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Blätter

zur

Geschichte der Kirche zu Doberan,

niedergeschrieben

in Doberan im August 1843

und revidirt

in Doberan im September 1843.

Die Kirche zu Doberan steht durch die Vollendung ihres Baues und den Reichthum ihrer Ausstattung so hoch, daß es eine große Kühnheit sein würde, das Kunstwerk im Ganzen und in allen Einzelnheiten ohne voraufgegangene Untersuchung einzelner Gegenstände darstellen und beschreiben zu wollen. Es ist noch eine wiederholte und gründliche Betrachtung und Untersuchung des Einzelnen nöthig, ehe man das Ganze dem gebildeten Geiste näher bringen kann. Je öfter man die Kirche betrachtet, desto mehr Schönheiten offenbaren sich dem staunenden Auge, welches nimmer satt wird.

Zwar ist in Röper's Geschichte von Doberan, in Schröder's Wismarschen Erstlingen S. 307-344, 365-374 und 393-407 (nach Eddelins Aufzeichnungen), in Klüver's Mecklenburg II und sonst zerstreut an vielen Orten mancherlei über die Alterthümer mitgetheilt, jedoch so sehr ohne Kritik und die nöthige Gelehrsamkeit, daß sich schwerlich darauf fortbauen läßt. Was im Folgenden gegeben ist, soll jedoch ebenfalls nur als Andeutung, als Grundlage weiterer, gründlicherer Untersuchungen gelten.

Der Bau.

Die gewöhnliche Annahme ist, die Kirche sei im J. 1232 vollendet und geweihet worden. Es existirt allerdings eine bischöfliche Bestätigungs=Urkunde vom J. 1232, deren Originale das Datum der Einweihung (3. Oct. 1232) am Ende hinzugefügt ist: 1 )

Doberan die consecrationis eiusdem ecclesie, V to nonas Oct., incarnacionis dominice anno M°CC°XXX°II°.


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXIX.
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Aber die Kirche, welche am 3. Oct. 1232 geweihet ward, kann nicht die noch stehende Kirche sein. Die Kirche zu Doberan ist ein vollendeter Bau im reinsten und schönsten Spitzbogenstyl, der nur seit der Mitte des 13. Jahrhunderts ausgeführt sein kann. Die Kirche aber, welche im J. 1232 geweihet werden konnte, mußte viele Jahre vorher gegründet worden sein. In jener Zeit herrschte in Meklenburg jedoch noch der Uebergangsstyl mit starken Anklängen an den Rundbogenstyl; ja einzelne Theile von Gebäuden aus der Zeit von ungefähr 1218 sind noch ganz im Rundbogenstyl ausgeführt. Den besten und sichersten Beweis geben die Kirchen des Klosters Neukloster, gestiftet 1219, und des Dom=Collegiat=Stifts Güstrow, gestiftet 1226, deren älteste Theile noch mit einzelnen Rundbogen=Pforten und mit Rundbogen=Friesen und mit Fenstern aus der Uebergangszeit erbauet sind. Die im J. 1232 geweihete Kirche ist also ein ganz anderes Gebäude gewesen, als die noch stehende Kirche.

Man hat überhaupt mehrere Perioden in der Entwickelung der kirchlichen Verhältnisse Doberans zu beachten.

Die älteste Kirche von Doberan ist die Kapelle zu Alt=Doberan oder Althof, welche im J. 1164 gegründet ward. Bei derselben ward im J. 1170 das Kloster gestiftet, welches im J. 1179 von den Wenden wieder zerstört ward. Im J. 1189 ward die Wiederherstellung des Klosters beschlossen, dasselbe 1192 von Alt=Doberan nach Wendisch=Doberan, dem jetzigen Doberan, verlegt und 1193 vom Bischofe bestätigt. Im J. 1218 ward das Kloster aufs neue bestätigt und im J. 1219 die Leiche Pribislavs von Lüneburg nach Doberan versetzt. Ein regeres Leben beginnt, wie in Meklenburg überhaupt, so auch in Doberan erst mit dem J. 1218. 1 )

Die Rundbogenkirche.

Die älteste steinerne Kirche, ward sie im J. 1192 oder nach einem Interimsbau im J. 1218 gegründet, muß ganz im Rundbogenstyle erbauet gewesen sein, wenn sie 1192, oder im Uebergangsstyle, wenn sie 1218 gegründet ward. Wahrscheinlich ward im J. 1192 eine kleine Kirche gebauet, diese vom J. 1218 an, mit dem Beginnen einer ruhigern Zeit, in größerm Maaßstabe erweitert und am 3. Oct. 1232 geweihet:

Doberan die consecrationis eiusdem ecclesie, V to nonas Oct., incarnationis dominice anno M°CC°XXX°II°.


1) Über alle diese Vorgänge vgl. man Jahrb. II, S. 20 flgd.
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Diese alte Rundbogenkirche stand an der Stelle der jetzigen Kirche; denn sie ist zum Theile noch vorhanden. Die Alten liebten es, Theile der ältesten Bauten, wenn sie noch dauerhaft waren, zum Andenken in die Ringmauern der erweiterten Gebäude aufzunehmen. Und so ist die westliche Giebelwand der alten Rundbogenkirche Doberans in die jüngere Spitzbogenkirche aufgenommen. In der westlichen Giebelwand des südlichen Seitenschiffes, nach dem Amte Doberan hin, steht die ganze Giebelwand der alten Rundbogenkirche, aus den alten großen, grau bemoosten Steinen, mit den alten Pfeilern, ja mit bedachtem Giebel. In der Mitte der Wand steht die alte, ganz einfache Rundbogenpforte in einem geringen, viereckigen Mauervorsprunge. Darüber ragen zwei Balkenköpfe aus Granit hervor. In einer angemessenen Höhe steht der Fries von doppelten, sich durchschneidenden Halbkreisbogen aus nicht glasurten Ziegelreliefs. Diese Eigenthümlichkeiten weisen die Wand in das zwölfte Jahrhundert zurück; sie gehört ohne Zweifel zu den ersten Kirchengebäuden von 1192. Um nun die Freude dieser Entdeckung zu vollenden, ist auch noch ein großer Theil des Giebels in die neuere Wand eingemauert; er geht treppenförmig aufwärts und ist mit "Mönchen und Nonnen" gedeckt: selbst die alte Bedachung ist in die jüngere Wand eingemauert. Zu diesem Giebel gehört nun auch noch die daran stoßende südliche Seitenwand des südlichen Seitenschiffes von der Südwestecke bis zum Kreuzschiffe, vier Gewölbe lang, welche von der übrigen Kirche völlig abweicht. Die Fenster reichen lange nicht so weit hinab, als die übrigen Fenster der Kirche, vielmehr reicht die undurchbrochene Mauer so hoch, als die viereckige Wand der Giebelseite; im Innern ist diese Wand in großen Spitzbogenwölbungen von der Breite der Fenster verdickt, um den darauf gesetzten höhern Theil der Wand mit den Fenstern tragen zu können. Dieser Theil der Kirche allein hat keinen behauenen Granitsockel über der Erde. Die Strebepfeiler sind erst in jüngern Zeiten angesetzt. Wir haben also in dieser alten Kirche eine niedrige Rundbogenkirche ohne Strebepfeiler.

Ein eigenthümliches Gefühl überfällt den Beobachter, wenn er diese ganz eigenthümliche, von dem ganzen Bau der neuern Kirche völlig abweichende Reliquie betrachtet, welche von außen eine Kirche in der Kirche bildet. Sonst ist die doberaner Kirche ganz aus Einem Geiste.

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Der Kreuzgang.

