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IV.

Rostocks Stellung in der Hanse.

(Vortrag, gehalten in der Generalversammlung des Vereins
zu Rostock am 12. Juli 1886.)
Von
Archivar Dr. Karl Koppmann
zu Rostock.

E ine Stadt, der die Ehre zu Theil wird, einen Verein in ihren Mauern zu begrüßen, dessen Thätigkeit der Geschichte und Alterthumskunde des ganzen Landes gewidmet ist, hat die natürliche Verpflichtung, sich auf ihre eigene, besondere Geschichte zu besinnen. Wer einen Gast umherführt, wird ihm aber nicht absichtlich dasjenige zeigen wollen, was derselbe täglich zu Hause sieht, sondern das, was seiner Meinung nach eigenartig und charakteristisch ist, was der Stadt, in der er lebt, ihr individuelles Gepräge giebt. Ein solches Gepräge aber wird der Geschichte der Stadt Rostock durch ihre Bezeichnung Seestadt ausgedrückt, die bekanntlich nicht ihre Lage unfern der See kennzeichnen, sondern ihren Entwickelungsgang zum Ausdruck bringen will, der sich nicht nur innerhalb der Landesgeschichte Meklenburgs, sondern auch außerhalb derselben in der Geschichte des hansischen Städtevereins bewegt.


Der Name Rostock bedeutet einen Ort, neben welchem ein Gewässer aus enger Rinne heraustritt, um in breiterem Bette seine

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Wellen weiter zu rollen. 1 ) Schon Bischof Boguphal von Posen, um die Mitte des 13. Jahrhunderts, giebt solche Ableitung: Rostock, sagt er, trägt seinen Namen von dem Auseinanderfließen des Wassers (Rostoky a dissolucione aquarum). 2 ) Ursprünglich eignete dieser Name jener Wendenburg, welche die am rechten Ufer der Warnow wohnenden Kissiner 3 ) in der Sumpfniederung der jetzigen Petribleiche aufgeworfen hatten. 4 ) Einige wenige Notizen, welche sich in den Geschichtswerken dreier verschiedener Schriftsteller finden, bilden aber die Gesammtheit dessen, was uns über die Wendenburg Rostock von zeitgenössischen Historiographen überliefert ist.

Es ist das Jahr 1160, zu welchem Alt=Rostocks zum ersten Male Erwähnung geschieht. 5 ) Als der Obotriten=Fürst Niklot im August dieses Jahres gefallen war 6 ) und seine Söhne Pribislav und Wartislav sich vor dem Sachsenherzog Heinrich dem Löwen in die Wälder geflüchtet hatten, erschienen Heinrichs Verbündete, die Dänen, mit ihrer Flotte vor der Warnow, 7 ) erzwangen sich die Einfahrt in den Breitling 8 ) und verwüsteten die Ufer; ihr König Waldemar brannte, wie der dänische Geschichtsschreiber Saxo sich ausdrückt, das von seinen Bewohnern feige verlassene Rostock nieder und überlieferte auch ein dort verehrtes Götzenbild dem Feuer. 9 ) Die zweite Nachricht verdanken wir der Slavenchronik Helmolds, des Pfarrers von Bosau. Von Pribislav, der im Jahre 1167 die Lande seines Vaters, mit Ausnahme der Grafschaft Schwerin, von Heinrich dem Löwen zurück erhalten hatte, 10 ) berichtet er am Schlusse seines Werkes: Er begnügte sich mit dem, was ihm geblieben war, und baute die zerstörten Burgen wieder auf, Meklen=


1) Lisch u. Mann in Jahrb. für mekl. Gesch. 21, S. 7-9; Kühnel das. 46, S. 122.
2) Jahrb. 27, S. 128.
3) Wigger in Jahrb. 28, S. 19.
4) Lisch u. Mann in Jahrb. 21, S. 46.
5) Ueber eine Erwähnung Rostocks in der späteren Knytlinga=Sage vom Jahre 1151, s. Beyer in Jahrb. 13, S. 31; Wigger das. 28, S. 137, und 50, S. 122.
6) Wigger in Jahrb. 28, S. 114, Anm. 1; 50, S. 136.
7) Saxonis Grammatici Gesta Danorum (herausg. von A. Holder, S. 523: "Inde ad Gudacram amnem navigacione discessum."
8) Saxo, S. 523: "Quo (Absalone) auctore eo loci perventum, ubi gurges ingentis stagni diffusior speciem preferebat." Jahrb. 28, S. 116.
9) Saxo, S. 524: "Urbem quoque Rostock, oppidanorum ignavie desti-tutam, nullo negocio perussit. Statuam eciam, quam gentis profana credulitas, perinde ac celeste numen, divinis honoribus prosequebatur, incendio mandavit." Jahrb. 21, S. 9; 28, S. 116.
10) Jahrb. 28, S. 159.
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burg, Ilow und Rostock. 1 ) Helmolds Fortsetzer, Arnold, Abt zu Lübek, theilt uns die letzten Nachrichten mit. Nach Pribislavs Tode (30. Dec. 1178) 2 ) standen dessen Sohn Heinrich Borwin I und Wartislavs Sohn, Niklot II, der sich im Besitze von Ilow und Rostock befand, einander gegenüber; 3 ) die Wechselfälle des Krieges führten beide in die Gefangenschaft König Knuds von Dänemark; als dieser die gegnerischen Vettern im Jahre 1184 wieder in Freiheit setzte, theilte er das Land dergestalt unter sie, daß Heinrich Borwin zwar neben Meklenburg auch Ilow behielt, Rostock aber an Niklot zurückgeben mußte. 4 )

Vom Fürsten Niklot II sind zwei Urkunden vom 8. April 1189 erhalten, die für die Geschichte Rostocks vom höchsten Jnteresse sind. 5 ) Auf den Siegeln derselben nennt sich der Fürst Nicolaus von Rostock, während sein Oheim im Jahre 1171 die Bezeichnung Pribislav von Kessin geführt hat. 6 ) Von den drei bekannteren Burgen der Kissiner, Rostock, Kessin und Werle, 7 ) war Kessin die Hauptburg gewesen; 8 ) hier war die Gottheit der Kissiner, Goderak, verehrt worden, 9 ) nach der die Dänen die Warnow als Goderaks=Fluß, Gudakr=Aa, Gudakurs=Aa, bezeichneten; 10 ) jetzt aber stand offenbar Rostock an hervorragendster Stelle. Unter den Zeugen werden Thiedwig, Kaplan zu Rostock, und Heinrich, Kaplan zu Goderak, aufgeführt. Ausgestellt sind die Urkunden zu Rostock; 11 ) erlassen sind sie zu Gunsten des Klosters Doberan. In der einen gestattet der Fürst den Mönchen, wie auch den Handwerkern


1) Helmoldi Chronica Slavorum II, 14: "Sedit quietus et contentus funiculo portionis sibi permisse et edincavit urbes Mekelenburg, Ylowe et Rozstoc et collocavit in terminis eorum Sclavorum populos." Jahrb. 21, S. 9; 28, S. 185.
2) Jahrb. 28, S. 256, Anm. 3; 50, S. 158.
3) Jahrb. 28, S. 257, 260, 268.
4) Arnoldi Chronica Slavorum III, 4: . . . "Burvinus . . . recessit a castro Rostoch, tradens illud nepoti. Ipse vero Ylowe et Michelenburg in possessionem sortitus est rege sic disponente." Vorher heißt es: "Burvinus vero . . . optinuit castra Rostoch et Michelenburg." Vgl. Jahrb. 21, S. 10-21; 28, S. 268, 271.
5) Mekl. Ub. 1, Nr. 147, 148; Jahrb. 21, S. 11.
6) Mekl. Ub. 1, Nr. 100, S. 100; Jahrb. 28, S. 21, 163, Anm. 1; 50, S. 137.
7) Jahrb. 28, S. 19.
8) Jahrb. 50, S. 127, Anm. 3.
9) Jahrb. 28, S. 163, Anm. 1.
10) Oben S. 184, Anm. 7; Jahrb. 28, S. 163, Anm. 1.
11) Ueber die Klemens=Kirche in Alt=Rostock, s. Jahrb. 21, S. 34. Ein christlicher Begräbnißplatz Alt=Rostocks befand sich nach Lisch's Vermuthung (Jahrb. 28, S. 301-7) in Bartelsdorf.
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des Klosters Doberan den zollfreien Einkauf und Verkauf auf seinem Markte (in foro nostro), in der andern befreit er die Klosterbauern von den Landespflichten, speciell vom Burgwerk und vom Bau der Brücke vor der Burg (ab extructione urbium aut pontis ante urbem). Die hier genannte Burg ist diejenige, in welcher Fürst Niklot urkundet, das wendische Rostock; 1 ) die Brücke vor der Burg, deren Bau und Unterhaltung Landessache ist, 2 ) kann meines Erachtens nur als Warnowbrücke, in der Gegend der jetzigen Petribrücke, aufgefaßt werden; 3 ) der Markt aber, auf dem der Fürst einen Zoll erheben läßt, 4 ) ist der mittels der Warnowbrücke mit der Wendenburg verbundene Altmarkt, 5 ) die Grundlage und der Ausgangspunkt für die Entwickelung der deutschen Stadt Rostock.

