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20.
Ueber des Herzogs Johann Albrecht II. von Güstrow calvinistische Bilderstürmerei

und
die Altäre
in den Klosterkirchen zu Dargun und Doberan und der Schloßkirche zu Güstrow,

von

G. C. F. Lisch.


Der in Jahrb. XIV, S. 352 flgd. beschriebene Hochaltar in der Kirche der ehemaligen Cisterzienser=Mönchs=Abtei Doberan ist ohne Zweifel der älteste, schönste und bedeutendste Altar in Meklenburg, ein merkwürdiger Schmuck der berühmten, in vieler Hinsicht ausgezeichneten Kirche, und stammt wenigstens aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Es giebt eine Sage, nach wecher dieser Altar aus der Schloßkirche zu Güstrow in die Kirche zu Doberan versetzt sein soll. Wenn man die bedeutende Größe des doberaner Altars betrachtet, so erscheint es sogleich unwahrscheinlich, daß dies ein Altar in einer Schloßkapelle gewesen und in dem großen Brande des Schlosses im J. 1557 gerettet sein sollte.

Jedoch giebt es Gründe, aus welchen sich die Unrichtigkeit der Sage beweisen läßt.

Von der einen Seite wird der noch vorhandene Altar in der Kirche zu Doberan schon im J. 1552 als dort stehend so bezeichnet (vgl. Jahrb. a.a.O. S. 354), daß sich gar nicht

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daran zweifeln läßt, daß der doberaner Hochaltar für die dortige Kirche gemacht und immer dort aufgestellt gewesen sei.

Von der andern Seite wird in dem nachstehend mitgetheilten, gleichzeitigen Berichte ausdrücklich gesagt, der Altar in der Schloßkirche zu Güstrow sei eine Tafel, also ein Gemälde, gewesen, welches "der Herzog Ulrich, also nach dem J. 1557, zum Gebrauche des H. Abendmahls" habe anfertigen lassen und der Herzog Johann Albrecht II. nach der Wegreißung des Altars im J. 1618 seinem Hofmaler geschenkt habe. Diese Altartafel ist also ohne Zweifel ein neueres Gemälde gewesen.

Nach dem folgenden Berichte ließ der Herzog Johann Albrecht II. im J. 1618 den Altar in der Schloßkirche zu Güstrow wegreißen und schenkte die Tafel seinem Hofmaler zum großen Verdruß der Wittwe des Herzogs Ulrich, die damals grade in Güstrow war. Johann Albrecht's II. Bruder, der Herzog Adolph Friederich I., ließ aber die Tafel durch seinen Hofmaler Daniel Block für 200 Thlr. wieder aufkaufen und in der Kirche zu Doberan aufstellen. Dies wird nicht allein in dem nachfolgenden Berichte gesagt, sondern auch von dem Archivar Schultz in seinen handschriftlichen Annalen nach Archiv=Quellen berichtet 1 ):

"und ist vormeinendlich derselbe an den Güstrowischen Hoffmahler verehret worden. Als Hertzog Adolph Friederich dieses erfahren, hatt er seinen Hoffmahler Daniel Block genannd abgefertiget, den Altar mit 200 Thlr. bezahlen und nach Dobbran fuhren lassen".

Diese Nachricht ist sicher aus des Herzogs Adolph Friederich eigenhändigen Tagebüchern genommen, in denen er schreibt:

"1618, den 5. Junii. Daniel den Maller 2 ) habe heutt nach Gustrow gesandt, das Altar da abzuhollen, welches mein Bruder auß der Sloß=Capelle hatt nehmen laßen (vnd an Stat deßen einen Caluinschen thisch dahin setzen laßen), vnd nach Dobran zu führen; ich muß dem Hoff=Maller alda 200 Reichßthaller dafür geben".

Die Sache machte damals ungeheures Aufsehen und es wurden viele, noch im Archive aufbewahrte lateinische Gedichte angefertigt, welche diese gotteslästerliche Handlung im Namen des unschuldigen Altares besangen; einige derselben wurden bei der Altartafel in Doberan angebracht.

Diese güstrowsche Altartafel ist nicht mehr vorhanden; sie ist entweder zerfallen oder auch im dreißigjährigen Kriege, als


1) Vgl. Röper Geschichte von Doberan S. 99.
2) Der Herzog Adolph Friederich schreibt in seinem Tagebuche: "1618 den 2. Maii Daniel Block der Maller hier anlangett".
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die doberaner Kirche im J. 1638 hart heimgesucht ward, zerstört worden.

Zugleich giebt der folgende Bericht Auskunft über die Zerstörung des alten Altars in der andern Cistercienser=Mönchs=Abtei Dargun, welche die zweite große Stiftung dieser Art im Lande war. Wahrscheinlich war dieser Altar ebenfalls sehr groß und ausgezeichnet. Die schamlose Frechheit, mit welcher hessische calvinistische Hofnarren und Mägde dieses ehrwürdige gottesdienstliche Kunstwerk behandelten, ist wahrhaft empörend.