Das Kloster lehnte sich, zunächst mit dem Kreuzgange, an die Südseite der Kirche und umfaßte einen sehr bedeutenden Raum, welchen noch heute die alten, starken Klostermauern umschließen; am äußersten Ende stehen noch die alten trefflichen Mühlengebäude, welche wohl nicht viel jünger sind, als die Kirche. Von den eigentlichen Klostergebäuden steht nichts weiter mehr, als eine Ruine von dem alten Reventer oder Refectorium. Nahe bei der südlichen Hauptpforte im südlichen Kreuzschiffe lehnt sich an die Kirche eine starke Mauer mit 8 offenen Bogen. Dies ist die mittlere Scheidewand der innern Räume des alten Reventers, des Versammlungs= und Speisesaales der Mönche; man erkennt noch deutlich, wie an beiden Seiten die Gewölbe angesetzt gewesen sind.

Diese Ruine aus uralten, mächtigen Ziegeln gehört zu den ehrwürdigsten Denkmälern Doberans. Sie stammt zweifellos aus der ältesten Zeit des Klosters, aus der Zeit des Rundbogenstyls. Die 8 Oeffnungen sind nämlich im reinen Rundbogen gewölbt; die Gewölbe sind mit zwei runden Wulsten und den dazu passenden Gliedern verziert und verrathen einen durchaus gediegenen Ursprung.

In jüngern Zeiten sind diese Rundbogen mit Spitzbogen ausgemauert und endlich wieder durch den Rundbogen des 16. Jahrhunderts gestützt.

Die Heilige Bluts=Kapelle.

Das Heil. Blut von Doberan ist das älteste im Lande. Die Sage spielt eine Hauptrolle in der Geschichte Doberans und ist bekannt: wie ein Hirte aus Steffenshagen eine Hostie vom Abendmahle im Munde mit nach Hause genommen, in seinem Hirtenstabe verwahrt und seine Heerde fortan damit geschützt habe, bis das Geheimniß entdeckt und die blutende Hostie als wunderthätig ins Kloster zurück gebracht worden sei. Die Geschichte soll sich nach Kirchberg im J. 1201 zugetragen haben. Doberan ward bald ein berühmter Wallfahrtsort und es strömten Pilger in großer Anzahl, selbst aus fernen Gegenden, herbei. Das Heiligthum konnte nicht gut den Weibern verschlossen werden, und doch ward es erst im J. 1385 edlen und ehrbaren Frauen gestattet, bei feierlichen Gelegenheiten Kirche und Kloster zu betreten 1 ); es mußte daher


1) Vgl. Urk. Nr. XXXII und XXXIII.
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wohl ein eigenes Gebäude für das Heil. Blut errichtet werden.

Die Hauptpforte der Kirche für die Personen, welche nicht dem Kloster angehörten, war die Pforte im nördlichen Kreuzschiffe. Die Pforte im südlichen Kreuzschiffe, welche jetzt zum gewöhnlichen Eingange dient, führte ins Kloster. Daher ward die Heil. Bluts=Kapelle an der nördlichen Hauptpforte, dem Wirthschaftshofe des Klosters oder dem "Kammerhofe" gegenüber, aufgeführt. Hier steht nämlich ein kleines, sauberes achteckiges Gebäude, wie eine Taufkapelle, in sehr schönem Styl, aber offenbar noch in dem Uebergangsstyle. Die Fenster sind noch schmal, leise gespitzt, schräge eingehend, mit einem runden Wulst eingefaßt. Der Fries besteht aus Relief=Verzierungen, welche aus 3 Halbkreisen oder Kreissegmenten zusammengesetzt sind; der Fries der Kirche besteht schon aus spitzbogigen Verzierungen. Das Gebäude ist ganz aus abwechselnd glasurten und nicht glasurten, sehr großen und kräftigen Ziegeln und überhaupt im Einzelnen äußerst tüchtig aufgemauert; die glasurten Ziegel sind bis zur Augenhöhe grün und werden immer dunkler, je höher die Schichten liegen; über der Augenhöhe sind hin und wieder schwarze Ziegel eingesetzt, welche immer häufiger werden, bis von der Hälfte der Höhe des Gebäudes an regelmäßig eine Schicht um die andere die Ziegel schwarz glasurt sind 1 ). Die Gewölberippen lehnen sich im Schlusse an einen kreisrunden, nicht bedeckten Wulst, wie in andern Kirchen aus der Uebergangsperiode, z. B. der Kirche zu Gägelow. Die Gewölberippen stehen auf Tragesteinen, welche alle verschieden verziert sind. Das Gewölbe hat übrigens noch leichte Deckenmalerei von Heiligenbildern.

Uebrigens ist dieses äußerst zierliche Gebäude wohl das einzige seiner Art in Meklenburg und vielleicht in Norddeutschland.

Diese Kapelle fällt also nach dem Baustyl wohl ohne Zweifel in die erste Hälfte, vielleicht noch in das erste Viertheil, des 13. Jahrhunderts. Und hiemit stimmt auch eine Urkunde vom J. 1248 (in Westph. Mon. III, p. 1491) überein, nach welcher der Fürst Borwin von Rostock den Mönchen eine jährliche Ergötzung an Weißbrot, Wein und Fischen am Tage


1) Bei einer Reparatur ward die merkwürdige Erfahrung gemacht, daß ein im Innern des Mauerwerks sitzender, nicht gar gebrannter, sogenannter "Blaßstein" nach 600 Jahren so weich war, daß er sich mit dem Daumen ausschaben und eindrücken ließ.
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der Weihung der an der Pforte gegründeten Kapelle aussetzte:

in festo dedicationis capellulae, quae ad portam est fundata.

Damals muß also schon die Kapelle gestanden haben. Daß sie ein eigenes Gebäude war, geht daraus hervor, daß sie immer capella oder capellulla genannt wird. Die Kapellen in der Kirche werden gewöhnlich nur Altäre genannt.

Die Kapelle erfreute sich fortan auch, neben der Kapelle zu Althof, einer besondern Berücksichtigung der geistlichen Oberhirten; aus den verschiedenen Urkunden über manche Begünstigung geht zugleich hervor, daß diese Kapelle ohne Zweifel die Heil. Bluts=Kapelle ist. Als der Bischof Friederich am Trinitatis=Feste, den 4. Junii 1368, die Kirche zu Doberan weihete 1 ), bestimmte er auch zugleich, daß der jährliche Weihtag der doberaner Kirche und die Verehrung des Heil.=Blutes, welche in der Kapelle an der Pforte des Klosters,

visitacio sacramenti in capella porte monasterii Doberanensis,

am Montage nach Pfingsten geschehen sei, fortan am Sonntage nach der Octave des Frohnleichnamsfestes gefeiert werden sollen und verheißt allen Besuchenden Ablaß. Dieser Ablaß ward in den folgenden Zeiten öfter wiederholt, z. B. 1450 von dem Bischofe Nicolaus und 1461 von dem Bischofe Werner, für alle, welche nicht allein die doberaner Kirche, sondern auch die Kapelle an der Pforte und die Kapelle zu Althof besuchen und deren Bau fördern würden, immer mit denselben Worten:

capellam in porticu ipsius monasterii necnon eciam capellam in antiqua curia, Antiquum Dobberan nominatam.

Die Kirche.

Nach dem Vorgetragenen kann die jetzt stehende Kirche nicht diejenige sein, welche im Jahre 1232 geweihet ward. Die Kirche ist ein überaus schlanker, gleichförmiger, reizender Bau, welcher nur seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. aufgeführt sein kann. Da nun Theile der alten Kirche mit in die Ringmauern der neuern aufgenommen sind, so wird der Ausbau und Fortbau der neuern Kirche allmählig und mit


1) Vgl. Urk.=Samml. Nr. XXXII.
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Rücksicht auf die alte Kirche und die Klostergebäude vorgenommen sein.

