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II.

Ueber

das Archiv des Stifts Schwerin,

von

dem Archivrath Dr. G. C. F. Lisch.


S eit länger als 200 Jahren ist es viel besprochen und allgemein angenommen , daß das in Meklenburg verschwundene "schwerinsche Stifts=Archiv" im dreißigjährigen Kriege nach Dänemark gerettet worden und dort wahrscheinlich noch vorhanden sei. Die Sache hat stets um so größere Theilnahme erregt, als das Archiv des Bisthums Schwerin für die Geschichte von Meklenburg ohne Zweifel von der allergrößten Wichtigkeit sein würde, und es sind seit zwei Jahrhunderten zu allen Zeiten große Anstrengungen gemacht, das Verlorne wiederzufinden. Bevor sich aber ein sicheres Urtheil fällen läßt, muß es erst klar gemacht werden, wie und wann das Archiv nach Dänemark gekommen sein und woraus es bestanden haben kann.

Nach dem Tode des Herzogs Ulrich von Meklenburg=Güstrow ward im Jahre 1603 dessen Enkel, Ulrich ( II.) von Dänemark, des Königs Friedrich II. und Sophiens von Meklenburg Sohn, Administrator des Bisthums Schwerin. Dieser residirte in der alten bischöflichen Residenz Bützow, wo zur katholischen Zeit auch ein Collegiatstift gewesen war, und nahm zur Erholung und Abwechselung sein "Hoflager" oft in dem nur eine halbe Meile von Bützow belegenen und zum Stift gehörenden ehemaligen Nonnenkloster Rühn; er starb auch am 27. März 1624 in Rühn und ward am 24. Mai 1624 in

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der Stiftskirche zu Bützow beigesetzt, aber im Jahre 1642 in die Domkirche zu Roeskilde auf Seeland versetzt. Ihm folgte als Administrator sein Neffe der Prinz Ulrich (III.) von Dänemark († 1633), Sohn des Königs Christian IV., welcher nach alten Archivnachrichten "fast beständig im Kloster=Amte Rühn" residirte. Die beiden letzten Administratoren residirten also nicht in Schwerin, sondern nur in Bützow und Rühn. Bei dem Vorrücken der kaiserlichen Armeen im Jahre 1627 soll nun nach vielen Archivnachrichten der Prinz und Administrator Ulrich III. selbst nach Dänemark geflüchtet sein und das Stifts=Archiv eben dahin gerettet haben.

Es wird sich nach diesen Grundzügen schon im voraus ziemlich leicht beurtheilen lassen, welche Urkunden der Prinz nach Dänemark schicken konnte, da er sicher über keine anderen Verfügung hatte, als über diejenigen, welche damals in seiner Stifts=Canzlei aufbewahrt wurden. Die Urkunden waren wohl:

1) die Urkunden des Collegiat=Stifts Bützow, welche auch alle spurlos verschwunden sind, mit Ausnahme eines alten Copialbuches auf Pergament, welches die ältesten Urkunden des Stiftes enthält;

2) die Urkunden des Klosters Rühn, welche ebenfalls fast alle verschwunden sind, von denen jedoch noch ein Verzeichniß mit Inhaltsangabe vorhanden ist;

3) die Urkunden des Bisthums Schwerin. Ob diese alle in den Händen des Administrators waren, steht sehr zur Frage. Es ist vielmehr wahrscheinlich, und nach manchen Anzeichen glaublich, daß sehr viele derselben im Verwahrsam des Dom=Capitels des Bisthums Schwerin waren, welches seinen Sitz in der Stadt Schwerin hatte. Der Administrator bewahrte aber doch auch wohl diejenigen Urkunden, welche die Güter des protestantisch gewordenen Administrators betrafen und zur Regierung des Stifts nöthig waren und zur Geschäftsführung in der Stifts= Canzlei gebraucht wurden. Die Forschungen haben auch ergeben, daß sehr viele Bisthums Urkunden nach Kopenhagen gerettet sind, wenn sich auch nicht leugnen läßt, daß ohne Zweifel viele Urkunden des Bisthums im Lande zurückgeblieben sind. Viele Urkunden mögen auch nach sichern Zeichen nach Güstrow gekommen sein, als der Herzog Ulrich (I., † 1603), welcher zu Güstrow residirte, Administrator ward, und dort untergegangen sein, wie hier alle Urkunden des Collegiat=Stifts Güstrow vermodert sind. Jedoch gelangten viele Bisthums=Urkunden sicher nach Dänemark.

Einstweilen abgesehen von diesen Fragen, welche sich nur durch die Ergebnisse der Forschungen genügend beantworten

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lassen, ist es ohne Zweifel sicher, daß im Jahre 1627 viele schwerinsche Stiftsurkunden nach Dänemark gerettet und häufig zurückgefordert sind, wenn auch lange ohne Erfolg.

Schon zur Zeit Wallensteins wandte sich im August 1630, also schon 3 Jahre nach der Wegschickung der Archive, die "Domina und die Provisoren des Klosters Rühn" klagend an den König von Dänemark, daß nach des Stifts

"Canzlers Dr. Heinrich Stallmeister bericht nebenst andern Stiffts=Kasten onsere Lade, worin die dem Closter angehörige Siegel und Briefe verwahret, vor dem betrübten Kriegsweßen bei E. Königl. Myt. Rentschreibern Axel Christensohn umb sicherheit willen mit in Dero Reich Dennemarcken verbracht worden", und baten, " die gnedigste Verordnung zu thun daß geregte onsere Closter Lade wiederumb E. Königl. M Commissario Herrn Daniel Trojen zu sichern handen zugestellet oder aber bei anderen gewissen leuthen in verwahrung niedergesetzt würde",

da diese Lade Schuldverschreibungen enthalte, welche den Schuldnern zur Rückzahlung der Schuldsummen zurückgeliefert werden müßten.

Es wird aber auch eben so sicher berichtet, daß im Jahre 1627 die meisten Urkunden des Stiftsarchivs, welche sich in Bützow befanden, nach Dänemark gerettet wurden. Am 7. December 1645 berichtet der ehemalige Stifts=Registrator Joachim Reppenhagen, damals zu Schwerin, welcher die Versetzung der Urkunden nach Dänemark erlebte:

"Meines theils erinnere Ich mich sonst hirbey noch woll, Wie Anno 1626 von der damahligen dennemarckschen Regierung Ich in der F. Byschofflichen Cantzley zu Bützow pro Registratore bestellet, baldt aber daruff Ao. 1627 Von Ihr Maytt. der Königl. Fraw Wittwen Christmildesten angedenckens Von solchem dienste unwürdig pro Secretario nacher Niecöpen beruffen und bestellet worden, vnd umb die Zeit die Keyserl. Armee unter dem von Arnheim dieß Furstenthumb und Landt überzog und unter andern auff das Städtlein Butzow hartt zusetzte, daß damahls der Herr Cantzler sehl. Doct. Stallmeyster alle das geheimbste und furnembste, so an Regalien, privi1egien und sonsten im Stiffts Archiv zu Butzow vorhanden gewehsen, umb daßelbe zu conserviren, und bey Zeiten

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in das sichere zu bringen, ins Reich Dennemarck an Ihr Kon. Maytt. nacher Kopenhagen ab= und hinwegk geschickt hatt, Sieder dem Ich auch nie erfahren, das von dem Ortte solche Sachen solten wiederumb extradiret oder remittiret worden sein, vnd halte Ichs woll sicherlich dafür, wofern einige Ohrkunde, daran ich nicht zweiffle, von denen Burglehnen quaestionis beym Stiffte verhanden gewehsen, das Sie damahlen mit durchgangen, und bey solchen Sachen an dem Ortte, dar Sie nichts nützen, noch vorhanden sein werden." - - - - - - - - - -
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Eben so berichtet der ehemalige wallensteinsche Canzlei=Protocollist oder Protonotar Bartholomäus Schwarzkopff zu Wismar (später seit 1643 Rathsherr zu Wismar) schon am 17. Januar 1635 an den Herzog Adolph Friedrich I.:

"Von Archivsachen habe ich bei des Friedländers Zeiten nicht gesehen, Sondern die Zeit vnd hernacher wol gehöret, das die vornembste davon Anno 1627 ins Reiche Dennemark geschicket, Waß nun selbige fur sachen gewesen, wirtt der dohmaliger Stiffts=Secretarius Nicolaus Reppenhagen vnd andere domalige dienere zum besten wissen, Imgleichen was er Reppenhagen sowol an Amptsbuchern vnd Registern vnd gemeynen Parteysachen meinem Antecessori Simoni Leopold geliefert vnd eingeantwortet."

Was von ehemaligen bischöflichen Werthsachen in Bützow 1627 zurückgeblieben war, nahm der Obrist v. Arnim; das Dom=Capitel berichtet am 22. März 1639

"wegen des von domaln kayserl. Hrn. Obristen Hanß Georg von Arnimb bey occupirung der Stadt Bützow in anno 1627 genommenen Silbergeschirs, bischöflichen Ornats vnd was dem mehr anhengig,"

und fragt bei dem Herzoge Adolph Friedrich 1. an, ob dies durch Nachforschnug bei von Arnim nicht wieder zu gewinnen sei.

Es ist also keinem Zweifel unterworfen , daß im Jahre 1627 viele alte Urkunden aus der bischöflichen Stiftscanzlei zu Bützow nach Dänemark gerettet sind.


