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V.

Dr. theol.

Hinrich Boger oder Hinricus Flexor,

der Begleiter Herzogs Erich nach Italien

1502 - 1504.

Vom

Gymnasialdirector Dr. K. F. H. Krause.


H inrich Boger 1 ) war geboren zu Höxter 2 ) oder, wie er auch sagt, an dem Ufer der Weser 3 ), gewissermaßen als Angehöriger des H. Vitus, d. h. im Gebiete von Corvey, daher auch dem H. Modoaldus von Helmwardeshusen zugethan, den er einmal hinfort zu feiern verspricht 4 ). Wann er geboren sei, ist ungewiß; 1503 beim Wiedersehen seines Freundes Hinrich Vischer in Bologna nennt er sich und ihn ergraut 5 ). Da er nicht früh von Hause wegen beschränkter Mittel des Vaters gekommen, aber schon sicher im Jahre 1471 in Erfurt 6 ), jedenfalls 1475 schon in Rom war 7 ), so muß er spätestens in den letzten vierziger Jahren des 15. Jahrhunderts geboren sein. Fast alles, was über ihn bisher zu finden ist, stammt aus der 1505 fertiggestellten, 1506 in Rostock mit Barkhausenschen Lettern 8 ) gedruckten Sammlung oder Auswahl seiner lateinischen Gedichte: Etherologium, von dem nur 2 Exemplare, in Wolfenbüttel und in der Bibliothek des Vereins


1) Vergl. Lisch, Jahrb. 6, S. 195 f.; 9, S. 482 (zu 4, 86. 89. 130); 12, 210. 381-383. 499 ff.; 22, 233. Allg. deutsche Biographie 3, 39 und die Correcturen dazu 3, 794.
2) Rostocker Univ.=Matr. 1501, Sommer. Etherol. fol. 83 b., 108 b.
3) Eth. fol. 38 b.
4) Eth. fol. 69 b.
5) Etherol. fol. 133 b.
6) Vor dem Brande von 1472. Ether. fol. 115. S. unten 112, Anm. 7.
7) Fol. 114.
8) Jahrb. 9, 481.
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für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde in Schwerin, bekannt sind.

Sein Vater, Martin Boger, war über 40 Jahre verheirathet, seine Mutter, vermuthlich eine geborne Wend, überlebte ihn 20 Jahre 1 ); als auch sie starb, war Hinrich 30 Jahre alt, hat also den Vater früh verloren. Aus der Ehe waren 6 Söhne und 6 Töchter entsprossen; die näheren Data sind unbekannt. Sein Oheim, vermuthlich der Bruder seiner Mutter, war der Hildesheimer Probst Eggardus Wend, Wenteius, den er celebratissimus dominus N. prepositus Hildensemius, im Text aber Wenteius nennt 2 ). Sein Tod, also seine Beerbung, scheint erst Boger die Mittel zum Studium und zum Reisen gegeben zu haben:

"Ipse lares proprios hoc forte superstite nunquam Exissem 3 )."

Vermuthlich schreibt sich von diesem Oheim seine ausgebreitete Bekanntschaft in Hildesheim her bis zum Bischof hinauf. Ein anderer Verwandter, Hinricus Wenteus, auch Versor übersetzt, besaß die Mitra; auf dessen insignitio in theologia, die Promotion zum Dr. theol., verfaßte Boger ein Gratulationsgedicht. Vermuthlich ist es nicht der seit 1523 in Hamburg vorkommende Dominikaner Dr. theol. Hinricus Went oder Guenth 4 ).

So mit Mitteln ausgerüstet, scheint er sich vielfach umgetrieben zu haben, nirgends lange geblieben zu sein. Er selbst erzählt im Gedicht über den Tod seiner Eltern, er habe viele Universitäten besuchen können und sei öfter in Rom gewesen 5 ); leider ist die Jahreszahl dieses Stückes nicht zu bestimmen. Da er beim H. Quirinus zu Neuß am Rhein 6 ) war, so wird er auch in Köln gewesen sein; als seine eigentliche Lehrerin aber nennt er immer Erfurt. Hier war er als Henricus Boeuger de Hoxaria im Sommer 1471 7 ) immatrikulirt, scheint aber vor dem großen Brande vom 19. Juni 1472 8 ) die Stadt schon verlassen zu haben. Bei einer späteren Anwesenheit 1485 ist er dort


1) Eth. fol. 116.
2) Eth. fol. 119 b.
3) Ibid. Er starb also vor Ostern 1471. S. unten
4) Eth. fol. 191, vergl. 56 b. Lappenb. Hamb. Chron. 574 f.
5) Auctoris familiae Leatbalogus im Eth. fol. 116
6) Eth. fol. 38 b.
7) Erfurter Matrikel (Geschichtsquellen der Prov. Sachsen VIII), S. 343, Sp. 1, 38. Er zahlte die volle Gebühr.
8) Eth. fol. 115 "cometa viso". Ein Gedicht des Heinrich Strecker von Mellerstadt auf dasselbe Ereigniß ließ Wattenbach abdrucken im Anz. z. K. deutscher Vorzeit 1879 Nr. 5.
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Magister geworden 1 ). In der Zwischenzeit war er als einfacher baccalarius in Rom 1475 2 ), vorher vielleicht in Braunschweig, wo er später viele Beziehungen hatte. Von 1472, namentlich aber von 1475 3 ) an beginnen seine poetischen Ansprachen und Empfehlungen seiner selbst an einflußreiche Persönlichkeiten, Grabschriften und Denkverse zum Memoriren der Jahreszahlen zeitgenössischer Ereignisse, aus denen seine Beziehungen zu erkennen sind. Bei seiner ersten Fahrt nach Italien war er in Bologna mit zwei ihm schon von Erfurt her bekannten Männern und Studiengenossen zusammen: Hartwig von Bülow und Hermann Langebeck. Da er an den letzteren als Hamburger Bürgermeister ein Gedicht zur Aufmunterung gegen tumultuirende Massen richtet, was nur 1483 geschehen sein kann, so ist dadurch das Jahr 1475 für die gemeinsame Anwesenheit in Italien bestimmt 4 ). Hartwig von Bülow starb als Doctor und Domherr zu Hamburg, Lübeck, Schwerin und Hildesheim 1490, am 11. Januar 5 ). Mit ihm kam Boger zum ersten Male nach dem Norden, an die Ostsee, also zwischen 1475 und 1485; denn nachdem er gesagt, wie jenen Rhein, Elbe, Donau und der ganze Occident anstaunten, was doch nur eine Andeutung der Reisen ist, spricht er von ihrer Bekanntschaft:

Notus in primis mihi per Turingos,
Inde precelsas Latii per urbes,
Balticas demum penitus per oras
En here, salve 6 ).

Von dieser Zeit an finden wir auch mannigfache Beziehungen zu Lübeck, die später noch enger geknüpft werden 7 ). Von 1481 an sucht er sich dem neugewählten Hildesheimer Bischofe, der zugleich Administrator von Verden blieb, Barthold von Landsberg 8 ), angenehm zu machen 9 ), und be=


1) Nach der Erfurter Artisten=Matr. Ich verdanke die Notiz des Herrn Professor Weißenborn der Güte des Herrn Archivraths Jacobs in Wernigerode.
2) Eth. fol. 114. Ueber die baccalarii vergl. Hefele, Concilsgeschichte 7, 28.
3) Eth. fol. 114 ff.
4) Die auf Hamburger bezüglichen Bogerschen Gedichte habe ich meistens angeführt: Mitth. des Vereins für Hamb. Gesch. 2 (1879), S. 51 f. und 76 f. Lappenb. Hamb. Chron. 350 ff.
5) Jahrb. 10, 195. 370; 21, 182.
6) Eth. fol. 83 b. Er empfiehlt sich dem v. Bülow mit den stammbuchartigen Versen: Quod Festus Paulo, Cirus Esdre, Phoebus Enee, │ Flexori Hinrico, si vacet, esse potes.
7) Namentlich zur Familie Westphal Eth. fol. 93. 94 b., 111. Auch zur Familie Rode: fol. 70 und a II (Domherr und Stadtschreiber M. Joh. Rode).
8) Allg. D. Biogr. 2, 523.
9) D S. 8. - Sogar 3 Epitaphia für ihn selber legte er ihm zur Auswahl im Voraus vor. Eth. fol. 111, cf. fol. 91 und 91 b.
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kommt dadurch dann auch Beziehung zu Lüneburg, wo er später seinen besten Gönner Nicolaus Schomaker fand 1 ). Lüneburg hatte ihm ein geistliches Lehn versprochen, das er aber nicht erhielt. In dieser Zeit scheint er sich an den Erzbischof von Lund gewandt zu haben, seltsamer Weise pseudonym als Johannes Husanus 2 ); er mochte seiner Sache nicht sicher sein. Bald nach seiner Erfurter Promotion knüpft er Beziehungen mit Rostock an, wohin ihn wohl Hoffnungen zogen, die sich an die erwartete Gründung des Domes knüpften. Wir finden wenigstens eine Grabschrift für den Dr. theol. Hinricus Schone 3 ), den er "Saxo" und "rectoratu decies quam rite potitus" nennt; im Winter 1485 bis 1486 bekleidete dieser das Rectorat zum zehnten Male 4 ). 1492 muß Boger wieder in Rom gewesen sein, denn er verfaßte ein Gedicht auf aus Rom abreisende Prälaten 5 ), einen Hildesheimer und zwei Lübecker; diese sind der mehrfach von ihm angedichtete Franciskaner und Hildesheimer Decan Dietrich (Theodoricus) Arndes, aus Hamburg gebürtig, Wilhelm Westphal und Heinrich Bockholt, von denen der Domherr Wilhelm Westphal die Resignation des Bischofs Thomas (Grote) 6 ) dem Papste 14 92 überbrachte, während Dietrich Arndes in demselben Jahre Bischof von Lübek wurde. Letzterer war schon als Hildesheimer und Braunschweiger Decan oft besungen; einmal hatte Boger dafür eine Gratification, eine "strena", vielleicht ein Vicariat, bekommen 7 ). Wahrscheinlich verfaßte er damals nach der Wahl Papst Alexanders VI. die Elegie: contra impudentes emulos In persona Alexandri VI 8 ). In demselben Jahre noch wird er nach Rostock gekommen sein, denn wir finden seine Begrüßung des neuhergestellten Domcapitels 9 ). Nach der Erzielung des Friedens wurde der Gottesdienst 1491 am 24. Mai zwar in den zwei nicht befleckten Kirchen St. Petri und St. Nicolai wieder eröffnet 10 ), die erneuete Wei=


