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Ueber

die Töchter und Schwiegertöchter

des

Fürsten Johann II. von Werle-Güstrow,

von

G. C. F. Lisch.


I n der Zeit von 1316 bis sicher 1337 regierten im Lande Werle zwei Fürsten Namens Johann, Oheim und Neffe, nämlich Johann II. zu Güstrow und Johann III. zu Goldberg, nach folgender Stammtafel:

Stammtafel
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Hinsichtlich der Söhne 1 ) stimmen hiemit auch die doberaner und die parchimsche Genealogien (Jahrb. Xl, S. 16-19) überein, indem diese ausdrücklich sagen, daß Nicolaus II. nur einen einzigen Sohn ("heredem unicum") Johann III., der sich zu Goldberg ein Schloß gebauet, - Johann II. aber zwei Söhne, Nicolaus III. und Bernhard III. gehabt habe.

Ueber die Töchter der beiden Fürsten Johann sind aber die Geschichtschreiber in ihren Angaben nicht zuverlässig. Rudloff giebt dem Fürsten Johann II. zwei und dem Fürsten Johann III. drei Töchter.

Es sollen hier die Töchter des ältern Fürsten Johann II. zur Sprache kommen.

Rudloff sagt (Mekl. Gesch. II, S. 282), daß die ältere Tochter, deren Name nicht bekannt geworden ist, im J. 1341 mit dem Herzoge Albrecht IV. von Sachsen=Lauenburg=Bergedorf in dessen zweiter Ehe vermählt worden sei, und ihm folgen neuere Schriftsteller, wie z. B. v. Kobbe. Die Quelle dieser Angabe ist Detmar's lübische Chronik, welcher sagt: "1341. In der tyd nam hertoghe Albert von Sassen sin andere wif, hern Johannes dochter van Wenden. Na siner hochtid toch he to deine keisere" u. s. w.

Es ist allerdings möglich, daß die Gemahlin des Herzogs Albrecht von Sachsen=Lauenburg eine Tochter Johanns II. von Werle war, da Kirchberg in seiner Reimchroinik C. 178 sagt, daß Johann II. "viele Töchter" gehabt habe, von denen er aber leider keine bei Namen nennt:

Von Werle der andir Johan,
hern Niclaws brudir sundir wan,
dy nam eyn wib erbar vnd mild
dy waz geheyszin Mechthild,
wirdig, wise vnd da by kurg,
herczogin Otten tochtir von Lunebrg,
dy hy ime czwene sone gebar
vnd andirs tochtere vil virwar.

Aber sie wird weiter nicht genannt, und daher wird es gerathen sein, sie einstweilen auch als eine Tochter Johanns II. anzunehmen, wenn man auch nach dem Tone der Erzählung Detmars annehmen sollte, daß damals im J. 1341 der Vater der Neuvermählten noch am Leben gewesen sei, während Johann II. schon am 27. Aug. 1337 starb; jedoch mag dies keinen Ausschlag geben. Wahrscheinlich aber war die Herzogin


1) Ueber die Gemahlinnen der Fürsten Nicolaus II. und Johann II. vgl. Jahrbücher XVIII, S. 189 flgd.
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von Sachsen=Lauenburg, wenn sie eine Tochter Johannas II. von Werle war, eine ältere Tochter, da eine jüngere bei ihrer Vermählung um das Jahr 1349 erst im 20. Lebensjahre stand.

Dagegen hatte der Fürst Johann II. von Werle wirklich eine andere vermählte Tochter, deren Name und Vermählung erst in den neuesten Zeiten entdeckt ist. Der junge Herzog Barnim IV. von Pommern=Wolgast, welcher nach vollendeter Minderjährigkeit im J. 1338 mit seinen Brüdern die Regierung angetreten hatte nämlich zur Zeit der heftigen rügischen Erbfolgekriege zwischen den Herzogen von Pommern und den Fürsten von Meklenburg und Werle, während eines der vielen in diesem Kriege geschlossenen Waffenstillstände zur Stillung der Kriegsnoth in seinem 25. Lebensjahre die im 20. Lebensjahre stehende Princessin Sophia, 1 ) Tochter des verstorbenen Fürsten Johann von Werle auf Rath der Verwandten und der Räthe des Herzogs und der Brüder der Princessin, geheirathet ("matrimonium contraxerunt et consummaverunt"). Nach der Vermählung ward es offenbar, daß die jungen Eheleute im dritten Grade blutsverwandt waren, und dieses Vergehen ward beim Papste Clemens VI. anhängig gemacht, welcher sie jedoch, um weiteres Blutvergießen und Anstoß zu verhüten, am 21. März 1350 unter der Bedingung dispensirte, daß sie sich eidlich verpflichteten, ein solches Verbrechen nicht wieder zu begehen und zu befördern, und drei ewige Vikareien in ihrem Lande mit 70 Goldgulden jährlicher Einkünfte stifteten. Dies alles wird durch die hier mitgetheilte päpstliche Bulle 2 ) völlig klar, welche wir durch eines warmen Freundes Mittheilung aus dem Geheimen Archive des Vatikans gewonnen haben.