Ganz vollendet war die Kirche erst im J. 1368, als der Bischof Friederich von Schwerin am Trinitatis=Feste, den 4. Junii d. J., in Gegenwart vieler hochgestellter Personen und einer großen Menge Volkes "der gut gegründeten und im Bau vollendete doberaner Kirche"

"ecclesie Doberanensi bene fundate et edificiis perfecte"

die Weihe 1 ) ertheilte und den Kirchweihtag fortan auf den Sonntag nach der Octave des Frohnleichnamsfestes verlegte.

Der Brand, welcher im J. 1291 das Kloster verzehrte (vgl. Jahrb. II, S. 28), ergriff die Kirche wohl nicht bedeutend.

Der Grundplan der Kirche muß schon früh festgestellt und einzelne Theile müssen schon früh ausgeführt gewesen sein. Es giebt mehrere Anknüpfungspuncte in der Zeit von 1232-1368, welche dafür reden, daß das Mauerwerk schon im 13. Jahrh. vollendet gewesen sein wird.

Die Leiche Pribislav's ward im J. 1219 von dem lüneburger Michaeliskloster nach Doberan versetzt. Sie kann aber nur in der alten Kirche beigesetzt und später vielleicht wieder versetzt worden sein.

Zuerst ward wohl das Schiff fertig, indem in dieses die Mauern der alten Kirche aufgenommen wurden; man konnte die alte Kirche so lange ganz stehen lassen, bis der neue, höhere Bau über dem alten vollendet war, wie in der Kirche zu Dobbertin noch das Gewölbe des alten Baues als Träger des oberen Nonnenchores ganz in der viel jüngern Kirche steht.

Als die Heil. Bluts=Kapelle gebauet ward, war wahrscheinlich der Plan zu der neuen Kirche schon gemacht, also schon vor dem J. 1248.

Die sichersten Fingerzeige geben die Gräber.

Schon im J. 1276 stiftete Heinrich der Pilger eine ewige Wachskerze an den Gräbern seiner Aeltern und seines Bruders 2 ). Der Fürst Heinrich der Löwe stiftete am 18. Jan. 1302, acht Tage nach der Beisetzung seines Vaters, ebenfalls eine ewige Wachskerze an der Stelle seines Begräbnisses und ordnete an, daß der Abt einen Altar und lobenswerthe Fenstern in der Begräbniß=Kapelle seiner Vorfahren (vnum altare et fenestras laudabiles in capella, vbi progenitores nostri requiescunt) von gewissen Ein=


1) Vgl. Urk.=Samml. Nr. XXXII.
2) Vgl. Westphalen Mon. a. a. O.
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künften erbauen solle 1 ). Im J. 1400 verordnete der meklenburgische Herzog und schwerinsche Bischof Rudolph, daß auch er in der Kirche zu Doberan, in welcher alle seine Vorfahren und die alten Fürsten des Landes ruheten, beigesetzt werde 2 ).

Diese Begräbnißkapelle war in der Kirche links an der Pforte des nördlichen Kreuzschiffes. Ich erinnere mich, in irgend einer alten Handschrift, welche ich jedoch für den Augenblick nicht wieder auffinden kann, gelesen zu haben, daß Pribislav's Begräbniß "im Norden" der Kirche sei. Hier liegen auch noch die Reliefziegel an der Stelle der ehemaligen Gräber der Fürsten von Meklenburg und von Werle (vgl. unten Fürstengräber); viel ist jedoch von diesen Gäbern nicht übrig, da der Herzog und Bischof Magnus († 1550), mit seiner Mutter Ursula von Brandenburg († 1510), in dieser Kapelle zuletzt beigesetzt ist und hier eine große, hohe Begräbnißgruft über der Erde erhalten hat, welche den ganzen Raum der Kapelle füllt: bei Gelegenheit der Erbauung dieses Begräbnisses wird auch der alte Altar, welcher noch vorhanden ist, in die Höhe gebracht sein. Damit ist jedoch, bis auf die Reliefziegel aus dem 14. und 15. Jahrh., welche einst in einer gewissen Entfernung vor dem Altare lagen, die alte fürstliche Begräbnißkapelle vernichtet.

Vom J. 1267 bis 1302 war also im nördlichen Kreuzschiffe schon die fürstliche Begräbnißkapelle.

Im J. 1301 ward die Glocke gegossen, nach der Inschrift bei Schröder S. 402:

Anno domini MCCCI fusa est hec campana cal. Febr. sub domino Johanne abbate Melonigio (muß de Elbingo heißen).

In dem nördlichen Umgange hinter dem Altare liegen Heinrich von Weser und seine Frau Ida begraben, (vgl. unten Leichensteine), welche einige Zeit nach 1304 gestorben sein müssen.

Der Fürst Heinrich der Löwe liegt schon im hohen Chor begraben; der hohe Chor war also im J. 1329 schon fertig. Neben ihm liegt die Gemahlin des Fürsten Nicolaus I. von Werle, welche am Ende des 13. oder im Anfange des 14. Jahrh. gestorben sein wird. (Vgl. unten Fürstengräber).

Der Steinbau der Kirche muß also in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts vollendet worden sein.


1) Vgl. Urk.=Samml. Nr. XXX.
2) Vgl. Urk.=Samml. Nr. XXXIV.
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Man gebrauchte also zu dem Ausbau, den Wölbungen, den Fenstern, dem Schnitzwerk, u. s. w. an 70 Jahre, bis die Kirche im J. 1368 als ganz vollendet eingeweihet werden konnte.

Das Schnitzwerk.

Wohl selten ist eine Kirche so reich an schönem Schnitzwerk, als die doberaner Kirche. Ist auch manches durch ungestaltete Stuhl= und Chorbauten des vorigen Jahrhunderts entstellt, so ist doch noch fast Alles vorhanden, was zur vollständigen Einrichtung einer alten Kirche gehört: Altäre, Beichtstühle, Tabernakel, Kelchschrein, Crucifix, Reliquienschrein, Chorstühle, u. s. w. und zwar in einer Vollendung, welche eben so selten ist, als der Reichthum. Dieser Reichthum ist natürlich nach und nach entstanden; so stammen z. B. die Schnitzwerke hinter dem Hochaltare aus dem 15. Jahrhundert. Bei weitem der größere Theil des Schnitzwerkes stammt jedoch aus dem 14. Jahrhundert und ist noch das erste Schnitzwerk der Kirche.

Am reinsten im Styl, am edelsten und einfachsten sind jedoch die aus Eichenholz geschnitzten Mönchsstühle, welche auf beiden Seiten des ganzen Schiffes entlang stehen; sie gehören zu den schönsten Kunstwerken der Holzschnitzerei. Und grade von diesen läßt sich das Alter bestimmen.

Auf der westlichen Seitenwand der südlichen Reihe der Mönchsstühle ist nämlich ein humoristisches Bild eingeschnitzt: wie der Teufel einen Mönch verlocken will. Beide Figuren tragen Spruchbänder: der Teufel sagt:

Spruchband

(Quid facis hic, frater vade mecum).
(Was thust Du hier, Bruder? Komm mit mir).

der Mönch antwortet:

Spruchband

(nil in me reperies mali, cruenta bestia).
(Du sollst an mir nichts Böses finden, Du abscheuliches Vieh).

Diese Schriftzüge fallen nun ohne Zweifel in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die Mönchsstühle werden also das älteste Schnitzwerk in der Kirche sein.

Lots Frau, die zur Salzsäule geworden.