1) S. z. B. Eth. Schluß und fol. 171. Die auf den Verdener Sprengel, also auch Lüneburg, und auf Bremen bezüglichen Gedichte theilte ich im Auszug mit: Archiv des Stader V. f. Gesch. und Alterth. 7, S. 141 f.
2) Eth. fol. 70 b. 72. Es ist der Erzbischof Johannes, dessen Zeit ich augenblicklich nicht verificiren kann.
3) Eth. fol. 111 b.
4) Rectorenliste in Ungn. Amoen.
5) Eth. fol. 160; vergl. Anhang 5.
6) Bischof von Lübek 1489, resign. 1492, † 25. Aug. 1501 Potthast. Die anderen Personalien nach einer briefl. Mitth. des verstorbenen Prof. Mantels.
7) Fol. 84 bis fol. 87, fol. 56 b. 160.
8) Eth. fol. 217 vergl. fol. 192.
9) Auf die Wiedereinrichtung bezieht sich fol. 38, da Tegeler genannt ist.
10) Van der Rostocker Veide: Rost. Osterprogr. 1880, S. 23.
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hung der zwei andern und die volle Wiederherstellung des Domcapitels scheint aber erst 1492 erfolgt zu sein, obschon wenigstens die Stelle des im Tumult 1487 eingekerkerten und bald verstorbenen ersten Decans zu St. Jacobi Hinrik Pentzin 1 ) schon 1491 wieder mit dem herzoglichen Kanzler Johannes Tegheler aus Waltershausen besetzt war 2 ). Hier trat Boger alsbald in der Sternberger Judensache auf, verfaßte das später vielgenannte Gedicht: "Super benedicti Sacramenti Irreverentis tractationis per prophanos iudeos in Sternebergio querelosa historia" mit dem klingenden Anfang:

Convolat in montem stelle maledictus apella 3 ), dessen niederdeutsche metrische Uebersetzung hinter dem Codex des Ernst von Kirchberg im großherzoglichen Hauptarchiv zu Schwerin eingetragen und öfter gedruckt ist 4 ). Als er für die Verbrennung des Priesters Peter Dene am 13. März 1493 zu Rostock, der den Juden die Hostie geliefert hatte, eine Rede an das Volk von Rostock verfaßte 5 ), nennt er sich seltsamer Weise noch "achademie Erfordensis alumpnus", im Gedichte magister. Vielleicht kam er damals schon mit Herzog Erich in Berührung, der als Knabe im Winter 1493/94 intitulirt ist 6 ).

Dr. theol. kann er also erst später geworden sein, vielleicht nachdem er 1494 noch einmal in Rom war 7 ). In Italien schrieb er damals ein Gedicht an den "doctissimus modernorum M. Jo. Picus comes de Mirandula". Daß er dann wieder in Erfurt war, wo die Pest Studenten und Lehrer vertrieb, erhellt aus seinem Condolationsgedicht 8 ) und aus seiner Angabe, daß Doctor Johannes Institor oder Institoris (Krämer), ein Jurist 9 ), damals Erfurt verließ, während dieser 1492 erst zum Mag. promovirte 10 ). Vielleicht war es damals, daß er aus Erfurt nach Wernigerode ging, wo ein M. Wedego N., baccal. theol., "in collegio" lehrte 11 ); vermuthlich neben M. Jacobus Questenberg, aus Wernigerode selbst gebürtig, den er seinen berühmten


1) Rost. Osterprogr. 1880, S. 1.
2) Jahrb. 39, 63. Ehrenhalber in die Univ.=Matrikel inscribirt: 28. Mai 1491.
3) Ether. fol. 26 b. bis fol. 27 b., wo die Jahreszahl angedeutet: quorum perlidentia facinus est plexum cum recordio anni.
4) Vergl. Jahrb. 4, 86. 89. 130; 6, 195; 9, 482; 12, 210; 22, 233; 45, 34.
5) Jahrb. 6, 195; 12, 499. Vergl. auch Eth. fol. 115.
6) Matrikel; Krabbe, S. 287.
7) Ether. fol. 117 b.
8) Eth. fol. 87 b. Ein Akrostichon, fol. 169.
9) Fol. 169. Es zogen fort Lic. jur. Lambertus Vulpes und Dr. jur. Johannes Institor.
10) Ebenfalls Mitth. Weißenborns durch Jacobs.
11) Fol. 55 b.
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Schüler nennt 1 ). Im Gedicht an ihn heißt Pomponius Falco jenem befreundet und mit ihm lebend, während Theodoricus (wohl Block) dem Boger bleibe. Jacob Questenberg wurde in Erfurt 1482 nach Michaelis immatriculirt; Archivrath Dr. E. Jacobs in Wernigerode verweist seinetwegen auf Chr. Fr. Keßlins Schriftst. und Künstler der Grafsch. Wernigerode S. 267.

Ungefähr um diese Zeit muß Boger Hamburger Domherr geworden sein, denn 1499 ist er als Dr. theol. dort schon ziemlich hoch in der Reihe. Sein Gedicht an Dr. Albert Crantz, den Decan, erklärt sich daraus. 1501 präsentirte ihn dort auch die Wittwe des 1490 gestorbenen Proconsul Nicolaus de Sworen (Juratus) zu zwei Vicarien in St. Katharinen, wofür er ihr später ein Epitaphium widmete 2 ).

1499 schienen die vielgepflegten Beziehungen zu Braunschweig ihren Lohn tragen zu sollen. Schon 1478 hatte Boger ein Epitaphium auf den ersten Bürgermeister Konrad Scheppenstede 3 ) und auf M. Christianus Roder, aus Hamburg gebürtig 4 ), 1481 ein Gedicht auf die Beseitigung des bekannten Gral mit seinem Glücksspiel durch Herzog Wilhelm 5 ), und auf den Streit der Stadt mit dem Herzoge 1492 wenigstens ein Jahresdistichon gemacht 6 ). Einst sei die Stadt der Schule Freund gewesen, dichtet er nun, jetzt sei die Lehre verfallen 7 ). Aber nun solle ein Gymnasium errichtet werden. Sein berühmter Lehrer Tilemannus Zierenberg 8 ) werde Archiregent, Boger "Gymnasrecturus" 9 ). Er reiste daher selber hin 10 ), wahrscheinlich in der Mitte des Sommers, und verfaßte hier das Epitaphium des M. Johannes Havekhorst, der am 8. Juni als Pastor zu St. Martini starb, nachdem er über 40 Jahre das Amt besessen hatte 11 ). Eine Klage, daß die Deutschen den H. Martin nicht mehr ehren wollen, ist vielleicht bei dieser Gelegenheit als Empfehlung seiner eigenen Person gedichtet 12 ); auch die Erbauung einer neuen prächtigen Orgel in Braunschweig 1499 durch den Hessen Hinrich Cranz aus Gudensberg wird gleichzeitig gepriesen 13 ). Trotzdem war Boger noch in demselben Jahre in Rostock: Herzog Erich war Ostern 1499 zum Rector


1) Eth. fol. 56.
2) Staphorst, Hamb. Kirchengesch. 1, 4, 163. 164. Ibid. 1, 1. Verzeichn. Nr. 305 und S. 1 und 10. Vergl. oben S. 113, 4.
3) Fol. 111.
4) Fol. 110 b. 111.
5) Fol. 117.
6) Fol. 115.
7) Fol. 93.
8) Tilemannus de monte ornato Eth. fol. 113 b.
9) Fol. 64 b.
10) Eth. fol. 48 b.
11) Fol. 112.
12) Fol. 192.
13) Fol. 28. Vergl. Allg. D. Biogr. 4, 560. 5, 795.
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der Universität postulirt; die nächsten 7 Jahre wurden der Glanzpunkt im Leben des Gelehrten, wie aus allen seinen Worten hervorgeht.

Doch ehe wir diese Periode besprechen, wollen wir uns den Mann etwas näher ansehen. Er war Geistlicher, Doctor der Theologie; in damaliger Weise gelehrt und hat, wie schon dadurch bedingt, einen Anflug vom herrschenden Humanismus; er citirt in seinen Gedichten Aristoteles 1 ), "Plutarcus" (als Lehrer des Trajan) 2 ), Plato, Tacitus, Horaz, Ovid, Livius, Plinius, Lucanus, Valerius Maximus, Statius, Ennius, Martial, auch sind Vergil und Terenz, ja in einem etwas lasciven Gedicht eine Anspielung auf Columellas Angabe, daß der Hahn die Hennen gegen die Schlangen schütze, zu erkennen 3 ). Einer seiner Lehrer war Tilemann Zierenberg, ohne Frage in Erfurt; einen anderen benennt er a Campana 4 ), worunter ein deutscher Name (Klockmann) verborgen stecken kann. Daß er wirklich auch Griechisch konnte oder lernte, scheint aus einem Gedichte "Ad praeceptorem Graecum Julianum nomine" 5 ) hervorzugehen. Um die gelehrten Streitigkeiten der italienischen Humanisten über klassische oder untergeschobene Schriften hat er sich wenigstens gelegentlich gekümmert. So nimmt er noch in seinen letzten Jahren Partei für die Echtheit des dem Ovid fälschlich beigelegten Liber de Vetula 6 ) freilich ohne jegliche Spur von Kritik, indem er eines Leo Meinung beipflichtet: Ovid sei der Dichter, aber die Sibylle habe ihm christliche Ahnungen eingegeben! Im Versbau ist er gewandt, aber auch dreist und unverfroren. Trotzdem er sich zu den Humanisten zählt, sich ebenbürtig neben Rudolf Agricola 7 ), Busche 8 ) und Philippus Beroaldus 9 ) stellt, läßt er Quantität Quantität sein, wie es ihm gerade paßt. Seine Wendungen wiederholen sich oft, und was für ein Latein schreibt