Mit dieser Princessin Sophie, Herzogin von Pommern, ist nun ganz sicher eine Tochter des Fürsten Johann II. von Werle=Güstrow gemeint, da dieser schon im Jahre 1337 gestorben war, während Johann III. erst nach dem J. 1352 starb, und da Sophie "Brüder" ("fratres") hatte, während Johann III. sicher nur einen Sohn besaß. - Es steht jedoch noch zur Frage, ob Sophie auch die Tochter des Fürsten Johann II. sein könne. Johann II. war im J. 1311 mit der Herzogin Mechthild von Braunschweig verlobt und vor dem


1) Die Princessin Sophie hatte sicher von ihrer mütterlichen Großmutter Sophie, Gräfin von Lindow, des Fürsten Johann I. von Werle Gemahlin, ihren Vornamen.
2) Vgl. Urkunden=Sammlung. Diese Urkunde wird die erste sein, welche aus dem Vatikan nach Meklenburg in Abschrift gekommen ist. Der mittheilende Freund wünscht nicht genannt zu werden.
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12. Mai 1318 vermählt; die Gemahlin starb aber schon im J. 1332 1 ). Da man nun annehmen muß, daß über die Verhandlungen mit dem päpstlichen Stuhle zu der Dispensation im März 1350 längere Zeit vergangen sein wird, so mag Sophie, da sie zur Zeit der Vermählung im 20. Lebensjahre stand, um das Jahr 1329, also einige Jahre vor dem Tode ihrer Mutter, geboren sein. Es ist also sicher, daß Sophie, des Herzogs Barnim IV. von Pommern=Wolgast Gemahlin, eine Tochter des Fürsten Johann II. von Werle=Güstrow war.

Mit diesen urkundlichen Nachrichten stimmen auch die Berichte der pommerschen Chroniken überein. In Kanzow's Chronik von Pommern, herausgegeben von v. Medem, heißt es S. 205: "Im Jar 1364 ist gestorben Sophia, Herzogs Barnims von Pommern Gemalin und ist zu Belgard begraben und des andern Jars darnach ist auch ihr her Herzog Barnim gestorben und gen Camin geführt und daselbst begraben." Klemzen im Pommerlande S. 50 sagt: "Barnim starb 1356, ist zu Camin begraben. Seine Gemalin "Sophia von Wenden verstarb zu Belgard 1364, ward zu Marienthron begraben." Hiernach bemerkt schon Rudloff II, S. 282, Not. v., daß in den pommerschen Chroniken Barnim's IV. Gemahlin Sophie genannt werde.

Johann II. von Werle=Güstrow hatte außer der genannten Sophia sicher noch eine Tochter, welche im J. 1344 in das Kloster Dobbertin gegeben ward. Hierüber redet eine geschichtlich wichtige Urkunde 2 ) sehr deutlich. Am 14. März 1344 zu Güstrow gaben nämlich die Brüder Nicolaus III. und Bernhard III. Fürsten von Werle ihre Schwester zugleich mit der Tochter des verstorbenen Knappen Heine von Gehrden in das Kloster Dobbertin, in Betracht der unermeßlichen Treue des Klosters gegen das Fürstenhaus und auf Bitten der Fürsten, und schenkten dafür dem Kloster das Eigenthumsrecht der Dörfer Sietow und Lärz, wogegen das Kloster der Schwester der Fürsten jährlich 12 Mark und der Jungfrau v. Gehrden 4 Mark Hebungen zahlen und den Nonnen jährlich zwei Male eine reichliche und festliche Fleischspende ("servitium") ausrichten sollte, um das Andenken ihres verstorbenen Vaters Johann und ihrer verstorbenen Mutter Mechthild, der verstorbenen ersten Gemahlin Agnes des Für=