Anders verhält es sich mit den großen Massen von Acten in Rechts=und Verwaltungsangelegenheiten. Nachdem

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Wallenstein von den meklenburgischen Landen und auch von dem Bisthum Schwerin Besitz genommen hatte, ließ er bei der Organisirung seiner Regierung die wichtigsten Verwaltungsacten nach seiner Residenz Güstrow schaffen und bediente sich dazu der Hülfe eines ihm ergebenen Dieners ("des Friedländers eingedrungenen Miethlings") des "Küchenmeisters" Caspar Eßlinger, welcher noch im Jahre 1634 "Pensionarius" zu Medewege und Rampe war. Gleich nach der Rückkehr der Herzoge von Meklenburg in ihre Lande (Julii 1631) beauftragte der Administrator Prinz Ulrich von Glückstadt, wo er wohnte, am 22. September 1631 ("Geben in der Veste Glückstadt den 22. September 1631") seinen meklenburgischen Commissarius Daniel Troje:

"alß auch vnß vnd vnserm Stifft Bützow an denen hiebeuor naher Güstrow von den Friedländischen geliefferten Canzeley=Acten, wie auch den Ambts=Buchern, Registern, auch andern brieflichen Urkunden merklich gelegen, dieselben von dem friedlendischen Secretario, dofern einer annoch daselbst vorhanden, vollenkomblich abzufordern."

Am 26. Januar 1632 wiederholte der Prinz Ulrich diesen Antrag "wegen der Acten und Registern, so auß der Butzowischen Canzlei nachher Gustrow gefuhret." Während der Zeit hatte sich aber die Sache geändert und das "Stift Schwerin war nach Vertreibung der Kaiserlichen in der Königlichen Würde und Krone Schweden Macht und Gewalt" gekommen (vgl. Jahrb. XXXIII., S. 159 flgd.). Daher antwortete der Herzog Johann Albrecht am 3. October 1632, daß ihm von der Königlichen Würde zu Schweden Schreiben zugekommen seien,"nichts von den Stiftssachen herauszugeben", und der schwedische Gesandte Salvius schrieb am 10. October 1632 an den Herzog, "die Bützowischen Acta verwahret zu legen, bis man wüßte, wohinaus es endlich mit dem Stift solle." Als nun "im Stifte Bützow die Justiz wieder in Schwang gebracht werden sollte", bat der (schwedische) Obrist Wilhelm von Saltzburg am 23. October 1632 den Herzog Johann Albrecht, ihm "alle ins Stift gehörige Acta und Archiven, welche bei des Wallensteiners Zeiten nach Güstow gebracht und hier annoch in der fürstlichen Canzlei und bei dem Lehn=Secretario Peter Grassen vorhanden seien, abfolgen zu lassen." Salzburg und Troje schrieben wiederholt eine Zeit lang hin und her, ohne daß die Sache weiter gedieh.

Nachdem der Administrator Prinz Ulrich bei Schweidnitz in Schlesien am 11. August 1633 erschossen, und das Stift

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wieder an den Herzog Adolph Friedrich I. von Meklenburg gokommen war, bemühete sich dieser bei seinem Bruder Johann Albrecht in vielfachem Briefwechsel angelegentlich um die Wiedererlangung der Stiftsacten; die Sache zog sich lange hin, da Johann Albrecht gegen seinen Bruder Verdacht hatte und absichtlich die Acten zurückhielt, bis endlich der Secretair Martin Bökel am 23. August 1635 die Auslieferung eines großen Theils der Acten erreichte und nach des Herzogs Johann Albrecht Tode im Jahre 1637 der Rest ausgeliefert ward.

Diese Acten sind nun noch in großen Massen im großherzoglichen Archive zu Schwerin vorhanden und können also nicht zu dem entführten Archive gerechnet werden.


Aehnlich verhält es sich mit den Urkunden des schweriner Dom=Capitels. Es ist oben die Vermuthung aufgestellt, daß auch das in Schwerin residirende Dom=Capitel ohne Zweifel viele alte Urkunden des Bisthums bei sich aufbewahrt habe, und dies wird auch durch die Verhandlungen bestätigt. Schon am 27. April und 18. Julii 1632 wandte sich das Dom=Capitel an den Herzog Adolph Friedrich von Meklenburg:

"weil bei der friedlandischen occupation vnser Curien vnd Landguter, zugleich onsere auff dem Capittelhause hinterlaßene sachen vnd Briefliche Orkunden von Eßlingern, als getrewen Friedlendischen Diener, hinwegk genommen vnd der Zeit auf E. F. G. Schloß Schwerin gebracht vnd daselbst noch vorhanden sein sollen", so bat das Dom=Capitel,dieselben wieder abfolgen zu laßen."

Am 22. März 1639 bat das Dom=Capitel wiederholt:

"die in E. F. G. Archivo vorhandene, vnß zustendige brieffe, bevorab die durch den gewesenen Kuchenmeister Caspar Eßlinger mit einem verschloßenen Schapffe vnd andere, so auf dem Capittelhauße befunden, de facto hinweggenommen vnd auf E. F. G. Schloß gebracht, wieder ausliefern zu lassen."

Das Dom=Capitel erhielt hierauf am 28. Mäz und 10. Mai 1639 die Antwort, daß

"von dem verschlossenen Schap keine Wissenschaft''

vorhanden sei, forderte jedoch mit Bestimmtheit am 2. April 1639 und 4. Junii 1641 wieder an und erhielt darauf den Bescheid, daß alles, was auf dem Residenzhause vorhanden sei, dem Dom=Capitel wieder ausgeliefert werden solle. Am 23. Januar 1614 quittirte endlich das Dom=Capitel über einen von dem herzog=

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lichen Archivar Friedrich Chemnitz dem Stifts=Structuarius Lucas Hausen ausgelieferten grünen Schrank mit Stiftsacten. Der Inhalt dieses Schrankes war aber nicht von großer Bedeutung.

Nachdem den Herzogen von Meklenburg durch den westphälischen Frieden das Bisthum Schwerin zuerkannt war, forderte der Herzog Adolph Friedrich am 26. Februar 1650 von den ehemaligen Domherren die Auslieferung des zu dem "gewesenen Stift Schwerin gehörigen Archivs", welches die Domherren nach Abschluß und Bekanntmachung des Friedens nach Lübek gebracht und daselbst an verschiedenen Orten niedergesetzt haben sollten. In Folge dieser Forderung berichtete der ehemalige Dom=Structuarius, Schelfvogt Lucas Hansen, daß

"er davon die Bewandtniß nicht gahr eigentlich wisse; "etwas davon stehe in Schwerin auff dem Capitulhause, daran aber nicht viell gelegen sein möge, die vornehmsten Orkunden aber hetten sie zu Lübeck bey dem Thumb=Cöster Leopolden stehen, präsumire sonsten, daß das Archivum an verschiedenen Orten in Lübeck stehe, dan der Herr Dechant daselbst nicht Ein bestendiges Logement, sondern verschiedene Cammern hin vnd wieder in der Heur habe; der Herr Dechant von Wackerbart habe dem Herrn Dr. Wedemann, welcher ihm das Mandatum wegen Edirung des Archivi insinuirt hette, geantwortet: die wenigen documenta, so bey Ihnen vorhanden, könten sie leichtlich von stellen, das fürnehmbste und beste aber, daran des Stiffts Hoheit vnd Nutze hienge, wehre in Dennemarck, dan Bischoff Olrich hette solches dahin von Butzow führen lassen, mit diesem anerbieten, wan man Etwas dem Stifft zum besten darauß haben wolte, Man deßen an selbigem Ohrte allemahl bemechtigt sein könte."

Die ehemaligen Domherren erklärten aber am 26.. Februar 1650, daß sie das Stifts=Archiv in ihren "Mächten nicht gehabt, viel weniger nach Lübeck transferirt, sondern die Nachricht davon hätten",

"daß alle briefliche Uhrkunden in anno 1626 nach Kopenhagen in Dennemarck gebracht seyn."

Diese Acten und Urkunden des Dom=Capitels, von welchen manche noch in neuern Zeiten in dem sogenannten Capitelhause am Dome zu Schwerin lagen, sind hiernach ebenfalls ohne große Bedeutung gewesen und wahrscheinlich noch im Archive zu Schwerin vorhanden. Möglich ist es jedoch, daß in frühern

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Zeiten schon manches bei dem Dom=Capitel untergegangen ist. Der Archivar Schultz berichtet am 4. October 1702, "daß nur putamina et quisquilia davon übrig, welche sind überlassen worden."

Nach dieser ausführlichen und gesicherten Geschichte ist es woh1 außer Zweifel, daß die wichtigsten alten Urkunden des Bisthums Schwerin, des Collegiatstifts Bützow und des Klosters Rühn im Jahre 1627 nach Dänemark versetzt worden sind. Und dies ist auch von der meklenburgischen Regierung zu allen Zeiten als sicher angenommen. Schon im August 1632 forderte das Kloster Rühn seine "Lade mit des Klosters Briefen und Siegeln" von dem Könige von Dänemark zurück. Am 2. April 1639 schlugen die herzoglichen Räthe vor, die Sache an den "Herrn Canzler Reventlowen gelangen zu lassen mit dem Ersuchen, die Tradition zu befördern." Die Angelegenheit kam zuerst ernstlich zur Sprache, als im Jahre 1642 die Leiche des Administrators Prinzen Ulrich II. von Bützow nach Roeskilde versetzt ward. Bei dieser Gelegenheit gab der Herzog Adolph Friedrich dem zur Abholung abgesandten dänischen Futtermarschall Balthasar Gerdten zu Bützow am 12. Julii 1642 den Auftrag an den König Christian IV. von Dänemark:

"Bei höchstg. Ihrer Königl. M. wolle derselbe ohnbeschwert gedenken, daß daß Bischofliche Schwerinsche Stiffts Archivum sampt allen dieß orts vorhandenen Acten, Siegel vnd Brieffen, den Stifft vnd dessen Gerechtigkeit betreffend, von dem Herrn Obristen Arnimb anfenglich auff Rostock gebracht, von dannen aber ins Königreich Dennemarken transferiret worden, Wan dan Sr. Königl. M. mit solchen sachen nichts mehr gedienet, Alß ersuchten vnd bäten Se. Königl. M. wir freundsohnlich, Sie wolten vnß solche Stiffts=Acta vnd archivum ohnbeschwert wieder zukommen vnd dieselbe entweder zu Rostock oder Wißmar vnß zu Schiff oberbringen zu lassen Verordnung zu thun freundväterlich geruhen, Dasselbe wehren vmb Se.K. M. wir freundsohnlich zu verschulden erbietigst, gestalt wir auch von wolgemeltem Abgeordneten der Königl. Erklerung hierober erwarten - - - - -

Auch wurden Schreiben an verschiedene Privatpersonen erlassen, welche möglicher Weise die Sache befördern konnten.