Freilich vergeht noch ein Menschenalter, ehe von einer eigentlichen Stadt die Rede ist. Erst im Jahre 1218 beurkundet Fürst Heinrich Borwin I, dem nach dem Tode des kinderlosen Niklot (25. Mai 1200) 6 ) auch die Herrschaft Rostock zugefallen ist, er sei mit seinen Söhnen Heinrich Borwin II und Nicolaus die Stadt Rostock auszubauen Willens geworden (Rozstok oppidum delegimus astruendum) und bestätige deshalb denen, welche zur Ansiedelung dorthin kommen würden, Zollfreiheit in seiner ganzen Herrschaft und Gebrauch des Lübischen Rechts. 7 ) Es ist nicht eine Neugründung, sondern ein Ausbau, was hier beabsichtigt wird; Zollfreiheit und Lübisches Recht werden nicht verliehen, sondern bestätigt; daß eine organisirte Stadtgemeinde bereits vorhanden ist, wird durch die Aufführung von 10 Rathmannen (ejusdem opidi consulibus) unter den Zeugen erwiesen, und die Namhaftmachung


1) Jahrb. 21, S. 12.
2) Ueber die Verpflichtung zum Burgwerk und Brückenwerk, s. Jahrb. 28, S. 25. In unserer Urkunde aber - und nur hier - ist von einer bestimmten Brücke die Rede.
3) Auch die Brücke, welche König Waldemar nach der Niederbrennung Rostocks schlagen ließ (Saxo, S. 524: "Post hec Henricum, cum exercitu suo conserendi secuim sermonis gracia venientem, preparato ponte trajecit"), wird man am natürlichsten hier zu suchen haben; "wohl bei Rostock" meint auch Wigger (Jahrb. 28, S. 116).
4) Ueber diesen Zoll s. Jahrb. 21, S. 11, Anm. 3.
5) Krause in Hans. Geschsbl., Jahrg. 1884, S. 43: "vielleicht noch in der Wik, höchst wahrscheinlich aber schon auf dem Alten Markte". In der Wik wurde der Markt von Mann gesucht (Jahrb. 21, S. 47).
6) Jahrb. 50, S. 144.
7) Mekl. Ub. 1, Nr. 244; Hans. Ub. 1, Nr. 142; Jahrb. 21, S. 12-13; Hans. Geschsbl. 1884, S. 43-44.
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des Priesters Stephan von Rostock 1 ) läßt auf die Existenz einer eigenen Stadtkirche, der Petrikirche, schließen. Dreizehn Jahre später (1231) begegnet uns auch der Priester von St. Marien, 2 ) und 1252 erscheinen neben einander die Pfarrer von St. Petri, St. Marien und St. Jacobi: 3 ) der Ausbau der deutschen Stadt Rostock, ihre Gliederung in Altstadt, Mittelstadt, Neustadt ist damals vollendet.

In der Zeit zweier Menschenalter, von 1189 bis 1252, ist diese Entwickelung von einem Marktplatz zu einer dreigliederigen Stadtgemeinde vor sich gegangen. Wenn während dieser ganzen Periode die Urkunde Heinrich Borwins vom Jahre 1218 das einzige Privileg bleibt, das Rostock von seinen Fürsten verliehen wird, so muß offenbar dieser Armuth in der Zahl der Documente ein Reichthum dessen gegenüber stehen, was das Privileg von 1218 enthält oder voraussetzt, ausdrücklich oder stillschweigend bestätigt. Den Hauptschatz dieses Reichchums bildet zweifelsohne das Lübische Recht. Dieses zumeist und zunächst ist gemeint, wenn der Rujaner=Fürst Wizlav im Jahre 1234 seiner neugegründeten Stadt Stralsund dieselben Gerechtsame und Freiheiten verleiht, mit denen die Stadt Rostock bewidmet ist (eandem justiciam et libertatem contulimus, que civitati Roztok est collata). 4 ) Unter den Ostseestädten ist Rostock die erste, die sich dieses Rechtes erfreut, durch seine Vermittelung erhält es Stralsund, 1250 wird Greifswald in Pommern, 5 ) 1266 Wismar in Meklenburg 6 ) direct mit dem Lübischen Rechte beliehen. Solche Gemeinsamkeit des Rechtes webt um diese auf gleichartigem Boden erwachsenen und unter gleichartigen Lebensverhältnissen aufblühenden Städte ein starkes Band, macht sie geeignet zum festen Kern des großen hansischen Städtebundes.



1) Stephano sacerdote; Mekl. Ub. 1, Nr. 254: Stephanus de Rodestoc; Nr. 255: Stephanus in Rodestoc. Jahrb. 21, S. 12-13.
2) Mekl. Ub. 1, Nr. 391: Walterus, Gerhardus, plebani de Rozstoc. Mann (Jahrb. 21, S. 15) hält sie, "weil die Marienkirche im Jahre 1231 noch nicht gegründet war," für die Pfarrer von St. Petri und St. Nikolai (vergl. auch Hans. Geschsbl. 1874, S. 44). Aber schon 1232 vollziehen die Fürsten in der Marienkirche eine Schenkung (Mekl. Ub. 1, Nr. 398; vergl. Jahrb. 21, S. 17, Anm. 1), während die Nikolaikirche urkundlich nicht vor 1260 (Mekl. Ub. 2, Nr. 865) nachzuweisen ist.
3) Mekl. Ub. 2, Nr. 686; Jahrb. 21, S. 15 Anm. 2; Hans. Geschsbl. 1874, S. 46.
4) Mekl. Ub. 1, Nr. 424, 509; Hans. Ub. 1, Nr. 265, 299.
5) Mekl. Ub. 2, Nr. 1011; Hans. Ub. 1, Nr. 386.
6) Mekl. Ub. 2, Nr. 1078, 1079; Hans. Ub. 1, Nr. 623.
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Das Substantiv Hansa oder Hanse, gothisch bei Ulfilas und fränkisch beim sogenannten Tatian hansa, angelsächsisch im Beowulf=Liede hôs, hat zunächst die Bedeutung von cohors, Schaar. 1 ) In frühzeitiger Begriffsverengerung bezeichnet es dann Gemeinde, Vereinigung, Gesellschaft, speciell die Stadtgemeinde, die organisirte Kaufmannschaft; in England heißt schon unter König Heinrich I (1110-1135) hanshus das Gebäude, in welchem die Bürger ihre Beschlüsse fassen, 2 ) und hansa wird seit 1200 synonym mit Kaufmannsgilde, gilda mercatoria, gebraucht. 3 ) Als Vorsteher solcher Vereinigungen begegnen uns in Deutschland Hansegrafen, so namentlich in Regensburg seit 1190. 4 ) In weiterer Entwickelung bedeutet hansa das Recht der Kaufleute, in fremden Städten und Ländern Handel treiben zu dürfen, die Vereinigung derer, welche dies Recht ausüben, und die Abgabe, welche dem betreffenden Landesherrn für die Ausübung desselben zu zahlen ist: die Bürger zu St. Omer, welche nach dem Lande des Kaisers handeln, werden von Graf Wilhelm von der Normandie 1127 für die Grafschaft Flandern von der hansa befreit, 5 ) für Bremen verzichtet der Erzbischof etwa 1181 auf die ihm gebührende hansa, 6 ) und den Lübekern bestätigt der Kaiser 1188 für das ganze Herzogthum Sachsen Einkauf und Verkauf frei von Zoll und hansa; 7 ) den Paderborner Bürgern bestätigt ihr Bischof ihr Hanse=Recht, jus quod hanse dicitur, de quo nobis solvunt annuam pensionem; 8 ) in London hat sowohl Köln wie Brügge seine besondere Hanse, 9 ) und Hamburg hat Hansen in Utrecht und Ostkerken, später in Staveren, Amsterdam und Sluys. 10 ) Das Verbum hansen oder hensen, auch vorhansen, bezeichnet das Beitreten zu einer solchen Vereinigung, das Zahlen eines Aufnahmegeldes oder eines Beitrages zu den Unterhaltungskosten, 11 ) Von einem latinisirten


1) Sartorius in Urk. Gesch. 1, S. 75, Anm. 3; Pauli in Hans. Geschsbl. 1872, S. 15-16.
2) Urk. Gesch. 1, S. 73, Anm. 1; Hans. Geschsbl. 1872, S. 16.
3) Sartorius in Urk. Gesch. 1, S. 73, Anm. 1; Lappenberg das. 1, S. XVI, Anm. 2; Pauli in Hans. Geschsbl. 1872, S. 17.
4) Urk. Gesch. 1, S. 74, Anm. 2; S. XVLII, Anm. 1.
5) Hans. Ub. 1, S. 13, Anm. 3; Urk. Gesch. 1, S. XIX, Anm. 1; Hans. Geschsbl. 1872, S. 19.
6) Hans. Ub. 1, Nr. 31; Urk. Gesch. 1, S. 75; S. XVIII.
7) Hans. Ub. 1, Nr. 33; Urk. Gesch. 1, S. 75; S. XVIII-XIX.
8) Urk. Gesch. S. XVI, Anm. 1; Schäfer S. 251, Anm. 3.
9) H. R. I. 1, S. XXVI-XXVIII.
10) Urk. Gesch. 1, S. XXI; Koppmann in Hans. Geschsbl. 1875, S. 13.
11) Nd. Wb. 2, S. 242, 243; 5, S. 361.
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Verbum hansare kommt das Particip hansatus vor: in Frankreich bezeichnet es 1204 denjenigen, der in eine Stadtgemeinde aufgenommen ist, derselben angehört: hansatus Parisiis, id est de communia Parisiensi. 1 ) In ganz eigenthümlicher Bedeutung wird aber das Verbum 1259 in Köln gebraucht; hier sind den fremden Kaufleuten nach den Ländern, von denen sie kommen, bestimmte Verkaufsplätze angewiesen, und wer von ihnen sich anderswo mit seinen Waaren von einem Kölner Bürger betreffen läßt, den kann derselbe nach alter Sitte anhalten und hansen, d. h. ihn mit Binsen oder Bast binden, vermuthlich, um ihn dadurch zur Zahlung eines Lösegeldes zu zwingen (ab ipso cive impune et licite arrestari et puniri poterit more antiquo, secundum quod vulgo hansin vocatur, quod taliter fieri consuevit, quod civis Coloniensis mercatorem in tali excessu a se deprehensum calamo vel junco vel consimili ligamento ligabit). 2 ) Diese Bestrafung des Hausirhandels oder wohl richtiger des Handels an unerlaubten Orten ist dasselbe Binden, das noch heutigen Tages unsere Bauerburschen über den unbefugten Betreter ihrer Felder verhängen, nur recht emsthaft gemeint: wer sich seiner Bande entledigt, der verfällt dem Kölner Bürger mit Leib und Gut, und wer sich dem Binden mit Gewalt widersetzt, an dem soll auf Antrag des Bürgers der Erzbischof oder dessen Richter die Strafe vollziehen. Diese Bedeutung des Worts hansin weiß ich mir nur durch die Annahme zu erklären, daß das Lösegeld hansa genannt wurde, es sei denn, daß grade das Binden als die ursprüngliche Bedeutung aufzufassen wäre.

Die deutsche Hanse, der große hansische Städtebund, war bekanntlich eine Vereinigung der deutschen Seestädte zur Sicherung ihrer Handelsstraßen und zum Schutze des deutschen Kaufmanns im Auslande.