Die Kirche zu Doberan besitzt viele Reliquien; ohne untersuchen zu wollen, ob die noch vorhandenen die alten sind, ist es doch nach Urkunden gewiß, daß das Kloster schon im

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14. Jahrhundert reich an Reliquien war. Unter den Reliquien wird auch "Lots Frau, die zur Salzsäule geworden", gezeigt, auf den ersten Anblick eine unförmliche große Steinmasse. Bei genauerer Untersuchung stellt sich aber heraus, daß "Lots Frau" allerdings eine - Frau, aber keine semitische, sondern eine sehr schöne, nackte, italiänische Frau ist. "Lots Frau" ist nämlich ein sehr schöner antiker Torso einer Venus, einer Danae oder irgend einer andern antiken Person. Es ist die auf einem Gewande oder Wellen und auf dem rechten Ellenbogen ruhende nackte Gestalt eines jungfräulichen Leibes von großer, absoluter Schönheit und unzweifelhaft eine Antike. Es fehlen ihr Kopf, Arme und die Beine von den Knieen an. Sie hat auf dem Schooße etwas, was jetzt ganz unförmlich ist und den Leib vorne verdeckt. Daher ist man nicht zur wahren Erkenntniß der Bildsäule gekommen. Das Ganze ist aus einem Block von kohlensaurem Kalkstein gehauen.

Es ist möglich, daß diese allein werthvolle Reliquie früher wirklich für eine Reliquie galt und dem Kloster als Reliquie, wirklich als Lots Frau, zugeschickt ward, als man in Italien noch nicht nach Antiken jagte und deren Werth noch nicht kannte. Der Sage nach soll Heinrich der Pilger sie mitgebracht haben.

Die frei stehende Säule.

Im südlichen Kreuzschiffe liegt ein großer Säulenschaft aus Kalkstein, an 25 Fuß lang; einige andere Enden sollen im Orte als Prellsteine an den Ecken stehen. Daneben liegt eine schöne Säulenbasis aus demselben Gestein, in byzantinischem Style, mit schönem verzierten Laubwerk an zwei Ecken; die beiden andern Ecken sind nicht verziert. Diese Säule ist dadurch von Interesse, daß ähnliche einzelne Säulen von ganz gleicher Construction auch an andern Orten gefunden werden. So steht im Pfarrgarten zu Lübow eine gleiche Säule und zwei Kapitäler byzantinischen Styls; in Schwerin ward beim Bau des Collegiengebäudes an der Stelle des Franziskanerklosters ebenfalls eine Basis und ein Kapitäl, und beim Dome wurden 2 Kapitäler gleicher Art gefunden. Gehörten frei stehende Säulen, vielleicht Geißelungssäulen (?), etwa zum Ritus der katholischen Kirche?

Peter Wise.

Peter Wise ist eine der mythologischen Personen des Klosters. Die Sage giebt ihn für den Baumeister des Klosters

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aus der die beiden bewundernswerthen, schlanken Pfeiler, welche die Gewölbe der Kreuzschiffe tragen, "ohne Loth und Richtmaaß" aufgeführt haben soll (man vgl. Schröder Wism. Erstl. S. 324 flgd.). Peter Wises Andenken ist allerdings in der Kirche mehrere Male verherrlicht und daher wird der Mann ohne Zweifel einige Bedeutung gehabt haben.

An einem Pfeiler im nördlichen Seitenschiffe hängt sein Bild, in ganzer Figur, mit einer Krönung von mittelalterlichem Schnitzwerk. Er ist in kurzem Wamms dargestellt, mit langen Beinkleidern, von denen das rechte Bein weiß, das linke roth ist. Auf dem Kopfe trägt er eine Schaube oder platte Mütze. Mit der linken Hand faßt er in einen Beutel, welcher an dem Gürtel hängt; die rechte Hand faßt einen Wappenschild, der längs getheilt ist, rechts mit einem halben Adler, links mit einem abgehauenen Eichenzweige. Bei diesem Bilde steht eine Inschrift nach mittelalterlicher Weise, halb deutsch und halb lateinisch. Es giebt zwei Recensionen, von denen hier die in Klüver's Mecklb. aufbewahrte mitgetheilt ist.

Inschrift

So theilt Klüver die Inschrift mit. Das Original in der Kirche hat nur die deutsche Columne links und die lateinische rechts (vgl. Röper S. 237); eben so lauten ältere Abschriften z. B. bei Schröder S. 324. Die deutsche Uebersetzung des Lateinischen an der rechten Seite steht zwar im Zusammenhange

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mit der Columne links, scheint aber doch jünger zu sein, als das ursprüngliche Original, indem der Reimer offenbar den Verfasser und sein Latein nicht verstanden hat. In der zweiten Zeile steht nämlich: leg' ista, d. h. legit ista = wer dieses liest, bitte Gott für seine Seele. Der Reimer hat aber legista gelesen und einen doctor legum: einen "Juristen" daraus gemacht.

Leider sind alle Bilder der Kirche unter dem Herzoge Christian Ludwig II. restaurirt, d. h. ziemlich modern übermalt, so daß sich mit Bestimmtheit nichts über die ursprüngliche Form der Inschrift sagen läßt.

Dem Bilde gegenüber steht an einem Pfeiler ein Altar der "Maria tàr ladinge", deren Dienst erst am Ende des 15. Jahrh. aufkam.

Der Leichenstein von dem Grabe des Peter Wise liegt auf dem Altare mit der Darstellung, wie das "Wort" durch die Mühle geht (vgl. S. 422), an dem Pfeiler rechts von der südlichen Pforte des Kreuzschiffes, rechts vom Eingange zu dem Umgange hinter dem Hochaltare. Die Darstellung auf demselben ist schön gravirt. Unter einer gothischen Nische, deren spitzbogige Wölbung sich in 5 Eichenblätter verliert, steht Peter Wise in langem, einfachen Gewande, mit gescheitelten Haaren, mit gefalteten Händen auf der Brust. Oben steht an jeder Seite sein Wappen auf einem schräge gelehnten Schilde, welcher längs getheilt ist, in einer Hälfte mit einem halben Adler, in der andern Hälfte mit einem geästeten Eichenzweige mit 3 Blättern; die halben Adler stehen beide nach innen, also auf dem einen Schilde links, auf dem andern rechts, die Eichenzweige nach außen. Die Umschrift lautet:

Umschrift

(= Anno domini MCCCXXXVIII in die beati Rotberti abbatis (April 29) obiit Petrus Sapiens. Anima ejus per piam misericordiam requiescat in pace. Amen.)

Dieser Stein lag schon, nach Chemnitz bei Schröder a. a. O. S. 326, im 17. Jahrhundert auf diesem Altare. Daß Leichensteine auf Altären liegen, kommt sonst allerdings vor. So ist in der Kirche zu Rehna der Leichenstein zweier Pröpste des Klosters (Hermann und Heinrich) aus dem Anfange des 14. Jahrh. schon zur katholischen Zeit auf den Altar gelegt,

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da in demselben die 5 bischöflichen Weihekreuze eingehauen sind. Chemnitz erzählt, daß außerdem noch ein Leichenstein unter dem Bilde des Peter Wise in der Kirche liege; er erzählt, wie dieser am Rande mit Messing belegt und an den 4 Ecken mit seinem Wappen verziert gewesen sei. Zu Schröder's Zeit fehlte schon das Metall, jetzt fehlt der Stein ganz. Die Inschrift auf beiden Steinen war, nach Chemnitz, gleich.

Die Familie Wise war in alten Zeiten eine angesehene Patricier=Familie, welche in den Hansestädten Rostock, Wismar und Lübeck weit verzweigt war. Wahrscheinlich stammte sie aus Rostock. Heinrich Wise (Henricus Sapiens) war 1266-1278 Bürger und 1276-1286, in der wichtigsten Zeit der Entwickelung der Stadt, Rathsherr zu Rostock. Johann Wise war 1285-1344 Bürger und Rathsherr zu Wismar; es lebten am Ende des 13. Jahrh. zwei Johann Wise (Sapiens) in Wismar; der eine war ein Gerber (cerdo): im Stadtbuche B. fol. XVI b. heißt es? Johannes Sapiens cerdo emit de Johanne Persic V agros in campo Dammenhusen; der andere war ein Schmied (faber): in demselben Stadtbuche fol. VI a. heißt es: Radolfus resignauit domum suam, quam emit erga Johannem Sapientem fabrum uxori sue Margarete et pueris suis. Am Ende des 13. Jahrh. ward Henneke, 1318 Johann, 1327 Henneke, 1339 Hermann Wise zu Wismar als Bürger eingeschrieben. Ein magister Johannes Wise zu Wismar war Rechtsgelehrter und im J. 1344 Procurator (procurator et jurista) des Dom=Capitels zu Ratzeburg. Die Familie scheint sich schon früh dem Kloster Doberan zugewandt zu haben: schon im J. 1244 war ein Hermann Wise Conversbruder in Doberan.