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Dieser Antrag scheint ohne allen Erfolg geblieben zu sein. Am 12. Mai 1643 erhielten die dänischen Abgesandten wegen des Nachlasses des verstorbenen Commissairs Daniel Troje den erneuerten Antrag:

"Auch werden die Königl. Herren Abgesandten gebuhrlich ersuchet, bei Ihrer Königl. M. anzuhalten, daß die Butzowischen Stiffts=Acta oder Archivum, welches in Dennemarck ist transferiret worden, I. F. mochte extradirt vnd ausgeliefert werden,"

wieder ohne Erfolg.

Nach dem Tode des Königs Christian IV. († 28. Februar 1648) bat der Herzog Adolph Friedrich am 11. November 1648 schriftlich den König Friedrich III. um Herausgabe der vor Jahren nach Kopenhagen geschickten Documente des schwerinschen Stiffts=Archivs, welche nach sichern Nachrichten noch jetzt daselbst vorhanden sein sollten, und beauftragte mit der Betreibung dieser Angelegenheit den in Kopenhagen anwesenden herzoglichen Rath Dietrich von der Lühe. Hierauf antwortete der König am 28. November 1648:

"Nun were vns oder vnserm Reich weinig damit gedienet, Wolten darumb gantz gerne Ihro damit gratificiret haben. Als wir aber bey der hiesigen Cantz1ey darnach Ombsuchung thun laßen, hatt sich befunden, das ged. Obr. Arnheimb Ao. 1630 selbiges Archivum zuenebenst andern des orts Vorgefundenen güetern vnnd mobilien högstseeligst ged. vnserm Herrn Vattern durch Schreiben zwar präsentiret, es sey ihm aber sub dato den 28. Februarii eiusdem Anni geantwortet,. das, Wie vnsers auch in Gott Verstorbenen, dohmahlig noch lebenden Herrn Brueders Herzog Ohlrichs Lden derogleichen Butzowischen Nachlaß geschencket vnnd cediret, Sr. Lden solche Oblation solte notificiret werden, Nicht zweiffelent, dieselbe wegen der Abholl= oder Annemung gewiße Verordnung machen vnnd ergehen laßen würde, dergestalt dan erwentes Archivum nimmer würcklich anhero transportiret, noch kommen, besondern von S. hochseel. Lden etwa anders wohin verwarlich deportiret vnnd beygesetzet worden.

Die Antwort des Königs Christian IV. an den Obristen von Arnim vom 28. Februar 1630, welches diesem Schreiben beigelegt ist, lautet also:

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"Christian etc. . Ehrnvester, Manhaffter, L. besond. vnß ist ewer Schreiben durch den anhero geschickten Rittmeister von Traudischien onderthänigst woll oberbracht worden, darauß wir dan daßjenige, waß Ihr wegen vnsers in Gott ruhenden Hrn. Brudern Hertzog Olrichen zustendigen vnd von Euch bey eroberung deß Städleinß Bützow vorgefunden, auch sub inventatione in Verwahrung genommenen Gütter berichtet vnd Euch daneben anerbietet, mit mehrem vernommen.
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Die Gütter belangendt, Weil wir Alßbaldt nach Tödtlichem hinritt hochsehlich gedachten vnsers Hrn. Brudern Ld. den gantzen Erbfall vnsers vielgeliebten Sohns Hertzog Olrichen Ld. cedirt vnd abgetretten, So wollen wir dieselbe von diesem Ewrem erbieten alßbaldt avisirn, welche dan wegen der Abholung ferner ordre anstellen vnd auch vor Ihre Persohn Ewere wilfährigkeit gebührender maßen zu belegen sich in allen Gnaden bemühen werden."

Es geht hieraus hervor, daß von Arnim das Eigenthum des Prinzen Ulrich respectirte und zu dessen Uebersendung nach Kopenhagen behülflich war. Nach der Antwort des Königs Friedrich III. nahm man aber an, daß die Urkunden nicht in das königliche Archiv gebracht, sondern anderswo niedergelegt seien.

Der Rath Dietrich von der Lühe berichtet am 21. December 1648 im Sinne des königlichen Schreibens und fügt hinzu, der Hofmarschall Adam Heinrich Pentz habe gegen ihn geäußert, daß dem Canzler Christian Thomsen ohne I. K. M., noch I. M. ohne Beisein Christian Thomsen in das königliche Archiv zu gehen nicht erlaubt sei, er also nichts weiter dabei habe schaffen können.

Der Herzog Adolph Friedrich wandte sich aber am 5. März 1651 wiederholt an den König von Dänemark wegen Auslieferung des unter dem Könige Christian IV. "nach Dänemark transferirten Stiftsarchivs, da er dennoch gewiß berichtet worden, daß sothanes Archiv nach Kopenhagen geführt worden", und ersuchte auch den Dr. Christoph von der Lippe und den Reichscanzler Christian Thomsen um Beförderung dieses Anliegens. Auch diese Bemühungen blieben ohne Erfolg.

Die Versetzung des schwerinschen Stiftsarchivs nach Dänemark ward also noch bei Lebezeiten aller dabei betheiligt gewesenen Personen sicher festgestellt.

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Nach dem Tode des Herzogs Adolph Friedrich (1658.) nahm die Sache eine andere Wendung. Der nachfolgende Herzog Christian Louis fing an, sich auch um das schwerinscheStiftsarchiv zu bemühen.

A1s der meklenburgische Geheime Rath und Lehnssecretair Cretschmar am 30 Julii 1662 Urlaub zu einer Reise in Familienangelegenheiten nach Kiel nachsuchte, erbot er sich, bei dieser Gelegenheit bei dem deutschen Canzler Lenthe in Dänemark und dem ihm näher bekannten königl. Rath Dr. Conrad Heße zu Glückstadt für Auslieferung des nach Dänemark transportirten schwerinschen Stiftsarchivs zu wirken.

Cretschmar berichtet am 25. August 1662:

"- - - - waßgestalt ich bei meiner Anwesenheit zu Kiel den 19. huius fügliche gelegenheit erlanget, sowohl mitt dem Land=Cantzlern herrn Johann Christoff Schönbach, alß Secretario Lenthen, wegen deß naher Dennemark überbrachten vnd zu Dero Fürstenthumb Schwerin gehöhrigen Archivi der länge nach zu reden , da ich vom Hrn. Secretario Lenthen vernommen, daß in dem Ihme anvertrawten G1ückstädtischen Archivo einige Versiegelte Meklenburgische Acta rubriciret vorhanden sein sollen, Er wiße aber nicht, wovon sie eigentlich handelten, hielte dafür, daß dergleichen vieleicht in Koppenhagen sein dürffen , deßwegen Er sich bei dem Teutschen Cantzler in Dennemark, seinem Hrn. Vetter, mitt fleiß erkundigen vnd davon nachricht über schreiben wolte. Dem Herrn Land=Cantzlern Schönbach war von der sache nichts bekandt, erbot sich aber, dem Hrn. Cantzlern Lenthen, welcher schleunig nacher Koppenhagen gegangen, zu folgen, vnd bei solcher gelegenheit diese sache bestermaßen zu befodern, auch mitt Hrn. Dr. Heßen, welcher von Glückstadt auch verreiset, darauß zu communiciren.

Am 17. September 1662 sandte Cretschmar den Auszug eines Schreibens des Secretairs Hugo Lenthe vom 1. September 1662, folgenden Inhalts:

"Wegen des Schwerinischen Archivi habe ich mitt dem Herrn Teutschen Cantzler Lenten, welchen ich angetroffen, außführlich geredet vnd die sache begehrtermaßen praevia salute recommandiret, der mir denn befohlen, zu vermelden, daß seines wißens, zumahl Ihm daß Archivum zu Coppenhagen wohlbekandt, daß Schwerinische Archivum in der

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Teutschen Cantzlei daselbst nicht verhanden, hielte auch nicht dafür, daß es ins Dänische iemalß gekommen, sondern präsumirete vielmehr, weil Ihr Königl. Myt. glorwürd. gedechtnüß sich umb die Zeit, da daß Archivum auß Mecklenburgk von Bützow gebracht sein solte, meistentheils zu Hadersleben auffgehalten vnd daselbst viel brieffschafften instar Archivi gehabt, daß schöne Schloß aber nachgehends von den Schwedischen Völckern eingeäschert vnd allso vermuthlich vorgemeldtes Archivum, falß es daselbst verhanden gewesen, mitt in rauch auffgangen sei, Jedoch wolte Er bei seiner ankunfft in Copenhagen hiervon weitere nachricht einziehen vnd mir daßelbe fürderlichst überschreiben. In hiesigen Glückstädtischen Archivo ist davon gantz keine nachricht etc. ."

