eingetretener Verlust bei Beförderung innerhalb Landes binnen 2 Monaten, außerhalb Landes binnen 3 Monaten vom Tage der Einlieferung der Sendung angemeldet sein mußte; diese Frist war bei den mangelhaften Beförderungverhältnissen des vorigen Jahrhunderts viel zu kurz bemessen, sodaß mancher Anspruch wegen Fristversäumniß fortfiel. Die Untersuchung auch eines geringfügigen Falles dauerte oft jahrelang und beschäftigte häufig alle Instanzen, auch fremde Gerichte und auswärtige Universitäten, von denen ein Urtheil eingeholt zu werden pflegte. Für nicht deklarirte Gelder und Pretiosen, ferner für nasse Waaren, Wein, Bier wurde nicht gehaftet, ebenso auch nicht für casus fortuiti und andere ungewöhnliche Begebenheiten.

Die herzogliche Verordnung vom 9. Februar 1740 verfügte, um das Vertrauen zu den Posten zu heben, daß künftig jeder Ersatzfall ohne alle Weitschweifigkeit erledigt werden solle. Die Angabe über den wahren Werth der verlorenen Sache hatte der Absender eidlich zu bekräftigen. Trotz dieser Verordnung dauerte in den sechsziger Jahren die Erledigung eines Ersatzfalles, der einen in Verlust gerathenen Reisekoffer betraf, länger als drei Jahre, und da die beiden schließlich um ein Urtheil angegangenen Universitäten den Fiskus verurtheilten, so erging am 17. Juni 1762 die vorhin bereits angeführte Verordnung, daß jeder Passagier auf den herzoglichen Posten künftig selbst nach seinen Sachen zu sehen habe.

Erst die Postordnung von 1770 regelte die Ersatzfrage in ausreichender Weise. Die Ersatzleistung war abhängig von der reglementsmäßigen Beschaffenheit der Sendung. Grundleglich war der (deklarirte) wahre Werth der Sendung; bei zu niedriger Deklarirung mußte der Defraudant 5 % des Werthes zum Besten des Schweriner Waisenhauses zahlen. Die Anmeldefrist für den Verkehr mit fremden Verwaltungen wurde auf 6 Monate erweitert Die Haftung blieb ausgeschlossen bei "Unglücksfällen",

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 206 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

die durch Gottes Wetter, Krieg, feindliche Plünderungen, Einbruch, Feuersbrünste, die nicht in den Posthäusern entstehen, verursacht sind. Auch für Straßenraub innerhalb Landes leistete die Post Gewähr (Verordnung vom 30. April 1771).

Das Maß der dem Postregal beigelegten besonderen Vorrechte war bis 1785 .erheblich erweitert worden. Die Posthäuser besaßen die Gerechtsame privilegirter Orte insofern, "als dieselben mit Einquartierung nicht belegt, auch diejenigen, welche darin Händel anzufangen, oder etwas, es sei aus dem Kontor oder von der Diele an Postgütern zu entwenden sich erfrechen, oder andere Verbrechen daselbst begehen, nicht nur sogleich, wenn man derselben habhaft werden kann, in Verhaft genommen, sondern auch, wenn sie der That überführet sind, in Ansehung der violirten Sicherheit des Posthauses mit schärferer Strafe beleget werden sollen." "Obwohl Unsere Posten und Posthäuser landesherrlich privilegirt sein sollen, so mögen doch diejenigen, welche der Justiz zu entgehen gedächten, keine Retirade noch Freistätte daselbst finden. Solange aber ein Passagier auf Unseren Posten sitzet und reiset, soll er weder persönlich, noch in Absicht auf seine bei sich habenden Sachen zum Arrest oder zur Haft gebracht werden können, sondern es sollen der- oder diejenigen, welche eine rechtsbeständige Ursache zur Arretirung eines Passagiers oder seiner Sachen zu haben vermeinen, sich bis zur nächsten Station, wo der Passagier absteiget, gedulden und alsdann ihre Rechte und Zugeständnisse wider denselben auf eine legale Art wahrnehmen." Excesse gegen die Postanstalten gehörten bei den häufigen kriegerischen Unruhen im Lande während des vorigen Jahrhunderts durchaus nicht zu den Seltenheiten. Sie wurden aber in jedem Falle hart geahndet.

Kulturhistorisch interessant ist die Thatsache, daß Postlivree, Brustschild und Posthorn alleinige Attribute der landesherrlichen Posten waren, deren Gebrauch Privatleuten strenge untersagt war. Den Posten mußte auf ein Zeichen des Postillons mit dem Posthorn von jedem Fuhrwerk ausgewichen werden. Im Jahre 1751 war der Gebrauch des Posthorns aber auch in Privatkreisen allgemein geworden, da bei den schlechten Straßen, welche vielfach durch Hohlwege führten und ein Ausweichen zweier Gespanne nur selten zuließen, der Gebrauch des Posthorns sich als unentbehrlich erwiesen hatte. Dieser Gebrauch war aber geeignet, die Interessen der Posten empfindlich zu schädigen. Durch Verordnung vom 19. Februar 1757 wurde daher der Gebrauch des Posthorns bei 10 - 20 Thlr. Strafe verboten;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 207 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

auch die Postordnung von 1770 verbot den Gebrauch des Posthorns. Dadurch fühlte sich aber die Ritterschaft des Landes gekränkt, denn sie hatte es bis dahin als ihr Vorrecht angesehen, bei Reisen ihre fahrenden Knechte mit dem Posthorn auszurüsten. Besonders Herr von Bülow-Düssin glaubte sich zum Anwalt der ganzen Ritterschaft machen und deren Rechte wahren zu müssen. Er befand sich bald mit dem Postmeister in Boizenburg in heftigster Fehde, welche erst zu Ende ging, nachdem die Sache wie ein Haupt=Kriminalfall aufgebauscht war und die verschiedensten Instanzen, sowie die Universität Rinteln ihr Urtheil abgegeben hatten. Das Urtheil bestätigte der Regierung das Recht, Privaten den Gebrauch des Posthorns zu untersagen. Im Jahre 1777 wurde der Drost von Fabrice in Boizenburg mit seiner Equipage auf Veranlassung des Postmeisters daselbst angehalten und erst nach Erlegung von 20 Rthlr. Strafe freigelassen, weil sein Vorreiter ein Posthorn geführt hatte. Herr von Fabrice brachte die Sache vor den Engeren Ausschuß, und sie spitzte sich sogar politisch zu, bis der Herzog schließlich die Rückzahlung der Summe anordnete. Das herzogliche Vorrecht war aber nicht aufgegeben. Noch im Jahre 1784 wurde ein Antrag des herzoglichen Kanzleidirektors von Schröder in Rostock, ihm den Gebrauch des Posthorns bei der Fahrt nach seinem Gute, die durch einen Engpaß führte, zu erlauben, des Princips halber abgelehnt.

Ueber die Wahrung des Briefgeheimnisses enthält keine Verordnung, keine Andeutung in den Akten ausreichendes Material. Dagegen waren schon im Jahre 1708 die Postmeister durch eine Verordnung, welche das Briefsammeln und die Versendung von Briefen verschiedener Art unter einem Umschlage verbot, angewiesen, derartige verdachtige Briefe anzuhalten und zu öffnen. Die Postordnung von 1770 verbot aber die Unterschlagung von Geldern u. s. w., sowie von bloßen Briefen und setzte für das Verbrechen u. A. auch Lebensstrafe fest Herzog Friedrich Wilhelm hatte schon am 15. März 1712 verordnet, daß Beamte, die sich Veruntreuungen im Betrage von über 100 Thlr. zu Schulden kommen ließen, mit dem Tode, bei geringeren Veruntreuungen am Leibe, und wenn die Schuldigen gestorben waren, mit unehrlichem Begräbniß "unterm Tropfenfall oder an anderem unhonnetten Orthe" bestraft werden sollten. so wurde im Jahre 1718 der Postschreiber Puhlmann in Boizenburg, welcher geständlich einen Geldbeutel mit 500 Rthlr. unterdrückt hatte, zum Tode verurtheilt; auf das Flehen seiner Mutter milderte Herzog Carl Leopold diese Strafe auf 4 Jahre Karrenschieben in Schwerin.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 208 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Daß den Postmeistern an den Postsendungen bis zu einem gewissen Grade ein Retentionsrecht zustand, ergiebt sich aus mehreren Beschlagnahmeverfügungen der Regierung, allerdings auch aus der Zeit des Herzogs Carl Leopold.

Die Verwaltung des Postwesens ruhte seit dem Austritt des Geh. Kammerraths Mumme ununterbrochen bei der Kammer. In der Regel hatte ein Mitglied derselben als Ober-Postdirektor die Postangelegenheiten zu bearbeiten. In der Wahl der Persönlichkeiten zu diesem Amte waren mehrfach bedenkliche Mißgriffe vorgekommen; nur mit Brunsich, Edlem von Brun, war die Postverwaltung gut berathen. Nach ihm entfaltete die Hauptpostkommission eine fruchtbringende Thätigkeit.

Unter der Kammer standen 1701 erst 39 Postkontore, und diese Zahl hatte bis 1785 eine beträchtliche Steigerung (auf 52 Anstalten) erfahren. Die Kontore in Schwerin, Güstrow und Rostock wurden 1708 zu Hauptkontoren erhoben und erhielten zunächst für Zwecke der Rechnungslegung je einen Bezirk zugewiesen, in dem sie später auch in sonstigen dienstlichen Fragen eine gewisse bevorzugte Stellung einnahmen. Sie waren den Postkontoren ihres Bezirks aber nicht vorgesetzt. Eine wichtige Stellung nahmen auch die Kontore in Boizenburg und Hamburg ein, jenes als Grenzpostanstalt für den Wechselverkehr mit den preußischen Posten, dieses als Vermittlungsanstalt für den Verkehr mit den zahlreichen fremden Postanstalten in Hamburg. Ueberschüsse konnte das Kontor zu Hamburg nur in seltenen Fällen abliefern, weil es aus seinen Erträgen die Abrechnungen mit den fremden Posten zu bewirken hatte. Dennoch war es für das meklenburgische Postnetz unentbehrlich, weil es in Hamburg die aus dem Reiche nach Meklenburg und die von hier ins Reich gerichtete Korrespondenz abnahm, welche auf den langen meklenburgischen Postkursen nach Hamburg hohe Portobeträge zu zahlen hatte. Ohne ein eigenes Postamt in Hamburg hätten die einträglichen Postkurse nach Hamburg überhaupt nicht bestehen können, und das meklenburgische Postwesen wäre außer Stande gewesen, eine so zähe Lebensfähigkeit zu entfalten, die alle Krisen überstand. Der Postmeister in Hamburg war gleichzeitig Hofagent der Herzöge und genoß als solcher eine angesehene und einflußreiche Stellung.

Den Postmeistern in Schwerin, Güstrow und Rostock wurde durch Verordnung vom 4. Juli 1753 die Amtsbezeichnung "Postdirektor" verliehen. Nach längerer Dienstzeit erhielten die Postdirektoren in der Regel den Titel "Hofrath". Für alle übrigen Postmeister

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 209 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

blieb dieser Titel als Amtsbezeichnung Gebrauch, nur in Neukalen und Dargun (1757) versahen Postexpediteure den Dienst.

Die Stellen in der Postverwaltung waren wegen der mit dem Amte verbundenen fixen Einnahme sehr begehrt und schwer zu erlangen, da die Aemter vielfach in einer Familie forterbten. Nicht selten kam auch der Fall vor, daß noch bei Lebzeiten des Stelleninhabers schon Anwartschaften auf das vielleicht erst nach Jahren zur Erledigung kommende Arnt vergeben wurden. In Neubukow erbte das Postmeisteramt fast während des ganzen Jahrhunderts in einer Familie fort und lag zeitweilig sogar in der Hand einer Frau "unter Assistenz eines getreuen Kerl". Als in Grabow 1759 der alte verdiente Postmeister Marggraf starb, erhielt seine nachgelassene Tochter das Konservatorium des Amts. Einem Bewerber um die Stelle, dem Amtsregistrator Weber, wurde dieselbe zugesagt unter der Bedingung, daß er die Tochter des Marggraf heirathe.

Die Anwartschaften wurden schriftlich ertheilt und betrafen nur die Stellen in kleineren Städten. Auf die Aemter in Schwerin, Güstrow und Rostock gab die Regierung keine Expektanzen, weil "in den Postkontors daselbst geschickte Postsekretärs und Kontroleurs sind, die eventualiter eintreten und avanciren zu lassen Sr. fürstl. Durchl. Gerechtigkeit und Gnade gemäß sein möchte. Nähme man durch Einschub unbekannter, unerfahrener Leute diesen Personen den Muth, so sei zu befürchten, daß das Postwesen in den äußersten Verfall kommen dürfte." (Bericht der Kammer vom 18. Januar 1768.)

Ein Stellenkauf fand nicht statt. Wenn Roland gleichwohl beim Eintritt in das Amt im Jahre 1745 "aus Dankbarkeit" 1000 Rthlr. in die herzogliche Chatulle zahlte, so wird die Sache einen anderen Grund gehabt haben. Während der Exekutionszeit scheint aber der Stellenhandel Platz gegriffen zu haben, wodurch manche ungeeignete Personen ins Amt kamen. In Schwerin erhielt deshalb der Rentmeister Jahncke das Postmeisteramt, der "als in der Mitte (des meklenburgischen Postnetz) noch die Schwäche von beiden Extremis (Postämter zu Hamburg und Rostock) balanciren könne."

Die Postschreiberstellen waren 1785 schon zahlreicher geworden. Die größeren Aemter hatten etatsmäßige Stellen; bei den kleineren Kontoren nahmen die Postmeister Privatpostschreiber an, die bei Gelegenheit in etatsmäßige Stellen einrückten. Ihre Stellung war aber sehr unsicher, sie gehörten ganz zum Dienstpersonal der Postmeister, der für sie zu haften hatte.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 210 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Kontroleure hatten mit den Postschreibern gleichen Rang und Dienst. Aeltere Postschreiber erhielten den Charakter "Postsekretär", auch wohl den Titel "Postrath". 1 )

Zu den Unterbedienten rechneten Litzenbrüder, Briefträger und Wagenmeister, in welche Stellen vielfach alte Militärs einrückten. Der Litzenbruder hatte das zur Bestellung der Sendungen erforderliche Personal selbst anzuwerben und zu besolden. In Rostock gab es schon von Alters her vier Litzenbrüder; sie hatten Passagiere anzusagen, die Posten zu beladen, befaßten sich aber nicht eigentlich mit der Briefbestellung. Sie nahmen auch insofern eine Sonderstellung ein, als sie vom Gewett angestellt wurden und das Rostocker Bürgerrecht besitzen mußten.

Die Stellung der Postoffizianten war durchaus angesehen. In der Rangordnung des Herzogs Friedrich Wilhelm von 1704 nahmen sie aber eine sehr untergeordnete Stufe ein. Der Hofpostmeister gehörte wie z. B. auch die Forstmeister zur 16. Klasse, während der Kammerdiener des Herzogs zur 13. Klasse zählte. Das darf nicht Wunder nehmen, da im Jahre 1704 das Postwesen überhaupt nicht in der Hand des Herzogs, sondern des Geh. Kammerraths Mumme lag. Ein Gesuch des Postmeisters Kütemeyer in Güstrow um Versetzung in eine höhere Klasse fand 1739 keine Genehmigung. Die Postdirektoren mit Hofrathstitel gehörten zur 8. Klasse und rangirten damit vor dem Bürgermeister von Rostock (10. Klasse).

Bei feierlichen Aufzügen (Hochzeiten in der fürstlichen Familie) ritten meistens blasende Postillone unter Führung eines Beamten dem Zuge voran. Bei der Beisetzung der Leiche des Herzogs Carl Leopold (1748) eröffnete den Leichenzug ein berittener Postsekretär mit zwölf Postillonen.

In den Gehaltsverhältnissen hatte eine Aenderung bis 1785 fast garnicht stattgefunden. Das fixe Gehalt war gering (in Schwerin, Rostock, Güstrow und Hamburg 300 Rthlr., in Boizenburg 200 Rthlr., sonst schwankte es zwischen 4 und 60 Rthlr.). Die Postschreiber bezogen zuerst 100 Rthlr., später 150 - 200 Rthlr., die Wagenmeister 60 Rthlr., Litzenbrüder nur einige wenige Thaler, dagegen alle Bestellgelder und hohe Accidenzien aus dem lebhaften Reiseverkehr.


1) Sekretäre waren schon 1715 bei dem Postkontor in Schwerin beschäftigt, es waren Ahrens und Mester, deren Namen bereits oben genannt sind.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 211 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Für Postmeister und Beamte bestand eine besondere Uniform noch nicht. Im Jahre 1730 hatten Briefträger und Litzenbrüder bereits eine Art Montirung, deren Werth ihnen auf ihr Diensteinkommen angerechnet wurde.

Die Postillone erhielten die Montirung aus herrschaftlichen Mitteln; sie bestand im Jahre 1738 in einem Livreerock mit 24 Wappenknöpfen, dessen Preis 5 Rthlr. 16 ßl. betrug; das Posthorn kostete 16 ßl., das Wappenschild, welches der Postillon am Rock zu tragen hatte, gleichfalls 16 ßl. Später wurden den Postillonen auch Reitwesten geliefert. Alle zwei Jahre erhielten Wagenmeister und Postillone einen Mantel. Lieferant der Montirungen war der Rathsverwandte Kütemeyer in Schwerin. Alle Montirungen waren ehemals von rother, seit Beginn des 18. Jahrhunderts von blauer Farbe.

Die Anstellung aller Offizianten lief gewohnheitsmäßig auf halbjährige, beiden Theilen zustehende Kündigung; von derselben wurde indeß nur bei erwiesenen sträflichen Dienstvergehen und auch dann noch nicht durchweg Gebrauch gemacht. Die Kautionen waren der Höhe nach für die einzelnen Beamtenklassen nicht fixirt, sie waren verhältnißmäßig hoch; Postdirektor Hennemann hatte z. B. für seinen Sohn, den Postsekretär Hennemann in Schwerin, im Jahre 1773 eine Bürgschaftsakte über 1000 Rthlr. hinterlegt. An anderen Orten wurde die Kautionssumme auch nach der Jahresaufkunft der Station bemessen.

Die Versorgung invalider Postoffizianten kam erst unter der Regierung des Herzogs Christian Ludwig auf; der Pensionsbetrag wurde indeß nicht immer aus der Staatskasse gezahlt, sondern bildete meist einen Schuldtitel der von dem Pensionär bisher verwalteten Stelle und war als solcher von dem Amtsnachfolger zu übernehmen. Bei dem Ausscheiden des Postdirektors Roland aus dem Dienste im Jahre 1764 wurde ihm ein Ruhegehalt üon 200 Rthlr. zugebilligt, welches sein Nachfolger, Postdirektor Hennemann, von dem Einkommen seiner Stelle zu zahlen hatte.

Die Wittwen verstorbener Postoffizianten bezogen schon im Jahre 1741 das Sterbe- und Gnadenquartal; Roland's Wittwe erhielt - obgleich er bereits im Ruhestande lebte - bei seinem Hinscheiden bereits ein Sterbe- und zwei Gnadenquartale. Erst die Generalverordnung vom 2. April 1757 und die Konstitution Herzogs Friedrich vom 28. März 1770 wegen der Sterbe- und Gnadenquartale oder Monate für die Wittwen, Kinder und Erben der Verstorbenen herzoglichen Civilbedienten regelte das Versorgungswesen eingehender.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 212 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Das Dienstverhältniß der Beamten der Postverwaltung war wie in den anderen Ressorts patriarchalischer Art; die Beamten waren keine Staatsbeamte, sondern herzogliche Diener in der Vermögensverwaltung der Herzöge. Das ergiebt sich klar und deutlich aus dem Wortlaut der Bestallungen 1 ) und Eidesformeln, die von zahlreichen Pflichten und Dienstleistungen sprachen, andererseits aber von besonderen Rechten der Postoffizianten keine Erwähnung thaten. Die in den Bestallungen aufgeführten Gebührnisse des Dieners bildeten lediglich den Dienstlohn aus herrschaftlicher Kasse. Als unmittelbare herzogliche Diener besaßen die Postoffizianten naturgemäß den eximirten Gerichtsstand solcher.

Wie schon hervorgehoben wurde, waren für die Verwaltung des Postwesens rein fiskalische Gesichtspunkte maßgebend. Daß aber auch Stimmen nicht fehlten, welche die wirthschaftliche Bedeutung der Posten betonten und die Verwaltung mehr in diesem Sinne geführt wissen wollten, geht aus einem Schreiben des Engeren Ausschusses vom Jahre 1771 hervor, in dem es heißt: "Der Landtag erkennt zwar an, daß das Postregale, insofern es zur Bequemlichkeit und zum Nutzen der Unterthanen ausgeübt wird, dem Durchl. Landesherrn nach aller Billigkeit nicht zum Schaden und Nachtheil gereichen ober insofern es onerose sein könne - ob dieses Regale aber gerade ein Utile seyn, eine Kammer-Revenüe daraus gemacht und um diesen Zweck zu erreichen, die natürliche Freiheit der Unterthanen eingeschränket werden könne, das wird schwerlich je ein Lehrer des Staatsrechts von einem solchen Lande behaupten."

Die Folgen der engen Audfassung des Postwesens als Finanzobjekt konnten naturgemäß nicht ausbleiben. Wegen der hohen Postgebühren, die von Station zu Station berechnet wurden, bildeten Unterschleife des Personals und verbotwidrige Beförderungen postmäßiger Gegenstände durch das Fuhrgewerbe eine stehende Erscheinung im Verkehrswesen des übrigen Jahrhunderts. Diesen Uebeln durch Ermäßigung der Postgebühren abzuhelfen, daran dachte Niemand. Unverändert wie die Hauptpostrouten blieben fast während des ganzen vorigen Jahrhunderts auch die Gebührensätze, sehr zum Nachtheil der herzoglichen Kassen, denen bei zweckmäßigeren Gebührensätzen und durch Schaffung neuer Verkehrswege sicher größere Summen zugeflossen wären,


1) Eine von Geh. Kammerrath Mumme (1708) entworfene Bestallung mit Dienstvorschriften ist im Anhang als Anlage 9 abgedruckt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 213 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

die jetzt zum Theil an das Fuhrgewerbe verloren gingen. Wenn heute die Postverwaltung bei hoch entwickelten, intensiven Verkehrseinrichtungen in Meklenburg kaum Ueberschüsse erzielt, während die alte Landespost alljährlich namhafte Beträge an die herzogliche Chatulle abliefern konnte, so beweist diese Erwägung allein schon, daß derartige Resultate nur das Ergebniß eines drückenden, fiskalischen Verwaltungsystems sein konnten. Und in der That, selbst zu Zeiten schwerster wirthschaftlicher Krisen, die gerade im vorigen Jahrhundert in Meklenburg häufig eintraten, erzielte die Regierung alljährlich nicht unerhebliche Ueberschüsse, wie die in Anlage 10 des Anhanges abgedruckte Uebersicht ergiebt.

Die Vereinnahmung und Verausgabung der Einkünfte auf den Posten erfolgte nach dem sog. Nettoüberschußverfahren, d. h. in der Schlußabrechnung eines Jahres erscheinen nicht die Einzelansätze der Einnahmen und Ausgaben, sondern der Unterschied beider, sodaß heute mit seltenen Ausnahmen nur die reinen Ueberschüsse bekannt sind. Ein formell durchgebildetes Rechnungswesen bestand nur in den Grundzügen. In der ersten Zeit rechneten die Postkontore mit der Renterei unmittelbar ab. Eine Veranschlagung der Einnahmen und Ausgaben fand nicht statt, weil, wie es in den Akten heißt, die Einnahme aus den Posten zu sehr schwankt, als daß ein fester Ansatz für das folgende Jahr hätte gegeben werden können.

Eine Regelung des Postrechnungswesens erfolgte durch Herzog Friedrich Wilhelm im Jahre 1709, indem das Land in drei Postrechnungsbezirke Schwerin, Güstrow und Rostock eingetheilt wurde. Die Postmeister mußten die Bezirksabrechnungen aufstellen. Das Kontor zu Hamburg rechnete mit Schwerin, das zu Boizenburg 1 ) mit Güstrow ab. Die Kontore mußten den Hauptkontoren vierteljährlich, spätestens 14 Tage nach Ablauf des Vierteljahres die Rechnungen einsenden. Die Hauptkontore konnten gegen säumige Kontore Exekution selbst mit militärischer Hülfe verfügen; von der Exekution wurde thatsächlich Gebrauch gemacht. Die Hauptkontore hatten spätestens 6 Wochen nach Schluß des Rechnungsjahres die Hauptrechnungen an die Kammer einzureichen. Letzterer lag die materielle Prüfung und Justifizirung der Rechnungen ob; kalkulatorisch wurden dieselben in der Renterei geprüft. Die Kammer stellte die Monita an die Hauptämter,


1) Boizenburg gehörte in politischer Beziehung noch zum alten Herzogthum Güstrow; in dieser Hinsicht war auch nach 1701 eine Aenderung nicht eingetreten.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 214 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

welche dieselben erledigt der nächsten Huptrechnung beizufügen hatten.

Glatt wickelte sich keine einzige Rechnungslegung ab. Die Fristen von 14 Tagen bezw. 6 Wochen waren viel zu kurz bemessen, da die einzelnen Kontore mit einander oder fremden Postämtern, die sich auf tägliche Ausgleichung der Forderungen aus den Charten nicht einlassen wollten, abrechnen mußten, gestundete Beträge erst nach geraumer Zeit einkamen, die Fuhrgelder pünktlich gezahlt werden mußten, und dann nicht hinreichend Geld in den Kassen vorhanden war, um die Restschuld zu begleichen. Da für diese Falle keine Vorsorge getroffen war, so nahm man die für das neue Rechnungsjahr bereits vereinnahmten und entbehrlichen Kassengelder zum Ausgleich.

Schon im Jahre 1711 wurde der Postschreiber Ahrens in Schwerin, weil die Zuziehung eines Berufsbeamten für die Prüfung der Rechnungen erforderlich schien, beauftragt, die Posthauptrechnung zu führen. Ahrens war aber mit der Ablegung der Rechnungen von Anfang an im Rückstande und stellte diese Arbeit vom Jahre 1714 an überhaupt ein; erst nach Verlauf mehrerer Jahre liefen die Rechnungen bruchstückweise ein. Nun fand man aber, daß Ahrens vielfältig die Rechnungen geändert und angeblich 6000 Rthlr. für sich bei Seite gebracht hatte. Er mußte allerdings den Dienst verlassen; aber weitere Maßnahmen wurden gegen ihn nicht getroffen, da die mißlichen politischen Verhältnisse den Ober-Postdirektor von Walter jedenfalls abhielten, den im Solde der Lüneburger stehenden Ahrens schärfer anzufassen.

Erst mit dem Jahre 1735 traten bessere Verhältnisse ein. Wir finden für das Rechnungsjahr 1735/36 in den Akten Angaben über den ersten Etatsvoranschlag 1 ) in der Postverwaltung, welcher die Ueberschüsse aus den Posten nach dem Durchschnitt der letzten 3 Jahre auf 2500 Rthlr. ermittelte. Bei Einreichung der Kommissionsrechnung an den Kaiser wurde hierzu bemerkt: "Indeß hat hierbei in Ansehung einer ausfündig zu machenden accuraten Einnahme sich ein nicht geringes Hinderniß gefunden, allermaßen von verschiedenen ungewissen Hebungen als Post, Forst, Zoll und dergl. Revenües nichts fermes zu determiniren gewesen und vornehmlich der aus dem bisherigen Landesbedruck entsprungene mitleidenswürdige Zustand der armen Amt=


1) In den Akten sind Etats-Voranschläge nach 1740 nicht mehr erwähnt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 215 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

unterthanen diese sonst gewisse Abgaben ganz ungewiß, ja fast völlig abgehend gemachet."

Von der Exekutionskasse war noch im Jahre 1725 eine Instruktion über die Postrechnungslegung erlassen worden. Danach hatten die Postkontore in Rostock und Güstrow vierteljährlich ihre Rechnungen und Ueberschüsse an den Postmeister Busekist in Wittenförden abzusenden, der gleichzeitig die Abrechnung für den Bezirk Wittenförden aufstellte. Busekist stellte auch die Monita, über deren Zulässigkeit der Postdirektor von Schütz zu wachen hatte. Zum Defekt gestellte Beträge oder sonstige Bemängelungen waren spätestens bis zum Ende des nächsten Vierteljahres auszugleichen. Von Schütz hatte die Hauptrechnung des Postmeisters Busekist zu revidiren und demnächst mit Bericht einschließlich der Monita an die Exekutionskasse in Boizenburg abzuführen. Die Hauptkontors hatten allmonatlich Kassenextrakte an von Schütz einzusenden, welcher wieder eine allgemeine Bilanz der Kasse an die Exekutionskasse einreichte.

Trotz dieser Vorschriften wollte ein exaktes Kassenwesen nicht festen Fuß fassen. Der Hauptgrund ist bereits oben angedeutet - den Postkontors fehlten am Vierteljahrsschluß die Geldmittel, ihre Restschuld zu begleichen, sodaß höchst störende Verzögerungen entstanden, welche den wahren Stand der Rechnung für ein Jahr nie bestimmt erkennen ließen. Hierdurch entstanden vielfach Uebertragungen von einem Jahr ins andere, sodaß die Rentereirechnungen wohl alle Postüberschüsse aufnahmen, nicht immer aber ein genaues Bild des Jahresverkehrs darstellten. Hieraus ist es erklärlich, wenn das in den Rentereirechnungen angegebene Resultat selten mit den gleichfalls zuverlässigen Angaben der Akten übereinstimmt.

Wegen des Krieges im Jahre 1760 wurde den Postkontoren aufgegeben, die Ueberschüsse monatlich abzuführen, damit streifenden feindlichen Parteien nicht erheblichere Summen in die Hände fielen. Aber alle Kontore im Lande erhoben Einspruch, da wegen der Höhe der gestundeten Portobeträge nicht genügend Geld vorhanden war, um den Ueberschuß eines Monats sofort zu begleichen. In Schwerin belief sich die Summe für gestundetes Porto auf mehrere 1000 Thaler, und da gerade damals auch auf die Fuhrgelder zahlreiche Vorschüsse gezahlt waren, so hatte das Postkontor selten höhere Kassenbestände als einige Hundert Thaler.

Das herrschaftliche Interesse litt unter diesen Verhältnissen oft schweren Abbruch. Abhülfe verschaffte auch nicht die herzogliche

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 216 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Patentverordnung vom 5. Juni 1784, betreffend die Ablegung der Rechenschaft vom anvertrauten Gut. Sie erneuerte zwar die Verordnungen von 1712 und 1749, welche ähnliche Gegenstände betrafen, gab aber sonst keine speziellen Vorschriften, sondern wollte nur bezwecken, daß Unterschleife vermieden würden, "wie der zu itziger Zeit unter allen Ständen sich verbreitende schädliche Luxus auch unter Unseren zur Berechnung herrschaftlicher Gelder und Gefälle beeidigten Diener manche leichtsinnige Gemüther verblendet hat." Die für Unterschleife festgesetzten Strafen schlossen selbst die Lebensstrafe nicht aus.

Seit 1765 waren die Ueberschüsse wieder im Voraus in runder Summe festgestellt; jedes Hauptkontor mußte hiervon einen Theilbetrag als Mindestüberschuß an die Hofkasse abliefern, z. B. im Jahre 1765/66 bei 14000 Rthlr. Gesammtüberschuß Schwerin 5500 Rthlr., Güstrow 7000 Rthlr. und Rostock 1500 Rthlr. Auch hieraus ergaben sich bald wieder Differenzen, da die Posteinnahmen erheblich schwankten. Das Postamt in Güstrow erzielte z. B. im Jahre 1767/68 7510 Rthlr. 23 ßl., dagegen im Jahre 1768/69 6339 Rthlr. 24 ßl. und im Jahre 1769/70 4970 Rthlr. 43 ßl. Ueberschüsse, sodaß die Hofkasse in diesen 3 Jahren an Stelle von 21000 Rthlr. über 2000 Rthlr. weniger vereinnahmte. Dafür wurde von 1775 ab in den Landesetat als Aufkunft aus den Posten ein zehnjähriger Durchschnittsbetrag aufgenommen. Jetzt ergab sich folgendes Resultat:

Es betrug im Dezennium 1766/76

Tabelle

Erst durch dieses Verfahren konnten die Hebungen aus den Posten ausreichend sicher im Voraus bemessen werden.

Während der ganzen Periode von 1701 - 1785 wurden die Postüberschüsse nicht nach der Aufkunft der einzelnen Kontore,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 217 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sondern nach Kursen berechnet, sodaß die Regierung in der Lage war, die Rentabilität jedes Postkurses sofort übersehen zu können und nach dem Ausfall der jeweiligen Prüfung die im Finanzinteresse nöthigen Umgestaltungen vorzunehmen. Kurse, welche keine Ueberschüsse ergaben, waren nicht vorhanden.

Da die drei Hauptkontore je über gesonderte Kurse abrechneten, so erklärt es sich, daß das Postamt in der verkehrsreichsten Stadt Mecktenburgs - Rostock - die geringsten Ueberschüsse abführte. Das Postamt daselbst rechnete nur über kleinere Postkurse ab und hatte überdies unter der schweren Konkurrenz der schwedischen Fahrpost von Stralsund nach Hamburg und der Hamburger Stadtreitpost, welche beide in Rostock Sendungen annahmen und bestellten, sehr zu leiden. Das Postkontor in Güstrow berechnete dagegen den bedeutendsten und einträglichsten Kurs des Landes, den Fahrpostkurs Güstrow - Schwerin - Boizenburg - Hamburg mit seinen zahlreichen Seitenkursen, während das Postkontor in Schwerin die Einkünfte des Kurses Schwerin - Ratzeburg - Hamburg nachwies. Bei der kursweisen Abrechnung hatten manche Postkontors mit allen drei Hauptämtern sich auszugleichen. Aus demselben Grunde wurden auch die Zahlungen, welche die einzelnen Kontors zu leisten hatten, z. B. Gehälter, nicht immer bei einem Hauptkontor, sondern häufig bei mehreren derselben antheilmäßig berechnet. Als es sich z. B. im Jahre 1774 darum handelte, das Gehalt des Postmeisters in Hamburg dadurch zu erhöhen, daß ihm ein Antheil an der Aufkunft seines Kontors zugebilligt werden sollte, stellte man fest, daß das Kontor vereinnahmt hatte

Tabelle

Nach dem Verhältniß der Aufkunft wurde demnächst das neue Einkommen berechnet und den Kursdirektionen in Schwerin und Güstrow die Zahlung der beiden Theile aufgegeben.

Dieses Rechnungsverfahren trug nicht zur Uebersichtlichkeit und Beschleunigung der Abrechnungen bei, und der Vortheil, die

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 218 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

genaue Aufkunft der einzelnen Kurse zu kennen, wog bei Weitem nicht die Mehrarbeit der zur Erreichung dieses Ziels erforderlichen außerordentlich zahlreichen Unterabrechnungen auf. Uebrigens rechneten die Postämter in den ehemaligen Pfandämtern auch nach Wiedereinlösung der Aemter nicht mit der Postverwaltung, sondern mit der zur Amortisirung der Pfandsumme neu errichteten Reluitionskommission in Schwerin ab, weshalb die Einnahmen aus den Posten in der obigen Uebersicht durchaus nicht die reine Aufkunft aller meklenburgischen Posten aufführen. Aktennachrichten zufolge beliefen sich die zur Reluitionskasse fließenden Postüberschüsse auf jährlich etwa 800 Rthlr.

Trotz der mancherlei Vorschriften, welche bei der Rechnungslegung zu beobachten waren, fand sich doch manche Hinterthür, durch welche ungetreue Beamte die ärgsten Defraudationen verübten. Man war übrigens - im Gegensatz zu dem harten Wortlaut der amtlichen Verordnungen gegen Unterschleife - gegen aufgedeckte Ungehörigkeiten vielfach außergewöhnlich nachsichtig, und der Fälle wären mehrere zu nennen, wo Postoffizianten, deren Unterschleife aufgedeckt worden waren, ein erheblicher Nachlaß beim Ersatz des veruntreuten Gutes zugebilligt wurde. Die sog. "Restanten" bildeten eine ständige Rubrik in den Postrechnungen; war es doch noch im Jahre 1780 vorgekommen, daß der Postmeister in Lauenburg über die meklenburgischen Portoaufkünste an den Posten nach Hamburg, Lübeck und Ratzeburg seit 1775 nicht mehr liquidirt hatte.

In den Taxvorschriften wurden von 1701 - 1785 nur geringfügige Aenderungen vorgenommen. Nach der Taxe von 1701 kostete 1 Brief von Schwerin nach Hamburg 3 ßl., 1 Person nach Lübeck 1 Rthlr. 16 ßl., 100 Rthlr. Gold nach Hamburg und Rostock 12 ßl., 1 Packet zu 1  nach Hamburg 4 ßl. u. s. w. Durch die neue Taxe von 1703 trat eine erhebliche Gebührenermäßigung ein; 1 Person nach Lübeck zahlte jetzt statt 1 Rthlr. 16 ßl. 1 Rthlr., 100 Rthlr. Gold nach Hamburg und Rostock statt 12 ßl. nur 10 ßl., 1 Packet zu 1  nach Hamburg statt 4 ßl. nur 3 ßl. u. s. w., Eßwaaren von und nach Hamburg das  6  statt früher 9  . Das Personenporto wurde allgemein auf 8 ßl. für die Meile festgesetzt. Dem Publikum wurde erlaubt, die Briefe frankirt oder unfrankirt einzuliefern. Das Freigewicht betrug 50  . In der Taxe hieß es zur Ermunterung des Publikums, "das Porto ist so gering wie auf keiner benachbarten Post, deshalb soll jeder den rechten valeur angeben und sich keine Ungelegenheiten machen."

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 219 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die neue Taxe war in Plakatform für die 3 Hauptkontore des Landes, in Schwerin, Güstrow und Rostock, ausgearbeitet und umfaßte auch die Zwischenstationen an den Postkursen. Sie enthielt auch zum ersten Mal Nachrichten über die Frankirung von Briefen nach Orten außerhalb Meklenburgs, z. B. nach Breslau, Wien und Ungarn, welche bis Grünberg, Briefe nach Schweden und Norwegen, welche bis Helsingör zu frankiren waren; ein Brief von Güstrow nach Grünberg kostete 8 ßl., Helsingör 11 ßl., Leipzig 10 ßl., Berlin 5 ßl. und Halle 9 ßl. Die Packettaxe umfaßte nur Sendungen innerhalb Landes und nach Hamburg und Lübeck; Kaufmannswaaren genossen Frachtermäßigung gegenüber Eßwaaren und Delikatessen (z. B. Wild und Austern), für kleinere Packete war das Porto verhältnißmäßig theurer als für größere Sendungen. Schon im Jahre 1721 erhoben die Postmeister vielfach die Gebühren rein willkürlich, und bei kaum einem Kontor waren gedruckte Taxen vorhanden. Der Postdirektor von Schütz ließ daher die alte Taxe von 1704 erneuern.

Herzog Christian Ludwig erließ im Jahre 1746 eine neue Taxe, die auf der Taxe von 1704 beruhte; in einer Beziehung wich sie aber wesentlich von der alten Taxe ab, denn sie bestimmte im Interesse des Handels, daß besonders häufig auf den Posten versandte Artikel eine Preisermäßigung genießen sollten. Diese Vergünstigung erstreckte sich namentlich auch auf die Erzeugnisse der Friesmacher in Malchow und Parchim.

Die Taxe von 1770 war kursweise geordnet und regelte die Taxen aller Kontors in Meklenburg für die Beförderung von Personen, Briefen, Geldern, Handpacketen (bis 16  ), Kaufmannswaaren, Victualien (Wild u. s. w.), Obst, nassen Waaren und leeren Fässern. Eine Person mit 60  Freigepäck (sog. volle Person) zahlte für die Meile 8 ßl., eine Person ohne Gepäck (ledige Person) 6 ßl., von Schwerin bis Rostock (10 Meilen) aIso 1 Rthlr. 32 ßl., nach Hamburg (15 Meilen) 2 Rthlr. 16 ßl. Die Taxe von Rostock nach Hamburg (23 Meilen) war dagegen um 16 bezw. 12 ßl. billiger als sonst im Lande, um der schwedischen Post den Reiseverkehr abzuwenden. Briefe kosteten im Allgemeinen bis zu 1 Loth für je 4 Meilen 1 ßl., von Schwerin nach Rostock (10 Meilen) aber nur 2 ßl., nach Hamburg (13 Meilen) nur 3 ßl.; von Güstrow nach Hamburg (22 Meilen) 4 ßl., von Rostock nach Hamburg (23 Meilen) nur 3 ßl. wegen der konkurrirenden schwedischen Post.

Gelder kosteten im Allgemeinen auf je 4 Meilen bis 20 Thlr. 2 ßl., bis 35 Thlr. 3 ßl., bis 50 Thlr. 4 ßl., bis 65 Thlr. 5 ßl.,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 220 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bis 75 Thlr. 6 ßl., bis 100 Thlr. 8 ßl. 100 Thlr. von Schwerin nach Rostock kosteten 12 ßl., von Güstrow nach Hamburg 24 ßl., von Rostock dahin nur 16 ßl.

Handpackete kosteten innerhalb der Station (von 4 Meilen) bis 4  2 ßl., über 4 bis 10  3 ßl., über 10 bis 16  4 ßl. Für ein Packet bis 10  von Schwerin nach Rostock war zu zahlen 7 ßl., von Güstrow nach Hamburg 12 ßl., von Rostock nach Hamburg nur 10 ßl.

Im Jahre 1774 ließ die Regierung für die Strecke Boizenburg - Hamburg eine Taxänderung eintreten, um hier mit den preußischen Posten - wenigstens innerhalb des Landes - konkurriren zu können. Aber nur das Personenporto wurde ermäßigt; die übrigen meklenburgischen Taxen (für Gelder und Päckereien) blieben beträchtlich höher als die preußischen. Uebrigens wurden die Taxen im Lande je nach dem Bedürfniß ermäßigt oder erhöht, gerade wie es die allgemeine Wirthschaftslage oder örtliche Besonderheiten, z. B. die Konkurrenz der preußischen und schwedischen Posten nach Hamburg erheischten.

So betraf eine wesentliche Aenderung die Versendungen von Baargeldern und Bankonoten zwischen Rostock und Hamburg. Im Jahre 1783 kosteten 2000 Rthlr. Baargeld 10 Thlr., 2000 Rthlr. in Bankonoten nur 12 ßl. Auf den Vorschlag des Postdirektors Wachenhusen wurde die Taxe für Bankonoten im Jahre 1783 auf 1/6 0/0 des Nennbetrages, demnächst im Januar 1784 aber auf die Hälfte des Portos gleich hoher Baarsendungen festgesetzt.

Das in der meklenburgischen Postverwaltung von jeher bestehende ausgedehnte Portofreiheitswesen hat ständig die Posterträge mit beeinflußt und bedarf daher eingehenderer Erwähnung. Herzogliche Sachen - für den Hof und die Behörden des Landes - wurden auf den Posten frei befördert. Mancher Mißbrauch kam babei vor, fiel doch im Jahre 1709/10 auf einen reinen Ueberschuß von 4406 Rthlr. für Freibeförderungen allein die Summe von 2260 Rthlr.

Am 4. Mai 1712 erging daher die Verordnung, daß die portofrei zu versendenden Dienstsachen mit dem Rubrum "in Fürstl. Regierungs-, Kammer- und Kantzleigeschäften" und der unmittelbaren Aufschrift des Herzogs versehen sein sollten. Eine spezielle Verordnung derselben Zeit ordnete an, daß die im Namen des Herzogs an Auswärtige auszufertigenden Schreiben baar in Schwerin bezahlt werden sollten. Diese Vorschrift gerieth aber bald in Vergessenheit. Auch die postbeamten hatten für Dienst=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 221 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sachen von jeher die Portofreiheit genossen, allmählich aber war dieselbe auch auf ihre Privatkorrespondenz übergegangen, und die Regierung hatte, in der sicheren Ueberzeugung, daß diesem Brauch durch keine Verordnungen zu wehren sei, hierzu stillgeschwiegen. Aber die Postmeister trieben es so arg, daß sie selbst Briefe von dritten Personen zu ermäßigter Taxe sammelten und im Umschlag an andere Postmeister versandten. Die Akten sprechen ganz offen von diesem Mißbrauch. Postdirektor von Schütz ließ es seine erste Sorge sein, diesem Unwesen ein Ende zu machen. Auf seinen Antrag verfügte die Exekutionskasse am 28. Januar 1729, daß die Postoffizianten die Postfreiheit nur für die von ihnen vertriebenen Avisen genießen sollten.

Vom Jahre 1735 ab wurden die Postfreiheiten allgemein auf eigene herzogliche Sachen beschränkt, alle sonst eingeschlichenen Freiheiten dagegen aufgehoben. Das Uebel wurzelte aber im Stillen unter der Oberfläche ruhig weiter, bis im Jahre 1749 von dem Ober-Pstdirektor von Smith auf höhere Anregung hin energische Maßregeln zur Abstellung des Unwesens getroffen wurden. Der Gesammtportobetrag für die vom 1. December 1748 bis zum 31. Mai 1749 - also für einen Zeitraum von sechs Monaten - portofrei beförderten Sendungen belief sich immer noch auf 857 Rthlr. 46 ßl., für das ganze Jahr mithin auf rund 1700 Rthlr., während die reine Einnahme aus den Posten nur etwa 6300 Rthlr. ausmachte; den Postintraden waren mithin ständig 27 0/0 der Einnahme vielfach mißbräuchlich entzogen worden.

Ober-Postdirektor von Smith ermittelte zunächst, welche Beamten durch spezielle herzogliche Verordnung oder durch Gewohnheit im Genuß der Portofreiheit für eigene Angelegenheiten gestanden hatten; das waren im Besonderen die Mitglieder der Regierung und der Kammer, sowie die gesammten Postmeister des Landes. Da die Portofreiheit nach dem Willen des Herzogs überhaupt aufgehoben werden sollte, so mußte die Berechtigung der vorgenannten Personen zum Genuß der Portofreiheit abgelöst werden, und zwar zweckmäßig durch Baarabfindung. Der Werth der Portofreiheit für den Einzelnen wurde nunmehr in Geld bestimmt und als Gehaltsverbesserung vom 1. Januar 1750 ab den Berechtigten in Ansatz gebracht. Es ist für die Zeitverhältnisse von Interesse, die Antheilnahme der einzelnen Beamtenklassen an der Ablösung genauer kennen zu lernen. Sie betrug

für den Kammerpräsident von Klein 30 Rthlr.
" " Geh. Rath von Klein 30 "
" " Ober=Jägermeister von Bergholtz 30 "
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 222 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
für den Regierungsrath Detmer 30 Rthlr.
" " Geh. Rath von Smith 30 "
" " Landrentmeister Balck 15 "
" " Carmon 15 "
" " Sekretär Wachenhusen 15 "

ferner in der Postverwaltung

für Postsekretär Hennemann 50 "
" Postkontroleur Bueck 50 "
" Postdirektor Roland - Schwerin 100 "
" von Hafften=Rostock 100 "
" Kütemeyer=Güstrow 100 "
" Litzenbruder Prosch=Schwerin 30 "
" die übrigen Postmeister des Landeszusammen 288 "

die Ablösungssumme belief sich also auf 913 Rthlr.

Die am 24. December 1749 publicirte Verordnung des Herzogs Christian Ludwig wegen Aufhebung der Portofreiheit trat mit dem 1. Januar 1749 in Kraft. Vom 1. Januar 1750 ab wurden alle Portofreiheiten, auch die für eigene herzogliche Angelegenheiten, aufgehoben; das Porto war künftig baar zu erlegen. Besondere Vorschriften regelten das weitere Verfahren. Nach einigen Jahren war die Verordnung aber schon wieder in Vergessenheit gerathen. Eine Verordnung vom 23. Juni 1764 hob daher nochmals alle Postfreiheiten gänzlich auf.

Durch die Postordnung von 1770 fand das Portofreiheitswesen seine nochmalige Regelung, indem für die Versendung postdienstlicher Gelder, Rechnungen, Laufzettel, Instruktionen für die Unterkontors, sowie die Zeitungen - deren Lesen zur Erhöhung der allgemeinen Bildung, wie es an anderer Stelle heißt, befördert werden sollte - die Postfreiheit ausdrücklich zugesichert war. Sonst blieb die Verordnung von 1764 voll in Kraft, und die Postmeister und sonstigen Postbedienten wurden besonders aufmerksam gemacht, bei Strafe der Dienstentlassung sich alter Defraudationen und eigenmächtigen Briefsammlungen zu enthalten; die von den Postbedienten für eigene Angelegenheiten beanspruchte Portofreiheit wurde nicht weiter berührt.

Bei der Darstellung des Finanzwesens der Post darf ein Faktor, welcher auf die Gestaltung des Kassenwesens in der Zeit von 1701 bis 1785 von einschneidendem Einflusse war, nicht unberücksichtigt bleiben, nämlich die Geld- und Münzverhältnisse dieser Periode. Letztere waren fast ununterbrochen in Folge der kriegerischen Wirren, welche sich in Meklenburg abspielten, die

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 223 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

denkbar schlechtesten und näherten sich zeitweilig, besonders in den sechsziger Jahren, einer Münzverwilderung ohne Gleichen.

Es kann hier nicht der Ort sein, auf die Ursachen der Münzwirren näher einzugehen; aber es gewährt Interesse, die Beziehungen des Münzwesens zur Post, die als Geldinstitut an der Zirkulation der Münzen Antheil hatte, in großen Umrissen darzulegen.

Um das Jahr 1700 war der Leipziger Münzfuß, welcher die Mark fein in 18 Gulden zu je 32 ßl., d. h. die sog. Neu 2/3, ausprägte, obgleich von den meklenburgischen Herzögen nicht anerkannt, in Meklenburg in Aufnahme gekommen. Unter Herzog Carl Leopold kam dieser Münzfuß allgemein in Gebrauch, da es an guter Landesmünze mangelte und der Leipziger Fuß zum Reichsmünzfuß erhoben war. Außerdem waren aber im Lande die alten Drittel - Stücke des Zinnaer Münzfußes, sowie ein Uebermaß minder- und vollwerthiger Geldsorten in Umlauf, welche, da in Meklenburg zwischen 1713 und 1752 keine gangbare Münzsorte geprägt worden war, theils von der Regierung verboten, theils nicht als umlaufsfähig anerkannt waren, sodaß in dem Wirrwarr des Münzwesens nur ein vollkommenes Studium vor Schaden bewahren konnte. Es war ja die Zeit, wo jeder, auch der kleinste Staat in Deutschland seine eigene Münze besaß. Gutes vollwichtiges Geld blieb naturgemäß in festen Händen oder mußte mit Aufgeld bezahlt werden, das minderwerthige kam vorzugsweise in Umlauf; wie mit den größeren Stücken, so war es auch mit den kleineren Münzsorten, welche bei den Postanstalten vorzugsweise in den Kassen umliefen.

Schon im Jahre 1736 lieferten die Vorsteher der Hauptkontors die Ueberschüsse ihrer Bezirke in der kleinsten Münzsorte ein. Bei dem Hauptkontor in Schwerin, welches die Hauptrechnung der meklenburgischen Posten aufzustellen, außerdem aber auch die Fuhrgelder für die außermeklenburgischen Postkurse zwischen Boizenburg bezw. Gadebusch und Hamburg zu zahlen hatte, ergab sich daher nur die Möglichkeit, sich mit der Renterei und den Posthaltern in der kleinsten Münzsorte auszugleichen. Das bot mit der Regierung keine Schwierigkeit, wohl aber mit den Posthaltern, deren Kontrakte meist auf N 2/3 lauteten und die außerhalb Meklenburgs das meklenburgische Kourant nur mit direktem Schaden hätten verwenden können. An die Hauptkontors erging daher noch im Jahre 1736 die Verfügung, die Ueberschüsse lediglich in N 2/3 Stücken einzusenden; die Verfügung wurde indeß noch in demselben Jahre auf die Vorstellung der Postmeister, daß

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 224 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sie die geforderten Münzsorten ohne Agiozahlung nicht beschaffen könnten, dahin abgeändert, daß wenigstens einige N 2/3 Stücke eingesandt werden möchten. Auch darauf wollten sich die Postmeister nicht einlassen, denn die Korrespondenten zahlten, wie von Hafften in Rostock berichtete, in kleinsten Sorten, 4 ßl.-Stücken oder höchstens in fremdem Gold, die Reisenden führten zu ihrer Bequemlichkeit nur Dukaten und Louisdors bei sich, und so kämen N 2/3 Stücke kaum zur Kasse; auch habe die noch von der Exekutionskasse erlassene Verordnung, daß bei Portobeträgen über 32 ßl. immer nur N 2/3 Stücke gefordert werden sollten, sich nur kurze Zeit aufrecht erhalten lassen. Hafften erhielt endlich nach längerem Schriftwechsel am 23. Juli 1736 die Verfügung, daß er, "da die Louisdors und Dukaten in Rostock noch so sehr begänge nicht sein sollten, von den Passagiers auf gute Art die Bezahlung des Postgeldes in N 2/3 Stücken fordern solle, damit er wenigstens 18 - 20 Rthlr. an grober Münzsorte (N 2/3) einsenden könne." Dabei betrugen die Ueberschüsse des Postkontors in Rostock etwa 300 Rthlr. vierteljährlich.

