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Die Burg Glaisin
und
die Connoburg

von

G. C. F. Lisch.

Viel besprochen ist die starke Burg Glesîn, in welcher im Jahre 1298 sich ein übermächtig trotzender Ritter Hermann Riben mit seinen Anhängern verschanzt hatte und von vielen mächtigen Fürsten Norddeutschlands belagert ward, bis endlich die Fürsten die Burg gewannen und zerstörten und die meisten der Ritter und ihre Genossen aufhängten, als eben der Fürst Heinrich der Pilger von Meklenburg aus seiner 26jährigen Gefangenschaft in sein Vaterland heimgekehrt und bei seinem Sohne Heinrich dem Löwen vor Glaisin angelangt war.

Diese Geschichte war bis auf die neuern Zeiten sehr dunkel, da alle Nachrichten sich auf eine nicht sehr ausführliche Erzählung in der lübischen Chronik beschränkten, deren Werth kaum erkannt war. Seitdem aber die lübischen Chroniken herausgegeben sind, fließen die Quellen etwas sicherer und reichlicher. Dennoch sind die lübischen Chroniken die einzigen Quellen, da bisher merkwürdiger Weise keine Urkunde aufgefunden ist, welche diese sehr merkwürdige Sache unmittelbar berührt.

Jedoch geben einige wichtige Urkunden Andeutungen über die Veranlassung dieser heftigen Fehde. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erhoben mehrere ritterliche Geschlechter in den ehemaligen Wendenländern kühn ihr Haupt gegen die wachsende Macht der Fürsten und die sich unglaublich rasch entfaltende Blüthe der Städte, wahrscheinlich aus Mißmuth über den Verfall der eigenen Macht und in Rückerinnerung an den ehemaligen Einfluß in der wendischen Zeit, und suchten auf eigene Faust durch Vesten, Fehden und Raubzüge ihr Gewicht wieder geltend zu machen. Vorzüglich machte sich dieser Uebermuth in den westlichen Gegenden von Lübeck bis an die Elbe, bis gegen Dömitz hin, besonders im Herzogthume Sachsen=Lauenburg 1 ), als dem Mittelpuncte, breit. Schon seit der Mitte des 13. Jahrh. hatten sich die Fürsten dieser


1) Vgl. Lappenberg von den Schlössern der sachsen=lauenburgischen Raubritter, Separat=Abdruck aus dem Vaterland. Archiv für Lauenburg, I, Heft 2, 1857.
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Gegend und die spätern Hansestädte durch verschiedene und wiederholte Bündnisse zu stärken gesucht und zuletzt, besonders am 14. Junii 1283, ein umfassendes Landfriedensbündniß zu Rostock geschlossen, welches immerfort durch Beitritt an Ausdehnung gewann. Dennoch wiederholten sich die ritterlichen Aufsässigkeiten, bis am 19. Jan. 1291. durch Vermittelung der Herzöge von Braunschweig und der Grafen von Holstein und Schwerin zwischen den meklenburgischen Fürsten, den Grafen von Schwerin und Danneberg und der Stadt Lübeck, von der einen, und den Rittern Hermann Ribe und Reimbern v. Karlow und ihren Genossen, von der andern Seite, zu Dutzow ein Vertrag 1 ) geschlossen ward, nach welchem viele ritterliche Festungen bis auf den Grund zerstört und deren Gräben ausgefüllt, auch keine andere Festung wieder aufgebaut werden sollte; unter den vielen abzubrechenden Festungen werden namentlich auch Wehningen und Walrow (Warlow) genannt, welche beweisen, wie weit gegen Südwest hin der ritterliche Festungsgürtel ausgedehnt war. Diesen Vertrag hatten nun Hermann Ribe und seine Genossen nicht gehalten, sei es daß sie ihre Festen nicht gebrochen, sei es daß sie neue aufgeführt hatten. Ohne Zweifel um dem Vertrage von Dutzow Geltung zu verschaffen, belagerten nun die Fürsten die Burg Glesin, in welcher Ribe sich mit seinen Gefährten verschanzt hatte.

Statt überarbeitender Erzählung lasse ich hier die ausführlichen Berichte der Chroniken selbst folgen.

Die sicherste gleichzeitige Quelle ist wohl das Fragment der lübischen Chronik des lübischen Kanzlers Albrecht von Bardewik 2 ) von 1298-1301 welcher den Streit erlebte und die sehr ausführliche Geschichte an die Spitze stellt.

"Jmme iare van godes bort over dusent unde twehundert in deme achten unde neghentychghesten iare leyt scryuen dyt registrum her Albrecht van Bardewic tho des rades unde der meynen stades uut.

By desen tyden seude och vele wonders in der werlde. De edele man de here her Hinric van Mekelenborch, de ghevanghen wart over mere au pelegrimaze uppe deme weghe tho deme heylyghen grave unde ghevanghen lach XXVI iar by Babelonie up eneme torne de heet Kere, den leyt de soldan ledich unde los der syne ghude, wente men sprach over al dat laut, dat he heylich were. Unde de soldan de gaf eme och weder sinen knapen, de myt eme


1) Vgl. Urk. Buch der Stadt Lübeck, I, S. 515, Nr. 572.
2) In Grautoff's Lübeckischen Chroniken, I, S. 414-417.
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over mer ghevanghen wart, de heet Martin Bleyer. - - - Darna karde he van dannen unde quam tho Rome des vrighedaghes vor pinckesten."

