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b. Bronzezeit.
Bronzene Schmuckdose von Kritzemow.
Nachdem mein Sohn Aemil erfahren hatte, daß Tagelöhner aus Groß=Schwaß beim Torfstechen Alterthümer auf der Feldmark Kritzemow bei Rostock gefunden hatten, begab sich derselbe zu dem Inhaber dieser Sachen und bewog denselben, gegen ein Fundgeld dieselben für den Alterthumsverein herauszugeben. Dieselben bestehen in einem runden Gefäße aus rostfreier Bronze und 2 darin vorgefundenen, nach innen hohlen Arm= oder Handringen, ebenfalls aus Bronze, die aber leider, wie so oft, von den Arbeitern durchbrochen sind. Das Gefäß besteht aus 2 Theilen. Der Haupttheil ist auf der oberen Seite sehr hübsch verziert, scheint einen Schild mit Buckel in der Mitte darzustellen und hat einen Durchmesser von 21 Centimetern (8 3/4 Zoll). Die darauf befindlichen Gravirungen scheinen mit einem farbigen Kitt ausgelegt gewesen zu sein. Der Rand ist 3,6 Centimeter (1 1/2 Zoll) hoch und hat auf den entgegengesetzten Seiten nach unten 2 Oehre. Der Deckel ist unterhalb des Gefäßes und hat ebenfalls in der Mitte ein Oehr. Durch alle 3 Oehre ging, wie die Arbeiter sagen, als Riegel ein Stück Holz, welches aber bereits vermodert war und beim Aufnehmen zerfiel. Nach meinem unmaßgeblichen Dafürhalten ist es ein Aufbewahrungsgefäß für weiblichen Schmuck.
Um die Fundstelle genau zu besehen, begab ich mich an Ort und Stelle. Es ist eine im Acker des Dorfschulzen und jetzigen Erbpächters Herrn P. Schade zu Kritzemow belegene kleine Wiesenfläche von etwa 70 Metern Länge und 23 Metern Breite auf dem nördlichen Ende, in dem Winkel zwischen der Straße von Rostock nach Wilsen und dem sich hier nach Kritzemow abzweigenden Wege. Der Torfstich begann da, wo diese Fläche die größte Breite und wahrscheinlich auch die größte Tiefe hat. Die Tiefe in diesem Ausstiche, der sich sogleich mit Wasser gefüllt hat, beträgt 2,32 Meter und hier stand das Gefäß auf dem Grunde. Sicher
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ist diese Fläche in alter Zeit ein Wasserloch gewesen, wie sich deren viele in hiesiger Gegend finden.
Friedrichshöhe bei Rostock.
J. Ritter.
Mit diesem Fundberichte in Begleitung des Fundes selbst hat uns der alte, bewährte Freund unseres Vereins J. Ritter auf Friedrichshöhe bei Rostock überrascht. Ich gebe den Fundbericht hier wortgetreu wieder und erlaube mir einige vergleichende Betrachtungen hinzuzufügen. Im Allgemeinen sei bemerkt, daß das Gefäß ein so großes und reich verziertes ist, wie ich dergleichen keines in irgend einer Sammlung bemerkt habe. Das Gefäß ist, wie gesagt, 8 3/4 Zoll (21 Centimeter) im Durchmesser, 1 1/2 Zoll (4 1/4 Centimeter) hoch im Rande und 2 1/3 Pfund schwer.
Das hier in der Ober= und Seitenansicht abgebildete Gefäß hat auf dem Rande zwei parallel liegende breite Oehren. Der einpassende Deckel hat in der Mitte ein in gleicher Richtung liegendes Oehr. Durch alle drei Oehren ward zum Verschluß ein Riegel geschoben, welcher an dem gegenwärtigen Exemplare beim Auffinden noch vorhanden und von Holz war, beim Ausheben aber leider zerfiel; er war aus Holz gemacht und seine Breite ist auf dem Deckel an der Färbung der Bronze noch deutlich zu erkennen. Der Deckel ist ganz glatt, die untere Seite ist sehr reich verziert. Das Ganze ist erst modellirt und dann gegossen; die Näthe der Gußform sind im Innern noch deutlich erkennbar. Nach der ganzen Einrichtung mit dem Deckel gehört dieses Gefäß also zu der Gattung der Bronzegefäße, die wir früher Schmuckdosen genannt haben, gleichwie Ritter, und ungefähr von der
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Beschaffenheit, wie ein Exemplar hieneben und andere Exemplare, z. B. im Friderico-Francisceum Taf. XII, Fig. 3 und 4, und in Worsaae Nordiske Oldsager, Taf. 62, Fig. 283 a und b , wo sie Hänge=Gefäße oder Urnen genannt werden, abgebildet sind.