1) Vgl. Jahrb. XVIII, S. 197.
2) Vgl. Urkunden=Sammlung. Die Urkunde befand sich im Originale vor mehreren Jahren nicht mehr beim Kloster Dobbertin, sondern nur in einer Abschrift in dem im J. 1748 angefertigten Diplomatarium der Klosterurkunden.
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sten Nicolaus und der noch lebenden Gemahlinnen der beiden Fürsten, Mechthild und Elisabeth, nach deren Tode würdig zu feiern. Die in der Gegend von Malchow angesessene, längst ausgestorbene Familie v. Gehrden stand dem fürstlich werleschen Hause sehr nahe. Am 6. Julii 1300 hatte Dietrich v. Gehrden das Dorf Sietow von der Fürstin Sophie von Werle gekauft und ward damit von deren Sohne dem Fürsten Nicolaus II. belehnt (vgl. Lisch Gesch. des Geschl. Hahn II, A, S. 256 und II, B, S. 3, Urk. Nr. LXXXVII); am 25. Aug. 1342 hatten der Ritter Johann v. Gehrden, Mar schall der Fürsten von Werle, und dessen Bruder der Knappe Heyne von Gehrden das Dorf Sietow mit der Schamper Mühle an das Kloster Dobbertin verkauft, und die Fürsten Nicolaus und Bernhard bestätigten diesen Verkauf. Dies waren ohne Zweifel die Veranlassungen, aus welchen die Tochter des Heine v. Gehrden zugleich mit der Schwester der Fürsten am 14. März 1344 in das Kloster gegeben ward. Wie die fürstliche Klosterjungfrau geheißen habe, wird in den bisher bekannt gewordenen Originalquellen nicht gesagt. Rudloff nennt sie Anna, wahrscheinlich aus jüngern Chroniken oder aus Nachrichten des Klosters Dobbertin; schon Chemnitz in seiner handschriftlichen meklenburgischen Chronik, in welcher zuerst auch der Name nicht angegeben ist, hat das ursprüngliche N. N. durchgestrichen und Anna übergeschrieben.

Es ist also völlig sicher, daß der Fürst Johann II. von Werle wenigstens zwei Töchter hatte, von denen die wahrscheinlich ältere Sophie um das J. 1349 mit dem Herzoge Barnim IV. von Pommern vermählt, die jüngere Anna im J. 1344 Klosterjungfrau zu Dobbertin ward. Außerdem muß man einstweilen annehmen, daß Johann II. noch eine dritte Tochter hatte, welche im J. 1341 dem Herzoge Albrecht IV. von Sachsen=Lauenburg=Bergedorf vermählt ward und nach allen Umständen die älteste war.

Bei dieser Gelegenheit mag ein Irrthum berichtigt werden, welcher die Gemahlinnen der beiden Brüder der erwähnten Princessin betrifft. Die Brüder Nicolaus III. und Bernhard III., Söhne des Fürsten Johann II. von Werle, hatten sich auch im J. 1341 mit zwei Schwestern, Töchtern des Grafen Johann III. von Holstein=Plön, vermählt, welche in der dobbertiner Urkunde von 1344 ausdrücklich Mechthild und Elisabeth genannt werden. Von diesen lebte Elisabeth, die Gemahlin des Fürsten Bernhard II. von Werle=Waren am längsten und kommt noch sehr spät vor. Sie hatte ihr Leibgedinge im Lande Röbel, über welches 1362-1379