Cretschmar berichtet ferner den 3. November 1662, daß er durch Dr. Heße von dem Canzler Lenthe folgende Nachricht erhalten habe:

"- - es findet sich aber (das Bützowische Archiv) nicht allhier, vnd weiß Keinmand andere nachricht zu geben, alß daß es präsumirlich nebenst andern Actis in der Haderslebischen Cantzlei, woselbst es niedergesetzt gewesen, mitt verbrandt,''

und erbietet sich, "deßwegen naher Hadersleben zu schreiben, und sich ferner zu erkundigen, ob vielleicht einige Stücke vnd Schrifften von dem Brande salviret sein möchten."

Hiemit schienen alle Spuren des schwerinschen Stiftsarchivs verschwunden zu sein und die Nachforschung ruhte eine Zeit lang. Jedoch machte die meklenburgische Prinzessin Sophie Agnes zu Rühn im Jahre 1676 noch einen Versuch, welcher freilich auch scheiterte. Als der wismarsche Burgemeister Dr. Caspar Schwartzkopff im Jahre 1676 in Geschäften der Stadt Wismar nach Kopenhagen reisen wollte, bat sie den "Herzog von Plön", ihren Rath Schwartzkopff dem Könige von Dänemark zu empfehlen, und Schwartzkopff bat am 30. März 1676 den König, "die nach Kopenhagen geführten Briefschaften des Stifts= und Klosteramts Rühn der Prinzessin Sophie Agnes abfolgen" zu lassen.

Diese Bemühungen, welche alle erfolglos blieben, scheinen die letzten in der ältern Zeit gewesen zu sein. Der Herzog Christian Louis von Meklenburg lebte gewöhnlich zu Paris und es fehlte daher an den nöthigen Hebeln, die viel besprochene Sache weiter zu fördern.

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Mit dem Anfange des 18. Jahrhunderts regten sich noch einmal die Bestrebungen, das verlorene Archiv wieder zu gewinnen, obgleich nach den frühern Verhandlungen die Hoffnung verschwunden war , es je wieder zu finden. Der Archivar Schultz hatte unter verworfenen Papieren etwas von den erwähnten Nachrichten gefunden, nach welchen das schwerinsche Archiv nach Dänemark versetzt sein sollte, und trug am 4. October 1702 bei dem Herzoge Friedrich Wilhelm darauf an, daß der meklenburgische Secretair Nicolaus Schlei in Kopenhagen beauftragt werde, sich "unter der Hand bei denen, die Wissenschaft zu vermuthen sei, nach den Originalien zu erkundigen." Schlei berichtete hierauf, daß der Archivar sich auf seine Bestallung berufen habe, nach welcher er keinem Privatmann Auskunft geben dürfe. Der Herzog wandte sich daher am 12. April 1703 an den König. Ueber die Folgen dieses Gesuches berichtete Schlei am 1. Mai 1703, daß von dem Könige an die "Archivarien nachdrückliche Ordre gestellt sei, mit Fleiß in den Gewölben nachzusehen, ob dergleichen Sachen vorhanden sein möchten, daß aber aller angewandten Mühe ungeachtet nichts gefunden" sei.


Was nun allen officiellen Bestrebungen, selbst von Seiten der Fürsten, nicht hatte glücken wollen, gelang endlich Privatbemühungen auf geheim gebliebenen Wegen. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts lebte in Meklenburg der am 31. December 1734 zum Landrath bestellte Barthold Dietrich von Negendank auf Zierow bei Wismar († 1749), welcher es sich mit dem allergrößten Eifer zum Ziele gesetzt hatte, Urkunden zur meklenburgischen Geschichte zusammen zu bringen, und mit allen damaligen Gelehrten Meklenburgs in genauer Verbindung stand: Diesem gelang es, im Jahre 1740 eine Sammlung von 108 "Stifft=Schwerinschen Urkunden" auf jetzt unbekannten Wegen in Abschrift zu gewinnen. Nach dem Tode Negendanks gingen dessen Sammlungen in die Bibliothek der meklenburgischen Ritter= und Landschaft über, in welcher noch jetzt ein Folioband mit diesen Urkundenabschriften aufbewahrt wird, unter dem Titel:

"Vol. CXXIV. Codex Diplomaticus vom Stifft Schwerin, oder Ächte Abschriften von CLXXXVIII Mecklenburg=Schwerinschen Uhrkunden, davon die Originalia, Transumta oder Authenticae an gutem Ohrte (nemlich zu Copenhagen im Archivo Regio) sind. B. D.

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von Negendanck. Diesen Codicem habe ich erhalten mense Januarii ao. 1741."

Dieser Band ward mit einem noch vorhandenen Briefe von C. A. v. Berckentin vom 13. December 1740 von Kopenhagen zu Schiffe über Lübek an den Landrath von Negendank

eingesandt. Diese Sammlung enthält Abschriften von Urkunden, welche sich späterhin theils allerdings im königlichen Archive, theils auf der Universitäts=Bibliothek in der Arne=Magnusschen Sammlung zu Kopenhagen im Originale fanden, und worüber weiter unten Aufklärung gegeben wird, enthält aber keine Urkunde mehr als diejenigen, welche späterhin ans Licht gekommen sind. So war es denn sicher gestellt, daß sich in Kopenhagen Urkunden des Stifts Schwerin befanden. Negendank hielt aber seinen im Geheimen gewonnenen Schatz geheim, welcher auch bis jetzt unbekannt geblieben ist, und theilte nur den ihm vertrauten Gelehrten im Geheimen Abschriften mit. Vorzüglich war es der Pastor M. Dietrich Schröder zu Wismar, welchem Negendank Urkunden zur Veröffentlichung mittheilte; dieser gab zu jener Zeit das große Urkundenwerk "Papistisches Meklenburg" heraus, von welchem das erste Alphabet im Januar 1739 erschien. Hier wird schon im ersten Bande S. 715 von einer darguner Urkunde gesagt: "Das Diploma hiervon lieget in einem könig1. Archiv", und S. 824 von der Urkunde des Fürsten Wizlav von Rügen vom Jahre 1293: "Das Diploma hievon liegt in einem Königlichen Archivo und hat man folgende Rubric davon gesehen." Von S. 1064 an kommt diese Bezeichnung häufig, wohl gegen 30 Male, vor, z. B. S. 1064, 1076, 1085 u.s.w., jedoch immer nur bei Regesten, nie bei vollständigen Urkunden. In dem ersten Anhange zum zweiten Bande, welcher 1741 ausgegeben ward, sind schon viele Urkunden gedruckt, welche späterhin in Kopenhagen entdeckt wurden, namentlich z. B. die Urkunde des Klosters Rühn über das Patronat der Kirchen zu Frauenmark und Severin vom Jahre 1295 welche S. 2984 nach einer recht guten, offenbar von dem kopenhagenschen Originale genommener Abschrift gedruckt ist; im zweiten Bande S. 2841 steht schon der Ablaßbrief Arcimbolds für das Kloster Neukloster vom Jahre 1516 aus dem Archive zu Kopenhagen u. s. w. Zu derselben Zeit lebte auch der Dr. Ernst August Rudloff, damals meklenburgischer Landes=Consulent, später Land=Syndicus, Vater des meklenburgischen Geschichtschreibers, der eine große Sammlung meklenburgischer Urkunden zusammenbrachte, welche in den neuesten Zeiten für das großherzogliche Archiv zu Schwerin aus dem Nachlasse des Sohnes Regierungsraths Dr. Friedrich

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August von Rudloff erworben ist. Auch dieser erhielt für diese Sammlung die aus Kopenhagen gewonnenen Urkunden in Abschrift und der Geschichtschreiber Rudloff spricht in seiner meklenburgischen Geschichte I., S. XXVII, von Abschriften von "Urkunden , welche in dem Bischöflich=Schwerinschen Archiv zu Kopenhagen aufbewahrt sind." Auch der meklenburgische Geschichtsschreiber David Frank mag im Fortschritte seiner Arbeit, welche 1758 vollendet ward, von dem Landrath von Negendank Mittheilungen erhalten haben, indem er nach seinem "Lebenslauf" vor dem Register S. 41 das erste Buch seines Werkes im Jahre 1739 dem Landrath von Negendank vorlegte. Eben so sagt der Kammer=Secretair Schröder, daß Ungnaden, Pötker und Gerdes die meisten Urkunden von dem Landrath von Negendank erhalten haben.

Die ganze Angelegenheit trat erst aus dem Geheimniß, als am 10. December 1760 der damalige Kammer=Secretair, spätere Kammerrath Schröder zu Schwerin, ein Neffe des Geschichtsforschers David Schröder (?), in der Vorrede zu dem von ihm zum Druck beförderten "Mecklenburgischen Urkunden=Inventarium" zu einem begeisterten Lobe des Landraths von Negendank hinzufügte :

"Aus dem ehemaligen bützowschen Stiftsarchiv, welches bekanntlich größtentheils nach Kopenhagen geführt worden , hatte er sich verschiedene Folianten mit Abschriften seltener Stücke verschafft, und sichs Tausende kosten lassen. Er hatte aller Orten, da nur etwas Brauchbares aufzutreiben war , seine Commis, und verwendete jährlich darauf ganz ansehnliche Summen."