1) Aber als Arestotiles.
2) Eth. fol. 136; wo auch Possidonius als Lehrer des Pompejus.
3) Fol. 193 b. Abgedruckt in Mitth. des V. für Hamb Gesch. 2, 78, wo Z. 17 objectum (Angriff) zu lesen ist.
4) a 11.
5) Fol. 72.
6) De auctore libri, quem de Vetula inscribunt, opinio. Eth. fol. 126 b.
7) Fol. 114. Er lernte ihn in Italien kennen, also wohl 1475, da Agricola, † 28. Oct. 1485, von dort 1480 zurückkehrte. Allg. D. Biogr. 1, 151 ff. Boger sagt von dem berühmten Manne, er sei gelehrt im Latein, Griechischen und Hebräischen; "pro minimo duxit barbara verba loqui".
8) Fol. 106 ff. Er schrieb ihm 1503 von Bologna aus (eis Emilium Rhenum degens): Quis te, Clamoride, si nescis inclite Buschi, - Nunc, Hermanne, canat, Disticon adde, scies: - En Patriam Hoxarius, tiro Turingus et arctos - Advena. Te Hinricus diligo Bogerius.
9) Fol. 95 b. ff. S. unten S. 127 ff.
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er! Das aus der Inschrift an der Marienkirche zu Rostock von 1398 bekannte dustria, für industria, braucht er schlankweg 1 ), solor für consolor 2 ), pos für compos 3 ), pres, predis = dives, anscheinend auch für Aeltester oder Vorsteher 4 ), und dergleichen in Menge. Boger war unfraglich ein fleißiger Mann, nur im Fleiße zeigt sich ihm das menschliche Wesen: "fit asellus homo piger". schrieb er einmal 5 ). So scheint er bei der Ungetheiltheit der damaligen Wissenschaft auch Mediciner gewesen zu sein, wie alle Doctores medicinae Rostocks in jener Zeit zugleich Theologen waren; wenigstens überreichte er der Herzogin Sophia ein Diätarium 6 ). "Anbrennen" ließ er auch nicht, Doctorschmäuse sind ja noch heute Sitte, und damals gehörten sie zur offiziellen Feier der Universitäten; wir finden bei ihm mehrere, auch seinen eignen. Im Poeten=Latein hießen dergleichen lustige Gelage damals Aula doctoratus 7 ) oder Aula doctoralis, auch einfach Aula (so für den Dr. Busse von Alvensleben 8 ), der in Bologna promovirte). Ein Begrüßungsgedicht dazu hieß Epithalamium, als wenn es eine Heirath wäre; so des Boger Gratulation zur juristischen Doctor=Promotion des Johannes Blankenfeld 9 ) aus Berlin, Sohns des dortigen Bürgermeisters Thomas, in Bologna. Das ist der spätere Bischof von Reval, Riga und Dorpat 10 ). Auch für hohe Geistlichkeit etwas bedenkliche Scherze laufen dabei mit unter, wenn z. B. in Hamburg beim Gastmahl eines "Hahnekop" (caput Gallinum) oder "Hahn" (Gallus) angedeutet wird, wie er seine "Hennen" anlockt:

"Creditas grano refovet reperto,
Hasque fecundat, gravidas tuetur" 11 ).

Man fand nicht viel darin, wenn die Prälaten sich für den Cölibat in einer oder der andern Weise schadlos hielten. Auch Boger hatte einen Sohn Martinchen, Martinellus, der 1494 starb und dem drei Trauerlieder gewidmet sind 12 ). In Italien sandte die Venus andere Folgen; was ein Fieber in Bologna 13 ) zu bedeuten hatte, wissen wir nicht; aber das


1) E. 1.
2) Fol. 169.
3) Fol. 216.
4) Fol. 87. 176. 84 b.
5) Fol. 126.
6) Fol. 59.
7) Fol. 122. Auch "Aedes" (Prosepopeia edium) fol. 84, was an unser "zu Wohnen kommen" erinnert.
8) Fol. 75.
9) Fol. 108 b.
10) Reval 1514-1524; Dorpat 1518-1527; Riga 1524-1527, † 9. September 1527 in Spanien (Potthast); irrig wird in Riga 1525 auch Markgraf Wilhelm von Brandenburg genannt; Mittheil. aus dem Geb. der Geschichte von Liv=, Est= und Kurland 12, S. 504. Vergl. jetzt 13, 61 ff. (Böthführ).
11) Fol 194 a. Mitth. des V. für Hamb. Gesch. 1. c.
12) Fol. 115.
13) Fol. 38 b.
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Gefressenwerden von der Franca lues 1 ), das er von sich und seinen Freunden unbefangen erzählt, ist deutlich und verständlich. Es scheint auf einer seiner ersten Romfahrten gewesen zu sein, dann also vor 1492; leider ist es nicht genau zu constatiren. Sicher wußte er also, weshalb er "grünen Romreisenden" 2 ) die Warnung zurief:

Sed si fraternum monitum non despicis, audi:
    F fuge sex, taxum ceu fugit über apis:
Femin a, fiamma, fames, cum flamine frigora, fructus
    Sunt, que romipetis sepe minantur onus.

Boger giebt an, daß er eine Historia Sancte Anne geschrieben habe, die er vor dem Drucke dem Bischofe Barthold von Hildesheim zur Cenfur vorlegte 3 ), anscheinend auch eine Schrift de sancta cruce 4 ) und de trinitate 5 ).

1499 kam der vielgewanderte Herr nach Rostock. Ob er schon früher das herzogliche Haus kennen gelernt hatte und von diesem begünstigt war, ist nicht absolut zu behaupten, aber wahrscheinlich schon durch sein Auftreten in der Sternberger Sache (s. oben Seite 115). Vermuthlich war er, obwohl noch nicht Mitglied der Universität, zum Unterricht des jungen Herzogs Erich empfohlen. Daß er der Herzogin Sophia ein Diätarium überreichte, ist schon bemerkt. Mit Herzog Balthasar, der ihm einmal seinen Besuch ankündigte 6 ), kann er bei dessen Wahl zum Administrator in Hildesheim 1471 schon bekannt geworden sein. Er stand mit ihm vertraut, denn er richtet an ihn, "illustrem dominum et principem", ein carmen familiare 7 ). Vielleicht empfahl auch der oft von ihm genannte Caspar Hoyer 8 ) seinen Freund Boger beim Fürstenhofe. Daß dieser den Herzog Erich in Rostock unterrichtete, noch ehe er Selber Mitglied der Universität wurde, erscheint ziemlich deutlich 9 ); Erich hatte seit 1493 die Vorcursus beendet und wurde 1499 zum Sommer=Rector gewählt, für den Winter 1499-1500 ihm darauf das Amt verlängert 10 ), dann folgte der Mediciner Albertus Winkel 11 ), ein Erfurter Doctor. Gleich im Beginn dieser


1) Franca Lue esi. fol. 116. 117.
2) Fol. 150 b. Romipetae novelli.
3) Ether. fol. 208 b.
4) Fol. 91.
5) Fol. 179.
6) Eth. fol. 70. Er erbittet sich dazu vom Herzoge Balthasar Wildfleisch, um es ihm selbst vorsetzen zu können.
7) Fol. 81. 82.
8) S. Anhang 1.
9) Etherol. 137 b.
10) Rost. Univ.=Matr. Ungn. Amoen. Krabbe 287 f.
11) Eth. fol. 55 b. richtet Voger an Erich die Worte: Albertus jubilo te recreet Angulus anglo. Eine Salutatio an ihn als Rector: Fol. 62 b. (Durch Druckf. 66 b). Blanck, meklenburgische Aerzte 6.
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Zeit muß der 2. Decan zu St. Jacobi Johannes Tegeler gestorben sein, dem Boger ein Epitaphium widmete 1 ); ihm folgte Johann v. Greben 2 ). 1501 starb der Canonicus zu Güstrow und Kanzler des Herzogs Magnus Antonius Gronewald 3 ), dessen Pfründe der H. Cäcilie von den Fürsten nun ihrem Dichter verliehen wurde. Aus den folgenden Jahren sei hier noch vorweggenommen, daß die Herzoge am 23. Mai 1501 aus der Pfarre Belitz eine neue Präbende am Dome zu St. Jacobi gründeten 4 ) und diese Boger verliehen, welcher sie mit der Cäcilien=Präbende zu Güstrow sofort an Johann v. Greben gegen das Decanat und Rectorat zu St. Jacobi vertauschte 5 ) Vielleicht gehört dieser Zeit seines Eintritts in das Stift sein Epitaph auf den erschlagenen ersten Präpositus Thomas Rode (Rhodis) an 6 ) auch wurde er nun ehrenhalber in die Matrikel der Universität aufgenommen als "Egregius vir Dom. Mag. Hinricus Boger, sacrae paginae dr., de Hoxaria, per universitatem et rectorem honoratus 7 ). Seine Wohnung hatte er auf dem Hofe der Karthäuser von Marienehe in der Breiten Straße gefunden; 1500 beklagt er den Tod seines dortigen contubernalis 8 ). Fast scheint es, als habe er auch als fürstlicher Kanzler nach Gronewalds Tode fungirt. An Herzog Magnus als "seinen Herrn" richtete er 3 Gedichte ohne weitere Bedeutung 9 ), an dessen Tochter Sophia "filia Magnopoli, connuba Saxonie" [ 10 ) eins zu ihrer Vermählung mit Herzog Johann (dem spätern Kurfürsten) von Sachsen, am 1. März 1500; und bei dieser Gelegenheit wird der "Pane-


1) Eth. fol. 120.
2) Lisch Jahrb. 4, 250; vor dem 4. Juli 1499. Das. 12, 499 f.
3) Jahrb. 10, 191; 10, 500 (nicht im Register, 23, 181, Wie das Register citirt, kommt er nicht vor), Eth. 119 b. Er stammte aus Nürnberg und wurde als Kanzler Ehren halber immatrikulirt im Winter 1496/97.
4) Es ist das 13. Canonicat; ursprünglich waren 8 gegründet, 1492 noch 4 von der Universität. Jahrb. 45, S. 52, v. 365. Die 4 oberen waren: Propstei (St. Marien), Decanat (St. Jacobi), Cantorat (St. Petri), Scholasterei (St. Nicolai) und 4 für Collegiaten der Universität. S. Krabbe Univ. Rost 211.
5) Jahrb. 12, 379-384, wo S. 381 Z. 10 v. u. Jacobikirche statt Petrik. zu lesen ist. Die Decane folgten also so: 1) Henricus Bentzin (Pentzin) 1487, 2) Johannes Tegeler 1491-1499, 3) Johann v. Greben 1499-1501, 20/26. Juni, 4) Hinrich Boger, 20/26. Juni 1501-1506, 5) Barthold Moller nach weisbar von 1508-1530. Wenn Krabbe anscheinend p. 237 Schone als Decan nennt, so liegt das nur im Ausdruck; die Notiz gehört zu Barthold Moller. Der zweite Präpositus war Reiner Holloger; Jahrb. 4, 252.
6) Eth. 154
7) Matrikel, Sommer=Rectorat 1501.
8) Ether. 118.
9) Fol. 112.
10) Fol. 113. Auffallend ist, daß zur Vermählung des fürstlichen Fräuleins Anna mit Wilhelm von Hessen im Ether. kein Gedicht steht.
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giricus" auf den "Primas Germanie" 1 ) entstanden sein, d. h. auf den Erzbischof von Magdeburg (1476-1513), Herzog Ernst von Sachsen, den Schwager der Sophia. In demselben Jahre verfaßte er das klingende Gedicht von der Dithmarscher Schlacht:

"Perculso gravitate rei vox faucibus heret" 2 )

nebst einem später zu drei Memorialversreihen erweiterten Cronodisticon zu deren Jahresbezeichnung 3 ). Außer dem Interesse der meklenburgischen Theilnahme an jenem Heerzuge hatte er auch Verbindungen nach Dithmarschen hin; wenigstens finden wir eine Gratulation schon zur Zeit des Papstes Innocenz VIII. (1484-1492) an den Dr. Hinricus Meyer Theomarcius 4 ).

