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X.

Zur Geschichte

des Klosters und der Kirche zu
Tempzin,

und
der Filial=Präceptoreien
Mohrkirchen, Frauenburg und Lennewarden,

von

G. C. F. Lisch.


I m Jahresberichte III, S. 155, ist über die Kirche zu Tempzin und die noch stehenden Klostergebäude ein Bericht gegeben, welcher noch etwas unbestimmt gehalten ist, da es damals noch an Material zu der Geschichte des Baues fehlte. Nachdem aber in neuern Zeiten sehr versteckt gewesene, wichtige Nachrichten entdeckt sind, ist es möglich geworden, die interessante Geschichte nicht allein des Kirchenbaues, Sondern auch des Stiftes selbst in klaren Umrissen darzustellen. Die wichtigste Entdeckung ist ein Notariats=Instrument 1 ) vom 5. Aug. 1470, in welchem die damaligen Brüder des Hauses, nämlich Johann Brand, Johann Hagenow, Henning Röpke, Eberhard Eberhardi, Johann Dule, Barthold Ponnick und Johann Möller, vor Notar und Zeugen eine Darstellung der Schicksale der Präceptorei geben, um dadurch den Zustand der Stiftung vor Augen zu legen.

Die Antonins=Präceptorei Tempzin war im J. 1222 von dem Fürsten Borwin I. gestiftet 2 ) und die Stiftung von der im J. 1103 gegründeten Präceptorei Grünberg, im jetzigen Großherzogthume Hessen=Darmstadt, veranlaßt. Zu Grünberg hatte der General=Ppräceptor des Ordens für die deutsche Zunge 3 ) seinen Sitz; diese Stiftung war von der Mutter=Präceptorei zu


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XVII.
2) Vgl. Rudloff Urk. Samml. Nr. II.
3) Der Präceptor von Grüneberg heißt "preceptor generalis domus et balliuie sancti Anthonii in Grunenberg".
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Vienne in Frankreich ausgegangen, welche unmittelbar unter dem Papste stand. Die Antonius=Präceptoreien waren hauptsächlich Hospitale zur Krankenpflege 1 ) und wurden großen Theils durch Almosen erhalten, welche die Brüder einsammelten; außerdem hatten diese Klöster den vollen Gottesdienst anderer Klöster.

Schon vor der Stiftung des Hauses zu Tempzin hatte der Präceptor von Grünberg Brüder zum Almosensammeln in die eben bekehrten Wendenländer geschickt. Da aber die Entfernung zu weit war und die "Wunder 1 ) sich mehrten", so ward unter dem zweiten schweriner Bischofe Brunward die Stiftung des Hauses zu Tempzin oder Tunischin durch dem Fürsten Borwin veranlaßt.

Es wurden Wohnungen gebauet und von den Mutterstiften Vienne und Grünberg Brüder nach Meklenburg gesandt. Das Stift erhielt vom Papste Erlaubniß, die 5 Bisthümer Schwerin, Lübeck, Ratzeburg, Havelberg und Camin zum Almosensammeln durchwandern zu lassen; das Stift, im Bisthume Schwerin, lag nur wenige Meilen von den Grenzen der übrigen Bisthümer.

Die Stiftung zu Tempzin war aber lange Zeit sehr unsicher. Die Präceptorei Grünberg behandelte die Stiftung zu Tempzin nur als ihr Nebenhaus für das Unterkommen der Brüder und Vorsteher, die sie lange Zeit hindurch nach Meklenburg sandte und nach Belieben zurückrief, und eignete sich sämmtliche Ueberschüsse der Einkünfte und wohl noch mehr zu. Es ward freilich einige Zeit nach der Stiftung bestimmt, daß von den Ueberschüssen eine steinerne Kirche und dauerhafte Wohnhäuser für die Priester des Ordens und die notwendigen Wirtschaftsgebäude gebauet werden sollten; aber die beständig zu= und abgehenden Brüder von Grünberg schleppten Alles aus dem Lande, was nur irgend aufzutreiben war, und setzten sogar des Ordens Zwecke ihrem eigenen Vortheile hintenan; sie sollen ungeheure Summen Geldes aus den Wendenländern nach Hessen entführt haben. Die Franzosen, welche aus dem Kloster zu Vienne auch nach Tempzin kamen, waren völlig unbrauchbar, da sie die deutsche, zumal die niederdeutsche Sprache nicht verstanden. Diese heillose