Als der verehrungswürdige und unermüdliche Regierungsrath, spätere Minister Johann Peter Schmidt (1750 †1790) diese Worte las, " verdroß es ihn", nach seinen eigenen Worten , " wegen der Nachlässigkeit der fürstlichen Minister , daß diese nicht lange schon um die Zurückerhaltung der weggeführten Schriften bemüht gewesen wären", und stellte nicht allein Archivforschungen über das Schicksal der Urkunden und die Bemühungen zur Wiedergewinunng derselben an, welche am 8. Julii 1762 vollendet wurden und noch vorhanden sind, sondern brachte die Sache auch bei der Landesregierung zur Verhandlung. Schon im Juli 1762 ward von dem schweriner Archive Bericht gefordert und der Kammer=Secretair Schröder befehligt, sich zu erkudigen, wie es dem verstorbenen Landrath von Negendank gelungen sei, von dem Stiftsarchive viele Urkunden in Abschrift zu erhalten; zu gleicher Zeit wurden wieder

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das Dom=Capitel zu Lübek und der Rath der Stadt Lübek ersucht, in den Archiven nach den schwerinschen Stiftsurkunden forschen zu lassen, freilich ohne Erfolg. Am 8. September 1762 berichtete der Kammer=Secretair Schröder,

"daß ihm zur Inspection der ihm bekannten beiden Folianten voll bützowscher Stiftsnachrichten aus der Bibliothek des ehemaligen Landraths von Negendank auf Zirow, welche in Rostock seien, von dem Landrath von Halberstadt", einem vertrauten Freunde des Landraths von Negendank, "Hoffnung gemacht sei; er könne sich noch recht gut erinnern, daß als er sich im Jahre 1745 bisweilen in Zirow aufgehalten, der Landrath von Negendank ihm einmal zwei Folianten mit Abschriften von bützowschen Stiftsnachrichten gezeigt habe, mit der Versicherung, daß ihm diese beiden Bände in Kopenhagen über 1000 Rthlr. Dän. Cour. gekostet hätten."

Am 30. August 1763 berichtete Schröder, daß er einen Band der negendankschen Abschriften in der landschaftlichen Bibliothek zu Rostock zu inspiciren Gelegenheit gefunden habe, der andere Band, den er in Zirow gesehen, sei aber nicht zur Hand gewesen. Hier scheint Schröder in Irrthum zu sein; er mag mehrere Bände meklenburgischer Urkunden gesehen haben, vielleicht auch zwei Bände schwerinscher Stiftsurkunden; aber die von Kopenhagen gewonnenen Urkunden füllen sicher nur einen Band; der zweite Band wird wohl von andern Orten her, auch wohl aus dem schweriner Archive zusammengebrachte Urkunden des Bisthums Schwerin enthalten haben, da von Negendank auch viele andere Stiftsurkunden in Abschrift besaß.

Nachdem nun das Vorhandensein von schwerinschen Stiftsurkunden in Kopenhagen sicher ermittelt war, schritt die Landesregierung wieder kräftig zur Eroberung derselben vor. Am 13. Februar 1763 erhielt der meklenburgische Gesandte in Kopenhagen, der Hofmeister von Usedom, nachmaliger Erzieher des hochseligen Großherzog Friedrich Franz I., den Auftrag, sich bei dem Geheimen Rath von Bernstorf und an andern dienlichen Orten um die Aufsuchung und Abfolgung des schwerinschen Stiftsarchivs zu bewerben, welches nach der Versicherung in Kopenhagen nicht befindlich sei, aus welchem jedoch der Landrath von Negendank sich verschiedene Folianten habe abschreiben lassen. Hierauf berichtete von Usedom am 13. März 1763, daß zwar der Geheime Rath von Bernstorf sich zu jedem Beistande erboten habe, und der König gerne in die

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Zurückerstattung willigen würde, es aber schwer sei, Gewißheit zu erlangen , da die Acten einmal zerstreuet seien und man nicht wisse, wo man sie suchen solle es auch fast unmöglich sei, sie in den Archiven zu finden; er müsse daher um genaue Bezeichnung der Acten bitten: der König habe sich hierauf sehr günstig und willig gezeigt. Der König erließ auch sogleich einen Befehl, in den Archiven Nachforschungen anzustellen, und auch von Bernstorf schrieb am 27. September 1763, daß er im königlichen Archive nachsuchen lassen und im günstigen Falle das Gefundene übersenden werde. Aber es fand sich wieder nichts und so gerieth die Sache wieder 30 Jahre lang in Stocken.


Die Sache war jedoch ans Licht gebracht und bekannt geworden. Da schrieb am 16. Januar 1792 plötzlich der aus einer meklenburgischen adeligen Familie stammende dänische Hofgerichtsassessor und Kammerjunker Etatsrath von Koß zu Christiania in Norwegen, der die Angelegenheit mit besonderem Eifer verfolgte, daß er nach langem Suchen das bischöfliche schwerinsche Archiv auf der Universitäts=Bibliothek zu Kopenhagen in dem Legate des Geheimen Archivars Arnae Magnae gefunden habe, und sandte ein von dem Geheimen Archivar Thorkelin verfaßtes Verzeichniß ein, welches dieser in den Druck geben wollte, wenn er wegen der Kosten schadlos gehalten würde. Die meklenburgische Regierung wandte sich sogleich, am 22. Februar 1792, wieder an den König und an den Grafen von Bernstorf , welcher auch seine Bereitwilligkeit zur Hülfe erklärte, aber auch eröffnete, daß die Urkunden , wenn sie nach Kopenhagen gekommen sein sollten, wohl 1728 verbrannt seien; wenn sich aber auf der Universitäts=Bibliothek noch Urkunden fänden, so trage der König Bedenken, der Universität, "als einem Corpori" , ein vermachtes Eigenthum zu entziehen , jedoch werde man gerne Abschriften gestatten. Als aber die meklenburgische Regierung am 4. Junii 1792 die Auslieferung der Originalien wünschte, wurden die Unterhandlungen wieder abgebrochen und die Sache wieder in Stillstand gesetzt.

Durch das gewonnene Verzeichniß der Urkunden war man aber endlich zu der Gewißheit gekommen, daß in Kopenhagen Original=Urkunden des Bisthums Schwerin vorhanden waren. Im Jahre 1816 regte der um die meklenburgische Geschichte eifrig bemühte und hochverdiente meklenburgische Hofmarschall von Oertzen die Sache wieder an und die meklenburgische

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Regierung wandte sich am 16. April 1816 an den dänischen Minister Grafen von Bernstorf, königlichen Gesandten in Wien, Sohn des ehemaligen Ministers, und bat ihn um Vermittelung zu der Auslieferung der Urkunden. In Folge der Bemühungen des Grafen von Bernstorf erklärte denn am 3. Junii 1817 der dänische Staats=Ministers, von Rosenkranz, daß der König seine Zustimmung zu der Auslieferung der Urkunden aus der Arnae=Magnaeanischen Sammlung gegeben habe, in Erwartung gleicher Willfährigkeit gegen dänische Geschichtsforscher. In Folge königlicher Resolution vom 14. Mai 1817 lieferte die Commission diese Urkunden aus und veröffentlichte darüber in Dänemark (in "Collegial=Tidende, von Monrad und Oerstedt, 1818, Nr. 26, S.368,) einen Bericht, welcher in deutscher Uebersetzung folgendermaßen lautet:

"Die Commission für die Professor Arne=Magnussen'sche Stiftung hat über ihre Bestrebungen in den letztverflossenen sechs Jahren ihren allerunterthänigsten Bericht eingesandt, folgenden Inhalts u. s. w. Da von der Meklenburg=Schwerinschen Regierung ein Antrag auf Zurücklieferung einiger "Schwerinensia", die während früherer Kriege nach Dänemark gekommen, eingegangen war, hat die Commission durch ihren Secretair ein Verzeichniß dieser Documente (im Ganzen ungefähr 100 Nummern , in der That gegen 120,) anfertigen lassen, und da diese Handschriften meistens jenes Land betreffende Details enthalten, erklärte sie sich zur Auslieferung der genannten Papiere bereit, obschon dieselben von dem Stifter des Legats seiner Zeit durch Kauf für seine Sammlung erworben waren, unter der Voraussetzung jedoch , daß die Schwerinsche Regierung wiederum diejenigen Aufklärungen für die dänische Geschichte mittheilen werde, die in den Archiven ihres Landes enthalten sein mögen. In Folge Allerhöchster Resolution vom 14. Mai 1817 sind diese Documente von der Commission ausgeliefert."

Die meklenburgische Regierung erbot sich zu einem Geschenke für die Commission, welches jedoch abgelehnt ward, und man kann nur sagen , daß sich die Commission höchst vor urtheilsfrei, freigebig und uneigennützig zeigte. Am 22. Julii 1817 schickte der meklenburgische Consul Hiorthoy die Urkunden mit Schiffsgelegenheit nach Rostock, wo sie am 22. August 1817 ankamen und von wo sie am 23. August 1817

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nach Schwerin geschickt wurden. Der Consul Hiorthoy zahlte dem Geheimen Archivar Etatsrath Thorkelin, Secretair der Commission , für seine Bemühungen im Namen der meklenburgischen Regierung ein Geschenk von 10 Louisd'or und erhielt selbst ein Geschenk von 6 Louisd'or. Hieraus ist die Sage entstanden, daß die meklenburgische Regierung die Urkunden gekauft habe, eine Annahme, welche sich nach den beiderseitigen Acten als unrichtig erweiset.

