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b. Kirchliche Bauwerke des Mittelalters.


Blätter

zur

Geschichte der Kirche zu Doberan,

vom

Archivar Dr. Lisch.


Ueber

die alte fürstliche Begräbnißkapelle
und
das Grab des ersten christlichen Fürsten

Pribislav

in der Kirche zu Doberan.

Alle alten Chroniken und Urkunden sprechen mit großer Bestimmtheit aus, daß die meisten der alten Fürsten Meklenburgs aus den drei Linien Meklenburg, Werle und Rostock bis zum Jahre 1550 in der herrlichen Kirche der Cistercienser=Mönchs=Abtei Doberan begraben wurden, und zwar mit wenigen Ausnahmen an einer und derselben Stelle, in einer Kapelle, welche großen Ruhm und bedeutende kirchliche und künstlerische Ausstattung hatte. Diese Kapelle gab dem Kloster ein besonderes, ungewöhnliches Ansehen und wandte demselben die reiche Gunst der Landesherren zu. Nach allen Andeutungen war diese Kapelle in dem nördlichen Kreuzschiffe, neben der Pforte, welche in alten Zeiten die öffentliche Hauptpforte war, während die Mönche die Pforte gerade gegenüber im südlichen Kreuzschiffe hatten.

Als im Jahre 1550 der edle Herzog Magnus, der letzte, protestantisch gewordene Bischof von Schwerin, der Sohn des Herzogs Heinrich des Friedfertigen, zuletzt in dieser Kapelle beigesetzt ward, verließ man die alte Sitte des Begrabens in der


*) Ich theile diese Darstellung so mit, wie sie zur Begründung der Verhältnisse amtlich ausgearbeitet ist, ohne die einzelnen Punkte durch die Quellen zu beweisen, da diese in frühern Jahrgängen der Jahrbücher bearbeitet sind.

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Erde: man erbauete für seinen Sarg ein Gewölbe auf dem Fußboden der Kapelle und erhöhete dabei den Fußboden mit dem alten Altare um 4 1/2 Fuß, vorzüglich auch zu dem Zwecke, um ein breites Epitaphium an der Vorderwand der Erhöhung über der vermauerten Oeffnung zu der Gruft anzubringen. Der ganze Fußboden des Vierecks unter dem östlichsten Gewölbe des Kreuzschiffes ward dadurch um ungefähr 5 Fuß erhöhet, und man mußte nun auf einer kleinen Treppe zu dieser erhöheten Kapelle hinaufsteigen, welche mit einem schlechten hölzernen Gitter eingefaßt war. Mit dieser Erhöhung verschwand nun jede Spur von der alten Heiligkeit der Stelle und die erhöhete Kapelle ward sehr bald eine Rumpelkammer für Bau=Material und Rüstwerk; ja zuletzt fing sie an zu verfallen und bot einen unsaubern, störenden Anblick dar, um so mehr, als auch die Umgebungen im Kreuzschiffe zur Aufbewahrung von Bau=Material benutzt wurden.

Sollte die Erkenntniß der merkwürdigen Kapelle wieder lebendig werden, so war es durchaus nothwendig, daß diese verunstaltende Erhöhung entfernt ward. Se. Königliche Hoheit der Großherzog Friedrich Franz gab, in richtiger Erkenntniß der geschichtlichen Bedeutung dieser Stätte, am 18. Dec. 1852 dem Baurath Bartning und dem Archivar und Conservator Dr. Lisch zu Schwerin den Befehl zur Abtragung der Erhöhung und zur Durchforschung der Kapelle, um nach Befinden demnächst die Wiederherstellung anzuordnen. Der Archivar Lisch leitete vom 1.-5. Nov. 1853 an Ort und Stelle die Abtragung und die vorbereitenden Aufgrabungen, welche denn auch zum gewünschten Ziele geführt haben.

Um der Entstehung der fürstlichen Begräbnißkapelle eine sichere Grundlage zu geben, finde hier eine kurze baugeschichtliche Vorbereitung Raum.

Im J. 1164 ward das erste christliche Gotteshaus in den jetzigen meklenburg=schwerinschen Landen in der noch stehenden Kapelle auf dem fürstlichen Hofe Doberan, später Alt=Doberan oder Althof genannt, erbauet. Bei dieser Kapelle zu Althof ward von dem ersten christlichen Fürsten Pribislav im J. 1170 die Cistercienser=Mönchs=Abtei Doberan gestiftet. Am 30. Dec. 1178 stürzte der Fürst Pribislav bei einem Turniere auf der fürstlichen Burg auf dem Kalkberge bei Lüneburg und ward in der Kirche des Benedictiner=Klosters zu St. Michael, welches damals auch auf dem Kalkberge stand, begraben; hier ruhete auch der große Obotritenkönig Heinrich († 22. März 1119; vgl. Jahrb. XVIII, S. 176). Nach Pribislav's Tode fielen die Wenden wieder von dem Christenthume ab und zer=

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störten am 10. Nov. 1179 das Kloster zu Althof. Im J. 1186 stellte Pribislav's Sohn Borwin I. das Kloster wieder her und verlegte es nach dem Dorfe Doberan, wo noch jetzt die Kirche steht, und im J. 1192 bestätigte und erweiterte derselbe und im J. 1193 der Bischof Brunward die Rechte des Klosters. Damals also wird der Grundplan der jetzigen Kirche, mit Ausnahme des aus dem 14. Jahrhundert stammenden vielseitigen Chorumganges festgestellt und theilweise zur Ausführung gekommen sein. Diese älteste Kirche war ohne Zweifel eine große Kirche im romanischen oder Rundbogenstyle, etwa von der Größe und dem Style der großen rundbogigen Klosterkirche zu Jerichow in der Altmark bei Tangermünde, welche vom J. 1147-1152 gebauet ist. Von diesem alten romanischen Bau der doberaner Kirche ist der Westgiebel des südlichen Seitenschiffes mit der Rundbogenpforte und dem Rundbogenfriese in den jüngern Bau aufgenommen und noch heute zu sehen, wie auch viel altes Mauerwerk in den südlichen Seitenwänden steckt. Daß der Grundplan dieser alten Kirche mit der jetzigen Kirche übereinstimmt, geht daraus hervor, daß die südwestliche Ecke der alten Kirche noch heute dieselbe Ecke der jüngern Kirche bildet und die Ruine der Mittelwand des alten, auch noch im Rundbogenstyle aufgeführten Kreuzganges sich an die Außenwand des südlichen Kreuzschiffes lehnt, welche eben so wenig alte Strebepfeiler hat, als die Außenwand des südlichen Seitenschiffes. Die Anlage der beiden Kreuzschiffe, welche sehr breit sind, liegt also im Grundplane des ältesten Baues. Diese romanische Kirche ward am 3. Oct. 1232 eingeweihet. Als aber im 14. Jahrhundert der Spitzbogenstyl die europäische Welt mit einer beispiellosen Begeisterung beherrschte, erhöhete und veränderte man die alte Kirche zu ihrer jetzigen Gestalt und bauete auch den vielseitigen Chorumgang, welche dieser Zeit ganz eigenthümlich ist. Diese spitzbogige Kirche mit ihrer ganzen noch jetzt vorhandenen Einrichtung ward am 4. Juni 1368 eingeweihet.

Nachdem im Verlaufe des ersten Viertheils des 13. Jahrhunderts die Zeiten ruhiger geworden waren und der Kirchenbau so weit Fortschritt gewonnen haben mußte, daß die Ringmauern und die Haupttheile in der Vollendung da standen, führte Borwin, nachdem er im J. 1218 die Besitzungen und Rechte des Klosters wiederholt bestätigt hatte, im Jahre 1219 die Leiche seines Vaters Pribislav vom Michaeliskloster bei Lüneburg nach Meklenburg zurück und begrub sie in der Kirche zu Doberan. Noch vorher schenkte er im J. 1219 dem Michaeliskloster das Dorf Zesemow bei Lübz, welches von da an Michaelisberg genannt ward, aber längst untergegangen ist.

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Die Begräbnißstätte Pribislav's ward nun auch die Begräbnißstätte seiner Nachkommen bis zum J. 1550. Schon im J. 1267 stiftete Heinrich der Pilger ein ewiges Licht an den Gräbern seiner Vorfahren, im J. 1302 stiftete Heinrich der Löwe bei dem Begräbnisse seines Vaters einen Altar in der Begräbnißkapelle seiner Vorfahren in der Kirche zu Doberan und im J. 1400 verordnete der Herzog Rudolph, Bischof von Schwerin, daß auch er in der Kirche zu Doberan, wo alle seine Vorfahren und die alten Fürsten des Landes ruheten, begraben werde. Alle Urkundennachrichten und Traditionen, so wie mehrere alte, große Wappenziegel, welche im Fußboden lagen, deuteten darauf hin, daß diese Begräbnißkapelle im nördlichen Kreuzschiffe an der alten Hauptpforte zu suchen sei.

