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2) Malereien der Kirche in Teterow.

Von Dr. F. Crull.

Meklenburg besitzt eine im Verhältnisse zu anderen Ländern noch ziemlich ansehnliche Zahl von mittelalterlichen Schnitzaltären, auf deren äußeren Seiten oder Tafeln zum Theil die alten Gemälde, allerdings meist mehr oder minder ramponirt, sich erhalten haben. Der Werth der letzteren im Ganzen scheint nicht hervorragend zu sein, und dazu steht es auch nicht fest, ob diese Bilder von einheimischen Künstlern ausgeführt, oder ob sie importirt sind. Letzteres ist bei Wandmalereien nicht möglich und, daß man Meister aus der Fremde zu deren Herstellung verschrieben habe, wenig wahrscheinlich. Sie geben uns daher eine völlige Anschauung von dem Standpunkte der Malerei in Meklenburg zur Zeit ihrer Entstehung, und es ist mithin im Interesse unserer Kunstgeschichte höchlichst zu beklagen, wenn solche bei den Erneuerungen der Kirchen aus diesem oder jenem Grunde nicht wieder bloßgelegt und restaurirt, sondern von Neuem unter rother oder grauer Tünche, statt der weißen, begraben werden. Ein besseres Geschick ist den Gewölbemalereien zu Theil geworden, welche in neuester Zeit im Chore der Kirche zu Teterow entdeckt und demnächst wiederhergestellt sind.

Der gedachte Chor ist ein Bau im Uebergangsstile, welcher von zwei Kreuzgewölben überspannt wird. Die Bemalung derselben ist in der Weise ausgeführt, daß die oberen zwei Drittel jeder Kappe, von dem Scheitel des Schildbogens an gerechnet, zur Herstellung eines oder zweier, dann aber ungetrennter Bilder benutzt sind, während im untersten Drittel, in welches der Schildbogen noch etwas hineinschneidet, mehrere Gruppen von Figuren in kleinerem Maßstabe neben einander angeordnet sind, und zwar mit dem Unterschiede, daß auf dem vorderen, an den Triumphbogen stoßenden Gewölbe diese Gruppen durch eine mit grauen getreppten Zinnen auf weißem Grunde gemusterte Borde oberwärts, also gegen die größeren Gruppen, unterwärts aber und gegen einander durch Leisten abgeschlossen sind, während an dem östlichen, dem Gewölbe über dem Altare, keine Spur einer Abgrenzung zwischen den größeren und kleineren Gruppen oder zwischen diesen letzteren sich findet. Die Spitze jeder Kappe enthält ein Ornament in Roth, wodurch um die Schlußsteine eine Rosette gebildet wird, und die Zwickel der Kappen sind mit Grotesken oder mit Zweigwerk, zwei aber mit je einer Figur bemalt.

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Die größeren Gruppen geben folgende Darstellungen.

A. Vorderes Gewölbe.

1) Südliche Kappe.

a. Zwei Juden, durchweg kenntlich an den spitzen, pilzförmigen Hüten und den Röcken, die bis zum Knie gehen und deren rechte Hälfte anders gefärbt ist als die linke, zählen Judas die Silberlinge auf ein Tuch. Judas hat hier, wie in der folgenden Gruppe, einen Nimbus.

b. Judas umarmt den Heiland; von jeder Seite tritt ein Jude als Häscher hinzu.

2) Westliche Kappe.

Christus mit gebundenen Händen zwischen zwei Juden vor Pilatus, der auf einer Bank sitzend sich die Hände wäscht. Ein Jude steht mit ermahnender Gebärde zu dessen Rechten, ein Anderer hält ihm von links her das Becken.

3) Nördliche Kappe.

a. Christus sitzend, die Rechte erhebend, mit der Linken ein Buch auf dem Schoße haltend. Zwei Juden pressen ihm mit Gewalt die Dornenkrone auf das Haupt.

b. ein Jude führt den Heiland, das Kreuz tragend, linkshin; ihnen folgen Johannes der Evangelist und Maria.

4) Oestliche Kappe.

Der Heiland, links, krönt seine Mutter, welche neben ihm rechts auf einer Bank sitzt, zu deren Seiten je ein Engel steht, die Lehnen der Bank berührend.

B. Hinteres Gewölbe.

5) Südliche Kappe.