Unser Peter Wise war Bürger in Lübeck und starb nach seinem Leichensteine am 29. April 1338. Er hinterließ zwei Brüder Johann und Heinrich, welche Priester und Mönche zu Doberan waren, und eine Schwester Gertrud: Johann war im J. 1336 Schatzmeister (bursarius) des Klosters Doberan. Peter Wise war während der großen Bewegungen zwischen den sächsischen und "wendischen" Mönchen in der Zeit 1336/7 (vgl. Jahrb. VII, S. 39 flgd.) als ein hülfreicher Retter erschienen. Die Bewegungen zerrütteten das Kloster in den Grundfesten; Peter Wise, von der Partei der wendischen Mönche, d. h. der Mönche aus den wendischen Seestädten, trat dennoch, obgleich die Bewegungen gegen seine Partei gerichtet waren, in der Noth hülfreich ins Mittel, um die ehrwürdige Stiftung nicht sinken zu lassen. Der sächsische Abt Conrad hatte im J. 1336 von dem rostocker

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Burgemeister Arnold Kopmann 500 lüb. Mark oder 1000 rostockische Mark aufgeliehen, um mit dem Geschenk derselben den Fürsten Albrecht zu besänftigen; für diese Summe hatte er das Gut Adamshagen an Arnold Kopmann verpfändet (vgl. Jahrb. VII, S. 288, Nr. LVI). Nach einer Urkunde vom 23. Oct. 1341 1 ) hatten die Mönche Johann und Heinrich Wise, aus dem Nachlasse ihres Bruders Peter das Gut Adamshagen für das Kloster wieder eingelöset, jedoch, unter der Bedingung, daß Adamshagen vom Kloster nie verpfändet oder veräußert werden dürfe, drei Dienste 2 ) oder Jahresleistungen (servitia) aus den Aufkünften des Gutes, jede Hebung von wenigstens 10 Mark rostock. Pfen., fundirt, für die Besorgung dreier Altäre: der elftausend Jungfrauen, des Frohnleichnams und des Apostels Andreas, welche sie in der Kirche gestiftet hatten.

Dies sind die Verdienste der Wise um das Kloster, welche während einer bedrängten, unruhigen Zeit, in welcher das Kloster wenig Freunde hatte, bedeutend genug waren.

Der Altar, auf welchem Peter Wise's Grabstein liegt, ist nun keiner von den drei Altären der Familie Wiese. Der Frohnleichnams=Altar steht aber vor dem nächsten Pfeiler hinterwärts links; lag nun der Leichenstein vor diesem , so war er entweder bei der Beschränktheit des Raumes vor dem Frohnleichnamsaltar oder bei der Nähe des Durchganges durch den Umgang hinter dem Hochaltar dem Abtreten sehr ausgesetzt. Daher hob man ihn wohl und legte ihn auf den nächsten Altar, welcher seiner Größe angemessen war.

Peter Wise's Grabstein

1) Vgl. Urkunden=Sammlung Nr. XXXI.
2) Servitium oder dulia, d. i. δουλεíα, ist eine Last, eine Abgabe, welche von irgend einem Gute zu geistlichen Zweken bestimmt ist. In weiterer Anwendung wird auch der Genuß solcher Hebungen servitium genannt.
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Nebenaltäre.

Der Altar des Heiligen Blutes oder der Offenbarung.

An der östlichen Wand des südlichen Kreuzschiffes, rechts von der Pforte, steht ein Altar, auf welchem Peter Wise's Grabstein liegt, mit einem eigenthümlichen Gemälde: wie das Wort vom Himmel durch eine Mühle in den Kelch geht, weshalb ich ihn einstweilen den Altar der Offenbarung nenne. Die Mitteltafel versinnbildlicht die Lehren: "Im Anfange war das Wort", und: "Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns."

Der Altar war schon lange aus Röper, Seite 231, und überhaupt in Meklenburg bekannt. In neuern Zeiten hat Kugler in seiner Pommerschen Kunstgeschichte, Balt. Studien VIII, 1, S. 194 flgd., auf einen ähnlichen Altar in der Kirche zu Tribsees aufmerksam gemacht und denselben a. a. O. einer ausführlichen Betrachtung unterworfen; Kugler hält diesen Altar für eine der Hauptzierden der gesammten deutschen Kunst. Der Altar zu Triebsees ist dem doberaner ziemlich ähnlich, jedoch ist die Anlage des Gemäldes etwas mehr systematisch und berechnet. Der triebseeser Altar fällt ebenfalls, wie der doberaner, in den Anfang des 15. Jahrhunderts. Bekannt ist dieselbe Darstellung in einem Chorfenster des Münsters zu Bern.

Der doberaner Altar ist, wenn auch nicht ausgezeichnet, doch jedenfalls beachtungswerth.

Die mittlere Haupttafel hat folgende Darstellung. In der Mitte schweben oben auf einem Regenbogen auf Goldgrund die vier Genien der Evangelisten, welche aus kugeligen Flaschen mit langem Halse das Wort in einen Mühlentrichter schütten. Das Wort ist dargestellt durch Bänder, welche aus den Flaschen kommen und Inschriften tragen, aus der Flasche

Inschrift
des Adlers: (= In principio erat verbum et:
(Johannes):  Im Anfang war das Wort und:) (Joh. I, 1.)
Inschrift
des Engels: (= Non omnes capiunt verbum istud:
(Matthäus):    Das Wort fasset nicht Jedermann.) (Matth XIX, 11.).
Inschrift
des Stieres: (= Videramus hoc verbum quod factum est:
(Lucas): Wir hatten dieses Wort gesehen, welches geworden ist.)
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Inschrift
des Löwen:   (= Qui seminat verbum seminat.
(Marcus): Der Säemann säet das Wort ( Marcus IV, 14.).

Aus dem Trichter kommt ein Band mit dem Worte

u'bū
(= verbum: Wort),

vielleicht als Fortsetzung von dem Schlusse: et, auf dem Bande des Adlers, und geht auf die Mühlsteine.

Die 12 Apostel, an jeder Seite 6, stehen in einer Reihe neben dem Rumpfe und drehen an einer Stange die Mühlenwelle.

Aus dem Rumpfe kommt ein Band mit der Inschrift:

Inschrift

(= Und das Wort ward Fleisch und wohnete unter uns und wir sahen seine Herrlichkeit.) Joh. I, 14.)

Das Band geht mit dem Worte gloriam in einen Kelch, welchen 4 knieende Personen halten: ein Papst, ein Cardinal und zwei Bischöfe, oder ein Erzbischof und ein Bischof, von denen der bei dem Papste knieende alt, der bei dem Cardinal knieende sehr jung ist; beide tragen denselben Ornat.

An jeder Seite von diesen Kirchenfürsten knieet ein Mönch, mit einem Bande:

links:

Inschrift

(= Das Werk unserer Wiedergeburt ist die Mensch werdung des Wortes Gottes.)
rechts:  Inschrift
(= Die Menschheit würde nicht erlöset werden, wenn das Wort Gottes nicht Mensch würde.)

Hinter dem Mönche links knieen zwei weltliche Personen: eine Frau mit rothem Mantel und weißer Schleierkappe und ein Mann in grüner Tracht. Hinter dem Mönche rechts knieen zwei Männer in grünen Gewändern. Neben dem Gesichte des Mönches links ist ein sarkastisches scharfes Gesicht mit einem Schurrbarte.