1) Auf die Krankenpflege bezieht sich noch die Sage von der Heilkraft einer Quelle nicht weit von dem Hofe und der in der Urkunde von 1222 angegebene Name des Baches: Tepenice (=Warmwasser). Auch der Herzog Christoph ließ auf dem Heiligenberge bei Tempzin nach Mineralien graben, wohl durch alte Sagen veranlaßt; vgl. Jahrb. VII, S. 61. Der unter den Urkunden Nr. XX. mitgetheilte Ablaßbrief des Bischofs Martin von Camin vom 22. Febr. 1507 hebt es besonders hervor, daß die Präceptorei besondere Heilmittel (singularia corporum remedia) für Sieche und Kranke habe.
1) Auf die Krankenpflege bezieht sich noch die Sage von der Heilkraft einer Quelle nicht weit von dem Hofe und der in der Urkunde von 1222 angegebene Name des Baches: Tepenice (=Warmwasser). Auch der Herzog Christoph ließ auf dem Heiligenberge bei Tempzin nach Mineralien graben, wohl durch alte Sagen veranlaßt; vgl. Jahrb. VII, S. 61. Der unter den Urkunden Nr. XX. mitgetheilte Ablaßbrief des Bischofs Martin von Camin vom 22. Febr. 1507 hebt es besonders hervor, daß die Präceptorei besondere Heilmittel (singularia corporum remedia) für Sieche und Kranke habe.
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Wirthschaft dauerte an 150 Jahre und Tempzin hatte kaum eine hölzerne Kapelle und einige ärmliche Wohnungen.

Da ward von Grünberg der Ordensbruder Petrus Barlonis (1390- 417) als Vorsteher nach Tempzin geschickt, ein äußerst verdienstvoller, kräftiger Mann, welcher nicht allein die Selbstständigkeit der Präceptorei Tempzin errang, sondern auch alles schuf, was zu einem geordneten Kloster nöthig war. Er erhielt endlich vom Papste Johann 23. am 3. März 1415 das Privilegium, Ordensbrüder anzusetzen 1 ) (privilegium creationis fratrum) und richtete einen vollständigen Klostergottesdienst ein, in Folge dessen sich die Altäre und frommen Stiftungen für die Kirche mehrten. In Uebereinstimmung mit den Landesherren erbauete er auch eine steinerne Kirche und führte passende Klostergebäude auf. Peter Barlonis war gewissermaßen der Gründer der Präceptorei Tempzin, deren Geschichte eigentlich erst mit ihm beginnt. Die Präceptoren von Tempzin gehörten seitdem zu den landständischen Prälaten und saßen häufig im Fürstenrathe. Nachdem Peter Barlonis festen Fuß gefaßt hatte, war er nicht zufrieden mit dem Glanze seiner eigenen Stiftung, sondern sandte auch Ordensbrüder nach Holstein, Dänemark, Schweden und Norwegen. Diese Missionäre und Almosensammler stifteten ein neues Ordenshaus zu Môrkerke, d. i. Mohrkirchen 2 ) in Schleswig, im Amte Gottorf; dies geschah ungefähr um das J. 1400.

Peter Barlonis regierte an 30 Jahre und starb nach einem segensreichen Wirken wahrscheinlich im J. 1417; am Sonntage nach Ostern 1418 wird seiner als eines Verstorbenen gedacht.

Nach diesen Nachrichten läßt sich nun der Bau der Kirche genau bestimmen. Die jetzige Kirche besteht aus zwei ganz verschiedenen Theilen: einem einfachen oblongen Chor ohne Seitenschiffe, und einem Schiffe mit zwei weiten Seitenschiffen. Der Chor, in einem ernstern, strengern Style, ist unter Peter Barlonis (1390-1417), also ohne Zweifel in den ersten Jahren nach 1400 gebauet. Im J. 1406 verlieh der Bischof von Ratzeburg der Kirche einen Ablaß; damals war also die Kirche wohl noch im Bau begriffen. Im J. 1411 war sie aber schon fertig, da der Präceptor Petrus Barlonis am 18. Aug. 1411 zwei Priester zu einem neu gestifteten Altare in dem neuen Hospitale (in novo hospitali) zu Tempzin bestellte 3 ).