Die Kreuzschiffe der Kirche zu Doberan sind drei Gewölbe breit, welche nach den Seitenschiffen hin auf zwei hohen, schlanken Pfeilern ruhen, von denen einer in jedem Seitenschiffe achteckig, sehr schlank und wegen des schönen Baues im Volke berühmt ist. Unter dem östlichen Gewölbe des Kreuzschiffes stand der erhöhete Fußboden der Kapelle mit dem Altare über dem Begräbnisse des Herzogs Magnus; unter dem mittlern Gewölbe lagen die Wappenziegel; unter dem westlichen Gewölbe ist die nördliche Pforte und der Zugang zum Schiffe.

Es ließ sich annehmen, daß das östliche und das mittlere Gewölbe zu der alten Begräbnißkapelle gehört hatten, da der Raum unter einem Gewölbe nicht groß genug ist.

Ich begann mit meinen Forschungen im Osten. Der Altarschrein ist ganz verfallen und der Restaurirung völlig unfähig. Die Altarplatte bestand aus einer Kalksteinplatte mit 5 Weihkreuzen. Ich ließ nun den Altarschrein und die Altarplatte abnehmen und darauf den Altartisch abbrechen. Der Altartisch war von alten Ziegeln aufgemauert und enthielt nichts, da er 1550 in der protestantischen Zeit nur aufgemauert war, um den Altarschrein zu erhalten. Zwischen die Steine war ein merkwürdiges Stück von einer uralten Altarplatte, vielleicht von der ältesten Altarplatte der Kapelle, als alter Ziegel vermauert: es war ein an drei Seiten abgehauener, fester Ziegel von 1 1/2 Fuß im Quadrat in der Oberfläche und 4 Zoll Dicke; die vierte Seite, die Vorderteile, war nach unten hin abgeschrägt wie häufig die alten Altarplatten, und auf der Oberfläche war ein großes Weihkreuz eingegraben. - Der ganze Raum der Erhöhung der Kapelle, 4 1/2 Fuß hoch und 12 Fuß Fläche im Quadrat, war mit Sand und Schutt gefüllt. Das Gewölbe über dem Sarge des Herzogs Magnus war sehr leichtfertig auf=

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gemauert, so daß es in kurzer Zeit mit den bloßen Händen abgebrochen werden konnte. Die durch die Erhöhung verdeckt gewesenen alten Seitenwände der Kirche standen im Rohbau; nur die vertieften Flächen der Pfeiler zwischen den Graten waren überweißt. Das Begräbniß des Herzogs Magnus war während des Abbruches durch doppelte Bretterdecken geschützt.

Nachdem der Abbruch vollendet war, öffnete ich die Gruft des Herzogs Magnus. Ich fand dieselbe in der größten Verwüstung. Das Sargholz war zu Moder verfallen und mit Bauschutt vermischt; die Gebeine waren häufig zerbrochen und verwittert und mit verolmtem Knüppelholz vermischt, vielleicht von vielen Rollhölzern, als der Sarg in das niedrige Gewölbe hineingeschoben ward; offenbar war die Gruft früher, vielleicht im dreißigjährigen Kriege, schon durchwühlt.

Ich fand aber, gegen die Vermuthung, nicht eine Leiche, sondern zwei Leichen in dem Gewölbe beigesetzt, an jeder Seite in dem Gewölbe eine, so daß in der Mitte ein breiter Raum leer war. Nach dem Epitaphium gehörte das eine Gerippe, zur Linken, welches am besten erhalten war, dem Herzoge Magnus († 1550). Das zweite Gerippe, welches schon viel mehr zerstört war, gehörte ohne Zweifel seiner Mutter Ursula († 1510), gebornen Markgräfin von Brandenburg, des Herzogs Heinrich des Friedfertigen erster Gemahlin, welche vor dem Herzoge Magnus zuletzt an dieser Stelle in Doberan begraben ward, wie die Gedächtnißtafel auf ihr Begräbniß an der Wand neben dem Fenster beweiset. Wahrscheinlich ward ihre Leiche bei dem Begräbnisse ihres Sohnes, bei der Fundamentirung der Gruft, wieder ausgegraben und umgesargt. Beide Gerippe legte ich in neue Särge, bezeichnete sie interimistisch mit einem Schilde und setzte sie vorläufig in das neuere fürstliche Begräbnißgewölbe hinter dem Altare.

Nach Abräumung der Widerlagen des Gewölbes und des Bauschuttes versuchte ich es, in die Tiefe zu dringen, sah mich jedoch bald durch ein unerwartetes, für den Augenblick unüberwindliches Hinderniß gehemmt. Der ganze Raum der Kapelle unter dem östlichen Gewölbe, von den Seitenwänden bis an die Pfeilergrate, ist nämlich unnöthiger Weise über 4 Fuß tief mit großen Granitblöcken von 3 bis 4 Fuß Durchmesser gefüllt und die Zwischenräume sind mit kleinen Feldsteinen und Ziegelstücken ausgefüllt und mit Kalk ausgegossen, welcher so fest gebunden hat, daß in den Fugen kaum einige Zoll tief einzudringen war; mit gewöhnlichen Brechstangen und andern Werkzeugen war nichts anzufangen, selbst das Untergraben von den Seiten her fruchtete nichts. Ich sah mich daher genöthigt, dieses Unter=

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nehmen aufzugeben; ich that es auch um so lieber, als durch diese ungebührliche Ausfüllung zur bloßen Befestigung des Fußbodens und zur Fundamentirung der Widerlagen für das Gewölbe jede Spur von alten Begräbnissen unter dem Fußboden vernichtet sein muß. Es war freilich gegen meine Erwartung und gegen alle Vermuthung, daß bei dem Begräbnisse des Herzogs Magnus (1550), noch zur katholischen Zeit des Klosters, zwei Jahre vor der Säcularisirung desselben (1552), ein Theil der alten fürstlichen Gruft und Kapelle vernichtet sein sollte.

Ich unternahm darauf die Aufgrabung des Grundes unter dem mittlern Gewölbe des nördlichen Kreuzschiffes, wo die Wappenziegel lagen, welche freilich wiederholt anders geordnet sind, aber doch noch ungefähr in demselben Raume lagen, wohin sie ursprünglich gelegt waren. Hier fand ich in verschiedenen Schichten über einander, etwa 1 Fuß über einander, viele Gerippe, dicht an einander gelegt, im Sande liegen. Ich störte diese nicht weiter, sondern ging in der Mitte unter dem Gewölbe, wo ich keine Leichen, sondern nur reine Erde ohne Schutt fand, weiter in die Tiefe, bis ich grade in der Mitte des Kapellenraumes 4 Fuß tief unter dem Fußboden der Kirche auf altes Mauerwerk stieß, und in diesem das Grab Pribislav's zu vermuthen Ursache hatte.

Von Bedeutung bei dieser Untersuchung war, daß im J. 1843 bei der Aufgrabung des Grundes im hohen Chore zur Fundamentirung des Sarkophages für den hochseligen Großherzog Friedrich Franz I. ganz dieselben Erfahrungen gemacht wurden.

Der ganze Grund der doberaner Kirche ist Sand (sogen. Sogsand), welcher bei 4 bis 5 Fuß Tiefe unter Wasser steht, so daß ein gegrabenes Loch sich nach kurzer Zeit mit Wasser füllt. In diesem nassen Sande stand in gleicher Tiefe die Leiche Heinrichs des Löwen in einem von Ziegelsteinen aufgemauerten offenen Sarkophage (vgl. Jahrbücher des Vereins für meklenb. Geschichte, IX, S. 429-431).