Christus an eine von dem Scheitel des Schildbogens sich erhebende Säule gebunden, welche in ein rothes Rankenornament ausläuft und von solchem auch am Fuße begleitet ist, wird von zwei Juden, rechts und links stehend, mit weit ausgeholten Ruthen gestrichen. Links steht ein Kriegsknecht in kurzem Mantel mit herrschender Gebärde, welcher in der Linken einen dreieckigen Schild trägt, der einen weißen Judenkopf im Profil auf gelbem Grunde enthält.

6) Westliche Kappe.

Christus, den Kopf zur Rechten geneigt, die Füße auf einander gelegt, hängt am Kreuze, welches sich von dem Scheitel des Schildbogens erhebt. Neben demselben stehen rechts Maria und S. Katharina, links der Evangelist Johannes und ein heiliger Bischof ohne Attribut. Vermuthlich ist es S. Nicolaus, dessen Verehrung in Meklenburg nächst der S. Jürgens und Johannes des Täufers besonders häufig war, falls hier nicht

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der h. Otto gemeint sein sollte, da Teterow zur Diöcese des Bisthums Kammin gehörte und in dieser der gedachte Apostel der Pommern häufiger vorkommt; freilich hat Letzterer ein Attribut, nämlich Pfeile.

7) Nördliche Kappe.

a. Christus mit der Kreuzfahne steigt aus dem Grabe. Vor diesem liegt ausgestreckt ein schlafender Jude, während links und rechts zwei andere sitzen. Der zur Rechten hält eine Hellebarde und hat einen Schild vor sich, auf dem man eine halbe, gespaltene Lilie sieht, weiß auf gelbem Grunde.

b. Christi Höllenfahrt. Christus steht, die Kreuzfahne in der Linken, gebietend vor dem Höllenschlunde, welcher, wie üblich, als Rachen eines ungeheuren Fisches gestaltet ist, aus dem eine Lohe emporflammt.

8) Oestliche Kappe.

Christus sitzt auf dem Regenbogen in einer Mandorla; von beiden Seiten seines Mundes geht ein Schwert aus. Oben und unten sind die Evangelisten=Symbole angebracht, die Namen in Majuskeln auf Bändern daneben stehend, und zwar oben die Symbole des S. Matthäus und S. Johannes, unten des S. Marcus und S. Lucas. An jeder Seite der Mandorla schwebt ein Engel, die Leidenswerkzeuge tragend, und unterhalb dieser die anbetenden Gestalten zweier Seligen. Der Raum hinter diesen ist mit je einem Sterne ausgefüllt. Unter dieser Darstellung sind, rechts und links vom Scheitel des Schildbogens, auf Bänken sitzend die zwölf Apostel angeordnet, bis auf Petrus, Paulus und Matthäus (der sonderbarer Weise statt der Hellebarde eine Art Messer hält) ohne Attribute, aber durch die auf Spruchbänder in Majuskeln beigesetzten Namen kenntlich gemacht, und zwar von der Mitte her rechts Petrus, Jacobus, Matthäus, Simon, Judas und Philippus, links Paulus, Andreas, Johannes, Bartholomäus, Thomas und Matthias.

In gleicher Höhe schließen sich dann an die Reihe der Apostel auf den übrigen Kappen folgende Darstellungen.

A. Hinteres Gewölbe.

1) Südliche Kappe.

Rechts: a. der Geist Gottes über dem Wasser schwebend, dargestellt durch das Symbol des h. Geistes innerhalb eines ornamentirten Kreises oder Kranzes.

b. Gott, als Gott Sohn, schafft das Licht: Sonne und Mond neben einander, gleichfalls in einem ornamentirten Kreise.

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Links: c. Gott schafft die vier Elemente: eine quadrirte Scheibe, deren erstes Viertel schlechthin blau ist: die Luft; das Viertel unter diesem ist gelb mit einem rothen Blitze darauf: das Feuer; das obere linke Viertel enthält auf weißem Grunde eine Ranke: die Erde, und das untere drei Fische, schräg gestellt, in Blau: das Wasser.

d. Gott schafft die Thiere.

2) Westliche Kappe.

Rechts: a. Gott schafft Adam.

b. Gott schafft Eva aus des schlafenden Adam Seite.

Links: c. Adam und Eva rechts; Gott, links, warnt sie bezüglich des zwischen ihnen stehenden Baumes der Erkenntniß.

3) Nördliche Kappe.

Rechts: a. Eva, Adam den Apfel von dem zwischen ihnen stehenden Baume reichend; von links der Engel mit dem Schwerte.