So lange noch die jetzigen deutschen Ostseelande in der Hand von Undeutschen sich befanden, war die Nordsee - die Westsee hieß sie eigentlich den Deutschen - die vorzüglichste Wasserstraße für den Handelsverkehr zwischen Deutschland und dem Auslande. Besonders lebhaft zeigt sich dieser Verkehr in Bezug auf England und Flandern. Während aber der Handel zwischen Deutschland und Flandern in älterer Zeit offenbar mehr von den Flämingern als von den Deutschen betrieben wird, befindet sich der Handel


1) Urk. Gesch. 1, S. 74, Anm. 3; S. XVIII, Anm. 2; Hans. Geschsbl. 1872, S. 20.
2) Hans. Ub. 1, Nr. 523; Urk. Gesch. 1, S. XIX, Anm. 1.
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zwischen Deutschland und England größtentheils in den Händen der Deutschen. 1 ) In London wurden nach einer dortigen Aufzeichnung etwa ums Jahr 1000 die Leute des Kaisers, die in ihren Schiffen kamen, der gleichen Gesetze würdig geachtet, wie die Londoner selbst. 2 ) Diese Leute des Kaisers, homines imperatoris, mercatores de terra domini imperatoris, waren vorzüglich die Kaufleute Kölns, die schon 1157 ihr eigenes Haus, die Gildehalle, in London besaßen; 3 ) der Kölner Hanse gehörten aber auch die übrigen deutschen Kaufleute an, welche aus Städten an oder unweit der Nordsee 4 ) oder aus dem Binnenlande 5 ) über dieselben nach London kamen. Auf der Ostsee wurde der Handelsverkehr zwischen Deutschland und Rußland von Alters her durch die Insel Gothland vermittelt; 6 ) aber vermuthlich suchten auch westfälische Kaufleute Schleswig aus Gothland auf, wagten sogar von hier aus die den Gothen längst bekannte Fahrt nach Rußland, 7 ) dessen Besuch durch Kaufleute aus der kleinen Stadt Medebach für das Jahr 1165 bezeugt ist. 8 ) In der Hauptstadt Gothlands, Wisby, bestand 1163 eine eigene deutsche Stadtgemeinde, deren Anfänge natürlich in frühere Zeiten zurückreichen müssen. 9 )

Einen gewaltigen Aufschwung nahm der deutsche Handel, als ihm durch die Christianisirung und Germanisirung der Ostseelande die Ostsee völlig erschlossen worden war. Von Lübek bis nach Riga und Reval erwuchs eine Reihe von deutschen Städten, die sich am Seehandel zu betheiligen vermochten, auf Handel und Schifffahrt angewiesen waren; allen voran strebte Lübek jugendkräftig empor. Von besonderer Bedeutung war die enge Verbindung, die sich zwischen Lübek und Hamburg spann, denn diese bedeutete eine


1) Der strenge Nachweis eines solchen Unterschiedes, so wichtig derselbe auch ist, würde hier zu weit abführen.
2) Hans. Ub. 1, Nr. 2; Lappenberg, Stahlhof S. 4; H. R. 1, S. XXVI; Höhlbaum in Hans. Geschsbl. 1875, S. 24.
3) Hans. Ub. 1, Nr. 14; Lappenberg, Stahlof, S. 7; H. R. 1, S. XXVI; Hans. Geschsbl. 1875, S. 25. Ueber die Datirung s. Höhlbaum in Hans. Geschsbl. 1882, S. 45-48.
4) Lappenberg, Stahlhof S. 9; H. R. 1, S. XXVI.
5) Hans. Geschsbl. 1875, S. 24-27.
6) H. R. 1, S. XXVIII-XXIX; Höhlbaum in Hans. Geschsbl. 1872, S. 41-65; Schäfer, S. 35-49; Koppmann in Hans. Wisbyfahrt, S. 15-16; Winckler, Die Deutsche Hansa in Rußland, S. 3.
7) Vergl. Höhlbaum in Hans. Geschsbl. 1872, S. 49; Schäfer, Hansestädte, S. 39; Koppmann in Hans. Wisbyfahrt, S. 15.
8) Hans. Ub. 1, Nr. 17; Hans. Geschsbl. 1872, S. 45, Anm. 2; Winckler, S. 5, 133.
9) Hans. Ub. 1, Nr. 16; Hans. Geschsbl. 1872, S. 44, 47-48.
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Verbindung zwishenchen Ostsee und Westsee. Hand in Hand mit der älteren Schwesterstadt, die aber durch die Gründung einer mit Lübischem Rechte bewidmeten Neustadt frisches Leben gewonnen hat, geht Lübek zunächst auf der Westsee vor. Gemeinsam erwerben beide Städte Privilegien in der Grafschaft Holland 1243 und 1249, im Bisthum Utrecht 1244, in der Grafschaft Cleve 1251, in Flandern 1252. Diese Privilegien in Flandern werden aber nicht nur für Lübek und Hamburg nachgesucht, sondern zugleich auch für alle Kaufleute des römischen Reichs. 1 ) In England, wo die Bürger von Köln und Tiel und deren Genossen die Kaufleute Lübeks 1226 als gleichberechtigt nicht anerkennen wollen, erwirbt Lübek 1238 ein neues Privileg für sich und die Kaufleute anderer Städte Deutschlands; 1260 wird ein Freibrief für "die Kaufleute Deutschlands, welche die Gildehalle besitzen," nicht für Köln, sondern für Lübek ausgefertigt; 1266 wird Hamburg, 1267 wird Lübek gestattet, eine eigene Hansa in England zu haben. 2 ) Nachdem so im Bunde mit Hamburg Kölns Uebergewicht im Nordseehandel beseitigt ist, schickt Lübek sich an, im Bunde mit den deutschen Ostseestädten auch die Leitung des deutschen Kaufmanns auf der Ostsee zu gewinnen.


Bereits im Jahre 1163 hat Heinrich der Löwe zu abgabefreiem Besuch seiner Stadt Lübek Russen, Gothen, Normannen und die andern Völker des Ostens eingeladen. 1199 wird der alte Frieden hergestellt zwischen Deutschen, Gothen und Nowgorod. 1229 wird auf Gothland ein Handelsvertrag vereinbart zwischen Smolensk, Polozk und Witebsk einerseits und Riga, Gothland und den deutschen Kaufleuten andererseits. 3 ) Nach Riga, wie nach Nowgorod, war der Deutsche von Gothland aus gekommen; 4 ) Wisbysches Recht galt wie in Riga, so auch auf dem Hof der


1) Hans. Ub. 1, Nr. 331, 334, 373, 402, 403, 421, 422, 428, 431, 436. Koppmann in H. R. 1, S. XXX-XXXII; Zeitschr. f. hamb. Gesch. 6, S. 420-27; Hans. Geschsbl. 1875, S. 8-9; Schäfer, S. 65-67.
2) Hans. Ub. 1 Nr. 205, 292, 552, 633, 636. Koppmann in H. R. 1, S. XXVI-XXVIII; Hans. Geschsbl. 1875, S. 8; Höhlbaum das. 1875, S. 27-30; Schäfer, S. 62-65.
3) Hans. Ub. 1, Nr. 15, 50, 232. Koppmann in H. R. 1, S. XXIX; Höhlbaum in Hans. Geschsbl. 1872, S. 50-51. Schäfer, S. 40, 43; Koppmann in Hans. Wisbyfahrt, S. 15-16; Winckler, S. 4, 11-13.
4) Koppmann in H. R. 1, S. XXIX; Höhlbaum in Hans. Geschsbl. 1872, S. 23 65; Schäfer, S. 37; Koppmann in Hans. Wisbyfahrt, S. 15; Winckler, S. 5.
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Deutschen zu Nowgorod, der schon 1199 neben dem älteren Gothenhof vorhanden war; 1 ) zu Wisby wurde das "Siegel der gesammten Kaufmannschaft" aufbewahrt, dessen Abdruck 1229 an den Vertrag mit Smolensk gehängt wurde. Beim Abschluß dieses Vertrages aber waren die Deutschen vertreten durch Kaufleute aus Lübek, Soest, Münster, Dortmund, Groningen und Bremen, 2 ) und die Schlüssel zu der Geldkiste des deutschen Kaufmanns zu Nowgorod führten die vier Aelterleute von Wisby, Lübek, Soest und Dortmund. 3 ) Wie Köln auf der Westsee, war Wisby auf der Ostsee die Führerin und der Vorort der deutschen Kaufmannschaft. Lübek, das sich bereits neben und vor die westfälischen Städte gedrängt hat, hat sich nun auseinanderzusetzen mit Wisby.


Am 6. Januar 1257 4 ) finden wir zum ersten Mal Rathmannen der drei Städte Lübek, Rostock und Wismar zusammen; in Wismar vergleichen sich Lübek und Rostock zu gegenseitigem Verzicht auf die Ansprüche, die sie an einander wegen des Krieges haben, der zwischen Lübek und Dänemark stattgefunden hat. 1259 beschließen Lübek, Rostock und Wismar, daß See= und Straßenräuder nirgendwo Frieden haben, sondern bei allen Städten und Kaufleuten für verfestet gelten sollen; wird solchen Räubern mit ihrem Raube Zuflucht gewährt, so soll das Land oder die Stadt, die sich dessen schuldig macht, gleichfalls bei allen Städten und Kaufleuten für verfestet gelten. 5 ) Etwa 1264 zu Wisniar und wiederum 1265 werden Beschlüsse gefaßt zum Nutzen aller Kaufleute, die nach Lübischem Rechte leben (in subsidium omnium mercatorum, qui jure Lubicensi gaudent et reguntur). 6 ) Im Jahre 1281 findet