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"Hyrunder stalleden vor dat hus tor Glesyn de edelen vorsten her Johan unde her Albrecht de brodere de hertoghen von Sassen unde marcgreuen Otten lude des langhen, (her Conrat Vulf was syn hovetman,) unde marcgreuen Otten lude myt dem pyle unde sines broder marcgreven Conrades, der edelen vorsten van Brandenborch, unde andere edele heren, greve Nicolaus van Zwerin unde greve Ghuncelyn van Zwerin, greven Helmoldes sone, unde de here her Johan von Ghodebuus unde de junghe her Hinric van Mekelenborch, des olden hern Hinrikes sone, de over mere ghevanghen was, unde her Ghans van Putlast unde de stat van Lubeke. De hovetman des huses, dar dyt here vore lach myt groter cost, dat was her Herman Rybe de iunghe, de andere was her Johan van Slawekesdorpe, dat drudde was her Syvert van Plone, heren Otten broder van Plone. De uppe deme hus weren cundich unde sere vormeten; se lepen de sperwescele van deme hus; de darvore leghen, lepen geghen se, dar wart eyn grot walch. To iunghest van dem hus wart ghevanghen Echart Rybe sulf veyrde, de dre waren blote knechte, an eyner sperwescele. Desse sulve Echart was hern Hermannes broder Ryben, des des huses was eyn hovetman. Desulve Echart Rybe hadde ane eynen blawen roch, do he ghevaughen wart; den roch leten eme de heren utthen unde leten eyneme van den dreyn, de myt eme ghevanghen worden, den roch antheyn, unde tho hant darna leten de vorsten unde de heren se hangen vor dat hus, der den willen, dat de uppe deme hus des wenen scolden, dat yt Ecchart Rybe were, de dar hanghede myt dem blawen rochke. Dese Echart Rybe wart ghevanghen in den torn to Zwerin ghevort. De uppe deme hus weren, worden grymmich unde deden deme heere groten scaden; se thohouwen de lude unde schoten riddere unde knapen dhot unde wundeden sere uter maten vele ghoder lude."

"Do de vorsten unde de heren dit seghen, dat man se unde ere man so hatlyken menden, se ghingen tho rade unde legheden eyn dync; hertoghe Albrecht van Sassen de sath dat rychte, de heren worden cleghere. Men loth se;

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se ne quemen nicht vore tho gherichte. Do toch men eyn sveyrt unde scryede over se eyne warve, ander warve unde drudde warve over de defrovere unde over ere rechte vredebrekere, de up deme hus waren. Darna worden se vorvestent myt rechten ordelen: do worden se gheleghet vredelos unde rechtlos an landen unde an wateren, an steghen unde an weghen, an kerken unde an clusen und in allen godes husen. Hyrna voreyneden sich de heren myt den vorsten, wat se der vyende kreghen van deme hus, de mosten sterven kranckes dodes."

"Hyrunder quam van Rome tho lande de edele man her Hinric de here van Mekelenborch, de ses unde twintich iar over mere ghevanghen was, myt sundeme lyve tho syneme truwen leven wive vrowen Anastasian, se was heren Barnymes dochter des hertoghen van Stetyn."

"Tho hant hyrna quam de houetman her Herman Rybe sulf drudde by nachttyden van deme hus dor dat here, dat yt neyn man ne wiste. Aldus so untlosede he sulf drudde. Unlanghe darua beheylden de anderen dat hus; yt wart ghewunnen van den ghenen, de darvore laghen und worden al ghevanghen, almestich unthovedet unde ghehanghen. De edele man her Gans van Potlast de hanc sulven myt der hant den hovetman here Johanne van Slawekesdorpe. He was sin hatlyke vient dor den willen, dat de iunghe Rybe, here Johannes sone van Slawekesdorpe, here Ganse vench tho Wittenberghe inme stoven. Desse sulve Rybe van Slawekesdorpe unde syn cumpanye worden ghehanghen vor der Glesyn. De van Lubeke de hencghen och eynen bosen man, de heyt Wolteblock, unde synen cumpan vor dat sulve hus. Aldus wart dat quade uest thovoret unde de bosen lude thostoret myt groter gewalt."

"Hyrna tho hant quam tho Lubeke de sulve here her Hinric van Mekelenborch, de over mere ghevanghen was."

In den neuesten Zeiten ist eine andere Quelle in den lübischen Annalen (Annales Lubicenses, herausgegeben von Lappenberg in Pertz Script. hist. Germ. XVI, p. 417,) eröffnet. Diese Annalen gehen von 1264 bis 1324 und sicher nicht über das Jahr 1324 hinaus, sind also nur 25 Jahre nach Albert von Bardewik geschrieben und theils gleichzeitig, theils ohne Zweifel nach der ältesten lübischen Chronik abgefaßt. Diese lateinischen Annalen berichten:

"Hinricus dominus Magnopolensis, quia soldano

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Bailoniae captivatus et detentus erat plus quam 26 annis, perdita tota familia sua, liber dimissus est a soldano cum uno solo famulo suo Martine, qui tempore, quo esset dominus eius in diligenti custodia seratus, didicit contexere pannos sericos et totum pretium, quod a paganis deservivit, pro dicti sui domini exposuit nutrimento. Et venit ipse dominus Romae ad oscula pedum Bonifacii papae et, accepta ab eo benedictione, venit cum dicto suo famulo ad partes suas circa festum Bartholomaei, inveniens uxorein suam dominam Anastasiam, sororem Buxslai ducis Slavorum, adhuc vivam. Invenit etiam eius filium Hinricum, dominum Magnopolensem, in expeditione cum marchionibus et aliis principibus et nobilibus multis coram castro Glesyn, prope flumen Eldene fortissime aedificato a quodam Hermanne Riben, milite potente. Quod scilicet castrum cum difficultate expugnaverunt et praedones multos in eo captos suspenderunt."