Links: b. Adam und Eva, pinienapfelförmige Blätterschürzen vor der Scham, stehen neben einander in wehklagender Haltung.

c. Kain erschlägt Abel.

Die kleineren, durch Borte und Leisten abgeschlossenen Gruppen auf dem westlichen Gewölbe beginnen nicht wie die des hinteren auf der südlichen Kappe, sondern auf der östlichen, unter der Krönung Mariä, und sind folgende.

B. Vorderes Gewölbe.

1) Auf der östlichen Kappe.

a. Der Engel, stehend, grüßt die gleichfalls stehende Maria.

b. Maria und Elisabeth.

c. Die Geburt Christi.

d. Die heiligen drei Könige zu Pferde auf der Reise nach Bethlehem. Links der Stern.

e. Die heiligen drei Könige stehend vor dem links auf einer Bank sitzenden Herodes.

2) Auf der südlichen Kappe.

a. Die heiligen drei Könige huldigen dem Christkinde. Die Gottesmutter sitzt, dasselbe haltend, auf einer Bank. Hinter ihr links steht Joseph, zu ihrer Rechten kniet Kaspar, hinter dem Melchior und Balthasar stehen.

b. Der Bethlehemitische Kindermord. Herodes sitzt auf einer Bank, an zwei zu seinen Seiten stehende Personen Befehle ertheilend, während links ein Kerl ein Kind tödtet.

c. Maria, mit dem Christkinde auf einem Esel sitzend, wird von Joseph nach Aegypten geführt.

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3) Auf der westlichen Kappe.

a. Jesu Darstellung im Tempel. Der Jesusknabe steht auf einem Altare, zu dessen beiden Seiten man zwei Personen mit Nimben sieht, wahrscheinlich Simon und Maria, hinter der dann noch Joseph steht.

b. Jesus im Tempel lehrend.

c. Maria führt den Jesusknaben aus dem Tempel nach Hause.

d. Jesu Taufe im Jordan. Links der Täufer und hinter diesem zwei Engel, das Gewand haltend.

4) Auf der nördlichen Kappe.

a. Die Versuchungen.

β. Christus und der Teufel, schwarz, gehörnt, bockartig; der Stein zwischen beiden.

γ Christus auf den Zinnen des Tempels, links daneben der Teufel. Der Tempel gleicht der Westansicht einer Kathedrale; an der Stelle des Giebels, zwischen den beiden Thürmen, sitzt der Heiland.

δ. Christus in gebietender Stellung gegen Flammen gewendet, die linksher aus dem Boden auflodern und über denen ein Zweig hervorragt.

b. Der Einzug in Jerusalem. Rechts Maria zwischen Petrus und Paulus, dann Jesus auf dem Esel reitend. Vor diesen ist ein Tuch auf den Boden gebreitet.

Die Zwickel der Kappen sind, wie bereits angegeben ist, meist mit Grotesken, einige mit Zweigwerk bemalt, und bieten diese keinen Anlaß näher auf sie einzugehen, da ein tieferer Sinn, eine Beziehung auf die Malereien über ihnen nicht dahinter steckt; doch soll jener Einfall des alten Künstlers nicht unerwähnt bleiben, der an einem Zweige auf dem rechten Zwickel der nördlichen Kappe des vorderen Gewölbes einen Mann am Halse aufgehängt dargestellt hat; laut der Beischrift ist es Judas der Verräther, welcher hier baumelt. Gesagt ist schon, daß zwei Zwickel, die der hintersten Kappe, derjenigen, auf welcher Christus in seinem Triumphe dargestellt ist, von den übrigen völlig verschieden sind und je eine Figur enthalten, Gewappnete, die, mit dem Körper halb nach vorne gewendet, einander anschauen. Die Köpfe derselben sind mit Topfhelmen bedeckt, auf denen aus gelben Kronen mächtige Pfauenfeder=Kämme oder =Büsche, roth mit gelben Augen, sich erheben. Die Körper sind völlig gepanzert; die Brust umfängt ein Harnisch von der Länge nach an einander gefügten Platten, welcher oben mit gelben Ornamenten besetzt ist. In

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der Rechten halten sie ein auf den Boden gestütztes, abwärts wehendes Banner mit einem gelbgekrönten Stierkopfe ohne Halsfell auf gelbem Grunde, und mit der Linken fassen sie am oberen Rande einen dreiseitigen Schild mit dem gleichen Bilde.