Wenden wir uns jetzt zu Bogers Verherrlichung Herzog Erichs. Zunächst finden wir eine "Illustris principis d. ducis Erici Magnopolensis primum litteris iniciati commonefactio 5 ), also eine mahnende Begrüßung bei Beziehung der Universität 1493; das Latein ist nicht schön, doch zum Theil klingend:

Tu Rostochini rosa prestans cerneris orti 6 ),
Rostochium mater, tu filius, ipsaque serva,
Tu dominus.

Die Alma mater wird marienartig besungen; fast mahnt der Ausdruck an Wolfram'sche Mystik, ohne im geringsten damit zu thun zu haben.

Vivat Magnopolis, cui vita deo populoque
    Resplendet placida semper amena face.
Vivat Magnopolis, cui perpes fama coruscat,
    Sub tetra mende non latitura nota.
Vivat Magnopolis, cui dos septena polari
    Servatur solio, concine fautor evax.

Im vorletzten Verse ist die deutliche Anspielung auf die Rostocker Sieben. Vielleicht gehört in diese Zeit oder in Erichs Rectorat die Aufführung von Terenz Hecyra durch Studenten in Rostock unter Leitung eines mir unbekannten Hildebrand, für deren Besuch Boger sich begeistert 7 ).

Es folgt eine Empfehlung seiner selbst an den Fürsten und die Universität 8 ), ein Epigramma ethicum exhortatorium; ein Tetrasticon memoriale Insuasivum omnium,


1) Fol. 80.
2) Eth. fol. 34 ff. Vergl. Lisch Jahrb. 9, 484. S. Anhang 2.
3) Schon bei dem größeren Gedicht fol. 34 ff., wiederholt fol. 115.
4) Fol. 84.
5) Eth. fol. 135 b.-138.
6) = horti.
7) Fol. 193 Der Erzbischof von Riga Michael (1484-1509) war ein Hildebrand. S. Anhang 1, Anm. 2.
8) Fol. 138.
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alles an denselben; ebenso eine Salutaciuncula an ihn als Rector 1 ).

Die tiefste Tiefe der devotesten Verehrung wird aber erst später beim Aufenthalte in Italien erreicht. Dorthin reiste Herzog Erich, nachdem er im Sommer 1502 noch ein drittes Rectorat bekleidet hatte. Boger war in seinem Gefolge und sein eigentlicher Mentor, er hatte den fürstlichen Herrn mit seiner italienischen Routine zu unterstützen und ihn dort bei den wissenschaftlichen und humanistischen hochstehenden Männern durch seinen Namen und seine Dichtkunst einzuführen. Vor der Abreise besang er noch "als Theologe" zwei alte Erfurter als mit ihm in Rostock: den Juristen Andreas Becker ("Pistor") und den Mediciner Theodericus Block (Truncus) 2 ); der letztere war zugleich ein früherer Hildesheimer Genosse, der in Rostock alsbald ebenfalls ein Canonicat erhielt. Im Herbst schon wurde Venedig erreicht 3 ); welchen Weg man dorthin genommen habe, steht nicht fest. Vielleicht gehört hierher das Gedicht auf die Burg Hanstein 4 ) an der Werra, da Boger den herzoglichen Ritt von 1500 zur hessischen Hochzeit 5 )nicht mitgemacht zu haben scheint. Ebenso wenig ist sicher, ob die Beziehungen zu Fritzlar 6 ) und Augsburg 7 ) hierher gehören. Von den Reisebegleitern des Fürsten kann aus den Gedichten Weniges geschlossen werden. Sicher scheint zu ihnen gehört zu haben der als "familiaris principis" bezeichnete d. Johannes Catte (Katte) nach dem Verse des an ihn gerichteten Gedichtes 8 ):

Casus Italice nunc bene disce plage.

Es ist der 2. Domscholaster und Pfarrherr zu St. Nicolai in Rostock und zu Warnemünde, der um 1542 starb 9 ).


1) Fol. 142, 143. Fol. 55 b.
2) Etherol. fol. 54. Ueber Theod. Block s. Anhang 3. Er wurde am 15. Mai 1502 in die Matrikel als Docent aufgenommen und fehlt bei Krabbe. Ueber Andreas Becker aus Magdeburg, der schon 1499 inscribirt wurde, vergl. Krabbe Univ. Rost. 246 f.; er fehlt im Register. Rector war er nach der Matrikel: Sommer 1501.
3) Eth. fol. 115.
4) Fol. 133 b.
5) S. S. 120, 10. Vergl. Jahrb. 29, 21 f.
6) Ad dominum Joh. Hund, canonicum Vrislariensem. Eth. 65 b.
7) Ad magniticum d. prepositum Augustensem Mathiam Langium. Eth. fol. 98.
8) Eth. fol. 72 b.
9) Lisch Jahrb. 5, 146. Der erste Domscholaster war Laurenz Stoltenborch, schon 1474 Secretär (scriba) Herzog Heinrichs IV. (Lisch Jahrb. 9, 276), zum Scholaster ernannt 1487 (Van der Rostocker Veide. Rost. Schulprogr. 1880, S. 1), noch als erster Scholaster bezeichnet 1491 Eth. fol. 38, 1503 zugleich Ostensor des h. Bluts zu Sternberg Lisch Jahrb. 12, 220). Auf Katte folgte 1542 als dritter und letzter Scholaster der herzogliche Secretär (auch später Universitätsbuchdrucker) Simon Leupold.
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Eine weitere Andeutung über den Reisezug, den Boger als den seinigen beschreibt, ergeben die Verse 1 ):

"Bubalus insignis, tauri quoque testa griphesque, -
Inde trabes aliquid bicolores."

Das ist das Wappen Herzog Erichs, dem aber der Stargarder Arm fehlt. Dazu nennt er "Maximiliane comes", was vielleicht "Begleiter" zu übersetzen wäre, und Richardus Ungula Grifonis (Greifenklau, Klawe?), beides Deutsche, ferner einen Savoyer Claudius (oder Claude Savoye?), endlich Hinricus, "Frisie qui bimaris jam velut lector ovas". Ich vermag sie mit meinen Hülfsmitteln nicht näher zu bezeichnen; Hinrich Boger selbst ist unter dem letzteren nicht zu verstehen, denn er nennt sich durch sein Siegelzeichen:

et mea stella triformis.

Es kommt ein Gedicht auf einen Detlev von Rantzau (Ransow) vor, der auf der Rückreise von Italien starb 2 ); der scheint aber nicht zu Erichs Begleitung zu gehören. Vielleicht könnte Heinrich Brömse, der spätere kaiserliche Rath, des Lübeker Bürgermeisters Nicolaus Bruder, der sich des Herzogs Erich Commilito zu Rostock und Bologna nannte 3 ) , unter dem Frisiae lector in spe verstanden sein.

Der Zug ging zunächst zum kaiserlichen Hofe, der Herzog empfahl persönlich seinen Lehrer und Begleiter Boger zur Lorbeerkrone; zwei Gedichte richtete dieser selbst an den Kaiser 4 ), und Maximilian versprach ihm den Dichterkranz zu geben, worauf eine Dank=Panegyris folgte 5 ). Wo die Vorstellung beim Kaiser geschah, wird nicht angedeutet; aber als poeta laureatus zog Boger nun nach Italien und machte seiner Würde in unzähligen Versen Ehre. Aus späteren Gedichten 6 ) ersehen wir, daß Ferrara besucht wurde, in Bologna studirt 7 ), dann Rom gesehen, endlich scheint ein längerer Aufenthalt im Porretanischen Bade angedeutet werden zu sollen. Die ganze Reisezeit wird durch die Angabe bestimmt:

"Jam ferme aufuimus septem quartalibus anni 8 )."


1) Eth. fol. 32 b.
2) Eth. 117 b.
3) Lisch Jahrb. 8, 195.
4) Eth. fol. 76-77 b. Daß Boger der Mentor Erichs war, ergiebt sich aus dem Gedichte an Busche von Bologna aus, wo Eth. fol. 108 a. die Verses: Agor nunc Italo axe bene │ Inque ducem Ericum papantis munere fuactus etc.
5) Fol. 77 b. f.
6) Fol. 33 b.: "Gestorum in Italia ab illustri principe et domino domino Erico duce Magnopolensi brachilogus". Fol. 213 b.
7) "Der Herzog lernt, Boger dichtet". Fol. 213 b.
8) Daselbst 213 a.
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Da man 1502 nach Erichs Sommerrectorat in Venedig war, so geschah die Rückkehr um Johannis 1504. Es bestätigt dieses die Angabe, daß der Herzog auswärts und unterwegs die drei Todesnachrichten der Schwester, des Vaters und der Mutter erhielt 1 ); denn die Herzogin Sophia von Sachsen starb im Kindbett am 12. Juli 1503, nachdem sie am 30. Juni den späteren Kurfürsten Johann Friedrich geboren hatte; Herzog Magnus verschied am 20. Nov. 1503, und seine Gemahlin, die Herzogin Sophia 2 ), am 26. April 1504.