Ungefähr hundert Jahre nach Albert von Bardewik giebt der Franziskaner Lesemeister Detmar (1368) in seiner lübischen Chronik 1 ) folgende Nachricht:

"1298. Jn deme sulven iare in sunte Bartholomeus daghe do quam to lande van over mer Hinric de here van Mekelenborch, den de soldan von babilonien hadde vanghen mer den ses unde twintich iar. - - - Do he quam uter vangnisse, he toch to Rome, dar vant he Allexander Hunen, der stat scrivere van Lubeke. - - - Do wart lutbar in deme lande, dat de edele here was ute so langher vangnisse van den heydenen over mere komen; dar halp eme en vorste in deme lande mit gohde, damede he mit sineme knechte Mertine quam to Lubeke. - - - Do he van Lubeke schedede, do toch he in sin land und quam vor Glesine, ein rofhus, dar sine sone Hinric do vore lag mit deme marcgreven unde mit anderen vorsten und heren vele, oc hadden de von Lubeke dar ere wepenere. Dat hus hadde buwet de weldige Ribe up de Eldene stark unde vast, manighen landen to schaden. Do de here dar quam, des wunderde en allen in deme lande, umme dat he so manich iar was dode seghet. - - - Jn corter tyd darna ghaf ghod, dat mit groteme arbeide wart das hus ghewunnen, dar we langhe hadden vore leghen.


1) Jn Grautoff's Lubeckischen Chroniken I, S. 172 flgd.
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Ritter und knechte wurden alle hanghen, de daruppe wurden vanghen.

Es ist die Frage, wo diese mittelalterliche ribensche Burg Glesin gelegen hat. Mehrere ältere Geschichtschreiber, z. B. A. Mylius in seiner Genealogie und Chemnitz sagen, sie habe am Schweriner See gelegen. Ihnen folgt noch Westphalen (Mon. IV, p. 891), indem er sagt, daß aus den Trümmern der zerstörten Burg Glasin der Hof Gallentin aufgebauet sei. Wahrscheinlich leiteten diese den Namen Glesin sehr gezwungen von Gallentin her und dachten vielleicht an die Glesin=Straße in der Stadt Schwerin vor dem Schlosse. Samuel Fabricius setzt in seiner handschriftlichen Chronik das "Schloß Glassin" nach dem Dorfe Glassin "bei Neukloster gelegen." Erst Rudloff verlegt, durch die lübischen Chroniken und einige Urkunden geleitet, in seiner Meklenb. Geschichte, II, 1785, S 122, 80 und 97, und in seiner Geschichte der Grafen von Danneberg, 1789, S. 38, die Burg Glesin nach dem Dorfe "Glaisin an der Elde, eigentlich Rögnitz". Und diese Bestimmung wird die einzig richtige sein.

Befragt man die Quellen, so berichten Albrecht v. Bardewik und gegen hundert Jahre später Ernst v. Kirchberg nicht, wo Glesin lag, dagegen sagen die neu entdeckten lateinischen lübischen Annalen und Detmar, daß die Burg Glesin an der Elde gelegen habe ("castrum Glesyn prope flumen Eldene" und "Glesine up de Eldene"); die lübischen Annalen sagen dabei vorsichtig, daß sie "nahe bei" ("prope") der Elde gestanden habe. Und diese Annahme wird wohl die richtige sein. Daß Glesin am schweriner See oder bei Neukloster gelegen habe, ist nicht gut anzunehmen, da diese Orte zu weit im Lande nahe bei den Festungen der kräftigen Herrscher von Schwerin und Meklenburg, im Lande Meklenburg, liegen. Vielmehr wird man durch die Umstände mehr in die südwestlichen Gegenden Meklenburgs geführt. Nach dem Landfrieden von Dutzow 1 ) vom 19. Jan. 1291 hatten die Riben und deren Genossen auch feste Burgen zu Wehningen und Warlow (Walerow) in der Grafschaft Danneberg gehabt, welche nach dem Vertrage abgebrochen werden sollten. Nun liegt aber Glaisin grade in dieser Gegend zwischen Warlow und Wehningen und den Orten am linken Ufer der Elbe gegenüber, in denen die ältesten Sitze der Riben zu finden sind.


1) Vgl. Lübeker Urk. Buch I, S. 515, Nr. 572.
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Zwar ward das Dorf Glaisin mit der Zeit eine Besitzung des nahen Nonnen=Klosters Eldena; aber zur Zeit der Zerstörung der Burg mochte es noch nicht ganz im Besitze des Klosters sein. Im J. 1285 schenkte der Graf Friedrich von Danneberg dem Kloster seine landesherrlichen Hebungen aus den Dörfern Glaisin, Grebs und Karenz und um dieselbe Zeit hatte das Kloster ein Pfund Hebungen aus dem Dorfe Glaisin. Aber in der Bestätigung der Privilegien des Klosters vom 19. Mai 1291 1 wird Glaisin selbst noch nicht als Dorf des Klosters Eldena aufgeführt, sondern erst 1308 bei der Bestätigung durch die Herzoge von Sachsen=Lauenburg. Wenn auch das Kloster Eldena nach und nach die Dörfer um Eldena, Glaisin und Konow erwarb, so hatten doch viele Vasallen noch um die Mitte des 14. Jahrh. Besitzungen in vielen Dörfern dieser Gegend, nach den ungedruckten Originalurkunden z. B. die v. Wenkstern in Konow (1353) Glaisin, Bresegard und Stück (1365), die v. Hitzacker in Mallis (1351), die v. Darsow (1330) in Konow (1325).