Ganz dieselbe Erscheinung zeigte sich unter dem mittlern Gewölbe der alten fürstlichen Begräbnißkapelle. In einer Tiefe von 6 Fuß war ein Sarkophag von uralten, großen Ziegeln aufgemauert, welcher 2 Fuß hoch war, so daß der obere Rand 4 Fuß tief unter dem Fußboden stand; dieser Sarkophag war 8 Fuß lang, 2 Fuß 10 Zoll weit im Lichten, 2 Fuß hoch, oben und unten offen. In diesen Sarkophag war ein Sarg gestellt, welcher 6 1/2 Fuß lang und am Kopfende 2 Fuß breit war; der Sarg war nur von Holz gewesen, ohne irgend eine Metallverzierung. Von dem Holze war aber keine Spur mehr

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vorhanden; es war völlig vermodert, jedoch an einem dunkelbraunen Streifen in dem nassen Sande sehr klar und bestimmt zu erkennen. In diesem Sarkophage und innerhalb des an dem braunen Streifen erkennbaren Sarges lag, 5 1/2 Fuß tief unter dem Fußboden, in Sand und Wasser, ein Gerippe, gegen Osten schauend, 6 Fuß hamburger Maaß lang. Bei der Aufgrabung kamen der Schädel und die Beine ans Tageslicht; ich ließ diese Gebeine ruhig an ihrer Stelle liegen und befreiete sie nur von Erde. Es fehlten dem Schädel mehrere Backenzähne und die Schneidezähne standen hoch heraus; das linke Schläfenbein war zerbrochen, vielleicht ursprünglich, von dem Sturze, an welchem Pribislav bei dem lüneburger Turnier starb. Das Gerippe hatte ein sehr altes Ansehen, das Gerippe Heinrich's des Löwen († 1329) war fester und besser erhalten: schon hieraus möchte sich der Schluß ziehen lassen, daß das Gerippe wenigstens 100 Jahre länger liege, als das Heinrichs des Löwen. Zu einer weitern Untersuchung und zur Bloßlegung des Gerippes, welche ich nicht einmal paßlich fand, hielt ich mich nicht ermächtigt, sondern bedeckte das Gerippe wieder mit Erde, wie ich es gefunden hatte.

Dieses Grab halte ich mit vollster Ueberzeugung für das Grab des Fürsten Pribislav († 1178) aus folgenden Gründen.

1) Spricht das Begräbniß selbst für die Ruhestätte Pribislavs. Die Leiche liegt in der Mitte unter dem Kirchengewölbe, in grader Linie vor dem Altare, so tief, wie kein anderes, so daß diese Leiche zuerst an dieser Stelle begraben sein muß, indem alle anderen Leichen neben derselben und höher liegen. Außerdem zeugt dafür die uralte, durch andere Beispiele verbürgte Bestattungsweise und die Beschaffenheit des Gerippes.

2) Lagen in der Tiefe dicht an dem Ziegelsteinsarkophage, an der Außenseite desselben, Stücke von dem ältesten Fußbodenpflaster, welche bei dem Begräbnisse losgetreten und hinuntergeglitten waren. Diese bestanden aus den kleinen Mosaikziegeln, 1 ) mit denen die Altarstellen zu Althof und Doberan gepflastert sind; es waren mehrere Male 2, 3, auch 4 Stück neben einander in Kalk gelegt, so daß es nicht zu bezweifeln ist, daß sie von dem alten Fußbodenpflaster abgetreten waren. Alle hatten noch ein frisches Ansehen und an den tiefern Stellen eine glänzende Glasur, so daß sie noch nicht lange gelegen haben


1) Man vergleiche oben die Abhandlung über die Fürstin Woizlava und die Kapelle zu Althof.
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konnten, als sie versanken. Diese Ziegel stammen noch aus der Zeit der Gemahlin des Fürsten Pribislav, der Fürstin Woizlava, und wurden dazu benutzt, die besonders heiligen und wichtigen Stellen in der Kapelle zu Althof und demnächst in der Kirche zu Doberan zu pflastern. Auch bei der Abtragung und Aufgrabung der andern Räume fand ich hin und wieder zwischen Schutt und Erde diese Mosaikziegel, jedoch schon mehr abgetreten.

3) Besitzen wir ein ausdrückliches Zeugniß darüber, daß Pribislav an dieser Stelle begraben liegt. Der aus Wismar gebürtige lübeker Prediger Reimar Kock sagt in seiner Chronik der Stadt Lübek von dem Fürsten Pribislav:

Anno 1170 buvede he ock dat Closter Dobberan, dar he Pribischlaus begrauen licht in der Karcken int Norden under einem schönen Stene mit Mißinck belecht, worup gehauen: Pribislaus dei gratia Herulorum, Vagriorum, Circipanorum, Polaborum, Obotritorum, Cissinorum, Vandalorum rex.

Reimar Kock war in Wismar geboren, trat im J. 1524 in das St. Katharinen=Kloster zu Lübek und ward bald nach Einführung der Reformation daselbst Prädicant und 1553 Pastor an der Petrikirche († 1569). Er schrieb eine Chronik der Stadt Lübek und vollendete das hier zur Frage stehende erste Buch derselben im J. 1549, also ein Jahr vor dem Tode des Herzogs Magnus von Meklenburg. In dieser Chronik behandelt er mit Vorliebe auch die Geschichte Meklenburgs und bewährt sich überall als einen einsichtsvollen und zuverlässigen Mann. Es ist daher keinem Zweifel unterworfen, daß er das Kloster Doberan und die Merkwürdigkeiten der Kirche aus eigener Anschauung kannte, um so mehr, da er so ausführlich und zuversichtlich berichtet. Dieser Grabstein muß bald nach des Herzogs Magnus Beisetzung (1550) untergegangen sein, da Latomus († 1614) in feinem meklenburgischen Genealochronikon (1610) über denselben sagt, daß

"dieser stein nicht alda wird gefunden"

(vgl. Jahrb. II, S. 6). Ohne Zweifel war die Grabplatte eine große, gravirte Messingplatte oder eine Kalksteinplatte, in welche kleinere gravirte Messingplatten, wie z. B. ein Bild oder ein Schild und die Inschrift eingelassen waren. Daß das Grab mit einer großen Platte belegt gewesen ist, geht daraus hervor, daß das Begräbnis seit der Bestattung Pribislav's nicht angerührt gewesen ist, da sich keine Spur von Gebeinen und Mauerschutt über der Leiche fand, während zur Seite in mehreren Schichten die Leichen über einander lagen.

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4) Hiemit stimmt das Epitaphium überein, welches der Herzog Heinrich der Friedfertige im J. 1514 durch seinen gelehrten Rath Dr. Nicolaus Marschalcus Thurius († 1525) über dem Grabe Pribisiav's errichten ließ, als die Stelle des Begräbnisses noch bekannt war und der Leichenstein noch auf dem Grabe lag. Auf einer Tafel, welche an dem Wandpfeiler zu den Häupten Pribislav's hängt, stehen die Worte:

Epitaphium Pribislai, primi fundatoris hujus monastarii, qui fuit filius Nicoloti etc. und ein Gedicht mit der Lebensbeschreibung Pribislav's in lateinischen Hexametern und Pentametern. Im J. 1514 ließ nämlich der Herzog Heinrich nicht allein die fürstlichen Denkmäler in der Kirche zu Doberan restauriren, sondern auch die Epitaphien auf schwarzen Brettern mit goldenen Buchstaben durch den Rath Nic. Marschalk setzen (vgl. Jahrb. II, S. 175).

5) In Verbindung mit diesen Inschriften stehen die Bilder Niklots und Pribislav's, welche an der westlichen Wand des nördlichen Kreuzschiffes dem Altare gegenüber aufgehängt sind und ebenfalls aus der Zeit des Herzogs Heinrich des Friedfertigen stammen (vgl. Jahrb. II, S. 37 flgd.), wenn sie auch im vorigen Jahrhundert unter dem Herzoge Christian Ludwig restaurirt sind.

6) In Betracht der besondern Ehrwürdigkeit des Begräbnisses des Fürsten Pribislav, des christlichen Stammvaters der meklenburgischen Fürsten aller Linien und des Stifters des Klosters Doberan, ward die Kapelle, wo Pribislav begraben liegt, zur Familiengruft aller meklenburgischen Fürsten (bis 1550) erhoben. Schon im J. 1267 stiftete Heinrich der Pilger eine ewige Wachskerze an den Gräbern seiner Aeltern und seines Bruders ("in memoriam patris nostri domini Johannis de Wismaria et matris nostre Luthgardis fratrisque nostri domini Alberti - - circa predictorum "defunctorum sepulcra"). Der Fürst Heinrich der Löwe stiftete im J. 1302 bei der Beisetzung seines Vaters, Heinrich's des Pilgers, eine ewige Wachskerze an der Stelle seines Begräbnisses (im hohen Chore) und einen Altar und lobenswerthe Fenster in der Kapelle, wo seine Vorfahren begraben lagen ("unum altare et fenestras laudabiles in capella, ubi progenitores nostri requiescunt"). Im Jahre 1400 verordnete der Herzog Rudolph, Bischof von Schwerin, daß, da seine Väter und Vorfahren ("patres et progenitores"), wie sie aus dem Heidenthume zu Lichte des rechten Glaubens gelangt seien, bei dem Cistercienser=Orden zu Doberan, der ersten Pflanzung des christlichen Glaubens, sich

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das Begräbniß erwählt und die Nachkommen derselben Fürsten von ganz Wendenland ("totius Slaviae") dort das Begräbniß verdient hätten, auch er sich sein Begräbniß bei seinen Vorfahren ("apud eosdem nostros progenitores") erwähle, in Betracht der herzlichen Liebe, die er zu einem so ausgezeichneten und ihm theuren Orte habe. Die Stiftung des Altares in dieser Kapelle stammt also aus dem J. 1302 von dem Fürsten Heinrich dem Löwen. Der große, dicke Ziegel von einer Altarplatte mit einem Weihkreuze mag also noch aus jener Zeit stammen, als der Ziegelbau noch mehr blühete, als in den folgenden Zeiten.