Diese Urkunden , ungefähr 100 an der Zahl, sind Original=Urkunden des Bisthums Schwerin, liefern also den Beweis, daß ein großer Theil des schwerinschen Stiftsarchivs nach Dänemark gekommen ist. Die Urkunden fallen meist in das 14. und 15. Jahrhundert, gehören nicht zu den wichtigeren Urkunden des Bisthums und wurden in Abschrift schon alle von dem Landrath von Negendank gewonnen und durch dessen Vermittelung zum größeren Theile schon in Schröder's Papistischem Meklenburg gedruckt.

Nachdem die meklenburgische Regierung dieses Ergebniß erkannt hatte, forderte sie noch ein Mal in Kopenhagen an, erhielt aber am 11. April 1818 von dem dänischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten von Rosenkranz die Versicherung, daß in der Urkundensammlung der Arnae=Magnaeanischen Stiftung keine Urkunden über das Stift Schwerin mehr aufgefunden seien, obgleich die ganze beträchtliche Urkundensammlung mit äußerstem Fleiß durchsucht worden sei: und dies hat sich auch nach bewährten Versicherungen bis in die neuesten Zeiten als zuverlässig bewiesen.


Zur richtigen Erkenntniß der Entführung und der Schicksale der schwerinschen Stiftsurkunden ist es nöthig, einen kurzen Blick auf die Arnae=Magnaeanische Stiftung in Kopenhagen zu werfen. Im ersten Viertheil des 18. Jahrhunderts lebte in Kopenhagen Arne Magnussen (Arnas Magnaeus), ein Isländer aus altem Geschlechte, geboren am 13. November 1663 auf dem Pfarrhofe Ovenna=brecka auf Island, wo sein Vater Magnus Jonsen 1658 1666 Pfarrer, nachher Districtsvogt war. Ueber Arne Magnussen giebt es eine gediegene Lebensbesehreibung von Werl auff: Biographiske Efterretninger om Arne Magnussen, af E. C. Werlauff, in Tidsskrift for Old kyndighet, Bind III., Kiöbenhavn, 1836, S. 1-167. Nach einer raschen ausgezeichneten Schulbildung ging er im Jahre

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1683 nach Kopenhagen auf die Universität und trat im Jahre 1684 bei dem Professor Bartholin als Amanuensis zur Bearbeitung der isländischen Alterthümer ein. Im Jahre 1685 reiste er nach Island, um den Nachlaß seines Vaters zu ordnen, zugleich aber auch , um alte Hanschriften zu sammeln. Von jetzt an begann er mit ungewöhnlicher Thätigkeit und großer Begabung bedeutende Forschungen und Reisen zur Sammlung reicher Schätze von Handschriften. Er machte große Forschungsreisen nach Island, Norwegen und Deutschland, wo er sich 1694 besonders lange in Leipzig aufhielt, und brachte sowohl in diesen Ländern, als auch in Dänemark, unglaublich große Schätze von Handschriften und Urkunden zusammen. lm Jahre 1697 ward er Archiv=Secretair mit den Geschäften eines Geheimen Archivars und dazu im Jahre 1701 Professor der Geschichte und Universitäts=Bibliothekar; er blieb bis zu feinem Tode am 7. Januar 1730 vorzüglich als Universitäts=Bibliothekar thätig. Während seines ganzen wissenschaftlichen Lebens wandte er alle denkbaren Bemühungen und Opfer auf, um auf jedem Wege von nah und fern alte Handschriften zu kaufen , was damals noch möglich war, jetzt aber fast unmöglich ist, und brachte auf diese Weise einen Schatz zusammen, dessen Größe und Werth noch jetzt wahrhaft staunenswerth ist und zu den größten Zierden Kopenhagens gehört. Wenn es auch sein Hauptstreben war, alte nordische Handschriften zu kaufen, so ist es doch bekannt, daß er auch alte Urkunden in ganz Europa aufkaufte und ohne Berücksichtigung der Opfer alle zu erwerben trachtete, welche nur irgend zu erreichen waren; die noch gegenwärtig vorhandenen, verhältnißmäßig geringen Ueberreste bilden noch ein ganzes ansehnliches Archiv. Leider erlebte der seltene Mann kurz vor seinem Tode den schmerzlichsten Verlust, den er nur erleiden konnnte. Am 20. October 1728 brach die große Feuersbrunst in Kopenhagen aus. In dieser ging auch die ganze Universitäts=Bibliothek unter und mit derselben gewiß mancher seltene Schatz an Handschriften und Urkunden. Am 31. October ergriff der Brand auch die Schätze des Bibliothekars Arne Magnussen, welcher eine so große Ausdehnung des Feuers nicht gefürchtet und daher keine Anstalten zur Rettung seiner Sammlungen ans seiner Wohnung getroffen hatte. Seine Büchersammlung ging fast ganz verloren. Von den alten Handschriften ward kaum der dritte Theil gerettet, jedoch glücklicher Weise die größte Masse der alten isländischen Handschriften, die er in seinem Studierzimmer aufgestellt hatte. Die sehr große Sammlung von Urkunden aller Art verbrannte aber zum größ=

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ten Theile; un d dennoch ist der übrig gebliebene Rest noch sehr bedeutend. Arne Magnussen überlebte diesen Verlust nicht lange; er starb schon am 7. Januar 1730. Nach dem Brande fuhr er jedoch bis zu seinem Tode unermüdet und unermüdlich fort zu sammeln. Die aus dem Brande geretteten Schätze vermachte er der Universitäts=Bibliothek zu Kopenhagen, wo sie noch jetzt aufbewahrt werden. Wie bedeutend Arne Magnussen's Schätze gewesen sein müssen, zeigen noch jetzt die Ueberreste auf der Universitäts=Bibliothek, welche einen wahrhaft bewundernswerthen Umfang haben und in ihrer Art kaum ihres gleichen auf der Welt haben dürften. Die altisländischen und alt=nordischen Sammlungen allein zählen jetzt noch 1761 Handschriften, unter denen sich 365 alte Pergamenthandschriften von dem größten Werthe befinden. Die norwegischen Urkunden sind in 100 Fascikel geordnet und die isländischen Pergamenturkunden belaufen sich auf 1600.

In dieser Sammlung befand sich auch eine Sammlung von Urkunden des Bisthums Schwerin, wahrscheinlich der letzte Rest des bischöflichen Archivs im Privatbesitze, da wohl anzunehmen ist, daß Arne Magnussen noch mehr schweriner Urkunden besaß, welche der Brand vernichtet hat. Und doch ist es für ein großes Glück zu achten, daß Arne Magnussen diese Urkunden sammelte und daß durch ein günstiges Geschick doch noch so viele aus dem Brande gerettet sind.


Diese 120 Urkunden sind dieselben, welche die Verwaltungs=Commission der Arne Magnussenschen Stiftung im Jahre 1817 an die meklenburgische Regierung abgetreten hat. Sie geben den sichern Beweis, daß das Archiv des Bisthums Schwerin nach Kopenhagen gekommen und hier früh zerstreut ist, da Arne Magnussen Gelegenheit finden konnte, so viele schwerinsche Urkunden an sich zu bringen. Zugleich giebt diese Sammlung aber auch den Beweis, daß das schwerinsche Archiv nicht in das königliche Archiv kam, sondern an einem leicht zugänglichen Orte untergebracht gewesen sein muß, von wo es sich leicht zerstreuen konnte.


Dennnoch waren nach den Erwerbungen des Landraths von Negendank und namentlich nach den von Schröder im Papistischen Meklenburg schon gedruckten Andeutungen und Urkunden Zeichen vorhanden, daß in Kopenhagen noch mehr schwe=

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rinsche Urkunden vorhanden seien. Aber am 6. December 1818 berichtete der Hofmarschall von Oertzen, daß die Versuche, welche er während seines Aufenthalts in Kopenhagen gemacht habe, Nachrichten über das schwerinsche Stiftsarchiv einzuziehen, gänzlich vergeblich gewesen seien. Der Geheime Archivar Thorkelin habe ihm versichert, "daß sich ganz bestimmt die Urkunden nicht im königlichen Archive befänden und er es nicht für unmöglich halte, daß das Pergament während Königs Christian IV. Regierung zu Patronen benutzt" worden sei. Am 16. December 1823 erhielt der meklenburgische Obrist von Kamptz den Auftrag, durch den dänischen Justizminister von Kaas, den er in Carlsbad kennen gelernt hatte, die Aufsuchung und Auslieferung der etwa noch vorhandenen Urkunden zu bewirken. Auf des Ministers Bemühungen erklärte aber Thorkelin wiederholt, daß im königlichen Archive nur Urkunden über gegenseitige Staatsverhandlungen vorhanden seien; ein Verzeichniß dieser Urkunden aber dürfte nach des Ministers Ansicht als ungebräuchlich nicht zu erwarten sein.

Als ich vom 26. Junii bis 6. Julii 1845 zu antiquarischen Studien in Kopenhagen war, erhielt ich auf Empfehlung der meklenburgischen Regierung durch Beförderung des Staatsministers Grafen von Reventlow=Criminil Zutritt zum königlichen Archive und der damalige Geheime Archivar Conferenzrath Finn Magnussen gab mir durch Vorlegung bischöflich=schwerinscher Urkunden den Beweis, daß im königlichen Archive zu Kopenhagen noch schwerinsche Stiftsurkunden aufbewahrt waren. Da die Zeit zu kurz gemessen, auch keine Vorbereitung getroffen war, ein so großes Geschäft, wie die Erforschung der etwa noch vorhandenen Urkunden auszuführen, so ward die Verabredung getroffen, daß von den vorhandenen meklenburgischen Urkunden Abschriften genommen und eingesandt werden sollten. Das meklenburgische Archiv erhielt auch im Jahre 1845 eine Lieferung Abschriften von 32 meklenburgischen Urkunden verschiedener Art, unter denen sich auch einige schwerinsche Stiftsurkunden befanden; darauf gerieth aber die Sache wieder in Stocken, bis der Geheime Archivar Finn Magnussen am 24. December 1847 starb.