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XV. Diese wichtige Urkunde ist nur in einer von dem Concepte genommenen Abschrift erhalten.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. XVII.
3) Vgl. Urk. Samml. Nr. XIV.
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Man bemerkt den Anbau des jüngern Schiffes an der äußern Nordwand ziemlich klar. Es mögen Pfeiler und Mauern von dem alten Schiffe aus dem J. 1400 in den neuern Umbau hinübergenommen sein; aber das Schiff in seiner jetzigen Gestalt stammt aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts.

Nach ihm wurden zwei Präceptoren von Grünberg gesandt, welche vielleicht noch toller wirtschafteten, als es vor Peter Barlonis geschehen war, und nicht allein wieder große Summen aus dem Lande schleppten, sondern auch alle wohlthätigen Einrichtungen ihres Vorgängers zerstörten.

Der erste war Heinrich Slitze, welcher (Hinricus Slydze canonicus monasterii sancti Antonii, ordinis sancti Augustini, Viennensis diocesis, praeceptor domus sancti Antonii in Temptzin, Zwerinensis diocesis) zuerst im J. 1419 auftrat. Er sammelte große Schätze und schleppte nicht allein diese, sondern auch die Urkunden der Präceptorei, namentlich das privilegium creationis fratrum nach Grünberg. Er erscheint zuletzt im J. 1430 und war im J. 1437 todt.

Ihm folgte Johann Marburg, welcher zuerst 1434 genannt wird. Dieser wirthschaftete noch toller und raffte nicht nur alles vorhandene Geld zusammen, sondern machte auch Schulden, wo er konnte. Als er genug Geld zusammengescharrt hatte, resignirte er im J. 1444 und ging mit den Schätzen nach Grünberg.

Ueber diese Wirthschaft war ein edler Mann schon lange entrüstet: Heinrich Hagenow, wahrscheinlich ein Meklenburger, ein reicher Mann, Official der Propstei zu Schwerin. Dieser entsagte seinem Amte und trat in den Orden. Nachdem Johann Marburg resignirt hatte, ward er Präceptor und gab dem Kloster alles, was er hatte. Die Schuldenlast der Präceptorei betrug 30,000 rhein. Goldgulden. Als Johann Marburg mit den Schätzen entwichen war, verbreitete sich schnell das Gerücht von der Verschuldung der Stiftung, und jeder forderte oder kündigte seine Darlehen. Hagenow befriedigte im ersten Jahre mit seinem Gelde die hartnäckigsten und bedürftigsten Gläubiger. Da aber seine Mittel nicht ausreichten, alle Gläubiger zu befriedigen, so entstand Volksaufruhr gegen ihn und das Stift, und seine Priester wurden von den Städten Lübeck, Schwerin, Rostock und Wismar und andern Orten ausgeschlossen und verfestet. Hagenow trug Undank und Schmach mit Standhaftigkeit und wirkte unermüdlich fort. Er bezahlte die Schulden bis auf 7000 Gulden, verschaffte sich aus Rom beglaubigte Abschriften von allen Privilegien, namentlich von dem privilegium creationis, und stellte die von Peter Barlonis geschaffene Klosterordnung und

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den Gottesdienst wieder her. Johann Hagenow regierte 34 Jahre und starb im J. 1474.

Nach ihm ward Gerhard Schütte (oder Sagittarius) 1475 von dem grünberger General=Präceptor Conrad Angerbach als Präceptor eingesetzt. Kaum hatte er drei Jahre gesessen, als Angerbachs Nachfolger, Girinus Martini, welcher auch päpstlicher Protonotar war, in Abwesenheit der auf Reisen befindlichen Brüder nach Tempzin kam, um das Stift zu visitiren. Er drohete dem Präceptor Schütte mit dem Banne, zwackte ihm 300 Goldgulden, die dieser zu Lübeck leihen mußte, für die Visitation ab, drängte ihn zur Abdankung, setzte seinen Bruder Gerhard Martini ein und nahm die von Hagenow angeschafften Privilegienabschriften, und wiederum auch das privilegium creationis, mit sich fort. Am 26. Oct. 1478 bestätigte der Abt von Vienne die Einsetzung des Gerhard Martini.