1) Hans. Ub. 1, Nr. 50.
2) Hans. Ub. 1, Nr. 232.
3) Koppmann in H. R. 1, S. XXIX-XXX; Höhlbaum in Hans. Geschsbl. 1872, S. 53; Schäfer, S. 45; Winckler, S. 19.
4) Mekl. Ub. 2, Nr. 764, 786; H. R. 1, Nr. 1, 2; Hans. Ub. 1, Nr. 487, 495. H. R. 1, S. XXXII; Schäfer, S. 81. Die eine Urkunde trägt das Datum 1256, Jan. 6, die andere die Jahreszahl 1257. Rostocks Urkunde in Betreff der Stadt Ribnitz (Mekl. Ub. 2 Nr. 794, Hans. Ub. 1, Nr. 497), die offenbar in diesen Zusammenhang gehört (anders Schäfer, S. 80, Anm. 1), entscheidet für 1257.
5) Mekl. Ub. 2, Nr. 847; H. R. 1, Nr. 3; Hans. Ub. 1, Nr. 534. H. R. 1, S. XXXII; Schäfer, S. 81.
6) Mekl. Ub. 2, Nr. 873, 1030; H. R. 1, Nr. 7, 9; Hans. Ub. 1, Nr. 599, 609. H. R. 1, S. XXXIII; Frensdorff in Hans. Geschsbl. 1871, S. 11-19; Schäfer, S. 79-80; Frensdorff in Hans. Geschsbl. 1883, S. 155-61.
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eine Versammlung zu Rostock statt, wo die bisher zum Nachtheil des Kaufmanns obwaltenden Streitigkeiten zwischen Stralsund und Greifswald durch Lübek, Wismar und Rostock beigelegt werden. Auf dieser Rostocker Versammlung sind die fünf Städte zum ersten Male zusammen. 1 ) Zwei Jahre später, am 13. Juni 1283, wird zu Rostock ein Landfriedensbündniß geschlossen, an dem außer einer Reihe Fürsten auch die Städte Lübek, Wismar, Rostock, Stralsund, Greifswald, Stettin, Demmin und Anklam betheiligt sind, 2 ) und in das neben dem Herzog Otto von Braunschweig=Lüneburg 3 ) und König Erich von Dänemark 4 ) auch die Städte Hamburg und Kiel aufgenommen werden. Im Jahre darauf, 1284, treten die Rathmannen der Seestädte, welche dem Rostocker Landfrieden angehören (consules istarum civitatum maritimarum, comprehensarim in confederacione concepte pacis in civitate Rozstoc), zu hochwichtigen Beschlüssen in Wismar zusammen. 5 )

Was uns schwankend und unsicher erscheint, ist nur die Form. Bald unter dieser, bald unter jener, bald ohne alle Bezeichnung treten die fünf Städte zusammen; die nächsten Aufgaben sind die Beilegung von Streitigkeiten unter einander, die gemeinsame Ordnung von Rechtsverhältnissen, der gegenseitige Beistand bei feindlichem Angriff, das gemeinsame Einschreiten gegen See= und Straßenräuber; wie aber Lübek mit Hamburg zusammen Privilegien nachsucht für alle Kaufleute des römischen Reichs, so faßt es in Gemeinschaft mit Rostock und Wismar, Stralsund und Greifswald Beschlüsse zum Nutzen aller Kaufleute, die nach Lübischem Rechte leben, Beschlüsse für alle Städte und Kaufleute, die denselben beitreten wollen, und gegen alle Städte und Kaufleute, die sich ihnen widersetzen.

Auf dem Städtetage zu Wismar 1284 wird der Kampf gegen Norwegen beschlossen. An solchem Kampfe betheiligen sich außer Lübek, Rostock, Wismar, Stralsund und Greifswald auch Wisby und Riga. Mit Wisby hat Lübek im Jahre 1280 ein Bündniß auf 10 Jahre geschlossen zum Schutze aller Ostseefahrer zwischen Travemünde, dem Sund und Nowgorod, sowie auch auf der ganzen


1) Mekl. Ub. 2, Nr. 1586; H. R. 1, Nr. 11; Hans. Ub. 1, Nr. 887. H. R. 1, S. XXXIII; Schäfer, S. 81.
2) Mekl. Ub. 3, Nr. 1679, 1681, 1682; Hans. Ub. 1, Nr. 914, 916, 917. Schäfer, S. 81.
3) Mekl. Ub. 3, Nr. 1688.
4) Mekl. Ub. 3, Nr. 1760, 1762; H. R. 1, Nr. 31, 32; Hans. Ub. 1, Nr. 953, 954.
5) Mekl. Ub. 3, Nr. 1733; H. R. 1, Nr. 30; Hans. Ub. 1, Nr. 938.
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Ostsee; 1282 ist Riga diesem Bündniß für die noch übrigen 8 Jahre beigetreten, 1 ) Eine Gegnerin steht den Städten in der Weserstadt Bremen gegenüber: 1285, wiederum zu Wismar, wird der Beschluß gefaßt, die Bremer, die sich von den verbündeten Städten abgesondert haben, in keine dieser Städte zum Handelsverkehr zuzulassen. 2 ) Durch Vermittelung des Königs Magnus von Schweden kommt der Friede zu Stande: Erich von Norwegen muß versprechen, seinen Raub herauszugeben und 6000 Mark Norwegisch an die sieben Städte zu bezahlen. 3 ) In einem Schreiben Wismars, das an die Städte Stade, Osnabrück, Münster, Koesfeld, Soest, Dortmund, Leeuwarden, Groningen, Staveren, Kampen, Zwoll, Deventer, Zütphen, Harderwyk und Muiden adressirt ist, berichtet dasselbe, daß es seine Bürger zum Kampf gegen Norwegen ausgesandt habe, um die Freiheit des gemeinen Kaufmanns wiederherzustellen, daß es dabei von Niemandem unterstützt sei, als von einigen seiner Nachbarstädte und zwei auswärtigen Städten (nullo tamen juvamine quoadjuti, nisi quarumdam civitatum nobis adjacentium et duarum alterius provincie civitatum), und daß es von den Städten, welche der wiedergewonnenen Freiheit mitgenießen wollen, einen Beitrag zu den aufgewendeten Kosten erwarte. 4 ) Aus Gründen, die uns unbekannt sind, scheint jedoch Lübek dieses Schreiben zurückbehalten zu haben, 5 ) und erst in Folge eigener Streitigkeiten mit König Erich von Norwegen sind die beiden Städte Staveren und Kampen mit Lübek, Wismar, Rostock, Stralsund und Greifswald im Jahre 1293 zu einem Bündniß gegen Norwegen zusammengetreten. 6 )

In demselben Jahre 1293 schließen auch die fünf Städte zu Rostock unter einander ein Bündniß auf drei Jahre, 7 ) das 1296 auf weitere drei Jahre erneuert wird. 8 ) Im Interesse des Friedens


1) Hans. Ub. 1, Nr. 863, 906; H. R. 1, S. XXXII; Harttung, Norwegen und die Deutschen Seestädte, S. 35-36; Schäfer, S. 56.
2) Mekl. Ub. 3, Nr. 1732, 1733, 2242; H. R. 1, Nr. 29, § 3, 30, § 3, 34, § 2. Hans. Ub. 1, Nr. 936, 938, 989. Schäfer in Hans. Geschsbl. 1874, S. 8-9; Harttung, S. 57; Schäfer, Hansestädte, S. 88.
3) Mekl. Ub. 3, Nr. 1806, 1821; H. R. 1, Nr. 37, 41; Hans. Ub. 1, Nr. 985, 993. Harttung, S. 80.
4) Mekl. Ub. 3, Nr. 1839; H. R. 1, Nr. 44; Hans. Ub. 1, Nr. 996. Harttung, S. 83.
5) Das Original befindet sich im Stadtarchiv zu Lübek.
6) Mekl. Ub. 3, Nr. 2223, 2224; H. R. 1, Nr. 62, 63; Hans. Ub. 1, N. 1114, 1115.
7) Mekl. Ub. 3, Nr. 2248 A, B; H. R. 1, Nr. 64, 65; Hans. Ub. 1, Nr. 1130, 1131.
8) Mekl. Ub. 3, Nr. 2414 A, B; H. R. 1, Nr. 73-76; Hans. Ub. 1, Nr. 1224-27.
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und zum Besten des gemeinen Kaufmanns (ob bonum pacis et utilitatem mercatorum communium) verpflichtet man sich zu gegenseitiger Hülfe und zur Besendung von Tagfahrten in gemeinschaftlichen Angelegenheiten; im Falle eines Krieges will jede Stadt ihr bestimmtes Kontingent stellen, Lübek 100, Rostock 70, Stralsund 50, Greifswald und Wismar je 38 Mann; auf die muthwillige Versäumung einer Versammlung wird eine Strafe von 100 Mark wendisch gesetzt.

Gleichzeitig mit dem Abschluß dieses Bündnisses muß hier zu Rostock der Beschluß gefaßt sein, daß fortab von den Urtheilen des Hofes zu Nowgorod nicht mehr nach Wisby, sondern nur nach Lübek appellirt werden dürfe. Rostock und Wismar melden diesen Beschluß und ersuchen im Interesse des gemeinen Kaufmanns (ob utilitatem mercatorum communium) um Zustimmungserklärungen. 1 ) Wisbys Widerspruch, dem Riga und selbst Osnabrück beipflichten, 2 ) ist vergeblich; von Februar 1294 bis October 1295 anerkennen 24 Städte Lübek als den Oberhof Nowgorods. 3 ) Im Jahre 1299 zu Lübek, wohin zum ersten Mal auch die westfälischen Städte ihre Rathmannen geschickt haben, geschieht der zweite Schritt gegen Wisby: die Städte belieben, daß auf Gothland nicht länger ein Siegel geführt werde, welches als Siegel der gemeinen Kaufleute gilt, da mit denselben Etwas besiegelt werden könnte, was den übrigen Städten nicht gefiele: jede Stadt habe also ihr Siegel für sich und besiegele damit, wenn es die Nothdurft erfordere, die Angelegenheiten ihrer Bürger. 4 ) Durch solche Anerkennung Lübeks als Oberhof für den deutschen Kaufmann zu Nowgorod und die Abschaffung des auf Gothland bewahrten Siegels der gemeinen Kaufleute ist Wisbys Vorortschaft auf der Ostsee gebrochen, und Lübek für die Städte des gemeinen Kaufmanns in Wahrheit geworden, als was es von Zwoll und Kampen gepriesen wird, "das Haupt und der Vorort von uns allen (quasi capud et principium omnium nostrum)." 5 )