Eine große Ueberraschung ward mir im Jahre 1845, als ich auf der Universitäts=Bibliothek in der Arnae=Magnussenschen Sammlung in einem Schrank eine Schieblade mit der Aufschrift "Zuerinensia" sah, aber auch eine eben so große Enttäuschung., als ich die Schieblade leer fand, welche die 1817 ausgelieferten Urkunden enthalten hatte und noch die alte Aufschrift trug.

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Nach Beruhigung der politischen Zustände trat ich mit dem jetzigen Geheimen Archivar Conferenzrath Wegener über diese Angelegenheit in Verbindung. Dieser ging auch im Jahre 1858 auf die freundlichste und bereitwilligste Weise auf meine Anfragen und Wünsche ein und erklärte mir, daß sich allerdings im königlichen Geheimen Archive noch viele Urkunden des Bisthums Schwerin und anderer geistlichen Stiftungen Meklenburgs fänden, und bot sich zu jeder hülfreichen Dienstleistung an, namentlich wenn ich selbst nach Kopenhagen kommen würde, um Abschrift von den vorhandenen Urkunden zu nehmen; er hielt sich jedoch für verpflichtet, sich gegen die Auslieferung der Urkunden zu erklären, da die Stiftsurkunden , wie es auch zweifellos ist , nicht im königlichen Archive zur Aufbewahrung niedergelegt, sondern von dem Archive nach und nach erworben und diesem einverleibt seien. In Folge gegebener Erlaubniß und unter der besondern Protection Sr. Majestät des Königs Frederik VII. begab ich mich daher mit Bewilligung und Unterstützung des meklenburgischen Staatsministerii mit dem Archivschreiber Jahr am 12. Mai 1859 nach Kopenhagen, wo ich mit dem letztern bis zum 17. Iunii ununterbrochen im Geheimen Archive arbeitete. Es ward uns hier durch den Geheimen Archivar Wegener und sonst mit der allergrößten Bereitwilligkeit und Zuvorkommenheit jede gewünschte Anfklärung gegeben, der gesammte Stoff vorgelegt und alle mögliche Erleichterung und Annehmlichkeit geboten, so daß ich annehmen kann, den Zweck vollständig erreicht zu haben. Vorzüglich angenehm war mir der gebotene Ueberblick, um mir ein richtiges Urtheil über die Schicksale des schwerinschen Stiftsarchivs zu bilden.

In den jetzigen Sammlungen des Archivs finden sich zwar viele Stiftsacten und Urkunden, aber nicht in der alten Hauptsammlung oder dem eigentlichen königlichen Geheimen Archive, welches nur zwei päpstliche Bullen für das Kloster Rühn von 1397 und für das Bisthum Schwerin von 1516 enthält, welche auch auf andere Weise, als durch die Flucht vom Jahre 1627, nach Dänemark gekommen sein können. Die Masse der Urkunden und Acten des Stifts Schwerin befindet sich in einer in neuern Zeiten angelegten Nebensammlung des Archivs, welche aus später erworbenen Urkunden besteht und den Titel "Accessoria " führt, also für Meklenburg den Titel: "Accesoria Mecklenborg". Hieraus geht hervor, daß das schwerinsche Stiftsarchiv nicht im königlichen Archive deponirt sein könne, weil in diesem Falle ohne Zweifel alles Deponirte noch im Archive vorhanden sein würde. Das schwerinsche Archiv wird

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also ohne Zweifel ohne besondere Aufsicht an einem jetzt nicht mehr bekannten Orte in Kopenhagen niedergesetzt und dadurch nach und nach zerstreut worden sein, da sonst nicht so viele schweriner Urkunden in so verschiedenen Sammlungen von Gesellschaften und Privatleuten vorhanden gewesen sein würden, wie sie z. B. Arne Magnussen erwerben konnte. Daher ist sicher anzunehmen, daß das Archiv in spätern Zeiten durch Gabe, Kauf oder sonst in den Besitz der Accessoria gekommen ist, wie sich noch heute bei manchen Privatleuten alte Urkunden allerlei Art finden. Vieles mag auch untergegangen sein, nicht allein in dem großen Brande von 1728 bei Arne Magnussen und andern Privatleuten, und in spätern Bränden, sondern auch bei andern Gelegenheiten. So ist es z. B. viel besprochen, daß bei der Vermählung des Kronprinzen Christian, eines Sohnes des Königs Christian IV., am 5. October 1634, der König Erlaubniß gegeben habe, die alten zugänglichen und zerstreuten Pergamente und Papiere zu den Feuerwerken zu benutzen, welche von der Hofverwaltung in Kopenhagen gegeben wurden und wodurch viel Werthvolles untergegangen ist. In den Unruhen des dreißigjährigen Krieges ist ohne Zweifel auch viel vernachlässigt.


Ich berichte nun darüber, was ich im königlichen Archive an alten Urkunden gefunden habe.

1) Im alten Geheimen Archive fand ich 2 päpstliche Bullen, eine für das Kloster Rühn vom Jahre 1397 und eine für das Bisthum Schwerin vom Jahre 1516, welche beschädigt und wohl in Privathänden gewesen sind.

2) In der Sammlung des Geheimen Archivs "Accessoria Mecklenborg" fand ich 74 alte Urkunden, nämlich 50 des Bisthums Schwerin von 1327-1553, 13 des Klosters Rühn von 1261-1558, 2 des Klosters Dobbertin von 1579, 1 des Klosters Neukloster von 1516 (Arcimbolds Ablaßbrief), 1 der Universität Rostock, 4 des herzoglichen Hauses Meklenburg von 1344, 1 der Stadt Rostock von 1514, .2 von Privatleuten 1346-1361.

3) In der Sammlung der königlich=dänischen Gesellschaft für vaterländische Geschichte und Sprache im Geheimen Archive fand ich auch 10 meklenburgische Urkunden, und zwar 1 päpstliche Bulle für das Bisthum Schwerin von 1252, welche sicher aus dem schwerinschen Archive stammt, und 9 Urkunden des Klosters zum Heiligen Kreuz und des Hospi=

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tals zum Heiligen Geist in Rostock. Diese Urkunden sind im Jahre 1750 von dem Lieutenant Schervin der Gesellschaft geschenkt worden. Die seit länger als hundert Jahren bestehende, von dem berühmten Geschichtsforscher Langebeck gestiftete Gesellschaft sammelte auch Urkunden, hat aber in neuern Zeiten ihre Urkunden=Sammlungen dem königlichen Geheimen Archive übergeben. Es sind also von 3 verschiedenen Orten her alte schwerinsche Stiftsurkunden ins königliche Archiv gekommen. Es leidet daher keinen Zweifel, daß das schwerinsche Stiftsarchiv in Kopenhagen früh zerstreut worden und daß hier gewiß vieles davon untergegangen ist.

Ich habe also im Jahre 1859 wieder 52 Urkunden des Bisthums Schwerin in Abschrift nach Schwerin gebracht , wozu noch mehrere kommen , welche das schweriner Archiv im Jahre 1845 in Abschrift gewann. Außer den aufgeführten Urkunden fand ich aber Gelegenheit, auch noch von andern meklenburgischen Urkunden Abschrift zu nehmen, so daß ich im Jahre 1859 mehr als 110 Urkunden in Abschrift nach Schwerin brachte.

Diese Zahlenverhältnisse stimmen auch ungefähr zu der Zahl der Urkunden, welche der Landrath von Negendank in Abschrift gewann. Negendank hat nur 3 nicht wichtige Briefe mehr, welche sich jetzt nicht in Kopenhagen und in Schwerin haben finden lassen. Sonst hat die Negendanksche Sammlung keine Urkunde, welche sich jetzt nicht im Archive zu Schwerin befände, ein Beweis, daß man schon 1740 in Kopenhagen den ganzen Vorrath schwerinscher Urkunden übersah, als von Negendank sich die Abschriften zu verschaffen wußte.


Diese Darlegungen geben einen klaren Ueberblick über die alten Urkunden des Stifts Schwerin, welche in Kopenhagen zu suchen gewesen sind. Anders verhält es sich aber mit den jüngeren Urkunden und Acten über das Sift Schwerin und das Kloster Rühn. Es findet sich nämlich in der Archiv=Sammlung "Accessoria Mecklenborg" zu Kopenhagen noch eine sehr große Masse jüngerer Urkunden und Acten, welche offenbar und ohne Zweifel aus dem Archive des Admi nistrators Ulrich III. Prinzen von Dänemark stammen. Es liegen hier z. B. viele Original=Urkunden über schwerinsche Stiftsgüter und Zehnten, alle Original=Urkundtn über die Wiederherstellung des Klosters Rühn seit 1578 und dessen Güter,

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alle Acten über die Verwaltung des Klosters, umfangreiche Einnahme=und Ausgabe=Register, Inventarien, alte Acten anderer Klöster, welche offenbar zur neuen Einrichtung des Klosters Rühn gebraucht sind, fürstliche Hauspapiere und Correspondenzen aller Art aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Diese Sachen sind so umfangreich, daß sie eine kleine Registratur bilden und nur verzeichnet werden konnten. Sie geben aber den Beweis, daß die Urkunden und Acten, welche im Jahre 1627 vor den Kaiserlichen gerettet wurden, das Archiv des Administrators des Stifts bildeten und nach Kopenhagen gekommen sind, ohne daß jedoch behauptet werden kann, daß der Administrator im Besitze des ganzen Archivs des Bisthums gewesen sei. Dies erhellt aus manchen merkwürdigen Umständen. So lagen zu Kopenhagen in dem Archive des Admini strators von den alten Urkunden des Klosters Rühn nur die Urkunden über das Patrotnat der Kirche zu Frauenmark (vgl. Jahrb. XXV., S. 293), welche wahrscheinlich zu irgend einer Verhandlung benutzt und nach Bützow geschickt gewesen sind. Wären alle Urkunden des Klosters in den Händen des Administrators gewesen, so hätten sich gewiß mehr und noch andere Urkunden in Kopenhagen gefunden.


