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Schwerin, im Januar 1875
I. Wissenschaftliche Thätigkeit.
Auch dies Mal habe ich an dieser Stelle nur zu berichten, daß in den laufenden Arbeiten glücklicher Weise keine Störungen eingetreten, dieselben also regelmäßig fort geschritten sind. Namentlich ist der 39. Band unserer Jahrbuch er, nachdem auch der zweite Theil desselben für die Alterthumskunde im Drucke vollendet war, in dem abgelaufenen Quartale an die Mitglieder und Freunde des Vereins versandt worden. Unter den größern Beiträgen für den folgenden Jahrgang habe ich namentlich 50 neu aufgefundene und von dem Herrn Professor Dr. Ottokar Lorenz in Wien eingesandte Briefe Wallenstein's aus der Zeit seiner Regierung in Meklenburg zu nennen, sowie eine Abhandlung des Herrn Archivars Dr. Wigger, die Pilgerfahrten meklenburgischer Regenten nach dem Orient im Zeitalter der Kreuzzüge.
Von dem meklenburgischen Urkunden=Buche hat der bis zum Jahre 1343 reichende 59. Bogen des 9. Bandes so eben die Presse verlassen.
II. Die Sammlungen des Vereins.
Unter den verschiedenen historisch=antiquarischen Sammlungen des Vereins ist in dem letzten Quartale keine ganz leer ausgegangen, wenn auch ihre Erwerbungen theilweise
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nicht grade bedeutend sind. Es ist dies gewiß ein sehr erfreuliches Zeugniß dafür, daß unsere Bestrebungen fortwährend lebhaftes Interesse finden, da der Zuwachs fast ohne Ausnahme aus Geschenken stammt, und zwar nicht bloß von den Mitgliedern der verschiedenen Abtheilungen des Vereins, sondern auch von andern Freunden und Gönnern, die unsrer oft aus weiter Ferne freundlich gedenken. Ich erinnere in letzterer Beziehung namentlich an die in dem October=Berichte des vorigen Jahres S. 5 und 6 angezeigte Sendung des Herrn Reichsconsuls G. Brüning zu Tiflis, eines gebornen Schweriners, und die gleich zu erwähnenden Lydischen Steinkeile des Herrn Consulatsverwesers Dr. Stannius zu Smyrna, eines Sohnes des Herrn Professors Stannius in Rostock, denen ich hierdurch den lebhaften Dank des Vereins ausspreche.
Von den neuen Erwerbungen gehören
A. Zur Alterthümersammlung.
1) Aus der Steinzeit.
Eine Streitaxt aus Hirschhorn, gefunden im Torfmoor zu Lüsewitz, geschenkt von dem Herrn Landsyndicus a. D. Groth in Rostock durch Vermittelung des Herrn Amtmanns Burchard daselbst.
1 Keil aus dunkelgrauem Feuerstein, gefunden zu Redefin bei Hagenow, geschenkt von dem Herrn Oekonomen Unruh zu Redefin.
1 halber Keil aus Feuerstein, gefunden zu Neukloster bei Grabungen hinter dem Hofe, geschenkt von dem Herrn Herlitz daselbst.
2) Aus der Bronzezeit.
1 Messer aus Bronze, gefunden im Torfmoor der Stadt Crivitz, geschenkt von dem Herrn Bürgermeister Kothé daselbst.
1 ähnliches Messer, von dem Herrn Gürtler Günther in Schwerin mit altem Metall gekauft und dem Verein geschenkt.
1 Framea aus Bronze mit Schaftloch und Oese ohne allen Rost, gefunden auf dem Stadtfelde von Hagenow, geschenkt von dem Herrn Dr. med. Gley in Schwerin.
3) Aus der Eisenzeit.
1 Spindelstein aus dunkelgrünem Glase mit gelben Zickzacklinien, gleich dem zu Nieder=Rövershagen gefundenen
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(vgl. Jahrb. XXXIX, 137), gefunden zu Dämelow bei Brüel, geschenkt von dem Gutsherrn Herrn v. Storch daselbst.
4) Heidnische Alterthümer fremder Völker.
37 Keile oder Beile aus lydischem Stein, gefunden im Gygäischen See bei Sardes in Lydien, ein Geschenk des Herrn Dr. Stannius aus Rostock, kaiserlich deutschen Consulatsverwesers zu Smyrna, an die großherzogliche Sammlung.
B. Zur Münzsammlung.
1 silberne römische Consularmünze des Aulus Albinus für Spanien (101 v. Chr.), gefunden zu Wandrum, geschenkt von dem Herrn Gutspächter Levecke daselbst 1 ).
7 silberne und 11 kupferne Scheidemünzen verschiedener Art, geschenkt von dem Herrn Pastor Bartholdi zu Zarrentin.
1 dänischer Groschen 1677 und 1 dänischer Schilling 1655, gefunden am Seestrande zu Warnemünde, geschenkt von dem Herrn Commissionsrath Wachtler zu Rostock.
C. Zur Bildersammlung.
1) Zeichnung eines sehr alten Grabsteins ohne Inschrift in der Kirche zu Kirchdorf auf Poel, geschenkt von dem Herrn Dr. Crull in Wismar.
2) Ein historisch interessantes Bruchstück der Schmettauschen Karte von Meklenburg 2 ). Geschenk des Herrn Rittmeisters v. Weltzien.
3) Karte der Umgegend von Schwerin, von der großherzoglichen Landesvermessungs=Commission 1874. Geschenk des hohen Ministeriums des Innern.
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D. Zur Büchersammlung.
I. Antiquitäten.
II. Rußland.
III. Niederlande.
IV. Belgien.
V. Schweiz.
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VI. Oesterreich.