1) Mekl. Ub. 3, Nr. 2255 A, B; H. R. 1, Nr. 66, 67; Hans. Ub. 1, Nr. 1131, 1132. H. R. 1, S. XXIII; Schäfer, S. 56-57. Hans. Wisbyfahrt, S. 17. Winckler, S. 20.
2) H. R. 1, Nr. 70, 71; Hans. Ub. 1, Nr. 1169, 1171.
3) Mekl. Ub. 3, Nr. 2324; H. R. 1, Nr. 69.
4) H. R. 1, Nr. 80; Hans. Ub. 1, Nr. 1299. H. R. 1, S. XXIII; Schäfer, S. 58; Hans. Wisbyfahrt, S. 16; Winckler, S. 21.
5) Hans. Ub. 1, Nr. 1154, 1155. Schäfer, S. 89; Winckler, S. 20.
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Aus einer Gruppe von Städten, die so eng mit einander verbunden sind, wie die fünf wendischen Städte während der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, eine einzelne Stadt herausheben und für sich betrachten zu wollen, ist selbstverständlich schwierig und zuweilen unmöglich. Innerhalb der Gruppe selbst nimmt Rostock nach Lübek den vornehmsten Platz ein; nach ihm folgt Stralsund; den Beschluß machen Wismar und Greifswald. Mit Lübek einerseits und mit Stralsund andererseits ist Rostock noch inniger verbunden, Lübek, von dem es sein Recht empfangen, ist seine Mutterstadt, Stralsund, dem es dasselbe mitgetheilt, seine Tochterstadt. Als Stralsund 1295 seine Zustimmung zu der ausschließlichen Appellation von Nowgorod nach Lübek ausspricht, behält es sich zugleich sein altes Recht vor, daß bei einer in Stralsund anhängig gemachten Rechtssache von einem Urtheil seines Rathes zunächst nach Rostock und eventuell von Rostock nach Lübek appellirt werden müsse. 1 ) Lübek, dem im Jahre 1226 von den Söhnen Heinrich Borwins II, Johann, Nicolaus und Heinrich Borwin III, als Herren von Rostock, die Zollfreiheit für ihre ganze Herrschaft auf immerwährende Zeiten verliehen worden ist, 2 ) hat in seiner 1227 abgefaßten Zollrolle auch den Leuten des Herrn Borwin und seiner Söhne die gleiche Freiheit zugesprochen. 3 )

Die älteste Urkunde, welche unser Rathsarchiv im Original aufbewahrt, ist ein Handelsprivileg König Abels von Dänemark vom Jahre 1251, welches den Bürgern Rostocks die Freiheit vom Strandrecht ertheilt und sie für die Jahrmärkte von Skanör in Bezug auf die Geldbußen, welche bei Streitigkeiten unter einander verhängt werden, den Lübekern gleichstellt. 4 ) Fünfundzwanzig Jahre später erhalten die Stralsunder von König Erich das gleiche Recht, das denen von Lübek und Rostock von seinen Vorfahren verliehen ist, in den Streitigkeiten, die sie unter einander haben, die Entscheidung ihres eigenen Vogtes anrufen zu dürfen. 5 ) Die eigene


1) Mekl. Ub. 3, Nr. 2361; H. R. 1, 68, 19; Hans. Ub. 1, Nr. 1197.
2) Mekl. Ub. 1, Nr. 321; Hans. Ub. 1, Nr. 200.
3) Mekl. Ub. 1, Nr. 273; Hans. Ub. 1, Nr. 223.
4) Mekl. Ub. 2, Nr. 675; Hans. Ub. 1, Nr. 401: "Indulsimus vobis hanc graciam, ut in nundinis Skanorae, si eveniant inter vos rixe, jurgia seu alle quecunque discordie, excepta tamen effusione sanguinis, utamini eodem jure quoad composicionem inter vos faciendam, quo utuntur cives Lybicenses in nundinis memoratis."
5) Mekl. Ub. 2, Nr. 1395; Hans. Ub. 1, Nr. 774: "Coram suo proprio officiali possint et debeant super hujusmodi questionibus in forma judicii agere et respondere et eam finaliter terminare, sicut civibus Lybicensibus et de Rostok a nobis et nostris progenitoribus est concessum."
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Gerichtsbarkeit des Rostocker Vogtes auf Schonen, dessen urkundlich erst im Jahre 1283 Erwähnung geschieht, 1 ) muß also bis ins Jahr 1251 zurückreichen. Hundert Jahre später (1352) erhalten wir Nachrichten über das Lager der Rostocker Schonenfahrer, ihre sogenannte Fitte, neben der deutschen Kirche und dem Rostocker Kirchhof. 2 )

Noch weiter zurück reichen vermuthlich die Beziehungen Rostocks zu Livland. Nicht gehört hierher der übrigens noch unaufgeklärte Besitz des Klosters Dünamünde in Rostocks Nachbarschaft, den 1235 Papst Gregor in seinen Schutz nimmt: 3 ) Wustrow auf Fischland, Volkenshagen, von wo aus die alte Straße nach Ribnitz führt, 4 ) Bentwisch und ein vierter Ort, in dessen verstümmeltem Namen ich Mönchhagen vermuthen möchte. Wohl aber darf man das Privileg, in welchem Heinrich Borwin III im Jahre 1257 der Stadt Riga Zollfreiheit in seinen Landen gewährt, für die Bestätigung eines älteren Rechtes halten, da als Gegenleistung ausbedungen wird, daß Riga im Namen des Fürsten jährlich einen Gewappneten stelle zum Kampf gegen die Heiden, wie es solches bisher gethan zum Seelenheil Heinrich Borwins I und Heinrich Borwins II (sicut pro anima nostri avi et anima patris nostri facere consueverunt). 5 ) Ein Rostocker Bürger setzt 1268 seinen beiden Tochtersöhnen 40 Mark aus, unter der Bedingung, daß einer von ihnen zu seinem Seelenheile nach Riga gehe. 6 ) In den Jahren 1297 und 1298 schickt mit den übrigen wendischen Städten auch Rostock einen Rathmann nach Riga, um in dem Streit, der zwischen der Stadt und dem Deutschorden obwaltet, vermitteln zu helfen. 7 )

Auch der Handelsverkehr mit Norwegen ist für frühe Zeiten beglaubigt. Vom Jahre 1260 besitzen wir eine Aufzeichnung über Verluste, die der König von Norwegen Rostocker Bürgern zugefügt hat. 8 ) Eine Reise Rostocker Rathmannen nach Norwegen ergiebt sich aus der Kämmerei=Rechnung vom Jahre 1283; 9 ) offenbar steht sie im Zusammenhange mit den Gewaltthätigkeiten, welche


1) Mekl. Ub. 3, Nr. 1705: "Item advocato in Nore" . . . .
2) Mekl. Ub. 13, Nr. 7637; H. R. 1, Nr. 179, 180.
3) Mekl. Ub. 1, Nr. 442.
4) Mekl. Ub. 2, Nr. 686: "usque ad Indaginem Volquini . . . ., postea vero directe per viam, que ducit Ribenitz."
5) Mekl. Ub. 2, Nr. 798; Hans. Ub. 1, Nr. 499.
6) Mekl. Ub. 4, Nr. 2694; "et pro anima sua unus ex eis in Rigam ibit."
7) Grautoff, Lüb. Chroniken, S. 420, 428. Hans. Ub. 1, S. 420, Anm. 4, 438, Anm. 3.
8) Mekl. Ub. 2, Nr. 851; H. U. B. 1, S. 205, Anm. 2. Harttung, S. 26.
9) Mekl. Ub. 3, Nr. 1705, S. 109.
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1284 den Krieg der Städte gegen Norwegen herbeiführen. Scheint doch unter den Räubereien Alf Erlingssons, des Lehnmanns von Tönsberg, Rostock besonders gelitten zu haben: 1 )

"Und als Kunde davon kam nach Rostock herein,
Da erbleichte manch rothrosig Wängelein.
Kennt ihr den Alf?"

In diesem Kriege versuchen sowohl die wendischen Städte, wie König Erich, England für sich zu gewinnen. Von Seiten der Städte sind es Lübek, Rostock und Wismar, welche 1284 König Eduard I die Unbilden klagen, die dem gemeinen Kaufmann in Norwegen zugefügt sind, und ihn bitten, auch seinerseits die Getreideausfuhr nach Norwegen zu verbieten. 2 ) Schon 1262 finden wir Engländer in Rostock, die sich mit einem Bürger, der zu ihnen in einem Schuldverhältniß steht, vor dem hiesigen Rathe vergleichen. 3 )

Lassen sich demgemäß aus den fünfziger und sechziger Jahren des 13. Jahrhunderts Handelsbeziehungen Rostocks sowohl mit Dänemark und Livland, wie mit Norwegen und England nachweisen, so ist doch weit erheblicher die Zahl der Urkunden, in denen Rostock nicht allein. sondern mit Lübek und den übrigen Genossinnen des wendischen Städtebundes auftritt, und denen allein wir Kunde von Rostocks Beziehungen zu Nowgorod 1293 und zu Flandern 1295 verdanken. 4 ) Was den Verkehr mit Wisby betrifft, so wissen wir, daß Rostock 1283 gothländische Fliesen (lapides de Gothlandia) bei seinen städtischen Bauten gebrauchte, 5 ) und daß das Rathmannen=Geschlecht derer von Gothland seinen Namen der Handelsrichtung ihres Stammvaters verdankte: Heinrich von Gothland, der 1296 zuerst genannte Rathmann, hieß eigentlich Heinrich Gothlandsfahrer (Heinricus Gothlandesvare). 6 ) In gleicher Weise war nach seinen oder eines Vorfahren nach Livland gerichteten Handelsfahrten Lubbert Dünafahrer, Rathmann seit 1289, genannt. 7 ) Auf die vielen Personennamen, welche Herkunftsbezeichnungen zu enthalten scheinen, kann ich hier des Näheren nicht eingehen; erwähnt werden mögen: Hermann von Doetinchem, der 1288 nach Rostock kommt,


1) Harttung, S. 53-54.
2) Mekl. Ub. 3, Nr. 1737, Anm.; 10, Nr. 7213, 7214; H. R. 1, Nr. 32a, b; Hans. Ub. 1, Nr. 959, 961, 974. Harttung, S. 61.
3) Mekl. Ub. 2, Nr. 953.
4) Wegen Nowgorods s. oben S. 195, Anm. 1, wegen Flanderns, Mekl. Ub. 3, Nr. 2283, 2285; Hans. Ub. 1, Nr. 1173, 1175.
5) Mekl. Ub. 3, Nr. 1705.
6) Mekl. Ub. 3, Nr. 2424; zu Mekl. Ub. 2, Nr. 1138 s. Mekl. Ub. 4, S. 242.
7) Mekl. Ub. 3, Nr. 2007.
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um ein Legat zu erheben, 1 ) und von Rostocker Bürgern auf der einen Seite Daniel Fläming 2 ) und Marsilias von Jülich, 3 ) auf der andern die von Horsens, 4 ) von Skanör, 5 ) von Kopenhagen, 6 ) von Nestved 7 ) und von Nyköping auf Falster. 8 ) Schlüsse aus Namen führen freilich leicht irre, und ich gebe gern zu, daß auch Daniel Fläming und Marsilias von Jülich nicht nothwendig unmittelbar aus Flandern und Jülich nach dem fernen Rostock gekommen zu sein brauchen; für die nach Dänemark hinweisenden Namen dagegen werden die Nachbarschaft des Landes und die Lebhaftigkeit des wechselseitigen Verkehrs bei der Frühzeitigkeit ihres Auftretens keinen begründeten Zweifel aufkommen lassen; nur freilich, daß man einen Hartwig von Nyköping, einen Heinrich von Horsens, Johann von Skanör, von Kopenhagen, von Nestved schwerlich für Dänen halten darf, sondern für Deutsche, die von dorther gekommen sind oder nach dorthin Geschäfte treiben.