Es ist also, da die lübischen Chroniken deutlich dafür sprechen, höchst wahrscheinlich, daß die ribensche Burg Glesin bei dem Dorfe Glaisin nicht weit von Eldena und der Elde gestanden habe. Nun ist aber bei dem Bauerdorfe Glaisin kein Burgwall zu sehen. Merkwürdiger Weise lebte früher in der Gegend von Glaisin aber noch die Sage, welche "mit entstellten Zügen die Geschichte Heinrichs des Pilgers unter dem Namen ""Hans von de Wismar"" und seiner Gemahlin Anastasia überlieferte"; Studemund giebt in seinen "Mecklenburgischen Sagen" auch diese Sage (I, S. 42) und bemerkt dabei, daß "ein Einwohner des Dorfes Leussow sie ihm auf den Wällen der Burg Glaisin erzählt" habe. Die Burg aber, welche noch "Wälle" hat und bei Leussow liegt, ist weit von Glaisin entfernt und kann nur durch eine unrichtige Tradition für die Burg Glaisin genommen sein. Bei dem Bauerdorfe Glaisin ist kein Burgplatz zu sehen; er mag untergegangen sein, da das Dorf weit gebauet und groß ist und manche Höhen und Gründe hat, welche sich wohl zu Burganlagen eignen konnten. Da aber die Wahrscheinlichkeit nahe lag, daß die Burg in dem Dorfe gestanden habe, so veranlaßte ich den Herrn Förster Wiegandt zu Glaisin wiederholt zu genauen und aufmerksamen Forschungen, welche denn endlich auch mit Erfolg gekrönt sind. "Nach vielseitigen Erkundigungen, schreibt Herr Wiegandt, ist es ermittelt, daß ganz


1) Vgl. Rudloff Urk. Lief. S. 133, Nr. 51.
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in der Nähe von Glaisin eine runde Erhöhung gewesen ist, welche erst von jetzt noch lebenden Hauswirthen aus einander gefahren ist, und haben sich dabei im Mittelpuncte dieses Erdwalles Steine und verbranntes Holz gefunden; man sieht noch jetzt davon Spuren, daß dieser Punct in größerer Entfernung mit mehreren Ringwällen umgeben war. Die Stelle ist jetzt nur noch als eine kleine Erhöhung bemerkbar und liegt am Wege von Glaisin nach Hagenow, diesseit der Rögnitz."

Diese Stelle wäre also die ehemalige ribenschen Burg Glaisin, welche jetzt "der Erde gleich gemacht" ist. Zwar liegt das Dorf Glaistn nicht unmittelbar an der Elde, sondern der Rögnitz (früher Walerow) näher, an welche die Feldmark stößt, aber die Elde ist doch nicht weit (etwa eine gute Stunde) von dem Dorfe entfernt, und die lübischen Chronisten mögen diesen Fluß zur Bezeichnung der Lage der Burg gewählt haben, weil die Elde ein viel besprochener, die Rögnitz aber ein wenig gekannter Fluß ist, welcher in der Entfernung von einigen Meilen kaum mehr genannt wird. Es ist auch möglich, daß früher die Feldmark der sehr großen Ortschaft Glaisin in den ältesten Zeiten bis an die Elde gereicht habe. Die lübischen Chronisten haben also nicht ganz Unrecht, wenn sie sagen, daß die ribensche Burg Glaisin nicht weit ("prope") von der Elde gestanden habe.

In Verfolgung der Forschungen hat der Herr Förster Wiegandt nach und nach noch mehr Entdeckungen gemacht, welche die obigen Angaben bestätigen. Auf dem ehemaligen riebenschen Burgplatze in der Nähe des Dorfes Glaisin stellte der Herr Förster Wiegandt im Frühling 1860 bei der Beackerung Nachforschungen an und fand viele Gefäßscherben, welche aus dem christlichen Mittelalter stammen. Alle Gefäßscherben sind aus blaugrauem, fein geschlämmten, festen Thon, wie die meisten Krüge und Gefäße des Mittelalters vom 13. bis 16 Jahrhundert, und ein sicheres Kennzeichen der Bewohnung im christlichen Mittelalter. Von den bekannten, untrüglichen Scherben des Heidenthums mit eingeknetetem Grand oder Granitgrus fand sich hier keine einzige Spur. Diese Burgstätte in der Nähe des Dorfes ist also ohne Zweifel die ribensche Burg. Die Gefäßscherben haben einen sehr alten Charakter und große Festigkeit und werden noch in das 13. Jahrh. zurückreichen.

Bei der Gelegenheit der Forschungen in dem Boden erzählte der Bauer des Grundstücks dem Herrn Wiegand folgende Sage, die ihm von seinem Großvater überliefert war.