Mit den Jahren verschlechterten sich die Münzverhältnisse immer mehr. Im Jahre 1740 erhielt der Posthalter in Ratzeburg seine vierteljährlichen Fuhrgelder (75 Rthlr.) in Zweigroschenstücken ausbezahIt, an denen er mindestens 10 0/0 würde zusetzen müssen, wie er selbst äußerte. Dabei waren ihm gute 2/3 Stücke zugesagt. Der Postmeister Jahncke in Schwerin hatte im Osterquartal nach Hamburg 67 Rthlr. 36 ßl. und nach Ratzeburg 98 Rthlr. 18 ßl., zusammen 166 Rthlr. 6 ßl. kontraktlich in N 2/3 zu zahlen. Darauf kamen ein von

Tabelle

in Kourantmünze blieben demnach 82 Rthlr. 18 ßl. zu zahlen. Jahncke selbst klagte, daß er sein Gehalt in 1 und 2 ßl.-Stücken nehmen müsse. In einem Ouartal 1746 nahm das Kontor in Schwerin nur 3 Rthlr. in N 2/3 ein.

Da vor der Hand keine Aussicht auf günstigen Umschlag vorhanden war, wurden die Hauptkontors angewiesen, bei den Vierteljahrsablieferungen mindestens 20 Rthlr. in N 2/3 Stücken abzuführen, widrigenfalls auf ihre Kosten die Einwechslung vorgenommen werden würde; N 2/3 erzielten zum Kourant damals

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 225 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

schon 6 %, sechs Jahre später im Jahre 1752 bereits 14 - 16 % Agio; jeder Thaler mußte mit 6 - 8 ßl. Aufgeld bezahlt werden.

Es war die Glanzzeit, wie die Akten melden, wo Juden und Christen aus der Kursdifferenz des Geldes ihren Vortheil ziehen wollten, sodaß auf mancher Post zwischen Hamburg und Meklenburg Geldsummen von 60 - 70000 Thlr. in Silber und Kupfer befördert wurden, unter deren Last die Postwagen fast zusammenbrachen.

Trotzdem der Nothstand im Münzwesen nun schon jahrelang anhielt, hatte die Regierung bislang aller Aufmerksamkeit ungeachtet einen Ausweg nicht finden konnen. Noch der landesgrundgesetzliche Erbvergleich von 1755 berührte die Tagesfrage: "Da bei den jetzigen Zeiten das Münzwesen im Lande und mit dem sowohl der wucherliche Lauf und Werth der neuen 2/3 Stücke als auch der je länger je mehr überhand nehmende Ueberfluß der geringhaltigen Geldsorten und die daraus entstehende Steigerung des Preises aller guten silbernen und goldenen Münze zu Abwendung offenbaren Nachtheils und Schadens gesammter Landeseinwohner ein landesobrigkeitliches Einsehen erfordert, so verspricht die Regierung, daß sogleich alle Kosten und Bemühungen angewandt werden sollen, damit nach vormaligem alten Fuße und Herkommen im Lande solche Münzsorten wiederum gangbar und gebe werden mögen, gegen welche gesammte Landes-Eingesessene und Unterthanen aller zu ihrem Verkehr, Handel, Wandel und Kreditwesen benöthigten groben und anderen Münzsorten in Silber und Gold, auch außerhalb Landes und in den benachbarten Staaten selbst zu billigeren Preisen und umsonst (ohne Agio) jedesmal habhaft werden können."

Für Meklenburg war von besonderer Wichtigkeit der Hamburger Geldmarkt. "In Hamburg wird nichts - wie ein Bericht des Postdirektors Roland sich über den Einfluß der Hamburger Börse auf speziell meklenburgische Postverhältnisse äußerte - als schwer Geld gebraucht, auch alle Postrechnungen in solcher Münze geführet, dahero alle Briefe, so zu Hamburg mit fremden Posten an meklenburgische Korrespondenten eintreffen, auch ebenmäßig die Briefe, so aus Meklenburg nach Hamburg kommen und von dort weiter befördert werden, mit schwer Geld resp. eingelöst oder weiter frankirt werden müssen. Hierzu ist nun das beim Hamburger Kontor eingehobene schwere Geld nicht zureichend, vielmehr wird durch diese Auslagen (an Porto für Beförderung auf den fremden Posten bei vorausgezahltem Franko) verursacht, daß das Schwerin'sche Kontor quartaliter über 100 Rthlr. an schwerem

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 226 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dänischen Gelde für die von den fremden Hamburger Kontors eingelösten oder auf selbigen weiter frankirte Briefe bezahlen, und da hier kein dänisch Geld in natura vorhanden, N 2/3 anschaffen und selbiges noch dazu mit Agio zu dänischem valeur machen muß. Das sind die sog. Zuschußgelder.

Hierdurch hat nicht nur die Schwerin'sche, sondern auch die Güstrower und Rostocker Postreceptur jährlich einen großen Schaden, indem diese Kontors vor das fremde Geldporto schwer Geld ausgeben, aber nur leicht Geld wieder einnehmen; z. B. ein simpler Brief von Schwerin über Hamburg nach Wien wird von uns in Hamburg frankirt mit 12 ßl. schwer Geld, das sind wenigstens 14 1/2 ßl. leicht Geld, 12 ßl. aber werden nur von den Korrespondenten bezahlt, folglich verlieren Serenissimus 2 1/2 ßl. Ein Brief franko Nürnberg wird von den Korrespondenten bezahlt mit 8 ßl. leicht Geld und hiesiges Kontor muß dafür bezahlen 9 1/2 ßl., verliert Serenissimus also 1 1/2 ßl.; ein Brief franko Wetzlar und Frankfurt a. M. kostet 5 ßl., ein Brief nach Regensburg und Dresden 7 ßl., das hiesige Kontor zahlt aber dafür 5 3/4 ßl. und 8 ßl. 1  . Wie nun dieses mit soviel 100 ja 1000 Briefen das Jahr hindurch passirt, da man mehr bezahlen muß, als eingenommen wird, so liegt der Schaden offen zu Tage."

Diesen Bericht hatte Roland bereits im Jahre 1750 entworfen, aber erst im Jahre 1759 dem Herzoge vorgelegt. Er gab deshalb noch einige Fingerzeige an, wie dem Uebel abzuhelfen sei, z. B. durch Erhöhung der Taxen, Zahlung aller Gelder in Hamburg in leichtem Geld u. s. w., aber die Vorschläge blieben - zum Glück, möchte man sagen - vorläufig Projekt, denn die Erhöhung der Taxe hätte nur den Verkehr gehemmt, das Agiounwesen noch verschlimmert und schließlich eine Vermehrung der Einnahmen sicher nicht erzielen lassen.

Mit Vorschlägen, wie dem Uebel abzuhelfen, traten auch Postdirektor Kütemeyer in Güstrow und von Hafften in Rostock hervor, aber die Vorschläge deckten sich mit denen Rolands. Aus Kütemeyers Bericht vom Jahre 1752 verdient nur ein Punkt hier Erwähnung: "In Natura giebt 2/3 Stücke Niemand, und wenn ich Aufgeld fordere, streiten die Passagiers sich nicht allein, sondern es ist schon zweimal dieser Ursache wegen geschehen, daß einige Passagiers sich zusammengethan und einen eigenen Wagen in der Stadt nach Hamburg genommen, und da ich solche zu anderen Zeiten dazu anhalten wollen, haben sie mit Ungestüm die agio zu 6 und 8 % bis Schwerin erleget und sind von da gegen courant Geld weitergefahren."

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 227 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Im Jahre 1755 wurden bei den Posten bereits 18 % Agio gezahlt. Die Hauptkontors mußten nach wie vor ihre 20 Thlr. in N 2/3 einsenden, und beim Mangel an N 2/3 aus ihrer Tasche die Kursdifferenz decken. "Die Querelen, urtheilte die Kammer, als die Postämter lebhafte Klage führten, werden schon ein Ende nehmen, wenn nur erst ein schwererer Münzfuß eingeführt ist. Inzwischen müssen die Postkontors sich bis zu besseren Münzzeiten, so gut als möglich ist, bei der Verordnung und bisherigen Observanz schützen."

Im Jahre 1758 beabsichtigte Herzog Friedrich endlich, den alten, noch aus Zeit der kaiserlichen Kommission gebräuchlichen Kourantfuß - die alten 1/3 Thaler - wieder herzustellen. Da brach aber der siebenjährige Krieg auch über Meklenburg herein; "die bereits geprägten Stücke wurden nach Lübeck verkauft und das alte Sprichwort "Noth bricht Eisen" verleitete auch ihn, den Mangel an Geld durch Ausprägung minderwerthiger Münze scheinbar zu heben - es begann nun die schlimmste Zeit der meklenburgischen Münzverhältnisse. Die Mark fein, welche von 1752 - 58 zu 14 Rthlr. 24 ßl. ausgebracht worden war, wurde von Jahr zu Jahr höher, mit immer größerer Haft, mit sich stürmisch vermehrender Steigerung im Jahre 1763 zu 40 Rthlr. (der Leipziger N 2/3 Fuß ist der 12 Rthlr. Fuß) ausgeprägt und die meklenburgische Münze im Auslande so entwerthet, daß 100 Rthlr. N 2/3 nur mit 352 Rthlr. meklenburgischer Münze eingewechselt werden konnten." 1 )

Wie es um den meklenburgischen Kredit im Auslande unter solchen Verhältnissen bestellt war, zeigt nachstehende Verordnung der Regierung in Hannover vom 12. September 1759: "Ob wir zwar verhoffet, daß durch unsere wiederholte Verordnungen, worin die Hereinbringung der in großer Menge bis daher ausgeprägten geringhaltigen meklenburgischen Münzsorten auf das schärfste verboten ist, solcher Endzweck völlig würde erreichet werden; auch die bei den Poststationen angeordneten Visitationes so viel Nutzen geschaffet, daß dergleichen neu ausgeprägte geringhaltige Sorten nicht so öffentlich noch unmittelbar in Unsere Lande eingeführt werden. Nachdem jedoch dagegen von gewinnsüchtigen Geldwechslern nunmehr darauf gesonnen wird, wie selbige diesen Endzweck in andere Wege erreichen mögen, und zu dem Ende, diese geringhaltige meklenburgische Sorten durch unsere Lande in die benachbarten Städte mittels der ordinären


1) Wöhler, das Münzwesen Meklenburgs.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 228 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

fahrenden Posten und durch Frachtfuhren, Extraposten und Stadtboten versenden, oder auch selbsten mit sich führen, von welchen Orten diese Münzen nachmalen desto verborgener in Unsere Lande hereingebracht und darinnen ausgebeutet, auch dem einfältigen Landmanne, wenn er seine Früchte verkaufet, in Bezahlung aufgedrungen werden, so finden Wir uns bewogen, die Durchfuhr aller herzoglich meklenburgischen Geldsorten durch Unsere Lande bei Strafe der Konfiskation gänzlich zu untersagen." Und dabei war bei Erlaß dieser Verordnung die Mark fein erst zu 19 Thalerstücken mit dem Kurse von 172 Thlr. meklenburgischer Münze ausgebracht worden.

Im Jahre 1760 wurde Kütemeyer angewiesen, von den Korrespondenten keine N 2/3 Stücke mehr zu fordern, daß er aber für alle nach und von Hamburg versandten Postsendungen, oder zwischen Hamburg und Güstrow mit den Posten fahrenden Personen auf je 16 ßl. Porto 1 ßl. Aufgeld, also 17 ßl. Kourantgeld einziehen solle. Nun zeigten sich bald die Folgen der Verordnung; die zahlreich im Lande verkehrenden Hamburger Kaufleute behielten das im Lande einkassirte Geld und lieferten es erst in Rostock bei der schwedischen Post ein, wo ihnen keine Schwierigkeiten bezüglich der Portozahlung gemacht wurden.

Trotzdem wurde das Aufgeld allgemein und zu immer höheren Sätzen bei den Postkontors im Lande erhoben, wie eine für diesen Zweck gedruckte Tabelle vom Jahre 1760 erkennen läßt. Hiernach war zu zahlen

Tabelle

Die Münzverschlechterung warf ihre Schatten auch in die innere Organisation der Postverwaltung hinein. Im Jahre 1762 wollte kein Fuhrmann mehr Estaffettenritte zu dem Satze von

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 229 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

32 ßl. für die Meile übernehmen, da der Werth von 32 ßl. nur 10 1/2 ßl. betrug und früher bei guten Zeiten (vor 40 Jahren) schon 24 ßl. bewilligt seien; durch Verordnung vom 23. Juni 1762 wurde nun verfügt, daß von Johannis 1762 ab die Reitgebühren für Estaffetten und Kouriers à Meile mit 24 ßl. nach dem Werthe des alten Geldes bezahlt werden. Das ist aber nur ein Beispiel aus der großen Reihe von Klagen, welche der Wandel aller Preis- und Werthverhältnisse infolge der Münzverschlechterung bei den Posten hervorrief.

Als der Krieg im Jahre 1763 zu Ende war, begann Herzog Friedrich sofort die Münzreform; der alte sog. schwere oder wenigstens ein ihm möglichst nahestehender Münzfuß, dem Hamburger Kourantfuße gleich, wurde wieder eingeführt. Die Münznoth war damit aber noch nicht zu Ende, denn nun begann die Enziehung und Abstoßung des minderwerthigen Münzgeldes, dessen Kurs zweimal wöchentlich durch das Intelligenzblatt öffentlich bekannt gemacht wurde.

Wie groß der Nachtheil war, den die Münzverschlechterung in dem Dezennium von 1750 bis 1763 den meklenburgischen Posten direkt oder durch den Abgang des Verkehrs zum Fuhrgewerbe oder den fremden Posten gebracht hat, läßt sich naturgemäß auch annähernd nicht feststellen - derselbe zählt aber nach Tausenden. Von Interesse ist es aber, festzustellen, wie groß der eigentliche Werth der Ueberschüsse der meklenburgischen Posten in dieser Periode war.

Tabelle
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 230 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Aus demselben Grunde ermäßigen sich auch die Beträge der wirklichen Ueberschüsse aus den nächstfolgenden Jahren ganz erheblich, da nach der Münzreform in den ersten Jahren das alte schlechte Geld in die herzoglichen Kassen zurückströmen mußte, wenn auch nach dem Kriege ein erhebliches Steigen der Postüberschüsse wahrnehmbar bleibt.

Die Grundlage des Postbetriebes bildete das Postfuhr- und Kurswesen. Posthaltereien im heutigen Sinne gab es noch nicht; die regelmäßigen Leistungen, d. h. die Beförderung der regelmäßigen Posten innerhalb der Stationen wurden im Minuslicitationswege an den Mindestfordernden "verpachtet". Die Pachtzeit umfaßte in der Regel drei Jahre. Die Verpachtung der Fuhrleistungen entsprach zwar dem fiskalischen Verwaltungssystem, indem die Fuhrkosten erheblich herabgedrückt wurden, aber die Verwaltung kam dadurch mit vielfach ungeeigneten Unternehmern in Berührung, welche keine Sachkenntniß befaßen und es bald an Ordnung und Pünktlichkeit fehlen ließen. Leistungen, die angemessen auf 800 Rthlr. geschätzt wurden, gingen im Licitationsverfahren für 600 Rthlr. und weniger weg. Der Unternehmer konnte demnach sein Bestehen nicht finden. Den Nachtheil der Verpachtung spürte aber nicht allein der Unternehmer, sondern in weit höherem Maße die Verwaltung. Bei den geringen Fuhrlöhnen konnte der Unternehmer brauchbares Pferdematerial nicht einstellen. Schlechte Bespannungen der Postwagen und, hierdurch veranlaßt, häusige Verzögerungen der Postkurse bildeten eine ständige Erscheinung in der meklenburgischen Verwaltung. Letztere verhängte zwar unerbittlich gegen säumige Postfahrer hohe Geldstrafen - in manchen Jahren zum Betrage von 500 Rthlr. und darüber -, aber diese Strafgelder brachten die Postfahrer in anderer Weise durch die im Großen betriebenen Unterschleife, verbotwidrige Beförderungen von Personen und Postsendungen zehnfach wieder ein. Aktennachrichten zufolge entgingen der Postkasse noch in den Siebenziger Jahren des vorigen Jahrhunderts jahraus jahrein 4 - 5000 Rthlr. an unterschlagenen Portobeträgen, die nun in die Taschen der Postfahrer flossen.

So begreiflich hiernach das Streben der Fuhrinteressenten war, Fuhrleistungen um jeden preis, selbst gegen offenbar ungenügenden Lohn zu erhalten, so unverständlich bleibt es auf der anderen Seite, wie die Regierung übersehen konnte, daß sie mit den niedrigen Fuhrlöhnen sich selbst unberechenbaren Schaden zufügte. Ganze Bände Akten enthalten Verhandlungen der Regierung über Maßnahmen zur Abstellung der Unterschleife,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 231 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

aber alle Vorschläge blieben wirkungslos, ebenso die zahlreichen herzoglichen Verordnungen, welche gegen die Unterschleife der Postfahrer und deren Knechte, die Postillone, gerichtet waren, zumal es auch an einer ausreichenden Ueberwachung der Posten unterwegs fehlte; denn die den Posten beigegebenen Schirrmeister machten mit den Postfahrern gemeinsame Sache. Sobald eine Post außerhalb des Stadtweichbildes war, stiegen die Bockpassagiere auf und verließen den Postwagen kurz vor der nächsten Station wieder, um jenseits derselben die Reise auf demselben Postwagen fortzusezuen. In gleicher Weise erfolgte die heimliche Auflieferung der Postsendungen. Reisende und Postfahrer feilschten um das Porto und die Postkasse hatte das Nachsehen. Als die Regierung im Jahre 1744 ein Mittel gegen diese Mißbräuche gefunden zu haben wähnte, indem sie die Postillone besonders zu beeidigen beschloß, richteten diese an den Herzog eine Eingabe, die mit folgenden bezeichnenden Worten schloß: "Wir können uns, ohne unser Gewissen zu beflecken und meineidig zu werden, zu einem so harten Eide nicht verbinden, da wir unterwegs keine Briefe annehmen und keine reisende Person vor ein kleines Trinkgeld ein Flach Weges mitnehmen sollen, welches gewiß Keiner, wer er auch sey, halten konnte oder würde, indem wir ja wegen der unterwegs aufzugebenden Briefe vor den Krügen anfahren und fragen müssen, ob mit der Post etwas zu bestellen, auch Zeitungen abgeben und bei solcher Gelegenheit ein Glas Bier oder Branntwein fordern müssen, damit der Wirth des Nachts ein Licht anzünde."

Im Jahre 1749 wußte die Regierung sich schon gegen die Unterschleife nicht anders zu helfen, als daß sie durch Verordnung vom 6. Mai für jede entdeckte Defraude unnachsichtlich Dienstentlassung und Bestrafung des Schuldigen mit Karrenschieben androhte. Im Jahre 1755 wurden sogar dem Denuncianten 2 - 3 Rthlr. Denunciationsgebühren versprochen. Aber kein Mittel hatte Erfolg, auch nicht die Verordnung, daß die Accisebeamten, Amtslandreiter u. s. w. angewiesen wurden, die Posten unterwegs zu revidiren. Diese Bestimmung blieb sogar nur kurze Zeit in Kraft, da bei den Revisionen längere Verspätungen eintraten und die Postillone bei jeder Defraude die Ausrede gebrauchten, daß unterwegs aufgenommene Passagiere und Sachen bei der nächsten Postanstalt angemeldet würden.

Im Jahre 1780 äußerte sich der Postdirektor Wachenhusen in Schwerin über die Defrauden der Postillone folgendermaßen: "Was man von den Defraudationen der Wagenmeister und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 232 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Postillons hört und siehet ist wirklich ganz außerordentlich; selten wird man einen Postwagen unterwegs begegnen, der nicht mit Passagieren und Päckereien völlig befrachtet ist; siehet man die Post aber ins Stadtthor fahren, so wird man gewöhnlich einen leeren Wagen gewahr, und ich wollte fast behaupten, daß durch diese enormen UnterschIeife 1/4, wo nicht gar 1/3 der gesammten Postrevenües verloren gehen. Die Frechheit der Postillone geht in Schwerin soweit, daß es nicht auszudenken. Der Güstrow'sche und Rostocker Postillon haben ungescheut und vor den Augen der halben Stadt ihr Nebenkontor in der Gegend des Püsserkatens, der Hamburger und Lübecker zu Lankow, der Wismar'sche hat es schon gar in der Stadt und unmittelbar vor dem Spielthor, und daß es anderer Orten besser gehen sollte, steht nicht zu vermuthen." Bis zum Jahre 1785 hatte die Verwaltung noch kein Mittel ausfindig gemacht, wie dem Unwesen erfolgreich zu wehren sein möchte.

Allerdings muß zugegeben werden, daß auch die hohen Portogebühren indirekt das Publikum verleiteten, sich lieber mit den Postfahrern über einen niedrigeren Preis zu einigen, als das taxmäßige Porto zu zahlen, aber bei ausreichenden Fuhrlöhnen würde die Postverwaltung zuverlässigere, leistungsfähigere Postfahrer gewonnen haben, welche schon die Furcht vor Strafe mehr von Defrauden zurückgehalten hatte. Bei der üblichen Verpachtung der Fuhren an den Mindestfordernden büßte sie jedoch ständig namhafte Beträge ein, und durch das schlechte Pferdematerial schädigte sie obendrein noch empfindlich ihren Ruf, da Verspätungen und überhaupt langsame Beförderungen trotz aller Strafen fast zur Regel geworden waren.

Nicht viel besser sah es um die Besorgung der nicht regelmäßigen Fuhrleistungen aus, nämlich die Gestellung der Beiwagen zu den regelmäßigen Posten, der Extraposten, Kuriere und Estaffetten. Der Uebernahme dieser Leistungen hatte sich die Postverwaltung fast ganz begeben; sie waren unter Kontrole der Postanstalten dem Fuhrgewerbe überlassen, und zwar auf verkehrsreichen Straßen den Reihefuhrämtern, in kleineren Orten an Nebenkursen gewissen Fuhrinteressenten. Reihefuhrämter bestanden 1780 in Schwerin, Gadebusch, Wittenburg, Boizenburg, Rehna, Sternberg, Bützow, Güstrow, Parchim, Neustadt, Grabow, Hagenow und Dömitz, ferner auch in dem schwedischen Wismar, wo E. E. Rath dem daselbst schon lange bestehenden Fuhramt am 14. December 1744 eine neue Fuhrordnung verliehen hatte.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 233 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

In Rostock lagen die Verhältnisse anders als sonst im Lande. Hier bestand bereits ein Fuhramt für den Reiseverkehr seit dem 17. Jahrhundert. Unter dem 12. Januar 1691 war dem von E. E. Rath privilegirten Fuhramt eine Rolle ertheilt worden, die im Jahre 1717 erneuert wurde. Das Rostocker Reihefuhramt bestand völlig selbstständig neben dem herzoglichen Postkontor daselbst, und letzteres mußte bei Bestellung von Extraposten u. s. w. mit dem Fuhramt in Verbindung treten. Das Postkontor empfand dieses Verhältniß naturgemäß als sehr lästig, da ihm alle Mittel fehlten, die Fuhramtsinteressenten zu ihrer Pflicht anzuhalten. Da zahlreiche Klagen über das Reihefuhramt erhoben wurden, so machte das Postkontor wiederholt den Versuch, Einfluß auf das Fuhramt zu gewinnen, aber Bürgermeister und Rath nahmen sich regelmäßig des Fuhramts so nachdrücklich an, daß alle Bemühungen, eine andere Organisation des Fuhramts herbeizuführen oder die Aufsicht über dasselbe dem Postkontor zu übertragen, fruchtlos verliefen.

In Schwerin, Güstrow und Rostock sollten mindestens 12, in Parchim 8 und in den übrigen Städten 6 Fuhrleute in das Fuhramt aufgenommen werden. Die Fuhrleute wurden nach ihrem Alter in "eine Reihe oder Beurt gesetzt" und die Namen in der Fuhrrolle verzeichnet; das Amt war nach Art der Zünfte mit mehreren Aelterleuten besetzt. Jedes Fuhramt hatte eine Lade, in der die Urkunden des Fuhramts aufbewahrt wurden. Jeder Fuhramtsgenosse rnußte mindestens 4 - 5 gute Pferde und eine Postkalesche für 4 - 5 Personen halten und war verpflichtet, nach der Reihe die vorkommenden Fuhrleistungen auszuführen. War ein Fuhramtsgenosse behindert, zu fahren, so wurde er in dem jeweiligen Turnus überschlagen. An verkehrsreicheren Orten bot die Herbeischaffung der Gespanne keine Schwierigkeit, da besonders das wohlhabendere Publikum vorzog, lieber mit Extrapost zu fahren als mit der ordinären Post. Der Extrapostdienst war überdies sehr gewinnbringend, da manche Orte einen außerordentlich starken Extrapostverkehr hatten, besonders Boizenburg, Gadebusch, Güstrow u. a. In den kleineren Orten dagegen kamen seltener Extrapostleistungen vor. Dann hielt es schwer, besonders zur Erntezeit, die pflichtigen Fuhramtsgenossen heranzuziehen, und es vergingen an Stelle der vorgeschriebenen Expeditionszeit von 1 Stunde oftmals mehrere Stunden, bevor ein Gespann zur Stelle war. Da die Extrapost-Fuhrleistungen immer nur bis zur nächsten Station auszuführen waren, so wiederholte sich hier nicht selten dasselbe Schauspiel mit dem Aufsuchen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 234 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

eines Fuhramtsgenossen, und man kann ermessen, mit welchem Zeitverlust im vorigen Jahrhundert das Reisen mit Extrapost in Meklenburg verbunden gewesen sein muß.

Sämmtliche Posten hatten die Meile im Sommer in 1 1/4 im Winter in 1 1/2 Stunden zurückzulegen; die Fahrzeit mußte im Stundenzettel "von dem Expediteur eigenhändig und in Gegenwart des Postillons verzeichnet werden; jedoch an Orten, wo keine richtige Uhr vorhanden ist, soll auf einen geringen Unterschied sogar genau nicht gesehen werden." Jede Versäumniß, und Versäumnisse kamen bei den schlechten Wegen und dem vielfach schlechten Pferdematerial häufig vor, fand strenge Ahndung. Nicht selten wurden die Versäumnisse durch eigene Schuld der Postfahrer verursacht, die trotz aller Verbote der Verwaltung und der Proteste der Reisenden bei jedem der zahlreichen Krüge an den Landstraßen anhielten und mit den Bockpassagieren Erfrischungen einnahmen. Ein Stein des Anstoßes waren besonders die beiden Schinkenkrüge vor Hamburg, ferner auch die wichtige Station in Escheburg an der Straße nach Hamburg, wo ein ungewöhnlich lebhafter Postenverkehr stattfand.

Im Lande stand besonders die Station in Demen zwischen Schwerin und Sternberg in schlechtem Ruf.

Die meisten Posten wurden vierspännig gefahren. Nur auf wenigen guten Wegen reichten zwei Pferde aus. Im Winter und bei tiefen Wegen im Frühiahr und Herbst waren auch 6 und 7 Pferde vor den Posten keine Seltenheit, und dennoch kamen Verspätungen um viele Stunden häufig vor.

Die Posten fuhren Tag und Nacht. Die Festsetzung der Fahrzeiten richtete sich bei sämmtlichen Landkursen nach den beiden großen Hamburger Linien, bei diesen selbst nach den Ankunfts- und Abfahrtszeiten der fremden Posten in Hamburg. Jede Verzögerung der Hamburger Kurse brachte sofort das ganze Kurssystem des Landes in Unordnung. Ganz zuverlässig konnten daher die in den Postkontoren ausgehängten Kurstabellen nie sein, höchstens im Sommer, während sonst besonders bei den entlegeneren Kursen im Osten des Landes immer mit Verspätungen gerechnet werden mußte. Wer die höheren Kosten irgendwie erschwingen konnte, zog das Reisen mit Extrapost dem Postwagen vor. Sämmtliche Posten verkehrten zweimal wöchentlich. In dieser Beziehung kam eine wesentliche Aenderung während des ganzen vorigen Jahrhunderts nicht vor. Die im Laufe der Zeit hinzutretenden neuen Kurse fügten sich iu den homogenen Lauf des allgemeinen Kurssystems ein.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 235 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der Posttag, d. h. der Tag, an welchem in einem Orte Posten regelmäßig gingen und kamen, war daher für kleinere Orte des Landes an seitlichen Kursen von hoher Bedeutung, da viele Bevölkerungskreise aus dem Gehen und Kommen der Posten Nahrung zogen, z. B. Gastwirthe, Kaufleute u. s. w. Für die an den Hamburger Kursen belegenen Orte waren die eigentlichen Posttage diejenigen Tage, an denen die Hamburger Posten eintrafen und abgingen. So waren für Schwerin Dienstag und Freitag fast anderthalb Jahrhunderte hindurch noch bis vor 50 Jahren die Hauptposttage der Woche.

In der Regel fand in den Posthäusern auch eine Bewirthung der Postreisenden statt; nur in Schwerin, Güstrow und Rostock mußten die Reisenden die dem Posthause benachbarten Herbergen aufsuchen. Deren waren überall im Lande eine ganze Zahl vorhanden, denn die Posten hatten vielfach lange Stilllager, häufig von mehreren Stunden, besonders an Uebergangspunkten, wo andere Postkurse abgingen. Eine kurze Ruhepause in einer Herberge war für die Postreisenden dringendes Bedürfniß, weil die Reise auf dem Postwagen auf langen Strecken außerordentlich beschwerlich war.

Die Postwagen waren sehr unvollkommen, eigentlich nur Karren zu nennen. Hören wir, welche Schilderung der Engländer Nugent, welcher im Jahre 1766 Meklenburg bereiste, von den Postwagen giebt. "Morgens 6 Uhr fuhr ich von Hamburg ab und zwar mit dem gewöhnlichen Fuhrwerk dieses Landes, nämlich dem Postwagen, der wenig Prozent besser ist als unsere Mistkarren, indessen sind doch querüber Bänke mit etwa 1 1/2 Duß hoher Lehnung genagelt. Gewöhnlich giebts auf jedem Postwagen drei solcher Bänke, deren jede 3 Personen hält. Uebrigens ist aber der Wagen die mehrste Zeit so voll tausenderlei Sachen gepackt, daß ein Passagier oft nicht soviel Raum hat, wo er seine Füße hinsetzen kann. Ohne Leiter wäre man garnicht im Stande heraufzukommen. Diese Wagen fahren Tag und Nacht, bei jeder Witterung, sodaß man immer gewiß ist, zu einer bestimmten Zeit das Ende seiner Reise zu erreichen. Sie fahren nur langsam und bedächtlich und kaum eine Meile in einer Stunde; da wo die Wege schlecht sind, wird man was rechts gerumpelt und gestoßen. Auch ist es sehr unbequem, daß diese Fuhrwerke unbedeckt sind, weswegen man alle Witterung, Sonnengluth, Hagel, Platzregen und Schneegestöber geduldig aushalten muß. Es ist jedoch im Ernst befremdend, daß man in Deutschland nicht mehr für die Bequemlichkeit der Reisenden sorgt, da doch hier so sehr viel

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 236 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gereist wird; allein noch befremdender ist es, daß man das elende Fuhrwerk ebenso theuer bezahlen muß als unsere bequemen Karossen in England. so kostet z. B. der Weg von Hamburg nach Lübeck, der nicht mehr als 8 Meilen betragt, 1 Rthlr. 3 ßl., ferner vertrink ich etwa 3 - 4 ßl. und überdies erhält der Postillon noch 2 ßl. Trinkgeld für jede Station. Die Postwagen haben oft sehr reiche Fracht geladen; auf jedem befindet sich eine schwere Postlade, in welcher der Postmeister die zur Post gelieferten Gelder und Pretiosen verschließt, denn ob sie gleich bei Tage und bei Nacht Wälder und Gebüsche passiren, so existirt doch nie der Fall, daß sie bestohlen würden, da doch oft nur ein einziger postknecht beim Postwagen vorhanden ist. Ich erwählte dieses erbärmliche Fuhrwerk, um in einem offenen Wagen die Gegend besser überschauen zu können."

Nugents Bericht ist durchaus nicht übertrieben. Auch am Schlusse des vorigen Jahrhunderts waren noch offene Wagen in Gebrauch, die aus einem großen ungefügen Kasten mit Weidengeflecht auf schweren Achsen mit plumpen Rädern bestanden. Bei den schlechten Wegen blieb der Wagen höchstens 2 Jahre gebrauchsfähig; er hatte in dieser Zeit 8 - 9000 Meilen zu durchlaufen, mithin wöchentlich 80 - 85 Meilen.

Die mangelhaften Wagen waren übrigens durchaus den meist schlechten Wegen angepaßt. Die Klagen über die letzteren waren allgemein, aber immer vergeblich, denn die Wegebesserung wurde wohl häufig von Regierung und Städten, Behörden und Privaten projektirt, aber zur Ausführung kam es nie. Selbst auf belebteren Kursen waren die Wege häufig in so dürftiger Verfassung, daß es den Posten unmöglich war, ihre Fahrzeit streng innezuhalten. Und was es mit der sog. Wegebesserung auf sich hatte, und wie gerade gebesserte Wege von den Fuhrleuten am meisten gefürchtet waren, das geht aus mannigfachen Andeutungen in den Akten zur Genüge hervor.

Schon Postdirektor von Schütz hatte die Aufmerksamkeit der Exekutionskasse auf den mangelhaften Stand der Verkehrsstraßen gelenkt und gleichzeitig ein langes Verzeichniß der besonders besserungsbedürftigen Heerstraßen vorgelegt. Im Jahre 1769 war der Weg von Boizenburg nach Hamburg so schlecht, daß der Postmeister in Boizenburg dem Herzog von Meklenburg - Strelitz, der nach Hamburg reisen wollte, rieth, gleich hinter Boizenburg einen gefährlichen Engpaß zu Fuß zu passiren, da der Wagen - 4spännig - hier sicher umwerfen würde. Nach des Engländers Nugent Schilderung war der Weg zwischen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 237 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Rostock und Laage 1 ) im Jahre 1782 gleichfalls sehr mangelhaft, sodaß westfälische Wege - die wegen ihres schlechten Zustandes berüchtigt waren - vergleichsweise für Chausseen gehalten werden konnten. In schlechtem Rufe standen besonders die Wege in der Gegend von Schönberg, deren einer weit und breit unter der Bezeichnung "böse Herberge" bekannt war, weil grundsätzlich jedes Fuhrwerk hier umwarf, ferner auch der Weg zwischen Wismar und Rostock, welcher auch noch in diesem Jahrhundert bei halbwegs schlechtem Wetter nur mit Lebensgefahr zu passiren war.

Der eigentliche Betriebsdienst bei den Postkontoren wickelte sich auch am Schlusse der Periode noch in sehr einfachen, dürftigen Formen ab. Aus den Ueberresten der Dienstvorschriften, die noch der Geh. Kammerrath Mumme erlassen hatte, und einem bunten Allerlei durch Gewohnheit und das Beispiel anderer Postanstalten angenommener Dienstformen hatte sich im Laufe der Jahre eine Dienstpraxis herausgebildet, die durch die Postordnung von 1770 eine halbwegs einheitliche Gestaltung erhielt Ihr wesentlicher Inhalt bezweckte auch weniger die Regelung des Dienstes als vielmehr in erster Linie die richtige Berechnung der Postgefälle.

Nach der Postordnung sollte das Posthaus gut situirt sein, also an einer breiten Straße oder am Marktplatz, da der Postwagenverkehr großen Raum beanspruchte und manche Dienstgeschäfte, z. B. das Beladen und Leeren der Wagen, das Nachsehen der Ladung einfach auf offener Straße vorgenommen wurde. Herrschaftliche Postgebäude gab es nur vorübergehend, z. B. in Boizenburg, Schwerin, Güstrow u. a. D. In der Regel hatte der Postmeister für Beschaffung eines Kontorraums und eines Wartezimmers zu sorgen. Vor größeren Postkontoren, z. B. in Schwerin standen Wachtposten; in Boizenburg versahen zwei Invaliden den Wachtdienst.

Die Postkontore waren während der Tagesstunden ununterbrochen für den Verkehr mit dem Publikum geöffnet, also nicht bloß an Posttagen. Fremden war das Betreten des Kontors strenge untersagt. Der Verkehr zwischen Kontor und Publikum fand an der Klappe, einer Art Schalter, statt.


1) Der Weg war gepflastert. aber seit Menschen Gedenken nicht aus gebessert. Der Wehg gehörte dem Herzoge. wurde aber vorzugsweise von den Edelleuten und deren Bauern benutzt. Ob diese ihre Wagen in Stücke brechen oder 3 Tage auf einer Reise zubringen, zu welcher bei gutem Wetter nur einer erfordert wird, ist der herzoglichen Renttammer gleichgültig. (Nugent.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 238 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der Besuch des Publikums am Postschalter war dauernd sehr rege. War das Posthaus doch der beste Ort, Neuigkeiten aus der Ferne zu erfahren. Zumal an Posttagen, wenn Posten kamen und gingen, entfaltete sich ein emsiges Leben und Treiben in und vor dem Posthause; dieser brachte in letzter Stunde noch Sendungen, jener holte solche - viele trieb aber die bloße Neugier nach dem Posthause, denn die Ankunft und der Abgang einer Post brachte immerhin Abwechslung in die Eintönigkeit des kleinstädtischen Lebens. Der Postmeister und sein Personal waren an solchen Tagen vielbegehrte Leute; sie erwiesen sich aber meistens als wenig zugänglich und selbstabweisend gegen die tausend Fragen des Publikums, weil der rechtzeitige Abgang einer Post in Gefahr stand oder die Aussonderung der angekommenen Ladung schnell und ohne Mangel bewerkstelligt werden sollte. Harte Worte waren nichts Seltenes, obgleich häufig den Postmeistern befohlen wurde, sich gegen das Publikum höflich und entgegenkommend zu beweisen. Die vielbeklagte Grobheit der Postbeamten war zahlreichen Aktennachrichten zufolge eine auch unsern Voreltern wohlbekannte Eigenschaft,: die bei dem Postmeister an geschäftigen Posttagen besonders hervortrat und ihm im Verein mit der äußeren Würde seines Amts Ansehen und unbedingten Gehorsam in dem geschäftigen Hin und Her vor und in dem Posthause verschaffte.

Die Auflieferung von Sendungen konnte zwar an jedem Tage erfolgen; besonders beliebt waren aber die Posttage, wenn der baldige Abgang einer Post bevorstand. An größeren Orten, wo sich Posten desselben Kurses kreuzten, wurden häufig auch Briefe, die eben angekommen waren, mit der zurückkehrenden, d. h. mit wendender Post, beantwortet.

Jede Sendung, natürltch auch gewöhnliche Briefe, wurden am Schalter aufgegeben, frankirt oder unfrankirt, wie es der Absender verlangte. Einlieferungsscheine (über Geld- und Werthsendungen) wurden nur auf Verlangen und gegen Zahlung eines Schreibgeldes von 1 oder auch 2 ß. ausgestellt, welches der Postmeister bezog. Werthbriefe und Packete mußten mit einem Begleitbrief aufgegeben, erstere auch sorgfältig versiegelt werden. Ueber die Beschaffenheit der Postsendungen waren in der Postordnung und schon in früheren Postverordnungen Bestimmungen erlassen, die zum Theil auch im heutigen Postverkehr bekannt sind, z. B. Deutlichkeit von Namen und Stand des Empfängers, genaue Bezeichnung des Bestimmungsortes, "mithin wenn zwei oder mehr Oerter gleichen Namen führen, oder wenn der Ort ein bloßes

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 239 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Dorf, ein Hof oder sonst nicht sehr bekannt ist, die Route, welche der Brief nothwendig nehmen muß, auf dem Briefe angezeigt werde; dieses ist besonders bei Briefen mit Geld, Wechseln und anderen wichtigen Briefschaften und Kostbarkeiten zu beobachten." Auch über die Verpackung der Sendung, entsprechend der Weite des Weges und dem Werthe des Inhalts, waren Bestimmungen erlassen. Mangelhafte Verpackung war Grund zur Verweigerung der Annahme.

Eine Kreditirung von Portobeträgen war, wenn auch amtlich streng untersagt, doch schon vor 1750 hier und da in Gebrauch, ebenso auch der Postverlag oder Postvorschuß. Bei Einlieferung der Vorschußsendung zahlte das Kontor den auf der Sendung angegebenen Betrag sofort aus und zog ihn dann erst vom Empfänger der Sendung wieder ein. Das Vorschußgeben war Privatsache der Postmeister, aber in Wirklichkeit wurde die herrschaftliche Kasse zum Vorschußgeben benutzt, sehr zum Nachtheil derselben, denn mit dem Vorschußverfahren wurde vielfältiger Mißbrauch getrieben. Die Beamten erhoben für jeden Vorschuß eine Procuragebühr, die dem Postmeister zufiel. Die Postordnung verbot das Vorschußgeben gänzlich, auch im Verkehr mit den Behörden. Die Regierung führte auch trotz zahlloser Eingaben von Behörden und Privaten das Vorschußwesen nicht wieder ein, aber nicht etwa deshalb, um die herrschaftliche Kasse vor dem Mißbrauch, der mit den Vorschüssen betrieben worden war, zu sichern, sondern aus dem Grunde, weil bei Wiedereinführung der Vorschüsse der herrschaftlichen Kasse die Portogebühren für die Rücksendung der eingezogenen Vorschußbeträge entzogen worden wären. 1 )

Bei den Postkontoren wurden auch von jeher die Zeitungen bestellt. Das Publikum bevorzugte besonders Hamburger Zeitungen. Der Zeitungsvertrieb war Privatsache der Postmeister, zunächst der in Schwerin, Güstrow und Rostock. Diese Anstalten lieferten auch alle Zeitungen für die Kontore in ihren Bezirken. Für den Zeitungsvertrieb bestand Portofreiheit. Es war deshalb ein sehr einträgliches Geschäft ohne Risiko und Kosten, das für die größeren Kontore Einkünfte bis zu 600 Rthlr. abwarf. Bei Neubesetzungen von Postmeisterstellen wurde vielfach der Zeitungsverlag pro parte salaria, zur Ersparung großerer Gehaltsmittel verliehen. schon aus diesem Grunde waren die


1) Die Postverläge (Postvorschüsse) wurden thatsächlich erst in diesem Jahrhundert wieder zugelassen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 240 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Postmeister geradezu gezwungen, das Privileg nach Kräften auszubeuten, und sie thaten es um so lieber, als die Regierung sich jeder Kontrole über das Zeitungswesen enthielt. Die Postmeister kauften die Zeitungen beim Verleger zu bestimmtem Preise ein und schlugen dann auf jedes Exemplar einen hohen Prozentsatz auf, für den dann den Beziehern oder den kleineren Kontoren die Zeitung überlassen wurde. Noch im Jahre 1774 waren die drei Hauptkontore "die Hauptquellen, worin und woraus alle Zeitungen fließen müssen, Nebenbäche und Sümpfe werden aber aus guten kameralistischen Gründen als schädlich erkannt und nicht geduldet." Die kleineren Kontore schlugen wieder beträchtlich auf ihren Bezugspreis auf, sodaß der Bezieher am kleinen Orte die Liebhaberei einer eigenen Zeitung theuer erkaufen mußte. Eine Konkurrenz mit dem Zeitungsprivileg der Postmeister war so gut wie ausgeschlossen, da für jede andere Beförderung der Zeitungsnummern bestimmungsmäßig das volle Briefporto entrichtet werden mußte. Neben einem fast unerschwinglichen Preise mußte der Leser am kleinen Orte je nach der Lage des letzteren ständig eine unliebsame Verzögerung der Zeitungen mit in Kauf nehmen; denn alle Zeitungen wurden zunächst an die Hauptkontore befördert und nahmen von da den Weg zu den Nebenkontoren. Die Leser Hamburger Zeitungen z. B. in Neubukow, das zum Rostocker Bezirk gehörte, erhielten ihre Zeitung aus Rostock, nachdem diese am Posttag vorher über Neubukow nach Rostock befördert worden waren. Aber einer Abzweigung derartiger Orte aus dem Bezirk oder der Schaffung anderer Einrichtungen widersetzte sich jedes Hauptkontor sehr energisch, da es dann die Uebersicht über den Zeitungsverkehr hätte verlieren können. Eine derartige Ausbeutung des Monopols konnte zwar einer möglichst weiten Verbreitung der Zeitungen im Interesse der Volksbildung durchaus nicht förderlich sein, es entsprach aber dem herrschenden System, einem Mangel an Gehalt der Postmeister durch beliebige Accidenzien abzuhelfen, wenn die Erhebung derselben auch wichtige Interessen schädigte.

Dem Postdirektor Hennemann in Schwerin war auch der Verlag des offiziellen Intelligenzblatts verliehen, zu welchem die Universität Bützow Beiträge an gelehrten Sachen zu liefern hatte.

Die Postsendungen wurden zur Portoberechnung in verschiedene Klassen eingetheilt. Voran standen natürlich die Briefe. Unter den Päckereien unterschied man Handpackete bis 16  , Kaufmannswaaren über 16  , Wild (dazu gehörig Fischwerk, Citronen, Muscheln, Austern, Victualien u. s. w.), Grünes Obst

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 241 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

(Rüben, Kartoffeln), Hasen, nasse Waaren (Bier, Wein) und leere Fässer. Die Berechnung des Portos für eine Postsendung war somit nicht so einfach, wie es scheinen mag, denn die Portosätze für die einzelnen Klassen von Sendungen waren sehr verschieden bemessen, und nicht selten entspann sich eine lange Auseinandersetzung zwischen den Beamten und dem Auflieferer darüber, ob eine Sendung nach der höheren Taxe der Landpackete oder der niedrigeren der Victualien zu berechnen sei. Besonders auf größere Entfernungen, z. B. aus dem Osten des Landes nach Hamburg, setzte sich das Gesammtporto für eine Sendung aus zahlreichen Einzelberechnungen zusammen, die zum möglichst hohen Betrage im Interesse der Kasse zu berechnen jeder Beamte eifrig beflissen war.

Sämmtliche Postsendungen, auch die gewöhnlichen Briefe, wurden einzeln in die Charte eingetragen. Werthsendungen wurden in der Charte durch ein NB kenntlich gemacht. Gewöhnliche Briefe mußten spätestens eine Stunde, Packete und Gelder aber zwei Stunden vor Abgang der Post, sonst im Allgemeinen alle Sendungen im Winter vor 8 Uhr, im Sommer vor 9 Uhr Abends eingeliefert werden. In den Posthäusern aushängende Uebersichten gaben dem Publikum von dem Postenverkehr des Ortes Kenntniß. Eigentliche Beschränkungen bezüglich der zu versendenden Gegenstände kannte die meklenburgische Postpraxis nicht. Nur die Beförderung von Schießpulver auf den Posten war untersagt, weil gelegentlich ein Faß mit Schießpulver auf einem Postwagen explodirt war, wodurch andere Sendungen Beschädigungen erlitten hatten. Dagegen machten die von Zeit zu Zeit grassirenden verheerenden Seuchen besondere Anordnungen nöthig, da die Seuchen angeblich auch durch die Posten verschleppt sein sollten. 1 )


1) Von Interesse ist in dieser Beziehung eine Verordnung vom 18. August 1710, welche genau das Verhalten der Postoffizianten beim Ausbruch einer Seuche festsetzt:
Von dem Ausbruch einer Seuche haben die Postoffizianten sofort Anzeige zu erstatten; wenn es eine pestilentialische oder sonst böse ansteckende Seuche ist, sollen sie weder Passagiere noch Packete von solchen Orten auf die fahrende Post annehmen und, da das Uebel völlig ausgebrochen wäre, die fahrenden Posten auch unerwartet Unser ordre einstellen. Soll der Postmeister allen Korrespondenten angeben, daß sie alles Papier, so sie zur Korrespondenz gebrauchen, nacher in Pest- und anderen scharfen Essig legen und sodann allemeist darauf schreiben, ferner lauter einzelne dünne Briefe und wo möglich sonder Couvert machen. Sobald diese Briefe abgegeben werden, soll der Postmeister dieselben einmal durch (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 242 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Versendung der Briefe erfolgte in Beuteln; Werthsendungen und kleinere Packete wurden in die Postlade verpackt. Alle übrigen Sendungen lagen lose verpackt auf dem offenen Postwagen.

Die Leitung der Sendung erfolgte auf dem Wege, auf welchem die längste Strecke auf meklenburgischen Postrouten zurückzulegen war, gleichgültig, ob dadurch eine Verzögerung der Sendung eintrat; die Hauptsache war, daß möglichst hohe Portobeträge zu erheben waren. So ging fast die gesammte Auslandskorrespondenz über Hamburg, selbst nach Hannover, zeitweilig auch nach Sachsen. Sonst war bei Versendungen nach dem Osten Deutschlands der Weg über Berlin der gebräuchlichste.

Am Bestimmungsorte erfolgte die Ausgabe eine Stunde nach Ankunft der Post. Jedermann konnte aus der öffentlich hinter einem Drahtgitter ausgehängten Charte selbstfeststellen, ob Briefschaften für ihn eingegangen waren. Thatsächlich gelangten die meisten Briefe zur Abholung. Waren Briefe von unrechtmäßigen Personen abgeholt, so war der Beamte doch von Strafe frei,


(  ...  ) den Essig ziehen und mit Räucherpulver beräuchern, so jedwedem Postmeister vor der Hand zugeschickt wird. Wann die Briefe auf einem Post oder des Winters auf einem Ofen wieder trocken gemachet, sollen sie encartiert, auf den Brief selbst auch der Ort, woher sie kommen, deutlich notirt werden, damit der Empfänger bei Eröffnung desselben seine praecautiones nehmen könne.
Wo die Wechselung der Poststationen geschieht u. s. w., hat sich der Postmeister, wann der Ort, welches der Allerhöchste in Gnaden verhüte, inficirt, mit dem nächsten Postmeister zu vergleichen und darzu einen Ort außzufenden, der nicht weit von einer noch gefunden Stadt oder Dorff gelegen. An solchen Platz soll eine Bude oder Hütte von Brettern aufgeschlagen und von dem ankommenden Postillon, wenn er sich selbiger nähert, ins Horn gestoßen werden, damit der ablösende Postillon, welcher mit seinem Pferde gegen die Zeit der Ankunft, am Thore oder vorm Dorffe halten muß, solches hören und sich ebenmäßig der Hütten auf eine gewisse Distantz nähern könne.
Weil auch alle auf dergleichen Stationen liegende Postillons mit einem Feuerzeuge, Licht, einer kleinen Feuersenge oder Feuerbecken und dem vorgeschriebenen Räucherpulver zu versehen sind: als hat der ankommende Postillon bei dem Eintritt in die Bude Licht anzuschlagen, das Felleisen zu eröffnen, die Packete auf ein Brett zu legen, solche sodann Stück vor Stück wohl zu beräuchern und wann solches geschehen und er selbige nebst obverordneter Specification auf dem Brett liegen lassen, sich mit dem Felleisen aus der Bude zu retiriren und darin weder Linnen noch sonsten das geringste von seinen Sachen liegen zu lassen." - Dann erst hat der ablösende Postillon die Sachen zu übernehmen.
Aehnliche Verordnungen ergingen auch später des öftern. In welchem Zustande Briefe u. s. w., welche der Desinfection unterlegen hatten, in die Hände der Empfänger gelangten, melden die Akten leider nicht.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 243 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wenn er eidlich versichern konnte, "alle mögliche Vorsicht gebraucht zu haben." Der "boshaftige Abforderer" wurde mit Geldstrafe, oder nach Bewandtniß der Umstände mit anderer willkürlicher schwerer Strafe belegt

Die nicht abgeholten Sendungen wurden gewisse Zeit nach Eingang der Post von einem Briefträger, Postjungen oder Litzenbruder bestellt, welcher für die Bestellung der Sendungen eine Gebühr einzufordern berechtigt war, die einen Theil seines Einkommens bildete. Eine Bestellung der nach dem Landgebiet oder nach Orten ohne Postanstalt gerichteten Korrespondenz war im Allgemeinen nicht eingerichtet. Die regelmäßigen Posten gaben zwar an allen Unterwegsorten des Kurses Sendungen ab und nahmen solche an, hierdurch stand aber nur ein geringer Theil der Landorte mit dem Postnetz in Verbindung. Wie man sich zu helfen wußte, zeigt der Schlußsatz eines amtlichen Postenverzeichnisses vom Jahre 1708: "Bei den fürstlichen Aemtern werden gewisse Boten gehalten, welche die Briefe von den Oertern und Aemtern, wo die Posten durchgehen, weiter an die nahegelegenen Höfe und Städte, so etwa von der Post nicht berührt werden, bringen, oder da die Post durch solche Oerter nicht durchgehet, von der nächstgelegenen Stadt die Postbriefe abholen und so weiter ans Ambt und darin belegene Höfe bringen sollen, welcher Kommodität ein jeder Korrespondirender sich nach Belieben wird bedienen können."