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wiederholt verhandelt ward 1 ). Am 12. März 1390 entsagte sie mit Bürgen aus dem Lande Werle zu Plön allen Ansprüchen auf ihr väterliches und mütterliches Erbe zu Gunsten ihrer Vettern Claus und Gerd von Holstein. In der in der holsteinschen Urkundensammlung abgedruckten Urkunde 2 ) nach dem Originale im Geheimen Archive zu Kopenhagen nennt sie sich "Elsebe van Godes gnaden vrowe van Wenden, wannedaghes her Berndes wif van Wenden, deme God gnedich si", grade so wie sie sich auch in einer meklenburgischen Urkunde 3 ) vom 25. April 1379 nennt. In einer zweiten Original=Ausfertigung derselben Urkunde vom 12. März 1390, welche mit dieser völlig gleichlautend und von welcher der Eingang und der Schluß in der holsteinschen Urkundensammlung ebenfalls gedruckt 4 ) ist, nennt sie sich aber "Beke van Godes gnaden vrouwe van Wenden, wannedaghes her Berndes wyf van Wenden, deme God gnedich si." Es ist in beiden Ausfertigungen derselben Urkunde nur der Name der Ausstellerin verschieden: "Elsebe" und "Beke". Hieraus schließen die Herausgeber der holsteinschen Urkundensammlung in dem Register zu dem Worte "Werle", daß Beke die Gemahlin des Fürsten Nicolaus III. gewesen, daß also in der zweiten Ausfertigung der Urkunde der Gemahl der Beke "irrthümlich wieder Bernd genannt" sei. Ein solcher Schreibfehler ist aber unmöglich anzunehmen und es ist kein Grund vorhanden, der zu einer solchen Annahme berechtigte, um so weniger, als auch der Name Beke für ein Versehen angenommen und in Mechthild oder Mette verändert werden müßte, da Beke nimmer eine Abkürzung aus Mechthild sein kann. Ich halte daher die beiden gleichlautenden Entsagungsurkunden vom 12. März 1390, wie ich schon angedeutet habe, nur für zwei verschiedene Ausfertigungen derselben Urkunde von derselben Ausstellerin, 5 ) welche


1) Vg. Jahrb. XIII, S. 192 flgd.
2) Vgl. Urkundensammlung der schlesw. holstein. lauenb. Gesellschaft II, S. 357, Nr. CCLXXXI.
3) Vgl. Jahrbücher XIII, S. 332, Nr. XLIII.
4) Vgl. Urkundensammlung etc. . II, S. 350, Nr. CCLXXXII.
5) Dieser Fehlgriff ist wieder ein Beweis, wie waglich es ist, bei den Abdrücken von Urkunden die höchst wichtigen Beschreibungen der Siegel zu verschmähen. Da es nach der angegebenen Zahl der noch au den Originalen hangenden Siegel höchst wahrscheinlich ist, daß auch noch die Siegel der Ausstellerin darin hangen, so würden die Beschreibungen der Siegel mit einem Schlage jeden Zweifel entfernt haben.
Der Name Beke ist eine Diminutivform von Elisabeth , wie noch heute Betty neben Else und Ilse. Der verstorbene Dr. (  ...  )
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in der einen Urkunde Elsebe und in der andern Urkunde Beke genannt wird, da der weibliche Vorname Elisabeth. theils durch Apokope in Elsebe, Else, Ilse, theils durch Aphäresis in die diminutivartig gebildete, ungemein häufig vorkommende Form Beke abgekürzt wird.

Vignette

(  ...  ) Hermann Schröder in Lübeck, ein zuverlässiger Mann, in seinen "Topographischen und genealogischen Notizen aus dem 14. Jahrhundert bei Durchsicht der ältesten Ober=Stadtbücher gesammelt", Lübeck, 1843, S. 3, hat in den lübischen Ober=Stadtbüchern Beweise gefunden, daß Beke, ja Telse durch Aphäresis Abkürzungen des Namens Elisabeth sind. Da ich aber nirgends ganz sichern Beweis finden konnte, so wandte ich mich nach Vollendung der gegewärtigen Untersuchung an den Herrn Geheimen Achivar, Conferenz=Rath Wegener in Kopenhagen und bat denselben um Vergleichung der Original=Urkunden, welche derselbe auch freundlichdt ausgeführt hat. Beide Urkunden sind wohl erhalten im Geheimen Achive zu Kopenhagen: beide sind, mit Ausnahme des Namens (Elsebe und Beke) der Ausstellerin gleichlautend und beide haben dieselben wohl erhaltenen Siegel. Die Siegel der Ausstellerin Elsebe und Beke sind an beiden Urkunden gleich: auf geblümtem Grunde ein aufrecht stehender, dreieckiger Schild mit dem holsteinischen Nesselblatte, in welchem der werlesche Stierkopf steht; die Umschrift lautet auf beiden Siegeln:
Umschrift
Die übrigen Siegel sind an beiden Urkunden ebenfalls gleich, namentlich hat sich für beide Urkunden Henning Metzeke des Siegels des Propstes Wapzin aus Röbel bedient.