Als Reise= und Aufenthaltszeichen aus Italien finden wir im Etherologium ein Gedicht an den Poeta Jo. Baptista Mantuanus 3 ), bemerkenswerth wegen einer genealogischen Notiz, die ich freilich nicht zu deuten weiß:

Indole conispicuus Dux Magnopolensis Ericus,
Consobrinus heri, vir memorande, tui,

und als dieser herus ist bezeichnet: "Marchio", "cui Mantua paret". Ein Gedicht folgt an Richardus dominus Mutinensis, tunc datarius 4 ), an Dominus Tiresius de Fuscarariis 5 ); Antiquissime domus Alderuandorum ex Alemannis propagate congrutalacio 6 ); Triplicis boni pulcrum discrimen, ad dom. Ludoicum de Mirandula und Super domina Dyamanta 7 ). An Antonio Galeazzo v. Bentivoglio, "archidiaconus et cancellis prothonotarius" zu Bologna, ist ein "panegiricon" gerichtet: "bene de volendo" wird der Name abgeleitet, er selber angeredet: "O Mari Antoni Galeati amande", und mit "cui stat insigne bicolore serra" wird das Wappen bezeichnet; der Dichter sagt von sich bescheiden: Dicor Hinricus, mediocris arvo │ Magnopolensi 8 )". Eine "reconciliacio auctoris cum reverendo domino Tiburtino auditore (dem Antonius, Sohn des Antonius 9 ) läßt die betreffende Sache nicht klar erscheinen. In Bologna setzte Herzog Erich als Koch (ob seines Hofes oder der deutschen Nation, ist nicht klar) einen künftigen Arzt ein, "Franciscus Bestia" 10 ), der vermuthlich einen deutschen Namen führte, ebenso den Unterkoch, der bezeichnet wird als "nate ligonelli Conradi", "Landesbergia Proles". Gesagt wird von diesem ferner: "quod


1) Das.
2) Boger hielt ihr das "Elogium" "in oracione funebri". Ether. fol. 157.
3) Etherol. fol. 109.
4) Fol. 60.
5) Fol. 65.
6) Fol. 66.
7) Fol. 73 b. Fol. 74 b.
8) Fol. 99.
9) Fol. 83.
10) Fol. 73.
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scarcellatus jus Jacobus habet". Er hieß also Jacob, war aus Landsberg gebürtig, und des Vaters Name war Conrad Karsting (? oder Hacking?). In Ferrara hatte es den Herren nicht gefallen 1 ); in Rom scheinen sie noch zu Alexanders VI. Zeiten gewesenen sein, der Anspielungen sind wenige 2 ). Die bedeutendste Erinnerung an Italien aber ist die in Bologna an den berühmten Philippus Beroaldus gerichtete "Amplissima domus Magnopolitane magnificatio 3 )", welche am Schlusse folgen mag. Von unterwegs finden wir noch ein Lob der Aqua Porretana 4 ), endlich nach der Heimkehr eine Art Bericht an Barthold Moller, der während seiner Abwesenheit Bogers Stellvertreter im Rostocker Decanat gewesen war 5 ), wie er später sein Nachfolger wurde 6 ).

In dieser Zeit wurde auch ein Epitaph für den Collegiaten zu St. Jacobi M. Arnold Boddensen verfaßt. Auf Veranlassung, vielleicht auch mit Beihülfe (sollicitudine) seines Freundes, des Verdener Domdecans und Lüner Probstes Nicolaus Schomaker 7 ) aus der Lüneburger Salzjunkerfamilie, redigirte Boger dann 1505 eine ausgewählte Sammlung seiner Gedichte, welche 1506 in Rostock in der Officin Hermann Barkhusens 8 ) als Etherologium (oder in den Schlußworten: Heterologium) gedruckt erschien 9 ). Damals war Boger noch Decan und Professor der Theologie zu Rostock, obwohl Krabbe ihn nicht kennt. Als seine Freunde lieferten Widmungsgedichte für das Werk: Caspar


1) Fol. 213 b.
2) Fol. 216 b. Dahin gehört wohl auch das Gedicht: "cum Nova Sapientia Rome erigeretur pubis ad studium provocatio". Vergl. 217.
3) Fol. 95 b. f.
4) Fol. 33.
5) Fol. 213 b.
6) Fol. 120. Boddensen oder Bodensen war als Winterrector 1502-1503 der Nachfolger Herzog Erichs; er ist im ganzen fünfmal zu der Würde gelangt. In seinem ersten Rectorate mußte die Universität 1487 wegen der Domfehde nach Lübek weichen; er war Mag. art. und öfter Artisten=Decan. Vergl. Krabbe, Univ. Rostock, 203 f., 237 und 244 (im Register fehlt er).
7) Die auf ihn bezüglichen Gedichte vergl. im Archiv des Stader Vereins für Gesch. und Alterth. 7.
8) Lisch Jahrb. 9, S. 481.
9) Titel und Schluß abgedruckt das. 9, S. 480 f. Die Blattbezeichnung ist in den Jahrb. 9, 480 nicht ganz genau; das Buch ist in octavo, es sind vorn 2 Bogen a. und b. ohne Seitenzählung, S. 1 von a. enthält den Titel, S. 2 die 2 ersten Widmungsepigramme, S. 3 die 2 folgenden. Dann folgt das Register ("Directorium") etc . Das Werk selbst beginnt mit Bogen A. S. 1 mit einem Epigramm des Dichters an Nicolaus Schomaker. Bogen A. bis D. haben nicht immer Folienbezeichnungen; sie sind regelmäßig erst in Bogen E. und laufen nun, von fol. 25 beginnend und falsch zählend, bis fol. 229, auf dessen Vorderseite der Druckschluß steht. Statt fol. 62 ist verdruckt 66 und auf fol. 179 folgt unmittelbar 190, ohne daß etwas ausgelassen ist. Jahrb. 22, 233 ist angegeben "232 Bl. in gr. 8°".
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Hoyer (S. Anhang 1), der Theolog Barthold Moller, der Lübecker Canonicus und Rathsschreiber Johannes Rode (s. o. S. 113, 7) und M. Tilemannus Heverlingk 1 ).

1508 ist Barthold Moller im Besitz der Dechanei zu St. Jacobi, innerhalb der Jahre 1506-1508 ist also Boger verstorben. Vermuthlich hat er in diesem Zeitraume noch, nach der Herausgabe des Etherologium, das Lobgedicht auf die Herzoge:

"Ordior acta ducum"

verfaßt, dessen niederdeutsche Uebersetzung als "Van des Domes stichtinge to Rostock" mit den zwei anderen Bogerschen Liedern aus dem Etherologium: "Van der Mishandelinghe des werden Sacramentes tom Sterneberg" und "Van der wunderwysen lesten slachtinge in deme lande to Dethm'.", durch eine Einleitung wie eine Garbe (ruess = eine Rüsche) zusammengebunden, der berühmten Handschrift des Ernst von Kirchberg angehängt ist 2 ). Das lateinische Original, gewiß als Flugblatt gedruckt, scheint verloren; aber nachdem die Uebersetzung jetzt in der verdienstlichen Ausgabe des Dr. E. Saß im Jahrb. 45, S. 39 ff. vorliegt, ist die Poesie Bogers, wenn man sich in diese eingelesen hat, kaum zu verkennen. Auch der Schluß mit der Jahreszahl sieht ihm ähnlich 3 ).

Boger, der ein Niedersachse war, hätte wohl solche Uebersetzung liefern können; aber schon die niederdeutsche Einleitung (Jahrb. 45, S. 38) verbietet daran zu denken. Wer sie geliefert, ist positiv nicht zu erweisen; an Barkhusen könnte man denken, auf Tilemann Heverling scheint ein Göttinger Ausdruck zu weisen; nur sollte man aufhören diese "kleinen Reimchroniken" mit des Marschalk Thurius Namen zu belegen, der vom Niederdeutschen nicht einen Schatten von Verständniß hatte.



1) S. Anhang 4.
2) Jahrb. 4, 89; 6, 195; 9, 482 f.
3) Die Domfehde falle in 1490, 2 Jahre vor, 2 Jahre nach, zusammen 5 Jahre = 1488-1492.
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Amplissima domus Magnopolitane Magnificatio 1 ).

Ad dominum Philippen Beroaldum.

  1. Rivulus Eridano si quis se conferat alto
Alpibus auf collis Hercinieve rubus,
Quis non miretur? Me demiretur oportet,
Si conferre parem, docte Philippe, tibi.
  5. Absit . id est aliud, tenuis mea musa licenter
Cur nunc fecundam tentet adire tuam.
Est locus hastigeri cis menia celsa Quirini,
Indigenis Jani qui modo bucca sonat,
Templa, domus, fluvii, fastigia, prata, ruine,
10. Unde queunt sensu mente capique palam,
Unde juvat factos domitores pendier orbis
Nuper aratores pastiferosque boum 2 ),
Unde libros legimus indignos tempore edaci,
Est quibus arcta stili libera sive via.
15. Hinc cruce confixus, sella situs inde celebri
Monstratur patule claviger ethereus.
Contuitus claram septem sub collibus urbem,
Hic sedi spacii post onerosa mei.
Dum sedeo 3 ) bifrons deus inquit: Visne viator
20. Et meritum et laudem ferre tibi atque tuis?
Est comes ecce vie splendescens indole, felix
Sorte, remirandus celitus imbre dato,
Visne jubar tantum se pandens usque latere,
Quod sit et unde micet, qua radiosque ferat?
25. Dulcibus hunc patrie laribus quam primo profectum
Fama est conspicua promicuisse domo 4 )
Altior inspectum laudat Germania 5 ). Visunt
Certatim Italici, totaque Roma stupet,
Nescio quid magni promittit linea vultus,
30. Claros natales hec docet effigies.
Ungarns, Hispanus, Macedo, Scita, Celtiber, Anglus
Scire virum querit, Turcus, Apella, meus 6 ).
Quoque magis pateat mirari, opus indice non est,
Ortus enim vatum Felsina culta nitet,
35. Unius eximiam rem tantum profer in aurem,
Thema prius tu des, is modo scema dabit.
Dixit, et in tenues cedens evanuit auras,
Liquit et incepti spem satis egregii.