In der obern Ecke rechts (von dem Beschauer) auf dem Goldgrunde neben den Genien der Evangelisten steht in ganz kleiner Darstellung Maria, mit den Füßen auf dem Halbmonde, mit der Sonne vor dem Schooße und den Sternen auf der Krone, mit dem Christkinde auf den Armen.

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In der obern Ecke links in ganz kleiner Darstellung: ein betender, knieender König, in rothem Mantel, mit der Krone auf dem Haupte; neben ihm knieet eine weibliche Figur in einem Gewande von roth und gold, mit langem Haar und Schleier; sie legt die linke Hand auf des Königs Schulter und zeigt mit der ausgestreckten Rechten und mit jubelvollem Antlitz auf die Genien der Evangelisten.

Diese kleine Darstellung ist, trotz ihrer Kleinheit und vieler Fehler, sehr geistreich, und außerdem von historischem Interesse. Der König ist nämlich an Mienen und Tracht ganz dem meklenburgischen Herzoge Albrecht, Könige von Schweden, und dessen Originalbildern in der Heil. Bluts=Kapelle im Dome zu Schwerin und in der Königskapelle zu Gadebusch ähnlich (vgl. Jahresbericht III, S. 133 flgd). Nach dem Geiste dieser Darstellung scheint der König schon gestorben gewesen zu sein und seine Wittwe Agnes zu seinem Gedächtnisse diesen Altar geschenkt zu haben; der König † 1412, seine Gemahlin † 1434. Es würde der Altar also in das erste Viertheil des 15. Jahrhunderts fallen; in diese Zeit müßte man auch nach dem Styl und der ganzen Arbeit den Altar setzen, wenn auch keine historischen Fingerzeige vorhanden wären.

Die Gemälde auf den Seitenflügeln sind sehr schadhaft; auf den Rückwänden ist nichts mehr zu erkennen. Auf den Vorderseiten stehen auf jedem Flügel zwei Bilder unter einander:

rechts: oben: ein segnender Bischof vor einem Könige, neben welchem aus einem Viereck Flammen schlagen;
rechts: unten: ein Bischof und vor ihm ein König mit Krone, Scepter und Reichsapfel; vom Bischofe geht ein Spuchband aus:
Spruchband
links: oben: ist noch ein segnender Bischof zu erkennen;
links: unten: fehlt die Darstellung schon ganz.

Der Fronleichnams=Altar

ist einer der drei Altäre, welche aus dem Nachlasse des Peter Wise gestiftet sind. Der Altar steht noch im südlichen Umgange hinter dem Hochaltare an dem zweitern innern Pfeiler am hohen Chor; links lehnt sich der Altar an die Bretterwand der Chorschranken. Ueber dem Altare steht eine Tafel mit der Inschrift:

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Inschrift

(= Arae dic isti nomen de corpore Cristi.
Istic fundatur, veneratur, glorificatur,
Et colitur munus immensum, trinus et unus, Hicsemperque pia veneratur virgo Maria. (Ein Kelch.)

An der verziert gewesenen Bretterwand links neben dem Altare, der Rückwand der Chorschranken oder vielmehr des Beichtstuhls, steht auf einer Leiste mit Unzialen des 14. Jahrhunderts schwarz auf Kalkgrund in 2 Zeilen übereinander dieselbe Inschrift gemalt:

Inschrift

und auf derselben Leiste dieselbe Inschrift noch einmal mit größern Buchstaben aus derselben Zeit.

Das Altarblatt ist klein. Die Haupttafel stellt die Kreuzigung Christi durch gekrönte Tugenden mit Spruchbändern dar. Die Obedientia (Demuth) drückt ihm die Dornenkrone auf, Charitas (Liebe) öffnet ihm die Seite u. s. w. (vgl. Schröder S. 342). In den Seitenflügeln stehen links Isaac und Ezechiel, rechts Jeremias und Daniel; auf den Rückwänden der Seitenflügel sind dargestellt: die Verkündigung Mariä, die Geburt Christi, die Heil. Drei Könige und die Darstellung Christi.

Der Altar der Heil. Dreieinigkeit.

Im nördlichen Theile des Umganges um den hohen Chor steht ein kleiner Altar mit zwei Flügeln. Von den Gemälden ist nur etwas auf der mittlern Haupttafel zu erkennen. Gott der Vater in hochrothem, grün gefutterten Gewande sitzt auf einem Throne mit 4 mit Löwen gekrönten Pfeilern, Christus am Kreuze auf dem Schooße haltend, darüber die Taube; links knieet ein betender Mönch.

Hierunter stehen auf einer Leiste 7 geschnitzte Brustbilder: in der Mitte Christus, das Kreuz im Arme haltend, mit Nägeln und Rohr in den Händen, zu beiden Seiten Maria und Johannes betend, rechts davon Petrus mit Schlüssel und Buch, dann Catharine mit Schwert und Rad, links der Apostel Paulus mit aufgerichtetem Schwerte und Buch, dann die heilige Elisabeth (?) mit einem zugedeckten Korbe. Unter dieser

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Leiste steht auf der Altarplatte eine Leiste mit den gemalten Köpfen Christi und der übrigen 10 Apostel, wie es scheint; wenigstens ist der mittlere Kopf ein Christuskopf und an jeder Seite stehen 5 andere Köpfe, alle etwas beschädigt. Die Malerei ist gut, so wenig davon erhalten ist, das Schnitzwerk ist mittelmäßig. Ueber dem Ganzen steht eine Leiste mit einer Inschrift mit lang gezogenen gothischen Buchstaben:

Inschrift

Die rothen Kreuze.

An der Westwand des Mittelschiffes zu beiden Seiten des mittlern Fensters und an der Wand im südlichen Theile des Umganges um den hohen Chor stehen auf viereckigen, weißen Schilden in gothischer Einfassung gemalte rothe Kreuze. Dies sind ohne Zweifel die bischöflichen Weihkreuze. Da sich an andern Orten hinter denselben Trümmer von mittelalterlichen schwarzen Töpfen gefunden haben, welche wahrscheinlich Nachrichten enthielten, so ließ ich im Sept. 1843 die Wand hinter den Kreuzen untersuchen, fand aber nichts, als festes Mauerwerk.

Das fürstliche Erbbegräbniß aus dem Mittelalter.

Die Landesfürsten in allen Linien hatten zu Doberan, als dem gefeierten Quell des christlichen Lichtes in Meklenburg, ihr Erbbegräbniß 1 ). Nach dem voraufgehenden Abschnitte über den Bau der Kirche war dieses Begräbniß in einer eigenen Kapelle, S. 415, mit einem Altare links an der Pforte des nördlichen Kreuzschiffes. Fast die ganze Kapelle wird jetzt von dem großen und hohen, über der Erde aufgeführten Grabdenkmale des Herzogs und Bischofs Magnus († 1550) und seiner Mutter Ursula († 1510) gefüllt; bei Gelegenheit der Erbauung desselben ist der alte Fußboden und mit demselben der Altar viel höher, nämlich über das Grabgewölbe, gelegt.