7) Nach den glaubwürdigen Nachrichten in den Urkunden und Chroniken wurden die in der Anlage 1. verzeichneten Fürsten aus den Linien Meklenburg, Werle und Rostock in dieser Kapelle begraben. Neben dem Grabe Pribislav's lagen in zwei Schichten ungefähr 1 Fuß über einander Gerippe im bloßen Sande dicht neben einander.

8) Da hier der Fürsten so viele begraben wurden, so daß sie nicht neben einander Platz hatten, so wählte man zur Bezeichnung ihres Begräbnisses nur kleine Platten mit den Reliefwappen der Linien. Dies sind Ziegelplatten, von ungefähr 15 Zoll im Quadrat und gegen 4 Zoll Dicke, mit dem flachen Relief des Stierkopfes auf einem schräge rechts gelehnten Schilde, ursprünglich schwarz glasurt, in den Vertiefungen mit Kalk ausgefüllt. Latomus in seinem meklenburgischen Genealochronikon (1610) berichtet:

"Es liegen 12 gebrandte Grabsteine alda, darunter die Herren von Werle begraben".

Von diesen sind jedoch nur 6 übrig geblieben. Vier von diesen enthalten den kurzen, gedrungenen meklenburgischen Büffelskopf mit dem Halsfell; zwei derselben sind durchgebrochen, jedoch noch in den Bruchstücken vorhanden; nach der Zeichnung und der Arbeit, namentlich in Vergleichung mit denselben Steinen (mit Schild und Helm) auf dem Grabe Heinrichs des Löwen, stammen diese Steine aus dem 14. Jahrhundert. Ein fünfter Stein von derselben Größe und Arbeit enthält den lang gezogenen werleschen Ochsenkopf ohne Halsfell; dieser muß vor dem J. 1436 (dem Jahre des Erlöschens der Linie Werle) verfertigt sein und stammt ebenfalls aus dem 14. Jahrh., da die letzten Werleschen Fürsten im Dome zu Güstrow begraben sind und der Füst Johann II. von Werle=Güstrow nach der Chronik der letzte werlesche Fürst war, welcher im J. 1337 in der Kirche zu Doberan begraben ward. Diese 5 Steine lagen, nach neuerer

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Anordnung, jedoch gewiß nach alter Tradition, auf dem Grabe Pribislav's und an der rechten, südlichen Seite desselben, wo die Gerippe über einander lagen. - Ein sechster Stein ward dicht vor dem Gewölbe des Herzogs Magnus († 1550) und halb von demselben bedeckt gefunden. Dieser ist viel kleiner, dünner und von anderer Ziegelmasse; er enthält einen meklenburgischen Büffelskopf, offenbar aus dem Ende des 15. oder den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts. - Alle diese Wappenziegel bezeichnen ohne Zweifel die allgemeine Begräbnißstätte der Nachkommen Pribislav's.

9) In Folge aller dieser Denkmäler und gewiß alter Klosternachrichten bezeichnete der Herzog Heinrich der Friedfertige durch seinen Rath Dr. Nicolaus Marschalk diese Begräbnißstätte durch eine Tafel mit der Inschrift:

Principes magnifici de Werle vulgariter dicti hîc sunt depositi.

Diese Tafel hängt an der Nordseite eines Pfeilers im nördlichen Seitenschiffe, dem Begräbnisse Pribislavs gegenüber. Marschalk hat unter den "Fürsten von Werle genannt" unzweifelhaft wohl alle Fürsten wendischen Stammes verstanden, da hiervon züglich die wendischen Fürsten von der Linie Meklenburg begraben sind. Das Wort Werle ward häufig gleichbedeutend mit Wenden gebraucht.

10) Zum Schmuck der Fürstenkapelle wurden dort auch schön gemalte Fenster 1 ) unterhalten. Schon im J. 1302 stiftete der Fürst Heinrich der Löwe zum Seelenheile seiner Aeltern bei dem Begräbnisse seines Vaters einen Altar und

gemalte fenster ("fenestras laudabiles") in der Kapelle, in welcher seine Vorfahren ruheten ("in capella, ubi progenitores nostri requiescunt").

Wahrscheinlich ist es das erste, alte, gemalte Fenster, welches ich in Trümmern bei der Aufgrabung entdeckt habe. Bei dem


1) Die ältesten Glasgemälde der doberaner Kirche, wahrscheinlich aus dem 14. Jahrhundert stammend, Arabesken=Muster, meistentheils schwarz auf grau, auf dickem Glase, mit buntem Glase verziert enthaltend, wie häufig in Cistercienser=Kirchen (z. B. in der Kirche des noch bestehenden Cistercienser=Klosters zum Heil. Kreuze bei Baden in Oesterreich), sind wohl im Kloster Doberan selbst gemalt. Im 15. und 16. Jahrhundert wurden Glasgemälde sur die doberaner Kirche wohl in Rostock gemalt, wofür, nach den wenigen Ueberresten aus dieser Zeit in Doberan und Rostock, auch der Styl zu reden scheint. Im J. 1515 ließen die Herzoge Heinrich und Albrecht die Fenster der doberaner Kirche durch den "Fenstermacher Meister Hans Goltschmidt zu Rostocks restauriren, welcher auch "vermalte Tafeln" zu liefern hatte (vgl. Jahrb. II, S. 38 und 175). Noch am 24. August 1557 bestand zu Rostock das Glasergewerk und das Maleramt (und in diesen die Glasmaler) als Eine Zunft, als dieselben zu einer ihnen gehörenden Vicarei in der Marienkirche zu Rostock einen Vicar präsentirten.
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Abbruche des Altars fand ich hinter demselben eine große Menge alter, gemalter Glasscherben, unter diesen noch viele wohl erhaltene Stücke, welche zum größten Theile einem und demselben Fenster angehörten. Dieses gemalte Fenster hat in der jetzt sehr verstümmelten östlichen Fensterlucht über dem Altare gestanden und ist wahrscheinlich in dem obern Theile heruntergestürzt, weshalb auch noch heute die Fensterlucht oben zugemauert ist. Das Fenster ist dreiteilig und die Scherben gehören wahrscheinlich dem mittlern Drittheil an. Der größte Theil der gemalten Scherben besteht aus dickem, grünlichen Glase, über 1/8 Zoll dick, welches mit Eichenlaub schwarz in grau bemalt ist. Als Schmuck hat in diesem Fenster ein meklenburgisches Wappen gesessen. Ich fand noch mehrere Pfauenaugen von den Pfauenfedern des meklenburgischen Helmes, unter denselben mehrere noch vollständig erhalten. Von dem meklenburgischen Schilde war keine Spur zu finden; wahrscheinlich ist aber derselbe herausgenommen, um ihn zu retten, und in ein südöstliches Fenster des Chorumganges eingesetzt; hier sitzt nämlich noch ein uralter Schild mit dem meklenburgischen Stierkopfe. Der Kirchenglaser hat mich versichert, daß er denselben aus einem Fenster des nördlichen Umganges herausgenommen und in den südlichen Umgang versetzt habe. Andere gemalte Scherben waren jünger, aber noch gut. So fand ich noch einen Christuskopf und andere Scherben eines Crucifixes auf dünnerm Glase. Dies stimmt wieder zu der Verzierung des Altars, wovon unten die Rede sein wird. Wahrscheinlich waren auch die andern Fenster der Kapelle in der Nordwand derselben gemalt. Im Jahre 1522 sagt Dr. Nicolaus Marschalk, als er mit dem Herzoge Heinrich dem Friedfertigen die Alterthümer Doberans durchforschte:

"Der Pribislabus ist gewest der erste, welcher hat den königlichen Titel fallen lassen, in dem Closter Doberan begraben, do mag men heutiges Tages sehen in alten Fenstern etliche von den alten Königen hirinen angezogen".

(Vgl. Jahrb. I, S. 132). Wahrscheinlich war auch in einem Fenster die Inschrift, welche Nathan Chylräus mittheilt:

"Pribislaus, filius regis Nicoloti, primus fundator hujus monasterii inclytus ac religiosissimus, cujus reliquiae sunt hic conditae".

(Vgl. Jahrbücher II, S. 6).

In dem Kreuzgangsfenster, also gegen Süden, im Kreuzschiffe, dem Grabe Pribislav's gegenüber, war der Stammbaum des Geschlechts Pribislav's in allen Linien gemalt; dieser Stammbaum ist in den Jahrb. I, S. 131 flgd. abgedruckt.