Gerhard Martini, beider Rechte Doctor, saß aber nur kurze Zeit in Tempzin; er ward im Anfange des J. 1481 Präceptor zu Memmingen und entsagte der Präceptorei Tempzin. Sein Nachfolger zu Tempzin ward Jacob Ebelson, Bruder des Klosters zu Grünberg, nach dem Namen wahrscheinlich ein Schleswiger aus Mohrkirchen, dessen Tugenden in den Urkunden seiner Vorgesetzten sehr gerühmt werden. Am 26. Jan. 1481 bestellte der General=Präceptor Girinus Martini den Jacob Ebelson zum Präceptor von Tempzin. Bei dieser Gelegenheit sprach der General=Präceptor die Behauptung aus, daß Tempzin zur Präceptorei Grünberg gehöre ("quod preceptoria domus sancti Anthonii in Temptzin domui et preceptorie in Grunenberch sit immediate subiecta, cujus cura, collatio, administratio et prouisio et quelibet alia dispositio, tam in spiritualibus, quam in secularibus, ad domum Grunenberch pleno iure dinoscitur spectare).

Aber Ebelson war auch nicht lange Präceptor. Der unter dem Präceptor stehende Procurator, damals Johann von Avignon(?), resignirte auch. Und nun gab der General=Präceptor Girinus Martini am 25. April 1482 die Präceptorei Tempzin wieder seinem Bruder Gerhard Martini, welcher zugleich Präceptor zu Memmingen war.

Bald nach der ersten Bestellung des Gerhard Martini zum Präceptor traten die oben genannten 7 Brüder der Präceptorei, die nach und nach wieder heimgekehrt waren, zusammen, um das vom Anfange her von der Präceptorei Grünberg beobachtete Verfahren öffentlich bekannt zu machen und gegen dasselbe zu protestiren, da es sich ganz darnach anließ, daß die Präceptoren das alte Spiel wieder beginnen wollten, nachdem die Schulden bezahlt

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und die Güter gebessert und vermehrt waren. Am 5. Aug. 1470 ließen sie die Geschichte ihres Klosters und das eigenmächtige Verfahren der Präceptorei Grünberg vor Notar und folgenden Zeugen abfassen, nämlich dem Propst Nicolaus Kummerow von Neu=Kloster, dem Thesaurarius und Domherrn Dietrich Knolle, dem Pfarrer Bernhard Kolbow von S. Georg zu Parchim, dem Vikar Heinrich Mögeköp von Brüel und dem Burgemeister Barthold Bornehöved von Schwerin, bejahrten, ehrenwerthen und anständigen Männern, welche alle erzählten Umstände selbst erlebt hatten, da sie in ihrer Jugend als Priester im Dienste der Präceptorei gestanden hatten, und die völlige Wahrheit der ganzen Aussage versicherten 1 ). Der General=Präceptor schickte einen fremden Bruder nach dem andern als Präceptor ins Land; aber der Convent des Klosters beharrte bei seinem Rechte und Gerhard Schütte blieb bis zu seinem Tode Präceptor bis zum J. 1490.

Erst unter den folgenden Präceptoren nahm das Kloster den ihm gebührenden Rang ein und hob sich in kurzer Zeit sichtlich wieder.

Barthold Ponnick (1490-1500), einer der protestirenden Brüder von Tempzin, war der nächste Präceptor. Dieser, welcher ein etwas verschwenderisches Regiment führte, bauete im J. 1496 das große, massive Wirtschaftsgebäude 2 ) im Spitzbogenstyl, dessen Ringmauern noch stehen.

Ihm folgte Johann Kran (1500-1518), ein hoch verdienter Mann, der auch als meklenburgischer Prälat und fürstlicher Rath in Landesangelegenheiten vielfach thätig war.