Auf die Geschichte des Rostocker Fürstenhauses, die der Untersuchung noch dringend bedarf, kann hier nicht näher eingegangen werden. Sein letzter männlicher Sproß war Nicolaus das Kind, Sohn Waldemars, Enkel Heinrich Borwins III. Auf den Rath des Fürsten Heinrich II von Meklenburg hatte sich Nicolaus mit dessen Schwägerin Margareta, einer Tochter des Markgrafen Albrecht von Brandenburg, verlobt, brach aber solches Verlöbniß und vermählte sich auf Anrathen des Fürsten Wizlav von Rügen im Jahre 1299 mit Margareta, der Tochter Bogislavs IV von Pommern=Wolgast. Das gab den Anlaß oder den Vorwand zu einem Bündniß, dessen Seele Nicolaus von Werle gewesen zu sein scheint, und das darauf hinausging, Nicolaus dem Kinde sein Land abzugewinnen. 9 ) Gegen die verbündeten Fürsten suchte Nicolaus Schutz bei König Erich von Dänemark; 22. December 1300 nahm


1) Mekl. Ub. 3, Nr. 2103, Anm.: "pro Hermanus de Dutteinchem."
2) Mekl. Ub. 2, Nr. 836, 1259, wo es heißen muß: "Syfridus apud Cimiterium fideiussit pro Borchardo. Danyel FIamingus fideiussit pro Alberto."
3) Mekl. Ub. 4, Nr. 2694, 1268: "Marsilias senex de Guleke."
4) Mekl. Ub. 2, Nr. 686, 1252: "Heinricus de Horsenhusen;" 2, Nr. 836, 1259: "de Horsenes."
5) Mekl. Ub. 2, Nr. 851, 1260: "Johannes de Nore."
6) Mekl. Ub. 2, Nr. 590, 1262: "dominum Johannem de Copmanhaven."
7) Mekl. Ub. 2, Nr. 953, 1262; "Johannes de Nestwede, civis in Rozstok."
8) Mekl. Ub. 2, Nr. 1007, 1264: "Hartwicus de Nycopia."
9) Mekl. Ub. 4, Nr. 2583.
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er Stadt und Land Rostock von ihm zu Lehn. 1 ) Im Juni 1301 kam der König nach Rostock, 2 ) schloß aber bald darauf Frieden mit Nicolaus von Werle und theilte sich mit ihm in das Land. 3 ) Ihrem verrathenen Landesherrn getreu, leistete die Stadt Rostock dem Dänenkönige Widerstand; am 26. August 1302 schlossen vor der belagerten Stadt die Herzoge von Schleswig und Langeland, die Grafen von Holstein, die Fürsten von Rügen, von Werle und von Meklenburg mit König Erich und dem Markgrafen von Brandenburg einen Vertrag, nach welchem alle Theilnehmer dazu helfen wollten, daß König Erich Stadt und Land Rostock bekomme; 4 ) gegen die Mitte September war der König Herr der Stadt. 5 ) Vom Fürsten Nicolaus fehlt uns von 1302-1308 jegliche Spur; 1308-1312 urkundet er dagegen wieder in Rostock, 6 ) während nach wie vor die Rechte des dänischen Königs durch Hauptleute des Landes Rostock wahrgenommen werden. 7 ) In der Zwischenzeit sind die Fürsten Nicolaus von Werle und Heinrich von Meklenburg darauf bedacht, nominell zu Gunsten Nicolaus' des Kindes, dem Dänenkönige seine Beute zu entreißen. 8 )

Im Sommer 1311 bricht ein Kampf aus zwischen Heinrich von Meklenburg und seiner Stadt Wismar. Rostock verschließt König Erich 12. Juni seine Thore 9 ) und leistet trotz seines Verbotes der seit 11. Juli belagerten Schwesterstadt Beistand; 10 ) 6. September ernennt der König den Fürsten Heinrich von Meklenburg zum Hauptmann des Landes Rostock 11 ) und sendet der Stadt seinen Absagebrief. 12 ) Fürst Heinrich sperrt den Rostockern die See ab durch zwei Thürme, die er bei Warnemünde zu beiden Seiten des Stromes erbaut; die Rostocker aber brennen den einen Thurm nieder, zwingen die Besatzung des andern zur Uebergabe und erbauen nun ihrerseits einen Thurm im Osten der Warnow


1) Mekl. Ub. 4, Nr. 2643, 2644.
2) Mekl. Ub. 5, Nr. 2740.
3) Mekl. Ub. 5, Nr. 2745, 2748.
4) Mekl. Ub. 5, Nr. 2818.
5) Mekl. Ub. 5, Nr. 2820.
6) Nicolaus urkundet zu Rostock 11. Juni 1301 (Mekl. Ub. 5, Nr. 2741), 28. April 1308, 21. Mai 1309, 17. December 1310, 5. Februar 1311 und 15. Oktober 1312 (das. 5, Nr. 3223, 3320, 3430, 3445; 10, Nr. 7272).
7) Mekl. Ub. 5, Nr. 3002, 3204, 3321, 3390; 10, Nr. 7254.
8) Mekl. Ub. 5, Nr. 2780, 2979, 3234, Anm. Näheres bei anderer Gelegenheit.
9) Mekl. Ub. 5, Nr. 3476, Anm.
10) Mekl. Ub. 5, Nr. 3484, Anm.
11) Mekl. Ub. 5, Nr. 3484.
12) Mekl. Ub. 5, Nr. 3488.
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zur Bewahrung ihres Fahrwassers. Am 30. Juni 1312 urkundet König Erich zu Warnemünde; 1 ) gegen die Mitte September muß sich die Besatzung des Thurms nach elfwöchentlicher Belagerung ergeben, und der Kampf gegen die Stadt selbst beginnt; 2 ) am 7. December schließt Rostock Frieden mit dem Markgrafen von Brandenburg, 3 ) am 15. gelobt die Stadt, dem Fürsten Heinrich von Meklenburg zu Händen König Erichs den Treueid zu leisten. 4 ) Schon die Nachricht vom Fall des Warnemünder Thurmes hat einen Aufruhr in Rostock hervorgerufen; 5 ) das Versprechen der Huldigung führt zu einem neuen Aufstande gegen den Rath und zum Umsturz der Stadtverfassung. 6 ) Dem Markgrafen von Brandenburg wird die versprochene Zahlung geleistet, 7 ) und König Erich ertheilt der Stadt eine Bestätigung ihrer Handelsprivilegien in Dänemark; 8 ) aber die Huldigung gegen Heinrich von Meklenburg unterbleibt. Erst nach Jahresfrist gelingt es dem Fürsten in Folge eines Vertrages, den er mit acht vertriebenen Rathmannen geschlossen hat, in die Stadt zu kommen, 9 ) wo ihm am 19. Januar 1314 der wieder eingesetzte Rath die versprochene Huldigung leistet. 10 ) Der unglückliche Fürst Nicolaus von Rostock, der dies Alles noch miterlebt hat, stirbt bald darauf 25. November 1314. 11 )

Fürst Heinrich von Meklenburg hat 7. Januar 1317 von König Erich das Land Rostock zu erblichem Lehn erhalten. 12 ) Diesem Lehnsverhältniß zuwider nahmen die Fürsten Albrecht und Johann 8. Juli 1348, als sie von König Karl IV zu Herzogen erhoben wurden, ihre Lande zu Reichslehn. 13 ) In Folge dessen forderte 23. November König Waldemar von Dänemark die Stadt Rostock auf, dem Fürsten Albrecht, der sich mit dem, was Erbe des Königs sei, zu einem andern Herrn begeben wolle, in keiner Weise Unterstützung zu leisten; 14 ) die Stadt aber entgegnete ihm, da sie


1) Mekl. Ub. 5, Nr. 3545.
2) Mekl. Ub. 5, Nr. 3520, Anm.
3) Mekl. Ub. 5, Nr. 3576.
4) Mekl. Ub. 5, Nr. 3577; Hans. Ub. 2, Nr. 225.
5) Mekl. Ub. 5, Nr. 3559, Anm.
6) Mekl. Ub. 6, Nr. 3590.
7) Mekl. Ub. 6, Nr. 3606, 3648.
8) Mekl. Ub. 6, Nr. 3608.
9) Mekl. Ub. 6, Nr. 3669.
10) Mekl. Ub. 6, Nr. 3674.
11) Mekl. Ub. 6, Nr. 3720; Jahrb. 50, S. 266.
12) Mekl. Ub. 6, Nr. 3871.
13) Mekl. Ub. 10, Nr. 6860.
14) Mekl. Ub. 10, Nr. 6893.
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früher auf Befehl seines Vaters dem Fürsten Heinrich und hernach unter Genehmigung seiner selbst dem jetzigen Herzog Albrecht Huldigung geleistet, so könne sie demselben, falls er in Rostock oder Warnemünde eingehen oder ausgehen wolle, solches in keiner Weise mit Ehren versagen; ihrerseits aber werde sie dem König und den Seinen keinen Schaden zufügen, es sei denn, daß sie ihm rechtzeitig vorher abgesagt habe, und denke auch darin mit Gottes Beistand ihre Ehre wohl zu bewahren. 1 ) Zwei Jahre darauf (8. Mai 1350) vergleichen sich dann die Herzoge Albrecht und Johann mit König Waldemar dahin, daß sie sich bereit erklären, das Land Rostock von ihm zu Lehn zu nehmen. 2 )