Aus dem Vorstehenden ergiebt sich, daß den Malereien zwei verschiedene Gedanken zu Grunde liegen, indem einmal der Fall des menschlichen Geschlechtes und dessen Erlösung parallelisirt, andererseits die Theilnahme der Mutter Jesu an dem Leben, Leiden und schließlichen Triumphe des Sohnes dargestellt werden sollte. Daß dies in vollkommenster, klarster Weise gelungen wäre, läßt sich nicht behaupten, denn es bedarf allerdings erst eines gewissen Suchens und Ueberlegens, ehe man sich in die Gesammtordnung hineinfindet; aber es scheint auch die Aufgabe, welche dem Meister gestellt worden ist oder welche er sich gestellt hat, derartig zu sein, daß eine völlig befriedigende Lösung von vorne herein ausgeschlossen war. Wenig günstig springt dieser Dualismus dadurch in die Augen, daß die kleineren Darstellungen auf dem westlichen Gewölbe eingerahmt sind, während dieselben auf dem hinteren ohne äußerere Abgrenzung gegen die größeren Gruppen und gegen einander geblieben sind. Der Gesammteindruck eines jeden der beiden Gewölbe ist dadurch ein gänzlich verschiedener geworden, indem das östliche Gewölbe leicht, hoch und luftig erscheint, während das westliche mehr einen lastenden und Schweren Eindruck macht. Daß der Maler die verschiedenen Behandlungsweisen aus inneren Gründen gewählt habe, ist nicht wohl zu glauben, aber auch nicht mit Sicherheit zu muthmaßen, welches von beiden Gewölben das früher ausgeführte gewesen sei, wenn der Grund der verschiedenen Anordnung der wäre, daß das erst gemalte Gewölbe Seinen oder Seiner Auftraggeber vollen Beifall nicht fand, und daß er deswegen das zweite Gewölbe in anderer Weise behandelte. ES ist jedoch ungleich wahrscheinlicher, daß der Maler, da er die Apostel als Theilnehmer an dem Triumphe Christi darstellen wollte, und diese daher auch von der Hauptgruppe nicht abtrennen durfte, genöthigt war, auch auf den übrigen Kappen desselben Gewölbes auf die Borde und Leisten zu verzichten, durch welche auf dem vorderen die kleineren Gruppen von den größeren und unter einander übersichtlich getrennt sind, dem hier nichts entgegenstand. Die Bilder Selbst anlangend, So Sind dieselben für den, welcher ohne Vorurtheil ihnen gegenübertritt, bei aller Naivetät durchaus befriedigend, würdevoll und erfüllt von jener frommen Innigkeit, welche in den Werken der Maler und

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Bildschnitzer unserer Vorzeit die nicht völlig correcte Wiedergabe der Körper und ihrer Bewegungen durchaus übersehen macht. Selbst die mangelhaftere Zeichnung der nackten Körper in den Schöpfungsscenen und der Geschichte des Sündenfalles ist keineswegs Anstoß erregend, und häßlich könnte man nur die Geiselung nennen, wenn nicht diese Gruppe bis auf den Schildträger eine später, wahrscheinlich in Folge der Reparatur der Kappe ausgeführte Arbeit wäre, was daraus hervorgeht, daß die Konturen hier mit Schwarzgrau hergestellt waren, während im Uebrigen Braun dazu verwendet worden ist. Daß übrigens unser Maler einen hervorragenden Platz unter den Meistern seiner Zeit einnehme, kann schon aus dem Grunde nicht behauptet werden, weil es an einem Maßstabe, an anderen Werken ähnlicher Art zur Zeit noch zu sehr fehlt, und wird es auch keinem Zweifel unterliegen, daß, wie noch heute Griechen und Russen, die alten Maler nach gewissen handwerksmäßigen Traditionen arbeiteten, so daß die Schwächen wie das Lobenswerthe der Bilder zum überwiegenden Theile nicht so sehr als individuelles Fehlen und Verdienst des Urhebers, sondern als Mangel und Vorzug der Epoche überhaupt zu betrachten sind.

