zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 206 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Lutheran

bei der Stadt Lübz, eine kleine Filialkirche der Pfarrkirche zu Lübz, war auch eine Fachwerkkirche aus Holzwerk mit eingemauerten Ziegelsteintafeln Die Kirche ist im Frühling 1870 wegen Baufälligkeit abgebrochen und sogleich eine neue Kirche in massivem Ziegelbau an der Stelle der alten auf geführt worden. Die alten Ziegel waren noch sehr groß und mögen noch von einer noch altern Kirche stammen. Beim Ausgraben der Erde zu den neuen Fundamenten ward ein mittelalterlicher, kugeliger, blaugrauer Topf in der Erde gefunden, jedoch zerbrochen.

Eine große, alte, heidnische, halbmuldenförmige Quetschmühle aus Granit war als Weihwasserbecken in die Wand gemauert.

Der Altarschrein ist ein alter Doppelflügelaltar, 4 Fuß hoch, 9 Fuß breit.

Die Vorderseite enthält aus Eichenholz geschnitzte und vergoldete und bemalte Figuren. In der Mitte steht die Jungfrau Maria mit dem Christkinde auf dem Arme, in einem Wolkenkranze, auf welchem 2 Füße und 2 Hände mit

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 207 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

den Nägelmalen befestigt sind, umgeben von 6 fliegenden, anbetenden Engeln. Die Flügel sind quer getheilt und enthalten in jeder Abtheilung 2 stehende Heilige. Die Darstellung ist in der Ansicht folgende:

S. Nicolaus (?).    S. Margaretha.      S. Katharina.   S. Andreas.
                                      S. Maria
S. Petrus.       S. Barbara.       S. Gertrud.       S. Erasmus (?).

1) Die erste Figur ist ein segnender Bischof, ohne Attribut, wahrscheinlich der H. Nicolaus, da derselbe nach den Gemälden auf den Rückwänden gewiß einer der Localheiligen der Kirche war.

2) S. Petrus ist nach der Gestalt sicher zu erkennen; die rechte Hand, in welcher er wohl einen Schlüssel hielt, ist abgebrochen.

3) S. Margaretha mit einem Drachen zu den Füßen und

4) S. Barbara mit einem Thurm neben sich, beide als gekrönte Jungfrauen dargestellt und Nothhelferinnen, sind sicher zu erkennen.

5) S. Katharina, gekrönte Jungfrau, mit einem Schwert in der Hand, auch Nothhelferin und Braut Christi, ist auch wohl sicher.

6) S. Andreas mit einem Schrägekreuz.

7) S. Gertrud, im Schleier und mit einem Hospitalmodell im Arme.

8) S. Erasmus(?), Bischof, einer der Nothhelfer, mit einem Kreuzesstab in der Hand, ist wahrscheinlich, jedoch nicht sicher zu bestimmen.

Die ersten Flügel, wenn die Vorderwand durch die Flügel zugedeckt ist, zeigen in Malerei 4 stehende Heilige, von denen wenigstens einige die Localheiligen der Kirche sind. Die Darstellung ist in der Ansicht folgende:

S. Katha= S. Martin, S.Nicolaus, S.Dorothea,
 rina, mit dem Bischof mit Rosenkorb
mit Schwert Schwerte mit 3 Broten in der Linken
und Rad. den Mantel  auf einem Buche und einem 
theilend und  im Arme. Rosenzweig
mit einem in der Rechten.
Krüppel.

Die Malerei ist ziemlich gut ausgeführt und erhalten. sehr hübsch ist, daß die gemalten Baldachine über den 4 gemalten Figuren durch je 2 abgeschnittene Weinranken mit Blättern und Trauben gebildet sind.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 208 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

Die Rückwände der zweiten Flügel haben keine Spur von Malerei mehr, sondern sind röthlich übertüncht.

Nach dem Style des Schnitzwerkes und der Malerei stammt dieser Altar aus dem Ende des 15. Jahrhunderts.

In dem Altartische fand sich beim Abbruche desselben noch der Reliquienbehälter, also stammt auch der Altartisch noch aus der katholischen Zeit. Dieser Reliquienbehälter bestand aus einem kleinen zusammengekneteten Wachskuchen von länglich=viereckiger Gestalt, einem Buche von alter Darstellungsform ähnlich, 2 1/2 Zoll Hamburg. Maaß lang, 1 5/8 Zoll breit und 1 Zoll dick (= 5 1/2, 4 und 2 1/4 Centim.) Im Innern sitzt eine ganz kleine, flache bleierne Kapsel, ungefähr 3/4 Zoll (= 1 1/2 Centim.) im Quadrat, in welcher einige kleine Knochensplitter liegen. In die obere Fläche waren an den 4 Ecken und in der Mitte 1 Bruchstück von einer harten, braunen Masse, von der Größe einer Erbse eingedrückt, welche am Licht mit Flamme brannte und einen Geruch etwa wie Birkentheer und Bernstein, ähnlich dem Räucherpulver, von sich gaben, also ohne Zweifel Weihrauchharz waren; die 5 Stücke deuten auf die 5 Wunden Jesu und sind in der Stellung den bekannten 5 Weihkreuzen auf den Altarplatten gleich.

Die Kirche besitzt auch noch eine alte Glocke, welche in einem Glockenstuhl neben dem Kirchengebäude hängt. Die Glocke hat die Inschrift:

Inschrift

Auf dem Mantel stehen 4 Weihkreuze.

Wahrscheinlich stammen Glocke und Altar aus einer und derselben Zeit.

Ob aber das abgebrochene Kirchengebäude auch so alt war, läßt sich schwerlich bestimmen, ist auch wohl nicht glaublich. Nach einer geschnitzten Inschrift auf einer Stuhlbrüstung:

Inschrift

hat aber die Holzkirche die Stürme des dreißigjährigen Krieges überdauert. Möglich ist es, daß die jetzt abgebrochene Kirche aus dem Jahre 1621 stammte und daß Glocke und Altar aus einer ältern, auch abgebrochenen Kirche herüber kamen, der Altartisch muß dann unberührt stehen geblieben sein.

G. C. F Lisch.