Unanbringliche Sendungen wurden nach Ablauf einer bestimmten Frist und nach öffentlicher Bekanntmachung durch das Intelligenzblatt meistbietend verkauft. Werthlose Sachen, die keinen Abnehmer fanden, wurden an die Armen verschenkt.

Im Allgemeinen wurde der Dienst bei den Postämtern durch den Postmeister persönlich wahrgenommen. Bei größeren Kontors, wo besondere Schreiber beschäftigt wurden, war eine genaue Diensteintheilung durchgeführt, welche Jahrzehntelang bestand. Aus dem Jahre 1755 ist ein Dienstplan des Hauptkontors in Güstrow aufbewahrt worden, welcher die den einzelnen Beamten obliegenden Geschäfte einzeln aufführt. Hiernach lag ob:

a) dem Postdirektor die generale Aufsicht des Güstrower Distrikts und die speciale des Postkontors in Güstrow, die Observirung des herzoglichen Regals, Schlichtung ständig vorkommender Streitigkeiten in Güstrow und bei den 31 untergeordneten Kontors (dieserwegen monatlich eine Korrespondenz von mehr als 100 Bogen), Prozeßführung, Aufstellung von Mlemorialien und Ratifikationen,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 244 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Schließung der Fuhrkontrakte, Wegeaufsicht, Besorgung von Extraposten und Estaffetten, Anlegung neuer Kontors, Beeidigung von Offizianten, Taxformirungen, Rechnungslegung, Erledigung der Monita, worüber nach allen Orten starke Korrespondenz, vierteljährliche Prüfung und Attestirung der Postbücher u. s. w.

b) dem Sekretair die Abwartung von wöchentlich 136 Expeditionen und Reinschrift der Hauptrechnung.

c) dem Assistenten des Sekretairs Hülfeleistung an den erforderlichen Arbeiten, Abfertigung der Berliner und Hamburger Posten, Abrechnung mit 31 Kontors aus den Charten und Aufstellung der Schlußabrechnung aus denselben.

Die Formen, wie sich der Verkehr des Publikums im Postkontor auch wohl anderswo gestaltet haben mag, schildert in anschaulicher Weise ein Bericht des Postmeisters Kroon in Hamburg vom Jahre 1745, welcher bruchstückweise hier folgen mag: "In das Postkontor kommt Niemand als ich, der Postschreiber Poppe und mein erwachsener Sohn, also lauter Personen, die von Jugend auf mit vornehmen Standespersonen umzugehen gewohnt und gute Erziehung genossen, auch viele und große Reisen gemacht haben, mithin nicht allein mit Leuten von allerlei Stande umzugehen gelernt, sondern auch wissen, wie der Billigkeit nach Passagiers zu begegnen sind. Die Expedition lieget Poppe ob, als dem ich genugsame Geschicklichkeit und Politesse zur Direktion weit gewichtigerer Geschäfte mit allem Fug zutrauen kann; selbiger hat durch die Erfahrung gewitzigt sich entschlossen, mit keinem Passagier die Fracht zu schließen, bevor er dessen Bagage gesehen, dahero denn, wenn ein Passagier sich mitzureisen meldet, er dessen Name und Quartier aufzeichnet, nach Beschaffenheit der Personen sich etliches auf der Hand geben läßt und wann die Sachen durch den Litzenbruder oder dessen Arbeitsmann gebracht werden, solche mit dem Litzenbruder beurtheilt, ob sie ohne oder mit wieviel Ueberfracht passiren können und also nach solchen Befinden die Passagiers, soviel sich uach Billigkeit und Verordnung thun lasset, taxiret und dann sich darnach mit dem Passagier ausgleichet. Behindern mich keine besonderen Geschäfte (Kroon war auch Hofagent), so finde ich mich wenigstens eine Stunde vor Abgang der Post im Kontor ein, gefolglich höre ich selber allezeit, auf welche Weise der Fracht halber der Vergleich geschlossen wird und kann ich theuer versichern, daß abseiten des Poppe allemal nach Vernunft, Billigkeit und Verordnung und mit möglicher Bescheidenheit ver=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 245 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

fahren wird; indeß muß ich doch mit größtem Mißvergnügen bemerken, daß zuweilen unbillige Passagiers, obschon ihre Bagage noch auf der Wagschale stehet und also überführet sind, daß sie 100  ja mehr Ueberfracht bei sich führen, dennoch solches nicht gestehen wollen. Diesen widerspenstigen Leuten wird dennoch nicht nach Verdienst begegnet, sondern Poppe erklärt ihnen, um allen Verdacht der Vervortheilung vom Kontor abzuwälzen, das Gewicht der Bagage in der Karte aufzuführen, sodaß ihnen freistehe, die Fracht beim Verlassen der Post zu zahlen; dennoch kann man das Murren solcher interessirter Passagiers nicht verhüten. Noch neulich kam eine Frauensperson aus Schwerin und zeigte an, daß sie Nachmittags mit der Post retourniren möchte tnit dem Beifügen, daß sie hoffe, man würde sie vor dasselbe Geld retourniren lassen, wovor sie von Schwerin anhero gekommen. Poppe erwiderte, daß hierselbst die Gewohnheit wäre, keine Fracht zu accordiren, bis die Bagage in Augenschein genommen sei; Unbilliges sollte ihr nicht angemuthet werden. Die Person kam am Nachmittag mit einem Fuhrwagen von Altona herein und hatte verschiedene Sachen bei sich, sodaß Poppe zu meinem Sohne sagte: "Was gilts, sie wird gute Fracht haben;" darauf ging Poppe hinaus und fragte die Frau: Madame, wo sind denn die Sachen? Sie sagte, daß sie außer einem Koffer nichts bei sich führte. Poppe sah darauf des Litzenbruders Arbeitsmann mit ernstlichen Blicken an und sprach: was bedeutet das hier, wollt Ihr mich mit sehenden Augen blind machen? Dieser aber antwortete: Ich bin unschuldig, ich habe Madame auch nach den übrigen Sachen gefraget, die ich auf ihrem Wagen noch gesehen, allein sie behauptet nicht mehr zu haben. Poppe, der sich nicht gerne etwas weiß machen läßt und das Interesse der Post zu stark zu Herzen nimmt, als sich verblenden zu lassen, sucht nach und findet unter einem Mantel noch einen großen Korb und 2 Käse verstevkt. Er sagte darauf zu der Peson, Madame, es geht hier alles aufrichtig und rein zu, und alles heimliche und versteckte, so zum Nachtheil der Post gereichet, wird hier nicht tolerirt." Sie fragte dann, was sie denn vor Fracht zu geben hätte, worauf Poppe replicirte, daß, obschon sie wenig Confidence zu der Billigkeit des hiesigen Kontors hätte, so wolle er dennoch nur 16 ß. vor Ueberfracht anrechnen.

Durchlauchtigster Herzog! kann man moderater verfahren und ist bei dieser von Poppe geführten Conduite was auszusetzen?

Indessen ist ein großer Unterschied, ein Posthaus in eines Herren Land und in einer großen Freistadt zu gouverniren; in

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 246 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ersterem sind fast alle Leute, so darin etwas bringen oder abholen, bekannt und also, wenn sie sich unbillig betragen, zur Strafe zu ziehen, welches sie scheu machet, indessen weiß man hier wegen Vielheit der Domestiken nur selten, wem sie angehören. Noch neulich war da ein Weib, die die Post vor eine bekannte betriegliche und gottlose Post ausschalt, weil man für etwas, so sie brachte und frankiren wollte, 2 ß. mehr forderte, als sie geben wollte. Bei solchen groben Ausschweifungen kann man wohl nicht immer gelassen sein, und deswegen hat auch die hiesige Obrigkeit allen Postämtern die Freiheit verstattet, solche ausverschämte Leute nach Belieben in die Wache setzen zu lassen."

Unter ähnlichen Verhältnissen wickelte sich der Verkehr zwischen Publikum und Post auch in den meklenburgischen Postorten ab, ein Beweis, wie wenig kostbar noch die Zeit unseren Voreltern war, und mit wie zahlreichen Unbequemlichkeiten und Verkehrshemmnissen die alte Zeit zu rechnen hatte, welche unserer leichtlebigen Zeit nicht einmal mehr von Hörensagen bekannt sind.


Alte Postsiegel.

Alte Postsiegel
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 247 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

IV. Das Postwesen in Meklenburg-Schwerin von 1785 bis 1842.

1. Die Landespost in Meklenburg-Schwerin.

a. Unter Herzog, nachmaligem Großherzog Friedrich Franz I. (1785-1837).

Der Nachfolger des Herzogs Friedrich, Herzog Friedrich Franz I., leitete mit seiner Thronbesteigung im Jahre 1785 eine zwanzigjährige glückliche Zeit der Ruhe und Erholung für Meklenburg ein. Da auch wirthschaftliche Krisen von Bedeutung während dieser Periode ausblieben, so waren alle Bedingungen gegeben, die weitere Entwicklung der Landespost günstig zu beeinflussen.

Dennoch sind aus dieser Zeit nur wenige bemerkenswerthe Einzelheiten aus dem Entwicktungsgang des Postwesens zu berichten. Im Großen und Ganzen behielt Verwaltung und Betrieb unverändert das Gepräge, welches Herzog Friedrich dem Postwesen aufgedrückt hatte. Die fiskalische Verwaltung blieb durchaus in Geltung und erfuhr sogar noch eine fühlbare Verschärfung durch den Erlaß neuer Taxvorschriften vom Jahre 1805, die aus den Postgebühren eine drückende Steuer für Handel und Verkehr schufen. Das ganze Streben der Regierung ging dahin, möglichst große Erträge aus den Posten zu erzielen. Was Herzog Friedrich nicht dauernd hatte erreichen können, die Postüberschüsse auf 16000 Rthlr. zu treiben, gelang seinem Nachfolger schon im Jahre 1786. Dann trat zwar für 1794/95 ein Sinken der Erträge auf 14420 Rthlr. ein, sonst aber brachten die Posten alljährlich im Durchschnitt 20000 Rthlr. aus, sodaß in den zwanzig Jahren von 1785 bis 1805 über 360000 Rthlr. an reiner Einnahme aus den Posten erzielt wurden.

Der Kampf gegen die fremden Posten im Lande wurde mit unverminderter Schärfe und Hartnäckigkeit fortgeführt, und die Regierung hatte die Genugthuung, in diesem Kampfe nicht unwesentliche Vortheile errungen zu haben.

Die mit Hannover wegen des Durchgangs der meklenburgischen Posten durch Lauenburg abgeschlossene Konvention wurde durch Vertrag vom 5. Mai 1792 auf fernere 25 Jahre fast unverändert verlängert. Die Postbefugnisse Meklenburgs im Herzogthum Lauenburg und der freie Weg für die meklenburgischen Posten auf der alten Straße nach Hamburg waren damit aufs Neue anerkannt und auf lange Zeit zugestanden.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 248 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

In der inneren Organisation der Postverwaltung traten in der Zeit von 1785 bis 1805 wesentliche Veränderungen nicht zu Tage. Ueber die Postverwaltung hatte sich eine beschauliche Ruhe gelagert, die allem Neuen, jeder Verbesserung abhold schien und fast einer Erstarrung gleich kam.

Um so fühlbarer und nachhaltiger war der Eindruck, den die kriegerischen Ereignisse des Jahres 1806 infolge der Napoleonischen Invasion auch innerhalb der meklenburgischen Postverwaltung hervorriefen.

Nach der Schlacht bei Jena überschwemmten französische Truppen auch die meklenburgischen Lande, weil Meklenburg auf Seiten der Gegner Frankreichs gestanden hatte. Am 11. November 1806 erging ein Tagesbefehl des Marschalls Soult für die vierte französische Armee, in den Staaten des Herzogs von Meklenburg die Einwohner zu Schützen, besonders aber die Posthäuser unter ihre Obhut zu nehmen. Auch sollte der durch die kriegerischen Ereignisse vollständig in Verwirrung gerathene Postenlauf möglichst bald wieder hergestellt werden. Der Befehl lautete dahin, "in den Posthäusern Sauvegarden zu errichten und die Posten, soviel es in den Kräften der Militair-Kommandanten stände, auf alle mögliche Art und Weise zu befördern." Am 27. November zeigte der französische Gesandte bei den niedersächsischen Ständen in Hamburg dem herzoglichen Ministerium an, daß Meklenburg nicht für neutral erklart werden könnte, vielmehr wegen der Hülfe, welche es den Feinden Frankreichs geleistet, so betrachtet werden müßte, als wenn es mit denselben gemeinsame Sache gemacht hätte.

Schon am folgenden Tage nahm General Michaud auf Befehl des Reichsmarschalls Mortier im Namen des Kaisers der Franzosen die meklenburgischen Lande in Besitz und am 13. Dezember traf der zum Gouverneur ernannte Brigadegeneral Laval in Schwerin ein. Es erging nun, nachdem am 16. Dezember sämmtliche Ortsbehörden für Napoleon in Eid und Pflicht genommen waren, unter dem 18. an alle Amts-, Forst- und Postbeamten die Weisung, ihre Dienste im Namen des Kaisers zu verwalten und die Einkünfte für denselben zu berechnen.

Infolge des Krieges hatte die Regierung noch im Nooember 1806 öffentlich bekannt machen lassen, daß Gelder und Werthsachen nur auf Gefahr des Absenders mit den meklenburgischen Posten befördert werden könnten - ein harter Schlag für Handel und Verkehr im Lande. Da glücklicher Weise eine Beraubung der Posten in den nächsten Wochen nicht stattfand, so wurde die

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 249 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Verordnung am 9. Dezember zur großen Genugthuung des Publikums wieder aufgehoben.

Im Januar 1807 beauftragte die Kammer alle Kontore, das herzogliche Wappen ordnungsmäßig von den Posthäusern zu entfernen und dafür den Kaiserlichen Adler (Schild mit goldenem Adler auf weißem Felde mit der Unterschrift Meklenburg=Schwerinsches Postamt, Postkontor) aufzustellen. In Boizenburg war schon am 28. Dezember 1806 die bisherige herrschaftliche Kasse geschlossen worden. Tags darauf erfolgte bereits die Verwaltung im Namen Napoleons. Der Postmeister, Postrath Wildfang, erhielt von der Kammer Anweisung, dem dorthin kommenden französischen Kommissar die Verhältnisse der dortigen Kasse darzulegen und dahin zu wirken, daß wie bisher ein Theil der Kassengelder an die Reluitionskasse (caisse d'amortissement) nach Schwerin einzusenden sei, der andere Theil für die preußischen Posten nach Berlin abgeführt werden müßte. Das paßte dem französischen Prinzip der Egalität aber nicht, beide Kassen wurden versiegelt und mitgenommen.

Wenn die Franzosen auch im Allgemeinen auf Mannszucht hielten, so kamen Uebergriffe doch zahlreich vor. Besonders mit dem öffentlichen und herrschaftlichen Eigenthurn sprangen sie wie mit Eigenem um, und der erste Schritt galt beim Eintreffen in einer Stadt der Mitnahme der öffentlichen Kassen. Das Auftreten der Franzosen im Postamt zu Güstrow schildert der Postsekretär Steinmann folgendermaßen: "Am 3. Nooember 1806 rückten die Franzosen unter dem Prinzen Murat hier ein. Noch beschäftigt mit der Besorgung von 30 verlangten Courierpferden traten zu mir mehrere Offiziere ins Kontor und bemächtigten sich sämmtlicher vorhandenen Briefe, wenigstens an 1000 Stück. 6 bis 8 Menschen waren beordert, sie durchzulesen. Der größte Theil von ihnen ward zerrissen, einige wurden ganz zurückbehalten und nur ein kleiner Theil blieb unbeschädigt liegen. Erst am folgenden Morgen erhielt ich die Erlaubniß, die auf den Boden durcheinander geworfenen Ueberbleibsel zu mir zu nehmen und auf meine Vorstellungen an den Prinzen Murat über die Nachtheile, welche für mich aus jenem Verfahren entstehen würden, da das Postgeld, welches auf den zerrissenen und zurückbehaltenen Briefen notirt wäre, in den Postcharten berechnet sei, erhielt ich die tröstliche Antwort, daß ich den Schaden in Rechnung bringen könne. Der Bezug auf diese Antwort genügte der hohen Kammer aber nicht, ich mußte die ganze in den Postcharten berechnete Summe bezahlen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 250 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Als am 13. November die Franzosen von Lübeck zurückkehrten, forderten sie die Postkasse; um größere Nachtheile abzuwenden, lieferte ich einen Theil der herrschaftlichen Postkasse aus. Am 20. Dezember legitimirte sich der Kapitän Esnard zur Versiegelung der Postkasse. Obgleich 1400 Rthlr. in der Kasse habend, leugnete ich die Eigenschaft herrschaftlicher Gelder und mußte unter Androhung von Strafen die Wahrheit meiner Behauptung unter einer Akte in Gegenwart von zwei Zeugen bekräftigen. Ich rettete hierdurch 1400 Rthlr. und bin stolz darauf, daß ich als einziger Postoffiziant im Lande ohne Rücksicht auf Drohungen und Gefahren mir zum zweiten Male die Kasse nicht habe rauben lassen.

Die subordinirten Postämter hatten aber nicht nur die herrschaftlichen sondern auch die Verlagsgelder unter Siegel setzen lassen, und bald nachher nahm ein dazu angestellter Receveur alle Kassen in Empfang."

Im Jahre 1806/7 flossen nur 11000 Rthlr. zur herzoglichen Kasse, während das Jahr vorher noch 21360 Rthlr. gebracht hatte. Um das Elend voll zu machen, war nun auch noch die Kontinental.-Sperre verhängt durch Decret der französischen Regierung vom 21. November 1806. Im Dezember wurde sie für Meklenburg veröffentlicht. Durch die Sperre wurde den Einwohnern alle Verbindung und jeder Handelsverkehr mit England ohne Ausnahme verboten. Für die Postanstalten enthielt die Verordnung die Sonderbestimmung, daß alle Briefe und Packete aus England, oder an einen Engländer gerichtet, oder auch nur in englischer Sprache geschrieben, angehalten und an die Regierung eingereicht werden sollten. Der Schlag war hart für den meklenburgischen Handelsstand und seine Wirkungen zeigten sich sofort in dem Zurückgehen des Postverkehrs von Meklenburg nach Hamburg.

Inzwischen war der Friede von Tilsit geschlossen worden. Herzog Friedrich Franz gelangte wieder in den Besitz seines Thrones. Am 11. Juli kehrte der Herzog in sein Land zurück. Schon unter dem 6. Juli war von der Regierung angeordnet worden, daß "nach Wiederherstellung Sr. regierenden Durchlaucht in den Besitz ihrer Staaten" die Verordnungen aus dem Dezember 1806 wegen Enthaltung vom Gebrauch des herzoglichen Namens und Wappens wieder aufgehoben würden und die statt dessen aufgestellten französischen Adler in aller Stille abgenommen werden sollten.

Die Freude über den Abzug der Franzosen aus Meklenburg war indeß nicht von langer Dauer, denn am 22. März 1808

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 251 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

mußte Meklenburg=Schwerin dem Rheinbunde beitreten, sodaß damit die absolute Selbstständigkeit Meklenburgs verloren war. Die Kontinental-Sperre wurde nun schärfer durchgeführt als zuvor. Die Postämter erhielten Anweisung, alle verdächtigen Briefe überhaupt anzuhalten und einzureichen. Nach den Akten ist mancher Brief auf seinem Wege aufgehalten worden und hat nie seinen Vestimmungsort erreicht. Die Briefe wurden geöffnet und dann entweder beseitigt oder nachträglich zur Beförderung zugelassen. Aber im Allgemeinen ließen es doch die meklenburgischen Postbeamten an der nöthigen Lust zu solchem Spionierdienst fehlen, trotzdem zahlreiche Verordnungen der Regierung in den härtesten Ausdrücken die Wachsamkeit der Postorgane im Interesse des Staates zu erhalten suchten.

Während so der französische Einfluß auf die Postverwaltung auch innerhalb Meklenburgs immer mehr zu Tage trat, drohte dem meklenburgischen Postamt in Hamburg und den Meklenburg - Hamburger Postkursen außerhalb der Landesgrenzen bereits seit geraumer Zeit ernste Gefahr. Zu Anfang des Jahres 1807 hatten die Franzosen nämlich das taxis'sche und preußische Postamt in Hamburg aufgehoben. An Stelle derselben war ein großherzoglich bergisches Postamt eingerichtet worden.

Der damalige französische Intendant von Meklenburg, Brémond, theilte der Regierung das bezügliche Dekret unter dem 11. Februar mit und verlangte sofortige Unterdrückung des direkten Korrespondenzverkehrs zwischen den inländischen Postanstalten und dem meklenburgischen Postamte in Hamburg. 1 )

Gleichzeitig hatte der französische Ministerresident in Hamburg, Bourienne, den Postmeister Pauly angewiesen, alle meklenburgischen Briefe vom 15. Februar ab an das bergische Postamt abzuliefern. Wenige Tage darauf lief bei Pauly die Mittheilung des bergischen General-Postdirektors Dupreil ein, daß nach der Absicht des Kaisers das meklenburgische Postamt in Hamburg rücksichtlich der Briefpost mit dem bergischen Postamte vereinigt werden solle, infolge=


1) Sa Majesté vient d'ordonner, que tous les bureaux de poste, qui se trouveront sous la Direction du Prince de la Tour et Taxis de même que tous les bureaux particuliers de ce service reçoivent dorénavant la correspondance par les bureaux de S. A. le Grand-Duc de Berg. J'ai donc l'honneur de vous inviter, Messieurs, à supprimer la correspondance directe de ce pays avec Hamhourg et de donner vos ordres pour qu'elle se fasse avec le bureau de S. A. le Grand-Duc de Berg, sans que ce changement puisse apporter aucun retard dans l'activite de ce service.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 252 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dessen die Rechnung für die meklenburgische Verwaltung mit dem 14. Februar zu schließen sei. Der Postinspektor Lindemann (früher Postsekretär im Taxisschen Postamte) war beauftragt die Ausführung dieser Maßregel zu übernehmen. Die Expediton der Fahrposten sollte dagegen provisorisch in gewohnter Ordnung fortdauern.

Am 15. Februar schloß Lindemann die Bücher bei dem meklenburgischen Postamte und ordnete die weitere Rechnungslegung für die französische Regierung an.

Damit war die Lebensader des meklenburgischen Postkursnetzes durchschnitten. In Schwerin war man nichtsdestoweniger guter Hoffnung; denn da der Fahrpostverkehr nach wie vor der meklenburgischen Post überlassen blieb, auch die Aufhebung des Postamts in Hamburg nicht geradezu ausgesprochen war, so hoffte man, die Angelegenheit durch kommissarische Berathung in einer für Meklenburg günstigen Weise regeln zu können.

Der Kanzleirath Bouchholz erhielt den Auftrag, in Hamburg die erforderliche Verhandlung einzuleiten. Schon bei der ersten Unterredung mit Dupreil gewann er die Ueberzeugung, daß es auf die Beseitigung des meklenburgischen Postamts in Hamburg abgesehen war, da die bergische Postverwaltung die uneingeschränkte Ausübung des Postregals in Hamburg für sich in Anspruch nahm. Die preußischen, hannoverschen und braunschweigischen Postämter waren bereits unterdrückt worden, aber von der hannoverschen und braunschweigschen Regierung waren schon Verhandlungen wegen Wiedereinrichtung ihrer Postanstalten in Hamburg mit dem französischen Minister Bourienne angebahnt worden. Bouchholz hielt es daher für angemessen, sich mit den Bevollmächtigten dieser Staaten, von Hinüber für Hannover und Henneberg für Braunschweig, wegen gemeinsamen Vorgehens bei Bourienne zu verständigen. Hinüber verhieß auch, sich der meklenburgischen Interessen anzunehmen. Als Bouchholz dann aber für den Fall des Mißlingens von Hannover weitläufige Zugeständnisse zu Gunsten der meklenburgischen Postverwaltung zu erlangen suchte, die der augenblicklichen politischen Lage allerdings nicht recht entsprachen, lehnte von Hinüber weitere Verhandlungen mit Bouchholtz überhaupt ab, da es naturgemäß für Hannover allein schon Mühe genug kosten mußte, zu retten, was noch zu retten war.

Als dann aber die Verhandlungen zwischen Hinüber und Dupreil zu keinem Ergebniß führten, glaubte auch Bouchholtz von weiteren Schritten absehen zu können, zumal auch dem regelmäßigen Gange und der Expedition der meklenburgischen Fahr=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 253 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

posten Hindernisse irgend welcher Art nicht in den Weg gelegt wurden; er kehrte nach Schwerin zurück.

Bald regte die bergische Verwaltung die Sache indessen erneut an. Der Legationsrath und Postmeister Pauly in Hamburg erhielt den Auftrag, die Verhandlungen für Meklenburg zu führen und sich dabei gleichfalls der Vermittlung Hannovers zu bedienen. Diese Weisung hatte nach dem Voraufgegangenen ihre sehr bedenkliche Seite, aber die meklenburgische Regierung schien die Absicht Hannovers, die preußische Erbschaft auf dem Kurse nach Hamburg mindestens bis Boizenburg zu übernehmen, nicht verstehen zu wollen. Um so größer war die Enttäuschung, die dem Eingreifen des Postmeisters Pauly folgte. Kurz vorher hatten sich nämlich Hinüber und Dupreil dahin geeinigt, daß die Einrichtung und Beförderung aller Fahrposten von Hamburg nach Hannover, Braunschweig, Preußen und Meklenburg der hannoverschen Verwaltung überlassen werden sollte. Zu dem Zweck hatte letztere nach Beseitigung der fremden Postanstalten in Hamburg ein General-Postfuhramt einzurichten. Am ersten Ostertage 1807 erhielt Pauly durch .Hinüber und Dupreil von den Abmachungen offiziell Kenntniß mit dem Bemerken, daß mit der Expedition der Briefpost fernerhin außer der Stadtpost nur das bergische Postamt Befassung hätte, daß dagegen die gesammte Fahrpost von der Hannoverschen Verwaltung besorgt werde. Die hierzu erforderlichen Verhandlungen mit Meklenburg mußten aber vor der Hand noch einige Wochen ausgesetzt bleiben, da zunächst die Verbindung bis Lenzen 1 ) geordnet werden sollte. Wegen der Durchführung der Kurse durch Meklenburg wurde eine "nachbarliche" Uebereinkunft in Aussicht gestellt. Die meklenburgische Korrespondenz sollte demnächst zweimal wöchentlich zwischen Boizenburg und Hamburg zusammen mit den Briefschaften für Preußen durch eine Reitpost Beförderung erhalten, und es wurde im Anschluß an diese Abmachung als ausgemachte Sache verabredet, daß zwischen Boizenburg und Schwerin ein Estaffettendienst zur Fortschaffung der meklenburgischen Korrespondenz einzurichten sei. Wegen des Kostenpunktes schlug Hinüber dann noch vor, Kosten und Erträge der neuen Hamburg - meklenburgischen Kurse halbschiedlich zwischen Hannover und Meklenburg zu theilen. Das Einzige, was Pauly erreichte, war das Zugeständniß, daß das herzogliche Postamt solange in den bisherigen Räumen in Thätigkeit bleiben könnte, bis für das neue bergische Postamt ein geeignetes Unterkommen beschafft sei.


1) Die Berlin - Hamburger Posten endigten damals bei Lenzen, wo ein Grenzpostamt eingerichtet worden war.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 254 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Als Pauly von dieser Sachlage nach Schwerin berichtete, äußerte der Kanzleirath Bouchholtz sich ebenso derb als richtig: "jetzt wird es mir sehr klar, daß Hannover im Trüben fischen und sich auf Kosten seiner Nachbarn, besonders Meklenburgs und Preußens, bereichern will."

Ueber die bisher bloß mündlich getroffenen Verabredungen war nun endlich am 4. April ein förmlicher Vertrag zwischen Hinüber und Dupreil zu Stande gekommen, auf Grund dessen Hannover die Expedition der meklenburgischen Fahrposten zu übernehmen hatte. Diese Bestimmung kam aber aus unbekanntem Grunde nicht zur Ausführung, und das meklenburgische Postamt in Hamburg setzte seinen Dienst als Fahrpostexpedition im alten Hause und mit dem bisherigen Personal in alter Weise fort; das Personal trug sogar herzogliche Montirung. Vielleicht lag der Grund für das auffallend nachgiebige Verhalten der hannoverschen Verwaltung in dem Umstande, daß das hannoversche Fuhramt in Hamburg bereits die Beförderung der bisherigen preußischen Posten zwischen Lenzen und Hamburg übernommen hatte, ohne daß in Schwerin die Erlaubniß zur Durchführung der neuen Kurse durch Meklenburg nachgesucht worden wäre. Um kein Aufsehen zu erregen, mußten die Postillone sogar zwischen Lenzen und Boizenburg preußische Montirung tragen.

Auch ein im Dezember 1807 wiederholter Versuch der französischen Behörde in Hamburg, die herzogliche Fahrpostexpedition daselbst aufzuheben, hatte keine andere Wirkung. Um diese Zeit theilte Dupreil nämlich nach Schwerin mit, daß der Senat zu Hamburg dem Großherzog von Berg das Postregal in Hamburg ausschließlich überlassen habe. Es bestände jetzt die Absicht, in Hamburg das Postwesen auf einheitlicher Grundlage zu organisiren. Wohin diese Bemerkung zielte, dessen war sich die meklenburgische Regierung woht bewußt. Inzwischen hatte aber Erbprinz Friedrich Ludwig gelegentlich seiner Anwesenheit in Paris dem Großherzog von Berg gegenüber die Postangelegenheit zur Sprache gebracht und von demselben die Zusicherung erhalten, daß er eine Schädigung der herzoglich meklenburgischen Postgerechtsame in Hamburg nicht beabsichtige.

Trotzdem standen die Sachen für Meklenburg mißlich genug, denn man durfte sich nicht verhehlen, daß gegen die französische Regierung doch nichts auszurichten sein würde, wenn sie die Beseitigung des für Meklenburg unentbehrlichen Postamts in Hamburg fordern sollte. Früher oder später müßten die Hamburger Posten jedenfalls eingehen, weil die Konvention wegen des Transits der=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 255 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

selben durch Lauenburg kaum anerkannt werden würde und das Recht, Briefe in Hamburg zu sammeln und zu vertheilen, von der Stadt selbst immer bestritten worden war. Nichtsdestoweniger ließ man in Schwerin die Hoffnung auf Erhaltung des Bestehenden nicht schwinden. Die Regierung hegte sogar noch die Erwartung, daß man an die etwaige Ausgabe der meklenburgischen Postrechte in Hamburg die Bedingung knüpfen könnte, daß alle fremden Posten im Lande aufgehoben würden. Das wäre wenigstens für den sicheren Verlust auf der einen Seite ein bei Berücksichtigung der politischen Verhältnisse immeichin beachtenswerthes Aequivalent gewesen.

Auf dieser Grundlage beschloß die meklenburgische Regierung denn auch, mit der französischen Verwaltung in Hamburg, die zu Anfang des Jahres 1808 wieder schwierig geworden war, ins Benehmen zu treten. Als Kommissar wurde der Landdrost von Lehsten am 23. Februar 1808 abgeordnet. Bei seiner Ankunft daselbst war Dupreil abwesend.

Der bergische Postdirektor Gonze behauptete aber, instruirt zu sein, und mit Dupreil in regelmäßigem Briefwechsel zu stehen. Der Aufnahme der Verhandlungen stand somit nichts im Wege. Lehsten suchte aber zunächst das Terrain zu sondiren; hierzu verhalf ihm auch in ausgiebigster Weise der hannoversche Legationsrath von Hinüber, welcher sich im Jahre vorher der meklenburgischen Interessen so wenig angenommen hatte. Diesem war kaum von Lehstens Anwesenheit in Hamburg Nachricht zugekommen, als er auch schon Argwohn schöpfte, daß ihm die errungenen Vortheile entrissen werden könnten. Er machte sich an Lehsten heran, um denselben über seine Pläne auszuhorchen. Er wies dabei auf seinen Einfluß bei den französischen Behjörden hin, und ließ einfließen, daß Lehsten am Meisten durch seine Vermittlung bei der bergischen Regierung erreichen würde. Er üerhieß auch Alles mitzutheilen, was man bergischer Seits gegen ihn äußern würde, kurz im reinsten Interesse Meklenburgs zu wirken. Lehsten verlangte indessen, ohne sich mit Hinüber in Einzelheiten einzulassen, zunächst Mittheilung der zwischen Hinüber und Dupreil geschlossenen Konvention. Hinüber lieferte dieselbe auch unter der Versicherung aus, daß die hannoversche Regierung auf die Beförderung der früheren preußischen Posten zwischen Hamburg und Lenzen keinen größeren Werth lege, zumal da sie damit umgehe, den großen Postkurs vön Leipzig nach Halle über Salzwedel und Lüneburg statt über Lenzen nach Hamburg zu leiten.

Aus der Konvention ergab sich die überraschende Thatsache, daß das in derselben angezogene kaiserliche Dekret dem Groß=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 256 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

herzog von Berg keineswegs ein ausschließliches Postregal in den Hansestädten übertragen, sondern ihm nur neben der Verleihung der vormaligen Thurn und Taxis'schen Postgerechtsame die Leitung und Beförderung der Korrespondenz nach den occupirten Ländern zur Pflicht gemacht hatte. Aus diesem Grunde hatte man denn bergischerseits nicht allein die dänische und amerikanische Postexpedition in Hamburg gelassen, sondern auch nicht gewagt, das eigene Postrecht der Stadt Hamburg abzuschaffen, vielmehr sich damit begnügt, sich das Postprivileg von der Stadt Hamburg auf gewisse Jahre gegen eine bedeutende jährliche Rekognition abtreten zu lassen.

Ebenso hatte die bergische Verwaltung die hannoversche Administration sehr schonend behandelt und von der letzteren die Briefpost durch Vertrag übernommen, während sie an Hannover zum Ausgleich das ganze Fahrpostwesen abgetreten hatte.

Die bergische Post hatte demnach einen nur sehr schwächlich gestützten Rechtsboden. Dazu kam noch, daß der König von Westfalen wegen Braunschweigs und des ihm zugefallenen Theils von Hannover das Postregal in Hamburg zurückzufordern Miene machte, sodaß auch von dieser Seite dem Regal des Großherzogs von Berg eine ernste Gefahr drohte. Auch finanztell war es um die bergischen Posten schlecht bestellt, denn die für den äußerst lebhaften Estaffettendienst verausgabten großen Geldsummen erschöpften unaufhörlich die bergischen Postkassen.

Das waren die Wahrnehmungen, welche sich dem Landdrost von Lehsten bald nach seiner Ankunft in Hamburg aufdrängten. Hannoversche Intriguen brauchte er nicht zu fürchten, denn auch Hannover hatte ernste Sorge um das Seinige. Preußen war in Hamburg nur der Gewalt gewichen; daß es aber, sobald die Zeitläufte nur irgend günstig waren, seine alten Verbindungen mit Hamburg wieder herstellen würde, bewies schon der Umstand, daß seit dem Aufhören der preußischen Postbefugnisse in Hamburg die Miethe für das preußische Posthaus daselbst pünktlich bezahlt wurde. Die preußischen Pläne waren in Hannover bekannt, weshalb man auch den Postkurs von Hamburg über Lenzen nach Magdeburg und Leipzig über Lüneburg durch das Hannöversche umzulegen suchte, damit Preußen bei einer Wendung des Kriegsglücks vor der vollzogenen Thatsache stände und sie anerkennen müßte.

Unter solchen Umständen hatte Hinuber für die Regelung der hannoverschen Postfragen genug zu thun, sodaß von Lehsten sich von seiner Unterstützung keinen Erfolg versprechen konnte.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 257 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Lehsten trat daher mit dem bergischen Postdirektor Gonze in Verbindung. Gonze forderte von Meklenburg das Zugeständniß, daß durch das bergische Postamt alle meklenburgischen Briefe mit der Stadtreitpost versandt und die nicht nach Wismar oder Rostock oder darüber hinaus bestimmten Briefe in Gadebusch abgegeben werden könnten. Im Uebrigen sollte der Kombinations-Rezeß von 1716 von Bestand bleiben. Von Gadebusch sollten die Felleisen dann durch meklenburgische Posten abgeholt werden.

Lehsten nahm diese mündlichen Vorschläge nicht an, sondern forderte von Gonze die schriftliche Mittheilung derselben. Nach längerem Zögern erklärte Gonze darauf, nicht ausreichend von seiner Behörde instruirt zu sein, um definitiv abschließen zu können. Als Lehsten dann dringlicher wurde, räumte Gonze schriftlich ein, überhaupt nicht zur Ausnahme von Verhandlungen ermächtigt zu sein. Das war für den Augenblick die günstigste Wendung, denn nun blieb es vor der Hand wenigstens hinsichtlich der meklenburgischen Postverhältnisse beim Alten. Lehsten gewann die Ueberzeugung, daß die bergische Regierung bei der ganzen Angelegenheit ein bestimmtes Ziel überhaupt nicht zu verfolgen schien. Auch hatte er den Eindruck, daß es bei der bergischen Postverwaltung an der nöthigen Aufsicht und Ordnung bedenklich mangelte. Deshalb konnte auch das herzogliche Postamt daselbst, vollkommen ungestört von dritter Seite, ruhig seinen Betrieb fortsetzen; ja es hatte sogar den Briefverkehr in altem Umfange wieder aufgenommen.

Lehsten kehrte daher unverrichteter Dinge wieder nach Schwerin zurück.

Hier erhielt er im Juni von dem französischen Vice-Konsul Desbordes zu Rostock den Entwurf zu einer Konvention über die Regelung der beiderseitigen Postverhältnisse in Hamburg, aber die Bedingungen des Entwurfs entsprachen in keiner Weise den Erwartungen der meklenburgischen Regierung. Eine Erwiderung in diesem Sinne war kaum an Desbordes abgesandt, als aus Düsseldorf eine Mittheilung 1 ) des Staatsraths Dupreil vom 1. August 1808 einlief, des Inhalts, daß der Kaiser soeben von allen Ländern und Rechten des Großherzogs von Berg, jetzigen Königs beider Sizilien, in Deutschland Besitz ergriffen hätte, und


1) Sa Majesté l'Empereur et Roi vient de faire prendre possession des pays et de tous les droits en Allemagne de S. A. J. et. R. le Grand Duc de Berg aujourd'hui Roi des deux Siciles, pour ces pays être régis et ces droits être exercés à comptc de ce jour 1. août au nom et (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 258 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

daß vom 1. August ab diese Länder im Namen des französischen Reichs regiert und für kaiserliche Rechnung verwaltet werden sollten.

Infolge dieses Schreibens wurde dem Postamte in Hamburg und allen mit diesem in Verbindung stehenden inländischen Postanstalten sofort bekannt gegeben, daß das bergische Postamt in Hamburg aufgehört habe und fortan keine besonderen Briefkarten mehr auf dasselbe zu fertigen wären. Der Postmeister Pauly erhielt von Schwerin die Weisung, "an das bergische oder jetzt französische Postamt keine meklenburgischen Briefe mehr auszuliefern, sondern dieselben dort unmittelbar zu vertheilen und folglich ganz auf dem vormaligen Fuße zu verfahren, mithin alle Benachtheiligung des herzoglichen aerarii und Regals besten Fleißes zu verhüten." (3. August 1808.)

Ende des Jahres 1808 verlangte der französische Minister Bourienne in Hamburg über Veränderungen im dortigen Postwesen mit einem Abgeordneten der meklenburgischen Regierung zu verhandeln. Lehsten begab sich daher am 30. Dezember nochmals nach Hamburg. Die Verhandlungen führten aber auch zu keinem Resultat, da Lehsten von den meklenburgischen Postgerechtsamen nichts fahren lassen wollte. Um die Sache aber nicht auf die Spitze zu treiben, gab er am 10. März 1809 die Erklärung ab, daß Meklenburg einer Uebertragung seines Postrechts in den freien Hansestädten an Frankreich zwar nicht entgegentreten wollte, wenn anders "der Kaiser, über die Natur dieses Postrechts instruirt, noch beabsichtigen sollte, anderweitig darüber zu verfügen, daß Meklenburg aber wünschen müsse, die alt überkommenen Postbüreaux zu Hamburg und Lübeck, deren Einkünfte nicht unwesentlich wären, zu erhalten, zumal da dieselben weder dem bergischen Postamt geschadet hätten, noch dem einheitlichen Postdienste entgegenständen und sich lediglich mit der Beförderung der für das Innere Meklenburgs bestimmten Frachtsendungen befaßten. Der Transit durch Meklenburg sei den Hamburgischen und


(  ...  ) pour comte de l'Empire françois. L'office des postes du Grand Duché de Berg confirmé dans son existence, ses droits et usages continuera, Messieurs, à correspondre avec Vous. Je m'empresse de Vous prévenir du changement, qui vient de s'opérer et de Vous assurer en même temps que je serai tonjours jaloux sous les lois de S. M. l'Empereur et Roi, comme je l'ai été sous celles de S. A. J. et R. le Grand Duc de Berg, de conserver Vos rélations et de ménager tous les rapports de bon voisinage.
   Düsseldorf, le 1. août 1808. Dupreil.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 259 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Lübecker Posten, sowie den Posten und Kurieren zwischen Hamburg und Lenzen bisher nur reciproce zugestanden worden, und dieses Zugeständniß würde aufgerufen werden, sobald die herzoglichen Postämter in Hamburg und Lübeck unterdrückt würden. 1 )

Auch jetzt wurden keine ernstlichen Schritte von der französischen Verwaltung unternommen, und das herzogliche Postamt setzte unbehelligt seinen Betrieb in alter Weise fort.

Ueber den Bemühungen zur Aufrechterhaltung des alten Besitzstandes in Hamburg und des Fortbestandes der ertragreichen Postkurse nach Hamburg verlor die Regierung die Sorge für das Postwesen innerhalb des Landes nicht aus den Augen; denn gerade jetzt waren, wenn man sich auf den fiskalischen Standpunkt der Regierung stellt, die Zeitverhältnisse günstig für das Gedeihen der Landespost. Trotz der Zugehörigkeit zum Rheinbunde und trotz der drückenden Kontinentalsperre hatte Meklenburg sich ein gewisses Maß von Selbständigkeit bewahrt, was keinem der Nachbarstaaten gelungen war. Die Berlin - Hamburger Posten kursirten nur bis Lenzen; die schwedischen KursSe hatten überhaupt ihre Thätigkeit eingestellt und die Regierung hatte auch ohnedies energischer gegen dieselben vorgehen können, da der Mittelpunkt des bisherigen schwedischen Kurses, die Stadt Wismar, wieder in meklenburgischen Besitz gelangt war. Die Hamburger und Lübecker Posten konnten jetzt wegen ihrer geringen Bedeutung überhaupt nicht in Frage kommen.

So hatte die meklenburgische Postverwaltung im Innern wie nach Außen die Hände frei und brauchte nur zuzugreifen, um eine reiche Ernte zu halten. Um aber dieses Ziel ganz zu erreichen, war zunächst eine rege Reformarbeit innerhalb der Postverwaltung selbst erforderlich, die das in langer Friedenszeit Versäumte nachholte. Es war kein Geringerer als der Erbprinz Friedrich Ludwig, der Sohn des Herzogs, welcher die Aufmerksamkeit des Letzteren auf das über die Gebühr vernachlässigte Postwesen lenkte. Als Kammerpräsident und somit als Chef der Postverwaltung hatte er Gelegenheit, die zahlreichen Mängel wahrzunehmen, die, einem unkundigen Auge verborgen, dem Organismus des Postwesens anhafteten. Durch weite Reisen und einen längeren Aufenthalt am Pariser Hofe war er besser als sonst Jemand geeignet, die politische Lage zu übersehen und nach dem jeweiligen Stande derselben die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.


1) Vgl. Flügge, Meklenburg - Hamburgische Postkurse
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 260 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nicht immer fand er allerdings bei den Mitgliedern der Regierung und Kammer Verständniß und Unterstützung für seine Pläne, weil Sie zum Theil noch in den Anschauungen der Zeit Herzogs Friedrich lebten und in die neuen Verhältnisse sich nicht so leicht einzuleben vermochten; dennoch fanden seine Anregungen ständig beim Herzoge Anerkennung und Gehör.

Besonders für das Postwesen besaß er ein hohes Interesse, das ihn bis zu seinem letzten Lebenstage erfüllte. Manche eigenhändige Niederschriften über die verschiedensten Gegenstände der Postverwaltung sind noch in den Akten enthalten und zeugen von der ungewöhnlichen Reife des Urtheils und der Schaffenskraft des Erbprinzen.

Unter dem 7. November 1809 legte er dem Kammerkollegium ein eigenhändig verfaßtes Memorial über das Postwesen vor, welches hier wörtlich folgen mag:

"Schon öfter ist das Postwesen in Mecklenburg ein Gegenstand unserer Berathungen gewesen und Wir alle, glaube ich, sind der Meinung, daß in diesem Fache noch Manches zur Bequemlichkeit des Publikums und zum Besten des herrschaftlichen Interesses zu bewürken stehet.

Der große Umfang der Geschäfte des Cammercollegii gestattet nicht, eine so anhaltende Aufmerksamkeit und Wirkung auf einzelne Fächer in blos collegialischem Wege zu ordnen. Das Postwesen bedarf aber derselben vorzüglich und genießt auch solche in fast allen Staaten. Diese Ansicht der Sache hat mich zu dem Entschlusse gebracht, dem Herzoge in diesen Tagen vorzuschlagen: Einen der würklichen Räthe des Cammercollegii nach höchsteigener Wahl zum beständigen Referenten in Postsachen zu ernennen und ihm die Würksamkeit eines Chefs oder Generaldirectors im Postfache anzuvertrauen bei übrigens unveränderten Verhältnissen. Damit jedoch dieser mein Vorschlag zu keiner meinen Absichten entgegenen Interpretation Anlaß geben möchte, so sey es mir verstattet, ein Wenig mehr ins Detail zu gehen:

  1. Derjenige Rath des Cammercollegii erhält mit dem Titel eines General=Postdirectors die specielle Aufsicht über das Postfach, das Referat und erste Votum im Collegio in allen Postangelegenheiten,
  2. dieses Mitglied ist unmittelbar Vorgesetzter oder Chef aller Postoffizianten in dem Maße wie der Ober=Jägermeister Chef und persönlicher Vorgesetzter aller Jagd= und Forstbedienten ist, unabbrüchlich ihrer Verhältnisse zum Forstcollegio, also hier dem Kammercollegio;
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 261 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. vermöge dieses Verhältnisses hat der General-Postdirector nicht nur Recht und Befugniß, sondern auch die Pflicht und Verbindlichkeit, persönliches Einsehen bei allen Haupt- und Postkontoirs zu thun, und zu verfügen oder beim Collegio in Vorschlag zu bringen, was dringend nöthig oder nützlich und beförderlich ist;
  2. er kann zu diesem Behufe Berichte und Anzeigen, Tabellen und Nachweisungen von allen Postoffizianten einfordern, obgleich im Uebrigen die gewöhnlichen Berichte, zumal diejenigen, die auf das pecuniarium Bezug haben, zur Cammer erstattet, auch die Ausfertigungen nach wie vor von derselben erlassen werden;
  3. die Cammerrescripta an die Postoffizianten werden jedoch allemal neben dem Director oder jedesmal Vorsitzenden im Csammer-Collegio auch von dem General=Postdirector unterschrieben, in eben dem Maaße, wie die Ausfertigungen der Forstbediente von einem der Oberforstalen unterschrieben werden müssen;
  4. bemerke ich schließlich, daß nach meiner Ansicht dem zu ernennenden General=Postdirector weder eine andere Stelle oder Vorzug als diejenige, welche er anjetzo im Collegio einnimmt, noch eine Remuneration für seine Bemühung zuzugeben ist.

Ehe und bevor ich meinen Vortrag am Herzoge mache, wünsche ich erst die Ansicht des verehrlichen Collegii zu kennen, bitte darum und empfehle mich dessen beständigem Wohlwollen" u. s. w.

Da bei den Kammermitgliedern über den Vorschlag getheilte Meinungen bestanden, ergänzte Friedrich Ludwig seinen Plan in mehrfacher Hinsicht: "Obgleich es mir sehr lieb sein sollte, wenn auch die Posten ohne zu große Belästigung des Publicums zu einem höheren Ertrage gebracht werden könnten, so ist dies doch dieses Mal nicht mein Hauptzweck gewesen, sondern vielmehr nur, durch eine schnellere und schärfere Disciplin bei den Posten das Beste des Publicums zu befördern. Daß eine ins Detail gehende Aufsicht eine schleunige augenblickliche Bescheidung und Abhülfe einer mündlichen oder schriftlichen Anfrage oder Beschwerde nicht die Frucht und Wirkung eines kollegialischen Geschäftsbetriebes ist, wird wohl jeder von uns zugeben, weil es die Erfahrung bestätigt. Diesem, nur diesem abzuhelfen, halte ich es für angemessen, einem Mitgliede des Collegii und zwar nach höchsteigener Wahl des Herzogs die Aufsicht über die Post=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 262 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

offizianten, die summarische sofortige Abfertigung aller leichteren Dienstsachen, die keine förmliche Untersuchung von Rechts wegen erfordern, die Schlichtung aller zwischen den Reisenden und Postoffizianten und Postfahrern entstehenden Streitigkeiten, salva querela et salvo recursu an das Cammer-Collegium, wo denn dieses nach der Wichtigkeit der Sache die querel annehmen oder gleich abweisen kann, und das zum General=Postdirector delegirte Mitglied kein weiteres Votum habe, wenn es schon entschieden hatte und vor seiner Entscheidung querelirt war - zu übertragen und ihm dabei zur Pflicht zu machen:

  1. Alle Mängel und Unvollkommenheiten, welche er in der Organisation des Postwesens entdecken würde, dem Cammer=Collegio anzuzeigen und
  2. alle Verbesserungen, wozu die Erfahrung ihm die Ideen liefern würde, dem Cammer=Collegio vorzuschlagen und auch
  3. überhaupt in allen wichtigen bei der Verwaltung der Posten vorkommenden Angelegenheiten, die ihrer Natur nach oder nach seiner Instruction von ihm allein nicht abgemacht werden können, dem Collegio cum Voto zu referiren.

Daß alles dies nicht einem Cammerrath als Nebengeschäft übertragen werden könne, kann ich nicht begreifen, denn die Erfahrung hat uns ja belehret, daß Männer im Collegio ihren Strang gewissenhaft und in Ehren ziehen und dabei Nebengeschäfte verwalten können."

Der Erbprinz glaubte am Schluß seines Schreibens, der Kammer nicht vorenhalten zu sollen, wie er in seiner Eigenschaft als Finanzminister die neue Einrichtung beim Herzoge kurzer Hand hätte anregen können, daß er aber vorgezogen habe, erst nach einer kollegialischen Berathung des Gegenstandes für das Projekt durch Vortrag zur Regierung die Genehmigung des Herzogs herbeizuführen.

Darauf ging ein im Sinne des Memorials gefaßter Vortrag an den Herzog ab. Dieser genehmigte unter dem 6. Januar 1810 in allen Stücken die Vorschläge der Kammer. Die Einrichtung des General=Postdirectoriums erfolgte auf Grund der Verordnung vom 4. März 1810. Zum General=Postmeister wurde der Geh. Kammerrath und Landdrost von Lehsten ernannt. Der Erbprinz als Kammerpräsident führte den neuen Chef der Postverwaltung sofort in sein Amt ein, nachdem ihm eine Bestallung ertheilt war, die sich eng an das Memorial des Erbprinzen anschloß.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 263 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

In demseIben Jahre wurden durch Edict vom 4. Dezember 1810 die bisherigen Hauptpostämter in Schwerin, Güstrow und Rostock zu Ober=Postämtern, das Postamt in Wismar zum Hauptpostamt und die übrigen Postkontore zu Postämtern erhoben. Die Postwärtereien hatten diese Bezeichnung auch weiter zu führen.