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"Auf dieser Burgstätte haus'te ein alter Ritter Namens Bliest. Dieser hatte über die vorbeiführende Landstraße von Hagenow nach Dömitz einen Drath gezogen, welcher in der Burg an einer Glocke befestigt war, deren Schall jeden Reisenden verrieth, welcher über die Landstraße zog, und die Reisenden der Plünderung des Ritters preisgab. Bekannte riefen, wenn sie vorüberzogen, ""Bliesken Vatter, sehent nich,"" und konnten dann unbelästigt weiter ziehen. Aber der Graf Heinrich zerstörte die Burg und machte dem Unwesen des Ritters Bliest ein Ende."

Nach den weitern Forschungen und Mittheilungen des Herrn Försters Wiegandt liegt an der andern Seite der Rögnitz zwischen den Dörfern Göhlen und Kummer noch eine Burgstelle und beim Dorfe Kummer eine andere Burgstelle. Hier sollen nach der Sage die "Belagerer der Burg Glaisin ein halbes Jahr gelegen und der Feldherr soll aus Kummer, daß er die Burg Glaisin nicht habe erobern können, den letzten Ort Kummer genannt" haben.

Fast eben so weit, als die Elde von Glaisin entfernt ist, steht unmittelbar an dem Ufer der Rögnitz ein wohl erhaltener, sehr großer wendischer Burgwall, welcher nicht die riebensche Burg Glaisin sein kann.

Die Connoburg.

Eine "gute Stunde Weges" zu gehen, westlich von dem Dorfe Glaisin, steht in dem Thale des Flusses Rögnitz ein großer wendischer Burgwall, welcher in der ganzen Gegend unter dem Namen "Borgwall" bekannt ist. Der kleine Fluß Rögnitz 1 ), (in alter Zeit auch Walerow genannt) welcher aus der Gegend von Wöbbelin und Warlow (oder Walerow?) bei Neustadt kommt und aus dem quellichten Boden und einer Unzahl kleiner Wasser, welche ihm zustießen, seine Nahrung empfängt, strömt in vielen Windungen durch ein niedriges Wiesenthal, welches noch sehr feucht, oft überschwemmt und von vielen Abzugsgräben und Kanälen durchschnitten ist, durch welche die Wiesen nach und nach nutzbarer gemacht sind; jetzt ist das Thal entwaldet und der Ackerbau dringt mit Macht hinein. In alter Zeit wird aber die Wiesenniederung sumpfig und die Thalwand bewaldet gewesen sein.


1) Vgl. Ludwigsluster Wochenblatt, 1858, Nr. 41 und 84, vom Pastor Danneel zu Ludwigslust. - "An der Rögnitz findet man die Fischotter".
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Von Glaisin abwärts scheidet das Rögnitzthal das Hochland des Wanzeberges im Süden und die hohe Sandebene der Jabelhaide im Norden.

In diesem sumpfigen Thale steht in einer breiten Wiesenstelle, in welcher eine Wiese und ein "Torfmoor" liegen, dem Dorfe Leussow gegenüber, der "Burgwall"; er liegt "eine Stunde Weges" westlich von dem Dorfe Glaisin und gehörte früher zu diesem Dorfe, lag jedoch an der Grenze desselben. In geringer Entfernung von dem Burgwalle fließt zwischen der ehemaligen Feldmark von Glaisin und der Feldmark des Dorfes Grebs ein Kanal, der Elden= oder "Krullen=Graben", welcher von einem Holzhändler Krull zum Holzflößen angelegt 1 ) sein soll.

Die nächsten Umgebungen des Burgwalles scheinen nach alten Dorfkarten aus dem vorigen Jahrhundert viel Beachtenswerthes zu bieten. An der Rögnitz ist "der Borgwall" verzeichnet, daneben "achter (hinter) dem Borgwall." Hieran grenzte nach Glaisin hin die "Glaisiner Forstwiese" (jetzt Karentzer Wiese). In der Wiese, unweit des Burgwalles finden sich, nach den Mittheilungen des Herrn Försters Wiegandt, sogenannte "Horste" mit festem Boden, welche noch jetzt der "Garten" oder "Schloßgarten" genannt werden; auf einer alten Dorfkarte findet sich hier "der Castellan" verzeichnet, ein Wort, welches mir auch in der Form "Castellaun" sonst noch im Lande vorgekommen ist und wendisch zu sein scheint. An der andern Seite, nach Grebs hin, liegen die "große Menckenhorst" und die "kleine Menckenhorst" und daneben "auf dem Gusmer."

Seit dem J. 1827 haben sich aber hier die Dorf= und Grenzverhältnisse bedeutend verändert. Bei der Regulirung der Feldmark Grebs ward im J. 1826 "zwischen den karentzer Wiesen, dem Crullengraben und einer Linie von der Joachimsthals=Wiese nach dem Borgwall und von da "nach der Menckenhorst" die Anlage eines Dorfes von 10 neuen Büdnern projectirt, deren künftiges Land nur aus "Haide und Wiese" bestand. Im J. 1827 ward dieses neue Büdnerdorf Menckendorf, welches seinen Namen von der Menckenhorst erhielt, größten Theils auf der Haide der Menckenhorste angelegt und im J. 1833 der Name Menckendorf zuerst im Staatskalender aufgeführt. Der "Burgwall"


1) Vgl. Danneel a. a. O. Nr. 84, S. 333. - Der Name "Krottingraben", welcher sich auf einigen Karten von Meklenburg findet, scheint ein Schreibfehler, statt "Krullengraben" zu sein.
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ward nicht zu der neuen Feldmark gelegt, sondern blieb wüst liegen, so daß er keiner bestimmten Feldmark angehörte, ward jedoch zu Glaisin gerechnet. Zwischen dem Burgwall und Menkendorf liegen, nach des Herrn Försters Wiegandt Mittheilung, so niedrige Wiesenflächen, daß noch bei der Gründung des Dorfes dort "Baumgänse geschossen wurden, folglich der ganze Burgwall in früherer Zeit in Sumpf und Morast gelegen haben muß."