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11) Das Begräbniß der Fürsten in dieser Kapelle dauerte bis zur Reformation fort. Wahrscheinlich ward hier auch der Herzog Magnus II. († 1503) begraben, wenn auch seine Statue im südlichen Chorumgange aufgestellt ist. Es war nämlich in der Kapelle neben dem Grabe Pribislav's ein aus Holz geschnitztes fünfschildiges meklenburgisches Wappen aufgehängt. Die Wappenzeichen haben noch ganz die alten Formen, jedoch ist durch die Aufnahme des Armes für Stargard das Wappen fünfschildig geworden. Dieses Wappen kann also erst nach dem Jahre 1488 gemacht sein.

12) Zuletzt wurden hier sicher der Herzog Balthasar († 1507), des Herzogs Magnus Bruder und der Herzog Erich († 1508), des Herzogs Magnus Sohn, begraben, da an dem Mittelpfeiler der Kapelle zu den Füßen Pribislav's die Statuen beider Herzoge aufgestellt sind. Daneben hängt an demselben Pfeiler eine Tafel mit der Inschrift:

Biddet Gott vor Hartich Baltzer vnd vor Hartich Erich, Hartich Magnus Sone, vnd vor Frowen Ursulen, Hartich Hinrichs Vorstinnen, dat en Gott gnedig sie.

13) Ohne Zweifel ward nach dieser Inschrift hier auch die Herzogin Ursula, geborne Markgräfin von Brandenburg, des Herzogs Heinrich des Friedfertigen erste Gemahlin, † 1510, beigesetzt. An einem nördlichen Wandpfeiler der Kapelle, neben dem Epitaphium auf den Fürsten Pribislav, hängt außerdem noch ein von dem Rath Dr. Nicolaus Marschalk verfaßtes Epitaphium auf sie. Die Leiche ward im J. 1550 neben der Leiche ihres Sohnes Magnus beigesetzt.

14) Endlich ward durch das Begräbniß des Herzogs Magnus, Bischofs von Schwerin († 1550), die alte Begräbnißstätte geschlossen und in Vergessenheit gebracht, indem unter dem östlichen Kirchengewölbe ein Begräbnißgewölbe auf den Fußboden aufgeführt und in diesem nicht allein seine, sondern auch seiner Mutter Ursula Leiche beigesetzt ward. Ein großes Epitaphium mit Inschrift und dem meklenburgischen Wappen aus Sandstein war über dem Eingange des Gewölbes angebracht.

15) So deuten alle schriftlichen Nachrichten und Monumente daraufhin, daß unter dem Mittelgewölbe des nördlichen Kreuzschiffes die alte Begräbnißstätte der meklenburgischen Fürsten war, von der Befestigung des Christenthums bis zur Durchführung der Reformation, von der Bestattung Pribislav's 1219 bis zur Beisetzung des letzten schweriner Bischofs Magnus 1550. Auf keiner Stelle waren und

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sind die Monumente auf das Fürstenhaus so sehr auf einen Punkt zusammengedrängt, als hier. Selbst die Gedenktafeln auf Heinrich den Löwen, welcher im hohen Chore hinter dem der Kapelle gegenüberstehenden Pfeiler begraben ist, sind dieser alten Begräbnißstätte zugekehrt. Die Stelle hat um so mehr locale Bedeutung, als sie der hoffentlich wieder herzustellenden Hauptpforte für die Klosterbewohner im südlichen Kreuzschiffe, so wie dem Mittelgange zwischen Chor und Schiff grade gegenüber und der nördlichen Pforte für die Pilger, neben welcher die schöne Heilige=Bluts=Kapelle steht, zunächst lag. Die Namen der Fürsten, welche in dieser Kapelle begraben wurden, so weit sie sich aus Chroniken, Urkunden und Denkmälern haben ermitteln lassen, sind in der unten beigebrachten Anlage 1. verzeichnet. Es unterliegt keinem Zweifel, daß nicht noch mehr Fürsten hier begraben wurden, jedoch sind keine Nachrichten darüber vorhanden.

16) Von Bedeutung dürfte endlich die kirchliche Bestimmung der Fürstenkapelle sein, indem alle Darstellungen fast rein biblisch sind und viel weniger römisch=katholische Heiligenbilder enthalten, als sonst gewöhnlich die Altäre zu haben pflegen. Freilich zeichnet sich die alte Symbolik der doberaner Kirche durch rein biblische Darstellungen aus, wie z. B. der prachtvolle Hochaltar fast ganz biblisch ist. Aber die Fürstenkapelle scheint wenigstens ebenso viel biblischen Geist zu athmen. Der alte Altar, welcher sehr schön gemalt war, hat so sehr gelitten, daß er nur mit Mühe zu entziffern ist. An eine Restaurirung ist nicht zu denken. Nach der Beschreibung in der Anlage 2. enthält die Mitteltafel unten das Abendmahl, eine im Mittelalter seltene Darstellung für die Mitteltafel, und darüber die Kreuzigung Christi. Die Flügel enthielten links wahrscheinlich die Jugendgeschichte Christi in Beziehung auf Maria, rechts die Leidensgeschichte Christi. Hoch über dem Altare steht noch jetzt ein großes Crucifix in Lebensgröße, und in dem östlichen Fenster über dem Altare befand sich ein auf Glas gemaltes Crucifix.


So konnte denn auch der fürstliche Rath Dr. Nicolaus Marschalcus Thurius im vollen gerichtlichen Bewußtsein der Wichtigkeit dieser Stelle im J. 1514 das Epitaphium auf den Fürsten Pribislav in dessen Geiste mit diesen Worten schließen:

Hinc Solymas adii, rediens dum troica lusi,
Urbe cadens Lunae tristia fata tuli.
Oblitos sed ibi cineres relligio grata

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Noluit et justis condidit illa locis.
Felices semper si jura tueri nepotes
Prisca loci studeant et pia coepta juvent.

(Heimgekehrt von der heiligen Stadt, als ich festlich turnierte, Stürzt' ich zu Lüneburg und fand dort ein trauriges Ende. Doch es gestattete nicht die dankbare Kirche, daß meine Asche vergessen werd', und begrub sie an passender Stelle.

Segen den Enkeln, die stets der Stätte geheiligte Rechte

Ehren mit liebendem Sinn und treu das Geweihete pflegen.)


Anlage 1.

Verzeichniß
der Fürsten, welche in der alten fürstlichen Begräbnißkapelle in der Kirche zu Doberan begraben sind.

Nachdem Se. Königliche Hoheit der Allerdurchlauchtigste Großherzog Friedrich Franz am 15.Dec. 1853 die Herstellung * ) der alten fürstlichen Begräbnißkapelle Allerhöchst befohlen hat, ist es zur Aufstellung von Gedächtnißtafeln nöthig, die Namen derjenigen fürstlichen Personen, so viel als noch möglich ist, zu ermitteln, welche an dieser Stelle begraben sind. Es ist beabsichtigt, drei Tafeln aufzustellen, von denen die mittlere den Namen des hier begrabenen fürstlichen Stammvaters Pribislav, die Tafel zur Rechten die Namen seiner Nachkommen von der Linie Meklenburg, die Tafel zur Linken die Namen seiner Nachkommen von den Linien Werle und Rostock enthalten soll.

Es liegen in der alten fürstlichen Begräbnißkapelle folgende fürstliche Personen begraben:

I. Der christliche Stammvater des fürstlichen Hauses: Pribislav † 30. Dec. 1178.

II. Fürsten von Meklenburg:

  1) Nicolaus I. † 25. Mai 1201.
  2) Heinrich Borwin I. † 28. Jan. 1227.


*) Se. K. H. der Allerdurchlauchtigste Großherzog haben geruhet, bei Allerhöchstihrer Anwesenheit in Doberan am 15. Dec. 1853, nach voraufgegangener Allerhöchsteigener Untersuchung, mündlich, und darauf am 17. Dec. schriftlich die Wiederherstellung der alten Fürstenkapelle in altem Style Allergnädigst anzuordnen.
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  3) Nicolaus II. † 28. Sept. 1225.
  4) Johann I. der Theologe † 1. Aug. 1264.
  5) Luitgard, dessen Gemahlin, † 1267.
  6) Heinrich I. der Pilger † 2. Jan. 1302.
  7) Albrecht I. † 17. Mai 1265.
  8) Nicolaus, Propst zu Schwerin, † 8. Juni (1289).
  9) Albrecht II. der Große † 18. Febr. 1379.
10) Heinrich III. † 24. April 1384.
11) Magnus I. † 1. Sept. 1385.
12) Johann III. † 16. Oct. 1422.
13) Rudolf, Bischof zu Schwerin, †† 1415.
14) Heinrich IV. der Dicke † 9. März 1477.
15) Magnus II. † 20. Nov. 1503.
16) Balthasar † 16. März 1507.
17) Ursula, Gemahlin Heinrichs V, † 18. Sept. 1510.
18) Erich † 22. Dec. 1508.
19) Magnus III, Bischof zu Schwerin, † 28. Jan. 1550.