An sich bedeutete die neue Organisation der Postverwaltung gegen früher einen wesentlichen Fortschritt, da jetzt die Postverwaltung in gewisser Beziehung centralisirt war, aber die neue Einrichtung krankte von vornherein an einem schweren Gebrechen: die Selbständigkeit des neuen Generalpostmeisters hatte nur relativen Werth, da der Herzog selbst häufig Dinge geringerer Bedeutung seiner unmittelbaren Entscheidung vorbehielt, und auch künftig wichtigere Sachen der Beschlußfassung des Kammerkollegiums unterlagen. Und gerade jetzt wären die Zeitverhältnisse danach angethan gewesen, daß ein fester Wille mit ausgedehnten Vollmachten an der Spitze der Verwaltung gestanden hätte; aber sobald der persönlich liebenswürbige, geschäftsgewandte Generalpostmeister wichtigere Angelegenheiten selbständig zu erledigen versuchte, erhob sich nicht selten ein lebhafter Widerstreit der Ansichten im Kollegium, der der Sache wenig Nutzen brachte und sicher hier und da sogar geschadet hätte, wenn der Erbprinz nicht selbständig handelnd eingeschritten wäre. so lag die Entscheidung in der Regel beim Erbprinzen und das Amt des Generalpostmeisters war für den Inhaber eine dornenvolle Bürde. Vielleicht hat das Schwankende seiner Stellung und das fortdauernde Bemühen, seinem Amte großeres Gewicht und freieres Feld zu verschaffen, mit dazu beigetragen, daß der Generalpostmeister von Lehsten sich häufig in lebhafter Auseinandersetzung mit den übrigen Kammermitgliedern befand, und selbst dem durchlauchtigsten Kammerpräsidenten gegenüber seine Ansichten hier und da mit größerem Eifer verfocht, als seinem verbindlichen Wesen sonst entsprechen mochte.

Wie dem auch sein mag, bald nach Uebernahme seines Amts traten Aufgaben schwerwiegender Art an den Generalpostmeister von Lehsten heran.

Es handelte sich zunächst auch wieder um die Aufrechterhaltung der Postgerechtsame in Hamburg. Die französische Postadministration beabsichtigte nämlich, in Lauenburg ein Postbüreau einzurichten, und machte nun Miene, die Laden der fremden Durchgangsposten zu öffnen, Briefe und Güter zu Stempeln und nach dem Verhältniß der Meilen bei Beförderung der Sachen durch Lauenburg mit einer besonderen Taxe zu belegen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 264 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die meklenburgische Regierung protestirte gegen dieses Verfahren auf das Entschiedenste und wies darauf hin, daß sie die konventionsmäßige Durchgangsgebühr von 300 Rthlr. immer pünktlich bezahlt habe; aber ob der protest Erfolg haben konnte, sei dahingestellt, vorläufig behielt es indeß den Anschein, was bei den Zeitverhältnissen schon als Erfolg von der meklenburgischen Regierung angesehen werden mußte.

Wie bereits vorhin erwähnt, hatte die Stadt Hamburg 1 ) konventionsmäßig am 8. Dezember 1807 ihre Postgerechtsame auf 25 Jahre gegen bestimmte Rekognition an die bergische Postverwaltung abgetreten. Nach der Konvention hatte sich der Großherzog von Berg ausdrücklich verpflichtet, alle diejenigen Verpflichtungen zu erfüllen, welche Seitens der Stadt gegen fremde Staaten übernommen worden waren. Der Hamburger Senat zeigte diese Cession der meklenburgischen Regierung an. Wenn auch klar vorlag, daß die Stadt rechtlich nicht befugt war, ohne Genehmigung der meklenburgischen Regierung ihre bis Wismar gehende reitende Post an den Großherzog von Berg abzutreten, so nahm man doch an, daß der Senat durch die Ungunst der Verhältnisse zu diesem Schritt gezwungen worden sei und stand deshalb von einer weiteren Erörterung der Sache vor der Hand ab.

Aber die bergische Postverwaltung dachte nicht daran, die nach dem Vertrage vom 23. Dezember 1780 von Hamburg zu zahlenden 1200  Banko Transitporto zu berichtigen. Anfangs hatte sich die herzogliche Regierung noch der trügerischen Hoffnung hingegeben, daß sich jetzt vielleicht die Beseitigung aller fremden Posten im Lande und somit auch der Stadtreitpost erreichen ließe, und war in dieser Voraussetzung schon entschlossen, auf die Zahlung des Transitportos nicht zu dringen, aber bald erkannte sie das Unrichtige dieser Erwartung und forderte nun energisch die Zahlung des Transitportos. Wider Erwarten hatte dieses Verlangen Erfolg, denn das französische Ober=Postamt zahlte im Januar 1809 die für das Jahr 1808 fällige Summe thatsächlich aus. Aber ob auch in den folgenden Jahren das Transitporto gezahlt worden ist, muß Aktennachrichten zufolge billig bezweifelt werden.

Alle bisher wegen Aufrechterhaltung der meklenburgischen Postgerechtsame in Hamburg mit den französischen Behörden geführten Unterhandlungen, die fast sämmtlich einen für Meklen=


1) Ebenso hatte auch Lübeck die Postgerechtsame unter gleichen Bedingungen abgetreten.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 265 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

burg glücklichen Ausgang nahmen, bildeten aber nur das Vorspiel ernsterer Ereignisse, die dem herzoglichen Postamt in Hamburg und den meklenburgischen Postkursen nach Hamburg ein Ende rnachten.

Durch kaiserliches Dekret vom 18. Dezember 1810 wurden die bisherigen Hansestädte Lübeck, Hamburg und Bremen mit dem vormaligen Herzogthum Lauenburg und einem Theile des westfälischen Nieder=Elb=Departements (Lüneburg) dem französischen Reiche unter dem Namen des Departements der Elbmündung einverleibt. Die Schweriner Regierung besorgte sofort, daß es jedenfalls nun um die Hamburger Postkurse und das Postamt in Hamburg geschehen sei, und suchte dem drohenden Verluste nach Kräften Einhalt zu thun. Herzog Friedrich Franz berief daher den General=Postmeister von Lehsten nach Ludwigslust und sandte ihn mit umfassenden Instruktionen nach Hamburg, um hier mit der französischen Regierung Rücksprache zu nehmen.

Bei seinem Eintreffen war der französische Postorganisations=Kommissar daselbst noch nicht anwesend, wohl aber der westfälische, frühere hannoversche General=Postdirektor von Hinüber, welcher in derselben Angelegenheit wie Lehsten nach Hamburg gekommen war. Letzterer besprach mit Hinüber die Sachlage, ohne indeß zu diesem - wie es mit Rücksicht auf die früher gemachten Erfahrungen sich auch von selbst verstehen mußte --über seine letzten Zwecke etwas verlauten zu lassen. Jedenfalls stand Lehstens Absicht von vornherein fest, lieber zuerst selbständig vorzugehen und erst später je nach Bedarf Hinübers Hülfe zu erbitten.

Endlich traf auch der französische Postkommissar Julliac in Hamburg ein. Er erließ sogleich an sämmtliche fremden Postämter gleichlautende Verfügungen des Inhalts, daß

  1. mit dem 10. Januar 1811 der Dienst der fremden Postbüreaux aufzuhören hätte,
  2. der Dienst vom 11. Januar ab mit dem französischen Hauptpostamte daselbst verbunden würde,
  3. die fremden Postoffizianten für die Zeit vom 1. bis 10. Januar ihre Rechnungen besonders aufzumachen und den reinen Ueberschuß an die kaiserliche Postkasse abzuliefern hatten, und
  4. dem kaiserlichen Kommissar von den fremden Offizianten anzuzeigen wäre, wohin die Grenzbüreaux innerhalb des eigenen Landes verlegt würden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 266 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Diese Verfügung ließ keinen Zweifel zu, wohin sie gerichtet war. Lehsten suchte aber das Aeußerste zu vermeiden und wies Julliac darauf hin, daß die meklenburgischen Postkurse nach Hamburg lediglich die Kommunikation Hamburgs mit dem Innern Meklenburgs aufrecht erhalten sollten. Dem hielt Julliac entgegen, daß das in allen kaiserlichen Provinzen "etablirte principe d'un service unique des postes" bereits der westfälischen und dänischen Post gegenüber zur Anwendung gebracht sei und eine Rettung der herzoglichen Posten außer dem Bereiche der Möglichkeit läge. Julliac glaubte schließlich, andeuten zu müssen, daß er bei irgend welchem Widerstand Verhaltungsmaßregeln aus Paris erbitten müßte. Lehsten wollte den Bogen nicht zu straff spannen und lenkte nun ein. Er glaubte aber, noch eine Entschädigung für das Aufgeben der bisherigen Postrechte für seinen Hof reklamiren zu müssen und legte Julliac offen die Sachlage dar; überdies wies er letzteren auf die Unmöglichkeit hin, bis zum 10. Januar (die Unterredung fand am 8. Januar 1811 statt) alle Vorbereitungen dergestalt treffen zu können, daß ohne Schädigung der öffentlichen Interessen der Dienst der meklenburgischen Posten aufhören und die französischen Posten den Betrieb in vollem Umfange vom 10. Januar ab wahrnehmen könnten. Diesen Einwand erkannte Julliac als berechtigt an, und Lehsten benutzte die Gunst des Augenblicks, um Julliac vorzuschlagen, vorläufig das meklenburgische Postamt in Hamburg und ebenso das Postamt in Lübeck, das gleichfalls eingehen sollte, von Bestand zu lassen, bis über die gegenseitigen Beziehungen eine schriftliche Konvention abgeschlossen sei. Nachdem noch von Julliac bedungen war, daß die Erträge beider meklenburgischen Posten aus französischem Gebiet ganz zur französischen Postkasse fließen sollten, waren beide Kommissarien im Wesentlichen einig. Die mündlichen Abmachungen galten einstweilen als Konvention.

Bei seiner Rückkehr nach Schwerin konnte Lehsten dem Herzoge daher von einem unerwartetet günstigen Ergebniß seiner Unterhandlung Bericht erstatten. Der Herzog genehmigte die Abmachungen und sprach Lehsten noch besonders seine Zufriedenheit über das Erreichte aus.

In einem ausführlichen Memorial legte Herr von Lehsten demnächst seine Ansichten über die gegenwärtige Lage nieder. Er betonte, daß die Aufhebung des Postamts in Hamburg und die Beschränkung der herzoglichen Fahrposten innerhalb des eigenen Landes nur eine Frage der Zeit sein könnten und sofort eintreten würden, wenn die französische Verwaltung erst einiger=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 267 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

maßen Ordnung in Hamburg geschaffen hätte. Der Verlust sei aber, wie Lehsten mehr tröstend, ohne anscheinend selbst von seinen Worten überzeugt zu sein, darlegte, geringer, als es den Anschein hätte. Die theuren Fuhrkontrakte im Auslande, die Büreau- und Hauskosteu, die Transitgebühr an Hannover u. s. w. stellten zusammen sehr hohe Beträge dar, die den größeren Theil der Erträge aus dem Betrieb der Posten auf fremdem Gebiet absorbirten, und der scheinbare Verlust würde gänzlich wett gemacht, wenn die Aufhebung der letzten fremden - Hamburger und Lübecker - Posten im Lande erreicht würde. Falls Meklenburg aber noch die Beförderung der Hamburg - Lenzener Postkurse auf meklenburgischem Gebiet, das lang ersehnte Ziel der meklenburgischen Postverwaltung, erhalten sollte, so stände ein erheblicher Gewinn in sicherer Aussicht.

Es komme jetzt nur allein auf die sorgfältigste Fassung der Erklärung an, da die Aufopferung der meklenburgischen Privilegien jedenfalls auf immer erfolgen dürfte. Die Abtretung derselben sei schließlich der einzige Verlust Meklenburgs, während andere Staaten ihre Existenz hätten preisgeben müssen. Ueberdies ertrüge das herzogliche Postprivileg in Hamburg keine strenge Prüfung und da das Postregal überhaupt ein Gegenstand der Begehrlichkeit des kaiserlichen Hofes wäre, so sei ein aktiver oder auch nur passiver Widerstand der Lage nicht angepaßt. Lehsten betonte schließlich, daß der Augenblick, sich aller beschwerlichen und nachtheiligen Servitute zu entledigen, jetzt gekommen sei und benutzt werden müßte.

So wenig überzeugend auch die Darlegungen von Lehsten's waren, so mußten sie doch als richtig gelten, da der Regierung eine Wahl überhaupt nicht freistand. Sie beschloß daher, im Sinne von Lehsten's Votum die Angelegenheit weiter zu behandeln. Bevor indeß noch die nöthigen Vorkehrungen getroffen werden konnten, lief am 28. Januar von Julliac bei Pauly die Mittheilung ein, daß in Folge einer, vom General=Postdirektor des französischen Reiches, Grafen de la Vallette, gegebenen Weisung Pauly unter keinen Umständen irgend eine Briefpost von Hamburg expediren oder empfangen dürfe, daß vielmehr hierzu allein das französische Postamt befugt sei.

Lehsten eilte wieder nach Hamburg. Nach langem, fruchtlosem Bemühen mußte er am 7. Februar in eine Konvention mit Julliac willigen, deren Inhalt im Wesentlichen darauf hinauslief, daß die meklenburgischen Postämter in Hamburg und Lübeck auf=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 268 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gehoben wurden und fortan der Wechselverkehr zwischen meklenburgischen und französischen Posten durch Grenzpostämter beider Verwaltungen wahrgenommen werden sollte. Jedenfalls war der Postdirektor Gonze, welcher sich inzwischen in Paris aufgehalten hatte, die treibende Kraft dieses unerwarteten, energischen Schrittes der französischen Regierung gewesen, da er aus seinem Aufenthalt in Hamburg am besten wußte, welche Maßregeln im Interesse der französischen Posten am Platze waren.

Auch die dänische Briefpost gelangte um diese Zeit zur Aufhebung.

Die meklenburgischen Fahrposten nach Hamburg ließ man mangels eigener französischer Postkurse einstweilen noch bestehen. Auch das meklenburgische Wappen am Posthause in Hamburg wurde weiter geduldet, doch mußte die Unterschrift entfernt werden.

Auch das westfälische Fuhramt in Hamburg rnit seinem Kurse bis Lenzen blieb bestehen. Dasselbe mußte aber vom 1. Januar ab bereits mit dem französischen Postamte in Hamburg liquidiren. Auf besonderen Befehl Napoleons wurden in Hamburg und Lübeck geborene Franzosen als Postdirektoren eingesetzt, da hierdurch die beste Gewähr für eine genaue Kontrole der englischen und schwedischen Korrespondenz gegeben war.

Am 26. Februar 1811 lief bei Pauly eine weitere Mittheilung von Julliac ein, daß nach einem neuen Befehl aus Paris die meklenburgischen Fahrposten sofort den Betrieb einzustellen hätten, da vom 1. März ab von Hamburg bis zur meklenburgischen Grenze französische Posten kursiren sollten. Pauly erhielt daher Anweisung, den Dienst der fahrenden herzoglichen Post zum 1. März an das kaiserlich französische Ober=Postamt abzutreten, die dortigen Beamten ihres Dienstes zu entlassen und entweder um ihre Wiederanstellung bei dem kaiserlichen Postamte nachzusuchen oder sie sonst angemessen zu entschädigen. Ferner sollten die Fuhrkontrakte aufgerufen und die bisherigen Posthalter an die französischen Behörden verwiesen werden. Die bis dahin gezahlte Transitabgabe für den Durchgang der herzoglichen Posten durch Lauenburg wurde vom 1. März ab einbehalten. Pauly wurde gleichfalls seines Dienstes mit einem Ruhegehalt von 600 Rthlr. entlassen. Er behielt seine Wohnung in dem bisherigen herzoglichen Posthause bei. Das meklenburgische Postamt in Hamburg hatte damit nach mehr als hundertjährigem Bestehen seine Thätigkeit eingestellt.

Den veränderten Verhältnissen gegenüber traf die meklenburgische Regierung nunmehr ihre Maßregeln, und zwar in

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 269 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

erster Linie zur Regelung des Wechselverkehrs. Das Postamt in Boizenburg behielt auch jetzt seine Eigenschaft als vornehmstes Grenzpostamt unter dem Postrath Wildfang bei; hinzu kam ein Grenzpostamt in Gadebusch unter Postkommissär Griestop, welches im Wesentlichen den Grenz- und Wechselverkehr zu besorgen hatte; der Lokaldienst und die Verbindung zum übrigen Lande verblieb wie vorher schon dem zweiten herzoglichen Postamte 1 ) in Gadebusch unter Postmeister Köppen. Endlich wurde ein drittes Grenz=


1) Die Stellung der beiden Postämter in Gadebusch war staats rechtlich und posttechnisch sehr verwickelt, weshalb wegen der gegenseitigen Befugnisse präzise Vorschriften erlassen werden mußten. Gadebusch hatte mit den Städten Boizenburg, Wittenburg und Rehna zu den früheren hannoverschen Pfandämtern gehört. Nachdem diese von Hannover wieder eingelöst worden waren, wurde die Reluitions-Kommission bestellt, welche die Auslösungssumme allmählich aus den Aufkünften der Aemter zu amortisiren hatte. Zu diesen Aufkünften gehörten auch die auf Grund der Konvention von 1735 bei den Postkontors in Boizenburg, Wittenburg, Gadebusch und Rehna erzielten Reineinnahmen; letztere flossen demnach der Reluitions-Kommission zu. Das war die Sachlage, als im Jahre 1811 die Errichtung der Grenzpostämter erfolgte. Bis dahin hatten für die Postämter innerhalb der Hypothek zur Erleichterung der Abrechnung immer besondere Brief= etc. . Charten angefertigt werden müssen; hierauf wollten sich aber die französischen Postämter nicht einlassen, und die meklenburgische Regierung mußte ihnen zu Willen sein. Lehsten glaubte jetzt aber die Genauigkeit der Verrechnung der Postgefälle aus den Hypothek=Postämtern gefährdet, weshalb er die Reluitions=Kommission zu bewegen versuchte, ihre Ansprüche aus dem Postregal gegen eine nach einem zehnjährigen Durchschnitt der Portoaufkunft fixirte Abfindungssumme fahren zu lassen. Die Reluitions=Kommission bat aber, hiervon Abstand zu nehmen, da der Krieg und die jetzige Lage alle Verhältnisse in Handel und Verkehr umgestaltet hätte, so daß eine genaue Fixirung des Aversums schwierig sein würde. Damit zerschlug sich Lehstens Plan überhaupt. Zur Sicherstellung der Postgefälle wurden daher andere Maßregeln getroffen. Da sich nun die Sachlage nur in Gadebusch geändert hatte, so wurden bezüglich der Verrechnung der Postaufkünfte bei den Postämtern daselbst folgende Bestimmungen getroffen:
  1. Portoaufkünfte für Passagiere, Packete, Gelder und Briefe von Hamburg nach Schwerin und weiter sollten zur Renterei fließen, mithin die Expedition auch dem Grenzpostamte zufallen,
  2. Portoaufkünfte für Passagiere u. s. w. von Hamburg nach Rehna, Grevesmühlen und Wismar gehörten zur Berechnung der Reluitionskasse, also die Expedition dem Lokalpostamte,
  3. Portoaufkünfte für Passagiere u. s. w. von Gadebusch nach Schwerin, Wismar und weiter gehörten nach wie vor der Reluitionskasse, also die Expedition dem Lokalpostamte,
  4. dieselben Verhältnisse griffen Platz bei der Rückbeförderung in der Richtung nach Hamburg,
  5. Accidenzien aus dem Orte sollten dem Lokalpostamte zufließen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 270 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

postamt in Dassow 1 ) eingerichtet, zu welchem Zweck daselbst 1 Postmeister, 1 Postschreiber und 1 Litzenbruder in Funktion traten. Boizenburg stand zu Lauenburg, Gadebusch zu Ratzeburg und Dassow zu Lübeck in Beziehung, da an diesen fremden Orten französische Postämter eingerichtet waren. Die meklenburgischen Postämter erhielten Anweisung, alle über die westliche Landesgrenze fließende Korrespondenz über eines der Grenzpostämter zu leiten.

Lehsten hatte mit Julliac vereinbart, daß die französischen Posten zu derselben Zeit wie früher unter meklenburgischer Verwaltung von Hamburg abgehen, daß die früheren Taxen, sowie die bisherige Expeditionsweise beibehalten werden sollten. Man kümmerte sich aber französischerseits um die Konvention sehr wenig, von der man gleich anfangs behauptete, daß sie in Paris nicht bestätigt sei.

Im April 1811 wurden bereits die Güstrower und Ludwigluster Posten nach Hamburg ganz mit dem Hamburg - Lenzener Kurse verschmolzen. Eine große Zahl von Sendungen nach Meklenburg wurden demnächst mit dieser Post bis Lübtheen befördert und hier erst der Landespost ausgehändigt. Die nach Meklenburg bestimmten politischen Zeitungen mußten von dem französischen Ober=Postamte in Hamburg bezogen werden, welches für jede Nummer 5 Cts. Aufschlag berechnete. Ueber die Anwendung der Taxen bestanden zwischen französischen und meklenburgischen Postämtern von Anfang an Schwierigkeiten, da die französische Verwaltung vielfach willkürliche Gebühren erhob. Die Ausgleichung aus den gegenseitigen Abrechnungen kam von vornherein ins Stocken, und die Reklamation der meklenburgischen Postämter wurde unter dem naiven Einwande zurückgewiesen, daß nach den bestehenden Gesetzen Baarschaften nicht aus dem Lande geschafft werden dürften.

Die Unzufriedenheit über die französische Mißwirthschaft und die Eingriffe in Gesetz und Ordnung waren nach kurzer Zeit allgemein geworden. Von allen Seiten liefen bei der General=Postdirektion Klagen der meklenburgischen Postämter über immer neue Rücksichtslosigkeiten der französischen Behörden ein, und doch mußte Meklenburg alles vermeiden, was Mißfallen bei den französischen Behörden zu erwecken vermochte.


1) In Dassow war von Alters her wegen der zwischen Lübeck, Wismar und Grevesmühlen kursirenden Posten eine Postexpedition unter einem Postexpediteur eingerichtet, die dem Postkontor in Grevesmühlen unterstellt war; sie kam jetzt in Fortfall.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 271 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der Zwang der Zugehörigkeit zum Rheinbunde machte sich überall lästig bemerkbar und lähmte die Thätigkett der Regierung um so mehr, als seit dem Jahre 1810 auch wieder französische Truppen im Lande waren, die angeblich als Douanetruppen den Vertehr mit England und Schweden unterdrücken sollten. Trotz der Anwesenheit der französischen Truppen war die Unsicherheit im Lande aufs Höchste gestiegen. Besonders in dem Grenzdistrikt Boizenburg trieb sich allerlei Gesindel umher und schrak auch vor Beraubung der Posten nicht zurück. Den Posten, welche häufig kostbare Ladungen hatten, wurden daher Begleiter mitgegeben; die Postillone und Wagenmeister wurden mit Seitengewehren und Pistolen versehen, häufig eskortirten auch Soldaten die Posten. Die Postämter mußten monatlich die Ueberschüsse abliefern, sodaß bet den einzelnen Kassen nie erhebliche Bestände beruhten. Nur diesen Maßregeln war es zuzuschreiben, wenn die Posten bei der allgemeinen Unsicherheit im Lande vor empfindlicheren Schäden bewahrt wurden. Um so größer war aber der unabwendbare Nachtheil, der den Posten aus dem gänzlichen Darniederliegen von Handel und Verkehr erwuchs.

Unter solchen Umständen brachte dem Generalpostmeister von Lehsten sein Amt nur schwere Verantwortung und endlose Mühe. Aber es traten an die Post in dieser bewegten Zeit auch von Tag zu Tag wachsende Aufgaben heran, deren Lösung dem Generalpostmeister ersichtlich Schwierigketten bereitete, zumal da ihm eine schnelle Initiative nicht eigen war. Er suchte zunächst immer durch Lavieren ans Ziel zu kommen, und wenn er ja etwas erreichte, so hatte er von den hochfahrenden, beweglichen französischen Beamten manche Demüthigung anzunehmen.

Trotzdem bemühte er sich, seinem Amte größere Selbständigkeit zu verschaffen, und machte die Abhängigkeit seiner Stellung des öfteren zum Gegenstand der Erörterung im Kammerkollegium. Die Kammermitglieder neigten auch der Ansicht zu, daß die Zeitläufte dem Generalpostmeister größere Freiheit gewähren müßten. Nur der Erbprinz war entschieden anderer Anschauung, da er als Präsident der Kammer selbst die Leitung des Postwesens in Händen behalten wollte. Dennoch suchte von Lehsten auch dem Erbprinzen gegenüber seine Stellung zu wahren, und die Akten bringen den Beweis dafür, daß er den meistens außerordentlich treffenden und geistreichen Exposes des Erbprinzen zahlreiche durchsichtige Bedenklichkeiten hinzufügte und den Anregungen des Erbprinzen nur vereinzelt rückhaltlose Anerkennung zollte. Nichtsdestoweniger nahm das Amt Lehstens von Tag zu Tag

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 272 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

an Selbstständigkeit zu, da der Erbprinz häufig abwesend war. Jedenfalls stand von Lehsten schon im Jahre 1811 so selbstständig da, daß jeder seiner Vorschläge die ungetheilte Zustimmung der Kammer fand.

Seitdem die Verbindung mit Hamburg zerschnitten war, hatte der Wirkungskreis des Generalpostmeisters erheblich an Bedeutung eingebüßt, da der Betrieb der meklenburgischen Postverwaltung sich jetzt gleichsam auf einen Rumpf ohne Kopf beschränkte. Der von dem Generalpostmeister ziemlich oberflächlich geschätzte Nachtheil war doch größer, als er erwartet hatte. Denn die Franzosen gaben den Betrieb des wichtigen Postkurses Hamburg - Lenzen und der vormaligen Hamburger Stadtreitpost nicht frei, sodaß dem Verlust kein Aequivalent gegenüberstand. Der Rückgang der Einnahmen zeigte am klarsten, wie unzutreffend Lehstens Urtheil gewesen war - die Ueberschüsse waren von rund 38600 Rthlr. im Jahre 1810/11 auf 22300 Rthlr. im Jahre 1811/12, also fast um die Hälfte, gefallen, wahrend vom Jahre 1807 ab die Ueberschüsse ständig gestiegen waren.

Aber auch in dem wesentlich geschmälerten Wirkungskreise fand Lehsten hinreichend Arbeit vor. Zunächst galt es die zahlreichen Wünsche und Bedürfnisse der Franzosen zu befriedigen. Die Kontinentalsperre war im Jahre 1811 in der drückendsten Weise verschärft worden. Jeder Briefverkehr nach England und Schweden war verboten und da nun naturgemaß die heimliche Beförderung der nach diesen Ländern gerichteten Korrespondenz begann, so mußte die Regierung sich bemühen, um bei den französischen Behörden jedes Mißfallen zu unterdrücken, die Korrespondenz auf verdächtige Sendungen hin zu kontroliren. Mehr als ein Meklenburger stand damals im Verdacht, den Austausch verdächtiger Korrespondenz zu vermittetn, und hatte deshalb unter harter polizeilicher Ueberwachung zu leiden.

Bei der Post war ein vollständiges Ueberwachungssystem schon früher eingerichtet. Seit April 1811 begann eine lästigere, schärfere Kontrole aller Korrespondenz nach und vom Auslande. Die Verordnung vom 18. April 1811 bezeichnete als verdächtige Briefe diejenigen, welche aus Ländern kamen, oder dahin bestimmt waren, nach welchen zufolge des kaiserlichen Dekrets alle Kommunikation verboten war, ebenso Briefe, welche irgendwie auf eine Beziehung zu einem verbotenen Handel schließen ließen, endlich auch Briefe an übel berüchtigte oder verdächtige Personen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 273 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Dieselbe Verordnung schrieb auch genau vor, wie verdächtige Briefe behandelt werden sollten: "Mit den Briefen ist von den Postoffizianten dergestalt zu verfahren, daß die Eröffnung soviel thunlich in der Art geschiehet, um die Briefe, wenn sich der Verdacht nicht bestätigt, möglichst unmerklich, sonst aber (wie bei durchgescheuerten Briefen) mit dem Postsiegel versiegelt, wieder zuzumachen und mit derselben oder doch der nächsten Post weiter zu senden." In jedem Fall war bei Eröffnung von Briefen ein Offizier der Garnison zuzuziehen. Briefe verdächtigen Inhalts waren der Regierung vorzulegen. Die Regierung erließ jene Verordnung nur im Zwang der Umstände und, um jedem Mißbrauch vorzubeugen, verfügte sie, daß das Verfahren mit der möglichsten Rücksicht ausgeübt werde. Sie konnte aber nicht verhindern, daß hie und da dennoch Mißbräuche vorkamen, hervorgerufen durch Neugierde oder Uebereifer vereinzelter Postoffizianten. Im Großen und Ganzen befleißigten sich alle Postmeister strengster Diskretion, aber das Vertrauen zur Post schwand im Publikum doch sichtbar, nachdem über die Verordnung Gerüchte im Umlauf waren. Erheblich dürften die Resultate, welche die französische Regierung von diesem Spionensystem erzielte, nicht gewesen sein, denn Ende des Jahres 1811 und im Jahre 1812 waren von der argwöhnischen französischen Regierung Offiziere beauftragt, schon bei Ankunft der Posten die Korrespondenz zu beaufsichtigen. Nun wuchs die Zahl der angehaltenen Briefe erheblich, besonders in Rostock, wo französische Offiziere die Briefe von der Fahrpost von Demmin einer strengen Revision unterzogen, um die Korrespondenz mit Preußen und Rußland kontroliren zu können. Im Juni 1811 mußte das Postamt einmal 13 englische Briefe an die Regierung einsenden, wo Sie geöffnet wurden; "ihr Inhalt," heißt es in den Akten, "war zwar interessant, kompromittirte aber Niemanden im Lande; er könnte indeß doch viele auswärtige mit Namen genannte Personen ins Unglück bringen." Die Briefe wurden daher bei Seite gelegt.

Die einzelnen Ober=Postämter hatten monatlich über ihre Wahrnehmungen beim Briefverkehr Bericht zu erstatten; auf die regelmäßige Einsendung der Berichte wurde strenge geachtet und mancher Postdirektor, dem das Ueberwachungssystem zu seinen politischen Anschauungen nicht paßte und der sich in dieser Beziehung Nachlässigkeit zu Schulden kommen ließ, zog sich ernste Rügen zu. Als dann die ersten dunklen Gerüchte von den Mißerfolgen der großen Armee nach Meklenburg drangen, hob der Herzog durch Verordnung vom 3. Oktober 1812 das

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 274 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ueberwachungssystem auf, befahl aber, die durch die Ungewißheit der neuen Lage gebotenen Vorsichtsmaßregeln nicht außer Acht zu lassen. Verdächtige Briefe fanden sich fortan nicht mehr vor.

Weniger erniedrigend, aber um so lästiger war für die meklenburgische Postverwaltung die Befriedigung eines anderen Bedürfnisses der französischen Machthaber, die Regelung und der Betrieb des außerordentlich lebhaften Estaffettenverkehrs der französischen Behörden innerhalb des Landes und über die Grenzen desselben hinaus. Die vorhandenen Postverbindungen genügten der allzeit argwöhnischen, aber thatkräftigen französischen Verwaltung nicht. Sie hatte ihr Ziel in Deutschland erreicht, weil sie wie ein Sturmwetter über das Land hergefallen war und hier die alten, morschen Verhältnisse über den Haufen geworfen hatte. In der Schnelligkeit, mit der die Franzosen alles anfaßten, lag der Kern ihrer Uebermacht. Deshalb reichten auch die langsamen Postverbindungen an keinem Orte für ihre Zwecke aus.

Zur Herstellung einer gesicherten und geschwinden Verbindung zwischen Paris und den unterworfenen Ländern hatte Napoleon die Anlegung großer Kurier- und Estaffettenkurse angeordnet. Der durch Meklenburg verlaufende Kurs war in nachfolgendem kaiserlichen Dekret angeordnet:

au Palais des Tuileries, le 5. avril 1811.

Napoleon etc.

Nous avons décrété et décrétons ce qui suit: Il sera établi une Estaffette de Hanibourg à Stettin et de Stettin à Dantzig. Cette Estaffette correspondra pour l'arrivée et le départ avec l'Estaffette établie de Paris à Hambourg par Wezel. Elle partira trois fois par semaine. Nos ministres des finances et de la guerre sont chargés de l'exécution du present décret.

gez. Napoléon.   

Bald darauf theilte die Kammer dem französischen Postdirektor Gonze in Hamburg mit, daß der Kurierkurs auf meklenburgischem Gebiet angelegt sei und über die Städte Gadebusch, Schwerin, Güstrow, Laage und Demmin verlaufe - der uralte Hamburg - Danziger Botenkurs war damit, allerdings aus anderer Ursache und nur zufällig auf derselben Straße, wieder in alter Ausdehnung ins Leben gerufen. Die französische Verwaltung zahlte die Rittgebühren mit 1 fr. 50 cts. pro Meile. Die Vergütung wurde grundsätzlich immer nur für ein Pferd gezahlt, auch wenn für einen Ritt mehr Pferde eingestellt werden mußten. Die Postämter an den Stationsorten erhielten Weisung, ständig ein Pferd und einen berittenen Begleiter, der das Kurierpferd zurück=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 275 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bringen mußte, bereit zu halten und bei Ausübung des Kurierdienstes die äußerste Betriebsamkeit und Schnelligkeit zu bezeigen. Da den Franzosen die Beförderung aber nicht schnell genug von Statten zu gehen schien, schrieb der Prinz von Eckmühl am 29. April 1811 an Herzog Friedrich Franz: "J'avais prescrit au Directeur des postes françoises de se concerter avec celui du Duché de Votre Altesse Sérénissime, afin de convenir ensemble des arrangements à prendre pour que l'estaffette puisse courir sans avoir de guide, ainsi que cela se pratique en France. Je viens d'être informé que l'office des postes a refusé de se prêter à l'introduction dans les Etats de V. A. du mode de service proposé. J'ai tarit lieu de croire que ce refus ne provient que d'un malentendu du directeur des postes de Mecklenbourg qui n'aura pas compris, que l'on demandait de lui, et je ne doute pas, que cette difficulté ne soit levée aussitôt que V. A. S. en anra connaissance. Je charge un officier de mon état majeur de se rendre dans le Mecklenbourg pour reconnaître la route qu'il conviendra de tracer pour la marche de cette estaffette et pour placer dans chaque station un soldat de sauvegarde chez chaque maître de poste, afin de veiller à ce qu'il ne leur soit point fait de demande injuste et à ce que l'estaffette soit promptement, service de jour ou de nuit. Je prie V. A. S. de donner des ordres sur la ligne que parcourt l'estaffette, afin de prévenir toute discussion et lever tous les obstacles."

Nun ergingen schärfere Verordnungen, und die bei den Postmeistern einquartierten Soldaten sorgten dafür, daß Versäumnisse nicht vorkamen; in Güstrow wollte trotzdem die erforderliche Pünktlichkeit nicht eintreten, weshalb der französische Wachsoldat hier die gemessene Instruktion erhielt: "En cas de mauvaise volonté dans le service de la poste soit de la part du maître ou des postillons, le soldat de planton m'adressera sa plainte, afin que sur le champ j'envoie une forte exécution militaire chez le contrevenant.

Au quartier général à Rostock, le 24. Decbr. 1811.
gez. Baron F. Gallifet."

Derartige Maßregeln rnochten jedenfalls erforderlich sein, denn für die Postämter stellte sich bald die Unmöglichkeit heraus, die erforderlichen Pferde bereit zu halten, da Niemand seine Pferde dem anstrengenden, zeitraubenden Kurierdienst aussetzen wollte, Außerdem war kein Fuhrmann geneigt, seine Pferde zu dem Satz von 1 fr. 50 cts. = 18 ß. pro Meile herzugeben;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 276 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

es blieb also nur übrig, da von den Franzosen ein höherer Satz nicht zu erlangen war, das Mehrerforderliche aus der Postkasse zuzuschießen. Wie sich nun die Kosten vertheilten, Lehrt ein Beispiel. In Güstrow waren im Oktober 1811 34 Kuriere abzufertigen; die französischen Behörden zahlten hierfür 30 Rthlr. 36 ß., aus der Postkasse wurde der Rest und der Betrag für das zweite Kurierpferd mit 61 Rthlr. 28 ß. gezahlt. Aehnlich lagen die Verhältnisse an allen übrigen Orten, und eine Aenderung trat auch nicht ein, als der Kurs über Lübeck, Dassow, Grevesmühlen, Wismar, Bukow, Kröpelin, Doberan, Rostock und Ribnitz verlegt wurde. Die Schwierigkeiten mehrten sich nur, Pferde zu erlangen. Jetzt betrug die von den Franzosen für die Kurierpferde gezahlte Entschädigung allerdings schon 20 ß, die wirklichen Kosten aber auch schon 32 ß. pro Pferd und Meile. Gleiche Kurse waren über Boizenburg und Lübtheen nach Lenzen eingerichtet. Wie umfänglich der Kurierdienst war, ist daraus zu entnehmen, daß das Postamt in Dassow im Februar und März 1812 125, das Postamt in Wismar 80 Kuriere abfertigte, und daß in der Zeit vom Juni bis Oktober 1812 für 245 Kuriere in Lübtheen ein Zuschuß von 620 Rthlr., für 245 Kuriere in Boizenburg ein Zuschuß von 480 Rtlhr. aus der Postkasse gezahlt werden mußte.

Zu einem so lebhaften Dienst reichten natürlich die Pferdebestände der kleinen Landorte nicht aus, die Postämter hatten daher die geheime Instruktion, für die Postverwaltung Pferde aufzukaufen und mit diesen die Ritte besorgen zu lassen. An den Orten, wo auch das nicht angängig war, suchte Lehsten die Verbindlichkeit zur Pferdelieferung auf die Kommünen abzuwälzen, da es sich um eine militärische Maßregel handelte; schließlich aber mußte Lehsten doch immer eingreifen, da die Städte ohnehin schon mit den zahllosen Einquartierungen überlastet waren. Der Schaden, welcher der Postkasse aus dem Kurierdienst erwuchs, ist für die Jahre 1811 und 1812 auf mindestens 20000 Rthlr. Zu veranschlagen, denn zuletzt waren nur noch Pferde gegen Rittgebühren von 40 ß. oder 1 Rthlr. für die Meile zu haben. Der Kurierdienst hörte auf dem nördlichen Kurse im April 1812 auf, während er auf der Strecke Boizenburg - Lenzen noch bis zum Februar 1813 in Betrieb war.

Lehsten hatte unter solchen Umständen eine aufreibende Thätigkeit zu entfalten, die ihm das Amt eines Generalpostmeisters hinlänglich verleiden mochte. Seine Stellung wurde aber noch schwieriger, als die kriegerischen Ereignisse des Jahres 1813 die

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 277 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

kaum aus dem Lande verscheuchten Franzosen unter dem Prinzen von Eckmühl, Davoust, und dem noch heute in Meklenburg besonders verhaßten General Loison zurückbrachten. Wie bei ihrer früheren Anwesenheit belegten sie sofort nach ihrem Eintreffen in einem Orte die Postkassen und die Korrespondenz mit Beschlag. Zahlreich waren die Klagen, welche jetzt wieder bei der Generalpostdirektion einliefen. Die Stellung der Postoffizianten war damals eine besonders gefährdete, denn in den Postmeistern sahen die Franzosen allzeit Spione, die im Interesse der verbündeten Mächte thätig waren. Manchem Postmeister bekam dieser Verdacht schlecht. Postrath Wildfang wurde im September 1813 in Boizenburg von den Franzosen aufgehoben und mit anderen angesehenen Bürgern der Stadt nach Lauenburg und später nach Hamburg geschafft, wo sie bis Ende Oktober in strenger Haft gehalten wurden und einem schlimmeren Schicksal nur durch den eiligen Abzug der Franzosen entgingen.

In Schwerin drangen die Franzosen bei ihrem Einmarsche am 23. August in das Posthaus ein und nahmen alle Baarmittel und Briefe an Sich; der Verlust der Postkasse belief sich auf über Tausend Thaler. Am Schlimmsten spielten die Franzosen dem aus irgend einer Ursache verdächtigen Postmeister Griestop in Gadebusch mit, indem sie ihn gefangen setzten, auf ihrem Kreuz- und Quermarsche durch Meklenburg und Lauenburg zu Fuße mitschleppten und ihn erst nach 14wöchiger Gefangenschaft in Hamburg in Freiheit setzten. Der Verdacht des Marschalls Davoust, daß die Postmeister heimlich Nachrichten über Erfolge der Alliirten veröffentlichten, und den Zwecken der Letzteren in jeder Weise dienten, war übrigens nicht unbegründet, denn die Postämter waren schon im März 1813 angewiesen worden, über alle merkwürdigen Zeitereignisse Bericht zu erstatten. Freund und Feind schwebten unaufhörlich in Unsicherheit und Ungewißheit über die Wechselfälle des Krieges, weil die Postverbindungen vielfach unterbrochen waren. Die Nachrichtenbeförderung erfolgte vorzugsweise durch Estaffetten und Kuriere, bei deren Abfertigung die Postmeister manche Neuigkeit in Erfahrung brachten. Besonders der Postrath Wildfang in Boizenburg konnte viele Nachrichten bringen, da Boizenburg fortwährend von den Truppen der Alliirten und Franzosen berührt wurde.

Wie langsam auch im Februar 1814 noch die damaligen Postverbindungen funktionirten, zeigt die Meldung Wildfangs vom 13. Februar 1814, "daß die alliirten Mächte unter Anführung des Kaisers von Rußland diesseits und des französischen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 278 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Kaisers jenseits einen vollkommenen Sieg über die Franzosen erfochten, 72 Kanonen erobert und 12000 Mann gefangen gemacht haben. Die Schlacht ist bei Brienne in Frankreich am 1. und 2. dieses vorgefallen und der Herzog von Cambridge soll am 10. dieses solches in Hannover öffentlich anschlagen lassen haben."

Meklenburg war bereits seit dem Februar 1813 von französischen Truppen verlassen worden, Hamburg am 12. März d. J. Wenn die meklenburgische Postverwaltung ihre alten Gerechtsame zurückerlangen wollte, mußte sie daher jetzt die Gunst des Augenblicks ausnutzen. Der Generalpostmeister berichtete deshalb am 1. März an den Herzog: "Unter den jetzt für Teutschland aufblühenden Hoffnungen dürfte die Herstellung der freien Verbindung mit Hamburg und Lübeck zunächst in Erfüllung gehen. Diese Periode wird für Eure herzogl. Durchl. sehr wichtig, besonders infofern Höchstdieselben gleichen Schritt (mit anderen benachbarten Fürsten) in Zurüdnahme der uralten Postrechte in beiden Hansestädten halten; Preußen soll dem Vernehmen nach schon stille Vorkehr dazu treffen."

Am 16. März erhielt von Lehsten den Auftrag, die Postämter in Hamburg und Lübeck wiederherzustellen. In Hamburg sollte Pauly wieder die Geschäfte übernehmen und sich bei seinem Vorgehen ganz nach dem Verhalten der preußischen Beamten richten.

Während die meklenburgischc Regierung so auf der einen Seite bemüht war, alte Gerechtsame außerhalb Landes festzuhalten, glaubte sie andererseits nunmehr den richtigen Zeitpunkt gekommen, mit den fremden Posten innerhalb Landes je nach Lage der Dinge selbst mit Gewalt aufräumen zu können. In erster Linie galt ihre Absicht den preußischen Posten auf der Strecke zwischen Lenzen und Boizenburg. Die Posträthe Kentzler in Lübtheen und Wildfang in Boizenburg erhielten daher Weisung, die Aufkünfte des preußischen Kurses, falls dieser wieder eingerichtet werden sollte, besonders zu berechnen und einzubehalten, sowie sich selbst lediglich als herzoglich meklenburgische Postbeamte zu benehmen. Aber zur Beseitigung des preußischen Kurses kam es nicht. In Hamburg hatte nämlich die preußische Postverwaltung bereits alle Maßnahmen zur Wiedereinrichtung des Postdienstes vorbereitet. Der Kurs von Berlin nach Hamburg war schon in Betrieb, und die Postämter in Lübtheen und Boizenburg hatten die Abfertigung der preußischen Durchgangsposten wieder übernommen. Als von dieser Sachlage Kunde

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 279 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nach Schwerin kam, war die Regierung anscheinend um einen Ausweg verlegen, aber Herzog Friedrich Franz löste die Frage kurz und bündig, indem er in hochherziger Anerkennung der von Preußen für die Befreiung Deutschlands gebrachten Opfer erklärte, daß man dem befreundeten Preußen nicht wehren könne, was man, allerdings nothgedrungen, dem Großherzog von Berg und der französischen Regierung habe zugestehen müssen. Die Verordnungen nach Lübtheen und Boizenburg wurden daher zurückgenommen und an das Königlich Preußische General=Postamt erfolgte die Mittheilung, daß man im Vertrauen auf eine demnächstige freundnachbarliche Regulirung dieser Angelegenheit den Durchgang der preußisch - Hamburger Posten auf die ehemals verstattete Weise provisorisch zulassen wolle.

Inzwischen waren auch Maßnahmen zur Einrichtung des herzoglichen Postamts in Hamburg getroffen worden. Um dem Postmeister Pauly, der schon alt und mit anderen Geschäften überlastet war, zur Seite zu stehen, hatte der Postdirektor von Plessen in Güstrow Befehl erhalten, sich dem russischen Truppenführer, Oberst von Tettenborn, der auf Hamburg marschirte, anzuschließen. Am 18. März kamen die russischen Truppen in Hamburg an. Die alte Stadtverfassung trat nun wieder in Kraft. "In dem bisherigen französischen Posthause," berichtete Pauly am 20. März, "sind gestern sämmtliche Büreaux versiegelt worden, die hamburgischen Stadtposten, soweit sie diesseits der Elbe reichen, namentlich die Pommersche und Lübecker, sind gestern Abend in voller Thätigkeit gewesen. Der Graf von Grote - preußischer Gesandter in Hamburg - hat die preußischen Posten sofort reklamirt und der seit 2 Jahren bei der französischen Post engagirte, frühere preußische Oberpostsecretair Kennler hat gestern Abend schon eine reitende Post auf Berlin abgesandt; außer dem Stadtpostamte im Grimm ist noch keine andere Post in Thätigkeit. Diesen Morgen habe ich dem Baron von Tettenborn meine Reklamation der Herzoglichen Post persönlich vorgetragen und die erfreuliche Zusicherung erhalten, daß Jeder das Seinige zurückempfangen würde, daß ich mich nur an den Senat wenden möchte, da demselben das ganze Postwesen zugestellt sei. . . . Ich trage indessen Bedenken, um die Restitution der mecklenburgischen Posten beim Magistrat anzutragen, da dieser nrit der Wahl seiner Mitglieder beschäftigt ist, die Sache selbst auch gar keinem Bedenken unterliegt." Der Postdirektor von Plessen erhielt kurze Zeit darauf von Tettenborn die ausdrückliche Genehmigung zur Errichtung des herzoglichen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 280 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Postamts in Hamburg und überdies eine Weisung an den russischen Kommandanten in Lübeck, daselbst das meklenburgische Postamt wieder zuzulassen.

Am 26. März 1813 ging die erste meklenburgische Post wieder von Hamburg auf Schwerin ab. Die Wiedereröffnung des herzoglichen Postamts in Hamburg war am Mittwoch den 24. März im Hamburger Korrespondenten durch folgende Anzeige zu öffentlicher Kenntniß gebracht:

"Auf Befehl des Russisch Kaiserlichen Kommandanten, Herrn Obersten, Baron von Tettenborn, wird das Herzgl. Mecklenburgische Postamt in hiesiger Stadt wieder etablirt und die erste mecklenburgische fahrende Post über Ratzeburg nach Gadebusch, Wismar, Schwerin, Rostock u. s. w. den 26. d. Mts. um 2 Uhr Nachm. und die andere über Lauenburg nach Boitzenburg, Lübtheen, Ludwigslust, Grabow und Parchim an gedachtem Tage Abends um 6 Uhr in dem bekannten mecklenburgischen Postamte am Jungfernstieg No. 20 abgefertigt werden.

Indem der Unterzeichnete dieses zur Kenntniß des Publikums bringt, verbindet er damit zugleich die Anzeige, daß Briefe, Gelder und Packete zur ersten Post Dienstags und Freitags, Vormittags bis 10 Uhr, zur zweiten aber bis 4 Uhr Nachmittags werden angenommen werden.

   Hamburg, den 23. März 1813.

gez. H. M. Pauly."     

Der hannoversche Postmeister Friese in Ratzeburg glaubte zunächst noch, dem Durchgange der Post durch Lauenburg Schwierigkeiten in den Weg legen zu müssen. Er wurde aber bald anderes Sinns, da ihm bedeutet wurde, daß die Angelegenheit durch Verhandlung mit der hannoverschen Regierung geregelt werden sollte.

Ueberall wurde der Postbetrieb in alter Weise wieder eingerichtet, und schon trug sich Jedermann mit der Hoffnung, daß die Franzosen nie zurückkehren würden, als die Letzteren eines Tages plötzlich wieder im Lande anwesend waren.

Nach der Schlacht bei Gr.=Görschen mußten die Russen Hamburg am 30. Mai räumen, welches Tags darauf von den Dänen und Franzosen unter Davoust besetzt wurde. Im meklenburgischen Posthause erschienen am 1. Juni zwei französische Kommissare und versiegelten das Kontor. Die unter französischer Herrschaft eingerichteten Postverbindungen wurden wieder hergestellt und traten sofort in Thätigkeit. Meklenburg brach

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 281 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in der sicheren Hoffnung auf baldige, endgültige Befreiung von den Franzosen einstweilen jede Kommunikation mit Hamburg ab.

Als dann die Franzosen nach der Schlacht bei Leipzig Meklenburg geräumt hatten, wurden die Postverbindungen sofort bis Ratzeburg, das eben von den Dänen verlassen war, ausgedehnt. Am 8. Dezember lief die erste meklenburgische Post wieder in Lübeck ein. Hamburg wurde erst verältnismäßig spät von den Franzosen geräumt Pauly hatte sich vor dem Feinde rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Er erhielt am 4. Mai 1814 den Befehl, auf seinen Posten zurückzukehren und das herzogliche Postamt wieder herzustellen. Gleichzeitig sollten die alten meklenburgischen Postkurse wieder eingerichtet werden. Am 1. Juni ging die erste Post nach Meklenburg wieder ab. Vom 3. Juni ab trat der alte Postenlauf zwischen Hamburg und Meklenburg wieder vollständig ins Leben.

Auch die Postkurse in Meklenburg traten nach Beendigung des Krieges allmählich wieder in Gang.

Der Güstrow - Hamburger Kurs wurde nur theilweise wieder eingerichtet, indem der während der Kriegsjahre angelegte neue Kurs von Hamburg über Boizenburg nach Ludwigslust (der Residenz des Landesherrn) als Hauptkurs erhalten blieb, während die Strecke Boizenburg - Wittenburg - Schwerin - Güstrow als Seitenkurs betrachtet wurde.

Wenn so im äußeren Bestande des meklenburgischen Kurswesens größere Veränderungen gegen früher nicht in die Erscheinung traten, so hatte im Organismus der Landespost infolge der langen Kriegsnoth, während deren durch die Uebergriffe der französischen Beamten und Offiziere alle Ordnung verschwunden war, doch eine besorgnißerregende Mißwirthschaft Platz gegriffen. Bei kaunr einem Postamt wurde noch nach bestimmten Vorschriften gearbeitet, denn die Franzosen hatten sich um Vorschriften überhaupt nicht gekümmert, und die Beamten mußten froh sein, wenn sie im Verkehr mit den französischen Machthabern sich selbst vor Verantwortung und Verlusten schützen konnten. Man hatte den Dingen ruhig ihren Lauf gelassen, ohne sich die Mühe zu nehmen, den allgemeinen Niedergang aufzuhalten. Im Jahre 1815 herrschte deshalb ein trostloser Schlendrian in der meklenburgischen Postverwaltung. Außerdem hing dem Organismus der Landespost noch eine Menge alten, abgelebten Formenwesens an, das sich den neuen Zeitverhältnissen gegenüber als völlig unhaltbar erwies.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 282 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Regierung stand demnach vor einer langen Reihe ernster Aufgaben. Der Landesherr selbst, der durch den Wiener Frieden die Würde eines Großherzogs erlangt hatte, wies mehrfach darauf hin, daß unter den vorliegenden Verhältnissen eine bloße Wiederherstellung des früheren Zustandes zu nichts frommen könne, daß vielmehr nur durch tiefgreifende Reformen die Möglichkeit gegeben sei, die Schäden im Postwesen zu beseitigen und die Postanlagen im Interesse von Handel und Wandel im Lande leistungsfähiger zu gestalten.

Der Erbgroßherzog ging auf die Anregung seines Vaters mit großer Wärme und vielem Eifer ein. Um festzustellen, wo die Reformarbeit einzusetzen hätte, mußte der Ober=Postamtsirektor von Plessen in Güstrow eine Revision des Postwesens besonders des Betriebes bei den Postanstalten und des Kurswesens, vornehmen und über seine Wahrnehmungen Bericht erstatten. Sämmtliche Berichte von Plessens liegen vor. Aber sie geben ein außerordentlich trübes Bild von den Postverhältnissen in Meklenburg nach den Befreiungskriegen. An Stelle von Ordnung und Pünktlichkeit, den Haupterfordernissen eines geregelten Betriebes, hatte er überall nur Schlendrian und Unordnung angetroffen; selbst in Schwerin, der Hauptpostanstalt des Landes, fand er eine Mißwirthschaft ohne Gleichen vor: "Was die Beamten in Schwerin arbeiteten, urtheilte von Plessen, sei der reinste Gallimathias und das Ober=Postamt würde bei allen Behörden in und außer Landes lächerlich gemacht."