In den letzten Jahren ward der innere Burgraum von einem Menkendorfer Büdner beackert, obgleich der Burgwall nicht zu Menkendorf gehörte. Am 17. März 1860 haben jedoch Se. Königliche Hoheit der Großherzog zu befehlen geruht, daß "der Burgwall zur Domanialforst gelegt und mit Holz bepflanzt werde", wodurch die Erhaltung auf lange Zeit gesichert ist. Die Einverleibung in die Domanialforst ist im Herbst 1860 geschehen und die Bepflanzung zum Frühling 1861 beschlossen.

Dies ist die Lage des alten Burgwalles und seiner Umgebungen. Der Burgwall selbst bildet ein sehr großes, aufgeschüttetes Viereck, und ist so gut erhalten, wie kaum ein anderer Burgwall im ganzen Lande. Die Burgebene ragt ungefähr 18 Fuß aus der Wiesenfläche empor. Auf dem Rande steht ringsumher ein Wall, welcher sich ungefähr 8 Fuß über den innern Burgraum erhebt. Auf der südlichen Seite, nach Menkendorf hin, hat der Wall eine Oeffnung, welche die alte Auffahrt bildet; an der nördlichen Seite, Leussow gegenüber, finden sich in dem Ringwalle zwei Einschnitte, welche jedoch neuere Ausgrabungen zu sein scheinen. Von dem Burgwalle liegt nach Leussow hin auch ein Weg durch den Wiesengrund, welcher alt zu sein scheint. Die Fläche des ganzen Burgwalles hat einen Inhalt von 280 Quadratruthen und der innere Burgraum ist so groß, daß ein rostocker Scheffel Roggen darin gesäet werden kann, also etwa 60 bis 70 Quadratruthen groß.

Was den Burgwall vor den meisten im Lande auszeichnet, ist der Umstand, daß er sowohl in seinem ganzen Bau, als in dem Randwalle vollkommen wohl erhalten ist. Die Ursache hievon ist wohl die Lage in einer Gegend des Landes, welche große unfruchtbare Strecken und wenig Verkehr hat.

Nach der Lage und der Gestalt stammt dieser Burgwall aus der wendischen Zeit. Dies wird aber auch durch die auf denselben gefundenen zahlreichen Alterthümer bewiesen. Schon die Oberfläche ist mit einer unzähligen Menge

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von heidnischen Gefäßscherben bedeckt, welche nach heidnischer Weise mit Granitgrus) bereitet und mit wellenförmigen und andern Linien am Rande verziert sind, wie die Gefäßscherben der geschichtlich gesicherten Burgwälle des Landes. Häufig finden sich ausgebrannet Bruchstücke von den Lehmwänden ("Klehmstaken") der Gebäude, und Kohlen und Thierknochen liegen überall umher. Merkwürdig ist es aber, daß auch in dem Ringwalle überall sehr große Kohlenstücke stecken. Der Büdner (Namens Stöhlmaker), welcher den Burgwall in den letzten Jahren bebauet hat, versichert, in dem Ringwalle überall Kohlen gefunden und an der Auffahrt große Kohlenstücke ausgegraben zu haben. Auch der Herr Förster Wiegandt hat "größere verkohlte Stücke Tannenholz" ausgegraben, und ich selbst legte große Kohlenschichten bloß, als ich von der Spitze des Ringwalles hinunterstieg. Es ist also die Ansicht des Büdners nicht unwahrscheinlich, daß in alter Zeit der ganze Ringwall hohl und mit Holz ausgebauet gewesen und zu Wohnungen (Kasematten) oder Ställen benutzt worden sei. Andere Alterthümer sind bis jetzt noch nicht gefunden; nur versichert der Büdner, daß er, als er einmal mit seiner Frau im innern Burgraume gegraben, dort eine sehr verrostete Waffe, 2 Fuß lang, mit einem noch ganz "blanken, gelben Handgriffe mit zwei Bügeln gefunden habe", welche der frühere Förster an sich genommen habe.

Die Reste von den Gefäßen und Gebäuden sind ohne Zweifel heidnisch. Trotz aller wiederholten Forschungen hat sich auch nicht ein einziges Stück aus dem christlichen Mittelalter finden lassen, weder an Gefäßscherben, noch an Ziegeln und Kalk, vielmehr ist es offenbar und sicher, daß der Burgwall noch grade so steht, wie er in heidnischer Zeit zerstört und abgebrannt ist; es ist auch in den Flächen und Umwallungen des Burgwalles nirgends die geringste Spur zu finden, daß hier im christlichen Mittelalter je sollte gebauet sein.

Es ist daher außer allem Zweifel, daß diese Burg nicht die große Burg der mächtigen Familie von Rieben gewesen sein kann.