III. A) Fürsten von Werle:

  1) Nicolaus I. † 7. Mai 1277.
  2) Heinrich I. † 8. Oct. 1291.
  3) Johann I. † 15. Oct. 1283.
  4) Bernhard I. † 10. Oct. 1281.
  5) Nicolaus II. † 12. Oct. 1316.
  6) Johann II. † 27. Aug. 1337.

B) Fürsten von Rostock:

  1) Heinrich Borwin III. † 1278.
  2) Waldemar † 9. Nov. 1282.
  3) Heinrich † jung.
  4) Erich † jung.


Bemerkungen.

II. Fürsten von Meklenburg.

1) Fürst Nicolaus I.

fiel in der Schlacht bei Waschow am 25. Mai (1200 ?). In dem doberaner Nekrologium (Jahrb. I. S. 136) heißt es:

"Nicolaus Kussinorum et Kissinorum princeps anno domoni MCC, VIII. kalendas Junii interfectus est in Warcho".

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in dem Jahre waltet hier Wohl ein Versehen, da das Jahr nach Suhm dän. Gesch. VIII, S. 601 flgd., v. Lützow Mekl. Gesch. I, S. 256, v. Kobbe Lauenb. Gesch. I, S. 243 auf 1201 bestimmt ist.

2) Fürst Borwin I.

starb am 28. Jan. 1227; vgl. Jahrbücher I, S. 134 und 136; III, S. 35; X, S. 4.

3) Fürst Nicolaus II.

Nach Wedekind's Vermuthung (Jahrb. I, S. 134, Note) soll Nicolaus II. am 3. Mai 1226 gestorben sein. Wahrscheinlich starb er aber am 28. Sept. 1225, da in dem allerdings wichtigen Memorienbuche des Klosters Amelungsborn (Jahrb. III, S. 36) aufgezeichnet ist:

"IV. kal. Oct. obiit Nicolaus, filius Burwini principis Slauorum";

vgl. Jahrb. XIII, S. 122-123. Im J. 1224 VII. id Jan. war er, "Nicolaus Burwini filius" noch Zeuge bei dem Grafen Albrecht von Holstein zu Eutin (vgl. Schleswig=Holstein. Urkunden=Sammlung I. S. 456). Im August 1226 nennt ihn sein Vater bei der Bestätigung des Doms zu Güstrow nicht mehr.

4) Fürst Johann I.

starb am 1. Aug. 1264. In dem doberaner Nekrologium (Jahrbücher I, S. 136) heißt es:

Johannes dei gratia Magnopolitanorum principes et theologus obiit anno domini MCCLXIIII, kalenis Augusti".

In der Urkunde seines Sohnes Heinrich vom 14. Juni 1267 (gedruckt in Westpahlen Mon. ined. III, p. 1511), durch welche er ein ewiges Licht an den Gräbern seiner Aeltern und seines Bruders Albrecht stiftete, wird auch gesagt, daß an dem Gedächtnißtage des Fürsten Johann dem Klosterconvent eine außerordentliche Gabe (servitium) gereicht werden solle. In dem alten Diplomatarium des Klosters, welches diese Urkunde allein enthält, ist über der Ueberschrift bei den Worten "super servitio" im 15. Jahrh. auch beigeschrieben: "ad vincula Petri", d. i. 1. August.

5) Fürstin Ludgard, dessen Gemahlin,

soll nach Rudloff M. G. II, S. 47, vor dem 14. Juni 1268 nach ihrem Gemahle gestorben sein. Diese Angabe ist offenbar aus der so eben bei dem Fürsten Johann I. berührten Urkunde entlehnt. Diese Urkunde, welche nicht im Originale, sondern nur in dem im Anfange des 14. Jahrh. geschriebenen Diplomatarium der Urkunden des Klosters erhalten ist, ist vom XVIII. kal. Julii MCCLXVII und eben so in dem Abdruck bei Westphalen, also vom J. 1267 datirt. Auf dem Rande des Abdrucks bei Westphalen steht aber durch einen Druckfehler die Jahreszahl 1268, und dieser Druckfehler hat Rudloff zu seiner unrichtigen Angabe verleite Die Fürstin Ludgard ward, gegen den Gebrauch, in der Klosterkirche zu Doberan begraben; die Urkunde sagt ausdrücklich, daß der Fürst Heinrich ein ewiges Licht in der Kirche zu Doberan an den Gräbern seines Vaters Johann, seiner Mutter Luthgard, seines Bruders Albert, seiner Vorfahren und Freunde, welche alle verstorben, stifte:

"pro salutari remedio animarum parentum nostorum, patris nosti videlicet Johannis de Wismaria et matris nostre domine Luthgardis

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fratisque nostri domini Alberti - - ad felicem memoriam iam dictorum parentum nostrorum aliorumque amicorum et progenitorum nostrorum -- candelam ceream circa progenitorum defunctorum sepulchra die noctuque iugiter ardentem; in anniuersario memorati nobilis domini Johannis seruitium faciet annuale".

Die Fürstin war also schon am 14. Juni 1267 gestorben. Da ihr Sohn Albrecht schon am 17. Mai 1265 gestorben war, so machte der Fürst Heinrich diese Stiftung wahrscheinlich beim Begräbnisse seiner Mutter im Juni 1267. Man kann daher annehmen, daß die Fürstin Ludgard im J. 1267 gestorben sei.

Uebrigens war die Fürstin Ludgard nicht die erste Frau, welche in der Klosterkirche zu Doberan begraben ward. Es war hier schon die Fürstin Jutte, Gemahlin des Fürsten Nicolaus I. von Werle, begraben (vgl. Jahrb. IX, S. 431); später ward hier im J. 1464 die Prinzessin Anna, Tochter des Herzogs Heinrich des Dicken, begraben (vgl. daselbst S. 432); es war also nicht so unerhört, daß fürstliche Frauen in der Klosterkirche begraben wurden, wie Slagghert bei dem Begräbnisse der Herzogin Ursula im J. 1510 meint.

6) Fürst Heinrich I. der Pilger

starb am 2. Jan. 1302, vgl. doberaner Nekrologium in Jahrb. I, S. 136.

7) Fürst Albrecht I.

starb am 17. Mai 1265. Das doberaner Nekrologium in Jahrb. I, S. 136 ist in dem Sterbetage incorrect. Ein anderes, später aufgefundenes Exemplar von der Hand des Secretairs und Archivars Samuel Fabricius liest bestimmter:

"Albertus dei gratia Magnopolensis dominus obiit anno domini MCCLXV. Maii".

8) Fürst Nicolaus, Dompropst zu Schwerin.

Nach dem doberaner Nekrologium (in Jahrb. I, S. 136) starb er am 8. Junii:

"Nicolaus dei gratia dominus Magnopolensis et prepositus, in Zwerin obiit VI. idus Junii et sepultus in Doberan".

Am 2. April 1289 stellte er noch eine Ukunde zu Lübek aus. Vgl. Rudloff M. G. I, S. 78.

9) Fürst Albrecht II. der Große. Detmar's Lübische Chronik sagt:

"In dem jare MCCCLXXIX, des vrydages vor vastelauende do starf hertoch albert van mekelenborch to swerin unde wart begraven to doberan".

Nach dieser Hauptquelle starb Herzog Albrecht also am 18. Febr. 1379, und nicht am 19. Febr., wie bisher angenommen ist.

10) Herzog Heinrich III.

starb am Tage des H. Georg (24. April) 1384 in Folge eines Sturzes im Turnier zu Wismar; vgl. doberaner Genealogie (Jahrb. XI, S. 22):

"Filius eius (Alberti) senior Hinricus hastiludiis intenden in curia sua Wismer anno domini M °CCC

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LXXXIIII in die sancti Georgii, ubi subtus equum corruit, adeo lesus fuit, quod paulo post exspirauit".

11) Herzog Magnus I.

starb am Tage Egidii (1. Sept.) 1385; in der doberaner Genealogie (Jahrb. XI, S. 22-23) heißt es:

"dominus Magnus anno domini M °CCC°LXXXV° in die sancti Egidii decesserat".

12) Herzog Johann III.

starb am 16. Oct. ("in sunte Gallen dage") 1422; vgl. Jahrb. XIII, S. 420.

13) Herzog Rudolf, Bischof zu Schwerin,

starb im J. 1415 (vgl. Rudloff M. G. II, 2, S. 560). Der Bischof Rudolf, aus dem Hause Meklenburg=Stargard, erwählte sich schon am 15. Nov. 1400 sein Begräbniß in der Kirche zu Doberan bei seinen Vorfahren (vgl. Jahrb. IX, S. 300 flgd.). Nach Original=Urkunden lebte er noch Ostern 1415.