Der Kampf Dänemarks gegen Rostock, dessen schließlicher Ausgang den Fürsten von Meklenburg zu Gute kam, bildet nur einen Theil des planmäßigen Kampfes, der in den beiden ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts unter des Dänenkönigs Führung vom deutschen Fürstenthum gegen die deutschen Ostseestädte gekämpft wurde. 3 ) Lübek, von den Grafen von Holstein und deren Verbündeten Heinrich von Meklenburg und Nicolaus von Werle bedrängt, 4 ) hatte in kluger Sonderpolitik einen ähnlichen Schritt gethan, wie Nicolaus das Kind, indem es 4. Juli 1307 Erich von Dänemark auf 10 Jahre zu seinem Schirmherrn angenommen hatte. 5 ) Demzufolge war es dem Bündnisse fern geblieben, das 1308 die Städte Rostock, Wismar, Stralsund und Greifswald abgeschlossen hatten, 6 ) und als zwei Jahre darauf eine Erneuerung desselben stattgefunden, hatte es sich freilich betheiligt, aber auch sich ausdrücklich vorbehalten, nichts gegen den König von Dänemark zu unternehmen. 7 ) Der Kampf Heinrichs von Meklenburg gegen Wismar hatte mit der Unterwerfung der Stadt 15. December 1311 geendet. 8 ) Nachdem dann auch Rostock gefallen, waren Stralsund und Greifswald froh, durch die Zahlung einer Geldsumme an den König vorläufig Frieden zu bekommen. 9 ) Als später aufs Neue der Krieg gegen Stralsund ausbrach, suchte und fand die Stadt bei dem Markgrafen von Brandenburg Schutz gegen den Dänenkönig und


1) Mekl. Ub. 10, Nr. 6944.
2) Mekl. Ub. 10, Nr. 7076.
3) Schäfer, S. 92-107.
4) Mekl. Ub. 5, Nr. 3167; Hans. Ub. 2, Nr. 105.
5) Hans. Ub. 2, Nr. 109.
6) Mekl. Ub. 5, Nr. 3263; H. R. 1, Nr. 92-95; Hans. Ub. 2, Nr. 132-35.
7) Mekl. Ub. 5, Nr. 3414; H. R. 1, Nr. 97-101; Hans. Ub. 2, Nr. 176-79.
8) Mekl. Ub. 5, Nr. 3501.
9) Hans. Ub. 2, Nr. 226 und Anm.
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gegen ihren Landesherrn; 1 ) in den mit Fürst Wizlav 1317, 2 ) mit König Erich 1318 geschlossenen Friedensverträgen 3 ) ging sie ungebrochen aus dem Kampfe hervor.


Der Bund der fünf wendischen Städte hatte sein Ansehn verloren, schien völlig gesprengt zu sein. Aber die gemeinschaftlichen Interessen und Bedürfnisse knüpften doch die zerrissenen Beziehungen allmählich wieder zusammen. Ein unscheinbarer Act, die Ordnung der Verhältnisse zwischen Meistern und Knechten des Böttcheramtes, insbesondere mit Rücksicht auf die Zeit des Heringsfanges auf Schonen, wird 1321 zum ersten Mal wieder gemeinsam vorgenommen. Lübek und Hamburg werden sich darüber zunächst einig; ihrer Aufforderung gemäß treten Rostock, Wismar, Stralsund und Greifswald ihren Beliebungen bei. 4 ) Die in solcher Weise vereinbarte Böttcherrolle ist das Vorbild jener Beschlüsse, die in späterer Zeit von den Aemtern dieser sechs Städte in regelmäßig wiederkehrenden Versammlungen über gemeinsame Angelegenheiten gefaßt werden, der sogenannten Amtsrecesse der wendischen Städte. Hamburg, das mit den wendischen Städten bisher nur durch die Vermittelung seiner engen Beziehungen zu Lübek verbunden gewesen war, 5 ) erscheint bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal - ich möchte sagen - als ordentliches Mitglied ihres Bundes. Von Interesse ist auch die Beobachtung, daß Lübeks Vorgehen, erst mit Hamburg, dann mit den benachbarten wendischen Städten gewissermaßen mit Bewußtsein den Entwickelungsgang wiederholt, dem die Travestadt ihre dominirende Stellung im 13. Jahrhundert verdankt hat. In gleicher Weise kommt man auch auf ein anderes Moment in diesem Entwickelungsgange wieder zurück, auf das Landfriedensbündniß: 1338 wird ein solches Bündniß von Lübek, Hamburg, Rostock und Wismar mit mehreren Fürsten abgeschlossen; 6 ) 1339 vereinigen sich Lübek, Wismar, Rostock, Stralsund und Greifswald mit den Grafen von Holstein zur Befriedung der See; 7 ) 1341,


1) Hans. Ub. 2, Nr. 250, 258, 269.
2) Hans. Ub. 2, Nr. 303.
3) Hans. Ub. 2, Nr. 322.
4) Mekl. Ub. 6, Nr. 4265, 4266; H. R. 1, Nr. 105-110; Hans. Ub. 2, Nr. 377.
5) Zu meiner Bemerkung über Hamburgs Verhältniß zu den wendischen Städten in H. R. 1, S. 57, vgl. Höhlbaum, Hans. Ub. 2 unter Nr. 377; doch war auf Hamburgs Betheiligung am Rostocker Landfrieden schon (H. R. 1, S. 17) hingewiesen worden.
6) Mekl. Ub. 9, Nr. 5844; Hans. Ub. 2, Nr. 606.
7) Mekl. Ub. 9, Nr. 5946; Hans. Ub. 2, Nr. 633.
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nachdem Holsteins großer Fürst Gerhard III erschlagen und Waldemar Atterdag auf den dänischen Thron gelangt ist, verbinden Sich die fünf wendischen Städte mit dem Dänenkönige zur Bekämpfung der Söhne Gerhards; 1 ) 1344 wird von ihnen ein Bündniß zu gemeinsamem Kampf gegen die Seeräuber mit König Magnus von Schweden geschlossen. 2 ) Im Laufe eines Menschenalters hat demgemäß der Bund der wendischen Städte seine alte Festigkeit zurückgewonnen, und es handelt sich nur noch darum, auch den früheren Vorrang unter den deutschen Seestädten wieder anerkannt zu sehen. Dieser Vorrang war dadurch gewonnen worden, daß die Leitung des deutschen Kaufmanns den Händen Kölns und Wisbys entwunden worden war; das Mittel ihn wiederzuerlangen, sah Lübek in der Unterordnung des deutschen Kaufmanns unter die Städteversammlung.

Am Kontor zu Brügge finden wir im Jahre 1347 den deutschen Kaufmann nach Drittheilen gegliedert: das erste umfaßt die Kaufleute aus Lübek, aus den wendischen und sächsischen Städten, das zweite in noch immer nicht befriedigend erklärter Verbindung die Westfalen und Preußen, 4 ) das dritte die von Gothland, Livland und Schweden. Neun Jahre darauf (1356) sind Rathssendeboten der Städte zu Brügge anwesend: von Lübek, Hamburg und Stralsund als Vertreter des Lübischen Drittels, von Dortmund, Soest, Thorn und Elbing als Vertreter des westfälisch=preußischen Drittels, aus Wisby und Livland als Vertreter des gothländischen Drittels. 5 ) Die Beschlüsse betreffen die Organisation des deutschen Kaufmanns; von Wichtigkeit aber ist, daß die Städte Verhältnisse, welche sonst vom deutschen Kaufmann geregelt sind, von sich aus ordnen, daß sie Beschlüsse, welche der deutsche Kaufmann gefaßt hat, ihrem Wortlaut nach wiederholen und bestätigen, vor Allem, daß sie die Gliederung, welche zu Brügge unter den Kaufleuten besteht, auch auf sich anwenden. Zwei Jahre später (1358) sind auf einem


3) H. R. 1, Nr. 143; Hans. Ub. 2, Nr. 113.


1) Mekl. Ub. 9, Nr. 6141, 6142; Hans. Ub. 2, Nr. 679, 681.
2) Mekl. Ub. 9, Nr. 6423; H. R. 1, Nr. 139; Hans. Ub. 2, Nr. 31.
4) S. Lappenberg in Urk. Gesch. 1, S. XXV; Koppmann in H. R. 1, S. XXXV; Hardung in Sybels Hist. Zeitschr. 28, S. 346-47, (vergl. Koppmann in Hans. Geschsbl. 1872, S. 88); Koppmann in H. R. 3, S. VI; Sattler in Preuß. Jahrb. 1878, Aprilheft, S. 336; Schäfer, Hansestädte, S. 250; Sattler in Hans. Geschsbl. 1879, S. 71; Koppmann, das. 1879, S. 75; Schäfer, das. 1880, S. 140-41.
5) H. R. 1, Nr. 200. Schon im Jahre 1352 waren übrigens Rathmannen aus Wisby und Dorpat als Sendeboten des gothländisch=livländischen Drittels nach Brügge gesandt worden: H. R. 3, Nr. 10; 1, Nr. 169.
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Städtetage zu Lübek außer den Rathmannen Lübeks Sendeboten der Städte Goslar, Hamburg, Rostock, Stralsund, Wismar und Braunschweig als Vertreter des Lübischen Drittels und Sendeboten von Thorn und Elbing als Vertreter der Preußen anwesend; 1 ) aus Wisby und Schweden sind Schreiben eingelaufen, welche versprechen, daß den Beschlüssen, die zu Lübek gefaßt werden, nachgelebt werden soll; 2 ) die Beschlüsse beziehen sich aber auf den Abbruch allen Verkehrs mit Flandern und bedrohen diejenige Hansestadt, welche sich eigenwillig absondern wollte, mit dem ewigen Ausschluß aus der Hanse der Deutschen. (Wer och jenich stad van der Dudeschen hense, de sik mit vrevele ute dessem ghesette wolde werpen unde des nicht wolde holden, de stad schal ewichliken ute der Dudeschen hense blyven unde des Dudeschen rechtes ewichliken entberen). 3 ) Während es bisher nur einen Kaufmann von der deutschen Hanse gegeben hat, ist hier zum ersten Male von deutschen Hansestädten die Rede.

Wohl in Folge dieses Beschlusses sucht Bremen, das seit 1285 den verbundenen wendischen Städten fern gestanden hat, um seine Wiederausnahme in die Hanse nach. Gegenüber den Seestädten und den anderen Städten, wie auch gegenüber den gemeinen Kaufleuten von der Hanse der Deutschen des heiligen Römischen Reichs verpflichtet es sich, zur Vertheidigung des Oeresundes ein Schiff mit 50 Gewappneten, zur Vertheidigung der Elbe aber 100 Gewappnete zu stellen. 4 ) Diese Verschiedenheit in der Zahl beruht auf dem Gedanken, daß auf der Ostsee die Westseestädte nur die halbe Last tragen sollen, wie auf der Westsee die Ostseestädte. 5 ) Gestellt aber werden die Kontingente, wenn Bremen dazu aufgefordert wird für den Oeresund von Lübek, Wismar, Rostock, Stralsund und Greifswald, für die Elbe von Hamburg.