Das unbefriedigende Ergebniß der Untersuchung bewog den Erbgroßherzog, den Großherzog noch besonders auf die im Postwesen herrschenden Mißstände aufmerksam zu machen. In seinem eigenhändigen Bericht vom 5. Juli 1815 über das heimische Postwesen heißt es: "Viele und lange Jahre ist dieser für die herrschaftlichen Kassen und die Bequemlichkeit und Förderung des Verkehrs im In- und Auslande gleich wichtige Administrationszweig fast ganz vernachlässigt worden.

Euere königl. Hoheit bemerkten dieses und befahlen Einrichtungen zu treffen, welche diesem abhelfen sollten. Ohnstreitig ist seitdem manches geschehen. Die Postaufkünfte haben sich gehoben, es ist mehr Ordnung in das ganze Postwesen gekommen und manche Verfügung erlassen worden, welche eine bessere Communication mit dem In- und Auslande herbeigeführt haben. Doch bis jetzt haben die Zeitverhältnisse es nicht gestattet, eine Generalrevision des meklenburgischen Postwesens zu verfügen. Diese wird aber unumgänglich nothwendig, wenn man den Weg

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 283 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

partieller Abänderungen verlassen und ein durchgreifendes Ganze ausstellen will, welches ich für sehr nothwenbig halte.

Der Augenblick dazu dürfte gekommen sein, wo keine auswärtigen Verhältnisse der Operation weiter entgegenstehen.

Ich schlage deshalb ehrfurchtsvoll vor, eine Kommission zu ernennen, welche das ganze hiesige Postwesen untersucht, die Mittel und Wege erwägt, die Administration so sehr wie möglich zu vereinfachen, Kraft und Einheit in das Ganze zu bringen, die möglichste Kürze und eingreifende Communication sowohl innerhalb Landes als mit dem Auslande zu bewerkstelligen und die Aufkünfte von den Posten so zu reguliren, daß selbige den herrschaftlichen Kassen vortheilhaft sind, aber auch zugleich den Landeseinwohnern nicht drückend, und daß damit gleicher Schritt mit den benachbarten Staaten gehalten werde.

Ich wünsche, daß E. K. H. gefällig werden mzöchte, diese Kommission so zu formiren,

  1. den Vorsitz der Generalpostmeister von Lehsten,
  2. der Ober=Postamtsdirector von Plessen=Hamburg,
  3. der Ober=Postamtsdirector Bartning=Schwerin,
  4. der Hofpostmeister Erhardt=Ludwigslust,
  5. Postmeister, Postrath Frank=Malchin.

Würde ich so glücklich sein, daß E. K. H. diesen Vorschlag genehmigen, so bitte ich ferner, höchstSie geruhten, der Kammer diese allerhöchste Entschließung zu eröffnen, derselben obenerwähnte Personen zur Formierung der Commission zu bezeichnen und zu befehlen, daß bieselbe auf Weihnachten d. J. ihre Arbeiten anfange und das Resultat zur höchsten Genehmigung oder Beschlußnahme bei dem allerhöchsten Cabinett einzureichen habe."

Sämmtliche Vorschläge des Erbgroßherzogs fanden die allerhöchste Billigung und die Kommission begann sofort ihr Reformwerk.

Als erster Punkt stand auf der Liste der Reformen die Regulirung der Taxvorschriften. Der Erbgroßherzog interessirte sich lebhaft für dieselbe. Er hatte schon wiederholt betont, daß hohe Taxen wohl eine sichere, aber keine steigende Rente verbürgen könnten, weil bei der Höhe der Postgebühren der Kreis der Interessenten immerhin begrenzt sei. Jetzt, nachdem sich die Beziehungen weiterer Kreise der Bevölkerung nach auswärts reger gestaltet hätten und für das Interesse des Einzelnen auch über die Landesgrenzen hinaus manche Anknüpfungspunkte gewonnen wären, möchte der Augenblick gekommen sein, durch

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 284 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ermäßigung und gerechte Abstufung der Taxe den Postverkehr neu zu beleben.

Die für die Taxreform bestellte Kommission, auf deren Thätigkeit der Erbgroßherzog weitreichenden persönlichen Einfluß übte, konnte schon zu Ende des Jahres 1816 ein neues Taxregulativ vorlegen. In demselben war der Grundsatz durchgeführt, daß mit der Progression der Entfernung die Höhe der Taxe zunehmen solle, und daß für die Festsetzung der Gebühren je nach der Entfernung der Orte bestimmte Zonen mit gleichen Taxen gebildet wurden. Der uralte Gebrauch, die Gebühren von Station zu Station zusammenzurechnen, war also endlich verlassen worden.

Um sicher zu gehen, daß die neue Taxe auch auf gesunder Grundlage beruhte, ließ der Erbgroßherzog noch das Erachten einer auswärtigen Autorität, des Legationsraths Rudloff in Hannover, einholen. Dieser empfahl die Taxe als durchaus zweckmäßig und brauchbar, sodaß der Erbgroßherzog mit Befriedigung auf die Frucht seiner Arbeit sehen konnte. Bevor die Taxe in Kraft trat, sollte sie noch einer gründlichen Revision unter der Leitung des Generalpostmeisters unterzogen werden. Dazu kam es aber leider nicht. Die zunehmende Kränklichkeit des Erbgroßherzogs und endlich sein 1819 eintretender Tod verhinderten bedauerlicher Weise die Einführung der neuen Taxe. Der Generalpostmeister von Lehsten hatte augenscheinlich kein Interesse für den Gegenstand, er fürchtete auch wohl eine Schmälerung der Einnahmen; genug, unmittelbar nach dem Tode des Erbgroßherzogs ließ er die umfangreichen Entwurfsarbeiten bei Seite legen.

Wesentlich besseren Erfolg und schnelleren Fortgang hatte die nächste Aufgabe der Kommission: die Regulirung der Postkurse. Das Postkurswesen, die Grundlage des Postdienstbetriebes, lag nach Beendigung des Krieges außerordentlich im Argen. Vergegenwärtigen wir uns, daß damals selbst auf den Hauptkursen nach Hamburg wöchentlich nur zwei Posten in jeder Richtung verkehrten. Während lange Dezennien vorher die Postverwaltung mit Recht den Nachdruck auf die Regelmäßigkeit der Beförderung legte, hätte nach Maßgabe der Zeitverhältnisse längst ein zweiter Faktor hinzutreten müssen: die Schnelligkeit der Beförderung, ein häufigerer Gang der Posten auf einem Kurse. Die Nothwendigkeit dieser Maßnahme war von den Nachbarstaaten, besonders von Preußen, längst erkannt worden und seit geraumer Zeit schon zur Durchführung gekommen. In Meklen=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 285 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

burg rnühte sich dagegen der Kaufmann jahrzehntelang schon vergeblich mit dem Problem, seine gesammte Korrespondenz mit "wendender Post" zu bearbeiten, da die Haltezeit der an großen Orten sich kreuzenden Posten zu kurz bemessen war und das Warten bis zum nächsten Posttage unliebsame Versäumnisse zur Folge hatte.

Und auch sonst fand sich viel zu klagen. Das Kursinventar der Postverwaltung hatte sich seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts wenig gebessert.

Da das Minuslicitationsverfahren noch unverändert bei Verdingung der Fuhrleistungen in Gebrauch war, so konnte man auch jetzt von peinlicher Regelmäßigkeit im Betriebe im eigentlichen Sinne des Worts noch nicht sprechen. Das Pferdematerial ließ manches zu wünschen übrig.

Der Wagenbau hatte bis 1810 keine Fortschritte gemacht. Auf den großen Kursen waren noch immer die ungefügen, offenen Wagen mit fester Axe in Gebrauch, über deren Einrichtung und langsamen Gang die Klagen im Publikum so alt wie berechtigt waren. Erst im Jahre 1810 hatte die Postverwaltung sich zu einer ungewöhnlichen Neuerung aufgeschwungen: sie führte nämlich auf dem Rostocker und Schweriner Kurse nach Hamburg verdeckte Wagen ein; aber der ganze vielgerühmte Fortschritt bestand darin, daß über die alten, schweren Wagen ein auf Tonnenbügeln ruhendes Planleinen gespannt wurde, welches den Reisenden nothdürftig Schutz vor Wind und Wetter bot

Das Kurswesen bildete daher ein dankbares Feld der Thätigkeit für die Kommission. Auch hier ging der Erbgroßherzog leitend vor und schon am 2. März 1818 meldete er dem Großherzoge in längerem eigenhändigen Bericht, daß die Regulirung des Postkurswesens in der Hauptsache beschafft sei. Thatsächlich waren in kurzer Zeit wesentliche Neuerungen und Verbesserungen eingeführt worden. Vornehmlich waren die Anschlüsse und damit der Gang der einzelnen Kurse zweckmäßiger geregelt; auf den Hauptkursen traten den auch jetzt noch zweimal wöchentlich verkehrenden Fahrposten zahlreiche Reitposten hinzu, deren Einrichtung zwischen den größeren Orten des Landes und mit Hamburg seitens des Handelsstandes mit großer Anerkennung begrüßt wurde. Im Jahre 1818 trat auch der erste Postwagen mit festem Verdeck in Kurs, ein für damalige Verhältnisse außerordentlicher Fortschritt. Auf allen Kursen wurden neue Fuhrkontrakte auf gesunderer Grundlage abgeschlossen, die der Postverwaltung größere Freiheit ließen, ohne

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 286 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

doch die Fuhrunternehmer mehr zu drücken, als es vorher der Fall gewesen war. Das Minuslicitationsverfahren blieb zwar auch jetzt bestehen, aber man war doch vorsichtiger in der Wahl der Fuhrunternehmer, und die Fuhrlöhne waren wesentlich höher und reichlicher bemessen als früher, so daß die Verwaltung jetzt größere Ansprüche stellen konnte.

Auch auf den Dienstbetrieb bei den Postanstalten, der bei der Noth der Kriegsjahre, wo eine Kontrole nicht möglich war, unter einem Schlendrian ohne gleichen zu leiden gehabt hatte, auf die Personalfragen, auf die Anbahnung besserer Beziehungen zu auswärtigen Verwaltungen übte die Komrnission befruchtenden Einfluß aus. Viele Verbesserungen kamen zur Ausführung; eine lange Reihe von Neuerungen sollten in den nächsten Jahren folgen. Die Konkurrenz der fremden Posten hatte wesentlich an Schärfe verloren. Die schwedischen und Lübecker Posten hatten aufgehört zu bestehen; die Hamburger Stadtreitpost war ohne Bedeutung und zu dem preußischen Postkurse auf der Berlin - Hamburger Straße bestanden freundschaftliche Beziehungen, die für die wirthschaftlichen Interessen des Landes von hohem Werth waren.

Die Bemühungen des Erbgroßherzogs, engere postalische Beziehungen zu Meklenburg=Strelitz zu schaffen und auf diese Weise den Verkehr dieses Landes nach Hamburg über die Schweriner Kurse zu leiten, mißlangen zur großen Enttäuschung des Erbgroßherzogs, da Meklenburg=Strelitz durch Verträge an die Benutzung der preußischen Postkurse für seine auswärtige Korrespondenz gebunden war.

Dagegen gelang es der rastlosen Fürsorge des Erbgroßherzogs, eine ernste Gefahr, welche wieder einmal dem Bestande der Meklenburg - Hamburger Kurse drohte, ohne großen Nachtheil für Meklenburg abzuwehren.

Die mit der Krone Hannover im Jahre 1792 auf 25 Jahre abgeschlossene Konvention wegen des Durchgangs der meklenburgischen Posten durch das Herzogthum Lauenburg war im Jahre 1817 zu Ende gegangen. Durch den Wiener Frieden war Lauenburg an Dänemark gefallen, das sofort Schwierigkeiten wegen des Transits der meklenburgischen Fahrposten erhob. Das ganze Streben Dänemarks ging offensichtlich dahin, alle fremden Posten, auch die preußischen, aus Lauenburg zu verdrängen, um dann alle Posten nach Hamburg für eigene Rechnung anzulegen. Alle Vorstellungen der meklenburgischen Regierung verhallten wirkungslos, und von den sonst interessirten

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 287 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Staaten, besonders von Preußen, war keine Hülfe zu erlangen. In dieser Noth ging von Lehsten nach Harnburg, um mit dem daselbst eingetroffenen dänischen Kommissar in der Angelegenheit zu verhandeln. Infolge seines gewandten Auftretens hatte er auch den Erfolg, daß durch die zwischen beiden Kommissaren am 30. Juni 1817 abgeschlossene Konvention der Durchgang der meklenburgischen Posten auf 2 Jahre gegen eine Rekognition von 1500 Rthlr. Hmb. Crt. zugestanden wurde. Dieser Betrag sollte angeblich dem Ertrage der meklenburgischen Fahrposten auf lauenburgischem Gebiet entsprechen.

Während der Dauer dieser Konvention hatte die dänische Postverwaltung aber Erhebungen über den wirklichen Ertrag der meklenburgischen Fahrposten anstellen lassen und weigerte sich kurz vor Ablauf der zweijährigen Frist, eine weitere Konvention abzuschließen. Erst dem Hofmarschall von Oertzen aus Ludwigslust, welcher nach Kopenhagen abgeordnet wurde, gelang es, die Sache in annehmbarer Weise zu ordnen. Es kam am 30. Dezember 1818 eine neue Konvention zu stande, derzufolge die meklenburgischen Fahrposten auf lauenburger Gebiet zwischen Homfelde und Gadebusch, sowie zwischen Escheburg und Boizenburg als dänische Posten mit Postillonen in dänischer Montirung wie bisher verkehren konnten; auf der übrigen Wegstrecke nach Hamburg und innerhalb Meklenburgs galten die Posten als großherzogliche Posten. Neben sonstigen Abmachungen war ausbedungen, daß mit den Posten nur Sendungen von und nach Meklenburg oder Pommern befördert werden, und daß die dänischen und meklenburgischen Posten sich des Kolligirens aller Sendungen enthalten sollten, die nicht für die direkten Posten beider Länder geeignet waren. Die Rekognition für den Durchgang der Posten wurde auf 2000 Rthlr. festgesetzt; die Konvention sollte vorerst auf 4 Jahre abgeschlossen werden und demnächst mit einjähriger Kündigung fortlaufen. In einem geheimen Separatartikel war der dänischen Postverwaltung schließlich für den Fall, daß sie von der Hamburger Postverwaltung die bisherige Hamburg - pommersche Reitpost übernehmen würde, das Recht von der meklenburgischen Regierung eingeräumt, mit der Reitpost in der bisher üblichen Weise Briefe für Meklenburg und Pommern zu befördern.

Dieses Ergebniß war günstiger, als die Schweriner Regierung nach der Lage der Verhältnisse überhaupt erwarten konnte. Die für Meklenburg außerordentlich wichtige, direkte Verbindung mit Hamburg blieb auch jetzt erhalten. Demgegenüber konnte

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 288 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Verlust mancherlei Postgerechtsame in Lauenburg überhaupt nicht in Frage kommen. Schmerzlich allein war die verhältnißmäßig hohe Abgabe von 2000 Rthlr., die vön Meklenburg alljährlich für den Transit durch Lauenburg gezahlt werden mußte, aber auch über diesen Punkt setzte sich vor allem der Generalpostmeister von Lehsten leichten Herzens mit dem Bemerken hinweg, daß die rasche Steigerung des Verkehrs schon für ausreichende Deckung des Ausfalls sorgen würde.

Diese Voraussage traf nur in gewissem Umfange zu. Der allgemeine Verkehr im Lande war bald nach Beendigung des Krieges lebhaft aufgeblüht, und, dadurch veranlaßt, hatte auch die Thätigkeit der Posten erheblich an Umfang zugenommen. Die reinen Ueberschüsse aus den Posten beliefen sich im Jahre 1816/17 auf über 35000 Rthlr., aber diese Anspannung war nicht von langer Dauer, da im Jahre 1820/21 nur 22000 Rthlr, und erst 1826/27 wieder 28200 Rthlr. erzielt werden konnten. Zum Theil waren die Ursachen für diese Schwankungen in den Veränderungen der allgemeinen Verkehrslage zu suchen, großen Antheil hatte aber auch die Postverwaltung selbst an dem auffallenden Niedergang der Einnahmen, denn mit dem Tode des Erbgroßherzogs im Jahre 1819 war jeder Impuls zu neuen Verbesserungen und zu weiterer Entwickelung innerhalb der Postverwaltung erlahmt. Der Generalpostmeister begnügte sich, den Dingen ihren Lauf zu lassen, wenn nur die bestehenden Vorschriften beachtet wurden - darüber hinaus unterblieb jegliche Neuerung, als den Zeitverhältnissen unangemessen. Mäßige, gesunde Taxen, die den Postverkehr auch bei ruhiger Geschäftslage vermehrt hätten, hielt man für unzweckwäßig, weshalb auch die Einführung der noch von dem Erbgroßherzog entworfenen Taxvorschriften nie erfolgte. Dafür blieb die alte Taxe von 1805 mit ihren drückenden Einzelsätzen in Geltung und nur an Orten, wo die Handelswelt besonders lebhafte Klagen erhob, erfolgte vereinzelt eine Ermäßigung der Taxe. Diese Aenderungen machten aber Umgestaltungen an anderen Orten nothwendig und die Folge war, daß der innere Zusammenhang des allgemeinen Taxsystems zerrissen wurde, und hier und da sogar sinnwidrige Ungleichheiten entstanden, die zu lebhafter Unzufriedenheit Anlaß gaben. Der fiskalische Standpunkt des Herrn von Lehsten ließ aber eine durchgreifende Taxreform nicht zu, denn von Lehsten war ganz ein Vertreter der alten Schule und jeder Neuerung durchaus abgeneigt. Aus dieser Auffassung heraus setzte er auch dem Chausseebau im Lande heftigen Wider=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 289 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

stand entgegen, obgleich gerade der Chausseebau auf die Erschließung und Entwicklung Meklenburgs wesentlichen Einfluß geübt hat.

Unter solchen Verhältnissen begreift es sich, daß in dem Dezennium von 1820 bis 1830 von Fortschritten innerhalb der Postverwaltung nicht die Rede sein konnte.

Erst das Jahr 1830 brachte einen Umschlag zum Besseren. In diesem Jahre erfolgte nämlich die Aufhebung des Generalpostdirectoriums. Die Postverwaltung wurde wieder dem Kammerkollegium unterstellt. Im Kollegium aber wurde für Postangelegenheiten ein besonderer Referent, der Postrath von Pritzbuer, bestellt. Er nahm an Sessionstagen, wenn Postsachen vorzutragen waren, seinen Sitz am Sessionstische. Das Generalpostmeister=Amt von Lehsten's bestand daneben noch zur Leitung derjenigen Geschäfte fort, die für dessen leichteren Betrieb mehr geeignet waren, vor Allem Disciplinarsachen, Beschwerden und Verhandlungen mit auswärtigen Behörden."

Dieses Commissorium für den Generalpostmeister von Lehsten war aber nicht von langer Dauer. Vielleicht sagte ihm das Unbefriedigende seines jetzigen Amtsbereichs nicht zu, vielleicht mochte er auch bei seinem vorgeschrittenen Alter - er stand damals im 71. Lebensjahre - das Bedürfniß nach Ruhe haben, genug, er suchte im September 1830 um Enthebung von seinem Amte als Generalpostmeister nach. Unter dem 8. Oktober 1830 ging ihm daraufhin eine allerhöchste Verordnung sehr gnädigen Inhalts zu, die ihn von der Stelle eines Generalpostmeisters in Gnaden entband. Er starb kurz danach, am 25. November 1830.

Trotzdem die Kollegialverfassung der Kammer für die Bearbeitung der Postsachen wiederholt verhängnißvoll geworden war, erwies sich die jetzige Organisation von Anfang an als zweckfördernd, zumal da in der Person des neuen Referenten eine außerordentlich glückliche Wahl getroffen war.

Der Postrath von Pritzbuer trat in einem verhältnißmäßig jungen Alter von 34 Jahren in das Amt ein, dennoch besaß er in Postangelegenheiten eine reife Erfahrung, da er der Postverwaltung bereits seit 1823 angehörte. Er war in diesem Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Militärdienste als Accessist angestellt und im Jahre 1825 zum Referendar befördert worden. Zu seiner besseren Ausbildung im Postdienste hielt er sich im Jahre 1827 längere Zeit in Preußen auf, wo er durch Vermittlung des Generalpostmeisters von Nagler zunächst in Magdeburg, später in Berlin den Postverwaltungs- und Betriebs=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 290 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dienst eingehend kennen lernte. Nach seiner Rückkehr legte er der Regierung einen längeren Bericht über die von ihm gesammelten Erfahrungen vor, der Zeugniß ablegt dafür, daß er die preußischen Einrichtungen mit Verständniß beobachtet hatte. Der Großherzog sprach sich mit Anerkennung und Zufriedenheit über den Bericht aus. Im Juli 1829 wurde von Pritzbuer zum Postrath im Kammer=Kollegium befördert.

Postrath von Pritzbuer verhehlte sich bei Uebernahme seines neuen Amts nicht, daß innerhalb der Postverwaltung Vieles veraltet sei und längst nicht mehr auf der Höhe der Zeit stehe, aber um den Lauf des Postwesens durch rasch und zahlreich einsetzende Neuerungen nicht empfindlich zu stören, ging er nur Schrittweise mit seinen Verbesserungen vor.

Sie beschränkten sich im Großen und Ganzen zunächst auf Schaffung festerer Orbnung im Betriebe, denn bei den Postanstalten hatte sich während der zwanziger Jahre eine für den Dienst nachtheilige, beschauliche Ruhe fühlbar gemacht. Im Postkurswesen wurden wesentliche Veränderungen und Neubildungen vorgenommen. Die ersten Schnellposten kursirten vom 1. Oktober 1830 ab zwischen Schwerin und Ludwigslust; in den nächsten Jahren wurden auch nach Güstrow, Wismar, Rostock, Neubrandenburg Schnellpostkurse eingerichtet - in Meklenburg ein außergewöhnlicher Fortschritt, der als solcher vom Hofe dadurch anerkannt wurde, daß die Schnellposten nach Ludwigslust durch das Haselholz bei Schwerin auf fürstlichem Privatwege fahren durften. Pritzbuer führte auch die ersten auf Federn ruhenden Postwagen in Meklenburg ein. Die um 1835 üblichen Postwagen hatten im Aeußern schon ganz die Form der heutigen Postwagen.

Neue Kurse traten zahlreich zu den alten hinzu; sie verkehrten aber durchweg wöchentlich nur zwei Mal. Zwischen Schwerin und Ludwigslust, Doberan und Wismar, sowie Doberan und Rostock waren aber schon häufigere Verbindungen eingerichtet, zum Theil allerdings durch Botenkurse, die überhaupt um diese Zeit beliebt waren. Im Jahre 1837 verkehrten z. B. wöchentlich zwischen Schwerin und Ludwigslust 3 Schnellposten, 4 Fahrposten und 2 Fußposten.

Während so im Kurs- und Betriebswesen erfreuliche Verbesserungen eintraten, blieb die Taxreform trotz aller Anregungen aus Handelskreisen eine ungelöste Frage. Daß die Nothwendigkeit zu Taxreformen vorlag, erkannte auch die Regierung an, aber es bestanden über die Grundsätze der Reform so zahlreiche abweichende Meinungen, daß die Angelegenheit immer wieder

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 291 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

verschoben wurde. Inzwischen half man sich durch Abänderung der Taxen auf einzelnen Kursen, durch Schaffung neuer Taxen zwischen nahe gelegenen Orten, die in lebhaftem Verkehr standen. Ueber den Rahmen dieser Taxänderungen hinaus gestand die Regierung noch einzelnen Personen, Firmen und Gesellschaften für ihren Postverkehr Taxermäßigungen zu, die sich bis zu 25 % der ordnungsmäßigen Gebühren steigerten, eine Vergünstigung, der sich gerade die zahlungskräftigeren Kreise im Publikum erfreuten, während die breite Masse der Bevölkerung die alten hohen Sätze nach der Taxe von 1770 bezw. 1805 zahlen mußte.

Ueber die Unzuträglichkeiten des herrschenden Taxsystems konnten auch die Vortheile nicht hinwegtrösten, die durch die Anbahnung engerer Beziehungen zu den Nachbarpostverwaltungen von Preußen, Meklenburg=Strelitz und Lübeck gerade in den dreißiger Jahren gewonnen wurden; denn der Postverkehr Meklenburgs war, wie es bei einem Ackerbaulande kaum anders sein konnte, mehr lokaler Natur, und die Vergünstigungen, welche aus dem engeren Postverhältniß zu den Nachbarstaaten entsprangen, kamen somit vornehmlich dem an Zahl geringen Handelsstande zu Gute, für den ohnehin schon durch Taxvergünstigungen gesorgt war.

b. Unter Großherzog Paul Friedrich (1837-1842.)

Bei Weitem die wichtigste organische Veränderung, welche im Postwesen während der dreißiger Jahre eintrat und zur Entfaltung des heimischen Postwesens erheblich beitrug, war die Umgestaltung des Postfuhrwesens. Sie war noch unter dem Großherzog Friedrich Franz I., der nach 52jähriger Regierung im Jahre 1837 starb, eingeleitet worden, aber die Durchführung gelang erst seinem Enkel und Nachfolger, Großherzog Paul Friedrich, der sich während seiner kurzen Regierungszeit große Verdienste um die Hebung der materiellen Interessen des Landes und um die Förderung von Handel und Verkehr erworben hat. An der anderweitigen Regelung des Postfuhrwesens nahm er selbst regen persönlichen Antheil, und seinem Einfluß war es vor allen Dingen zuzuschreiben, daß die Umbildung schnell und ohne Zeitverlust vor sich ging. Die bisherige Organisation hatte sich schon lange als unhaltbar erwiesen. Der Gebrauch, für jede Station der Postkurse, selbst bei Hin- und Rückfahrten getrennt, besondere Unternehmer im Minuslicitations=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 292 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wege zu ermitteln, war bei der dauernden Vermehrung ber einzelnen Fahrten nicht länger durchführbar, da die Zahl der Unternehmer immer größer wurde, ohne daß dadurch bessere Erfolge als früher erzielt wären. Andererseits hatten die Versuche, nach preußischem Muster alle Fuhrleistungen einer Postanstalt in eine Hand zu legen, bei einzelnen Versuchen an kleineren Orten sich als sehr zweckmäßig bewährt.

Ebenso große Mängel waren mit der Besorgung der nicht regelmäßigen Leistungen, der Extraposten, Kuriere und Estasfetten durch die Reihefuhrämter verbunden; denn der Reiseverkehr war gerade seit den zwanziger Jahren außerordentlich aufgeblüht, und die Leistungen der Fuhrämter hatten sich im Laufe der Zeit immer mehr verschlechtert. In Ludwigslust, wo in manchen Monaten 800 - 1000 Extraposten zu besorgen waren, bestand bereits seit 1827 eine eigene Posthalterei, die alle Fuhrleistungen auszuführen hatte. Da das Ergebniß sehr günstig war, ging die Regierung jetzt damit vor, die Reihefuhrämter überhaupt aufzuheben und das Fuhrwesen einheitlich zu regeln.

Am 4. August 1837 wurde die Großherzogliche Verordnung erlassen, welche die Aufhebung der Reihefuhrämter vom 1. Januar 1838 ab anordnete. Sie bestimmte, daß von diesem Zeitpunkte ab alle Verordnungen wegen des Reihefuhrwesens und wegen der Extrapostbeförderungen außer Kraft treten sollten.

Inländische Lohnfuhrleute durften nur die mit ihnen am nämlichen Orte wohnenden Personen fahren; jeder Pferdewechsel sollte nur den Postanstalten zustehen und der Reisende zu seiner Weiterreise sich entweder der ordentlichen Posten oder der Extraposten bedienen.

Im Besonderen galt als Regel, daß Ausländer, die mit Postpferden ankamen, diese erst nach 48stündigem Aufenthalt mit Miethspferden vertauschen durften gegen ein an das Postamt zu zahlendes Stationsgeld von 32 ß. Bei jeder nächsten Station war die Weiterreise mit Miethspferden auch nur gegen Stationsgeld und nach 48stündigern Aufenthalt zulässig. Inländer mußten sich bei Umtausch von Postpferden gegen Miethspferde gleichfalls den vorstehenden Bestimmungen unterwerfen; sie waren aber nur zur Zahlung des Stationsgeldes von 32 ß. verpflichtet und konnten sonst sofort weiterreisen; mit eigenen Pferden zu reisen war Jedermann erlaubt.

Die nächste Folge der Verordnung war die Einrichtung von Posthaltereien im Lande. Die Postverwaltung übertrug nämlich durch Vertrag an jedem wichtigen Orte im Lande einem an=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 293 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gesehenen Fuhrherrn sämmtliche Fuhrleistungen, die bei der Station vorkamen, so daß der neue Posthalter künftig sowohl die regelmäßigen Postfahrten, als auch die Gestellung der Extraposten, Beiwagen u. s. w. auszuführen hatte. Durch die Festsetzung ausreichender Fuhrgelder war er in den Stand gesetzt, brauchbares Personal, gute Pferde und Wagen zu halten. Da jetzt die Posthalter aus den Postfuhrleistungen allein ihren Unterhalt zogen, also den übrigen Fuhrinteressenten gegenüber wesentlich besser gestellt waren, so verbot die Regierung den Posthaltern gleichzeitig, außer den Postfuhrleistungen noch Lohn- und Frachtfuhren zu übernehmen, sodaß sie ihre ganze Zeit und Kraft dem Postdienste widmen konnten.

Die Umbildung des Postfuhrwesens ging allerdings nicht so einfach von Statten, wie man wohl glauben möchte. Die Aufhebung der zunftmäßigen Fuhrämter erregte bei den Interessenten viel böses Blut, selbst der Engere Ausschuß von Ritter- und Landschaft legte sich für das Fuhrwesen ins Mittel; die Magistrate und Stadtgerichte mancher Stadt lehnten es ab, zur Durchführung der Verordnung vom 4. August ihre Hülfe herzuleihen, aber trotz aller Hindernisse bürgerte sich die neue Einrichtung bald ein, so daß schon nach wenigen Jahren jeder Widerstand verstummte.

Ueber die Ausführung der neuen Fuhrbestimmungen erging unter dem 24. August 1837 ein Regulativ, welches das Verfahren, die Preissätze, Meistbeladung der Wagen u. s. w. regelte. Die Bestimmungen desselben bildeten die Grundlage für die neuen Fuhrkontrakte, welche fortan mit den Posthaltern abgeschlossen wurden.

Als Großherzog Paul Friedrich im Jahre 1842 nach nur fünfjähriger Regierung seinem Lande entrissen wurde, war die Reorganisation des Postwesens - bis auf die Lösung der Taxfrage - -völlig durchgeführt. Das Kurs- und Fuhrwesen in der meklenburgischen Postverwaltung stand in jeder Beziehung auf der Höhe der Zeit; im Betriebe hatte das Postwesen ein viel frischeres, lebhafteres Aussehen angenommen. Die Leistungsfähigkeit der Postverwaltung und damit ihr wachsender Werth und ihr Einfluß auf das Wirthschafts= und Erwerbsleben des Landes trat in Meklenburg fortan mehr als früher zu Tage, da der Verkehr nach auswärts von Jahr zu Jahr an Ausdehnung gewann. So war die Post eine der Brücken, die die Verbindung und die Verkehrsbeziehungen zu den Nachbarstaaten und den übrigen deutschen Ländern anbahnte und rege erhielt.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 294 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

2. Fremde Posten in Meklenburg - Schwerin.

a) Preußische Postkurse.

Als Herzog Friedrich Franz I. nach dem Tode Friedrichs des Großen im Jahre 1787 wieder in den Besitz der an Preußen verpfändet gewesenen Aemter im Süden Meklenburgs gelangt war, bemühte sich die meklenburgische Regierung, möglichst bald die Aemter wieder ganz auf meklenburgischem Fuß einzurichten und die Spuren der langjährigen Entfremdung vom Mutterlande auch auf postalischem Gebiet zu verwischen.

Wir haben oben gesehen, daß die preußische Regierung alsbald nach Besitznahme der Pfandämter einen Postkurs von Lenzen über Grabow nach Parchim angelegt hatte. Gegen diesen Postkurs richtete sich jetzt, trotz seines langjährigen Bestehens und seines großen Nutzens für die von ihm durchschnittene Gegend, im Besonderen die Abneigung des Hofes. Der Kurs wurde noch im Jahre 1787 aufgehoben, obgleich zahlreiche Eingaben aus Südmeklenburg auf die Nothwendigkeit seines ferneren Bestehens hinwiesen. selbst der spätere Generalpostmeister von Lehsten, welcher aus seiner Abneigung gegen alles Fremde im Lande nie ein Hehl machte, fand für das Ungewöhnliche dieser Maßregel keine Erklärung. Heute lassen sich die Gründe für das Verhalten der Regierung besser erklären: der mehr als fünfzigjährige Besitz der Pfandämter in Preußens Hand hatte naturgemäß zwischen der Bevölkerung der Aemter und der angrenzenden preußischen Gebietstheile Beziehungen mancherlei Art herausgebildet, die einer schnellen Eingewöhnung der Pfandämter in die alten meklenburgischen Verhältnisse hinderlich waren. Durch die Aufhebung der direkten Postverbindung gingen diese Beziehungen natürlich schneller verloren und der Anschluß vollzog sich glatter, weil der Verkehr jetzt sehr erschwert war. Das preußische Generalpostamt verwendete sich daher auch erfolglos für die Wiedereinrichtung dieser Post.

Gegen das Bestehen der Berlin - Hamburger Post im Lande vermochte die Schweriner Regierung trotz aller Aufmerksamkeit bis zum Jahre 1806 nichts auszurichten. Nachdem die meklenburgische Regierung lange auf die Gelegenheit gewartet hatte, unter einem Schein des Rechts die preußischen Posten aus Meklenburg beseitigt zu sehen, schien der Augenblick während der französischen Occupation gekommen zu sein; aber die französische und westfälische Postverwaltung machten sich die Sachlage selbst zu Nutze und richteten die Posten von Hamburg über Boizenburg

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 295 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

für ihre Rechnung ein. Herzog Friedrich Franz verordnete daher am 20. April 1811 wegen der neuen Posten, um schon jetzt späteren Eingriffen vorzubeugen, daß alle fremden durch Boizenburg gehenden Posten nicht anders als durchgehende Kuriere und Estasfetten, die für ihren besonderen Zweck durchgelassen würden, zu behandeln seien und von den Unterthanen nicht benutzt, auch nicht zu einer das herzogliche Regal schädigenden Kollektur berechtigt sein sollten. Für den Augenblick war das das Einzige, was der Herzog überhaupt thun konnte.

Das Jahr 1812 brachte zu dem bereits bestehenden französischen Postkurse Lenzen - Ludwigslust einen neuen herzoglichen Kurs, der auf persönliche Anregung des Herzogs entstanden war, ohne daß selbst die Kammer vorher von dieser seiner Absicht Kunde erhalten hatte. Der angebliche Zweck der neuen Verbindung sollte darin bestehen, daß die Depeschen, welche Lenzen passirten und an das Hoflager in Ludwigslust und Schwerin gerichtet waren, auf direktem Wege befördert werden müßten. Der eigentliche Zweck war aber offenbar dahin gerichtet, die Konkurrenz mit der französischen Fahrpost Lenzen - Hamburg aufzunehmen. Wegen des Postkurses war schon am 30. Juli 1812 durch die Regierung ohne Mitwirkung der Kammer eine Konvention mit der preußischen Regierung abgeschlossen worden. Durch Verordnung vom 18. September 1812 wurde sodann der Kammer aufgetragen, die erforderlichen Maßnahmen wegen Einrichtung der Post zu treffen. Der Generalpostmeister von Lehsten berichtete demnächst zur Regierung, daß die Ausführung keine Schwierigkeiten biete; gegen die Konvention selbst würde die Kammer indeß Bedenklichkeiten einzuwenden gehabt haben, wenn ihr Erachten rechtzeitig eingefordert worden wäre. "Der Intention, alle dazu geeignete inländische Korrespondenz auf den Lenzener Kurs zu ziehen, steht die Konvention wegen der lüneburger Kommunionpost entgegen und das Publikum, welches mit dieser Post seine Briefe befördert wissen will, wird die Freiheit behalten müssen. Die Lübecksche Korrespondenz kann und wird auf diesen Kurs nie kommen." Die Post Lenzen - Ludwigslust trat trotz dieser Bedenklichkeiten in Thätigkeit und entwickelte sich in einträglichster Weise.

Beim Abzuge der Franzosen im Jahre 1813 that Herzog Friedrich Franz energische Schritte. Kaum war wieder eine eigene preußische Post von Hamburg nach Lenzen abgefertigt worden, als auch schon unter dem 12. Juni 1813 eine beschleunigt vom Erbprinzen Friedrich Ludwig verfaßte Verordnung bei

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 296 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Postrath Wildfang in Boizenburg einlief, des Inhalts, daß man mit außerstem Mißfallen und Befremden vernommen habe, daß er die preußischen Durchgangsposten wieder zugelassen habe. Wildfang erhielt strenge Weisung, die Lenzener fahrende und reitende Post von Lenzen nach Boizenburg nicht weiter zuzulassen und dem Ober=Postamt in Lenzen und dem Postrath Kenzler in Lübtheen schleunigst davon Kenntniß zu geben.

Bei der meklenburgischen Regierung blieb diese straffe Auffassung der Sachlage aber nicht lange von Bestand. Es wurde schon oben erwähnt, daß Herzog Friedrich Franz mit Rücksicht auf den hervorragenden Antheil Preußens an der Befreiung Deutschlands den Betrieb der Berlin - Hamburger Posten in altgewohnter Weise provisorisch und im Vertrauen auf eine künftige freundnachbarliche Regelung der Angelegenheit wieder zuließ. Diese Erwartung erfüllte sich aber nicht. In Berlin hatten vielmehr die Versuche der meklenburgischen Regierung, den preußischen Posten den Transit durch Meklenburg zu wehren, zu lebhafter Verstimmung Anlaß gegeben. Als daher im Jahre 1814 die preußischen Durchgangsposten wieder in altem Umfange kursirten, ohne daß Verhandlungen zwischen der Berliner und Schweriner Regierung stattgefunden hatten, verfügte die meklenburgische Regierung am 6. Juni 1814, daß die preußischen Posten kein Recht zum Durchgang und zur Expedition innerhalb des Landes hatten, daß den Landeseinwohnern aber bis zur Wiedereinrichtung des Güstrow - Hamburger Kurses erlaubt sein sollte, "in ausgewiesenen Fällen der Eile sich der preußischen Posten zur Beförderung von Briefen und Packeten zu bedienen." Inzwischen drang Herzog Friedrich Franz aber doch darauf, in der Postangelegenheit endlich mit Preußen ins Reine zu kommen. Er hielt dazu eine mündliche Erörterung in Berlin für zweckdienlich und betrautte den Ober=Postamtsdirektor von Plessen=Güstrow mit der Sendung. Dieser fand bei seiner Ankunft in Berlin wenig Neigung bei dem Generalpostamte zum Eingehen in Verhandlungen vor. Man hatte hier allerlei Klagen über die meklenburgische Regierung zu führen. Von einer Konvention wollte man überhaupt garnichts wissen. Von Plessen konnte nur die protokollarische Festlegung verschiedener Streitpunkte, sowie einiger Forderungen und Gegenforderungen erreichen. Im Protokoll vom 19. November 1814 wurde u. A. vereinbart, daß Reisende von Boizenburg und Lübtheen nach Lenzen sich der preußischen Posten nach Berlin bedienen durften, in der Richtung nach Hamburg aber nur, wenn eine meklenburgische Post dahin

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 297 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nicht abging; daß in Boizenburg eingehende, nach Preußen bestimmte Postsendungen direkt nach Lenzen zu spediren waren und die ganze Portoaufkunft Preußen zufließen sollte; daß das meklenburgische Ober=Postamt in Hamburg keine nach Preußen bestimmten Briefe, Sachen und Gelder annehmen durfte, sondern solche dem preußischen Ober=Postamt daselbst zuweisen sollte, umgekehrt sollte es von diesem mit den Sendungen nach Meklenburg gleich gehalten werden.

Trotzdem das Protokoll den Hauptbeschwerdepunkt der meklenburgischen Regierung - das Bestehen der preußischen Posten in Meklenburg - überhaupt nicht berührte, bestätigte die Regierung das Protokoll, ohne der Kammer ein Gutachten "zuzumuthen".

Erst im Jahre 1824 wurden von Preußen wegen der Berlin - Hamburger Poststraße neue Verhandlungen mit Meklenburg eingeleitet, und zwar wegen Erbauung der Chaussee von Berlin nach Hamburg. Die neue Straße sollte auf meklenburgischem Gebiet nicht den alten Weg von Lenzen über Lübtheen nach Boizenburg verfolgen, sondern über Ludwigslust und Redesin, weiter in's Land hinein, gelegt werden, da die Terrainverhältnisse des alten Weges ungünstig waren.

An die meklenburgische Regierung war von Berlin aus das Ersuchen gerichtet worden, die auf preußischem Gebiet bis Lenzen fertiggestellte neue Verkehrsstraße fitr meklenburgische Rechnung bis Boizenburg fortzuzuführen.

Großherzog Friedrich Franz erkannte sofort, daß die neue Chaussee für Meklenburg von großer Bedeutung sei. Der zur Unterhandlung in Schwerin eintreffende Geh. Postrath Schmückert wurde daher von ihm sehr gnädig empfangen und an den Generalpostmeister von Lehsten verwiesen, welcher als diesseitiger Kommissar fungiren sollte. Die Konferenzen begannen auch alsbald, aber von Lehsten, dessen Abneigung gegen Preußen offenkundig war und der das Projekt möglichst ganz zu hintertreiben suchte, bemühte sich auf alle Weise, eine bestimmte Stellungnahme seiner Regierung zur Sache zu verhindern.

Unter dem 17. Mai 1824 legte er seine Ansicht über das Rrojekt in einem direkten Antrage an die Regierung nieder. Nachdem er einleitend darauf hingeiesen hatte, daß Preußen mit der neuen Straße lediglich etwas für Meklenburg Nachtheiliges bezwecken wollte, da die Chaussee nur eine Militärstraße bilde, hob er besonders hervor, daß die friedliche beschauliche Ruhe der Residenz Ludwigslust durch den Lärm des jedenfalls

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 298 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

auf der neuen Straße ins Ungemessene wachsenden Verkehrs verloren gehen und daß Lübtheens Wohlstand vernichtet werden würde. Bei dem ganzen Projekt sei im Auge zu behalten, daß die alte Poststraße wohlweislich an der Landesgrenze verlaufe, während die neue Chaussee das Land mitten durchschneiden sollte. Sein Bericht schloß mit den Worten: "Herzog Friedrich gestattete Friedrich dem Großen einen Durchgang der Berliner Küchenpost. Diese Erlaubniß ist die Mutter der großen preußischen Postverbindung zwischen Berlin und Hamburg geworden, welche täglich an Erweiterung gewinnt. Preußen muß bestimmte Anträge machen, die Verlegung als eine Gefälligkeit erbitten, es darf auf dem neuen Wege nicht mehr begehren und erwarten, als was es aus der alteren Konzession und ihrer neueren Erläuterung zu fordern hat, es muß mithin für seine Relais selbst sorgen, sich zu denjenigen Stationen halten, die Meklenburg anordnet. Der Verkehr auf dieser Straße ist dem Staate wenig werth, denn der Eingang in das Preußische ist erschwert, der Verkehr nach Hamburg ist keine Wohlthat, er leitet unsere wenige Baarschaft in fremde Staaten, verschafft uns nur Waaren des Luxus, der Mode und feiner Genüsse, die wir besser entbehren, zum Theil im Vaterlande gewinnen können."

Trotz aller Gegengründe Lehstens entschied die Regierung bereits am 20. Mai mit dürren Worten, daß die spätere Verlegung der preußischen Posten von der bisherigen auf die neu projektirte Poststraße zuzugestehen sei, denn der Antrag Preußens sei natürlich, da die neue Straße 1 3/4 Meilen kürzer als die alte sei und tiefe sandige Wege vermeide. Der Generalpostmeister sollte die weiteren Verhandlungen leiten.

In welcher Weise von Lehsten sein Commissorium auffaßte, erhellt aus einem Handschreiben, welches er am 23. Mai an den Minister von Brandenstein richtete: "meine wichtigsten Bedenklichkeiten sind übergangen, die größten Schwierigkeiten werden für unbedeutend gehalten und ich soll. Bedauern Sie mich - ich vertraue aber auf Euer Exc. Beistand. Mir ist frei Bahn gelassen, also ist mein Weg weder enge noch kurz. Von Zeit zu Zeit melde ich gehorsamst, wie weit ich vorgeschritten bin; da mein Gegner noch heute eintrifft, so bitte ich um baldige Rückgabe der Akten."

Auch bei den übrigen Kammermitgliedern war die allgemeine Stimmung dem Chausseebau durchaus abgeneigt; Geh. Kammerrath von Pritzbuer stimmte den Ansichten von Lehstens mit den Worten bei: "Welche Behandlung hat nicht Mecklenburg von

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 299 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Preußen schon erfahren, es erfährt sie täglich, aber das sumere exemplum sibi scheint keiner Berücksichtigung werth zu sein. Mag Preußen zur Erleichterung der Ausführung seiner Ideen hergeben, was es will, die Sache ist und bleibt höchst gefährlich. Der Nachtheil wird sich offenbaren, wenn wir es auch nicht mehr erleben. Sie können jedoch das animam salvavi mit Recht für sich aussprechen."

Der Geh. Postrath Schmückert hatte unter solchen Verhältnissen in Schwerin eine schwierige Stellung. Indeß der feste Wille und die höhere Einsicht des Großherzogs räumten alle Schwierigkeiten aus dem Wege, sodaß die zeitraubenden Unterhandlungen schließlich zu einem befriedigenden Abschlusse gelangten. Lehsten konnte am 1. Juli 1824 die tags vorher abgeschlossene Konvention dem Großherzoge zur Ratifikation überreichen.

Die Konvention bestimmte, daß die Fortsetzung der neuen Kunststraße von Berlin über Perleberg nach Warnow auf meklenburgischem Gebiet über Grabow, Ludwigslust, Redefin und Boizenburg fortgeführt und sowohl für die preußischen Posten wie für jede andere Art von Fuhrwerk eröffnet werden sollte; die alte Landstraße über Lübtheen wurde zum ferneren Gebrauch für alles Fuhrwerk reservirt. Der Bau sollte am 1. Januar 1825 beginnen, über die Trace war besondere Bestimmung vorbehalten; mit der Verlegung des Postenlaufs auf die neue Straße sollten die Spezialrechte Preußens an dem Postamte in Lübtheen aufhören, auch der derzeitige Postmeister daselbst aus den preußischen Diensten gegen eine von Preußen zu zahlende Pension von 500 Rthlr. entlassen werden. Die meklenburgischen Postämter in Ludwigslust und Redefin sollten künftig die preußischen Posten expediren und hierfür Remunerationen von 600 bezw. 200 Rthlr. jährlich erhalten. Den preußischen Posten war weder zu Grabow und Redefin noch sonst unterwegs im Meklenburgischen, mit Ausnahme von Boizenburg, gestattet, Briefe, Gelder, Packete und Personen für eigene Rechnung aufzunehmen, insoweit eine Zulassung nicht schon früher vereinbart war. Die dienstlichen Verhältnisse des Personals in Boizenburg blieben künftig unverändert; der Postmeister hatte statt der formellen Eidesleistung einen Revers für Preußen zu vollziehen.

Alle aus dem preußischen auf dem Berlin - Hamburger Kurse über Perleberg kommenden Briefe und Sachen für Meklenburg mit Ausnahme von Boizenburg sollten in Ludwigslust abgegeben werden; ebenso hatte das Postamt in Ludwigslust die Korrespondenz nach Preußen preußischen Posten zuzuführen. Die

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 300 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Beförderung von Ludwigslust und Grabow nach Warnow erfolgte durch die preußischen, von Hamburg kommenden Posten; falls diese Beförderung Beipferde oder Nebenwagen erforderte, so wurden dieselben von dem Hofpostamte in Ludwigslust gestellt und bezahlt. Wegen des Grenzverkehrs zwischen Warnow und Grabow und Warnow und Ludwigslust wurde auf die Konvention vom 30. Juli 1812 verwiesen, die die Taxsätze für den Verkehr zwischen Lenzen und Warnow und Ludwigslust enthielt.

In Redefin war eine Posthalterei einzurichten, ebenso in Ludwigslust, wo nach Erfordern auch die Fuhrleute die Fuhren leisten konnten. Die zwischen Berlin und Hamburg derzeit 6 mal wöchentlich kursirenden preußischen Fahrposten und 2 Reitposten sollten auf meklenburgischem Gebiet ohne Zustimmung der Landesregierung nicht vermehrt werden. Die Konvention enthielt nähere Bestimmungen über Portosätze und den Transport der Sachen von Preußen nach Lübeck und von Hamburg nach Neu=Vorpommern, über die eventuelle Einstellung der Postkommunikation Meklenburgs mit Hamburg, die Anlegung einer meklenburgischen Reitpost von Ludwigslust über Güstrow nach Demmin, (die gegen eine Rekognition von 800 Rthlr. ein geschlossenes preußisches Brieffelleisen von Hamburg nach Pommern befördern sollte), über die freie Beförderung von Sachen von Ludwigslust nach Boizenburg und von hier nach Hamburg mit den preußischen Posten, die räumliche Unterbringung des preußischen und meklenburgischen Postamts in demselben Hause und die Zahlung von Wegegeldern durch Preußen für die Benutzung der neuen Straße.

Die Bestimmungen der Konvention waren für Meklenburg im Ganzen günstig. Im Interesse des freien Verkehrs hatte Preußen manchen kleinen Vortheil fahren lassen, der sonst dem Gelingen des großen Werkes Schwierigkeiten hätte bereiten können. Es hatte aber jetzt den denkbar günstigsten Weg für seine Postkurse nach Hamburg, während Meklenburg nun endlich, 170 Jahre nach dem Auftreten der ersten preußischen Post im Lande, erreicht hatte, daß das Verhältniß zu den fremden Durchgangsposten vertragsmäßig sicher gestellt war.

b. Hamburger Posten im Lande.

Die Hamburger Stadtreitpost setzte seit Abschluß der Konvention vom Jahre 1780 ihren Betrieb bis Wismar ungehindert fort. Nur während der Franzosenzeit trat eine Unterbrechung des Post=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 301 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

kurses ein. Mit der Vertreibung der Franzosen nahm die alte Stadtreitpost in Grundlage der Konvention von 1780 ihre Thätigkeit wieder auf. Die ehemalige Rekognition von 1200 Währung wurde jetzt auch wieder gezahlt.

Als aber Dänemark im Jahre 1818 für den Durchgang der Reitpost durch Lauenburg die Zahlung einer Transitabgabe von 500 Rthlr. erzwang, erklärten Bürgermeister und Rath, die Rekognition von 1200 Währung an die meklenburgische Regierung nicht ferner zahlen zu wollen. Trotzdem letztere die Abgabe auf 200 Rthr. ermäßigte, lehnte der Magistrat auch die Zahlung dieser Summe mit dem Bemerken ab, daß für die meklenburgischen Posten in Hamburg Rekognitionen gleichfalls nicht erhoben würden. Da es offenkundig war, daß die Einnahmen der Stadtreitpost ganz unbedeutend waren und die Post überhaupt nur noch wenig zu bedeuten hatte, so ließ die meklenburgische Regierung die Angelegenheit auf sich beruhen. Die Stadtreitpost kursirte fortan ungestört über Gadebusch und Rehna nach Wismar. Sie fristete trotz Einführung zahlreicher Fahr- und Schnellposten, trotz der später eingerichteten Eisenbahnen ihr Dasein und stellte ihre Thätigkeit erst Ende des Jahres 1860, nachdem sie zuletzt kaum noch zur Postbeförderung benutzt worden war, ein. Damit hatte der ehemalige Hamburg - Danziger Botenkurs, der in der Blüthezeit der Hansa vor 500 Jahren gegründet war, auch in seinem letzten Reste aufgehört zu bestehen. Er war im Wettbewerb mit den Beförderungsmitteln der modernen Zeit unterlegen.

c. Schwedische Posten in Meklenburg.