Im Gegentheil scheinen die Alterthümer des "Burgwalles" zu beweisen, daß die Zerstörung desselben in noch frühere Zeiten fällt, als die Zerstörung der Burgwälle durch Heinrich den Löwen, wie der Burgen Meklenburg, Schwerin, Dobin, Ilow, Werle und anderer. Die auf diesen Burgwällen gefundenen Gefäßscherben sind alle ganz gleich gearbeitet und verziert und neben ihnen finden sich hin und wieder doch einige Ueberbleibsel von christlichen Geräthen und Bauten, da diese Burgwälle in

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den ersten Zeiten des Christenthums noch einige Zeit bewohnt waren. Dagegen haben die auf dem "Burgwalle" von Glaisin gefundenen Scherben zwar auch dieselben, sicher wendischen Verzierungen, aber doch einen kräftigern, derbem und oft eigenthümlichen Charakter, so daß es scheint, daß sie älter sind und der Burgwall in früherer Zeit zerstört und wüst liegen geblieben ist, als die letzten Burgen des wendischen Königs Niklot. Dazu kommt, daß sich keine einzige Spur vom christlichen Mittelalter findet.

Der "Burgwall" wird also muthmaßlich eine andere Burg gewesen sein, als die Burg von Glaisin. Glücklicherweise findet sich ein Weg zu einer andern Deutung. Ich halte den "Burgwall" bei Glaisin für die berühmte, alte Connoburg .

Der Burgwall von Glaisin liegt zwischen den beiden alten wendischen Ländern Wehningen ("Waninke") und Jabel ("Jabele"), welche noch bis in das 16. Jahrhundert hinein wendisch waren, wie die gegenüber liegenden Gegenden am linken Ufer der Elbe. In der Mitte des südlichen Landes Wehningen, zwischen der Elde und der Rögnitz, erhebt sich ein gebirgsähnliches Land, der Mineraldistrict Meklenburgs, mit Mineralien, wie Braunkohlen, Gyps, Alaun, Salz. Diese Erhebung heißt seit alter Zeit der Wanzeberg oderWanzkeberg; die Form dieses Namens ist ohne Zweifel aus dem Namen Wehningen oder Waninke gebildet und aus Waninksberg entstanden. Auf der Höhe der Erhebung liegt das alte Dorf Konow , deren Pfarre fast alle Dörfer umfaßt, welche auf dem Wanzeberge liegen. Die Landschaft des hohen Wanzeberges fällt gegen Norden steil in das tiefe Flußthal der Rögnitz ab, in welchem der "Burgwall" von Glaisin liegt. Im Norden dieses Landes und der Rögnitz liegt das Land Jabel, eine über das Flußthal der Rögnitz erhobene sandige, dürre Kiefernebene, in deren Mitte das Kirchdorf Jabel liegt. Grade in der Mitte dieser beiden wendischen Länder liegt im sumpfigen Wiesenthale an dem südlichen Ufer der Rögnitz, nach Konow hin, der "Burgwall". In ältern Zeiten hatte das wendische Volk, welches diese Länder bewohnte, den Namen Smeldinger, welchen Beyer 1 ) so erklärt, daß er aus der wendischen Präposition Sa = jenseit (trans) und dem Flußnamen Elde gebildet sei und die Bedeutung: Uebereldinger (Trans-eldingii) habe. Auch macht v. Lede=


1) Vgl. Jahrbücher VI, S. 59.
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bur darauf aufmerksam, daß in dieser Gegend die Dörfer Gr. und Kl. Schmölen liegen. 1 )

Nun erzählt Einhard: 2 )

Thrasko, der Fürst der Obotriten, habe im J. 809 mit Hülfe der Sachsen seine Nachbaren die Wilzen angegriffen, ihre Aecker mit Feuer und Schwert verwüstet und große Beute heimgeführt; darauf habe er, nachdem er noch ein Mal kräftigere Hülfe von den Sachsen erhalten habe, die größte Burg der Smeldinger erobert,

und das Cbronicon Moissiacense: 3 ) der Kaiser Karl habe seine Schaaren in die Marken geschickt und die Sachsen seien über die Elbe gegangen und hätten mit den ihm zugethanen Wenden eine Burg gebrochen, welche Semeldinc=Connoburg heiße.

("Thrasco dux Abodritorum, colleda popularium manu et auxilio a Saxonibus accepto, vicinos suos Wiltzos adgressus, agros eorum ferro et igni vastat, regressusque domum cum ingenti praeda, accepto iterum a Saxonibus validiori auxilio, Smeldingorum maximam civitatem expugnat." (Einh.)

"Karolus Imperator in illa aestate misit scaras suas ad marchias. Et aliqui de illis Saxones venerunt ultra Albiam et fregerunt unam civitatem cum nostris Hwinidis, que appellatur Semeldinc-Connoburg." (Chron. Moiss.)

Diese Smelding=Connoburg, welche gewiß nicht sehr weit von der Elbe und nicht tief im Wendenlande lag, kann nun wohl keine andere sein, als der "Burgwall" von Glaisin oder Menkendorf. Die Höhe des Wanzeberges mit trockenem Boden eignet sich eben so wenig, als die dürre Jabelhaide zur Anlage einer wendischen Burg und kein Ort in einiger Entfernung von der Elbe ist geeigneter zu einer Wendenfeste, als eben die Stelle des Burgwalles, welche grade in der Mitte der beiden Länder Wehningen und Jabel oder des Smeldingervolkes liegt, jedoch an dem Ufer nach Konow hin. Und die Burg konnte sehr gut die Burg von Konow oder die Konnoburg sein, da das hoch gelegene Konow nicht viel weiter von dem Burgwalle entfernt ist, als das eben so alte Dorf Glaisin; der Burgwall ist von