1) Eth. fol. 95 b.
2) Fol. 96.
3) Druck: se deo.
4) Druck: do mo.
5) Druck: German ia mit Querstrich
6) So im Druck.
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Circinus est quadrans multumque sonabilis incus,
40. Tortile item prelum, Mi Beroalde, tibi.
Hine delibutam tibi seorsum deligo venam,
Qui preceptoris digma magistri habes.
Cum teneas lingue primatum nempe latine,
Convenit Emiliam te vocitare tubam.
45. Hos Jani monitus quantum insinuaro relator,
Ipse poeta valens inprime, pinge, cane.
Quem donis igitur splendentem cernis in horas
Stare in flaminiis discipulando scolis 1 ),
Bassior arctoum misit contrata 2 ) virorum 50. Natum a Balteo non procul ecce sinu.
Considet Eoam dux Stettinensis ad oram,
Cui mox confinis terra Polon a jacet,
Marchia Pregnicie frons Brandenburgia spectat
Ex austro nostram contiguata plagam,
55. Saxonie occiduum conterminat angulus, huncque
Extremum Holtsaticus porro ducatus adit.
A Dacis boreas nos per mare cominus afflat,
Quadrifidum patrie colligis unde situm.
Tanquam euangelicis sint delubra cornibus usa.
60. Ipsa dyocesibus quattuor usque patent.
Planiciem mediam disterminat Odera et Albis,
Hic domus illius plurima sceptra tenet.
Inclita magnanimi gestant insignia testes
Hac radice sati. Cuncta sciantur ita:
65. Bina triumphalem presentet testa coronam,
Suparus 3 )in dextra stato grifoque volet,
Sit clipeus bicolor, sit circulus, annulus assit,
Bubalus et bos dent hic capitale decus,
Unde aiunt patres Romane stipite natos,
70.  In cujus ramis consona signa micant.
Sit secus; opto magis, quam nunquam exule Troia
Sospite vel Roma quis neget esse viros.
Nonne celebrandum facinus quit ubique videri,
Cui restet bravinm nobilitatis honos?
75. Frons Taciti, Livii pes, totus Plinius absens
Hic male Teutonicas occoluere manus.
Causa, fides, probitas, series, constantia, finis,
In nostratum armis forte placeret ibi.
Non tamen hec secura nota est virtutis, avorum

1) Fol. 96 b.
2) Bassior contrata - niedere Gegend, Niederdeutschland.
3) Suparus, slav. zubr, der Wisent.
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  80. Fascibus inniti; propria vita beat.
Postera ni natrum soboles imitamina servet,
Ut nitor haud prodest, sic neque fetor obest.
Attamen ingenui bonitas presumitur ortus,
Hoc habet illustris sedulo calcar eques.
  85. Digressus redeam; radiant nova, prisca quiescant.
Ampla 1 ) vigent domino jura paterna meo:
Nunc dux, nunc princeps, comes et baro nomine reque
Ex atavis longo stemmate rite nitet.
Docmata Magnopolis, Stergardia, Sclavia,
Sueris,
  90. Albida 2 ), Zelesis 3 ) Rostochiumque ferunt.
Oppida, pagellos, arces, castella vel urbes
Quis numeret, lucos, predia, stagna, greges,
Quorum Magnus uti dominatur Baltazar? Estque
Hic pater, is patruus: clara propago subit.
  95. Hi duo germani binas duxere sorores,
Hec nunquam, illa fuit terque quaterque 4 ) parens.
He quoque germane Pomerani sunt ducis ambe,
Cujus digna manus sidera lande ferit
Turcis confligens cum palma, limina postquam
100. Sacre sepulture viderat ipse Hiesu 5 ).
Magno nata prior celebs tibi, Criste, dicata est,
Suntque due nupte, nubere quarta parat.
Hanc dux Saxonius, Hasso lantgravius illam
Duxit, ac istius nubilitate strepunt.
105. Predicat hunc generum vox electoria sceptri,
Illum vix equat grandis arena Tagi.
Virtus, forma, genus, etas, facundia, census
Nubilis heroum corda movere potest.
Certa sata est genio tota sub stirpe venustas,
110. Atque proci certent, vir tamen unus erit.
Fata trium fratrum tali mirabere passu:
Hic gerit arma, studet ille, sed iste salit.
Majorem natu Romani curia regni
Virtute et sumptu cernit, amicat, habet.
115. Gestibus et gestis aulares provocat omnes,
Est stupor externis, mel sibi, aroma suis, Tantus ut in sese spectantum vertat ocellos,
Si dubites, faciet splendida fama fidem.

1) Fol. 97.
2) Wittenburg?
3) Sic! Etwa zelosis, Wissenseifer, also Wismer [Wisse - mehr]? Zuzutrauen ist den damaligen Humanisten das.
4) = siebenmal.
5) Bugislaw X.
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Junior ad sponsam vix puber quippe tenellam
120. Jam preludit amans, post fruiturus ea;
Quam sibi despondit dux Phebipolensis 1 ), alumnus
Brunsvicii generis, nobilitate vetus,
In 2 quo 3 ) summa stetit rerum tot secula, cujus
Annales nostri facta stupenda canunt.
125. Is vero medins resonis nunc causa Camenis
Librat, neuter adhuc, sacra vel arma petat,
Interea pulcris animum redimire notellis
Nititur, unde homini pollida vita venit.
Terras, regna, situs, mores, linguagia, sectas
130. Visere si tentet, nemo stupere velit.
Queque trahat reliquos, illum trahit ista voluptas.
Multa gerebat avus quam bene, plura pater;
Iste secuturus vestigia plurima spondet,
Cum Magnus genitor sitque Sophia parens.
135. Sic per digna libro libeat compendia passim
Persone atque domus singula puncta legi.
Auspicis arcta dei complevi jussa, Vir ample,
Restat ad arbitrium cetera cura tuum.
Post ubi plebs cupidas circum te porrigit aures,
140. Dicere scis, cujas hic meus extet herus,
Tu decor Italie, Latie tu gloria lingue,
Interpres Graii tu scius eloquii,
Phebi delicium, ritus indago vetusti,
Mercurii specimen, Palladiumque decus!
145. Te juvenis celebrat studiose vena caterve,
Auditu docilis, non tamen ore procax;
Te, quibus humani studii stat vividus ardor,
Observant, recolunt carminibusque beant.
Nostra ergo rauci taceat te Musa, canoris
150. Quem tot proclamant, quique tuapte pates,
Sunt Muse lusus, est declamatio vita
Et tibi sunt rari crebra dieta libri,
Quo duce ceperunt lentere Cupidinis arcus,
Confrigere faces, tela ferire minus.
155. Non id do vitio, permittis, eatenus ausint,
Qua natura probat, cetera monstra vetas.
Quod tandein cinerum meruerunt funera: vivus
Nomen habes, abilis querere lucidius,
In te conjiciunt oculos, correcta docendi

1) Lüneburg. Die Thatsache ist mir unbekannt.
2) Fol. 97 b.
3) sc. genere, dem Welfenhause.
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160. Grammata 1 ) mirantur, teque loquente silent.
Ordo, modus, species, numerus, mensura, talentum
Per te paginulis traditur arte novis;
Scribere conanti quicquam (neu devius erret)
Tu perpendiculum, regula, clavus ades.
165. Id si preterii, mea non est, sed nota Jani
Cogentis vatem plectra ciere rudem.
Dux tamen illustris Magnipolitanus Ericus
Hec sinit Hinricum pangere Bogerium.
Vivere post mortem satagis plerosque canendo,
170. Heroi invideas id metuamne meo?
Hinc tibi commendor, dum Juppiter eque fovebit 2 ),
Dum pia Cesar aget, dum premet atra Charon.
Has tibi primicias Jano, Beroalde, jubente
Bogerius libat; postera sponte dabit,
175. Si tirocinium vatum duce cepero sub te.
Critica Zoilici respuo tela labri.

Sapphica benivolentie captatio ejusdem.

Musa, perdocti foribus Philippi
Culta cum non sis, propera modeste!
Si vacet, te da socias legendam

Inter amatas.

 5. Nuncia multam domini salutem
Non satis dicti ducis hie Erici,
Quem situs misit boree sat uber

Magnopolisque!

Edito clarens nequit urbs recondi;
10. Indoles suadet, meritumque poscit,
Cantet Hinricus . Cecinit, nec amplo

Percitus oestro.


1) Fol. 98.
2) So der Druck (statt f a vebit?)
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Anhang 1.

Caspar Hoyer, der Freund Bogers.

Seit der Zeit seines Rostocker Aufenthaltes richtete Boger eine größere Anzahl Gedichte an einen Caspar Hoyer 1 ), dessen nähere Beziehungen zum Fürstenhause gelegentlich angedeutet werden. Die letzteren ließen sich leicht verstehen, wenn er ein Verwandter des Magister Hoyer ist, welcher Domherr zu Schwerin und Güstrow war und innerhalb der Jahre 1486-1490 eine Gesandtschaft nach Rom für den Erzbischof von Riga Michael (Hildebrand, 1484-1509) übernahm 2 ). Caspar Hoyer wurde in Rostock Mitglied der Universität; vermuthlich ist er der 1478 in die Matrikel aufgenommene Jasperus Hoyer de Lubeke, der später legum doctor genannt wird, auch der Jasper Hogher, welchen Schröder 3 ) 1496 als Vikar in Wismar nennt, und der auch urkundlich 4 ) so heißt (worauf bei der damaligen Leichtfertigkeit im Sprechen und Schreiben von Eigennamen 5 ) nicht viel Gewicht zu legen ist). In Wismar wird Caspar als Magister und Leiter der Jugend 6 ) von Boger bezeichnet; daß er als Dichter bekannt sei, wird öfter gesagt, leider alles ohne Angabe der Zeit. Boger suchte seine Freundschaft:

Non magni facias, si te prior ecce salutem,
    Etas hunc animum, non tumor ipse parit,
Indolis electe, Musarum fönte rigate,
    Quem fovet in gremio Philosophia suo,
Cui 7 ) digitos aurum, cathedre toga corpus honestat,
    Et fuscedo caput, trinus honoris apex,
Cujus remigio docilis gavisa juventus
    Pollet: Wismarie docte magister, ave!