Als Herzog Friedrich Franz die Regierung im Jahre 1785 übernommen hatte, fand er als Erbschaft die unerledigte Angelegenheit wegen des Besitzstandes der schwedischen Posten in Meklenburg vor. Die Post entzog dadurch, daß sie im Lande kolligirte und distribuirte, dem herzoglichen Postregal namhafte Beträge. Da Vorstellungen bei der schwedischen Regierung erfahrungsmäßig fruchtlos verliefen, so hielt es Herzog Friedrich Franz für gerathen, Selbsthülfe zu üben. Er erließ, nachdem von der Kammer ein urkundlicher Nachweis über die Entstehung der Post und deren Verhältniß zu Meklenburg geliefert war, an die Kammer unter dem 29. Januar 1793 eine Verordnung, daß zur "Verhütung aller Art von Kollektur und Distribuirung der schwedischen Post an Briefen, Geldern oder Sachen in Unseren Landen wie auch gegen die Mitnehmung einiger Geldpackete in

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 302 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dem von Rostock bis Berendshagen und zurück auf der diesseitigen Post frei durchpassirenden schwedischen Briefbeutel, weniger nicht gegen alle Kontraventionen des schwedischen Wagenmeisters aus Eurem Collegio die gemessenen Verfügungen und Instruktionen an Unsere kompetirenden Postoffizianten zu Rostock, Ribnitz und Gadebusch [wo der Eintrag besonders groß war] erlassen werden."

Die Kammer verfügte demgemäß, daß die schwedische Post nur solche Sachen durchführen dürfe, welche sie bis zur meklenburgischen Grenze bezw. nach Pommern und Hamburg geladen habe, daß eine Kollektur und Distribuirung im Lande grundsätzlich verboten sei und dieses Verbot sich auf Briefe, Packete u. s. w. sowie auf Personen erstrecke.

Die Regierung in Stralsund versuchte natürlich die Aufhebung dieser Verordnung, erfuhr aber bei der herzoglichen Regierung eine kurze, sachliche Abfertigung, "die nur praecarie zugelassene Post habe ihre Befugnisse überschritten und es stehe in jedes Herzogs Belieben, die der Krone Schweden gestattete Durchfahrt wieder zu untersagen; übrigens sollten die althergebrachten Befugnisse der Post unangetastet bleiben und nur ihre Uebergriffe abgestellt werden." Die schwedischc Regierung sah sich daher veranlaßt, einzulenken und befahl ihren Postbehörden, Mißbräuchen sofort Einhalt zu thun.

In ein anderes Stadium trat die Angelegenheit, als es Herzog Friedrich Franz im Jahre 1803 gelungen war, die seit dem westfälischen Frieden in schwedischem Besitz befindliche Herrschaft Wismar zurückzuerwerben. Nun sollte auch das an Schweden ertheilte Privileg zur Durchführung der Post durch Meklenburg wieder aufgehoben werden, aber die schwedische Regierung wollte von der Aufgabe ihres Postrechts nichts wissen.

Trotzdem behielt Friedrich Franz die Sache im Auge; noch im Jahre 1805 (7. Juni) forderte er ein Gutachten von der Kammer ein, in welchem Maße diese Post seit der Erwerbung der Herrschaft Wismar Rechte ausgeübt habe und was zur Beschränkung derselben in Wismar mit vollem Rechte zu verfügen sein möchte. Die Kammer empfahl als einziges Mittel, der schwedischen Post eine möglichst scharfe Konkurrenz im Lande zu machen, denn der schwedischen Post flösse noch immer ein erheblicher Theil des Postverkehrs im Lande zu. Die Regierung nahm diesen Gedanken sofort auf, indem Sie die Anlegung einer Konkurrenzpost anordnete, welche mit der schwedischen Post an demselben Tage abgehen und erheblich niedrigere Taxen haben sollte.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 303 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Jetzt brach aber der Krieg von 1806 aus, während dessen Schweden auf Seiten der Gegner Napoleons stand. Da der schwedischen Post der Durchgang durch Lauenburg untersagt wurde, so kursirte die schwedische Post nunmehr über Lübeck nach Hamburg, aber sie erzielte auf diesem Wege so geringe Erträge, daß sie nach dem Berichte des Postdirektors Seidenschnur in Wismar bald von selbst aufhören mußte. Am 28. August 1807 wies Herzog Friedrich Franz endlich die Kammer an, mit Rücksicht auf die jetzt veränderte Lage der Dinge in Schwedisch=Pommern dem ferneren Durchgang der schwedischen Post entgegenzutreten und das Postamt in Rostock zu instruiren, daß es die daselbst mit den Posten aus Stralsund und Schwedisch=Pommern ankommenden Postgüter und Personen fortan nur noch mit den herzoglichen fahrenden Posten weiter befördern solle. Während der Belagerung von Stralsund kursirte die schwedische Post nur sehr unregelmäßig; als dann im Jahre 1807 die Stadt von den Franzosen eingenommen war, trat zwar der schwedische Kurs Stralsund - Berendshagen wieder in Thätigkeit, aber in Berendshagen schlossen herzogliche Landesposten an. Innerhalb Meklenburgs hatten die schwedischen Posten aufgehört zu existiren, da die Fuhrleute, welche die Post bisher gefahren hatten, seit längerer Zeit ihre Fuhrlöhne nicht erhalten hatten und es daher ablehnten, die schwedischen Posten weiter zu fahren.

Seit dieser Zeit sind schwedische Postkurse auf meklenburgischem Gebiet nicht wieder ins Leben getreten.

d. Lübecker Posten in Meklenburg.

Erhöhtes Interesse beansprucht das Verhältniß zu den Lübecker Kursen in Meklenburg. Im Jahre 1790 bestanden folgende Kurse: eine Stadtreitpost, deren Ursprung nicht mehr festzustellen war, kursirte zweimal wöchentlich von Lübeck durch Meklenburg nach Boizenburg; sie unterstand dem Schonenfahrer=Kollegium in Lübeck und hatte die Korrespondenz nach und von Preußen, Rußland u. s. w. für den Berlin - Hamburger Kurs zu überbringen. "Sie hat", wie der Lübecker Senat sich auf eine Anfrage der meklenburgischen Regierung äußerte, "wegen ihres wesentlichen Einflusses auf Erleichterung des höchstwichtigen Ostsee'schen Handels zu allen Zeiten und überall, besonders auch von Seiten des preußischen General=Postamts willige Beförderung gefunden. Es gründet sich diese Einrichtung, der dafür redenden allgemeinen und besonderen staatsrechtlichen Beziehungen nicht

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 304 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

einmal zu gedenken, auf deren Unentbehrlichkeit für den norddeutschen Handel, auf deren unvordenklichen, nicht nur ruhigen, sondern auch anerkannten und begünstigten Bestand; ingleichen auf die im §. 4 der (mit dern Herzoge Friedrich Wilhelm geschlossenen) Postkonvention von 1701 gegebene Zusicherung, daß die lübecker Posten das herzoglich meklenburgische Territorium ferner berühren und ungehindert kommen und gehen mögen."

Eine weitere Postverbindung bestand zwischen Lübeck und Wismar in einer Fahr- und einer Reitpost. Beide waren durch die Konvention von 1701 gleichfalls anerkannt.

Die meklenburgische Regierung stand hier demnach wohlerworbenen, rechtlich begründeten und von der herzoglichen Regierung wiederholt anerkannten Gerechtsamen gegenüber. Dadurch ließ Herzog Friedrich Franz sich aber nicht abhalten, die Beseitigung der Posten je nach Lage der Verhältnisse auch im Wege der Vereinbarung zu erwirken, zumal da die Hindernisse, welche man den Posten durch Zollplackereien in den Weg zu legen versuchte, sich als nicht erfolgreich erwiesen hatten.

Als die Herrschaft Wismar im Jahre 1803 wieder an Meklenburg gefallen war, nahm die Regierung die Versuche zur Beseitigung der Lübecker Posten wieder auf. Sie verfügte am 21. August an die Kammer, daß sich nunmehr die Möglichkeit böte, dem ebenso mißbräuchlichen als dem Postregal nachtheiligen Goebel'schen Fuhrwerk (Goebel war früher Unternehmer der Fahrpost zwischen Lübeck und Wismar) ein Ende zu machen.

Auch in diesem Falle versprach sich die Regierung von der Anlegung einer Konkurrenzpost wesentliche Vortheile.

Da die Kammer aber an dem gehofften Erfolge zweifelte, so trat die Regierung einstweilen mit dem damaligen Unternehmer der Postfahrt, dem Lübecker Bürger Neese, in Verbindung und einigte sich mit ihm im Jahre 1804 dahin, daß er das Postgeld für alle von ihm beförderte Korrespondenz zwischen Lübeck, Grevesmühlen und Wismar, sowie für Postpackete zwischen Grevesmühlen und Lübeck posttäglich in Wismar abliefern solle. Neese erhielt fortan das Porto für Sendungen zwischen Lübeck und Grevesmühlen und für alle Reisenden, deren in der Vereinbarung überhaupt nicht gedacht war. Durch Verordnung vom 10. Mai 1806 wurden diese Vereinbarungen für Neese's Lebzeiten anerkannt. Wider Erwarten suchte Neese aber diese Abmachungen in jeder Weise zu umgehen. In Wismar besaß er ein eigenes Haus und ließ vor demselben und nicht im Posthause seine Postfuhre ablegen; er sammelte auch Briefe über

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 305 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Lübeck hinaus und suchte seinem Fuhrwerk nach Kräften Ladung und Passagiere zuzuführen. Von den Postgeldern lieferte er soviel ab, als ihm angemessen erschien.

Als die Regierung über das Verhalten des Neese offenkundige Beweise in Händen hielt, suchte sie ihm die Postfahrt überhaupt zu nehmen. Da zeigte aber der Postdirektor Seidenschnur am 2. April 1810 in Wismar an, daß das französische Postamt in Lübeck dem Neese den alleinigen Betrieb der Postfahrt zwar abgenommen habe, die Fahrt aber für französische Rechnung durch Neese weiter ausführen lasse.

Da man in Schwerin wenig Vertrauen dazu hatte, daß die französische Behörde die meklenburgischen Postgerechtsamen respektiren würde - "die französischen Postbehörden legen alle Postkonventionen aus wie der Teufel die Bibel" war die Ansicht von Lehsten's -, so beauftragte die Regierung den Postdirektor Seidenschnur am 7. August 1811, dem Neese die Postfahrt auf meklenburgischem Gebiet zu untersagen. Das war aber bei der politischen Lage auch eine bedenkliche Maßregel; Seidenschnur schlug daher vor, der französischen Post keine Sachen mehr zuzuführen, sondern die französische Verwaltung zu bedeuten, daß die Auswechslung der Sachen künftig bei dem Grenzpostamte in Dassow erfolgen werde. Die Kammer entsprach dem Vorschlage, ohne erst bei der Regierung anzufragen, "weil, wenn die Kammer etwas thue, das auswärts mißfallen könnte, das Ministerium es alsdann desavouiren könnte." Anscheinend fand darauf die Auswechslung in Dassow statt, wenn auch Julliac, der französische Postdirektor in Hamburg, in einem zwar verbindlich gehaltenen, aber sehr energischen Schreiben den Generalpostmeister von Lehsten ersuchte, den französischen Posten keine Hindernisse in den Weg zu legen.

Nach dem Abzuge der Franzosen bat Neese sofort um die Genehmigung zur Wiederzulassung seines Fuhrwerks. Die Kammer gab ihm aber an die Hand, sich an der Postfahrt zwischen Lübeck und Dassow genügen zu lassen. Nun bat Neese Bürgermeister und Rath von Lübeck für ihn zu vermitteln, und die Regierung erklärte sich endlich im Jahre 1814 bereit, die Postfahrt zwischen Lübeck und Wismar dem Neese für seine Lebzeiten wieder zu übertragen; er mußte aber über Dassow fahren und beim dortigen Postamte ablegen. Auf Grund der Abmachungen vom Jahre 1806 trat nun Neese's Postfahrt und die Reitpost wieder in Betrieb.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 306 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Bei der Reorganisatton der meklenburgischen Postkurse in den Jahren 1815 und 1816 wurbe die Neese'sche Postfahrt auf's Neue Gegenstand der Berathung zwischen Meklenburg und Lübeck; jetzt erzielte Meklenburg aber die lang erstrebte Aufhebung der Postfahrt Die Regelung dieser Angelegenheit bietet auch kulturhistorisches Interesse insofern, als mit dem Aufhören der Neese'schen Postfahrt ein anderer uralter Brauch in Fortfall kam. Einem alten Herkommen entsprechend, dessen Ursprung nicht mehr nachzuweisen ist, hatte die Stadt Lübeck alljährlich zu Martini dem herzoglichen Hofe in Schwerin ein Ohm Rheinweinmost zu liefern; die Person, welche den Wein nach Schwerin brachte, hieß der Martensmann. Wegen des Fortfalls dieser Weinlieferung kam am 6./12. Februar 1817 eine Konvention zwischen Meklenburg und Lübeck zu stande, auf Grund deren die "seit unvordenklichen Zeiten altherkömmliche, mit observanzmäßigen Feierlichkeiten verbundene, am Martinitage jedes Jahres fällige Weinlieferung der Stadt Lübeck abgelöst wurde unter der Bedingung, daß bei dem Verzicht Mecklenburgs auf die Martiniprästation Lübeck auf den durch die Konvention von 1724 mit der schwedischen Regierung (Wismar) erhaltenen Postritt nach Wismar und zurück, und die auf Grund der Konvention von 1683 angelegte Postfahrt von Lübeck nach Wismar Verzicht leisten und alle Ansprüche aus Mecklenburg übertragen sollte." Meklenburg durfte dafür an den bisherigen Posttagen eigene reitende und fahrende Posten zwischen Wismar und Lübeck anlegen, welche ebenso wie die Posten zwischen Lübeck und Schwerin bei dem städtischen Postamte in Lübeck abgefertigt werden sollten.

Erheblich war der Vortheil der meklenburgischen Regierung somit nicht, aber sie erreichte doch, daß jetzt auch im Nordwesten des Landes die fremden Posten beseitigt waren.

Der Lübecker Reitpostkurs zwischen Lübeck und Boizenburg war nur bis zum Jahre 1811 in Betrieb. In diesem Jahre wurde er von den Franzosen aufgehoben und an seiner Stelle von dem französischen Postamte in Lauenburg die Verbindung mit Lübeck mittels Reitpost unterhalten. Nach dem Abzuge der Franzosen war von der Wiedereinrichtung des alten Reitpostkurses zwischen Boizenburg und Lübeck nicht wieder die Rede. Im Jahre 1818 interessirte sich der Erbgroßherzog Friedrich Ludwig aber lebhaft für die Einrichtung einer direkten Post von Ludwigslust über Schwerin nach Lübeck. Lehsten rieth ab, da die Kosten nicht gedeckt würden, zumal Preußen, dessen Korrespondenz nach Lübeck man auf den neuen Kurs zu ziehen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 307 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

hoffte, seine Korrespondenz auf eigenen, wenn auch weiteren Kursen befördere. Friedrich Ludwig stellte aber in einem eindringlichen Schreiben der Regierung das Nothwendige der Maßregel vor, indem schon im Jahre 1813 von Preußen und Lübeck die Korrespondenz von Lenzen ab mit Erfolg und Nutzen mittels einer direkten Post von Lenzen nach Lübeck befördert sei. Neue Bedenken des Generalpostmeisters von Lehsten widerlegte Erbgroßherzog Friedrich Ludwig in längerer eigenhändiger Niederschrift vom 13. Februar 1818, die die zwingende Nothwendigkeit zur Einrichtung des neuen Kurses nochmals betonte und mit den Worten schloß: Es kann die (von Lehsten) vielleicht zu ängstlich genommene Rücksicht des Finanziellen niemals in den Folgen eines ungehinderten Wirkens für das diesseitige postalische Verhältniß berechnet werden."

Der Erbgroßherzog hatte mit seiner Anregung Erfolg, denn von Ludwigslust kursirte fortan zweimal wöchentlich eine Fahrpost und von Boizenburg ebenso oft eine Reitpost nach Lübeck, die sich bald als sehr einträglich erwiesen, da sie fast den ganzen Korrespondenzverkehr der sehr regsamen Hansestadt nach dem Süden und Osten vermittelten.

3. Postverhältnisse zu Meklenburg - Strelitz.

Während der Regierungszeit der Großherzöge Friedrich Franz und Paul Friedrich wurden auch zu dem Großherzogthum Meklenburg=Strelitz nähere Beziehungen auf postalischem Gebiet angeknüpft. Während des 18. Jahrhunderts hatten sich beide Meklenburg infolge der Verschiedenheit ihrer politischen Interessen wie zwei fremde Staaten gegenüber gestanden. Das Herzogthum Meklenburg=Strelitz suchte Anlehnung an Preußen, während zu Meklenburg=Schwerin eher ein Gefühl der politischen Gegnerschaft bestand, dessen Ursache noch aus der Zeit der Güstrower Succession zu Ende des 17. Jahrhunderts herrührte.

Engere postalische Beziehungen entwickelten sich zwischen beiden Ländern erst recht spät. Die ersten Anfänge reichen noch in den Ausgang des 17. Jahrhunderts zurück. Im Jahre 1696 bemühte sich Herzog Adolf Friedrich von Mirow, der Gegner des Herzogs Friedrich Wilhelm von Schwerin in der Güstrower Successionsfrage, für seine von Strelitz nach Güstrow gehende Küchenpost, die Bedürfnisse für seinen Hof beförderte, in Güstrow eine eigene Ablage zu erlangen. Die kaiserliche

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 308 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Provisionalregierung im Herzogthum Güstrow war nicht recht für den Plan zu haben, und so kam das Projekt anscheinend nicht zu Stande. Auch in den folgenden Jahren berichten die Akten nichts von einem eigenen Strelitzschen Postkontor in Güstrow. In ein anderes Stadium trat die Sache indeß durch den Hamburger Vergleich. "Bis dahin war Herzog Adolf Friedrich von Mirow ein apanagirter Prinz gewesen, dem die Berechtigung zur selbständigen Führung von Posthorn und Wappen streitig gemacht werden konnte, jetzt erhielt er aber die Regierung des zu einem eigenen Staate erhobenen Herzogthums Stargard", des heutigen Großherzogthums Meklenburg=Strelitz, und sein Bestreben ging sofort dahin, die Postverhältnisse zu Meklenburg=Schwerin neu zu regeln. Das Strelitzer Gebiet wurde schon damals von mehreren Schwerinschen Postkursen durchschnitten. Es bestanden nämlich im Jahre 1701

  1. eine Fahrpost von Güstrow über Malchin und Neubrandenburg nach Anklam (früher herzoglich Güstrowsche Fahrpost),
  2. Fahrposten von Schwerin nach Lübeck durch das Gebiet des durch den Hamburger Vergleich an Strelitz abgetretenen Bisthums Ratzeburg (Schwerinsche Fahrpost).

Der Hamburger Vergleich enthielt keine Bestimmungen, so wenig im Allgemeinen rücksichtlich des Postwesens, als auch wegen der zwischen beiden Staaten kursirenden Posten. Die in den Verhandlungen selbst hin und wieder, namentlich bei Aufstellung der Intradenberechnung, vorkommenden Bezugnahmen auf die Revenuen der Posten waren für die Beurtheilung der vorliegenden Verhältnisse ohne Werth. Es mußten daher unmittelbare Verhandlungen zwischen beiden Staaten eingeleitet werden.

Den nächsten Anlaß hierzu gab das Bestehen eines eigenen Schwerinschen Postkontors in Neubrandenburg. Hier hatte von jeher ein herzoglich Güstrowscher Postmeister seines Amts bei der Post von Güstrow nach Anklam gewaltet. Als der Geh. Kammerrath Mumme im Jahre 1697 einen Personenwechsel vornahm, fühlte sich Herzog Adolf Friedrich bewogen, über die Entlassung des früheren und Anstellung eines neuen Postmeisters, sowie über des letzteren angebliche Dienstvernachlässigung bei der Interimsregierung lebhafte Klage zu führen, die aber erfolglos blieb. Sofort nach dem Abschluß des Hamburger Vergleichs wandte sich aber der Strelitzsche Geh. Rath Gackenholtz an Mumme mit dem Antrage, Bevollmächtigte zur Regulierung des Postwesens zu ernennen, und forderte, daß die Postfahrt von Güstrow

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 309 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

über Malchin, Neubrandenburg, Friedland nach Anklam für herzoglich Strelitzsche Rechnung betrieben werden müsse. Mumme erwiderte am 21. Juni 1701, daß er nicht darüber zu entscheiden hätte, fügte aber gleichzeitig hinzu, daß er die Postfahrt erst auf Befehl seiner Regierung aufgeben würde. Er reichte an letztere einen Bericht der Sachlage ein und wies darauf hin, daß die Forderung des Strelitzer Hofes wegen der Anklamschen Post unberechtigt wäre, da das Schweriner Territorium auf fast 1 Meile an Neubrandenburg heranreiche, und der Kurs dieser Post sich nicht eigentlich von Güstrow bis Neubrandenburg oder von Güstrow bis Friedland, also nur bis in das Strelitzsche Territorium, sondern durch dasselbe hindurch bis Anklam erstrecke; er gab aber an die Hand, dem Herzoge Adolf Friedrich nach Erfordern die beiden Relais von Neubrandenburg bis Anklam zu überlassen.

Auf ein neues Erinnerungsschreiben des Geh. Rath Gackenholtz erwiderte Mumme wieder ablehnend, daß er sich nur dem direkten Befehl seiner Regierung fügen werde.

Die Schweriner Regierung war aber zum Nachgeben bereit. Sie ließ durch Mumme - 30. Juli 1701 - an Gackenholtz erklären, daß man in Neubrandenburg die Haltung eines eigenen Postkontors durchaus nicht verlange, sondern die Posten gerne im herzoglich Strelitzschen Posthause ablegen lassen würde; damit im Weiteren wegen der Anklamer Post zur Beibehaltung aller nachbarlichen Freundschaft keine Gelegenheit verabsäumt würde, so sei man bereit, falls die Anklamer Post ungehindert in Neubrandenburg einfahren dürfe, geschehen zu lassen, daß Herzog Adolf Friedrich eine Post von Strelitz bis Waren anlege, welche hier auf die Schweriner Posten von Ratzeburg und Schönberg, Hamburg und Lübeck über Schwerin und Güstrow und zurück sicher treffen könne. Sollte dieser Vorschlag nicht beliebt werden, so würde die Anklamer Post nur bis zur Landesgrenze spedirt und die Strelitz=Güstrower Post überhaupt aufgehoben werden.

Mumme kam mit Gackenholtz aber nicht zum Ziel. Ende des Jahres 1701 richtete Herzog Adolf Friedrich daher die Bitte an Herzog Friedrich Wilhelm, ihm die Anlegung einer eigenen Post von Strelitz über Waren, Goldberg, Banzkow, Wittenburg auf Hamburg zu gestatten, wofür er den Transit der Schweriner Posten durch Ratzeburg zulassen wollte. Ueber den Antrag fand eine kommissarische Berathung zwischen Abgeordneten beider Höfe statt - Geh. Rath von Koppelow für

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 310 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Schwerin und Geh. Rath von Petkum für Strelitz - aber eine Einigung wurde nicht erzielt.

Im Dezember 1703 erklärte Herzog Adolf Friedrich sich bereit, seine Post nach Güstrow aufzuheben und seine Korrespondenz nach Ratzeburg und Hamburg der Neubrandenburg - Güstrower Post zuzuführen, wenn ihm die Einrichtung einer Küchenpost über Neustadt und Wittenburg erlaubt würde - aber auch dieses Projekt blieb ohne Ergebniß.

Im Jahre 1707 waren die Strelitzer Posten dem Geh. Rath von Jasmund "zu seinem pericul und Nutzen" verpachtet worden; die beiden Relais von Neubrandenburg bis Anklam standen damals schon unter Strelitzscher Verwaltung und waren daher auf ihn übergegangen. Jasmund glaubte über die nachlässige Dienstführung des Schwerinschen Postmeisters, Rathsherrn Voß in Neubrandenburg, Grund zur Klage zu haben. Er beschwerte sich daher bei Mumme und ließ einfließen, daß er einen anderen Postmeister bestellen wollte, der dann auch die Güstrower Post abfertigen könnte; gleichzeitig bat er um Verhandlung über die Theilung der Posterträge aus den Schwerinschen Posten, welche das Strelitzer Gebiet (auch im Bisthum Ratzeburg) berührten.

Die Schweriner Regierung verhieß eine Untersuchung der dem Postmeister Voß zur Last gelegten Beschuldigungen; für den weiteren Vorschlag, die Beförderung der Güstrower Post nur bis zur Landesgrenze auszuführen, war sie dagegen nur ungern bereit. "Sollten Ser. Strel., hieß es in der Antwort der Schweriner Regierung vom 12. September 1707, dennoch darauf beharren, die Güstrower Post ferner nicht in Neubrandenburg einfahren zu lassen, so müßte man zwar von solcher Einfahrt desistiren nnd zu einer anderweitigen Station im Schwerinschen Anstalt machen, man könne dann aber auch nicht concediren, daß die Strelitzer Posten dahin gingen und sich den Schwerinschen anschlössen."

In den nächsten Jahren kam die Frage nicht wieder zur Erörterung. Noch im Jahre 1721 wurde ein besonderer Postmeister in Neubrandenburg vom Schweriner Hofe bestellt.

Aber im Jahre 1726 ersuchte Herzog Adolf Friedrich die kaiserliche Exekutionskasse, den Postmeister zurückzuziehen und dafür die Besorgung der Schweriner Posten dem Strelitzschen Postkontor aufzutragen, "indem von dem Schweriner Hofe weder infolge errichteten Vergleichs noch sonst de jure die Haltung eines besonderen Postkontors prätendirt werden konne, zumal

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 311 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dem Herzoge Friedrich Wilhelm die Haltung des Postkontors nur bittweise nachgegeben sei." Für die Besorgung der Schweriner Posten könnte bem Strelitzer Postmeister ein Eid abverlangt werden. Die Exekutionskasse bat, die Sache während der Exekutton gegen Meklenburg=Schwerin in statu quo zu belassen; aber da Herzog Adolf Friedrich sich auf Weiterungen nicht einlassen wollte, so ertheilte die Exekutionskasse dem Postdirektor von Schütz am 20. März 1728 den Befehl, dem Schwerinschen Postmeister Deich in Neubrandenburg den Dienst zu kündigen. Sie machte von dem Geschehenen "unter Reservirung der Schwerinschen Rechte" nach Strelitz Anzeige. Der Strelitzsche Postmeister wurde von der Exekutionskasse in Boizenburg am 28. April 1728 beeidigt. Damit hatte das Schwerinsche Postamt zu Neubrandenburg aufgehört zu bestehen.

Die im Jahre 1757 erneuerten Versuche des Herzogs Friedrich, in Neubrandenburg einen eigenen Postmeister zu bestellen, verliefen trotz längerer Verhandlungen ergebnißlos. Im Bestande der Posten trat eine Aenderung nicht ein, es kursirte derzeit allein die Post Güstrow - Neubrandenburg im eigentlichen Herzogthum Strelitz und hielt die Verbindung beider Meklenburg aufrecht.

Erst im Jahre 1788 wurde die Schaffung weiterer Verbindungen Seitens der Regierung in Strelitz angeregt und zwar die Anlegung einer Reitpost von Güstrow über Waren nach Neustrelitz und Strelitz. Es kam eine Konvention am 3. Januar 1789 zu Stande, auf Grund deren noch im selben Jahre die Einrichtung einer Reitpost zwischen Waren und Neustrelitz auf gemeinschaftliche Kosten erfolgte. Die zunächst auf 3 Jahre abgeschlossene Konvention wurde demnächst fortgesetzt bis zum Jahre 1817 erneuert. Der Reitpostkurs hatte durchschnittlich 50 Rthlr. Ueberschuß und diente hauptsächIich zur Beförderung der Korrespondenz zwischen Strelitz und Ratzeburg.

Um diese Zeit war auf Veranlassung des Erbgroßherzogs Friedrich Ludwig, wie wir bereits oben gesehen haben, eine allgemeine Reorganisation der Postkurse in Meklenburg=Schwerin vorgenommen worden. Der Erbgroßherzog interessirte sich besonders für die Einrichtung neuer Verbindungen mit Meklenburg=Strelitz, um die Korrespondenz aus dem Lande nach Westen ganz den Schweriner Posten zuzuführen. In dem Reformprogramm stand als sein eigenes Werk eine direkte Post von (Hamburg nach) Schwerin über Goldberg, Waren und Penzlin nach Neubrandenburg mit einem Anschlußkurse von Waren bezw.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 312 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Penzlin nach Neustrelitz. Der Erbgroßherzog hatte wegen Einrichtung der Kurse längere eigenhändige Berichte an die Regierung verfaßt und persönlich mehrfache Verordnungen an die Postkommission erlassen, aber die Angelegenheit wollte nicht recht vorwärts kommen, weil Meklenburg=Strelitz durch Verträge in postalischer Hinsicht ganz von Preußen abhängig war. Endlich kam doch noch ein Projekt zu Stande des Inhalts, daß der Kurs von Waren nach Penzlin und Neubrandenburg ganz für Schwerinsche Rechnung, ein weiterer Kurs von Waren nach Neustrelitz ganz für Strelitzer Rechnung eingerichtet wurde. Das Projekt war von Neustrelitz aus vorgeschlagen worden.

Fünf Jahre später, am 19. Januar 1824, kam eine neue Konvention zu Stande, nach welcher Meklenburg=Strelitz engeren Anschluß an das Schweriner Postnetz fand. Es wurde eine direkte Post von Schwerin nach Waren angelegt, wo eine Strelitzer Post nach Strelitz anschloß; durch diese Kurse stand das Großherzogthum Meklenburg=Strelitz in unmittelbarer Verbindung mit den großen Schweriner Kursen nach Hamburg.

Nachdem die Konvention von 1824 mehrmals erneuert worden war, wurde im Jahre 1840 ein neuer Staatsvertrag zwischen Meklenburg=Schwerin und Strelitz geschlossen, welcher auf die vielfachen gemeinsamen Interessen beider Länder Rücksicht nahm. Der Vertrag bestand aus drei Einzelverträgen, welche am 19., 20. und 21. Februar 1840 vollzogen wurden.

Der Vertrag vom 19. Februar behandelte allgemeine Verhältnisse. Den Schweriner Postkursen nach Lübeck wurde der freie und unbeschränkte Transit durch das Bisthum Ratzeburg zugestanden; dagegen entsagte Meklenburg=Schwerin seinem Einfahrtsrechte (bezüglich der Güstrow - Neubrandenburger Fahrpost) in Neubrandenburg vom 1. Juli ab; von dem gleichen Zeitpunkte ab war der dortige Postmeister seiner Verpflichtungen gegen Meklenburg=Schwerin, andererseits aber der Postmeister in Waren seiner bisherigen Verpflichtungen gegen Meklenburg=Strelitz ledig. In dem Vertrag war ausdrücklich hervörgehoben, daß beiden Großherzögen somit das ausschließliche Postregal und die unbeschränkte Ausübung desselben in ihren Ländern allein zustehe, sowie daß die Anlage von Postverbindungen zwischen beiden Ländern nur nach jedesmaliger zuvoriger Vereinbarung erfolgen sollte, zu welchem Zweck beide Staaten im Voraus alle Geneigtheit und Willfährigkeit erklärten.

Speziellere Abmachungen traf der Vertrag vom 20. Februar. Strelitz überließ an Meklenburg=Schwerin alle Postrechte im

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 313 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Fürstenthum Ratzeburg mit der Bedingung, daß die Schweriner Regierung durch die bereits im Fürstenthum bestehenden Kurse, sowie durch Einrichtung neuer Posten - wie es die Handelsinteressen oder besondere Wünsche der Einwohnerschaft erheischten - eine günstige Kommunikation zwischen der Stadt Schönberg und den umliegenden Orten herstellte; zwischen Schönberg und Ratzeburg sollte, falls Dänemark keine Schwierigkeiten machen würde, eine thunlichst zweimalige Verbindung in der Woche hergestellt werden. Alle Postgesetze des Großherzogthums Schwerin sollten auch auf das Fürstenthum Anwendung haben. Die Anstellung und Entlassung des Postpersonals war der Schweriner Regierung überlassen. Alle Postbedienten unterstanden in dienstlichen Angelegenheiten der Großherzoglichen Regierung in Schwerin, sonst den Strelitzer Behörden. Diese Ueberlassung des Postregals 1 ) dessen Schutz übrigens Strelitz ausdrücklich zusicherte, sollte den dem Großherzoge von Meklenburg=Strelitz zustehenden Hoheitsrechten völlig unvorgreiflich sein. Die weiteren Bestimmungen betrafen die Portofreiheit bezw. Ermäßigungen für den dienstlichen Schriftenwechsel zwischen Meklenburg=Strelitz und dem Fürstenthum Ratzeburg und andere Dinge.

In dem Vertrage vom 21. Februar war schließlich über die Regelung des Dienstbetriebes auf den Posten sowie die Anlegung von Posten mit Rücksichtnahme auf den inzwischen vorgeschrittenen Chausseebau Bestimmung getroffen. Die Postkurse wurden von beiden Staaten bis zu den gegenüberliegenden Grenzpunkten unterhalten; bis dahin hatte jeder Staat auch die Portoaufkunft nach seinen Tarifen zu beziehen. Für die Grenzämter waren besondere Taxen vereinbart. Weitere Punkte des Vertrages betrafen die Münzverhältnisse, die Abrechnung, Personalangelegenheiten, die Haftpflicht u. s. w.

Im Zusammenhang mit diesen Verträgen wurde ein Uebereinkommen mit der preußischen Postverwaltung wegen Anlegung eines großen Schnellpostkurses von Rostock über Neustrelitz nach Berlin abgeschlossen. Kommissare beider Meklenburg, von Pritzbuer für Schwerin und Boccius für Strelitz, traten in Berlin mit preußischen Kommissaren zusammen, und am 31. März/4. April 1840 wurde


1) Strelitz'scher Seits war das Postregal im Fürstenthum Ratzeburg in früheren Jahren "sonst überall nicht" ausgeübt worden, vielmehr war im Jahre 1783 auf 12 Jahre zugestanden worden, daß von Meklenburg=Schwerin ein Postexpedient in Schönberg angestellt wurde. Das war geschehen und seit 1783 war Schönberg immer als Schwerinsche Postanstalt angesehen worden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 314 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der zwischen den drei Staaten abgeschlossene Vertrag unterzeichnet. Der neue Schnellpostkurs erhielt für den Osten des Landes und für Meklenburg=Strelitz bald große Bedeutung, da er eine wöchentlich sechsmalige Verbindung mit Berlin ermöglichte, eine Neuerung, deren wirthschaftlicher Einfluß umsomehr hervortrat, als im Osten des Landes bisher nur kleinere, unbedeutende Postkurse in Betrieb gewesen waren, die in die großen Postzüge nach Hamburg mündeten.

4. Allgemeiner Zustand der Postverwaltung.

Wie auf anderen Gebieten des Staatslebens vollzog sich während der Zeit von 1785 bis 1842 auch innerhalb der Postverwaltung ein bedeutsamer Wechsel, hauptsächlich veranlaßt durch die Wirkungen der französischen Invasion. Während vor dem Eintritt der letzteren für die Verwaltung des Postwesens ausschließlich fiskalische Grundsätze maßgebend gewesen waren, die jeden gesunden Fortschritt gehemmt hatten, wurde seit dem zweiten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts zuerst vereinzelt, seit den dreißiger Jahren in steigendem Maße wirthschaftlichen Rücksichten Rechnung getragen, wodurch die Stellung der Post im öffentlichen Leben größere Bedeutung erhielt, während das finanzielle Interesse des Staates vollauf seine Rechnung fand.

Aeußerlich trat die Wirkung dieses Systemwechsels in die Erscheinung durch die zahlreichen Verbesserungen, die in allen Zweigen des Postbetriebes zur Durchführung gelangten.

Gleichfalls eine Wirkung dieses Systemwechsels war die Thatsache, daß dem Postregal keine neuen Vorrechte beigelegt wurden, daß vielmehr eine wesentliche Einschränkung der Regalsrechte eintrat. Die Verordnung des Herzogs Friedrich von 1755 über den Umfang des Postzwangs war zwar noch durch Verordnung vom 28. November 1815 mit der Maßgabe erneuert worden, daß Briefe, Gelder und Packete bis 25  Gewicht postzwangspflichtig seien, aber die Verordnung vom 6. Mai 1818 bestimmte schon, daß nur verschlossene Briefe und Gelder dem Postzwange unterliegen sollten, nicht mehr Packete. Ueberdies konnten unverschlossene, zur Ladung gehörige Frachtbriefe von Frachtfahrern besorgt werden. Seit 1828 (22. April) waren Fuhrleute sogar befugt, auch versiegelte Frachtbriefe zu befördern, wenn diese erweislich zur Ladung gehörten.

Trotzdem durch diese Normirung des Postzwangs der Defraude Thor und Thür geöffnet war, trat bis 1842 eine

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 315 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Aenderung nicht ein, weil der Landtag, dem 1836 ein Entwurf über die Regelung der Angelegenheit zuging, bestimmt ablehnte, zu dem Entwurfe Stellung zu nehmen, da er geeignet sei, den freien Verkehr empfindlich zu schädigen.

Auch das Personenregal im Postreiseverkehr war im Interesse des Fuhrgewerbes erheblich beschränkt worden. Früher hatte die Post selbständig oder durch die Reihefuhrämter den Reiseverkehr fast ausschließlich vermittelt Die unter Mitwirkung der Landstände erlassene Verordnung vom 4. August 1837 reservirte den Reiseverkehr an Posttagen nicht mehr den Posten, sondern nur jeden Pferfewechsel; aber von diesem Zwang konnte sich jeder Reisende durch Zahlung eines Stationsgeldes befreien. So begrenzt hiernach der Personenzwang auch schon war, so ließ die Regierung aus freien Stücken zu Anfang der vierziger Jahre eine weitere Einschränkung eintreten durch die Konzessionirung von Privatomnibuslinien auf bestimmten Straßen. Auf den Omnibuskursen durften nur Personen und keine Päckereien und Frachtgüter befördert werden, und der Unternehmer mußte für jede Fahrt und jeden unterwegs stattfindenden Pferdewechsel das Stationsgeld von 32 ß. zahlen. Noch in den vierziger Jahren traten infolge der Erbauung der Eisenbahnen im Personenregal weitere Einschränkungen ein, und schon einige Jahre später hatte die Verordnung vom 4. August 1837 zum größten Theil ihre Geltung eingebüßt.

Wie wir bereits oben gesehen haben, führten die Zeitverhältnisse, die die Umbildung des Postwesens verursacht hatten, auch eine anderweitige Organisation der Postverwaltung herbei. Die Kollegialverfassung der Kammer hatte sich den zahlreichen Aufgaben gegenüber, die infolge der Zeitereignisse an die Post herantraten, als unhaltbar bewiesen. Die Schaffung des Generalpostdirektoriums war augenscheinlich aber erst ein Versuch; denn die Befugnisse, welche dem Generalpostmeister nach seiner Bestallung zustanden, waren viel zu eng begrenzt, um dem Postwesen, wie es doch beabsichtigt war, größere Einheitlichkeit und Beweglichkeit zu verleihen. Dieses Ziel erreichte Herr von Lehsten auch später nicht, als seine Stellung an Selbständigkeit gewann, weil er zu Neuerungen nicht recht geneigt war. Ohne das thatkräftige Eingreifen des Erbgroßherzogs Friedrich Ludwig würde der Versuch, das Postressort durch eine Centralbehörde zu leiten, völlig mißlungen sein. Als beim Ausscheiden des Generalpostmeisters die Beibehaltung des Generalpostdirektoriums erörtert wurde, verneinte deshalb auch die Regierung das

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 316 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Bedürfniß zu dieser Maßnahme und, das Generalpostdirektorium blieb aufgehoben.

Besseren Erfolg hatte die Bestellung eines eigenen Referenten für Postangelegenheiten im Kammerkollegium, das seit 1830 wieder die Verwaltung der Postangelegenheiten übernommen hatte; denn einmal besaß der Referent, Postrath von Pritzbuer, fachmännische Bildung, die ihm einen besseren Ueberblick über sein Ressort gewährte, andererseits waren ihm rastlose Energie und glückliche Initiative eigen, Eigenschaften, die seiner Stellung in kurzer Zeit große Selbständigkeit verliehen. Auch ohne daß die Postverwaltung eine besondere Centralbehörde besaß, vermochte sie unter der jetzigen Organisatton Einheitlichkeit und Beweglichkeit zu erlangen.

Außer dem hochbegabten Erbgroßherzog Friedrich Ludwig und den zur Verwaltung unmittelbar berufenen Stellen übte sowohl Großherzog Friedrich Franz I. wie Großherzog Paul Friedrich tiefgreifenden persönlichen Einfluß auf die Leitung der Geschäfte aus. Von der Thätigkeit des Ersteren melden in den Akten unzählige eigenhändige Bemerkungen, die erkennen lassen, daß der Landesherr wichtigen wie minder wichtigen Fragen gleich großes Interesse entgegenbrachte, und daß sein warmherziges Gefühl ihn oft bewog, über die berufenen Instanzen hinweg milde Entscheidung zu treffen. So kurz und abgebrochen fast alle Vermerke von seiner Hand sind, so bilden sie sämmtlich redende Beweise für seine scharfe Urtheilskraft wie für seine nie erlahmende Herzensgüte. Da das Interesse Meklenburgs für seinen ersten Großherzog immer wach ist, so mögen hier einzelne der in den Akten so zahlreich erscheinenden Vermerke seiner Hand folgen:

Als Postmeister Schomann in Dassow im Jahre 1831 gestorben war, wollte die Cammer das noch aus der Franzosenzeit her mit 470 Rthlr. dotirte Amt einem anderen Beamten übertragen, welcher das für Orte von Dassow's Größe allgemein übliche Gehalt von 80 Rthlr. beziehen sollte. Die Regierung hatte dem zugestimmt und angeordnet, in Dassow ein daselbst angesessenes qualificirtes Subjekt zu diesem Dienste in Vorschlag zu bringen. Auf dem Kammerbericht vermerkte der Großherzog "Cessat, da ich mich heute erinnere, daß ich schon ein Versprechen an den Bedienten des Flotow vor einiger Zeit mit 250 Rthlr. und 3 Faden Holz gegeben hatte (26./2. 1831)." Als die Kammer berichtete, daß die Zahlung eines so hohen Gehalts anderen postmeistern Anlaß zu Berufungen geben möchte, erwiderte Friedrich Franz eigenhändig: "Dies embarassirt mich

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 317 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sehr, da ich es schon versprochen und daher die Anlage mit Willen zurückbehalten habe, und ich wußte, daß das Collegium nichts dagegen einwenden würde. Bitte um Auskunft (23. Febr. 1831)." Demnächst wurde der Bediente in die Postmeisterstelle eingeführt.

Gelegentlich des Todes des Postdirektors Köhler in Rostock legte die Kammer im April 1799 begründete Vorschläge wegen Wiederbesetzung der Stelle vor. Friedrich Franz verkannte die Gründe der Kammer nicht, dekretirte auf dem Antrage aber doch, daß die besseren Stellen (der Postbirektor in Rostock bezog derzeit an Gehalt 300 Rthlr. und an Emolumenten ungefähr 5 - 700 Rthlr.) solchen Leuten zu übertragen seien, die dem Etat zur Last fielen; für Rostock hatte der Großherzog den Instruktor Meyer in Aussicht genommen und demselben - weil er fürchtete, daß die Kammer abrathen möchte - mit wendender Post selbst das Anerbieten gemacht An Miethe hatte Meyer 60 Rthlr. zu beziehen. "Ich habe mich selbst überzeugt, daß Meyer mit 60 Rthlr. gar kein Haus bekommen kann, er soll daher zum allerwenigsten 100 - 150 Rthlr. haben." (26. April 1799.)

Als Postmeister Voß in Röbel im Jahre 1826 um Gehaltsverbesserung bat, schrieb Friedrich Franz auf das Gesuch "Resp. daß, da seine Bitte für das Cammer=Collegium und besonders für den G. Postmeister gehöre, so muß er wiederholt daselbst Vorstellungen machen." Aus dem Gesuch des Postmeisters B., welcher wegen Unterschlagungen im Amte im Jahre 1814 verurtheilt war, findet sich von der Hand des Herzogs der Vermerk: "Resp. ablehnend, exempel muß endlich einmahl seyn!" (24. März 1814.) Das Gesuch des Wagemneisters Schultze, der mit einem Gratulationsschreiben an den Herzog die Bitte um Ausbesserung seiner Pension verband, ließ Friedrich Franz am 10. Dezember 1833) "der Ordnung halber" ablehnen. Für die Postmeisterstelle in Bützow hatten sich im Jahre 1824 11 Bewerber gemeldet, darunter Kaufleute, je 1 Commerzienrath, Arzt, Rathmann, Hauptmann, ein ehemaliger reitender Jäger, mehrere Offiziere und Postbeamte. Friedrich Franz verfügte 9. Juni 1824: "Da der Leutnant Allmer einer der tüchtigsten Berechner ist und der Militair- wie auch meiner Partikulierkasse zur Last fällt, so soll er diesen Dienst haben, da er 400 Rthlr. Fixum einträgt und Wir bei solchen Diensten, wo es passend, auch zuweilen auf gediente Offiziere Rücksicht zu nehmen versprochen haben." Als Lehsten vorstellte, daß es sich bei den geringen Erträgen der Posten nicht empfehle, Offiziere in Postdienststellen zu bringen,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 318 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

da den Offizieren wegen ihrer Dienstunkenntniß meistens ein Berufsbeamter beigegeben werden müßte, übrigens sich auch Postmeister Köppen in Neustadt für Bützow gemeldet hätte, der nun mindestens eine Gehaltserhöhung von 150 Rthlr. haben müßte, erwiderte der Großherzog 30. August 1824: "Resp., daß ich zwar seine Gründe wegen Besetzung der Postmeisterstellen billig fände, indessen müßten, wiewohl nur selten, Ausnahmen stattfinden, wenn ich besonders wie hier einen tüchtigen dem Civilfach gewachsenen Offizier placieren wollte. Uebrigens genehmige ich die Erhöhung des Gehalts des Postmeisters Köppen in Neustadt." Mehrfache Bitten des neuen Postmeisters Allmer in Bützow um Gehaltsverbesserung fertigte Friedrich Franz jedoch mit dem kurzen Vermerk ab, er würde "mit seinem unstatthaften und zudringlichen Gesuch abgewiesen." (27. Octbr. 1832.)

Als 1825 die Einstellung eines Wagenmeisters für die Rostock - Demminer Post erforderlich wurde, dekretirte Friedrich Franz 20. September an Lehsten, "er hätte einen vorzuschlagen, der aber zum wenigsten das Fahren au^holten könne und nicht söff." Für einen Supplikanten, welcher sich um dieselbe Stelle beworben hatte, sprach Friedrich Franz bei Lehsten das Wort, "daß wenn es anginge, ich Supplikanten zu helfen wünschte, indem er ein sehr guter Mensch ist." Der Ober=Postdirektor Amtsberg in Rostock suchte bei dem Kabinetssekretair für einen kranken Wagenmeister ein geringes Holzdeputat auszuwirken. Friedrich Franz ließ Amtsberg erwidern (18. Juni 1827): "Das muß er wohl bei dem Generalpostmeister bewirken, der es sonst gewiß abschlägt."

Dem Chef der Postverwaltung stand seit den dreißiger Jahren ein Postinspektor zur Seite. Eigentliche Revisionen des Betriebes und der Kassen, wie es heute Gebrauch ist, waren in der meklenburgischen Postpraxis unbekannt. Der Chef und hie und da ein anderer Beauftragter inspicirten nur vereinzelt den Betrieb einer Postanstalt.

Eine Revision fand nur hinsichtlich der Rechnungslegung der Postanstalten bei dem Revisionsdepartement in Schwerin statt, dem Postbeamte zugetheilt wurden. Den Antrag der Kammer zur Schaffung eines eigenen Post=Revisionsbüreaus lehnte die Regierung ab (15. Mai 1835); doch fand fortan die technische Prüfung der Stundenzettel bei der Postadministration statt.

Die Zahl der Verkehrsanstalten war bis 1842 auf 61 gestiegen, davon 55 innerhalb Landes. Durch Verordnung vom

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 319 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

4. Dezember 1810 wurfen die Hauptpostämter in Schwerin, Güstrow und Rostock zu Ober=Postämtern, das Kontor zu Wismar zu einem Hauptpostamt erhoben; die bisherigen Postkontore erhielten die Amtsbezeichnung "Postämter". Am 29. September 1812 wurden die Postämter in Boizenburg und Wittenburg - die wegen Boizenburgs Zugehörigkeit zum Herzogthum Güstrow unter dem Ober=Postamt in Güstrow gestanden hatten - dem Ober=Postamte in Schwerin unterstellt. Unter dem 8. März 1818 erhielt das Hofpostamt in Ludwigslust die Funktionen eines Ober-Postamts. Die Vorsteher der Ober=Postämter, des Hauptpostamts und des Hofpostamts führten die Amtsbezeichnung Ober=Postamtsdirektor, Postdirektor, Hofpostmeister.

Das Land war seit 1818 in fünf Kursbezirke eingetheilt; die Bezirkshauptämter waren den Bezirkspostanstalten nicht vorgesetzt, sondern hatten vornehmlich nur das Kurs- und Rechnungswesen zu beaufsichtigen. In allen übrigen Beziehungen standen die Postanstalten unmittelbar unter der Kammer.

Unter dem Personal hatte die Zahl der Berufsbeamten erheblich zugenommen, da auch an kleineren Orten die Postgeschäfte wegen des gestiegenen Verkehrs an Umfang gewonnen hatten. Die wichtigsten Postämter des Landes Schwerin, Güstrow, Rostock, Ludwigslust, Boizenburg, Wismar, Gadebusch u. s. w. waren Fachbeamten anvertraut, vielfach waren auch an kleineren Orten die Postmeister- und Steuereinnehmestellen vereinigt, im Jahre 1836 allein an 21 Orten.

Das fixe Einkommen der Postbeamten war auch bis 1842 noch sehr gering; Nebeneinnahmen glichen diesen Mangel aber meist reichlich aus. Deshalb war der Andrang zum Postdienst immer sehr rege. Leider war auch die Beanwartschaftung auf bestimmte Dienststellen lange vor dem Ausscheiden der Stelleninhaber noch immer in Gebrauch, obgleich schon der Erbgroßherzog Friedrich Ludwig auf das Bedenkliche dieser Maßregel hingewiesen hatte. Seinen Bemühungen war es zu danken, daß Empfehlung und Fürsprache immer seltener zu einträglichen Stellen verhalfen, und daß der Diensthandel nie festen Fuß in der Verwaltung fassen konnte. Der Postschreiber "Braune hat mir", lautet ein Schreiben des Erbgroßherzogs über den Diensthandel, vom 5, Dezember 1814 an den Generalpostmeister von Lehsten "eine Eingabe eingereicht, in welcher er um Erlaubniß bittet, sich mit dem Postrath Wildfang [in Boizenburg] wegen Ueberlassung seines Dienstes zu arrangiren. Ich habe es ihm

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 320 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

aber rund abgeschlagen, da ich nie zugeben werde, daß der Diensthandel einreißt. Eine gleiche Bitte um die nämliche Stelle ward gestern Abend von einem andern beim Herzoge eingereicht. Ich habe demselben vorgestellt, wie nachtheilig diese Diensthändel sind, wie ungerecht für alle in diesem Departement dienende Leute, und so einen Abschlag erwirkt früher, ohne daß ich es zuvor erwirkt hatte, war dem Postsekretair Bergmann gestattet worden, so ein Arrangement bei der Boizenburger Stelle zu versuchen. Mit Genehmigung des Herzogs habe ich nun Vorkehr getroffen, daß nichts daraus werden soll. Wildfang ist freilich sehr unbrauchbar, es ist aber besser, man jubilirt ihn, als daß man Thor und Riegel zum Diensthandel öffnet. Ein solches Beispiel, und keine Ursache ist weiter vorhanden, es allen Uebrigen zu gestatten! Mit Plessen in Güstrow ist es freilich der Fall gewesen, allein lediglich die Consideration, daß man damals zu bange war - Furcht, die ich zwar nicht theilte -, um Jargow 1 ) wie wohlverdient zum Teufel zu jagen, bewog mich, nicht mit Hand und Fuß dagegen zu reden."

Das Personal ergänzte sich größtentheils aus Postschreibern, die jeder Postmeister nach eigener Wahl annehmen konnte. Vorschriften über die Qualifikation der Anwärter bestanden nicht. Der Regel nach rückten diese Privatpostschreiber bei Gelegenheit in etatäßige Postschreiber- oder Postmeisterstellen ein.