Es erübrigt noch ein Wort über die muthmaßliche Entstehungszeit der Malereien zu sagen. Nach Analogien läßt sich diese nicht feststellen, da es eben daran mangelt, und hat man sich deswegen an andere Umstände zu halten, die etwa einen Fingerzeig geben können. Dr. Lisch hat im Jahre 1847 (Jahrb. XII, S. 464) den Bau des Chores kurz vor die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts gesetzt; doch haben neuere Erfahrungen gelehrt, daß der Uebergangsstil noch weit später in Uebung blieb, als man früher annehmen zu müssen glaubte, und man wird der Wahrheit wohl näher kommen, wenn man den Bau trotz der alterthümlichen Motive, welche sich an demselben finden, in die Mitte der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts verlegt. Auch könnten die Gewölbe wohl erst dem 14. Jahrhundert angehören, da dieselben nicht durch einen Gurtbogen, sondern durch einen birnförmigen, den Rippen gleichen Stab von einander getrennt sind. Aelter sind also die Malereien dann auch nicht. Wir wollen kein Gewicht darauf legen, daß die Füße des Heilandes am Kreuze auf einander gelegt sind, da man nicht weiß, wann die ältere Weise, die Füße neben einander zu stellen, bei uns verlassen wurde; aber einen ziemlich deutlichen Fingerzeig für die Datirung der Bilder geben die beiden Gestalten in den Zwickeln der östlichen Kappe des hinteren Gewölbes, welche

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oben beschrieben sind. Daß dieselben Herren von Werle vorstellen sollen, kann nicht zweifelhaft sein, da sie .einen gekrönten Helm auf dem Kopfe tragen und das Werlesche Wappenbild, den gekrönten Stierkopf ohne Halsfell, in Schild und Banner führen, und Zweifel daran könnte nur der Helmschmuck, der Pfauenfederkamm, erregen, da der eigentlich und ursprüngliche Helmschmuck der Nachkommen des zweiten Enkels Heinrich Borwins I. in zwei mit Federn besteckten Rosetten bestand, welche mittelst Stangen, die sich kreuzten, auf dem Helm befestigt waren, 1 ) Wie aber die Meklenburgische Linie des Wendischen Hauses zwischen 1331 und 1343 2 ) die mit Federn besteckten Hörner der Rostocker Linie statt der bisherigen Helmzier adoptirte, so hat auch gleichzeitig Nicolaus III. von Werle=Güstrow, wie wir aus seinem Secrete, welches zuerst 1344 sich findet, wissen, 3 ) aus seinen Helm den Federkamm des Hauses Meklenburg gesetzt, und daher dürfen wir die Entstehung der Malereien aus keiner früheren Zeit datiren, haben vielmehr Anlaß sie der Regierungszeit des gedachten Herrn zuzuschreiben, welcher 1360 oder 1361 gestorben ist, und in den beiden Gestalten ihn und seinen Bruder, Bernhard III. von Waren, der 1378 verstarb, zu erkennen. Zu dieser Zeit, der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts, dürfte auch die Tracht stimmen, ob schon der Plattenharnisch bedenklich erscheint. Daß die fürstlichen Brüder als Patrone der Kirche zur Darstellung gekommen sind, kann nicht zweifelhaft sein; aber dahin gestellt mag bleiben, ob durch ihre Bilder auch ausgedrückt werden sollte, daß sie die Arbeit ausführen ließen.

Die Malerei ist auf Anregung und Beförderung der Herren Landbaumeister Koch und Baurath Krüger, welche sich dadurch ein großes Verdienst um den Schmuck der Kirche wie nicht minder um die vaterländische Kunstgeschichte erworben haben, restaurirt, und zwar von Herrn Michaelsen aus Wismar, welcher seiner glaubwürdigen Versicherung nach mit gewissenhafter Treue und Pietät den alten Umrissen nachgegangen ist. Verbessert hat er nur die Gestalten der beiden Büttel in der Darstellung der Geiselung, welche, wie erwähnt ist, einer späteren Restauration angehören, die sie unförmlich stark gebildet hatte, und die Banner, in denen die Stierköpfe weiß geblieben waren, und ganz neu gemacht ein paar Zwickel, indem er an Stelle der völlig verloschenen Grotesken


1) S. die Meklenb. Siegel im M. U.=B. IV, Nr. 66. X, 220. 224. 266.
2) Ebd. Nr. 210 und 212.
3) Ebd. Nr. 229.
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Laubwerk malte, sowie die gleichfalls fast unkenntlich gewordenen Gruppen, welche Kains Mord, die Geburt Jesu und Jesus im Tempel lehrend darstellen, die er nach alten Vorlagen ergänzte.