Dies war das erste Gedicht an ihn; es könnte um 1492, aber auch später geschrieben sein, Hoyer war damals jung. Das remiginm juventutis weist auf ein geistliches


1) Etherol. fol. 61. 61 b. (Ad eundem in negotio tunc solicitature [der Aufmunterung ?] egenti). 129b (Quattuor cancellarium carmen. Akrostichon: Illico Casparem jubet hic Hinricus avere). 131. (Quinta cancellaris eidem consignatio, aus Bologna, etwa 1503? "Ex urbe optanti Benevolea cani"). 159. 159 b. 219 b.
2) Lisch Jahrb. 16, 67 f. und 268.
3) Papist. Meckl. S. 2583.
4) Im Rathsarchiv zu Wismar, nach freundlicher Mitth. des Herrn Dr. Crull.
5) Vergl. die Rostocker Namen bei Hadus, Camene (Allg. D. Biogr. 11, 307) und Hutten (Opera, ed. Boecking I, p. 10 ff.; III, p. 41 ff.).
6) Ether. fol. 61.
7) M.: qui.
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oder Lehr=Amt. Er war aber Jurist und lebte auch, trotz der Jugendlehre zu Wismar, in Rostock neben einem Johannes, "qui Moysi indulget" 1 ). Boger betont ihm gegenüber seine Theologie: Vinea me Sabaoth servet, te cura senatus 2 ), 1503 correspondirt er mit ihm poetisch aus Bologna. 1506 im Sommer war Hoyer Rector der Universität und heißt Dr. legum; dann wird er in langer Zeit nicht genannt. Aufschluß giebt die Vorstellung der Universität an den herzoglichen Kanzler Caspar von Schönaich vom 24. April 1530 3 ), welche den Doctor Hoyer mit unter den Professoren und Collegiaten nennt, die wegen Verschlechterung der Einkünfte von der Universität fortgezogen seien. Nach der Randbemerkung neben seinem Namen in der Matrikel 4 ) (wenn er der Jasper Hoyer ist) wurde er Syndicus zu Stralsund. Er muß aber eine Dompfründen=Expectanz gehabt und auch sein Lehramt wieder aufgenommen haben denn 1557 taucht er in Rostock plötzlich wieder auf als Dr. "Caspar Heyer", Probst und Archidiacon, Lehrer des kanonischen Rechts, ein alter Mann, der schon 1506 Rector der Universität gewesen war 5 ). Auch am 9. Mai 1858 lebte er noch 6 ), zwischen diesem Datum und 1565 ist er gestorben. War er Propst in Rostock, so ist er zugleich Pfarrherr von St. Marien gewesen, der letzte katholische, jedenfalls also vor Techens. Die Familie Hoyer kommt in Lübek und in Hamburg schon im 14. Jahrh. vor.


Anhang 2.

Der älteste Druck des Gedichts auf die Dithmarschen=Schlacht von1500.

Das lateinische Original des niederdeutschen Gedichtes "van der wunderwysen lesten slachtinge in deme lande to Dethm'." hinter der Kirchbergschen Chronik ist von Schönemann und Lisch in Bogers Etherologium aufgefunden. (Jahrb. 6, 480; 9, 484). Die Elegie: Perculso gravitate rei vox faucibus heret steht im Etherologium fol. 34 bis 35; unten auf 35 b. folgt: Triplex desuper Cronographia per literas numeri usualis (!), davon steht ein Distichon noch auf fol. 35 b., zwei andere fol. 36. Ich habe diese mit der deutschen Uebertragung, die ich Tileman Hever=


1) Eth. 159.
2) Fol. 159 b.
3) Lisch Jahrb. 10, 194.
4) S. auch Krabbe S. 244 (nicht im Register).
5) Lisch Jahrb. 16, 24-26 (nicht im Reg.).
6) Das. S. 54.
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lingh zuschreiben möchte, jetzt in der Zeitschrift für Schleswig=Holstein=Lauenburgische Geschichte Bd. XI herausgegeben, dort auch auf die ältesten Fassungen des lateinischen Originals hingewiesen und dargethan, daß auch das erste der Dithmarschen=Lieder bei Neocorus aus der Bogerschen Elegie seinen Ursprung genommen hat. Auch davon ist der älteste Druck in Rostock erschienen und in einem Bruchstück auf der Universitäts=Bibliothek erhalten. Für das von der Universität ausstrahlende geistige Leben in jener Zeit sind diese Nachweise ebenso bedeutend, wie für die Entstehungsweise der genannten Lieder.

Auf Bogers Beziehungen zu einem Dr. Hinricus Meyer Theomarcius (Ether. fol. 84) ist oben aufmerksam gemacht. Ich möchte ihn für den Hamburger Domherrn von 1499 halten (Staphorst 1, 4, S. 163, 164), welcher der Domcantor von 1520 sein könnte (Ib. 1, 1 S. 684).

Der Schluß des Gedichtes mit der Jahreszahl steht im Original der Elegie (Jahrb. 45, 37), und daher wird auch im Gedichte von der Rostocker Fehde der ähnliche Abschluß dem lateinischen Original angehören.


Anhang 3.

Dietrich Block (Truncus), der Freund Bogers.

Block war aus Hildesheim gebürtig, hatte in Erfurt studirt und war dort Doctor geworden, wurde dann als Mitglied der Artisten=Facultät in Rostock immatriculirt am 24. Mai 1502 und war Docent der Medizin. Aus Bogers Aeußerungen scheint hervorzugehen, daß er auch dichtete. Da ein Theod. Block aus Hildesheim einen Fasciculus poematum herausgegeben und darin einige Gedichte des Jacob Questenberg aufgenommen haben soll 1 ), der Letztere aber als Erfurter und Wernigeroder Freund Bogers in diesen Kreis gehörte, so ist dieser Verfasser oder Herausgeber des Fasciculus unfraglich der oben genannte. Bogers Freundschaft verschaffte ihm wohl eins der fünf Collegiaten=Canonicate zu St. Jacobi in Rostock; zugleich war er Rector einer


1) Nach gütiger Mitth. des Herrn Archivraths Dr. Ed. Jacobs in Wernigerode kommt die Angabe vor in Chr Fr. Kesslins Schriftst. und Künstler der Grafsch. Wernigerode (Magdeburg 1836), S. 267. Questenberg ist oben S. 115 zum Jahre 1494 genannt; in Wernigeroder Kalandsrechnungen vom Banne Utzleben fand Jacobs 1511 12 eine comestio Questenberges, vermuthlich ein Erinnerungsmahl. In der Erfurter Matrikel steht er 1482, S. 394, Sp. 1, 36.
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Pfarrkirche in Wismar und Besitzer je einer Vikarie zu Hildesheim und Halberstadt. 1507 schon war er in Wittenberg als Arzt und Professor immatriculirt, wurde Augustiner=Prior und zum Mitrector cooptirt, dann 1508 Rector der Universität 1 ). Das Halberstädter Vikariat weist auf eine Verwandtschaft mit zwei älteren Theodorici Block, welche im Halberst. Urkundenbuch Bd. II erscheinen. Der eine kommt vom 11. März 1473 bis 25. September 1492 als custosthesaurarins zu St. Marien in Halberstadt vor, 1492 hatte er versprochen 2 Commenden in der St. Peters=Capelle des Bischofshofes zu stiften; er starb 1497 vor dem 29. Mai als Decan desselben Capitels. Er schreibt niederdeutsch am 19. Jan. 1484 ""Ek Theodericus" etc.; diese Pronominalform ist Hildesheimisch. Vergl. Halberst. Urk.=Buch II, Nr. 1044, 1066, 1079 Anm., 1104, 1106, 1117, 1164 Anm., 1171 und 1213; auch Ilsenburger Urk.=Buch 395.- Für einen gleichnamigen zweiten halte ich, trotz Urk. 1171 Anm., den Decan zu St. Pauli in Halberstadt von 1456 bis 1467. (Ibid. Reg. S. 531.) Im Text der päpstlichen Bulle, Urk. Nr. 1017 vom 7. März 1464, worin er decanus eccl. S. Pauli Halberst. heißt, ist aber die Jahreszahl nicht als Schreibfehler in 1465 zu bessern, wie die Anm. will, sondern ist nach der Marien=Rechnung richtig, in welcher der 25. März als Neujahr gilt. Noch 1523 kommt in Halberstadt ein Testamentarius eines Dietrich Block vor; ob des jüngsten?


Anhang 4.

Bogers Freund Tileman Heverling.

Ueber diesen für die Rostocker Universität bedeutenden, aber von Hermann von dem Bussche und Ulrich von Hutten, nachher von Hamelmann verschrieenen, aus Göttingen stammenden Gelehrten vergl. Krabbe, Univ. Rostock 261 ff, und Allg. D. Biogr. 12, 344, wo ich ihn auch unter der Namens=Uebersetzung Levanius nachgewiesen habe. Hutten übersetzte ihn höhnend Philopompus, "der sich Überhebende"; Bussche scheint auch absichtlich die damalige Schreibart u - v benutzt zu haben, um einen Heuerling, Miethling, Lohnarbeiter anzudeuten. Allerdings hatte sich Heverling Eingriffe in sein


1) Blanck, Mekl. Aerzte - Ueber die Halberstädter Dignitarien sind jetzt zu vergleichen: Gesch.=Quellen der Provinz Sachsen Bd. 13, Urk.=Buch der Collegiatstifter etc . zu Halberstadt von Dr. Gustav Schmidt.
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Lehrgebiet von den Wandergelehrten nicht gefallen lassen wollen. Alle Gehässigkeiten steifen sich nur auf 2 Dinge: daß H. jenes Uebergreifen nicht dulden wollte, was man zu Neid und Habgier verdrehte, und daß er die römischen Dichter, namentlich Juvenal, nicht lateinisch, sondern niederdeutsch interpretirte, was der lateinisch conversirende Bussche, ein geborner plattdeutscher Westfale, als "sordes barbariemque discere" zu benennen sich nicht entblödete. Heverling ist von 1501 bis 1511 in Rostock nachzuweisen als Regens der Bursa zum Rothen Löwen. Da wir noch immer die niederdeutschen Uebersetzer und Bearbeiter jener Zeit nicht genügend kennen, namentlich auch von dem deutschen Umdichter der drei oben genannten Bogerschen Poeme nichts wissen, so ist seines Freundes Heverling niederdeutsches Dociren vielleicht eine Spur, die weiterführen könnte. Aus den in diesen Gedichten durchlaufenden pron. seck, sek, eck, ek (auch Jahrb. 45, S. 44, Z. 154 und S. 45, Z. 179), namentlich aber aus einem verrätherischen gik für ju oder juw, habe ich auf göttingisch=calenbergische Herkunft des Verfassers geschlossen, der die auffälligsten Formen seines Dialektes zu meiden suchte. Das wäre damit Heverling. S. Zeitschrift für Schlesw.=Holst.=Lauenb. Gesch. XI, S. 7.


Anhang 5.

Alphabetisches Verzeichniß der von Boger besungenen, im Text nicht besprochenen Gelehrten.