Links von der Kirchenthür, vor des Bischofs Magnus Begräbnisse, liegen in einer Reihe 5 viereckige Ziegel mit einem Relief=Stierkopfe, welche die Stelle bezeichnen, wo vor dem Altare der Fürsten=Kapelle die alten fürstlichen Leichen der Linien Meklenburg, Werle und Rostock von dem gemeinsamen Stammvater Pribislav an ruhen; es sind früher sechs Steine gewesen,


1) Vgl. Urk. Sammlung Nr. XXX und Nr. XXXIV.
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einer derselben ist bei der Umlegung des Pflasters in den jüngsten Zeiten völlig zerbrochen. Alle Reliefziegel sind übrigens in den neuesten Zeiten gerückt. Dicht an dem Grabdenkmale des Bischofs Magnus innerhalb der Umgitterung der Gedächtnißtafel, liegt noch ein Stein derselben Art. An einem Pfeiler in diesem Raume hängt eine Tafel mit der Inschrift:

Inschrift

Diese Inschrift, so wie ihr Inhalt, daß die Fürsten von Werle hier begraben seien, rührt von Nic. Marschalk her. Die Steine beweisen aber etwas ganz anderes. Von allen 5 Steinen, welche in einer Reihe liegen, hat nur einer einen alten werleschen Stierkopf (ohne Halsfell); die übrigen 4, wenigstens gewiß 3, haben den bekannten meklenburgischen Stierkopf (mit aufgerissenem Maule und mit Halsfell); der hinter der Vergitterung vor dem Grabe des Bischofs Magnus liegende Stein hat ebenfalls einen meklenburgischen Stierkopf, jedoch aus jüngerer Zeit, weniger schön modellirt, aus dem 15. Jahrhundert. Die Inschrift auf der Tafel ist also nur zum Theil wahr.

Es ist daher außer Zweifel, daß hier nicht allein die Grabstätte der Fürsten von Werle, sondern die berühmte Grabstätte aller Landesherren aus den verschiedenen Linien des Hauses Pribislav's sei.

Jedoch sind nicht alle fürstlichen Personen des Mittelalters hier beigesetzt. So wie Neigungen andere Verbindungen veranlaßten, nahmen andere geistliche Stiftungen die fürstlichen Leichen auf. So ist Heinrich Borwin II. im Dome zu Güstrow, so sind die gefeierten Fürstinnen Anastasia und Beatrix im Franziskaner=Mönchskloster zu Wismar begraben u. s. w.

Auch in der doberaner Kirche liegen einige fürstliche Leichen aus dem Mittelalter nicht in dem alten fürstlichen Erbbegräbnisse. Heinrich der Löwe ruhet im Chor, wahrscheinlich weil er nach vielen kriegerischen Störungen der Klostergüter sich endlich ganz dem Kloster Doberan ergab und der Chor ungefähr unter seiner Regierung und durch seinen Beistand vollendet sein wird. Wahrscheinlich ruht aus dem letztern Grunde auch die Fürstin von Werle neben ihm im hohen Chor.

Eine im Sept. 1843 angestellte Untersuchung des Begräbnißgewölbes des Bischofs Magnus hat gelehrt, daß der ganze Fußboden gegen 1 Fuß, also so tief, als das ehemalige Pflaster der Kirche, gesenkt und mit Hohlziegeln und festem Kalk bedeckt, das kellerartige Gewölbe aber fast bis auf den

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Fußboden hinuntergeführt ist. Es ist also jede Hoffnung verschwunden, daß man Pribislav's und der alten Fürsten Gräber einzeln je wieder finden wird; man kennt nur die Stelle. - Die Särge des Bischofs Magnus und seiner Mutter Ursula sind völlig zerfallen und ohne Spur ihrer ehemaligen Bestimmung; auch sind sie in frühern Zeiten offenbar durchwühlt worden.

Seit dem 17. Jahrhundert sind die fürstlichen Leichen hinter dem Altare beigesetzt.

Fürstliche Leichensteine im hohen Chor.

Im hohen Chore sind drei Grabstätten mit schmalen Ziegeln abgegrenzt und mit kleinen glasurten und Mosaikziegeln mit den Bildern von Hirschen, Greisen, u. s. w., weiß in schwarz, von ungefähr 2''□ Größe, mit welchen auch die Altarstellen hier und in der Kapelle zu Althof gepflastert sind, ausgelegt.

1) Das Grab des Fürsten Heinrich des Löwen,

welcher am Tage der Heil. Agnes (21. Jan.) 1329 starb. Der abgegrenzte Raum ist mit kleinen Mosaikziegeln gefüllt. In der Mitte liegen zwei große Ziegel mit den Reliefbildern eines Schildes und eines Helmes, stärker als die übrigen Reliefziegel, welche am Nordeingange vor dem Grabgewölbe des Bischofs Magnus liegen, aber sehr abgetreten. Die Einfassung des Grabes besteht aus 24 langen und schmalen Ziegeln von ungefähr 8'' Länge gegen 3'' Breite und 1 1/2'' Dicke, mit einer Inschrift aus gothischen Buchstaben, welche in dem Thon tief ausgeschnitten sind. Auffallend ist es, daß gothische Buchstaben angewandt sind, da sich diese vor dem J. 1350 kaum zu Inschriften finden; vielleicht aber, da keine Regel ohne Ausnahme ist, wollte man das Grab des gefeierten Helden besonders kunstreich schmücken, oder die Inschrift ist auch etwas später gelegt, da das daneben stehende Grab eine Inschrift mit ganz gleichen Ziegeln und Buchstaben hat. Das Letztere scheint wahrscheinlicher zu sein. Im 14. Jahrhundert ward aber die Inschrift jedenfalls gelegt, wahrscheinlich bei der Vollendung und Einweihung der fertig gebaueten und vollständig geschmückten Kirche im J. 1365.

Daß Heinrich der Löwe im Chor und nicht bei seinen Vorfahren an der nördlichen Pforte begraben ward, ist allerdings auffallend. Aber theils wollte man dem großen Manne, der dem Kloster freilich viel geschadet, aber auch den Schaden wieder abgebüßt hatte, eine besondere Ehre erweisen, theils

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lebte er in der Zeit des rüstigsten Baues der Kirche und beförderte denselben ohne Zweifel bedeutend.

Nach neuern Entdeckungen lautet die Inschrift:

Inschrift

d. i.

Anno milleno
tricentenoque vicenoueno,
natus ut est ille,
quem predixere Sibyllae,
dicta die magnae,
proh! Hinricus defungitur Agnae,
Mychilburgh princeps,
quem tristis obisse dolet plebs,
huic genitrix Christi
succurrat, ne nece tristi
demonis artetur,
sed iustus congratuletur.
                    Amen.

So auch ist die Inschrift von Nic. Marschalk im ersten Viertheil des 16. Jahrhunderts aufgenommen und auf einer Tafel im nördlichen Kreuzschiffe aufbewahrt. Nur die zweite Zeile bei Marschalk ist nicht richtig; er lieset nämlich: tricen vicenque noueno.

Am Ende des Monats September 1843 ward dem Verfasser der hohe, ehrenvolle Auftrag, den Grund des Chores zur Legung des Fundamentes für den Sarkophag des hochseligen Großherzogs Friederich Franz freizulegen und zu untersuchen. Bei dieser Gelegenheit ward die Platte auf dem Grabe Heinrichs des Löwen gehoben. In einer Tiefe von 5 Fuß

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ward unter jungem Bauschutt der fehlende vierte Stein mit den Buchstaben: tenoqz Blumenvignette vice völlig wie neu erhalten gefunden. Der Stein muß also schon Jahrhunderte verschüttet gewesen sein und Marschalk den Inhalt conjecturirt haben, da er die Lesung vicenque hinterlassen hat. - Uebrigens war die Inschrift schon früher gerückt und falsch eingesetzt. Zwei Steine mit den Worten nunc Blumenvignette postulet und nunc Blumenvignette quiuis Blumenvignette , welche nach der neuern Legung an der 4. und 5. Stelle lagen, gehören gar nicht zu dieser Inschrift. - Der Stein 4 noueno war in mehr als 30 Stücke zertreten. Auf dem Steine 10 steht sicher proch und auf 21 artetur . Auf 8 liest man am besten dicta , obgleich man auch vielleicht victa lesen könnte.