Der nachfolgende Bericht ist einem aus dem güstrowschen Archive stammenden, umfänglichen, gleichzeitigen Berichte über den Calvinismus am Hofe des Herzogs Johann Albrecht II. entnommen:

"Ferner verlauff
was sich 161(8) 1 ) in Religionssachen am Güstrowschen Hoffe
begeben vnd zugetragen.

"Den 4. Januarii wahr der Sontag zwischen New Jahr vndt Drey Könige, da J.f.g. Hertzogk Hans Albrecht zu Meckelnburgk von dero Hauptman zu Dargun Churtt Restorffen war zu geuattern gebeten, sein J.f.g. in der Persohn gen Dargun gezogen vndt dero Caluinischen Hoffprediger Johannem Rhuelium mitgenommen.

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"Den 3. Marty dieses Jahres sindt J.f.g. Hertzogk Hans Albrecht zu Mecklenburgk etc. . mit etzlichen weinig Räthen, Junckern vnd Dienern verreisett vnd hatt man nicht eigentlich wohin sie gereisett 2 ) wißen können, bis das etzliche weinig wochen hernach Post ankommen, das J.f.g. ihren wegk auff Caßell genommen vnd daselbst den 26. Martii mit Frewelein Elysabeth, Landtgraff Moritz zu Heßen Tochter, das F. beylager gehalten.
Den 7. Aprilis sein J.f.g. wiedergekommen vnd alsbald den 15. Aprilis den Altar in der Schloskirchen 3 ) niederreißen vnd an deßelben statt auff Caluinischen schlag einen höltzern Tisch dahin setzen laßen, Vngeachtett das eben wie das Altar niedergerißen, Hertzogk Ulrich's von Mecklenburgk etc. . Christmilden andenckens Wittwe die durchluchtige hochgeborne Fürstin vnd Fraw Anna, Geborn zu Stettin=Pommern, Hertzogin zu Mecklenburgk etc. .; damahls zu Gustrow wahr, Wel=


1) In der Handschrift steht irrthümlich 1611.
2)

Auch der Herzog Adolph Friedrich schreibt in seinem eigenhändigen Tagebuche:

"Aprilis 1. Habe heutt zeittung bekommen, daß mein Bruder solle zu Caßel mit des landtgraff Moritz Eltesten Tochter Erster Ehe beylager gehalten, habe es meiner F. Mutter zugeschrieben".

3) zu Güstrow.
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cher F. G. dieses soll sehr schmertzlich zu hertzen gegangen sein, Weil Ihr Sehl. Herr solches zum gebrauch des H. Abendmahls dahin setzen vnd mit einer schön kunstreichen Tafell erorniren laßen. Es hat aber Hertzogk Hans Albrecht die Altar Tafell seinem Contrafeyer vnd Mahler verehrett, von welchem sie bald hernach Hertzogk Adolph Friedrich Hertzogk zu Mecklenburgk etc. . handeln, in der Nacht abholen vnd gen Dobbran bringen vnd sie doselbst in die Kirche wieder setzen laßen.

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Denn 9. May ist Landgraff Moritz von Heßen anhero gen Gustrow gekommen vnd seine tochter Fraw Elysabeth Hertzogk Hans Albrechteu von Meeklenburgk vnlengst vermehlete stattlich heimbgefhurett - - vnd nachdem sie acht Tage lang alhir gewesen, wiederumb auffgezogen.

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Worauf den 20. May zu Dargun in der Kirchen die Altar=Taffel auch abgenommen vnd mitt den Bildern darin durch den Hofnarren Lips, der mitt aus Heßen gekommen, vnd etzlichen Heßischen Mägden allerley gespött getrieben worden, bis man endtlich weinig Tage hernach den Altar doselbst auch gantz wegkreißen vnd einen höltzern Disch an deßen statt gesetzett hatt.

Weill aber solches sub illo praetextu geschehen, das auch die Kirche zu Dargun eine Schloßkirche sey, hat man es also mußen geschehn laßen, es ist aber zum vnterricht des gemeinen mannes darauff also bald D. Hunnii bedencken von den Altaren in den Druck gebracht worden, damitt menniglich, was von den Altaren zu halten sei, wißen mochte.

Alß man nun mit wegkreißung des Altars zu Gustrow in der Schlos=Kirchen den anfangk gemachtt, ist man doselbst mitt der Reformation hernach weiter fortgefahren vnd den 4. Sontag nach Trinitatis wahr der 28. Junii daß H. Abendmahl doselbst gehalten, den Sonnabend aber zuuor anstatt der privat absolution eine gemeine vorbereitung gehalten vnd folgenden Sontag bey haltung des H. Abendmahes die wortt der einsetzung vnd andere gebete nicht mehr gesungen, sondern abge= lesen, auch das Brodbrechen eingefhurett, womitt aber der Hoffprediger Er Rhuelius nicht gahr wohl sol haben wißen vmbzugehn, weil ers zuuor niemahls gesehn oder gebrauchtt, also das man ihm in ipsa actione einreden müßen."