Ein ungefährer Ueberblick über die jetzt bekannten Urkunden des Bisthums Schwerin, deren 1700 Stück gewesen sein sollen, wird den Beweis geben daß das Archiv sehr früh zerstreut worden ist, und daß es sicher dem Archive sehr geschadet hat, daß das Dom=Capitel, welches seit der Reformation gewiß sehr nachlässig ward, einen Theil der Urkunden besaß, und der bischöfliche Administrator einen andern Theil durch seine Beamten verwalten ließ, welche in Bützow gewiß auch nicht sehr sorgsam mit den alten Urkunden umgingen. Das Dom=Capitel besaß bei der Auflösung desselben noch gegen 200 Urkunden, welche in dem "Schranke" lagen, welches Wallenstein auf das Schloß zu Schwerin hatte bringen lassen und welches am 23. Januar 1644 wieder an das Dom=Capitel zurückgeliefert ward. Nach dem noch vorhandenen Inventarium waren darunter viele Urkunden aus dem 13. und 14. Jahrhundert, aber auch viele "unleserliche Briefe". Dieser Schrank hat lange in dem "Capitelhause" am Dome gestanden, wo ich ihn vor vielen Jahren noch gesehen habe, und mag noch jetzt dort stehen. Hier wird viel vermodert und abhanden gekommen sein. Wahrscheinlich sind die Ueberreste

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dieser Sammlung in das landesherrliche Archiv zu Schwerin gekommen und haben den Grund zu der jetzigen Urkunden=Sammlung des Stifts Schwerin gebildet; jedoch läßt sich dies zur Zeit noch nicht übersehen. Es lagen jedoch noch in neuern Zeiten einige Urkunden im Capitelhause. Im Jahre 1778 hatte der Professor Martini zu einem Programme mehrere Urkunden des Stifts Schwerin benutzt, welche im Archive fehlten. Auf Anfrage äußerte er, daß sie ihm von einem guten Freunde mitgetheilt und muthmaßlich in Schwerin vorhanden seien. Hierauf berichtete der Kirchen=Visitations=Secretair Menckel, daß "die wenigen Urkunden, welche sich gegenwärtig

in der Domkirchen=Registratur auf dem Capitelhause befänden, erst aus Staub und Moder hervorgesucht seien, als von ihm in den ersten 8 Jahren seines Amtes die ganze Registratur in Ordnung gebracht" sei. In Folge dessen wurden im October 1778 von Menckel 12 Urkunden aus dem 16. und 17. Jahrhundert an das Archiv abgegeben und im Februar 1779 noch 30 ähnliche Urkunden nachgeliefert. Vor etwa 20 Jahren fand ich bei genauer Revision keine. Urkunden mehr im Capitelhause.


Nach allen diesen Bestrebungen bestehen die Ueberreste des bischöflich=schwerinschen Archivs aus folgenden Urkunden:

I . aus den Urkunden, welche zu verschiedenen Zeiten von dem Dom=Capitel zu Schwerin ins Archiv gekommen sind;

II. aus den Urkunden, welche aus dem Archive des Stifts=Administrators zu Bützow im Jahre 1627 nach Kopenhagen versetzt und von hier

a. im Jahre 1817 aus der Arne=Magnussenschen Sammlung auf der Universitäts=Bibliothek zurückgegeben,

b. im Jahre 1859 aus dem königlichen Geheimen Archive in Abschrift nach Schwerin gebracht und

c. im Jahre 1859 aus Privat=Sammlungen ebenfalls in Abschrift nach Schwerin gebracht sind;

III. aus Urkunden, welche sich zerstreut in Deutschland gefunden haben.

a. Die wichtige ächte Original=Urkunde des Herzogs Heinrich des Löwen über die Stiftung des Bisthums Schwerin vom Jahre 1171 (vgl. Lisch Meklb. Urk. III., S. 23 flgd.) ist wahrscheinlich mit noch andern Urkunden nach des Archivars Schultz d. ä. Bericht im Anfange des 18. Jahrhunderts in dem am Dom befindlichen Archive zu Güstrow gefunden worden. Dieser Fund giebt den Beweis, daß im Jahre 1627 nicht

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alle Urkunden von Bützow nach Kopenhagen, sondern auch Urkunden von Bützow nach Güstrow in die Wallensteinsche Canzlei gebracht sind.

b. Die wichtige Original=Bulle des Papstes Urban III. vom Jahre 1185 ist im Jahre 1859 von dem Herrn Archiv=Registrator Sudendorf im königlichen Staats=Archive zu Hannover entdeckt worden( vgl. Jahrb. XXVI., S. 90).Es ist nun freilich möglich, daß diese Urkunde schon in den ältesten Zeiten im braunschweig=lüneburgischen Archive zurückbehalten ist ;sie kann aber auch in jüngern Zeiten dahin gekommen sein.

c. Mehrere meklenburgische Original=Urkunden liegen im Archive der Stadt Hamburg und wurden mit Bewilligung des Senats von dem Archivar Dr. Lappenberg dem Verein für meklenburgische Geschichte in Abschrift mitgetheilt. Von denselben betreffen 6 ausschließlich das Bisthum Schwerin, namentlich die Verwaltung des Bisthums durch den Bischof Gottfried aus den Jahren 1297, 1305 und 1314. Wenn sich nun auch annehmen ließe, daß diese Urkunden in Verhandlungen mit dem Erzbisthum Bremen in Hamburg liegen geblieben sein könnten, so ist es doch auch möglich, daß sie aus dem zerstreuten Stiftsarchive stammen, da einige Zeit später der Archivar Dr. Lappenberg dem Vereine wieder 12 Original=Urkunden der Vikareien zu Sternberg aus dem Nachlasse des Professors Hermann zu Hamburg schenkte.

Aus allen diesen Andeutungen geht hervor, daß die Urkunden des Bisthums Schwerin seit langer Zeit weit zerstreut und sehr vernachlässigt, keineswegs aber alle in Kopenhagen zu suchen sind.

Es ist möglich daß Privatleute in Kopenhagen noch im Besitze von alten Urkunden sind und ich bin so glücklich gewesen, manches dieser Art zu sehen (vgl. Jahrb XXV., S. 191), habe aber keine meklenburgische Urkunde darunter gefunden. Man ist auch seit längerer Zeit sehr bemüht, die verborgenen Quellen zu öffnen, und es würden sicher Nachrichten davon zu haben sein, wenn noch irgendwo nennenswerthe Schätze vorhanden wären.

Auch in den Bibliotheken Kopenhagens finden sich weder Urkunden , noch andere Handschriften des Bisthums Schwerin. Die große königliche Bibliothek besitzt dergleichen nicht, wie mir der Ober=Bibliothekar Conferenzrath Werlauff und der Bibliothekar Justizrath Bölling auf das Bestimmteste versichert haben und ich selbst durch das Studium der Handschriften=Kataloge erfahren habe. Daß auch die Uni=

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versitäts=Bibliothek nichts mehr besitzt, haben mir der frühere Bibliothekar, spätere Minister Madvig und der jetzige Bibliothekar Thorsen eben so bestimmt versichert und ich habe mich selbst durch das mir bereitwilligst gestattete Studium der Handschriften=und Urkunden=Kataloge davon überzeugt.


Ich bin daher fest überzeugt, daß jetzt in Dänemark keine Urkunden des Bisthums Schwerin mehr zu finden sind und keine Orte nachgewiesen werden können, wo noch Urkunden zu finden wären. Ich glaube, daß jetzt alles zusammengebracht ist, was zu finden gewesen ist, und dies reicht auch schon aus, um eine Geschichte des Bisthums herzustellen , namentlich mit Hülfe des vollständigen Urkundenverzeichnisses von Daniel Clandrian vom Jahre 1609, als die Urkunden noch ziemlich vollständig beisammen waren. Eben so fest glaube ich, daß sehr viel untergegangen und unwiederbringlich verloren ist. Namentlich fehlen viele wichtige Urkunden über die Einrichtung, die Ordnung, die Güter und die Grenzen des Stifts aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts ganz.

Die einzige Aussicht bleiben noch die alten Diplomatarien oder Abschriftenbücher, deren das Stift selbstverständlich und nach urkundlichen Aussagen mehrere besaß. Von diesen ist in Meklenburg und Dänemark keine Spur zu finden. Da aber Wallenstein die Capitelurkunden auf das Schloß zu Schwerin bringen ließ, so wäre es möglich, daß die schweriner Diplomatarien als leicht transportable Bücher bei dem Abzuge des wallensteinschen Cabinets, von welchem im schweriner Archive nichts vorhanden ist, mit nach Böhmen auf die wallensteinschen Schlösser, nach Dux oder Gitschin, gekommen wären. Nach mir gewordenen sichern und achtungswerthen Mittheilungen befindet sich zu Gitschin noch ein großes altes wallensteinsches Archiv.

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