Aquilaris , Henricus, praepositus Halberstadensis ad S. Paulum. Ihm ist eine Grabschrift gewidmet, Etherol. 120 b.

Aveneus , vielleicht Habermann? Eth. 190.

Bockholt , Hinrich, Propst zu Lübek bis 1523, dann Bischof. Er ist schon oben zum Jahre 1492 genannt, wo er sich in Rom aufhielt; eine Umschreibung seines Namens (misticatio) bringt Eth. 60 b., auch 160 ist er erwähnt.

de Bramstede , Luderus, Propst in Zeven, zugleich Propst (Archidiacon) in Rustringen und in Verden, † vor 22. Mai 1499. Ihm ist eine Grabschrift gewidmet, in der 2 Brüder als Propst und Abt erwähnt werden; es sind Dr. Otto B., Probst in Hadeln und Wursten seit 1496, † 21. December 1518, und Johannes Bramstedt, Abt zu St. Marien in Stade 1475-1503. Eth. 120. Vergl. Archiv, des Stader V. für Gesch. etc . 7, 144.

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de Broytzem , Tilo, † 1484 an der Pest:

Credula cum vigilem plebs per jejunia lucem Servaret Jacobo peste feraque lue.

Seine Frau Remburga, eine geborene Hudessem (Hudessemia neptis), starb 1498, virginis ante diem mox orientis, wohl am 7. December. Erst nach ihrem Tode verfaßte Boger das Epitaph, Eth. 113. Einen Johannes de Hudsem finde ich 1335 zu Wismar bei Lisch, Jahrb. 29, 105.

Cliczing , Albert, Propst zu Hamburg. Ether. 58. Er gehört dem Märkischen Adelsgeschlechte an, als Stammburg wird "Dregueia predia" in der Priegnitz genannt, seine Mutter ist eine Molndorp. Sein Wappen bezeichnen die Worte: Pilea dehinc satrapum fulvis insignibus alta subcandente situ, d. h. Fürstenkappen, was freilich in Bezug auf die Farbe nicht genau ist. Vergl. Mitth. des Hamb. Vereins l. c.

Fistulator , Dominus Gotscalcus (Piper?) Adeleuessensis, also aus Adelepsen bei Göttingen, erhielt eine Grabschrift. Eth. 117 b.

Gandershemius , Jo., wird deo dicatus, Priester oder Klosterbruder, genannt, † 1482. Eth. 120.

Gebhardi , die mir unbekannte Gebhardorum familia kommt Eth. D. 1 und ein Gherardus ebenso fol. 170 vor.

Grawerock , Nicolaus, Propst zu Lübek seit 1482, früher zu Kloster Lüne, ist in den Versen fol. 95 von Mantels erkannt:

. . . . Lune genitum sub urbe -
Blasius collegam fatetur │ Prepositumque.

Der Heilige Blasius, welcher fol. 84 b. Braunschweig bezeichnete, ist hier der Patron des Lübeker Domes.

de Hildensem , Richardus, hat ein Gedicht de pace geschrieben und gab einmal drei Erfurtern etwas zum Besten, Hinricus und Konrad aus Osnabrück und Hinricus aus Braunschweig, Eth. 217 b.

Jans , Bertoldus, wird expertissimus curtisanus genannt, d. h. wohl bewandert mit den Schlichen am päpstlichen Hofe, zugleich aber bezeichnet das Wort einen der geistlichen Angestellten der Curie. Sein Epitaphium steht fol. 117 b.

Institor , (Kramer, Krämer), Hermann, Fol. 157 b.

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Lone , Dr. N., wenn nicht (auch im Directorium) verdruckt für Loue, dann wäre es der bekannte Rostocker Professor, auch Louwe, Löwe, Leo genannt. Ein Gedicht an ihn steht fol. 55.

Marquardi , eine Göttinger Familie. Der frühe Tod des Johann M. wird fol. 117 besungen, ein Trostgedicht an den Franziskaner (Franciscitam) Hinrich M. steht fol. 144.

Mauritii , Dr. Thomas, ein Jurist, erhielt eine Anrede fol. 62 (66).

Michaelis , M. Nicolaus; ein Gedicht auf seinen Tod steht fol. 120 b.

Osthusen , Henning, aus Erfurt gebürtig, war Protonotar und Rector zu St Marien in Lübek. Sein Name ist fol. 95 umschrieben: "a domo gestans Oriente testem".

Panicus , Petrus, Rector St. Columbani, etwa in Erfurt? Der Name scheint aus Herse, Heese oder Heesemann latinisirt. Fol. 60 b.

v. Retberghe , Graf, aus der Westfälischen Familie v. Retberg oder v. Ritberg. Boger hat eine Klage über seine Gefangennahme (1484) verfaßt, auch einen Jahresvers. Fol. 161b. und 114 b.

Roer : Das fol. 119 b. stehende Epitaphium ist als "Domini Doctoris Roer Cruciferi" überschrieben. Die Anspielung "nomen canne" beweist, daß das e im Namen nur dehnen, und Ròr gesprochen werden soll. Da er Doctor heißt, wird Crucifer wohl den Komthur zu Wildenbruch und Nemerow bezeichnen, der im Jahre 1490 nach Lisch Jahrb. 1, 17 und 9, 73 vorkommt. Er ist dann aber nicht kurz vor 1529, sondern vor 1505 gestorben.

Saxo : Illustris Baro de Saxo (von und zum Stein?), tunc ambasiator, hat ein Gedicht fol. 84 erhalten.

Schomaker , Mag. Johannes S. Luneburgensis, in jure licenciatus; an ihn ist ein Gedicht fol. 113 b. gerichtet, mit der Namensumschreibung "Calcificum specimen deliciumque domus". Der Verdener Decan Nicolaus Schomaker ist der überaus reiche, oben S. 114 genannte Gönner Bogers, dessen Vater Hartwich († 1476) Lüneburger Proconsul war. Die ganze Familie wird in dem großen Gedichte fol. 171 ff. besungen. Des Nicolaus Bruder Hartwich hatte das Schloß Blekede vom Rath zu Lüneburg inne; die Fehden mit dem Lauenburger Raubadel von dieser Burg aus in den Jahren 1475 bis 1477 verbanden ihn mit Herzog Magnus von

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Meklenburg, der ihn in sein engstes Vertrauen zog und seinen Sohn, Herzog Heinrich, von ihm aus der Taufe heben ließ. Dieser jüngere Hartwich starb 1504. Vergl. Archiv des Stader V. f. Gesch. etc . 7, 143 f.

Dr. Jo. Seburgh , fol. 218; Poeta Seraphinus, fol. 113; M. Nicolaus Solckow, fol. 63 und Hinricus Suring aus Braunschweig, fol. 72: über diese vier fehlt mir weitere Kenntniß.

Tancken , Dr. Marquardus (Pfarrherr zu St. Nicolai in Wismar, † 28. Sept. 1505, s. Schröder P. M. 2761). Als sein Wappen wird fol. 133 angegeben: Bärenklau, Kiste (desipit arca tenax), die andere Hälfte eine halbe Burg.

Vischer , Hinricus, wird als poeta laureatus begrüßt fol. 133 und 152.

Wedege . Den Tod des dominus Johann W. aus Bremen beklagt Boger fol. 117. Er wurde erschlagen, als er auszog, Schulden zu bezahlen. Er könnte ein Bremer Rathsherr sein. Vergl. Archiv des Stader V. l. c.

Westphal . Ueber Wilhelm Westphahl, den Lübeker Domdecan, ist schon oben S. 114 berichtet; vergl. fol. 93 b., 160 und 178. Auf den Lübischen Bürgermeister Johann Westphal und seine Frau verfaßte Boger ein Epitaphium, vergl. fol. 111; nach Mantels starb ersterer 1474 am 4. December, letztere 1466.

Wunstorp , Hinrich, Dr. med., † 1479 am 31. Juli, erhielt ein Epitaphium fol. 111 b. Einen Hinricus Wunstorp, provisor fraternitatis S. Johannis ad fabricam in Hamburg, finde ich bei Staphorst, Hamb. Kirchengesch. 1, 1, 225.

Ohne Eigennamen kommen noch vor: (fol. 119) ein 1490 am Hofe des Königs (in curia regis) plötzlich verstorbener Botschafter (ambasiator), und ein Magister Wilkinus N. (fol. 133), der aus Braunschweig stammte und dreimal Rom sah. Als sein Wappen wird angegeben: ein goldener Schild, in der Mitte 3 Balken, ein schwarzer Löwe.


Anhang 6.

Andere Dichtungsstoffe, welche oben nicht genannt wurden.

1) Das heilige Blut zu Schwerin, B5 (fol. 11 a. 12); vergl. Lisch Jahrb. 9, 484. 2) Das Eimbecker Blutbad vom 12. Mai 1479, fol. 36 und 114 b. Es ist nur Wortgeklingel.

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3) Die wunderherrliche Erbauung der Burg zu Halle (sumptuosa et perstupenda arcis Hallensis erectio), fol. 38. 4) S. Modoaldi relatio. Fol. 68 f. Der Stammbaum des Heiligen wird von Arnulf herabgeführt. 5) Auf das 1294 gestiftete Kloster Blankenburg in der Grafschaft Oldenburg. Fol. 26. Es wird darin speciell der angeblich im Stedingerkriege erschlagene Mönch Heinrich gefeiert. 6) Auf den 1373 am 24. Juni auf dem Chor unschuldig erschlagenen Capellan Johannes Rose. Fol. 114. Ich vermag weder über die That selbst noch über den Ort Angaben zu machen. 7) Jahresdisticha. Fol. 114 b. bis fol. 116. Soweit diese nicht schon oben im Texte oder in den Anhängen genannt wurden, sind es folgende: a. Die große Sonnenfinsterniß von 1478, prima die post Pantaleon. b. Die Niederlage von Holzminden 1475 (Succubitio Holtminnensis). c. 1480 "Felicis injanuatio cepit convivium Fabiani visi sunt hermodactili". Ich weiß nichts damit zu machen. Hermodactili sind sonst die squillae, auch zitelosen, tidelosen genannten Pflanzen und Drogen, d. 1499 auf die Niederwerfung (Stratio) von Nymwegen durch den Herzog von Cleve. e. Auf die Belagerung von Rhodus 1480 (verdruckt 1580). f. Auf die Belagerung (coangustatio) von Neuß 1475. g. Die Eroberung des Königreichs Granada (Granata) durch den König von Spanien 1488.

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