Drei Jahre darauf (1361) ruft die Eroberung Wisbys durch König Waldemar den ersten Krieg der Hansestädte gegen Dänemark hervor, zu dem sich Lübek, Hamburg, Bremen, Kiel, Wismar, Rostock, Stralsund, Greifswald, Anklam, Stettin und Kolberg mit den Königen Magnus von Schweden und Hakon von Norwegen vereinigen. 6 ) Durch den unglücklichen Verlauf desselben wird unsere Stadt mit am Härtesten betroffen; 1364 schmachten noch 83 ihrer


1) H. R. 1, Nr. 212.
2) H. R. 1, Nr. 213.
3) H. R. 1, Nr. 212, § 10.
4) H. R. 1, Nr. 216.
5) Koppmann in Hans. Geschsbl. 1875, S. 14; das. 1880-81, S. 157.
6) H. R. 1, Nr. 262.
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Bürger und Söldner in dänischer Gefangenschaft, 1 ) und erst 1366 wird für das Lösegeld ihres gefangenen Hauptmanns, des Ritters Bertold Stoltenberg, quittirt. 2 )

Der zweite Krieg der Hansestädte gegen Waldemar von Dänemark und Hakon von Norwegen führt dagegen zu dem glorreichen Frieden zu Stralsund vom 24. Mai 1370, mit dem die Entwickelung des hansischen Städtebundes ihren Abschluß erreicht, durch den derselbe seine volle Bedeutung, die unbestrittene Herrschaft auf der Ostsee und die Stellung einer nordeuropäischen Großmacht gewinnt.

Im ersten dieser Kriege bestanden die Kontingente unserer Städte 3 ) für Lübek aus 600 Mann, für Rostock und Stralsund aus je 400, für Wismar und Greifswald aus je 200; das Größenverhältniß hatte sich also hauptsächlich darin geändert, daß Stralsund herangewachsen, zu der gleichen Bedeutung wie Rostock emporgestiegen war. Im zweiten Kriege, an dem sich 43 deutsche Städte betheiligten, war die Last, welche von den einzelnen Städten zu tragen war, nur halb so groß; von unsern fünf Städten wurden 800 Mann ausgerüstet, 4 ) von Lübek 300, von Stralsund 200, von Rostock 140, von Wismar 100 und von Greifswald 60. Daß hier die Kontingente Rostocks und Greifswalds niedriger angesetzt sind als beziehentlich diejenigen Stralsunds und Wismars, kann nur auf der Rücksichtnahme auf zeitweilig obwaltende, besondere Verhältnisse beruhen, die wenigstens vorläufig nicht mit Sicherheit zu ermitteln sind.

Als Mitglied des hansischen Städtevereins hat Rostock selbstverständlich nicht aufgehört, meklenburgische Stadt zu sein. Abgesehen von Lübek, Köln, Goslar und Dortmund stehen vielmehr alle Mitglieder des Bundes in der Doppelstellung einer Hansestadt und einer Territorialstadt. Auf die Conflicte, die bei solcher Doppelstellung unvermeidlich waren, mußte natürlich Rücksicht genommen werden. Schon etwa 1264 ist deshalb beschlossen worden, daß dem Landesherrn, der mit einer Stadt in Streit geräth, von keiner andern Stadt Unterstützung gewährt werden soll, als von seiner eigenen Territorialstadt. 5 ) Das Bündniß von 1296 bestimmt dagegen, daß in einem solchen Falle die Stadt, welche einen Erbherrn über sich hat, die bedrängten Verbündeten wenigstens mit Geld


1) H. R. 1, Nr. 310, § 5.
2) H. R. 1, Nr. 312, 7.
3) H. R. 1, Nr. 263.
4) H. R. 1, S. 430.
5) H. R. 1, Nr. 7, § 6. Vgl. Nr. 9, § 7: "quia tunc oportet, ut ipsum promoveant."
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unterstützen solle. 1 ) Ein ähnlicher Conflict entstand für Rostock und Wismar durch das Streben ihres Landesherrn, Mitglieder seiner Familie in Schweden, wie in Dänemark auf den Königsthron zu bringen. Als deshalb die Hansestädte 15. März 1364 den Beschluß faßten, die Schiffahrt völlig einzustellen, gestatteten sie den beiden meklenburgischen Städten, ihrem Herzog Lebensmittel aus ihren Häfen zuzuführen; 2 ) 25. Mai erklärten die von Rostock und Wismar, sie hätten einen Herrn und könnten demselben, wenn er den König von Dänemark bekriegen wolle, ihre Unterstützung nicht versagen und ihren Hafen nicht verschließen. 3 ) Auch 1370 muß nach den Friedensschlüssen zwischen den Hansestädten und den Reichen Dänemark und Norwegen das Verhältniß der Städte Rostock und Wismar zu den nordischen Reichen noch besonders bestimmt werden: zwischen Rostock und Dänemark soll Friede sein, wenn auch Meklenburg mit Dänemark im Kriege ist; wird das Land Meklenburg von Dänemark angegriffen, so darf Rostock, ohne dadurch den Frieden zu brechen, seinem Landesherrn Hülfe leisten, so gut es kann; will aber Rostock seinem Herrn jenseit des Meeres folgen mit Banner und Gewappneten, so soll es Dänemark vier Wochen vorher seine Absage schicken; mitten im Kriege zwischen Meklenburg und dem dänischen Reiche sollen die Bürger Rostocks in Dänemark und die dänischen Kaufleute zu Rostock in der Stadt und im Hafen sicher sein; wenn auch der Herzog im Hafen Schiffe gegen Dänemark ausrüstet, wenn die Mannen des dänischen Reiches über diese Schiffe herfallen, wenn Rostock seinem Herrn Hülfe leistet, und wenn es dabei ebenfalls an Schiffen und Leuten geschädigt wird, so soll doch durch das Alles der Friede zwischen Rostock und Dänemark nicht gebrochen sein. Dieser Vertrag versucht es, sich genau der Doppelstellung Rostocks anzupassen, welche es der Stadt möglich macht, mit einem Nachbarlande gleichzeitig in Krieg und in Frieden zu leben, in Krieg durch die Landesvertheidigung, durch den Beistand gegen seinen Herrn als Territorialstadt, in Frieden als Hansestadt. Als aber in späteren Jahren der unglückliche Ausgang jener Bestrebungen der Landesherren Herzog Albrecht, den König von Schweden, in die Gefangenschaft seiner großen Gegnerin, Margareta von Norwegen, führt, läßt sich bei der Noth des Landes die Doppelstellung nicht aufrecht erhalten; einmüthig treten Rostock und Wismar dem Bündnisse bei, das 3. Mai 1391 von den Landesherren, der Ritterschaft und den Städten zum Kriege


4) Urk. Gesch. 2, S. 702; H. R. 1, Nr. 531.


1) Oben S. 194, Anm. 4.
2) H. R. 1, Nr. 315, § 2; 316, § 2.
3) H. R. 1, Nr. 325, § 10.
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gegen die drei nordischen Reiche geschlossen wurde, 1 ) und öffnen entschlossen, wenn auch schweren Herzens, allen denjenigen, welche diese Reiche zu schädigen beabsichtigen ihre Häfen; 2 ) "wie Gott weiß," schreiben sie an die Hansestädte, "nicht aus Uebermuth, sondern, weil unsere Ehre es nicht anders zuläßt, als daß wir in diesem Kriege unserm Landesherrn helfen" (dar uns neen weel efte overmud tu drift, alzo dat God wol weet, men dat wy dat van ere weghen nicht laten moghen, wy moten by desme krighe blyven in nnses hern hulpe). 3 )

Nach mühsamer Wanderung, hochgeehrte Versammlung, stehen wir endlich am Ziel. Werfen wir einen kurzen Blick zurück auf den Weg, den ich Sie habe führen müssen, so schen wir, wie Rostock, begünstigt durch seine Lage und von seinen Fürsten mit den wichtigsten Freiheiten ausgestattet, durch den Seehandel aufblüht, sich mit den unter gleichen Lebensbedingungen erstandenen Nachbarstädten innig zusammenschließt und ununterbrochen theilnimmt an dem Entwickelungsgange, durch welchen sich aus den beiden Elementen einer Gemeinschaft des deutschen Kaufmanns und einer Vielheit von Städtebünden der große Hansische Städteverein herausbildet, an dessen Spitze Lübek steht und in dessen leitender Gruppe Rostock nach Lübek Anfangs den vornehmsten, immer einen hervorragenden Platz einnimmt; daneben aber sehen wir auch, daß Rostock weder aufhört, noch vergißt, eine Territorialstadt zu sein, die treue Residenz seiner Rostockischen Fürsten, die bedeutendste Stadt der Herzoge von Meklenburg, die erste ihrer beiden Seestädte, die, wie es im Jahre 1610 einmal heißt, des ganzen Landes Schlüssel, propugnacula und promptuaria, 4 ) seine herrliche Zier und Kleinodien sind. 5 ) Die Zeiten, welche den hansischen Städteverein möglich und notwendig machten, sind glücklicher Weise vorüber. Wenn aber in Erinnerung an jene seegebietenden civitates maritimae sich unser Rostock noch heute mit Stolz eine meklenburgische Seestadt nennt, so möge solche Erinnerung seine Bürger gemahnen an ihrer Vorfahren kluges Würdigen und weises Benutzen der obwaltenden Verhältnisse, an das Hochhalten der inneren Selbstständigkeit und die Unterordnung der Sonderinteressen unter das Wohl der Gemeinheit, vor Allem aber an jene stählerne Thatkraft, die durch keinen zeitweiligen Mißerfolg dauernd gelähmt werden konnte, auf daß die Seestadt Rostock, was sie war und noch ist, bleiben und immer mehr werden möge, des Landes Meklenburg herrliche Zier und Kleinod!

Vignette

1) H. R. 4, Nr. 12.
2) H. R. 4, Nr. 15.
3) H. R. 4, Nr. 59.
4) Spalding, Mekl. Landes=Verhandlungen 1, S. 393.
5) Spalding 1, S. 459.
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Die wendische Burg Laufena
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Grundriss der Stadt Lage
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Karte von der Feldmark der Stadt Lage
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