14) Herzog Heinrich IV. der Dicke.

Eine Nachricht im Archive lautet:

"Im Jar dusend IIIICLXXVII vp den Sundach Oculi (9. März) starff in godt den hern hertzog Henrich tho meklenborch".

Eine andere Nachricht im Archive, aus Doberan, lautet:

"Im Jhare nach der geborth des heren tausent vierhundert vnd sieben vnd siebentzig jhar den sechsten tagk Februarii ist vorscheyden der durchluchtige hochgeborne Furste vnd here her Heinrich hertzog zu Meckelnpurgk vnd ist alhie begraben am tage Gregorii (12. März)".

Eben so fagt eine Urkunden=Relation bei der Johanniter=Comthurei Nemerow:

"dominus Hinricus, pater (Alberti, Johannis, Magni et Balthasaris), qui de anno domini millesimo quadringentisimo septimo, de mense Marcii in domino defunctus et ipso die beate gregory in ecclesia monasterii in Dobbran - - sepultus fuit".

In einer Original=Urkunde (in der Sammlung des Vereins) ."am avende s. Gregorii" (11. März) zu Wismar geben die Söhne des Herzogs Heinrich den von ihrem "leven heren vader, deme god allmechtich gnedich sy", die versäumte Bestätigung des Verkaufes des Gutes Moltow, "vmme zalicheit vnses leven vaders zele willen", und gedenken dabei oft des Todes ihres Vaters, so daß man klar sieht, ihr Vater sei ganz vor kurzem gestorben.

Diese Tage: der Sterbetag am 9. März und der Begräbnißtag am 12. März, sind ohne Zweifel richtig. Die Angabe, daß der Herzog Heinrich am 6. Febr. 1477 gestorben sei, ist ohne Zweifel falsch, da derselbe noch am 24. Febr. seine letzte Urkunde ausstellte (vgl. Rudloff Mekl. Gesch. II, S. 814).

15) Herzog Magnus II.

Eine Nachricht im Archive lautet:

"MVCIII am auende marien tempel offeringe (d. i. vigilia praesentationis b. Mariae: 20. Nov.) starff hertzog Magnus".

Auch Slagghert sagt in seiner Chronik des Klosters Ribnitz:

"Hertich Magnus am auende präsentationis Marie heft gade van hemmel offert synen gheyst, de tho der erden is bestediget in dat closter tho Dobberan by syne oltfadern vnd heren".

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Hiemit stimmen alle andern Nachrichten überein. Die auswärtigen Beileidsschreiben im Archive sind vom Abend Katharinä (24. Nov.) bis zum Tage BarbarÄ (4. Dec.) datirt.

16) Herzog Balthasar.

Nach einem vom Mittwoch nach Lätare datirten Schreiben des Herzogs Heinrich an seinen Bruder Albrecht starb der Herzog Balthasar am "Dienstag nach Lätare (16. März) 1507". Daher ist auch die Nachricht, welche Slagghert in seiner Chronik des Klosters Ribnitz giebt, richtig:

"1507 in deme aueude (d. i. vvigilia) Gertrudis (16. März) hertoch Balthasar tho Mekelenborch ys ghestornen tho Wysmar by deme mekelenborgeschen haue und tho Dubberan begrauen by syne oltfederen"

Eine Nachricht im Archive lautet:

"MVCVII starff hertzog Baltazar thor Wismar am daghe Gertrudis (17. März).

Diese Nachricht ist also nicht ganz richtig. Noch weniger richtig sind die Angaben bei Rudloff III, 1, S. 26, nach welchen der Herzog am 7. März gestorben sein soll.

17) Herzogin Ursula.

Nach einem Schreiben ihres Gemahls, des Herzogs Heinrich, starb sie am "Mittwoch nach Lamberti" (18. Sept.) 1510". Hiemit stimmt auch eine Nachricht im Archive überein, welche lautet:

"MVCX des anderen dages nha Lamberti (18. Septbr.) starff frowe vrsule in Gustrow".

Auch Slagghert in seiner Chronik stimmt hiermit überein, wenn er sagt:

"In dem dage ofte nacht Lamberti, des mydwekens in der quatemper vor Michaelis, welcker ys de dach der entfenginge der V wunden Francisci, tho Güstrow vp deme flate ist HerZogin Ursula gestorben. Se ys begrauen mit groter möghe vnd swarheit in dat closter tho Dubberan, wente id was neue wyse ofte wanheyt, ock nicht ghehoret, dat men vorstynnen hedde begrauen tho Dubberan, men allene de hereu vnd vorsten.

Die doberaner Epitaphiennachricht, daß sie im J. 1511 gestorben sei, ist also ohne Zweifel falsch. Die Beileidsschreiben fallen in die Zeit vom 23. Sept. bis 9. Oct. 1510.

18) Herzog Erich.

Eine Nachricht im Archive lautet:

"MVCVIII starff hertzog Erich des andern dages S. Thome apostoli (22. Decbr.)".

Hiezu stimmen die Archi=Acten, nach denen der Adel zum "Freitag nach Thome" (29. Dec.) zum Begängniß nach Doberan geladen ward.

Slagghert in seiner ribnitzer Chronik sagt dagegen, daß er "an deme Thome" (21. Dec.) gestorben sei.

19) Herzog Magnus III, Bischof zu Schwerin.

Der Herzog Magnus starb nach einer Anzeige vom Mittwoch nach Convers. Pauli 1550 "gestern Abends um 8 Schlägen" (d. i. am 28. Jan.) und nach einer andern Anzeige vom Tage Purif. Mariä 1550 "am nächst verschienenen Dienstag (d. i. am 28. Jan.).

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Hiemit stimmt auch das Epitaphium in der Kirche zu Doberan überein, nach welcher der Herzog V. kal. Febr.(28.Jan.) gestorben war.

III. A) Die Fürsten von Werle.

1) Fürst Nicolaus I.

starb am 7. Mai 1277, nach dem doberaner Nekrologium (Jahrbücher I, S. 136):

"Nicolaus dei gratia dominus in Sclauia obiit anno domini MCCLXXVII, nonis Maii"

Vgl. Lisch Geschichte und Urkunden des Geschlechts Hahn, I, A, S. 62, und B, S. 74; Lisch Meklenb. Urkunden, II, S. 61.

2) Fürst Heinrich I.

starb am 8. Oct. 1291, nach dem doberaner Nekrologium (Jahrbücher I, S. 136):

"Hinricus dei gratia dominus in Werle; hunc filius suus interfecit anno domini MCCXI, octauo idus Octobris".

3) Fürst Johann I.

starb am 15.Octbr. 1283, nach dem doberaner Nekrologium (Jahrb. I, S. 136), nach einer bessern Abschrift von Samuel Fabricius:

"Johannes dei gratia dominus in Werle obiit anno domini MCCLXXXIII, XVIII. kalendas Novembris".

4) Fürst Bernhard I.

starb am 10. Oct. 1281, nach dem doberaner Nekrologium (Jahrbücher I, S. 136):

"Bernhardus, Nicolai primi filius, dei gratia domicellus de Werle, obiit anno domini MCCLXXXI, sexto idus Octobris".

Kirchberg cap. 170 giebt als Todesjahr Bernhards I. das Jahr 1286 an. Wird sich aber wohl versehen haben, da er das doberaner Nekrologium in dem Kreuzgangsfenster nach mehrern Anzeichen schon kannte und wahrscheinlich das I in der Jahreszahl übersehen und das Wort "sexto" in der Bezeichnung des Tages mit zu der Jahreszahl gezogen hat. Man vgl. zu Heinrich Borwin von Rostock.

5) Fürst Nicolaus II.

starb am 12. Octbr. 1316, nach dem doberaner Nekrologium (Jahrb. I S. 136):

"Nicolaus secundus dei gratia, filius Johannis, dominus de Wrle, obiit anno domini MCCCXVI, quatro idus Octobris".

Vgl. auch Lisch Gesch. der Stadt Plau in Jahrb. XVII, S. 108.

6) Fürst Johann II.

starb am 27. August 1337, nach dem doberaner Nekrologium (Jahrb. I, S. 136):

"Johannes secundus dei gratian dominus de Werle obiit anno domini MCCCXXXVII, VII kalendas Septembris".

Vgl. auch Lisch Gesch. der Stadt Plau in Jahrb. XVII, S. 110.


Diese 6 Fürsten sind auch grade diejenigen, welche in dem doberaner Kreuzgangsfenster (Jahrb. I S. 136) aufgezeichnet waren.

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B) Fürsten von Rostock.

1) Fürst Heinrich Borwin.