Seit 1820 traten junge Leute von Stande auch als Postaccessisten ein; sie hatten im Allgemeinen gleichen Dienst und gleiche Aussichten wie die Postschreiber. Bei der Beförderung entschied Großherzogliche Auswahl und Gnade. Aeltere Postmeister erhielten den Charakter Postrath, Postkommissär, auch Postsekretär. Die Postkrontoleure hatten um 1830 noch mit den Postschreibern gleichen Rang und Dienst. Die Postkommissäre gehörten zur 13. Klasse, die Ober=Postamtsdirektoren zur 8. Klasse (Majors) der Rangordnung. (11. Mai 1813.)

Die Ober=Postamtsdirektoren waren befugt, Beamten, Unterbeamten und Postillonen außer Geld- auch Arreststrafen aufzuerlegen.

Eine Uniform (Montirung) besaßen bis in den Anfang dieses Jahrhunderts hinein nur die Schirr- und Wagenmeister und die Postillone. Erst im Jahre 1807 erhielten auch die Postoffizianten eine Uniform. Als Herzog Friedrich Franz 1807 in sein Land zurückkehrte, fand in den Orten, die er auf seiner


1) Justizrath Jargow hatte sich von dem französischen Gouverneur Laval 1806 die Postdirektorstelle in Güstrow übertragen lassen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 321 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Reise berührte, feierlicher Empfang statt. Bei dieser Gelegenheit präsentirte sich ihm in Lübtheen der Postmeister Kenzler in einer frei erfundenen Uniform. "Die Uniform" hieß es in einem aus dieser Veranlassung am 9. Dezember 1807 an die Kammer erlassenen Reskript, "welche der Postrath Kenzler zu Lübtheen zu den Feierlichkeiten bei Unserer Rückkehr in Unser Land sich hatte machen lassen, gefiel Uns dermaßen gut, daß wir sogleich beschlossen, nicht nur ihm die fernere Tragung derselben zu erlauben, sondern solche auch für Unsere übrigen Postoffizianten nach den gehörigen Abstufungen einzuführen. Die desfallsigen auf Unsern Befehl von ihm eingereichten Zeichnungen und Beschreibungen werden Unserem Cammer=Collegio hierneben originaliter übermittelt. Es hat solche einzusehen und baldigst sein Erachten darüber abzugeben."

Die Kammer trug Bedenken, die Einführung der Uniform zu empfehlen, weil sie viel zu reich und kostspielig sei als tägliche Kleidung von Angehörigen eines der untersten Departements. Darauf wurde die Einführung der Uniform einstweilen verschoben. Erst im Jahre 1810, als die Ober=Postamtsdirektoren die Bitte um Gewährung einer Postuniform aussprachen, wurde die Einführung einer Postuniform befohlen. Die Uniform, die zuerst bei dem feierlichen Aufzuge zur Einholung der Erbprinzessin Caroline, geb. Prinzessin von Weimar, angelegt werden sollte, bestand aus blauem Tuch mit scharlachrothen Kragen und Aufschlägen; am Kragen u. s. w. waren Gradabzeichen angebracht. Man unterschied die Dienstuniform von der Galauniform, welche reich mit Goldstickereien versehen war. Im Jahre 1832 wurde die Uniform weiter abgeändert und vereinfacht, da die Postmeister in den kleineren Städten wegen der hohen Anschaffungskosten vielfach noch immer ohne Uniform waren. Fortan hatten alle Postoffizianten den Dienst in Uniform auszuüben. Privat=Postschreiber durften die Uniform nicht anlegen.

Die Montirung der Schirrmeister und Postillone bestand aus dem Mantel und Ueberrock von blauem Tuch. Im Jahre 1828 gelangten für die Postillone Livreen und Kopfbedeckungen in meklenburgischen Farben, aber nach preußischem Schnitt und Muster zur Einführung; zu der Uniform der Postillone gehörte ein blauer Mantel mit rothem Futter und rothem Kragen, eine blaue Reitjacke mit rothem Besatz, eine graue Reithose mit rothem Vorstoß und eine rothe Schärpe mit Franzen, dazu noch Hut und Trompete. Außer dem Dienst durften die Postillone die Postmontirungsstücke nicht anlegen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 322 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Auf dem Gebiete des Kassen- und Rechnungswesens traten in der Zeit von 1785 bis 1842 große Umänderungen ein. Das finanzielle Ergebniß war dauernd ein gutes, wie oben schon angegeben worden ist. Die Ueberschüsse stiegen 1814/15 auf 32600 Rthlr., 1816/17 sogar auf 35000 Rthlr., sanken dann aber wieder langsam. Erst 1825/26 ergab sich wieder ein Ueberschuß von 28200 Rthlr. Seit 1830 begann ein außerordentliches Anwachsen der Ueberschüsse; dieselben betrugen 1834/35 52185 Rthlr., 1837/38 63763 Rthlr. und 1839/40 sogar 79295 Rthlr., endlich 1841/42 wieder 63171 Rthlr.

Die Bruttoeinnahme betrug 1834/35 152913 Rthlr., die Ausgabe 100728 Rthlr., also etwa 66 % der Einnahme; im Jahre 1841/42 belief sich die Roheinnahme schon auf 233270 Rthlr., die Ausgabe auf 170100 Rthlr., das ist 73% der Roheinnahme. Früher hatten die Ausgaben kaum 50% der Einnahmen betragen, ein Beweis, daß der Betrieb zwar kostspieliger, aber wesentlich besser geworden war.

Das Rechnungswesen erfuhr durchgreifende Aenderungen. Durch die Verordnung vom 30. November 1807 wurde auf Vorschlag der Revisionssekretärs Riedel ein neues Rechnungsverfahren für die Postverwaltung eingeführt. Bisher hatte die Aufgabepostanstalt über die bei ihr eingenommenen Gebühren Rechnung gelegt. Dadurch waren der herrschaftlichen Kasse aber immer namhafte Beträge entzogen worden, denn die Kontrole fehlte so gut wie ganz. Nach den neuen Vorschriften hatte die Bestimmungspostanstalt auf Grund der eingegangenen Karten die Gebühren nachzuweisen. Baar erhobene Gebühren waren von der Aufgabeanstalt an die Bestimmungspostanstalt baar zu übersenden. Da die Karten jetzt am Orte blieben, war der Stand der Kasse immer leicht zu übersehen.

Die um diese Zeit angeregte Etatisirung von Einnahme und Ausgabe nach preußischem Muster gelangte noch nicht zur Einführung. Erst im Jahre 1832 (Verordnung vom 6. Februar) wurde für den Bereich der Postverwaltung die Veranschlagung von Einnahmen und Ausgaben angeordnet. Das Schema zum Etat rührte von dem Postrath von Pritzbuer her. Neben Etatisirung von Einnahme und Ausgabe handelte es sich vor Allem um möglichst genaue Schätzung des Ueberschusses; im Etat war demnächst angegeben, wieviel zu diesem Ueberschuß von den Bezirksdirektionen zu liefern war. Das Rechnungsjahr begann den gesetzlichen Landesterminen zufolge mit Johannis (24. Juni). Mit Johannis 1832 traten die Postämter in Rehna, Gadebusch,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 323 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Wittenburg und Boizenburg aus ihrem Verhältniß zur Reluitionskasse zurück; sie rechneten von jetzt an wie die übrigen Postanstalten mit der Renterei ab.

Die Reform des Taxwesens blieb bis zum Jahre 1842 eine ungelöste Frage. Mancherlei Versuche wurden gemacht, den Zeitverhältnissen entsprechende Umwandlungen der Taxe vorzunehmen, aber kein Mittel brachte den erhofften Erfolg. Da etwas geschehen mußte, um die einer drückenden Steuer gleichenden Postgebühren zu ermäßigen, so wurden ermäßigte Lokaltaxen geschaffen für den zwischen Nachbarorten ober nach größeren Städten gerichteten Verkehr, dadurch entstanden aber wieder zahlreiche Ungleichheiten, da die Grundsätze, nach denen die Abänderungen erfolgten, je nach Ort und Zeit verschieden bemessen waren. Um dem meklenburgischen Handel aufzuhelfen, wurde z. B. das Porto für Wein von und nach Wismar ermäßigt, nach Lübeck erhöht; ebenso wurde für Büchersendungen eineTax ermäßigung allgemein zugestanden. Größeren Firmen, Banken, Handlungshäusern (selbst in Hamburg) wurde ein bestimmter Portonachlaß in Prozenten zugebilligt. In einem Falle wurde auch bei Einlieferung von Packeten im Gesammtgewicht von 10000  im Jahr ein Portoerlaß von 10 %, über 10000 bis 20000  ein solcher von 15% u. s. w. zugebilligt.

Das Ungesunde in diesem Verfahren lag darin, daß der Großbetrieb, ferner auch die größeren Städte Vortheil aus den Taxänderungen hatte, während der kleine Mann an abgelegenen Orten nach wie vor die hohen Sätze von 1805 zu zahlen hatte. Nach der Taxe von 1770 kostete ein Brief von Schwerin nach Bützow 2 ß., Güstrow 2 ß., Röbel 4 ß., Stavenhagen 4 ß., Rostock 2 ß.; in der Taxe von 1805 waren die Sätze erhöht auf 3, 3, 6, 6 und 3 ß, durchweg also um 50 %. Ein Brief nach Stuttgart kostete 17 ß. (etwa 1 M. 50 Pfg. nach unserem Gelde); das interne Porto bis Hamburg betrug hiervon 4 ß. Ein Brief kostete (1839) von Boizenburg nach Neustadt 7 1/2 ß., dagegen nach Plau nur 4 ß., nach Röbel 5 1/2 ß., nach Malchin 5 ß., und gar nach Warin 6 ß. Es galt eben noch der Grundsatz, das Porto nicht nach der direkten Entfernung, sondern nach dem von der Sendung wirklich zurückgelegten Wege zu berechnen.

Entsprechend den gesteigerten Verkehrsverhältnissen war besonders seit 1830 der Verbesserung des Expeditionsdienstes bei den Postanstalten die Aufmerksamkeit der Verwaltung zugewendet. Zahlreiche Neuerungen gelangten zur Einführung: Abstempelung der Briefe bei der Aufgabepostanstalt (10. November 1810), Fest=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 324 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

setzung anderer Beförderungsfristen in der Grundlage der durch den Hauptmann von Seydewitz 1813 - 1816 ausgeführten Neuvermessung der öffentlichen Straßen, Einführung der Beschwerdebücher (25. Juli 1812), Ermäßigung der Taxe für Drucksachen auf 1/4 des Briefportos seit 1831 u. s. w. Auf die Einführung verdeckter Wagen ist schon oben hingewiesen worden; die Fahrt mit denselben kostete seit 1819 aber 10 ß. für die Meile, während für Reisen auf offenen Wagen nur 8 ß. zu zahlen waren.

Die Beförderungsfristen betrugen im Jahre 1842 auf die

Meile auf Chausseen auf gewöhnlichen Wegen
  für Fahrposten   50 Minuten   1 1/2 Stunde
  für Schnellposten   40 Minuten   1 Stunde
  für Extraposten   45 Minuten   1 Stunde
  für Kuriere   35 Minuten   45 Minuten
  für Estaffetten   40 Minuten   50 Minuten.

Nur auf Stationen von 5 Meilen und mehr konnten diese Fristen ausnahmsweise überschritten werden.

Das Reisen mit Extraposten war verhältnißmäßig theuer. Es war zu zahlen

für ein Extrapostpferd pro Meile 16 ß.
für einen Wagen pro Meile 12 ß.
für eine Kalesche pro Meile 8 ß.
an Expeditionsgebühren 8 ß.
an Postillonstrinkgeld  
   für 3 Meilen bei 2 Pferden 12 ß.
   für 3 Meilen bei 3 Pferden 16 ß.
   für 3 Meilen bei 4 Pferden 20 ß.

Eine Reise mit Extrapost auf 4 Meilen kostete damals rund 5 Thaler.

Die Wegeverhältnisse hatten sich mit Rücksicht auf den lebhaften Chausseebau gegen früher erheblich verbessert, wenn wir auch den heutigen Maßstab nicht zu Grunde legen dürfen. Noch 1842 war die Straße zwischen Wismar und Neubukow in so schlechtem Stande, daß die Post hier oft umwarf und das mit dem Wiederaufrichten des Wagens beschäftigte Hülfspersonal bis zu den Hüften in den im Planum des Weges befindlichen tiefen Morast einsank. Es war vorgekommen, daß der Schirrmeister eines Tages 4 1/2 Stunden in bitterkalter Nacht am Ausrichten des Wagens arbeiten mußte und fast dabei umgekommen wäre. Bald nach diesem Unfall konnten sogar 7 Vorspannpferde den in der schlechten Wegstelle steckenden Wagen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 325 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nicht wieder herausziehen. Sehr häufig trat der Fall ein, daß die Passagiere bei dieser Wegstelle den Postwagen verließen und sich zu Fuß nach der nächsten Stadt aufmachten.

Die Neuvermessung der Straßen hatte auf den ganzen Betrieb der Post größeren Einfluß, als man glauben möchte, da alle Beförderungsfristen, die Fuhrgelder und Anschlüsse der Posten verändert werden mußten; es betrugen z. B. die Entfernungen in Meilen

nach der Postordnung nach der Neuvermessung
Schwerin - Crivitz 2 2 1/2
Crivitz - Parchim 2 3    
Schwerin - Parchim 4 5 1/2
Rostock - Ribnitz 3 3 1/2
Ribnitz - Damgarten 1 1/2
Rostock - Damgarten 4 4    

Mustersendungen kannte die meklenburgische Postpraxis seit 1831; sie kosteten bis 2 Loth Gewicht einfaches Briefporto.

Trotz mancher Neuerungen hastete dem Expeditionsdienst doch noch genug alter Zopf an, so z. B. der Gebrauch, alle Briefe einzeln in die Karten einzutragen. Die Post von Rostock brachte 1814 durchschnittlich nach Schwerin 500 Briefe; von diesen blieben etwa 200 Stück in Schwerin, die übrigen mit den in Schwerin eingelieferten Briefen mußten umgeschrieben, d. h. namentlich in die Karten von Schwerin übertragen werden. Welche Mühewaltung diese Arbeit dem knapp bemessenen Personal verursachte, und wie oft wohl die Frist zur Abfahrt versäumt wurde, läßt sich unschwer ausdenken; deshalb waren die Haltefristen auf Wechselstationen oft auf mehrere Stunden bemessen. Im Jahre 1816 wurde nach langem Zögern versuchsweise dem Postamt Schwerin gestattet, die Briefe summarisch nach der Stückzahl einzutragen. Trotzdem dieser Versuch glückte, war allen übrigen Postanstalten bei 10 Rthlr. Strafe verboten, das neue Verfahren anzuwenden. Erst 1825 wurde dem Postamte in Güstrow erlaubt, summarisch zu kartieren, erheblich später auch den übrigen Postanstalten. Damit fiel natürlich auch der altgeheiligte Gebrauch, die angekommene Postkarte öffentlich zu Jedermanns Kenntniß auszuhängen.

Seit 1814 waren vereinzelt direkte Kartenschlüsse über eine Zwischenanstalt in Gebrauch. Auch das war eine wichtige Neuerung, um die Last des Umschreibens der Ladung an Unterwegsorten zu erleichtern.

Das Verlagsverfahren wurde 1810 zunächst für Behörden, seit 1830 auch für Privatpersonen zugelassen; der Verlag kam

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 326 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

erst zur Auszahlung, wenn die Sendung am Bestimmungsorte eingelöst und der eingezogene Betrag bei der Aufgabeanstalt eingegangen war. Als Gebühr, procura, wurde von jedem Thaler 3 ß. von den Beamten für eigene Rechnung erhoben.

Auch wegen des Zeitungswesens wurden in dieser Periode Bestimmungen getroffen. Früher hatte der Zeitungsvertrieb allein in den Händen der Postmeister gelegen. Auch das offizielle Regierungsorgan, das Intelligenzblatt, spätere offizielle Wochenblatt, war eng mit der Post verbunden, da der jedesmalige Vorsteher des Ober=Postamts in Schwerin die Redaction des Blattes führte. Der Postdirektor Hennemann bezog den ganzen Reinertrag des Blattes und hatte nur eine beschränkte Zahl von Freiexemplaren zu liefern. Der Ueberschuß betrug um 1800 vielleicht 1500 Rthlr. N 2/2. 1806 erhielt nach Hennemanns Tode der Postdirektor Bartning den Verlag mit der Bedingung, die Hälfte des Ertrages aus dem Blatte den Hinterbliebenen Hennemanns auf 10 Jahre zu zahlen. Im Jahre 1816 belief sich der Ueberschuß des Blattes auf 2200 Rthlr. N 2/2. Als in den zwanziger Jahren die Redaktionsgeschäfte zu sehr anwuchsen, wurde die Redaktion von dem Ober=Postamte abgezweigt. Die Hälfte des Ueberschusses floß aber auch künftig dem Ober=Postamte zu, ein Viertel wurde zur Renterei abgeführt; den Rest erhielt der Redakteur, Advokat Bartning, auf dessen Gefahr und Kosten die Leitung des Blattes lief. 1834 übernahm die Regierung die Expedition selbständig. Im offiziellen Wochenblatt wurden sämmtliche auf das Postwesen bezüglichen Mittheilungen veröffentlicht. Jedes Postamt erhielt ein Exemplar des Blattes.

Um den Zeitungsvertrieb war es schlecht bestellt, denn die Postämter stellten die Preise für die Zeitungen so hoch, daß nur die Wohlhabenden sich den Luxus einer eigenen Zeitung erlauben konnten. Eine Kontrole der Regierung fehlte vollständig. Im Bezirk des Postamts Güstrow wurden 1807 gelesen und aus Hamburg bezogen:

274 Stück Hamburger Korrespondent Klammer Der Bezugspreis betrug rund 505 Rthlr.
17 " Neue Zeitung
4 " Addreßblatt
25 " Politisches Journal
4 " Minerva
1 " Wetzlarsche Zeitung

Der Preis der Zeitungen war 1831 der folgende:

  Bezugspreis Absatzpreis
Hamburger Korrespondent 4 Rthlr. 7 Rthlr.
Addreßblatt 4 Rthlr. 7 Rthlr.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 327 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  Bezugspreis Absatzpreis
Berliner Zeitung 6 Rthlr. 20 ß. 7 Rthlr. 20 ß.
Schweriner Zeitung 1 Rthlr. 12 ß. 2 Rthlr.      
Rostocker Zeitung 1 Rthlr. 32 ß. 3 Rthlr.      

Diese Vertheuerung der Zeitungen kam fast einem Verbot gleich, zumal auch die kleineren Postämter ihren Antheil an der Accidenz auf der Erlaßpreis der Hauptämter aufschlugen; kostete doch die Berliner Zeitung in Waren im Jahre 1829 10 Rthlr. (in Berlin 4 Thaler). Dabei waren die Grundsätze, nach welchen die Zeitungsgebühren auf den Bezugspreis geschlagen wurden, außerordentlich verschieden; alle Aemter gingen selbständig vor, unbekümmert darum, ob hierdurch eine Hamburger Zeitung in Gadebusch theurer war als in Röbel oder Waren.

Klagen und Vorstellungen aus allen Kreisen der Bevölkerung das Zeitungswesen endlich den Forderungen der Zeit anzupassen, fruchteten nichts, denn die Regierung trug Bedenken, in die den Postoffizianten an dem Zeitungsvertriebe zustehenden Rechte einzugreifen, da die Erträge des Monopols bei Fixirung der Gehälter in Rechnung gezogen waren. Noch durch Verordnung vom 2. Oktober 1822 war das Recht der Ober=Postamtsdirektoren auf den Zeitungsdebit erneut anerkannt worden. Im Jahre 1832 kamen auf bei den Postämtern an Zeitungsgeld und Gewinn

    Zeitungsgeld Gewinn
in Rostock 3622 Rthlr." 1014 Rthlr. d.i. 28%
" Güstrow 4744 " 1733 " " 36%
" Schwerin 3298 " 922 " " 28%
" Ludwigslust 1476 " 383 " " 28%
" Wismar 691 " 193 " " 28%
" Hamburg 1798 " 247 " " 14%
" Boizenburg 524 " 125 " " 24%

Nachdem über die Umwandlung des Zeitungswesens lange verhandelt worden war, regelte die Regierung durch Verordnung vom 1. Dezember 1834 den Zeitungsbezug, indem sie vom 1. Januar 1835 den Preis für eine größere Zahl von Zeitungen bestimmte. Der erste Preiskurant umfaßte 73 Zeitungen und Zeitschriften; die Zeitungspreise waren nunmehr im ganzen Lande gleich, wenn auch noch immer verhältnißmäßig 'hoch, da z. B. der Hamburger Korrespondent, das am meisten gelesene Blatt, bei einem Bezugspreise von 4 Rthlr. an die Leser für 7 Rthlr. abgelassen wurde. Die Zeitungsaccidenz floß auch fernerhin als Theil des Gehalts den Postämtern zu. Uebrigens durfte jeder Leser die einzelnen Zeitungsnummern auch direkt vom Verleger

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 328 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

beziehen; das Porto betrug in solchem Falle 1/4 des Briefportos, mindestens 1/2 ß.; eine dreimal wöchentlich erscheinende Zeitung kostete somit 1 1/2 Rthlr. an Porto, sodaß auch jetzt den Postämtern das Zeitungsmonopol ungeschmälert erhalten blieb.

Der Preiskurant von 1841 umfaßte bereits an Zeitungen 157 deutsche, 25 französische, 10 englische, 1 holländische. -

Postmeister Kenzler 1807.
Postmeister Kenzler 1807.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 329 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

V. Das Postwesen in Meklenburg - Schwerin von 1842 bis 1867.

Die letzte Periode der Entwicklungsgeschichte des ehemaligen Landespostwesens in Meklenburg=Schwerin, von 1842 bis 1867, fällt ganz in die Regierungszeit des Großherzogs Frirdrich Franz II., der im Jahre 1842 den Thron bestieg. so kurz diese Periode ist, so traten während derselben im Postwesen so mannigfaltige und einschneidende Umgestaltungen und Neuerungen ein, daß die Postverwaltung durch sie ein gegen früher wesentlich verändertes Gepräge erhielt.

Vor 1842 war die Post in Meklenburg ein Landesinstitut nnt vollkommen eigener Entwicklung, die sich von fremden Einflüssen so gut wie ganz frei gehalten hatte. Beziehungen zu anderen deutschen Postverwaltungen bestanden zwar, aber weniger zu dem Zweck, Verkehrserleichterungen zu schaffen, als vielmehr, um den Austausch der Korrespondenz und den Ausgleich der Gebühren zu sichern. Aehnlich lagen die Verhältnisse auch in anderen deutschen Staaten. In Deutschland bestanden damals 15 Einzelpostverwaltungen, die sämmtlich Betrieb und Verwaltung im Postwesen nach eigenen Grundsätzen handhabten, ohne auf die gleichartigen Verhältnisse der Nachbarstaaten Rücksicht zu nehmen. Jede Postverwaltung erhob für die durchgehende Korrespondenz durchweg sehr hohe Transitabgaben, mochte der Antheil einer Postverwaltung an der Beförderung auch noch so geringfügig sein. Die einzelnen Taxsysteme waren die denkbarst verschiedenen; kaum ähnelte eins dem anderen. Das Gewicht des einfachen Briefes war in den wenigsten Staaten gleich. In den Gewichts- und Portoprogressionen fand noch größere Verschiedenheit statt. Hierzu kam noch die Verschiedenheit der Landesgewichte und Landesmünzen, sodaß auch der geübteste Postbeamte außer Stande war, in dem Wirrwar des damaligen Postwesens den Portobetrag der ihm zur Weiterbeförderung durch mehrere deutsche Bundesstaaten übergebenen Briefe genau zu ermitteln. "Wie sehr der Korrespondenzverkehr im Innern der deutschen Bundesstaaten durch ein solches Verfahren erschwert wurde, liegt auf der Hand und hätte man sich zur Aufgabe gestellt, denselben erschweren zu wollen, so würde man diese Aufgabe kaum besser haben lösen können."

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 330 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Zerrissenheit Deutschlands auf postalischem Gebiet trat um so mehr in die Erscheinung, als der deutsche Zollverein bereits die Mehrzahl der deutschen Staaten zu einem einheitlichen Wirthschaftsgebiet zusammen geschlossen hatte, und Eisenbahnen, Dampfschiffe und Telegraphen dem Beförderungs- und Nachrichtenwesen einen ungeahnten Aufschwung verliehen. Die Reform des deutschen Postwesens war zur brennenden Tagesfrage geworden.

Die politische Bewegung der vierziger und fünfziger Jahre gab den unmittelbaren Anstoß zu der lang ersehnten Postreform.

Da die kleine meklenburgische Postverwaltung bei der 1847 beginnenden Reformarbeit weniger der gebende als vielmehr der empfangende Theil war, so werden sich diese Zeilen darauf beschränken müssen, lediglich die Wirkung der Postreform in Meklenburg in kurzen Zügen darzulegen.

Im Jahre 1847 legten Preußen und Oesterreich der meklenburgischen Regierung den Plan einer Konferenz über die Grundlagen eines allgemeinen deutschen Postvereins vor, der dem Postverkehr der deutschen Bundesstaaten unter einander ein System freier Bewegung und billiger, gleichmäßiger Portotaxen sobald als möglich sichern sollte. Als die Einladung Preußens zur Beschickung der ersten deutschen Postkonferenz in Dresden in Schwerin einlief, ließ die meklenburgische Regierung ohne Zögern ihre Zustimmung zu dem Einheitswerk erklären. Trotzdem die Konferenz in Dresden infolge der politischen Bewegung zu keinem greifbaren Resultat kam, war sie der Anlaß einer durchgreifenden Tarifreform in Meklenburg, die 1848 zum Abschluß kam. An Stelle der bis dahin mit unzähligen Abstufungen bestehenden Lokaltaxen und der unzweckmäßigen Sondertaxen trat jetzt ein Zonentarif für Entfernungen bis 3, über 3 bis 6 und über 6 Meilen, wofür ein Porto von 1, 1 1/2 und 3 ß. zu entrichten war. Das Einheitsgewicht des Briefes betrug bis 1 Loth ausschließlich. Der althergebrachte Gebrauch, die Taxe nach der Weite des wirklich von der Sendung durchlaufenen Weges zu berechnen, trat hiermit außer Anwendung. Für die Portoberechnung kam fortan nur die direkte Entfernung des Abgangs- und Bestimmungsorts in Betracht.

Auf den Beschlüssen der Konferenz beruhten auch die 1849 auf von Pritzbuer's Betreiben erlassenen neuen Expeditionsvorschriften, die mit dem alten, auf Herkommen und Willkür beruhenden Expeditionsverfahren brachen und in glücklichster Weise dem Vereinsgedanken Rechnung trugen, da die neuen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 331 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Vorschriften gleichzeitig im Verkehr mit Preußen, Meklenburg=Strelitz, Hannover, Lauenburg und Dänemark zur Anwendung kamen.

Inzwischen hatte der Vereinsgedanke feste Form erlangt, und Meklenburg - Schwerin trat dem von Preußen und Oesterreich ins Leben gerufenen deutsch=österreichischen Postverein vom 1. Januar 1851 ab bei.

Mit großem Interesse nahm die meklenburgische Postverwaltung an den Vereinsbestrebungen theil. Jede vom Verein ausgehende Neuerung und Anregung fand sofort nutzbringende Verwerthung in Meklenburg. Auf allen späteren Postkonferenzen war die meklenburgische Postverwaltung vertreten.

Dem Beitritt zum Postverein folgte der Abschluß einer Reihe von Einzelverträgen mit den Nachbarstaaten Preußen, Meklenburg=Strelitz, Lübeck und Dänemark, um in Grundlage der Vereinsbestimmungen die gegenseitigen Postbeziehungen im Interesse der Verkehrserleichterung neu zu regeln.

Der Postverein, die Zeitverhältnisse und die rasche Entwicklung des Verkehrs seit der Mitte der vierziger Jahre brachten auch im inneren Gefüge der Landespost zahlreiche Umgestaltungen hervor. Die Verbesserung der Postbetriebsmittel, der Postkurse, lief unaufhörlich mit der Verkehrszunahme Hand in Hand.

Die kleineren Städte des Landes hatten 1847 mindestens zweimalige Fahrpostverbindung in der Woche. Größere Orte besaßen dagegen tägliche Verbinbungen mittels Schnell-, Fahr- oder Reitposten, Schwerin und Rostock hatten bereits täglich mehrmals kursirende Posten nach außerhalb.

Die Einführung der Eisenbahnen hatte auf die Gestaltung der Postkurse naturgemäß tiefgreifenden Einfluß. Am 15. Dktober 1846 wurde auf der Strecke von Berlin nach Boizenburg und am 15. Dezember d. Js. zwischen Boizenburg und Hamburg der Betrieb eröffnet. Eigene meklenburgische Eisenbahnen kursirten seit dem 1. Mai 1847 zwischen Hagenow und Schwerin, seit dem 12. Juli 1848 zwischen Schwerin und Wismar, seit dem 13. Mai 1850 zwischen Kleinen und Rostock über Bützow und von Bützow nach Güstrow. 1 ) Das äußere Bild des meklenburgischen Postkursnetzes ließ bereits im Jahre 1850 wesentliche


1) Die einzige Staatsbahn in Meklenburg, die Friedrich=Franz=Eisenbahn, eröffnete ihren Betrieb zwischen Güstrow und Neubrandenburg erst am 15. November 1864 und zwischen Neubrandenburg und der Preußischen Landesgrenze (Strasburg, Uckm.) am 1. Januar 1867. (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 332 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Formationsänderungen erkennen. Die alten Postkurse von Rostock, Güstrow (Neubrandenburg) und Schwerin (Neustrelitz) nach Hamburg, das hundertjährige Rückgrat des heimischen Kurssystems, waren verschwunden; auf den Hauptrouten verkehrten jetzt Eisenbahnen, zahlreiche Seiten=Postkurse stellten die Verbindung mit dem Innern des Landes her. Postkurse von größerer Ausdehnung fanden sich fortan nur noch im östlichen Theile des Landes. Die Schnellposten wurden als entbehrlich beseitigt, da die bislang von ihnen berührten Orte jetzt Eisenbahnverbindungen erhalten hatten. An die Stelle der Schnellposten traten Personenposten, welche strahlenförmig von den verschiedenen Eisenbahnstationen sich in das Land verzweigten. Die neuen Posten kursirten meist täglich, an manchen Orten auch mehrmals täglich, im unmittelbaren Anschluß an die Eisenbahnzüge und berührten alle Städte des Landes, sodaß die Erschließung Meklenburgs für den Markt jetzt schnelle Fortschritte machte.

Durch die vielfachen Neuerungen und organischen Aenderungen im Postwesen war die Arbeitslast, welche mit der Verwaltung der Postgeschäfte verbunden war, so sehr angewachsen, daß bei der im Jahre 1849 durch die politischen Ereignisse nothwendig gewordenen Organisation der obersten Staatsbehörden auch den Bedürfnissen des Postwesens Rechnung getragen wurde. Nachdem in Ausführung des Staatsgrundgesetzes vom 10. Oktober 1849 die Verwaltung des Postwesens aus dem Geschäftsbereich der Kammer herausgenommen und dem neu gebildeten Finanzministerium übertragen worden war, wurde noch unter dem 29. Oktober für die spezielle Leitung der Postangelegenheiten eine Generalpostdirektion geschaffen, welche dem Finanzministerium unmittelbar unterstehen und eine Abtheilung desselben bilden sollte. Auch die Verwaltung des Telpegraphenwesens gehörte zu dem Geschäftskreis der neuen Behörde. An demselben Tage wurde dem bisherigen Referenten für Postangelegenheiten im Kammer=Kollegium, Geh. Postrath von Pritzbuer, die unmittelbare Direktion der Postverwaltung übertragen.

Eine treue Stütze fand der Ressortchef an dem der Generalpostdirektion zugetheilten Postinspektor, späteren Ober=Postamtsdirektor Flügge, der mit außerordentlicher Erfahrung und Sachkenntniß große geistige Regsamkeit und Gewandtheit verband


(  ...  ) Außerdem war Ende 1865 bereits die Eisenbahn von Kleinen nach Lübeck konzessioniert; sie eröffnete ihren Betrieb aber erst im Jahre 1870, nachdem die Verwaltung des meklenburgischen Postwesens bereits auf den Norddeutschen Bund übergegangen war.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 333 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und zu mancher Neuerung besonders im Kurswesen die erste Anregung gab.

Fast jedes Jahr brachte neue Ausgaben für die Postverwaltung, aber immer war die meklenburgische Postverwaltung bemüht, den ständig wechselnden Schwankungen des Verkehrs Rechnung zu tragen und ihren Organismus den mannigfaltigen Bedürfnissen der wirthschaftlichen Entwicklung anzupassen.

Allen Postverwaltungen voran, ordnete die Generalpostdirektion noch Ende 1852 die Umspedition der Fahrpostsendungen (Geldbriefe) in den Eisenbahnspeditions=Büreaus an, während bisher dieselben an den Ortspostanstalten, Uebergangsorten von und zu der Eisenbahn, umgearbeitet werden mußten, allerdings meist auf Kosten des pünktlichen Laufes der Posten.

In demselben Jahre wurden auf den Landposten sämmtliche Schirrmeister zurückgezogen.

Im Jahre 1853 wurde bei dem Ober=Postamte in Schwerin ein Anmeldebüreau für fehlende und überzählige Postsendungen eingerichtet, sodaß die Unterbringung derartiger Gegenstände jetzt sehr erleichtert war.

Die Zeit 1851 für Briefsendungen bestehende Expreßbestellung wurde 1853 auch auf Fahrpostsendungen erweitert.

Besonders das Zeitungswesen bildete wegen der andauernden Verwicklung der Zeitverhältnisse, an der alle Kreise des Publikums reges Interesse nahmen, einen wichtigen Gegenstand für die Aufmerksamkeit der Verwaltung.

Einen wesentlichen Fortschritt bezeichnete das vom 1. Januar 1855 für den inneren Verkehr Meklenburgs sowie für den Verkehr nach Lübeck und Hamburg eingeführte Baarzahlungsverfahren. Es konnten auf einen Brief u. s. w. Beträge bis zu 50 Rthlr. zur Auszahlung an den in der Adresse bezeichneten Empfänger bei alten Postämtern des Landes zur Einzahlung gelangen. Die Baarzahlungen bürgerten sich im Verkehr um so leichter ein, als nicht wie in anderen Postverwaltungen eine gegen das Werthporto sehr erhebliche Einzahlungsgebühr für jeden Thaler, sondern das einfache Werthporto erhoben wurde. Der Vortheil des neuen Verfahrens lag auf beiden Seiten; für das Publikum war es bequem, einfach und billig, die Postverwaltung aber gewann dabei besonders dadurch, daß sofort in der Zahl der Briefe mit geringem Werth eine außerordentliche Abnahme gegen früher eintrat. In demselben Maße verminderte sich naturgemäß das Risiko, welches bisher für die Postverwaltung mit der Beförderung der zahlreichen Werthbriefe

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 334 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

verbunden war. Schon im ersten Jahre belief sich die Zahl der Einzahlungen auf 54608 Stück zum Gesammtbetrage von 782391 Rthlr. 1 )

Im Jahre 1856 wurden in Meklenburg die ersten Freimarken und Frankokouverts eingeführt. Eine Nachbildung derselben findet sich auf der letzten Seite dieses Abschnitts.

Auf dem Gebiete des Gewichtssystems hatten bisher innerhalb des Postvereins noch manche Ungleichheiten bestanden. Erst im Jahre 1857 trat ein Wechsel ein, indem nun für das Vereinsgebiet, mit Ausschluß Oesterreichs, das Zollgewicht (1  zu 30 Loth = 500 g) zur Einführung gelangte. In Meklenburg=Schwerin bestand bisher ein leichteres Gewicht (1  zu 32 Loth = 484,7 g). Das neue Gewichtssystem hatte für das Publikum den Vortheil, daß im internen meklenburgischen Verkehr bei gleichbleibender Taxe durch den Wechsel des Gewichts eine indirekte Taxermäßigung erzielt wurde, da jetzt vielfach für einen Brief nur einfaches Porto zu zahlen war, der früher schon doppeltes Porto kostete.

Schon in den fünfziger Jahren wurde eine Neuregelung des Portotarifs von 1848 eingehend erwogen. Die Entscheidung der Frage war schwierig, da einerseits eine allgemeine Ermäßigung des Tarifs eintreten, andererseits aber auch eine erhebliche Verminderung der damaligen Ueberschüsse möglichst vermieden werden sollte.

Nach langen Verhandlungen wurde im Januar 1863 eine Lokaltaxe für Ortskorrespondenz und damit die in anderen Verwaltungen schon vielfach bestehende, auch in Meklenburg bereits seit Jahren als wünschenswerth bezeichnete Einrichtung einer Stadtpost in allen Postorten des Landes eingerichtet. Die Stadtpost brachte in dem ersten Halbjahr ihres Bestehens bereits einen Ertrag von rund 500 Rthlr.

Unter dem 9. Juni 1863 wurde endlich das neue Porto=Tax=Regulativ erlassen. Die Grundlagen des neuen Taxsystems entsprachen denen von 1848 insoweit, als die geradlinige Entfernung, das Gewicht (unter Zugrundelegung des Pfundes von 500 g mit Eintheilung in 30 Loth) und der angegebene Werth für die Höhe der Taxe maßgebend sein sollten. Letztere war in meklenburgischem Kourant mit Eintheilung des Thalers in 48 ß., des Schillings in 12 Pfg. zu erheben. Dagegen waren die Zonen


1) In Preußen belief sich der Baarzahlungsverkehr im Jahre 1850 auf 80835 Einzahlungen zu 235195 Rthlr.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 335 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

erweitert auf 5, über 5 bis 10 und über 10 Meilen, während die Taxen 1, 2 und 3 ß. für den einfachen Brief zum Höchstgewicht von 1 Loth = 16,67 g betragen sollten. Das Regulativ umfaßte weiter Bestimmungen über Sendungen unter Band, Waarenproben und Muster, rekommandirte Sendungen u. s. w. Das Retourporto wurde aufgehoben.

Für Fahrpostsendungen wurde ein Minimal=Fahrpostportotarif eingeführt. Weitere Bestimmungen regelten die Ersatzfrage, Werthporto, Unbestellbarkeit, Land- und Stadtporto (letzteres betrug bis zu 1 Loth ausschließlich 1/2 ß., 1 Loth und darüber bis zu 15 Loth = 1 ß.). Die bisher übliche Erhebung von Bestellgeldern für Briefpostsendungen wurde auch in dem Regulativ noch aufrechterhalten. Erst die Verordnung vom 6. Juni 1864 hob die Bestellgelder für Briefsendungen auf und bestimmte, daß das Bestellgeld für Fahrpostsendungen zusammen mit dem Porto für die Sendung erhoben werden sollte, mithin bei frankirten Fahrpostsendungen vom Absender.

Für den Reiseverkehr hatten aus früherer Zeit noch vereinzelte Beschränkungen bestanden, welche die Freiheit des Verkehrs hemmten. Durch die Verordnung vom 17. Februar 1865 wurden alle diese Beschränkungen des Reiseverkehrs aufgehoben, soweit sie bei Regulirung des Postfuhrwesens unter dem 4. August 1837 angeordnet und nicht schon in der Zwischenzeit aufgehoben worden waren (z. B. die Verpflichtung von Ausländern und Einheimischen zum 48stündigen Aufenthalt u. s. w.).

Nachnahmebeträge konnten seit 1865 bis zu 50 Rthlr. auf Briefen, Adressen und Werthbriefen erhoben werden. Das Baarzahlungsverfahren wurde mehr vervollkommnet.

Die günstige Lage Meklenburgs an der Ostseeküste legte der meklenburgischen Postverwaltung den Gedanken nahe, eigene Seepostlinien nach Schweden und Dänemark anzulegen. Mit Zähigkeit wurde dieser Plan seit dem Beginn dieses Jahrhunderts unablässig verfolgt.

Die Akten berichten von vielfältigen Versuchen, zwischen Rostock und schwedischen Häfen eine Seepostlinie anzulegen; 1817 zuerst angeregt, zerschlug sich der Plan aber immer wieder. Im Jahre 1842 wurden einzelne Seepostfahrten ausgeführt, aber der finanzielle Mißerfolg ließ den Plan nicht reifen. In den Jahren 1848, 1856 und 1858 wurden die Versuche erneuert, ohne indeß günstigere Ergebnisse zu erzielen, und die im Jahre 1864 zwischen Warnemünde und Schweden eingerichtete Post=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 336 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dampfschifflinie hatte nur eine Lebensdauer von einigen Wochen.

Eine direkte Seepostverbindung zwischen Meklenburg und Dänemark kam in den fünfziger Jahren zu Stande.

In Wismar hatte sich Ende der vierziger Jahre eine Gesellschaft zur Einrichtung regelmäßiger Dampfschifffahrten nach Kopenhagen gebildet. Das Unternehmen hatte die günstigsten Aussichten, da Wismar an das deutsche Eisenbahnnetz angeschlossen war. Es bot sich hierdurch die Möglichkeit, den Verkehr zwischen Schweden und Dänemark und Mittel- und Südeuropa zum großen Theil über Wismar zu leiten.

Auf der Route verkehrten zwei Postschiffe, "Obotrit" und "Friedrich Franz II." Leider verunglückte das Dampsschiff Friedrich Franz II. schon auf seiner ersten Reise, sodaß nun der Obotrit die Fahrten so lange allein ausführte, bis dänischer Seits die von einem dänischen Marineoffizier geführte "Sleswig" eingestellt wurde. Extrazüge vermittelten den Verkehr von Schwerin nach Wismar an den Ankunfts- und Abgangstagen der Dampfschiffe. Die Schifffahrt wurde alljährlich mit Beginn des Frühjahrs eröffnet und im November wieder geschlossen, da die Eisverhältnisse der Ostsee Winterfahrten nicht gestatteten.

Wegen Benutzung der neuen Dampfschifflinie wurde zwischen der meklenburgischen und dänischen Postverwaltung unter dern 28. März 1851 zu Hamburg ein Vertrag abgeschlossen.

Die meklenburgische Postverwaltung brachte der neuen Seepostlinie reges Interesse entgegen. Wie nicht anders zu erwarten stanb, war der Postverkehr der Linie noch sehr unbedeutend, aber es fehlten auch zunächst noch die günstigen Vorbedingungen für den Erfolg, Schnelligkeit, Häufigkeit und vor allen Dingen die Reklame für die Verbindung. Man konnte aber erwarten, daß mit der Zeit die Vortheile dieser bequemen Verbindung mit Dänemark weiter bekannt werden würden. Neben dem Geh. Postrath von Pritzbuer war es besonders der Postinspector Flügge, welcher in jeder nur möglichen Art und Weise das Unternehmen begünstigte. Beide Persönlichkeiten hatten schon den Plan erwogen, die Dampfschifffahrt für Rechnung der meklenburgischen Postverwaltung zu betreiben; der Plan war vor der Hand aber unausführbar, da es an geeignetem Schiffsmaterial mangelte.

Als dann im Jahre 1850 die Bundes=Centralkommission in Frankfurt am Main der meklenburgischen Postverwaltung fünf kleinere, zur deutschen Flotte gehörige Dampfschiffe zum Postdienst in der Ostsee anbot, dergestalt, daß die Schiffe in ihrer für den

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 337 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Marinedienst bestimmten Einrichtung verbleiben, auch das Marinepersonal die Führung behalten, übrigens die Schiffe für Kriegsfälle für die Flotte verfügbar gehalten werden sollten, ging die Generalpostdirektion ohne Zaudern auf das Anerbieten ein, aber die Verhandlungen zogen sich in die Länge und zerschlugen sich endlich ganz, als Zeitungsnachrichten aus dem Jahre 1852 von dem Verkauf der deutschen Flotte berichteten.

Nach dem Fehlschlagen dieses Versuches richtete die Generalpostdirektion ihr Augenmerk auf das Dampfschiff Obotrit. Das Schiff erschien für ihre Zwecke ganz geeignet, sodaß sie der Regierung den Ankauf desselben empfahl. Sie erstand das Schiff für den Preis von 15 000 Rthlr.

Der Generalpostdirektion wurde noch im Jahre 1853 die Leitung des Postdampfschiffwesens übertragen, dafür wurde das Telegraphenwesen von der Postverwaltung abgezweigt. Die örtliche Leitung der Dampfschifffahrt in Wismar unterstand einer besonderen Direktion unter dem Ober=Postamtsdirektor Ebeling und dem Amtmann Schröder; mit der Führung des Schiffes wurde der Kapitän Seth betraut.

Dem Publikum wurde durch Zeitungen und Prospekte von dem neuen Unternehmen Kenntniß gegeben. Flügge hatte persönlich zahlreiche Agenten an den größeren Handelsorten Mittel- und Süddeutschlands angeworben.

Der Betrieb wurde im März 1853 mit zwei wöchentlichen Fahrten eröffnet. Die Ueberfahrt dauerte 12 - 14 Stunden. Die Einnahmen beliefen sich im ersten Jahre auf 11046 Rthlr., die Ausgaben auf 21600 Rthlr., sodaß ein Zuschuß von 10554 Rthlr. aus der Postkasse zu zahlen war.

Das Jahr 1853 war das günstigste Betriebsjahr überhaupt. Die nächsten Jahre brachten wesentlich schlechtere Ergebnisse, da an dem Dampfschiff mehrfach kostspielige Reparaturen vorzunehmen waren, während welcher der Betrieb ruhen mußte, und in der Zwischenzeit die Dampfschifflinie Korsöer - Kopenhagen eine erdrückende Konkurrenz auszuüben begonnen hatte.

Nach siebenjährigem Bestehen hatte die Dampfschifffahrt einen Zuschuß von rund 80000 Rthlr. aus der Postkasse erfordert. Ende des Jahres 1859 wurden die Fahrten eingestellt; der "Obotrit" ging für 11000 Rthlr. in andere Hände über.

So bedauerlich der Mißerfolg des Unternehmens war, so ließ er sich doch voraussehen, da das Schiff für den Postdienst infolge seiner schwerfälligen Bauart ganz ungeeignet war, ein Schiff für die verkehrsreiche Seelinie auch durchaus nicht ausreichte, um sich

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 338 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gegenüber der Konkurrenz zu behaupten. Immerhin zeigt der Versuch, daß die kleine, aber rührige meklenburgische Postverwaltung auch verhältnißmäßig große Kosten nicht scheute, wenn es galt, wirthschaftliche Vortheile für Meklenburg zu erringen.

Durch die Fülle der Neuerungen, die in kurzer Zeit im Postwesen zur Durchführung gelangten, hatte sich in der Zeit von 1842 bis 1867 der innere Zustand der Postverwaltung wesentlich vervollkommnet. Der Begriff des Postzwangs bestand eigentlich nur noch dem Namen nach, da man jetzt von dem Grundsatz ausging, daß die Post infolge ihres pünktlichen Betriebes jede Konkurrenz aus dem Felde schlagen könnte. Nur das gewerbsmäßige Einsammeln von verschlossenen Briefen war unter Strafe gestellt; sonst konnte jedermann für dritte gelegentlich und unentgeltlich Briefe besorgen. Besonders die Beförderung von Briefen nach dem flachen Lande war ganz in das Belieben des Publikums gestellt. Für Gelder bestand kein Deklarations-, also auch kein Postzwang mehr, denn sobald eine Geldsenbung nicht deklarirt war, so gehörte sie zu den Päckereien, deren Beförderung jedem Unternehmer freistand. Ein Päckereizwang bestand nur noch gegenüber den Privateisenbahnen, die Packete bis zum Gewicht von 20  nicht befördern durften.

Die Haftpflicht bestand nur dem Absender gegenüber; für den Verlust rekommandirter Briefe wurde innerhalb 6 Monaten, vom Tage der Einlieferung der Sendung an gerechnet, eine Entschädigung von 14 Rthlr. gezahlt. Für Fahrpostsendungen ersetzte die Post den angegebenen bezw. den wahren Werth der Sendung; bei gewöhnlichen Päckereien betrug die Entschädigung 12 ß. (7 1/2 Sgr.) für jedes Pfund der verlorenen Sendung. Die Sicherung des Briefgeheimnisses sagte schon §. 19 des Staatsgrundgesetzes von 1849 zu. Verbote von Zeitungen waren nach §. 20 d. G. grundsätzlich ausgeschlossen; nach Aufhebung dieses Gesetzes traten auch die alten Bestimmungen, namentlich auch die Berechtigung der Regierung zum Verbot von Zeitungen, wieder in Kraft. Das Briefgeheimniß stand auch ohne gesetzliche Vorschriften nach altbewährtem Brauch in voller Achtung.

Die Veröffentlichung der postgesetzlichen Vorschriften erfolgte bis 1848 in dem offiziellen Wochenblatt, dann in dem "Regierungsblatt für das Großherzogthum Meklenburg=Schwerin" und gleichzeitig in dem auf Grund der Verordnung vom 10. Oktober 1849 herausgegebenen "Verordnungsblatt der Großherzoglich Meklenburg=Schwerinschen Postverwaltung".

Durch die Einrichtung einer eigenen Post=Centralbehörde, der Generalpostdirektion, wurde die günstige Entwicklung der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 339 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Postverwaltung zum Theil mit veranlaßt, da die Stellung des Ressortchefs selbständiger als früher im Kammerkollegium war und seine Thätigkeit kräftiger und unmittelbarer zum Ausdruck kam. Der Geh. Postrath von Pritzbuer wurde am 3. Mai 1851 zum General=Postdirektor ernannt; seit dem 26. Juli 1854 war er in der vierten Klasse der Hofrangordnung. Der ihm zur Seite stehende Postinspektor war in erster Linie Verwaltungsbeamter, wodurch seine Stellung im Postwesen großes Gewicht erhielt; eigentliche Revisionsgeschäfte lagen seinem Amte fern. Untersuchungen von Postdelikten, Beraubungen u. s. w. wurden durch Kammerprokuratoren geleitet. Zur Regelung des Geldverkehrs der Postanstalten war seit dem 1. Juli 1847 eine Centralpostkasse eingerichtet und der Centralbehörde unterstellt. Unter der Generalpostdirektion stand ferner seit 1858 das Posthauptmagazin.

Im Jahre 1867 unterstanden der Centralbehörde 83 Postanstalten, darunter 6 Ober=Postämter (zu Schwerin, Güstrow, Rostock, Wismar, Ludwigslust (seit 1853) und Hamburg), 36 Postämter, 34 Postexpeditionen, 2 Postspeditionsämter (zu Güstrow und Rostock), endlich 5 Briefsammlungen. Die Ober=Postämter bildeten Zwischenbehörden zwischen der Centralbehörde und den Postämtern und waren letzteren in gewissem Umfange vorgesetzt.

In der Amtsbezeichnung der Vorsteher der Postanstalten waren Aenderungen im Ganzen nicht eingetreten. Aeltere Postmeister führten die Amtsbezeichnung Ober=Postmeister, z. B. in Bützow, Malchin, Plau, Doberan, Sternberg, Boizenburg und Parchim, oder auch den Titel Postkommissär. Durch Verordnung vom 22. Juni 1864 wurde den Vorstehern der Postexpeditionen 1. Klasse der Titel Postverwalter verliehen; die Postexpeditionen wurden im Uebrigen je nach dem Umfang der Geschäfte von Postmeistern, Postsekretären, Expediteuren, Accessisten verwaltet.

Das nachgeordnete Personal der Postanstalten bildeten die Klassen der Ober=Postsekretäre, Postkommissäre, Postsekretäre, Postschreiber, Accessisten, Postkontroleure und die Dienstanfänger; als Unterbediente galten Kondukteure, Briefträger, Packboten.

Eine Hauptaufgabe seines Amts sah von Pritzbuer in der Heranziehung eines guten Beamtenpersonals. Die Verordnung vom 19. Juni 1845 schrieb vor, daß Bewerber als Postaspiranten nur zugelassen werden sollten, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet hatten und eine Vorbildung besaßen, die zur Aufnahme in die oberste Klasse eines Gymnasiums berechtigte; seit 1847 genügte auch der erfolgreiche Besuch der RealanstaIten zu Rostock, Güstrow, Parchim und Schwerin. Die Zulassung wurde von

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 340 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Generalpostdirektion ertheilt. Der Aspirant trat als Eleve ein und führte nach dreimonatiger erfolgreicher Ausbildung die Bezeichnung Praktikant. Als solcher hatte er noch keinen Anspruch auf Entschädigung; er war eben Dienstanfänger. Dieses Verhältniß fand darin seinen Ausdruck, daß er an kleineren Orten ganz zur Familie des Vorstehers gehörte, der für die Unterhaltung des Praktikanten nur 70, später 100 Rthlr. erhielt. Nach einiger Zeit erhielten die Praktikanten geringe Vergütungen von 36, 48 und 60 Rthlr. jährlich. Nach dreijähriger Dienstzeit wurden die Praktikanten zu Accessisten befördert, die in 4 bis 5 Jahren - also in einem Lebensalter von etwa 28 Jahren - zu wirklichen Postschreibern aufrückten. Fachprüfungen bestanden in der meklenburgischen Postverwaltung nicht. Die Postschreiber rückten nach ihren Kenntnissen und Leistungen in die höheren Dienststellen der Verwaltung ein.

