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1.

Zur Baugeschichte des Fürstenhofes zu Wismar.

Von Dr. Crull.

Der 1547 im Alter von 22 Jahren zur Regierung gelangte Herzog Johans Albrecht 1 ) berichtete am 30. Juni 1550 seinem Oheim und Mitregenten Herzog Heinrich, die Gemächer im fürstlichen Hause zu Wismar seien alle sehr vernachlässigt, so daß es sich vernothwendige, dieselben wieder in Stand zu setzen. Dem Saale sei leicht abzuhelfen, aber es sei zu bedauern, daß das Haus, welches er, Herzog Heinrich, habe erbauen lassen, nicht noch einen Stock mehr erhalten habe. Er sei der Meinung, man müsse demselben gegenüber (darkegen vber) ein schlichtes Gebäude von ein oder zwei Stock aufführen, damit der Hof schicklicher aussähe (Sarre, der Fürstenhof zu Wismar, Anl. 1). Dem gegenüber mahnte der alte Herr zur


1) So schrieb er selber seinen Namen und so wurde er genannt, nicht aber Johann Albrecht.
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Bescheidenheit und willigte nur in den Bau einer Schnecke oder Wendelstiege am "neuen Hause," sowie in die durchaus nothwendigen Besserungen (Sarre, Anl. 3). Herzog Johans Albrecht ist aber in einem zweiten Schreiben vom 12. Juli auf seinen Plan zurückgekommen, dem gegenüber jedoch Herzog Heinrich darauf beharrte, daß sowohl in Betreff des alten wie des neuen Hauses nur dasjenige gemacht werden solle, was schlechterdings nöthig sei, aber damit einverstanden sich erklärte, daß zu dem Ende der Rath zu Lübeck um 30 000, die Rostocker und Wismarschen um je 20 000 Steine gegen Baarzahlung angegangen werden sollten (Sarre, Anl. 2).

Dr. Lisch hat gewiß mit Recht angenommen (Jahrb. V, S. 15, N. 1), daß die an dem "neuen Hause" aufzuführende Wendelstiege an dem von Herzog Heinrich 1512/13, dem Chore der St. Jürgens=Kirche gegenüber erbauten Flügel errichtet werden sollte, hat aber doch wohl geirrt, wenn er meinte, Herzog Johans Albrecht habe diesen Flügel im Auge gehabt, wenn er das Fehlen eines dritten Geschosses bedauerte. Es hat nämlich, was bisher nicht bekannt war, Herzog Heinrich nicht bloß diesen Flügel auf dem fürstlichen Hofe aufführen lassen, sondern auch schon 1506 einen großen Saalbau, wie sich aus Verhandlungen der Wendischen Städte, die Ende Mai jenes Jahres in Lübeck stattfanden, ergiebt. Der Lübecker Bürgermeister hat dort das Gerücht zur Sprache gebracht, daß die Fürsten und Herren einen Anschlag auf Wismar mit sich herumtrügen, daß die Herzoge eine starke Feste in der Stadt errichteten, und daß der Markgraf von Brandenburg auch im Lande sich aufhalten werde, worauf aber der Bürgermeister von Wismar, Olrick Malchow, erwidert hat, es sei ihm von dergleichen Anschlägen nichts bekannt, und was den fürstlichen Bau anlange, so werde das Haus zu einem Tanzhause mit großen Fenstern gebaut und nicht als Befestigung. (Schäfer, Hanserecesse V, S. 213.) Das wäre also der "alte Bau".

Luckow hat schon bemerkt, daß der Fürstenhof - im engeren Sinne - mit Benutzung älterer Theile aufgeführt sei. Wie bedeutend dieselben waren, sagt er nicht und konnte er auch wohl nicht sagen, aber ihre Erheblichkeit ergab der Augenschein bei den Erneuerungsarbeiten am Erdgeschosse. Auch zeigten die Deckenbalken in dem nordöstlichen Raume dort gothische Profilirung, und Herr Landbaumeister Hamann, welcher als Bauführer die Luckowsche Restauration zu unterstützen hatte, fand auch im mittleren Geschosse hinter den Terracotten Fenstergewände, die gothisch profilirt waren. Demgemäß ist ein völliger Neubau nicht errichtet worden und ist zu vermuthen, daß die Buden, welche die Stadt dem Herzoge 1554 schenkte oder geschenkt hatte, neben dem Palaste an der Stelle der heutigen Amts=