1) Vgl. v. Ledebur's Feldzüge Karls des Großen, Berlin, 1829, S. 191.
2) Vgl. Wigger Meklenburgische Annalen bis zum Jahre 1066, S. 8-9, aus Pertz Mon. I, p. 196.
3) Wigger p. 91, aus Pertz Mon. II, p. 258.
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Konow ebenfalls nur eine "Stunde Weges" entfernt und zwischen dem Burgwall und Konow liegt nur die Feldmark Grebs mit Menkendorf, während sich zwischen dem Burgwall und Glaisin auch ein Stück von Karentz zwischenschiebt. Der Burgwall konnte also in alten Zeiten eben so gut nach Konow, als nach Glaisin benannt sein. Sehr wahrscheinlich ist es, daß auf dem "Burgwall" die Burg nach der Zerstörung im J. 809 nicht wieder aufgebauet ist, sondern der Burgwall noch heute so dasteht, wie er vor 1000 Jahren im J. 809 verlassen ist; das Alter der Gefäßscherben scheint hiefür zu sprechen.

Wenn nun auch die Umgebungen des Dorfes Konow nicht zur Aufführung einer großen wendischen Burg geeignet sind, so scheinen sich dort noch Merkwürdigkeiten zu finden, welche auf eine uralte Wichtigkeit des Ortes Konow hindeuten und dadurch die Annahme von der Connoburg sehr unterstützen.

Auf dem Plateau des Wanzeberges 1 ) erheben sich mehrere Spitzen auf der Feldmark von Karenz, namentlich an dem Wege von Karenz nach Maalk die sogenannte "Steinburg", 2 ) an deren Fuße das Dorf Karenz liegt. Diese Erhebung der "Steinburg" erscheint von Karenz aus als ein unregelmäßiges Achteck; die Plateaufläche beträgt ungefähr 13000 Quadratruthen, die eigentliche Spitze der Steinburg hat einen Flächeninhalt von 16 Quadratruthen. Die Nord= und Nordostseite der "Steinburg" sind sehr steil abfallend. Der östliche Abhang der "Steinburg", welcher noch Ueberreste einer Eichenwaldung trägt, führt den Namen Swantewit, auch Swantewiet oder Swanwit, und sollen hier dem Götzen gleiches Namens Opfer gebracht worden sein. Der Boden der Steinburg besteht aus Sand und Steinen, mit denen die Oberfläche wie übersäet erscheint. Durch Untersuchungen mehrerer Bergleute hat sich ergeben, daß unter dem Sande große Kies= und Thonlager liegen. Man sieht das ganze als ein Werk der Natur an und kennt durchaus nichts, woraus man schließen könnte, daß je Menschenhand hier thätig war, um Wallanlagen, Verschanzungen u. s. w. aufzuführen. Jedoch sind hier bei Ackerarbeiten viele Töpfe mit Asche und Knochen, auch Scherben von Gefäßen gefunden. In der Gegend bezeichnet die Sage die Steinburg als Begräb=


1) Das Folgende nach der Mittheilung des Küsters zu Konow.
2) Die Benennung "Steinburg" kommt im Lande öfter vor bei Anhöhen, auf denen viele, große Steinblöcke (Granitgerölle) liegen, und deutet daher nicht immer auf eine gemauerte Burg.
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nißort des alten Wendenkönigs Wanzka oder Wanze, von welchem der ganze Wanzeberg den Namen erhalten haben soll; dieser König Wanzka soll in einem dreifachen Sarge liegen, einem innern von Gold, einem mittlern von Silber, einem äußern von Kupfer, auf welchem Schild, Bogen und Schwert liegen sollen. Jedoch sind gleiche und ähnliche Sagen im ganzen Lande verbreitet. Auch der Herr Förster Wiegandt zu Glaisin berichtet, daß die Ackerkoppeln an der Steinburg den Namen "Swanzwit" führen.

Diese Ansicht über die Lage der Connoburg und das Land der Smeldinger theilt auch v. Ledebur in seiner Schrift über die Feldzüge Karls des Großen, 1829, S. 185 flgd und 176 flgd. Nachdem er alle Gründe dafür gründlich entwickelt und die frühern Meinungen beleuchtet hat, kommt er zu der Ansicht, daß die Connoburg nur bei Konow gelegen haben könne, womit auch die geographische Lage von Konoenon bei Ptolomäus übereinstimmt. Diese Ansichten theilt und untersucht genauer auch Wigger in den Meklenburgischen Annalen, I, 1860, S. 112. Der von Pertz in Mon. I, p. 309, Not. 61, aufgestellten Ansicht, daß die Conneburg bei Kurthschlag in der Nähe von Zehdenik, oder bei Conow in der Nähe von Feldberg gelegen haben möge, kann ich nicht beipflichten, da diese beiden Orte für einen Einfall in die Slavenläuder zu weit von der Elbe entfernt und gewiß nicht im ehemaligen Smeldingerlande liegen; eben so glaube ich auch nicht, daß, wie Pertz will, das Land der Obotriten südlich bis nach Konow bei Dömitz hinaufreichte. Die Untersuchungen über das Land der Smeldinger können hier nicht von neuem aufgenommen werden; ich nehme dafür die Forschungen von v. Ledebur und Wigger als die richtigem an.

Zum Schlusse gebe ich hiebei einen Plan von der Lage der in Frage stehenden Ortschaften mit ziemlich genauer Angabe der Entfernungen, nach dem Maaßstabe von 2 1/2 geographischen Meilen für die beiden angegebenen Flußlinien; für Wehningen, welches etwas weiter entfernt liegt, ist aber nur die Richtung angegeben.

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Lage der Connoburg