zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 473 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirchen zu Ribnitz.

Die Stadtkirche.

Die Stadtkirche zu Ribnitz ist für die Geschichte der Stadt von großem Interesse, so schmucklos sie auch sein mag. Nach Rudloff M. G. II, S. 56, und v. Kamptz M. C. R. I, 1, S. 214, soll die Stadt im Jahre 1271 gegründet sein. Es wäre aber höchst auffallend, wenn ein in einer so wichtigen, schönen und günstigen Gegend liegender Ort so spät zur Stadt erhoben sein sollte. Das Privilegium des Fürsten Waldemar von Rostock vom J. 1271, die bisher bekannte älteste Urkunde der Stadt, kann daher nur eine Bestätigung und Erneuerung der alten Stadtprivilegien sein.

Der Ort ist, wie schon sein Name (Ribenitz=Fischort, Jahrb. VI, S. 53) andeutet, ein alter wendischer Ort. Schon im J. 1192 hatte der Fürst Borwin dem Kloster Doberan den Ort Rybenitz geschenkt (vgl. Franck A. und N. M. III, S. 221). Wie das Kloster um den Besitz gekommen sei, ist nicht bekannt. Jedoch schon im J. 1257 berichtet der Rath der Stadt Rostock an den Rath der Stadt Lübeck, daß sich die Bürger von Ribnitz (burgenses de Rybeniz) des lübischen Rechts bedienten 1 ) (vgl. Urk. Buch der Stadt Lübeck I, S. 220). Die Stadt ist also viel älter, als bisher angenommen ist und wahrscheinlich bald nach Rostock gegründet; und hiefür stimmt auch der Bau der Kirche.

Die Kirche besteht aus zwei ganz verschiedenen Theilen. Die westliche Hälfte ist die alte Kirche. Diese hat glatte Wände, dünne Lissenen oder Wandstreifen an den 4 Ecken und einen aus Halbkreisen gebildeten Fries des Rundbogenstyls; es fehlen ihr Granitsockel und Strebepfeiler, die gewöhnlichen Begleiter des Spitzbogenstyls. An der nördlichen Wand ist noch die Beschaffenheit der alten Fenster zu erkennen: klein und schmal und im Uebergangsstyl fast unmerklich zugespitzt; es standen immer zwei Fenster zusammen, so daß die alte Kirche, nach dem Styl der Rundbogenkirchen, an jeder Seite 3 Fensterpaare, im Ganzen also 12 Fenster gehabt hat. In spätern Zeiten sind die Scheidungen ausgebrochen und aus zwei Fenstern ist eines gemacht. Die Kirche ist also in dem strengen Style des Ueberganges vom Rundbogen zum Spitzbogen gebauet, wie z. B. die Kirche zu Neukloster, der Dom zu Güstrow etc. ., und es wird die Erbauung ungefähr in die Zeit 1220-1230 fallen. Die alte Altartribune ist bei der Erweiterung der Kirche abgebrochen.


1) Vgl. oben Vermischte Urkunden Nr. XXXVII.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 474 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

Die östliche Hälfte der Kirche ist nämlich ein jüngerer Bau. Als die Gemeinde wuchs und die Kirche zu klein ward, brach man die alte, gewiß nur kleine Altartribune ab und bauete im Osten einen Chor an, von der Größe der alten Kirche, welche dadurch Schiff ward. Dieser östliche Theil ist nun im Spitzbogenstyl gebauet und ohne Zweifel im 14. Jahrh. aufgeführt. Die Art der Ausführung hat viel Ähnlichkeit mit der rostocker Marienkirche namentlich darin, daß in den Oeffnungen glatte, glasurte Ziegel mit unglasurten wechseln.

Die ganze Kirche ist ein langes Oblongum, ohne Pfeiler und Seitenschiffe. Sie war früher gewölbt; bei dem großen Brande im J. 1445 (vgl. unten Rechtsalterth.) sind aber sämmtliche Gewölbe eingestürzt und die Kirche ist seitdem mit einer Balkendecke geschlossen. Uebrigens ist die Kirche im Innern verfallen und besitzt nichts Merkwürdiges.

Der im Westen angebauete Thurm ist noch jungem Ursprunges, als der Chor der Kirche, und hat viel Aehnlichkeit mit einem eigenthümlichen, interessanten alten Thorthurm, welcher leider überkalkt ist.

Die Klosterkirche.

Die Klosterkirche, welche erst in den nächsten Jahren nach der Stiftung des Klosters im J. 1324 erbauet sein kann, ist ein einfaches Oblongum ohne Seitenschiffe, im Spitzbogenstyl, ein gewöhnlicher, unansehnlicher Bau, ohne weitere Merkwürdigkeit, als daß etwa die Strebepfeiler in der Kirche liegen, wie in der Kirche zu Hohenkirchen (vgl. Jahresber. VIII, S. 148). Der Thurm ist aus der westlichen Giebelwand heraus modellirt, wie an der Kirche zu Tempzin (vgl. Jahresber. III, S. 156). Bei der in den letzten Jahren grade nicht mit Geschmack ausgeführten Restauration ist sämmtliches altes Mobiliar ausgeräumt. Das einzige Bemerkenswerthe in der Kirche ist das aus Sandstein im J. 1590 ausgeführte Epitaphium auf die Herzogin Ursula von Meklenburg, geb. 1510 † 1586, die letzte Aebtissin des Klosters, mit ihrem liegenden, lebensgroßen Bilde und ihrem Stammbaume an der Wand, in dem monumentalen Geiste jener Zeit. Vor dem Altare liegt ihr Leichenstein mit Inschrift und Wappen und mit den Schilden für Meklenburg, Rostock, Stargard und Werle in den Ecken. -Die nächste, etwas erhöhete Umgebung der Kirche, wo einst eine Burg des Fürsten Heinrich des Löwen von Meklenburg stand, hat ebenfalls nichts Bemerkenswerthes, wie überhaupt alle Klostergebäude neu sind.

G. C. F. Lisch.