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gerichts=Schließerei gelegen haben und etwa verlangt worden sind, um den Bau frei zu stellen. Der Umstand, daß Gabriel van Aken in seinem Briefe vom 4. April 1554 (Sarre, Anl. 5) schreibt, was er dem Herzoge zugesagt, sei Alles gemacht "vnde is dat fundamente", kann nicht als Argument für einen völligen Neubau oder dafür, daß zur angegebenen Zeit das Fundament fertig gestellt gewesen sei, benutzt werden, denn es fragt sich, ob dort unter Fundament dasselbe zu verstehen ist, was wir heutzutage darunter verstehen, und nicht vielmehr, wie Luckow meint (a. a. S., S. 9), der Sandstein=Sockel auf der Hofseite, oder ob man nicht gar das Wort bildlich zu nehmen habe, so daß Gabriel habe sagen wollen, um den Punkt handle es sich, das sei der Kern des Streites. Zweifellos sind im Fundamente nach heutigem Verstande keine Steine vom Kullen=Gebirge vorhanden, sondern Nachgrabungen, die Herr Landbaumeister Hamann seinerzeit angestellt hat, ergaben, wie zu vermuthen war, daß das Fundament aus einheimischen Granitfindlingen besteht.

Lisch setzt den Anfang des jüngsten Baues schon in das Jahr 1552, indem er angiebt, daß Statz van Düren, der damals 7 Gesellen und 7 Zupfleger beschäftigt, die Ornamente hergestellt habe (a. a. O., S. 18, 36), sowie daß Gabriel van Aken bereits in gedachtem Jahre Steine vom Kullen=Gebirge an der Schonenschen Seite des Kattegat geholt habe (a. a. O., S. 20). Da Statz aber seine Arbeit auf einer Ziegelei bei Schwerin betrieb, so liegt es doch näher, anzunehmen, daß er für den Schweriner Schloßbau thätig gewesen sei, und was die Steine aus Schonen anlangt, so würde der dänische König in der von ihm 1553, Mai 30. ertheilten Erlaubniß, dort Steine zu brechen (Sarre, Anl. 4), doch in irgend welcher Weise auf eine frühere Bewilligung hingedeutet haben, falls er solche ertheilt gehabt hätte. Sollten aber wirklich Vorbereitungen für den Bau des Fürstenhofes schon 1552 getroffen worden sein, so sind sie doch unter allen Umständen nicht von Erheblichkeit gewesen. Im Frühling 1553 sind, wie angegeben, Steine zu brechen erlaubt, im Januar 1554 bestellt der Herzog Decken (gemalte) für das Haus, welches er in Wismar erbauen lassen werde, im September läßt er Statz antreiben, mit seiner Ziegelarbeit sich zu sputen (Jahrb. XVIII, S. 113), wegen Steinmangels sollen im November einige Kirchen abgebrochen werden (Jahrb. V, S. 15, Nr. 2): alles dieses, sowie der Umstand, daß - bis auf Luckow - Formziegel an den Fenstergewandungen des Erdgeschosses straßenwärts das Datum 1554 zeigten, und daß Mylius bestimmt sagt, Herzog Johans Albrecht habe in diesem Jahre (nicht 1555, wie Jahrb. a. a. O. verdruckt ist) das Haus in Wismar erbauen lassen (Gerdes' Sammlung, S. 263), was auch Schröder

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weiß (K. B., S. 284), spricht dafür, daß der Bau, wenn auch 1553 in Etwas vorbereitet, wesentlich 1554 ausgeführt worden ist, sodaß der Herzog 1555, Februar 24., seine Vermählung darin feiern konnte.

Daß es nun möglich gewesen, bei dem notorischen Mangel an Ziegeln, bei der damaligen Unvollkommenheit der Hülfsmittel, bei der größeren Sorgfalt und dem daher langsameren Fortgange der Arbeit in jener Zeit, dem Mangel an Geld und, wie ich glaube auch an Arbeitern, den ganzen dreistöckigen, 37 Meter langen und fast 14 Meter tiefen Bau in so kurzer Zeit herzustellen, das erscheint doch kaum glaublich, wie denn auch Luckow die kurze Bauzeit bedenklich erschien (a. a. O., S. 5). Diese Erwägungen und die oben angeführten Thatsachen nöthigen dann meines Erachtens zu dem Schlusse, daß 1554 die Bauthätigkeit darin bestand, daß der Saalbau Herzog Heinrichs das von Herzog Johans Albrecht vermißte dritte Stockwerk erhielt und die Fassaden im Geschmacke der Zeit hergerichtet, höchstens noch innere Einrichtungen verändert wurden, wodurch dann auch die von Luckow hervorgehobene Unregelmäßigkeit der Achsentheilung, und daß kein (?) Fenster senkrecht über dem andern steht, erklärt sein würde.