Dieser Präceptor hat ohne Zweifel das Schiff der Kirche gebauet, oder doch mit zwei Seitenschiffen und dem Thurme erweitert, wie es noch heute steht. Die in die Seitenwand des Schiffes eingemauerte Inschrift 3 ) auf 7 Ziegelsteinen:

Inschrift

bezieht sich ohne Zweifel auf den Neubau des Schiffes; vielleicht fehlt ein Stein am Ende mit der mindern Zahl, da der Bau im ersten Jahre der Regierung des Präceptors wohl kaum so weit gediehen sein konnte; jedoch kann die Inschrift auch vollständig und nachgesetzt sein, um das Anfangsjahr des Baues für die Geschichte aufzubewahren. Für den Kirchenbau zeugen auch die Ablaßbriefe, welche die Bischöfe von Ratzeburg 4 ) am


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XVII.
2) Vgl. Jahresber. III, S. 158.
3) Vgl. Jahresber. III, S. 157.
4) Vgl. Urk. Samml. Nr. XVIII.
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14. Sept. 1504, von Havelberg 1 ) am 18. Febr. 1507 und von Camin 2 ) am 22. Febr. 1507 der Kirche verliehen, ohne Zweifel, wie gewöhnlich, zur Unterstützung eines Kirchenbaues. Namentlich hebt der Ablaßbrief des caminer Bischofs es besonders hervor, daß er zur Herstellung und Erhaltung der Gebäude der Präceptorei und überhaupt zum Bau gegeben sei. Das Schiff der Kirche ist also seit dem J. 1500 sicher in dem ersten Jahrzehend des 16. Jahrh. erbauet und also eine der jüngsten Kirchen im Lande.

Johann Kran resignirte im J. 1518, im 18. Jahre seiner Regierung, und starb im J. 1524. Der ausgezeichnet schöne Leichenstein des verdienstvollen Mannes ist zum Leichensteine für die Herzogin Sophie von Lübz benutzt 3 ) gewesen und liegt in der Kirche zu Lübz.

Kran's Nachfolger, Johann Wellendorf (1518-1529), regierte nur ungefähr 10 Jahre. Er bauete das Thorhaus 4 ) und vollendete damit das Kloster, welches jedoch schon seinem Untergange entgegenging.

Sein Nachfolger Gregor Detlevi (1529-1552) fristete in der schon lutherisch gewordenen Zeit nur eine Scheinregierung. Im J. 1552 ward das Stift säcularisirt, im J. 1554 erhielt Detlevi zur Abfindung den Kloster=Hof Blankenberg auf Lebenszeit und im J. 1557 ward das alte Klosterhaus abgebrochen 5 ), um die Materialien zum Schloßbau in Schwerin zu benutzen. In der Renterei=Rechnung vom J. 1557 heißt es:

"5 Thaler walmeister zu abbrechung des alten Hauses zu Temptzin, Swerin den 7. September."

Der Präceptor des Stiftes Tempzin hieß: magister oder praeceptor, oder deutsch: meister oder bedeger. Unter ihm zunächst stand ein Vorsteher, welcher in den Zeiten der Vacanz der Präceptorei oder der Abwesenheit des Präceptors die Regierung führte; dieser hieß: procurator oder locumtenens, oder deutsch: vorstender 6 ). Ein solcher "Vorsteher" war während der Sedisvacanz nach Peter Barlonis Tode und unter Heinrich Slitze der "vorstander" oder "vorstender" Heinrich von Grobe oder de Grobis.


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XIX.
2) Vgl. daselbst Nr. XX.
3) Vgl. Jahrb. IX, S. 457.
4) Vgl. Jahresber. III, S. 158.
5) Vgl. Jahresber. V, S. 50.
6) Vgl. z. B. Urk. Samml. Nr. XVI.
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Die Präceptoren des Stiftes Tempzin.
Petrus Barlonis 1390 † 1417 (1418 Ostern war er todt).
Heinrich Slitze 1419-1430 (1437 war er todt).
Johann Marburg 1434-1444 (resignirt).
Heinrich Hagenow 1444 † 1474.
Gerhard Schütte 1475 † 1490.
(Gerhard Martini 1478-1481.)
(Jacob Ebelson 1481-1482.)
(Gerhard Martini 1482- — —.)
(Gerhard Schütte  — — † 1490.
Barthold Ponnick 1490-1500.
Johann Kran 1500-1518 (resignirt, † 1524).
Johann Wellendorf 1518-1529.
Gregor Detlevi 1529-1552 (säcularisirt).