VII. Allgemeine deutsche Geschichts= und Alterthumskunde.
VIII. Baiern.
IX. Preußen.
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X. Meklenburg.
E. Zur Handschriftensammlung.
III. Die Matrikel des Vereins.
Abermals hat der Verein wenige Tage hinter einander zwei langjährige und hochgeschätzte correspondirende Mit=
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glieder durch den Tod verloren. Zuerst am 20. October 1874 verstarb der Professor der Rechte Dr. Homeyer in Berlin, Geheimer Obertribunals=Rath und Kronsyndicus, sowie Vertreter der Universität im preußischen Herrenhause. Ausgezeichnet als Germanist und namentlich hochberühmt durch seine Ausgabe des Sachsenspiegels mit Commentar in 3 Bänden, machte er unter anderm auch auf die Bedeutung der Hausmarken besonders in seiner Heimath Pommern und in Meklenburg aufmerksam, was ihn mit den hiesigen verwandten Forschern, vor allen unserm ersten Secretair, Herrn Geh. Archivrath Dr. Lisch, in persönliche Beziehungen und dauernden wissenschaftlichen Verkehr brachte. Er starb in seinem 80. Lebensjahre und dem fast vollendeten 38. Jahre seiner Verbindung mit unserm Verein, zu dessen correspondirendem Mitgliede er gleich bei der Stiftung am 5. October 1835 ernannt ward.
Ihm folgte am 27. October 1874 der Dr. C. L. Grotefend, Geh. Archivrath und Königl. Staatsarchivar zu Hannover in Folge eines Lungen= und Magenkatarrhs, fast 67 Jahre alt, aber noch bis vor kurzem ein anscheinend kräftiger Mann und rüstiger Forscher. Der Verstorbene, seit dem 12. April 1858 correspondirendes Mitglied unsers Vereins, war dessen Stifter und erstem Secretair durch verwandte Studien und gleiche amtliche Stellung schon seit vielen Jahren eng befreundet und stets bereit, die Arbeiten des Vereins durch Rath und That, namentlich bei archäologischen Forschungen, besonders auf dem Gebiete der Numismatik, wo er anerkannte Auctorität war, zu fördern und zu unterstützen. Vor allem aber ist ihm der Verein als thätigem Mitarbeiter an unserm Urkunden=Buche, wozu er bis in die jüngste Zeit zahlreiche Urkunden=Abschriften aus den Hannoverschen Archiven geliefert hat, zu lebhaftem Danke verpflichtet. - Schon als Lehrer an dem Andreanum zu Hildesheim und später an dem Lyceum zu Hannover, an welchem schon sein Vater, der bekannte Philologe Grotefend, als Director angestellt war, widmete er seine Privatstudien vorzugsweise der alten Geographie, Epigraphik und Numismatik, dann auch der Geschichte Deutschlands und namentlich seiner Heimath, und bahnte sich dadurch den Weg zur Anstellung in dem königlichen Archive im Jahre 1853. Daneben stand er an der Spitze des historischen Vereins für Niedersachsen, dessen Zeitschrift voll von seinen Arbeiten ist, und erwarb sich als vieljähriger Corrector des großen nationalen Werkes der Monumenta Germaniae historica sehr wesentliche, wenngleich
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außer den Mitarbeitern nur Wenigen bekannte, Verdienste, denen er jedoch wohl vorzugsweise seine Ernennung zum Mitgliede der Göttinger Societät der Wissenschaften und der Berliner Akademie verdankte. Das von ihm und dem Amtsrichter Fiedler herausgegebene Urkunden=Buch der Stadt Hannover, dessen erster Band bis zum Jahre 1369 reicht, ist leider unvollendet geblieben.
Zur Ergänzung der durch diese wiederholten Unglücksfälle allmählich auf 57 herabgesunkene Zahl unsrer auswärtigen Correspondenten, und mit Rücksicht auf die in neuerer Zeit gerade in Schweden und Italien mit besonderem Erfolge gepflegte nationale Alterthumskunde hat der Vorstand des Vereins sich in seiner letzten Sitzung veranlaßt gesehen, die Herren Director Pigorini in Parma und Dr. Oscar Montelius, Secretair des schwedischen Alterthumsvereins in Stockholm, sowie den oben genannten Herrn Professor Ottokar Lorenz in Wien zu correspondirenden Mitgliedern zu ernennen.
Von den ordentlichen Mitgliedern des Vereins sind im Laufe des Quartals gleichfalls zwei ältere Freunde durch den Tod ausgeschieden, nämlich der Landbaumeister Wilh. Wachenhusen zu Rostock, Mitglied seit dem 18. Jan. 1855 und gestorben am 8. Octbr. 1874, und der Pastor Behm zu Vietlübbe bei Plau, früher zu Melz bei Röbel, beigetreten am 30. Septbr. 1866, gestorben am 6. Decbr. 1874. Außerdem hatten die Herren v. Schack auf Nustrow, v. Lützow auf Tessin, Pastor Türk in Güstrow, jetzt als emeritus in Rostock, und Dr. Schultz in Hamburg schon im vorigen Jahre zu Neujahr gekündigt. Als neue Mitglieder haben wir dagegen die Herren Pastor Bartholdi in Zarrentin, v. Schack auf Brüsewitz und v. Schuckmann auf Gottesgabe willkommen zu heißen.
Endlich ist hier noch zu erwähnen, daß durch Vermittelung des Herrn Dr. Pigorini, welcher im vorigen Jahre unser Antiquarium besichtigte, mit dem von ihm geleiteten archäologischen National=Museum in Parma Correspondenz und Schriftenaustausch angeknüpft ist.
W. G. Beyer,
Dr. Archivrath,
zweiter Secretair des Vereins.