Die Schmuckdosen dieser Art unterscheiden sich aber wesentlich von den bronzenen sogenannten Hängeurnen. Diese "Hängeurnen" sind zwar den "Schmuckdosen" ähnlich und in mancher Hinsicht fast gleich: aber sie sind höher und spitzer im Bauche, immer mit Drachenornamenten verziert und haben keinen Deckel, dagegen fast immer einen eben so verzierten Buckel mit Handhabe bei sich, um damit das Gefäß hangend an einem Riemen zu tragen (vgl. Abbildung in Jahrb. XXIX, S. 191). Diese Gefäße scheinen auch etwas jünger zu sein, als die Schmuckdosen. Die Schmuckdosen sind dagegen flacher, oft ganz flach, haben immer einen Deckel mit einem Riegelöhr und enthalten in der Regel weiblichen Schmuck; die Verzierungen des Bauches deuten mehr auf die reine Bronzezeit und bestehen nie aus Drachenwindungen.
Das Auffallende ist, daß alle Schmuckdosen auch auf der Unterseite verziert sind und der Deckel immer schlicht und glatt ist. Manche Exemplare, wie auch das vorliegende von Kritzemow, haben dazu unten in der Mitte einen Knopf oder buckelförmigen Schild, so daß sie nicht grade stehen können, weder auf der Unterseite wegen des Knopfes, noch auf der Oberseite wegen der Oehren. Die Schmuckdosen scheinen daher zum Aufhängen zur Aufbewahrung eingerichtet gewesen zu sein, ohne grade zum Tragen.
Die auf den folgenden Seiten ganz in 2/5 Größe und in einem Ausschnitt in ganzer Größe abgebildete Unterseite des Gefäßes von Kritzemow ist nun außerordentlich reich verziert. Es laufen um den Knopf in der Mitte drei Reihen Bänder, wenn ich mich so ausdrücken darf, alle von gleicher Breite, ungefähr 3 Centimeter breit. In der Mitte um den Knopf legt sich ein Stern mit 8 abgerundeten Strahlen, in deren Winkeln Halbkreise stehen. Dann folgt
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ein Band, welches zwischen zwei Bändern mit Parallel=Kreisen 40 gestrichelte Trapeze enthält. Darum legt sich ein Band mit 35 an der Spitze abgerundeten, verzierten Lappen, welche nach innen schlagen. Den äußersten Rand begrenzt dann noch ein 1 Centimeter breites Bändchen mit 28 parallelen Halbkreisen.
Alle diese reichen Verzierungen liegen erhaben in gleicher Fläche. Der Grund dagegen ist überall vertieft oder ausgespart und mit einem jetzt braunen Kitt ausgefüllt, welcher noch an vielen Stellen, z. B. auf dem Sterne in der Mitte, fast ganz erhalten ist. Dies ist der schon oft in unseren Jahrbüchern besprochene Kitt, welcher zur Auslegung vertiefter Verzierungen, auch wohl zu Räucherwerk diente. Versuche mit Proben von dem vorliegenden Gefäße haben dies wieder bestätigt. Kleine Stücke verbrannten am Lichte mit heller Flamme und gaben einen Geruch von sich, der an Theer und Bernstein erinnerte.
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Wie gewöhnlich in Gemäßen dieser Art, fand sich auch in dem vorliegenden Exemplar bei der Ausgrabung weiblicher Schmuck, nämlich 2 hier abgebildete gleiche, quer gerippte
Armringe, welche halbrund und nach innen hohl gegossen sind, wie solche nicht selten vorkommen und vielleicht zu einem Stützpunkt für die Zeit dienen können.
Nach der ganzen Technik und der Form der Armringe scheint der ganze Fund in die jüngere Zeit der Bronze=Periode zu gehören.
G. C. F. Lisch.