Neben Civilanwärtern wurden auch Militäranwärter, Offiziere und Unteroffiziere, bei der Postverwaltung eingestellt. Als Versorgungsposten für Offiziere waren bestimmt die Postmeisterstellen in Parchim, Schwaan, Crivitz, Kröpelin, Brüel, Tessin, Warin, Hagenow, Wittenburg, Sülze, sowie Gadebusch oder Sternberg; für Feldwebel die Postmeisterstellen in Marlow, Dobbertin, Dassow, Neukalen, Neustadt, Lübtheen, Zarrentin, ferner 5 Kontroleurstellen und zwei Extrapostwagenmeisterstellen, für Unteroffiziere alle (13) Kondukteurstellen.

Im Jahre 1853 waren von zusammen 73 sog. Versorgungsstellen der Verwaltung 47 Stellen durch Civilanwärter, 18 durch Militäranwärter und 8 durch Ortseinwohner besetzt. Das Avancement war bei ständig großem Zugang mangelhaft, wenn auch bis 1867 eine mäßige Verbesserung eintrat.

Sämmtliche Beamte und Unterbeamte hatten im Dienst Uniform zu tragen, einen blauen Waffenrock mit weißer Paspoilirung und scharlachrothem Kragen, stahlgraue Beinkleider und blaue Schirmmütze mit rothem Streifen. Gradabzeichen bildeten goldene Sterne am Kragen und verschiedenartige Schulterstücke. Die höheren Beamten hatten für besondere Gelegenheiten reiche Galadienstkleidung anzulegen.

Die ehemals mangelhaften Gehaltsverhältnisse des Personals wurden nach mehrfachen früheren Festsetzungen durch Reskript vom 7. März 1862 geregelt. Der Chef bezog 3500 Rthlr., der Ober=Postamtsdirektor von 1600 bis 2000 Rthlr., der Ober=Postsekretär (Postinspektor) 1100 bis 1300 Rthlr., der Postsekretär 700 bis 900 Rthlr., der Postschreiber 400 bis 550 Rthlr., der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 341 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Accessist 240 bis 300 Rthlr., der Kontroleur 400 bis 500 Rthlr., der Kondukteur 225 bis 250 Rthlr., der Briefträger 150 bis 200 Rthlr. Außerdem wurden Stationszulagen von 10 % der Besoldung in Schwerin und Rostock, von 30 % in Hamburg gezahlt. Emolumente kamen fortan in Wegfall. Höhere Stellen waren 1862 vorhanden 24, sog. Versorgungsstellen mit Ausschluß der Militairstellen 57, denen 109 Anwärter gegenüberstanden. Der jüngste Praktikant hatte Aussicht nach einer Dienstzeit von 22 - 24 Jahren, d. h. im Alter von etwa 42 Jahren, in eine ausreichend besoldete Sekretärstelle einzurücken.

Die finanziellen Ergebnisse der Postverwaltung in der Zeit von 1842 bis 1867 gehen aus nachstehender Uebersicht hervor: Es betrug

Tabelle
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 342 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Während der letzten 25 Jahre ihres Bestehens hat die meklenburgische Postverwaltung insgesammt 1907550 Thlr. an Ueberschüssen abgeliefert. Der Jahresdurchschnitt belief sich auf 76300 Thlr.

Die Ausgaben betrugen während dieser Periode rund 78 %, die Ueberschüsse 22 % der Bruttoeinnahme, während unter der früheren fiskalischen Verwaltung des Postwesens Ausgaben und Ueberschüsse etwa 50 % der Einnahmen darstellen, ein Beweis, daß während der letzten Periode die Verwaltung in vorzüglich wirthschaftlicher Weise ausgeübt wurde.

Durch die Post wurden überhaupt befördert gewöhnliche und rekommandirte Briefe, Sendungen unter Band, Briefe mit Waarenproben oder Mustern und Zeitungen (Briefpostgegenstände), ferner Geldbriefe, Päckereien mit und ohne Werthangabe, Postvorschüsse, Baarzahlungen und gerichtliche zu insinuirende Elasse (Fahrpostgegenstände). Das Meistgewicht der Briefe betrug 1/2  , der Waarenproben 4 Loth, der Fahrpostsendungen 100  .

Sämmtliche Sendungen konnten frankirt und unfrankirt zur Absendung gelangen. Briefpostsendungen konnten auch mit Werthzeichen frankirt eingeliefert werden, nicht dagegen Fahrpostsendungen. Zuschlagporto für unfrankirte Sendungen wurde nicht erhoben. Der Gebrauch der Werthzeichen bürgerte sich im Publikum nur außerordentlich langsam ein. Während der ersten 7 Jahre nach Einführung der Werthzeichen waren erst 10 % der Briefe mit Werthzeichen frankirt; erst nach 1864 wurde der Gebrauch der Marken allgemeiner. Es war den Postbeamten streng untersagt, baar am Schalter frankirte Sendungen nachträglich mit Werthzeichen zu bekleben.

Kreuzbandsendungen waren seit 1848 in der meklenburgischen Verwaltung zulässig.

Der Zeitungsverkehr wurde wesentlich erleichtert, da die Verwaltung jetzt selbs tdie Bezugspreise feststellte, sodaß jede Uebervortheilung des Publikums fortan ausgeschlossen war; ein jährlich veröffentlichter Preiskourant gab die Bezugspreise an. 1867 konnten durch die Postanstalten 723 Zeitungen (darunter 545 deutsche) bezogen worden. Bis 1864 war der Zeitungsvertrieb Privileg der Postmeister, von da ab übernahm die Verwaltung den Vertrieb. Uebrigens bestand für Zeitungen kein Monopol; auch Private konnten sich mit dem Zeitungsvertrieb befassen.

Oeffentliche Briefkasten wurden 1860 in Schwerin zunächst versuchsweise, später allgemein in allen Postorten aufgestellt.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 343 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Das Postfuhrwesen war in der meklenburgischen Verwaltung hoch entwickelt 1863 waren 51 Posthaltereien vorhanden, außerdem 163 herrschaftliche Postwagen; das Inventar der Posthaltereien bestand aus 214 Postillonen, 640 Pferden und 336 Wagen. In Penzlin bestand seit 1855 eine eigene herrschaftliche Posthalterei unter Leitung eines Beamten.

Seit 1852 wurden den regelmäßigen Posten keine Schirrmeister mehr beigegeben. Der Postillon hatte fortan allein die Aufsicht über Post und Ladung.

Störungen von Bedeutung kamen im Betriebe während der ganzen Periode nicht vor. Nur während der Jahre 1848 und 1849 waren im Südwesten des Landes unruhige Zeiten, sodaß eines Tages auch die Post zwischen Ludwigslust und Dömitz angehalten und beraubt wurde. Die Postillone wurden daher mit alten Seitengewehren ausgerüstet, die seit 1865 zurückgezogen wurden.

Sämmtliche Posten führten Kursuhren bei sich. Da die Ortszeiten aber wegen der Mangelhaftigkeit der an kleineren Orten vorhandenen Uhren die denkbarst verschiedenen waren, sodaß aus den ungleichen Zeitangaben der Kurs- und Ortsuhren lästige Beschwerden für das Publikum und den Dienst entstanden, richtete die Kammer schon 1846 an die Regierung den Antrag auf Einführung einer einheitlichen - Schweriner- Zeit für das ganze Land. Dieser Antrag war um so berechtigter, als die gerade bevorstehende Eröffnung der Berlin - Hamburger Eisenbahn, welche für die ganze Route Berliner Zeit führte, die Schwierigkeit einer genauen Zeitbestimmung noch erhöhen mußte. Auch sonst war eine Aenderung dringend wünschenswerth, da z. B. zwischen Rostock und Güstrow noch im Jahre 1846 eine Zeitdifferenz von 25 Minuten bestand. Man kann sich vorstellen, welche Unzuträglichkeiten sich aus diesem Mißstand für den öffentlichen Verkehr ergaben und wie es vor 100 Jahren im Lande um die Ermittlung der richtigen Tageszeit ausgesehen haben muß. Die Regierung lehnte den Antrag ab, ordnete aber an, daß vom 1. Mai 1847 ab die öffentlichen Uhren jeder Stadt nach mittlerer Sonnenzeit, d. h. nach der mittleren Zeit des eigenen Orts eingestellt werden sollten. Normaluhr des Landes war die Uhr am altstädtischen Rathause in Schwerin. Für alle Orte des Landes wurde der Unterschied der Ortszeit gegen Schweriner Zeit bekannt gemacht, und durch die genau nach mittlerer Schweriner Zeit eingestellten Kursuhren erhielten kleinere Orte die Möglichkeit, eine Kontrole der Ortszeit auszuüben.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 344 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der Postbetrieb in Eisenbahnzügen war seit 1847 eingerichtet. Besondere Eisenbahnpostwagen gab es auf meklenburgischen Eisenbahnstrecken schon 1853.

Die Aussicht über den Postbetrieb auf den Eisenbahnen unterstand dem 1851 eingerichteten Postspeditionsamte zu Schwerin unter der Leitung des Postinspektors Flügge, später den Speditionsämtern in Rostock und Güstrow.

Von den Großherzoglichen Posten wurden befördert:

Tabelle

Wir stehen am Schlusse unserer Darstellung.

Es ist bekannt, wie nach Abschnitt VIII der Verfassung des Norddeutschen Bundes innerhalb des Bundesgebiets das Post- und Telegraphenwesen als einheitliche Staatsverkehrsanstalt unter der Leitung des Bundespräsidiums eingerichtet und verwaltet werden sollte. Infolgebessen ging am 1. Januar 1868 das Post- und Telegraphenwesen im Großherzogthum Meklenburg=Schwerin auf den Norddeutschen Bund über.

Die Ueberleitung war schon im Laufe des Jahres 1867 zweckentsprechend vorbereitet worden. Da die preußische Postverwaltung den Kern der späteren Bundesverwaltung bilden mußte, so wurden im Laufe des Jahres zahlreiche meklenburgische Postbeamte nach Preußen abgeordnet, um sich über den preußischen Postdienstbetrieb zu unterrichten. Ueber ihre Beobachtungen hatten sie regelmäßige Berichte nach Schwerin einzureichen, die demnächst bei den Postanstalten zirkulirten.

Der Generalpostdirektor von Pritzbuer hatte schon im September 1867 um seine Verabschiedung nachgesucht; Sie wurde ihm vom Großherzog Friedrich Franz II. mit gnädigen Worten der Anerkennung für seine langjährige ersprießliche Thätigkeit gewährt. Die Verwaltung der neuen Bundes=Ober=Postdirektion

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 345 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in Schwerin wurde seinem Sohn, dem Ober=Postrath von Pritzbuer, übertragen.

Am 31. Dezember 1867 stellte die alte meklenburgische Landespost nach zweihundertjährigem Bestehen ihren Betrieb ein. Sie hatte unter schwierigen Verhältnissen für die Kulturentwicklung Meklenburgs viel geleistet und sich unter den Postverwaltungen der deutschen Einzelstaaten einen geachteten Ruf erworben.

Wenn der Verkehrsumfang der alten Landespost sich ständig nur in beschränkten Grenzen gehalten hat, so ist das auf die nur geringe Entwicklung zurückzuführen, die dem Verkehrsleben unter den Fesseln der politischen Zerrissenheit Deutschlands zu nehmen vergönnt war. Mit der Schaffung des Norddeutschen Bundes und der Ausrichtung des Deutschen Reiches fielen die tausendfältigen Schranken, welche die wirthschaftIiche Entwicklung Deutschlands vordem gehemmt hatten, und auf allen Gebieten des wirthschaftlichen Lebens machte sich, nicht zuletzt auch in Meklenburg, während der letzten drei Jahrzehnte ein lebhaft fortschreitender Aufschwung wahrnehmbar, dessen Wirkung in der raschen Entwicklung des Postverkehrs in die Erscheinung trat. Welche ungeahnte Entfaltung das Postwesen in Meklenburg seit 1868 genommen hat, ist in der Denkschrift eingehend dargelegt worden, die Herr Ober=Postdirector Hoffmann im April 1897 zur Einweihung des neuen Schweriner Reichs=Postgebäudes veröffentlicht hat.

Den größeren Aufgaben der neuen Zeit konnte nur eine einheitlich organisirte Staatsverkehrsanstalt gerecht werden, die das ganze Bundesgebiet ohne trennende Binnen=Schranken umschloß; ihr mußten aber auch die einzelnen Territorialposten zum Opfer fallen, deren abgesonderte Stellung zu einander mit den Anforderungen des Gemeinwohls nicht mehr in Einklang gebracht werden konnte.

Briefmarken
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 346 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlage 1.

1534, Februar 9.

An Churfursten zu Sachsen.

Hochgeborner Furst, fruntlicher lieber Vetter! E. L. Schreiben vnd fruntlich Ansuchen, durch vnser Landt eyn Pos nach Lubecj zuvorordenen, E. L. zufellige Schreiben do hin an E. L. vnd vnsers lieben Vettern Lantgraff Philips Rethe zu schicken vnd ire der Rethe Schreiben widerumb pis ken Magdeburg zu bringen, haben wir seyns Inhalts fruntlich vornommen, vnd demnoch reitende Boten ken Grabow, den des Orts vnds Wegs hinaus haben wir in vnserm Lande keynen Platz Magdeburg dorselbst zu Grabow vnserm Vogte Paul Breitensteyn vorreicht [werden], das er die von Stunt durch gedachte Boten pis kegen Swerin schicken vnd die vnsers Abwesens vnserm Rentschreiber Balzer Rotermundt vbirantwurten lasse, die ferner mit Boten, die doruff warten sollen, an gedachte ire Rethe kegen Lubeck zu senden, wie wir ine E. L. Rethen, auch denen von Magdeburg Inhalts beyliegender Copien solchs des Wissens zu haben auch schrifftlich angezeigt, so das alle Zeit von Grabow aus pis ken Lubeck vnd widerumb pis dohin ken Grabow an eynem Tag die Briff vorfertiget vnd alzo forderlich vnd treulich bestellt werden solle, wie wir solchs denen von Magdeburg auch hirneben, sich mit Bbirsendung der Posten dornoch zu richten wissen, schrifftlich vormeldet. Den E. L. in vil mherem fruntlichen Willen und fleißige Dienste zu irzeigen, seyn wir allzeit gutwillig. Datum Schwerin, Montags nach purificationis Marie Anno etc. XXXIIII.

Koncept von der Hand des Kanzlers Kaspar v. Schönaich.


Anlage 2.

1578, März 6.

Durchleuchtige Hochgeborne Furst vnd Herre. Euwer furstlich gnade sindt meine vnderthenige gehorsame vnd pflichtschuldige Dienst in aller vnderthenigkeit stedes zuvorahn beriedt. Gnedige furst vnb herre E. F. G. die wissen sich ane allen zwifell gnediglichen zu berichten, daß ich E. F. G. ein zeitlanck vor einen staljungen habe gediendt alse in das feft jare, vnb verhaff mir zu E. F. G. vnd auch nit anders wiß, daß ich also habe gedient, daß ich will vor Godt dem almechtigen vnd sunst vor ider menniglichen will belandt wesen vnd noch alle zeit erbodich bun, vnd habe auch gnedige furst und herr dem hertzogen von Sassen hertzog Frentzen auch ein zeitlanck gedenet, vnd auch nit anderß wiß alse treuw vnd flissigk, vor einen postrider, wo ich dann von im cin paßborth

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 347 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

habe, da in E. F. G. werden also befinden. Wile dann gnedige furst vnd herre ich E. F. G. vor einem andern noch woll lust vnb lieb zu dienen hatt, so vierne eß euwer s. gnaden gefelleich iß, vnd wolde auch also dienenn, daß E. F. G. sollen daran einen gefallen haben vor einen postrider oder sunst, wor E. F. G. mir wiß zubruchen, vnd bitt E. F. G. vm eines gnediges andtwerdt vnd will E. F. G. hirmidt Godt dem allmechtigen beualen haben.

Datum Butzow den 5. Martii anno LXXVIII

  E. F. G. vndertheniger
vnd gehorsamer
Hanß Jodejohann
itzt zu Butzow.
Auf der Rückseite steht:
Ist abgeschlagen.
Butzow 6. Martii Ao 78.
 

Anlage 3.

1637, Juli 31.

Demnach sich Unser Postbotte Jochim Crabbe höchlichst beklaget, waßmaßen Er, Unser Ihme den 18. Novemb. des 1636. Jahres gegebenen Salvaguarti zuwieder, von dem Rath hieselbst mit dem Wachtgehen beschweret werden wolle, inmaßen deßhalb wieder ihm die würkliche Execution verrichtet, vnd wir solches in Anlehnung daß derselbe zu des ganzen Landes besten Bnnd also auch dieser Stadt zu nuzen täglich gebrauchet vnd verschicket wirt, vnd dannenhero weilen Er fast keinen tagk zu hauße, billig damit übersehen wirt, nicht mit weinig befremden vermerken, alß sollen Burgermeister, Rath vnd sembtliche der Stadt verordnete Officirer hieselbst, hirmit ernstlich befehliget seyn, besagten Jochim Crabben sowol itzo alß in künftig in einige wege, es geschehe vnter was praetext es auch wolle, mit der Einquartirung vnnd Wachegehen, nicht zu beschweren noch zu belegen. Wornach sie sich gehorsamtlich zu richten.

Datum Güstrow 31. Juli Anno 1637.

Fürstl. Mecklenb. zu der Güstrowschen Regierung
Verordnete geheimbte Regiments Räthe p.

Anlage 4.

1666, Nov. 15.

Wir Christian Ludewig und Gustav Adolph . . . urkunden und bekennen für Uns und Männiglichen, demnach eine Zeithero bey dem Postwesen ziembliche Unordnungen eingerissen und deshalb viele und beschwerliche klagten eingekommen, weswegen Wir unß dann dahin freundvetterlich verglichen, denselben bey Zeiten vorzubeugen und Krafft habenden Juris territorialis und davon dependirenden Post=Regals die Posten selbsten in Unseren Landen anstellen und verwalten zu lassen, damit zwischen Lübeck und Demmin sowol die Brieffe als reisende Personen desto geschwinder und richtiger bestellet

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 348 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und resp. fortgeschaffet werden mögen. So haben Wir zu obigen Behuf die Ehrsamen, Unsere lieben Getreuen Hanß Schwengeln und Nikolaus Bahlemann, beede in Unserer erbunterthänigsten Stadt Rostock gesessene Bürger, zu Unsern Postverwaltern hiemit und kraft dieses dergestalt bestellet und angenommen, daß sie die Posten zwischen Rostock und Lübeck und dann zwischen Rostock und Demmin, sowoll zu Pferde alß zu Wagen wöchentlich zwei Mal bestellen und dabey nicht die geringste Verseumniß vorgehen lassen, auch zu den Behuf sich mit duchtigen, getreuen Dienern und Knechten und guten starken Pferden und Wagen versehen, die Paquete bey Zeiten woll versiegeln und verschließen und damit den Postknecht zu rechter Zeit und statuta hora nach beygefügter Unserer Ordonnance wegreiten oder fahren und also damit wochentlich contiuniren, auch dahin vornemblich sehen sollen, daß alles ehrlich und auffrichtig ohne eintzige Gefehrlichkeit, Unterschlagung und Bervortheilung geschehen und in allen besagten Unserer Ordonnance exacte gelebet werden möge; für welche ihre hierunter anwendende Kosten und gebrauchende Mühe Wir gnädigst geschehen lassen, auch hiermit verordnet haben wollen, daß Sie sowol für die Personen als für das Porto der Briefe einhalts Unser ihnen ertheilten Ordonnance ein gewisses Geld einheben und dasselbe in ihren Nutzen ohne Berechnung verwenden und genießen mögen und denselben in allen gehorsamblich nachkommen und geleben sollen, Jedoch daß wann Wir einige Brieffe bey der Post fortzuschicken haben, soweit Unsere Lande betrifft, dieselbe ohne Porto mit überbracht werden sollen. Wie Wir denn auch hiermit gnädigst versprechen und zusagen, über obgesetzte Unsere Postmeister als Unsere bestellte Diener, inmaßen sie sich dazu durch einen würklichen Eydt und außgestellten zweifachen revers verbindlich gemacht, fürstl. zu halten und sie führ Menniglich in Unsern Schutz und Schirm zu nehmen und Sie bey diesem Dienst und Postwesen kräftig zu handhaben.

Dessen zu Urkund . . .

Rostock 15. Novbr. 1666.


Anlage 5.

1666, Nov. 15.

"Wie wihr Christian Louys vnd Gustav Adolf von G. G. Herzoge zu Mecklenburgk . . . es mit der Post von Rostock nach Lübeck vnd Demmin Gnädigst halten wollen:

  1. sollen Unsere Postverwalter dohin mit allem Fleiß und Sorgfalt sehen, daß die Hamburger Post des Sontag abents oder in der nacht abgehen vnbt am Montagk Abent ohnfehlbar in Lübeck vnd am druff folgenden Donnerstag Abent hinwieder in Rostogk und von dannen in selbiger Nacht wieder nacher Lübeck gehen, am Montagk abents daselbst anlangen und am Sonntagk abent umb 4 Uhr wieder in Rostock sein müsse,
  2. sobalt die Hamburger post in Rostock ankompt, so sollen unsere Postverwalter dohin ebenfalls sehen, daß sofort die Stettinsche post ohn eintzigen aufenthalt und versäumniß dohin abgehe,
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 349 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. daß Brief porto betreffent so giebt ein kleiner Brieff von Rostock auf Lübeck 2 ß., auf Hamburg 3 ß., auf Demmin 1 ß., sind sie aber größer und der Brieff wieget über 1 Loth, so geben sie von dem 1. Loth von Rostock bis Hamburg 3 ß. und von dem 2. Loth 2 ß. und soforth, von Rostock biß Lübeck aber von dem 1. Loth 2 ß. und von den übrigen 1 ß. 6  .
  2. solllte es sich auch begeben, daß ein Pacquet Acten von Hamburg oder anders nacher Rostock gesandt oder von Demmin dohin gebracht werden, so gibt ein solches pacquet, es sey klein oder groß, 1 Rthlr., oder es wirt auff den verminderungsfall nach Lothen wie obgesetzet bezahlet,
  3. werden auch bey der post einige gelder überschicket werden, so geben
100 Ducaten 1   Rthlr.,
50 " 24 ß.

und so weiter, von Rthlr. oder andern silber geldt aber soll auff jedes 100 Rthlr. 1 Rthlr. an porto passiret werben, es wehre denn, daß es in müntze oder andern gelde daß ordinarii gewicht übertrifft und mehr den 6  wege, auf den Fall soll Postverwaltern dafür 2 Rthlr. zu nehmen erlaubet sein.

  1. Eine Persohn, so die Post zu Wagen nimbt, gibt von Rostogk auf Demmin 1 Rthlr. 24 ß. und eben so viell wieder zurück, jedoch daß sie dabey 1 Liß   guht frei ohne entgelt mit nehmen magk, was aber dorüber ist, davon bezahlet sie die ordinarie Fracht,
  2. Von Rostock auf Lübeck giebt die person 3 Rthlr. hin und soviel wieder her, doch daß ihr dobey auch 1 Liß   freygelassen werden.

Urkundlich haben wir dieße Unsere ordonnance mit vnsern fürstl. Insiegeln bestettiget.

So geschehen den 15. November Anno 1666.


Anlage 6.

1678, Febr. 23.

Nachdem von Gottes Gnaden Wir, Gustav Adolf, Herzog zu Mecklenburg, etc. die künftige Verwaltung Unser Boizenburger und Hamburger Postfuhren nebenst Unserm Amtsschreiber zu Boizenburg, Jochim Krüger, auch Daniel le Plat alhie zu Güstrow gnedigst anvertrauen wollen, so sindt deswegen bei Uns. fürstl. Cammer nachfolgende Punkte mit demselben verabredet und aufgesetzet:

  1. Wollen Wir gnedigst, das gemelte Unsere Postverwalter Jochim Krüger und Daniel le Plat die Postfuhren auf Boizsenburg und Hamburg und wieder von dannen anhero nacher Güstrow auf Ihre eigene Kosten halten undt dazu guthe Pferde, Wagen undt andere Zubehör anschaffen sollen, dargegen
  2. Wir gnädigst zufrieden sein, daß dieselbe alle Gelder, welche sowoll für die reisende Personen als Briefe undt andere Güther gehoben werden können, dieses erste Jahr als von Ostern Ao 1678 bis Ostern Ao 1679 für sich einnehmen undt also der fürstl. Cammer in solcher Zeit nicht allein das geringste deswegen nicht abtragen, sondern auch darnebenst auf das eine Jahr von Unseren Boizenburg'schen Freyschulzendienstgeldern, umb desto besser mit allen hiezu nötigen Dingen sich zu versehen undt einzurichten, 100 Rthlr. zu genießen haben sollen, wan aber obgedachtes erstes
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 350 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Jahr verflossen, sollen alsdann diese aus Gnaden ihnen zugelegete 100 Thlr. nicht allein cessiren sondern alsdann, ob sie Unsre fürstl. Cammer von diese auf ihr eigen Gewinn und pericul überlassene Postfuhren, jährlich ein Gewisses zu erlegen haben, untersuchet und deswegen mit ihnen billige Handlung gepflogen werden.

  1. 3. so wollen Wir gnäbigst das, wie bishero geschehen, alle Woche auf den Donnerstag Morgens frühe die Fuhre jedes Orts sowohl alhie zu Güstrow als zu Boizenburg und zwar praecise umb 8 Uhr Uhr ohn einig Aufenthaldt abfahren, um die Reisende undt Wahren innerhalb 2 Tagen von Boizenburg nacher Güstrow ohnfehlbar undt bei guter Tageszeit, insonderheit im Sommer, gelieffert werden mögen, undt damit solche Fuhren desto schleuniger fortgehen mögen, so sollen beiderseits Postverwalter etwann auf den halben Weg oder wie es sich besten schicken würde, sowoll zwischen hier und Neustadt, als wohin und über Parchim Wir vor der Handt biß zu Unser fernere gnebigste Verordnung diese Fuhren wollen gerichtet haben - alß Neustadt und Boizenburg alle Mal frische Pferde parat haben und damit dieselbe abwechseln, Wie dann auch gleicher Gestaldt von Boizenburg bis Hamburg die Post mit frischen Pferden abgewechselt werden und zu solcher Zeit sowoll von Boitzenburg als in dem Rückwege von Hamburg praecise abgehen sollen, solcher Gestalt, daß sie in einem halben Tage nacher Hamburg gelangen undt auch in solcher Frist wieder zurückkommen könne.
  2. Was die Ladung betrifft, sollen, damit die Reisenden nicht verhindert und länger unterwegens aufgehalten werden, nicht mehr als 6 Personen auf einmahl oder, da so viel Persohnen nicht vorhanden sein möchten, anstatt jeder Persohn nach Proportion so viell ander Gut ohne die kleinen Päckchen, Briefladen undt dergleichen aufgenommen werden, wie denn sowohl dieses alles, was sunsten für ein jedwede Persohn, item für ein Schiff  Guth, kleine Päckchen, Briefen, Geldt und andere Sachen mehr sowoll von hier bis Boizenburg alß von Boizenburg bis Hamburg bezahlet genommen werden solle, wie in einer besonderen Postrolle so fordersamst gedrucket undt unter Unserem fürstl. Insiegel für eines jeden Postverwalters Thür zu Mannigliches bessern Nachricht und Verhütung alles Unterschleifs angeschlagen werden solle, ausdrücklicher wollen specificiren lassen,
  3. Sollen obgedachte Unsere Postverwalter alle Sachen, Briefe oder Gelder, so von Hamburg auf Unser Begehren oder sonsten an Uns überbracht oder von hier ab auf Boizenburg und Hamburg von Uns undt aus Unser fürstl. Cammer und Cantzelleyen geschicket werden, frei undt ohne Entgeldt mitnehmen und zurücke bringen, dagegen aber befuget sein, von Unsern Ministern und Bedienten alle und jede außer Unsern Geschäften mit gebende Sachen undt Briefen bezahlet zu nehmen.
  4. Sollen Unsere Postverwalter demjenigen, was sowol hierinnen als sonsten in der förderlichst erfolgenden Postrolle enthalten, in allen treulich und wie es Ehrlichen undt redlichen Dienern anstehet und gebühren will, nachkommen undt deswegen zu reichende Reverse Unser fürstl. Cammer einlieffern.

Datum Güstrow, 23. Februar 1678.

           (L. S.) gez. Gustaff Adolph.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 351 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlage 7.

1693, Sept 20.
Fürstl. Mecklb. Güstrow'sche Renovirte Postordnung.

Wie nemblich wochentlich die posten aus der Residenz Gustrow abgehen u. ankommen, auch was von denen Passagieren an Fracht und wieviel Von Briefen, Päcken oder guter an porto genommen, auch wie es mit der Bezahlung und sonst indiesen und andern Dingen in den posthäusern gehalt werden soll.

Die Hamburger Post Gehet wochentlich 2 Mal von Gustrau nach Hamburg als nemblich des Dienstags und Freitags um 11 Uhr mittag und langet daselbst an im Sommer Mittwoch u. Sonnabend Abends, im Winter Donnerstags und Sonntags früh bei Eröffnung der Thore. Sie nimmt ihren Weg über Crivitz, Hagenow, Boitzenburg, Lauenburg, Bergedorf.

NB. Wer auf Schwerin reisen oder dahin waß schicken will, kann sich dieser Post bis nach Crivitz bedienen, insonderheit derselben, welche des Dienstags abgehet, denn mit solcher kommt er selber Abends in Crivitz an u. kan am Mittwoch früh mit der fürstl. Schwerin'schen Post, so alsdan von Crivitz nach Schwerin gehet, füglich fortkommen.

Von Hamburg gehet diese Post ebenfalls die Woche 2 Mal nach Gustrau ab, nemblich des Mittwochs und Sonnabends morgens umb 9 Uhr, nimbt selbigen Weg wieder zurück und kommt Winter u. Sommer Sonntag und Donnerstag in Gustrau an.

An Fracht wird auf dieser Post gegeben: Vor 1 Person, die 20 - 30  mit sich führen kan, das übrige aber nach advenant bezahlt werden muß, 3 Rthlr.; wer nicht ganz hin will u. unterwegs absitzet bezahlt 7 Schill. for die Meile.

Wenn aber Passagiere so von Rostock ab mit dieser Post nach Hamburg wollen, oder von Hamburg über Güstrow nach Rostock, dieselben sollen mehr nicht als auf der Kgl. Schwedischen Post bezahlen.

Vor ein Brief vom Bogen von Gustrow nach Hamburg wird gegeben 4 ß., bis Boitzenb. 2 ß., bis Crivits 1 ß.; von den übrigen so unterwegs abgegeben werden, wird nach der Weite des Orts bezahlet. Vor 1 Schiff  gut von Güstrow nach Hamburg und von da nach Güstrow wird bezahlt des Sommers 2 Rthlr. 12 ß., oder da das Gut unterwegs abgesetzt wird, vor 1 Meile 5 ß. Des Winters aber als von Mich. bis Ostern von Güstrow nach Hamburg 2 Rthlr. 4 ß. und also for halbe u. viertel Schiff  nach advenant.

Was aber kleine Päckchen, Tonnchen u. Kästchen anlangt, so unter 1/4 Schiff  sein, dafür wird nach Pfunden bezahlet u. zwar for d.  von Gustrau nach Hamburg 9  was gar kleine Päckchen sind, fors  1 ß. u. ist im übrigen die proportion desweges zu observiren. Vor 1  schwer an Geld von Gustrau nach Hamburg 4 ß., wenn es unterwegs bleibt, nach advenant.

Die Rostocker Post. Gehet alle Tage, ausschl. Sonntags, um 11 Uhr Mittags von Güstrau nach Rostock und um dieselbe Zeit von Rostock nach Gustrau, kommt alle Tage in Rostock um 6 Uhr an.

Vor 1 Person, welche 20 - 30  bei sich zu führen frei hat, wird bezahlet im Sommer 16 ß. im Winter 24 ß.; vor 1 Brief bis 1 Bogen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 352 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1 ß., wenn er großer nach advenant, 1 Schiff  Gut = 20 ß.; 1 Tonne Kniesenack oder bier 16 ß.; u. s. w. nach advenant.

Die Berlinsche geschwinde Post gehet 2 Mal wöchentlich von Gustrau auf Berlin Montag u. Freitag 12 Uhr mitt.; ist Dienstag u. Sonnabend in Berlin u. nimbt den Weg über Plau, Wittstock, Neuruppin, Fehrbellin u. kommt mit ebenselbiger Route wöchentl. 2 Mal als Dienstag u. Sonnabend Nachm. um 4 Uhr wieder in Gustrau an.

Die Passagiere bezahlen von Gustrau nach Plau 36 ß; von Plau gehen die churfürstl. Posten an, es dient aber zur Nachricht, daß die gantze Fracht for 1 Person von Gustrau bis Berlin sich beläuft auf 3 Rthlr. 36 ß.; for 1 entzeln Brief von Gustrau nach Berlin 5 ß.; 1 Pack je nachdem es groß ist.

Wismarsche Post. (Zeiten u. Preise nicht eingerückt. 2 Mal wöchentlich.)

Neu angelegte Post auf Malchin u. Nbr.; (wie vor)

Parchimer Post. 1 Mal wochentlich. (wie vor)

Was die Bezahlung der Passagiere betrifft, so ist Sr. Durchl. Befehl, daß die Fracht an dem Orte, wo die Post abgeht, vollenkommen erlegt wird; es wäre denn, daß eine oder andere Person nothwendig ursach hatte, die Fracht nicht vollkommen bei der Aufsitzung zu entrichten, auf welchen Fall die Postmeister es endlich geschehen lassen können, daß die Passagierer die Hälfte des Postgeldes in dem Posthause, wo sie abfahren u. die andere Hälfte, wo sie ankommen, bezahlten. Die Briefe, Kaufmannsgüter u. Päcken aber werden von den Interessenten nach ihrer Bequemlichkeit entweder zur Stelle frankirt oder aber wo es jeder verlanget, bezahlt.

Und befehlen demnach Se. Hochf. Durchl. zu Mecklenburg denen sämbtliche Postmeistern gnädigst, der Postordnung unterth. nachzuleben, insonderheit dahin zu sehen das die Post zu rechter Zeit u. bestimmter Stunde von dem ersten Ohrte abfahren u., da sie unterwegens ankommen, über die Zeit nicht aufgehalten werden mögen; falls ein Postillon seine Stunde nicht hält, soll der nächste Postmeister solches in der Carte notiren, auch die Ursache anführen, damit der Postillon angesehen werden kann. - Sobald die Post ankommt, sollen die Postmeister unverzüglich die Carte nachsehen und wenn sie d. Briefe richtig numerirt haben, dieselbe öffentlich aushängen, damit jeder nach seine Briefe selbst sehn kann; wenn d. Briefe nicht sofort abgefordert, sollen sie ohn Verzug durch d. Austräger ausgetragen werden.

Im Uebrigen sollen sich die Postmeister angelegen seyn lassen, die passagiere alle Höfflichkeit zu erweisen u. dahin sehen, daß ein jetweder nach möglichkeit accommodiret u. also alles was zu beforderung der Reisenden u. der correspondence dienen könne, auf alle wege befordert werden möge etc.

Datum Güstrow 20. Septbr. 1693.


Anlage 8.

Kombinationsreceß von 1716, 22. Mai.

Nachdem an richtiger Beförderung der Korrespondenz und des ohne Umbgang einzurichtenden Postkurses zwischen Hamburg und Stettin dem Publico und löblichen Commercio sonderlich gelegen, als ist heute dato nachfolgender Combinations=Receß errichtet worden.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 353 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Sollen die Königlich Preußischen Postämter zu Stettin, Anclam und Demmin alle auf Rostock, Hamburg und dort herum destinirte oder weiter nach Holstein und Daenemark gehende Briefe, nachdem der Postkurs über Rostock und Demmin wieder frei ist, nicht über Prenzlau und Perleberg oder gar über Berlin, vielweniger mit der Königl. Dänischen Stralsunder Post laufen, sondern selbige vielmehr dem Rostocker Postillon im gedachten Demmin einliefern lassen.
  2. Desgleichen sollen auf der Königlich Preußischen Post zu Hamburg seine Briefe auf Rostock, Demmin, Anclam, Stettin oder dortiger Gegend angenommen, sondern selbige am Hamburger Botenmeister verwiesen werden;
  3. dahingegen der Hamburger Botenmeister den Postkurs auf seine Kosten von Hamburg bis Rostock und das Hochfürstliche Post=Contor in Rostock von dannen bis Demmin und wieber zurück bis Rostock auf seine Kosten zu unterhalten, auch keine Briefe, weder in Hamburg noch Demmin oder sonst unterwegs anzunehmen pflichtig ist, wodurch denen übrigen Königlich Preußischen Postkursen per directum vel in directum präjiudicirt werden könnte.
  4. Nimmbt das Königlich Preuss. Generalpostamt auf sich, den Postkurs von Stettin über Anclam bis Demmin auf seine Kosten zu unterhalten.
  5. Ist verabredet, daß das Porto von Stettin bis Demmin etc., es mögen Briefe allhier zu Hamburg nach Stettin und Anclam oder vice versa zu Stettin und Anclam nach Hamburg aufgegeben werden, denen Königl. Preuss. Postämtern allein zukommen solle, dahingegen wegen der immediate in Rostock aufgebenden oder nicht weiter als Rostock selbst destinirten Briefe, es bei der bisherigen observanz gelassen wird, oder wie man sich Königl. Preuss. Seits mit dem Rostockschen Comtoire sonsten vergleichen möchte.
  6. Dem Hamburg'schen Botenmeister soll das Briefporto von Hamburg bis Rostock etc. von solchen Briefen ebenfalls allein gebühren; damit nun
  7. Soviel möglich die Berechnungen, so öfters zu Mißhelligkeiten Anlaß geben, vermieden werden, so sollen die in Stettin und Anclam und weiter als nach Demmin gehende Briefe, bis Demmin, gleich hingegen die von Hamburg nach Anclam und Stettin gehende Briefe ebenfalls bis Demmin nach der Schwedischen Taxe frankiret werden.
  8. Von Hamburg bis Stettin etc. ist also das Porto 6 f. Lübisch vor jedem einfachen Brief, wovon 3 f. dem Königlich Preuss. Postamte und 3 f. dem Botenmeister zu Hamburg der sich hingegen wegen des freien Transports des Felleisens von Demmin bis Rostock mit dem Postamte letzgedachten Orts zu vergleichen hat, nach Inhalt des Art. 5 u. 6 zukommen, wegen der Briefe von Hamburg nach Anclam und Demmin etc. werden nach der bisherigen Observanz 5 f. bezahlt, wovon der Botenmeister zu Hamburg 3 ßl. und die Königl. Preuss. Postämter 2 ßl. ziehen.
  9. Mit jeder Post muß nebst einem versiegelten Packet oder Briefbeutel an jedes Postamt, jedesmal eine richtige Specification der Briefe auf einer Postkarte übergesandt und selbige nach der
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 354 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Königlich Preuss. Postordnung eingerichtet sein (und v. v. von denen resp. Königl. Preuss. Postämtern nach Hamburg gleich also.

  1. Weilen sich zuweilen zuträgt, daß in Hamburg Briefe aus Schweden, Daenemark, Schleswig, Holstein, Holland und anderen entfernten Orten nach Demmin, Anclam u. Stettin ankommen, wovon das Porto nicht weiter als bis Hamburg bezahlt ist, oder daß der Aufgeber durchaus nicht die Briefe bis Demmin in Hamburg frankiren will, so müssen solchen Falls die Königl. Preussischen Postmeister in Demmin, Anclam u. Stettin dem Botenmeister in Hamburg das Porto bis Demmin verrechnen und vergüten. Gleich,
  2. der Botenmeister zu Hamburg den Königl. Preuss. Postämtern das Porto bis Demmin vergüten muß, wenn etwa dergleichen von entfernten Orten herkommende Briefe nur bis Stettin oder Anclam frankirt daselbst einlaufen sollten, oder auch der Aufgeber die Briefe durchaus nicht bis in Rostock frankiren wollte.
  3. Sollten zur Verhütung allen Betrugs und Unterschleife die Königl. Ppreuß. Postämter zu Stettin, Anclam u. Demmin sowohl, als der Hamburgische Botenmeister auf Eid und Pflicht verhindert werden, und gehalten sein, die Briefe einzelnweise, wie sie aufgegeben, fortzusenden und an kein anderes Post=Comtoir zu schicken, als wohin sie destinirt sein und in specie sollen die von Hamburg nach Stettin etc. die von Stettin, Anclam oder Demmin nach Hamburg gehenden Briefe, dem Mecklenburgischen Post=Comtoir zu gefallen, nicht etwa nach Rostock, um daselbst in die Karte gebracht zu werden, gesendet werden, als wodurch resp. die Königl. Preuss. Postämter oder der Hamburgische Botenmeister um das ihnen gebührende Porto gekürzt werden würden. Dessen zu mehren Urkund und Verpflichtung hat E. E. Rath diesen Combination=Receß gewöhnlichermaßen unterschrieben und besiegeln lassen.

So geschehen Hamburg d. 22. Mai 1716. ex speciali commissione spectabilis Senatus civitatis Hamb. Joh. Joach. Coch, ej. Rei publ. secret. subscripsi.


Anlage 6.

Bestallungs=Formular.

Von G. G. Wir Fr. Wilhelm tot. tit. Thun kundt, daß wir den N N wegen dessen hiezu befundenen guten geschicklichkeit zu Unsern Postmeister in Schwerin gnädigst bestellet u. angenommen, Thun auch solches dergestalt u. also daß Uns er zu Unseren nutzen und Diensten getreu, holdt und gewertig sein, Unser Bestes suchen und befodern, schaden und nachtheil aber nach seinen eußersten Vermögen verhüten, wehren u. abwenden solle, insonderheit aber soll

  1. Unser Postmeister N N die in Unsern Hertzogthum und Landen Schwerin. Antheil, in specie die aus Unser Vestung Schwerin ankommenden Posten, Staffetten und Bohten getreulich verwalten u. beobachten, alle u. jede, nicht allein Unsere fürstliche sondern auch particulier Briefe getreulich expediren und besorgen.
  2. 2. Soll er nebst den Postschreiber alles porto Es sey vor Briefe, packen oder Persohnen nach Unser herausgegebenen Taxa richtig
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 355 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zur Charten setzen u. dahin sehen, daß so woll hier als anderwerts auch solcher gestalt die Bezahlung geschehe, und ist er nicht befuegt, Von solcher taxa eigenmächtig abzugeben oder darunter zu dispensiren, u. wie Wir

  1. Umb bester richtigkeit halber u. zu Verhütung alles unterschleiffes Unser eigene Briefe u. sachen bezahlen lassen wollen, alß hat Unser Postmeister auch niemandt, wer der auch sey, Von der bezahlung zu befreien, jedoch sollen so woll die Postmeister und Postschreiber alß Unser Geh. Cammerrath Mumme wegen des von Unß ihm gnädigst aufgetragenen Post=Directorii u. deßfalls unter einander nötig zu haltenden Correspondenz ihre Briefe frey haben, jedoch daß kein unterschleiff vorgehe u. andere Briefe unter ihren Couvert gehen, als welche wen dergleichen mit oder ohne ihr Vorwissen an Sie kommen solten, Sie bey ihren geleisteten Eyde schuldig seyn, solche sogleich zu eucartiren u. daß Postgeldt Von demjenigen an wem solche Brieffe halten, abzufordern und zu berechnen, und müssen auch übrigens ihre eigene Brieffe richtig eucartiret werden, waß aber ihre Sachen u. packen betrifft, solche bezahlen Ste insgesambt nach der angeführten taxa.
  2. Damit aber auch Unsere fürstl. Ministri, Räthe u. Cantzeleybediente mit unnöthigen porto vor die anderen Leuten mehrentheilß angehenden Correspondence nicht beschweret werden mögen, alß sollen Postmeister u. Postschreiber hierunter ihre praecaution gebrauchen, daß alle Brieffe, so von gedachten Unsern fürstl. Ministris, Räthen u. Cantzeleybedienten an andere auf die Post gesandt oder gegeben, solche allemahl unfranciret, (eß wehre denn, daß Sie auß etwa habenden Uhrsachen dieselbe zubezahlen selber begehrten) angenommen werden, dahingegen waß auf andern Unsern Posten an sothane Unsere Ministros, Räthe u. Cantzeleybediente an brieffen gesandt oder gegeben wird, muß daselbst unbezahlet nicht angenommen werden.
  3. Und eben also ist es auch mit denen Postmeistern u. Postschreibern Brieffe hie und anderswo zuhalten, daß wen nemblich von frembden, so keine Postbediente sindt, an Sie geschrieben wird, solche Brieffe gleichfalls unfrancirt nicht angenommen werden müssen.
  4. Muß Unser Postmeister dahin sehen, daß die Posten aus dieser Unser Residence nach denen gesetzliche stunden richtig ablauffen u. ankommen, zu welchem ende
  5. er eine Stunde vorher, so Unsere eigene alß andere fürstl. Brieffe auf denen Collegiis abfodern lassen und nach deren erhaltung mit dem abgange der Posten nach nichts mehr warten soll.
  6. So hat er auch darauff zu sehen, daß die Postilions die ihnen in ihren Conträcten gesetzten stunden richtig halten u. die, so ohne erhebliche und in ihren Conträcten angeführten extraordinairen zufallen und uhrsachen über die Zeit fahren, solche hat er dem Post=Directori anzuzeigen umb Sie zur gebührenden straffe anzuhalten.
  7. Damit aber hierunter eine accurate richtigkeit befodert werde, muß so woll der Postmeister N selber von hier fracht u. stundenzettel an die Postilions geben, alß auch darüber halten, daß Sie wan solche von anderen Ohrten ankommen, auch richtig abliefern müssen, worauff den nicht allein der abgang u. ankunfft der Post
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 356 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

an jeden Ohrt, und wen über Verhoffen über die Zeit gefahren, die uhrsache dessen aufgesetzet u. umbständlich beschrieben werden muß, und weil auch an richtiger Lieferung derer auf den Posten gegebenen sachen am meisten gelegen, da widrigenfalß wen waß von abhenden kommen sollte, die Postmeister selber davor responsable seyn müssen, alß haben Wir die zu ihren eigenen besten bereits allhier bey Unsern Posten dieserhalb eingeführte Verordnung hierdurch gnädigst renoviren, u. wie einem jeden Postmstr. im Lande also auch dem NN solche pro norma et instructione wiederholen wollen, solcher gestalt daß

  1. jedes mahl an dem abgehenden Ohrte die Postladen, Postkuffer u. Felleisen über daß daß Sie Verschlossen, noch mit dem Post=Insiegel versiegelt werden sollen, daferne auch große Beutel Geldt oder pretiosa darin nehmen, soll der Postmeister nebst dem Postschreiber, und da kein Postschreiber wehre an deßen staht nebst den Wagenmeister oder Postilion selbige zuvor recognosciren, ob u. wie selbige conditioniret gewesen, u. solches deutlich mit in den Frachtzettel setzen. Ueber dehm werden diese Postladen, Postkuffer u. Felleisen nicht allein sondern auch alle packen (jedoch außer denen, so den Passagieren zu gehören) welche auf den Wagen kommen, an dem ersten ohrte, wo Sie abgehen, nach der stücken anzahl mit ihren Märken auf gedachten frachtzettel specificiret, da den nach solchen frachtzettel den abgehenden Postilion die stücke zugezehlet u. gelieffert u. ihn darauff der frachtzettel offen mitgegeben werden muß, welchen Er dem negsten Postmeister ablieffert, welcher den nach solchen die stücken nachfiehet u. unter den frachtzettel, wie Er es nemblich befunden Richtig oder nicht richtig u. waß etwa gefehlet setzet, auch so an dem Ohrte etwa mehr auf die Post kommen würde, noch à parte dabey notiret.
    Woferne nun die Postlade unterwegens nicht geöffnet wird, dürffen zwar beym abgange die darin vorhandene stücke nicht auf den frachtzettel, doch aber in der Carte notiret werden, und nur an durchgehenden Ohrten daß Sigillum recognosciret u. wie solches befunden, auf den frachtzettel, wie gemeldet, notiret werden. Da aber selbiger geöffnet wird, muß bey dem abgang ein Zettel oder Specification dem eröffnenden Postmeister ohne den Frachtzettel absonderlich zugesandt, u. von demselben bey der Eröffnung solche stücke auch nachgesehen u. ebenfalls daß richtig oder nicht richtig befunden darunter geschrieben werden. Sollte nun hierunter u. waß jetzt des frachtzettels halber gemeldet, etwas verabseumet, u. sachen verlohren werden, so soll derjenige Postmeister, der diese Verordnung nicht gelebet, nicht allein ohn einiges einwenden zu der vollenkommnen restitution angehalten, sondern noch dazu, nicht nur wen sachen verlohren werden, sondern wen nur dieser Verordnung nicht nachgelebet, obgleich auch nichts Verlohren wird, umb einß quartalsbesoldung auch nach befinden Entsetzung seines Dienstes gestraffet werden.
  2. Soll Unser Postmeister N dahin sehen, daß jedesmahl von allen abgehenden Charten ein richtigeg Buch u. abschrifft genommen werde.
  3. Die ankommende Charten hat Er nach einer stunde nach ankunfft der Post öffentlich vor dem Post=Comtoir auf ein Brett außzu=
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 357 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

hengen u. einen gantzen Tag hengen, auch die Brieffe, so den Tag der ankunfft der Post nicht abgefordert werden, den andern Morgen frühe durch den Brieffträger außtragen zu lassen.

  1. Wenn Briefe sind, so nicht abgefordert worden, oder die Leute, woran Sie halten, nicht zu finden, so soll deßfalls ein à parte Charte unter den nahmen "überbliebene Brieffe" gemachet und solche von Zeit zu Zeit darauff geschrieben werden, auch solche Charte bestendig Vor dem Post=Contoir aushangen, damit einer dem andern davon nachricht geben könne, die abgeforderten Brieffe werden aber in dieser Charte jedeßmahl unterstrichen.
  2. Endlich soll dieser Postmeister allemahl nach Endigung deß Quartals seine Rechnung schließen und deductis deducendis die reliqua richtig zur fürstl. Renterey einsenden u. weilen die Quartale auf den 15. July, 15. October, 15. Januar u. 15. April zu ende, u. eben sogleich von andern Postcontoiren die Charten nicht pflegten eingesandt werden, alß soll Unser Postmeister an fothane außwertige Contoire fleißige anforderung Thun, auch Unsere Assistence darunter gewertig sein, daß Sie längstens 8 Tage nach geendigten Quartahle ihre Rechnungen nebst dem überschuß Ihm zuschicken sollen, dagegen Wir ohnfehlbar u. ohne einiges einwenden seine Haubtrechnung cum reliquis 4 Wochen nach jedem Quartal bey ermeldeter Unser Renterey gewertig sein wollen. Er hat aber
  3. Auch gleich bey Endigung einß jeden Quartals die Postbedienten alß Postschreiber, Wagenmeister u. Postilions nach der Ihm zu gebenden Specification von den Postgeldern zu bezahlen u. in Rechnung zu führen, auch außwärtigen Postmeistern zu gestatten, daß sie ihre Salaria an den einzusendenden Postgeldern decourtiren, wen aber Vorschüsse von Postilions oder andern Postbedienten begehret werden, hat er darüber jedeßmahl deß Geh. Cammer Rahts Mumme guhtbefinden einzuholen, wie Wir denn
  4. Ihm Postmeister nebst andern Postbedienten an densfelben alß von Unß gnädigst constituirten Postdirectori 1 ) verweisen, umb von Ihm bey vorkommenden Postangelegenheiten in Unsern Nahmen die Verordnung gewärtig zu seyn.
  5. Endlich soll Unser Postmeister Vor diese seine Bedienung an Salaria . . ., an Hausmiethe . . ., Vor Holtz u. Licht . . ., Gnädigst gereichet u. dabeneben daß accidens so Er Von Distribuirung der Avisen haben kann gelassen werden,

Und wollen Wir überdehm bey dieser seiner Bedienung Ihn kräftigst schützen, auch so Er von jemandt angegeben werden sollte, Ihn nicht sogleich verurtheilen sondern Ihm zu foderst darüber gnädigst hören.

Uhrkundtlich u. zu mehrer seiner Versicherung haben Wir diese respective Bestallung u. instruction eigenhendig unterschrieben u. mit Unsern . . . .


Die Anlagen 1 - 9 entstammen dem Großherzoglichen Geheimen und Hauptarchiv zu Schwerin.


1) d. h. Cammerrath Mumme.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 358 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlage 10.

Finanz - Ergebnisse

der
meklenburgischen Postverwaltung
zwischen 1701-1785.
Finanz - Ergebnisse der meklenburgischen Postverwaltung zwischen 1701-1785.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 359 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Finanz - Ergebnisse der meklenburgischen Postverwaltung zwischen 1701-1785.
Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 360 zur ersten Seite zur vorherigen Seite
Vignette