Die Angabe im doberaner Nekrologium, daß Heinrich Borwin im Jahre 1260 gestorben sei, beruhet offenbar auf einem Irrthume. Er starb nach allen Anzeichen im J. 1278; vgl. Rudloff Mekl. Gesch. II, S. 69. Denselben Irrthum begeht auch Kirchberg cap. 180, der das J. 1260 aus dem doberaner Nekrologium in dem Kreuzgangsfenster entlehnt zu haben scheint. Nach dem rostocker Original=Stadtbuche werden Heinrich Borwin und seine Söhne Johann und Waldemar im J. 1268 als in Regierungsangelegenheiten betheiligt wiederholt namentlich aufgeführt.

2) Fürst Waldemar

starb, nach dem doberaner Nekrologium (Jahrb. I, S. 136), am 9. Nov. 1282:

"Woldemarus dominus in Rostock, obiit anno domini MCCLXXXII, V idus Nouembris".

3) Fürst Heinrich, und

4) Fürst Erich

starben jung vor dem Vater; vgl. Kirchberg und Rudloff a. a. O.


Anlage 2.

Der Altar
in der fürstlichen Begräbnißkapelle zu Doberan.

Auf dem Altare in der fürstlichen Begräbnißkapelle in der Kirche zu Doberan, an der Ostwand des nördlichen Kreuzschiffes, stand ein Altarschrein mit zwei einfachen Flügeln, leider so verfallen, daß an eine Erhaltung oder Restaurirung nicht zu denken ist. Der Altar verdient, daß er durch Beschreibung aufbewahrt bleibe, da er nicht allein sehr schön gemalt ist, sondern auch einen Ideenkreis darstellt, welcher an dieser Stelle sehr bezeichnend und dazu nicht häufig ist. Der Inhalt der Gemälde ist nämlich größtentheils rein biblisch.

Der Altar hat eine Mitteltafel und zwei einfache Flügel und ist nur durch Malerei auf Kreidegrund verziert, ohne alles Schnitzwerk.

I. Die Mitteltafel ist durch eine Leiste horizontal in zwei Theile getheilt.

1) Die untere Hälfte der Mitteltafel enthält die Darstellung des Abendmahls, von welcher leider die linke Hälfte (in der Ansicht) ganz abgefallen ist. An einem gedeckten Tische hat

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ungefähr in der Mitte Christus gesessen; es ist nur ein Stück des Spruchbandes übrig, welches von ihm ausging, mit den Worten: in me (i recordationem) Luc. 22, 19. (= Das thut zu meinem Gedächtniß.) Zur Linken liegt Johannes an der

Brust des Herrn, mit einem Spruchbande: Spruchband (Quis cst qui tradet te. Johannes. = Wer ist es, der dich verrathen wird. Johannes). Dann folgen zwei Apostel, zusammen mit Einem Spruchbande: Spruchband
Spruchband (= Domine ostende nobis patrem et sufficit nobis. Philippus. = Herr, zeige uns den Vater, so genüget uns, - sagt Philippus Joh. 14, 8). Am Ende des Tisches rechts sitzen drei Apostel mit einem Spruchbande: Spruchband
Spruchband (= domine quid factum est quod . . di . . . . atur es de . nobis et non mundo). An der rechten Ecke, dem Beschauer mit dem Rücken zugekehrt, sitzt Judas Jscharioth mit einem Spruchbande: Inschrift (= numquid cgo sum, domine? = Herr bin ich's ? sagt Judas Matth. 26, 22).

a. Das Abendmahlsbild ist oben mit einem Bogen eingefaßt. In den dadurch entstehenden Zwickeln ist rechts ein kleiner runder Schild mit dem Brustbilde eines heiligen Bischofes, der den Kelch segnet. (Der H. Benedict (?), einer der Schirmheiligen des Klosters.)

b. Auf der Theilungsleiste über dem Abendmahlsbilde steht eine Inschrift, von welcher die linke Hälfte ganz abgefallen, von der rechten Hälfte aber noch zu lesen ist:

Inschrift

2) Die obere Hälfte der Mitteltafel ist perpendikulair in 3 Abtheilungen getheilt:

a. Der größere mittlere Theil der obern Hälfte enthält die Darstellung der Kreuzigung Christi (ohne die Schächer). Zur Rechten Christi stehen Maria, Johannes, mehrere Weiber u. s. w. Maria hat mit der linken Hand ein Schwert an die Spitze gefaßt und auf die Brust gesetzt. Zur Linken Christi stehen der Hauptmann und die Knechte u. s. w. Der Hauptmann hält mit der hinaufzeigenden rechten Hand ein Spruchband mit den Worten: V e B e t. FILIVS. D e I e R A T. IST e . (= Wahrlich dieser ist Gottes Sohn gewesen.)

Die beiden Räume links und rechts von diesem Mittelbilde mit der Kreuzigung sind horizontal einmal getheilt und enthalten zusammen 4 kleinere Bilder.

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b. Unten links: ist das Bild abgefallen; es ist nur noch eine Figur mit Heiligenschein, wie Johannes Ev., erkennbar;

c. unten rechts: Christus betet am Oelberge: ein kleiner Berg, auf welchem ein Kelch steht; Christus knieet dahinter an demselben;

d. oben links: Christi Auferstehung: Christus steigt, mit der Siegesfahne in der Hand, aus dem viereckigen Grabe; ein Kriegsknecht sitzt schlafend daneben;

e. oben rechts: Christi Himmelfahrt oder Erscheinung nach der Auferstehung: Christus, ohne Nägelmale an den Händen, steht segnend in der Mitte; zu seiner Rechten sind Maria und drei Männer, zur Linken sechs Männer erkennbar.

II. Die beiden Flügel sind perpendikulair ein Mal und horizontal zwei Male getheilt; jeder Flügel enthält also 6 kleine Bilder.

1) Der Flügel links in der Ansicht hat alle Malerei verloren: auf dem Reste eines Spruchbandes ist nur noch zu lesen: dns. tec. . (dominus tecum), aus der Verkündigung Mariä. Diese Tafel hat also ohne Zweifel die Freuden Mariä und die Jugendgeschichte Christi enthalten.

2) Der Flügel rechts in der Ansicht enthält 6 Bilder, welche zum größern Theile die Leiden Christi enthalten. Von unten nach oben sind die Darstellungen folgende.

a. Unten links: Eine junge Jungfrau mit Heiligenschein, in grünem, golddurchwirkten Gewande, steht in der Mitte und kreuzt die Arme über die Brust. An jeder Seite steht ein Engel, welcher ihr die Hand auf die Schultern legt. Zur Rechten der Jungfrau steht auf der Erde ein Kelch.

b. Unten rechts: Christus, entblößt; rechts steht ein Knecht, der ihm mit einem an eine Stange befestigten Gefäße etwas überschüttet (vielleicht nach Marc. 15, 23: Und sie gaben ihm Myrrhen und Wein zu trinken, und er nahm es zu sich).

c. In der Mitte links: Christus wird mit einer Dornenkrone gekrönt; zwei Kriegsknechte drücken ihm mit Rohren die Dornenkrone auf das Haupt.

d. In der Mitte rechts: Christus mit gebundenen Händen wird von Kriegsknechten vor Pilatus geführt. Pilatus, in rothem Gewande, mit einer cylinderförmigen Mütze, ist mit dem Rücken dem Beschauer zugewandt.

e. Oben links: Gott (?), mit jugendlichem Antlitz, Krone und gespaltenem Bart, segnet eine vor ihm knieende gekrönte Jungfrau, hinter welcher ein Engel steht.

f. Oben rechte: Christus sitzt mit ausgestreckten Armen und blutenden Nägelmalen; zwei Schwerter stoßen ihm horizontal

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an den Mund. Zur Rechten knieet Maria, zur Linken Johannes der Täufer, in Felle gekleidet.

III. Von den Rückwänden der bei den Flügel ist jede in 4 Theile getheilt, in deren jedem eine Heiligenfigur gestanden hat. Von den 4 Figuren auf der linken Tafel ist nur ein Rest von einer Figur übrig. Von den 4 Figuren der rechten Rückwand sind noch einige Reste übrig; unten links steht der Heil. Bernhard, einer der Schirmheiligen des Klosters, in grauem Mönchsgewande, mit Tonsur.

IV. Die Predelle ist auch auf Kreidegrund gemalt. In der Mitte ist noch ein Schwamm auf einem Rohr (Marc. 15, 36) erkennbar. Zur rechten Seite sind noch Spuren von 4 Heiligen, in Brustbildern, mit Spruchbändern, erkennbar.

V. In Verbindung mit dem Ideenkreise dieses Altares stehen auch die gemalten Fenster über dem Altare. Unter den Scherben des eingestürzten Fensters, welche sich 1853 hinter dem Altare fanden, waren auch Reste von zwei Crucifixen.

VI. Ob das große hölzerne Crucifix, über Lebensgröße, immer an dieser Stelle gestanden habe, läßt sich nicht bestimmen.