Die Filiale der Präceptorei Tempzin.

Die Präceptorei Tempzin ward unter den bessern Präceptoren auch für entferntere Gegenden ungemein wohlthätig, indem sie nicht allein ununterbrochen ihre Brüder aussandte, sondern auch neue Hospitalhäuser stiftete.

1) Die Preceptorei Mohrkirchen in Schleswig.

Nachdem der erste tüchtige Präceptor, Petrus Barlonis (1390-1417), selbstständig festen Fuß gefaßt und vom Papste das Privilegium erhalten hatte, selbst die Brüder anzusetzen, sandte er die neu erwählten Apostel in die nördlichen Reiche Holstein, Dänemark, Schweden und Norwegen, und diese stifteten hier, ungefähr um das J. 1400, ein neues Ordenshaus zu Moorkerke, jetzt Mohrkirchen, in Schleswig, im Amte Gottorf. Wir wissen über diese Stiftung nicht mehr, als was darüber in der Urkunde vom 5. Aug. 1479 1 ) gesagt ist.

2) Die Präceptorei zu Frauenburg in Ermeland.

Später wird die Präceptorei Tempzin ein neues Ordenshaus zu Frauenburg, an dem Sitze des Bischofs von Ermeland, gestiftet haben. Denn als sie im J. 1514 in Livland eine neue Präceptorei zu Lennewarden gründete, setzte der Erzbischof Jaspar von Riga am 18. Junii 1514 den Präceptor Ludolf von Barth ehemaligen Präceptor des Antonius=Hauses zu Frauenburg in der Diöcese Ermeland, als Abgeordneten des Ordens, in den Besitz der Gü=


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XVII.
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ter 1 ) zu der neu zu errichtenden Präceptorei Lennewarden. Weiter ist uns auch über die Präceptorei zu Frauenburg nichts bekannt.

3) Die Präceptorei Lennewarden in Livland.
(Nachtrag zu Jahrb. XIV, S. 1 flgd.)

Bekannter ist die Präceptorei Lennewarden in Livland, welche im J. 1514 durch den Tempziner Präceptor Johann Kran gestiftet ward. Der Erzbischof Jaspar und das Domkapitel zu Riga schenkten zu dieser heilsamen Stiftung das alte und verlassene Schloß Lennewarden an der Düna mit den zu demselben gehörenden Gütern und der Pfarrkirche daselbst. Schon am 18. Juni 1514 hatte der Erzbischof Jaspar dem Frauenburger Präceptor Ludolf von Barth, in den Besitz der Güter gesetzt 2 ) und am 18. Aug. 1514 stellten der Erzbischof und das Domkapitel den feierlichen Stiftungsbrief 3 ) aus, nach welchem der Erzbischof dem von dem Tempziner Präceptor Johann Kran gesandten und bevollmächtigten tempziner Bruder Marquard Stoltenberg die Stiftung übergab. Der Bischof übergab der Präceptorei Tempzin das Superiorat über diese neue Stiftung und reservirte für sich und sein Dom=Capitel nur gewisse Ablager und den etwanigen Heimfall, so wie die Holzungen für die Unterthanen der Stiftung. Mit der Stiftung dieser Präceptorei steht es ohne Zweifel in Verbindung, daß der Erzbischof Jaspar von Riga, am 12. Mai 1520 dem Kloster Tempzin das Patronat der nicht weit von Tempzin belegenen Kirche zu Zittow, welches das Erzbisthum seit dem 13. Jahrh. besessen hatte, überließ 4 ); damals war noch der Priester Marquard Stoltenberg als Bevollmächtigter des Präceptors in Riga. Lange wird diese Präceptorei nicht bestanden haben, da die Reformation bald hereinbrach. Diese Stiftung ist aber ein Beweis mehr für den wohlthätigen Einfluß Meklenburgs auf die Germanisirung Livland s. (Vgl. Jahrb. XIV, S. 1 flgd.)

Vignette

1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXI.
2) Vgl. daselbst Nr. XXI.
3) Vgl. daselbst Nr. XXII.
4) Vgl. Jahresber. XIV, S. 65 und S. 268 flgd. Urk. Nr. LXIII.