Bei Untersuchung des Grundes ward auch das Grab Heinrichs des Löwen freigelegt. Der Löwe ruhet mit dem Kopfende im Chor 4 1/2' von der Stufe zum Chore nach dem Altare hin und 12' von der nördlichen Chorwand. Hier steht 5' 10'' tief unter dem Chorpflaster auf dem sehr nassen Wellsande des Grundes ein Sarkophag von äußerst großen Ziegelsteinen, im innern 2' 2'' hoch, am Kopfende 3' 1 1/4'' breit, am Fußende 2' 10 1/2'' breit, 8' 4'' lang, oben und unten offen. In demselben hat ein hölzerner Sarg gestanden, welcher völlig zu Erde vergangen und nur an einem regelmäßigen Streifen dunkeler Erde zu erkennen ist. In dem Sarkophage, von dem zur Dicke eines Laubblattes vergangenen Sargdeckel bedeckt, ruhen die Gebeine des Löwen gegen Osten schauend, mit den Händen im Schooße, völlig wohl erhalten und ungestört, nur daß der Schädel zerdrückt ist. Die Länge des ausgestreckten Gerippes betrug 6' 3 3/4'', des Oberschenkels 1' 7'', des Unterschenkels 1' 4'', des Oberleibes vom Nacken bis zum Schenkelkopfe 2' 4 1/2''. Die Gebeine waren sehr stark. Die Stirn war niedrig, das Stirnbein ungewöhnlich stark. Die Zähne waren bis auf einen alle vorhanden und vollkommen gesund; die Backenzähne, im Beginnen des Abschleifens, deuteten auf einen Mann hoch in den Vierzigen. Die Zähne in den starken Kinnladen standen grade auf einander und deuteten auf volle Lippen. Alles verrieth aber eine große, kräftige Heldengestalt. Hiemit, namentlich in Beziehung auf Größe und Lippen, stimmt auch ein altes, traditionelles Bild vom J. 1523 im großherzoglichen Archive überein, nach welchem vor einigen Jahren der Hofmaler Schumacher für den Herrn Landrath Reichsfreiherrn von Maltzan auf Rothenmoor zum Geschenke für den hochseligen Großherzog Paul Friederich ein Bild des Löwen entwarf.

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Nach Untersuchung des Grundes ist der Sarkophag des Löwen, welcher, bis 3'' über den Gebeinen, mit jungem Schutt gefüllt war, sorgsam gereinigt und am 28. Sept. 1843 mit einem Gewölbe bedeckt worden, was früher nicht der Fall war.

Die Ziegelsteine, aus denen der Sarkophag gemauert war, waren 1' lang, 6'' breit und 4'' dick; gerade so groß sind die Steine, aus denen die doberaner Kirche erbauet ist. Die Ziegel, auf welchen der Sarg des Fürsten in dem Sarkophage gestanden hatte, waren 11'' lang, 5 3/4'' breit und gut 2'' dick.

2) Neben dem Grabe Heinrich's des Löwen, im Grunde 6', von demselben entfernt, ist ein zweites ähnlich ausgestattetes Grab, welches jedoch nur zu Häupten eine Inschrift auf 3 Ziegeln hat:

Inschrift
(= Uxor domini Nicolai de Werle.)

Wahrscheinlich liegt hier Jutte von Anhalt, des Fürsten Nicolaus I. von Werle Gemahlin. Nach Kirchberg c. 173 ward Nicolaus I. im J. 1277 zu Doberan begraben und seine Gemahlin überlebte ihn nach 44jähriger Ehe. Würde hier die Gemahlin eines jüngern Nicolaus von Werle ruhen, so wäre wahrscheinlich der Gemahl schon genauer bezeichnet; nun aber war sie bis dahin die Gemahlin des ersten und einzigen Nicolaus von Werle, also allen als solche bekannt. Da auch die Inschrift in der Form der Inschrift auf dem Grabe Heinrichs des Löwen gleich ist, so werden beide ungefähr in dieselbe Zeit fallen.

Bei Untersuchung des untern Raumes wurden dieselben Verhältnisse, wie im Grabe Heinrichs des Löwen, gefunden. Der Sarkophag von Ziegelsteinen stand nicht grade unter der Grabplatte, sondern mit dem Kopfende 10' von der Stufe zum Chor und 12' von der südlichen Chorwand; auch stand er höher: mit dem Boden 4' tief unter dem Chorpflaster. Der Sarkophag war im Innern 7' 2" lang, überall 2' 5'' weit und 2' hoch. Das Gerippe, gegen Osten gekehrt und mit gefalteten Händen über der Herzgrube, lag ebenfalls vollständig und ungestört in den Resten des gänzlich vergangenen Sarges, nur daß auch hier der Schädel zerdrückt war. Das ausgestreckte Gerippe maaß gegen 6 Fuß und war äußerst zart. Weitere Beobachtungen gestatteten die Umstände nicht.

Auch dieser Sarkokphag ward von Schutt gereinigt und mit einem Gewölbe bedeckt.

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In keinem der beiden Sarkophage ward, außer den eisernen Sargnägeln, irgend ein Geräth gefunden. Wahrscheinlich wurden die Leichen, als große Auszeichnung, in Klostertracht beigesetzt.

Genau zwischen beiden sorgsam erhaltenen und geschützten Gräbern liegt das Fundament zu dem Sarkophage des hochseligen Großherzogs Friederich Franz.

3) Etwas weiter nach dem Altare hin, in der Mitte des hohen Chores, liegt eine dritte Grabplatte von kleinen Mosaikziegeln, ohne Inschrift. Nach der Sage soll hier der Herzog Albrecht der Große, Heinrichs des Löwen Sohn, ruhen. Bei der Aufgrabung des Grundes zeigte sich hier aber keine Spur von einem Sarkophage oder der Beisetzung eines Todten. - Vielleicht war diese Stelle eine Asylstätte? Asylstätten pflegten durch ähnliche kleine Steine bezeichnet zu werden.

4) unmittelbar vor dem Altare liegt ein sehr großer Leichenstein mit dem Bilde einer Fürstin in einer Nische, von sehr reicher, zierlicher und mitunter gezierter Arbeit. Die Umschrift, welche sehr geschnörkelt ist, lautet:

Umschrift

(= Anno domini MCCCCLXIV, in profesto nativitatis gloriosae virginis Mariae (= Sept. 7) obiit illustris virgo Anna, altigeniti principis domini Hinrici quondam ducis Magnopolensis etc. filia, cujus anima in pace quiescat.)

An den 4 Ecken stehen 4 Wappenschilde: neben der Figur oben rechts mit dem meklenburgischen Stierkopfe, oben links mit den rostockischen Greifen, unten links mit dem werleschen Stierkopfe, unten rechts mit dem stargardischen Arme; der letzte Schild zeugt wohl dafür, daß der Stein später nachgelegt ist, sonst wäre dieser Schild von Wichtigkeit für die Heraldik.

Leichensteine.

Leichensteine der Aebte der Abtei Doberan.

In der Kirche zu Doberan liegen auch die Leichensteine von 10 Aebten des Klosters. In der Mitte des Schiffes liegen

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die 5 ältern, vor dem hohen Chore die 5 jüngern. Die Inschriften der jüngern Steine sind viel mehr geschnörkelt, so daß sie schwer zu lesen sind; die Inschriften der ältern sind lückenhaft. Uebrigens sind erst in neuern Zeiten diese Leichensteine an die Stellen, wo sie jetzt liegen, versetzt; sie lagen früher an ganz andern Stellen.

Um diese für die Geschichte nicht unwichtigen Inschriften, welche Schröder in den Wismarschen Erstlingen S. 395 flgd. nach alten Handschriften sehr mangelhaft geliefert hat, sicher zu stellen, war eine schon oft gewünschte Uebersicht der doberaner Aebte nöthig. Sie folgt hier, aus den Urkunden des Klosters, Kirchbergs Chronik und den Leichensteinen selbst zusammengestellt; die Erforschung war umfangreich und schwierig. Im Allgemeinen wird die Darstellung richtig sein, namentlich in Beziehung auf die Aufeinanderfolge der Aebte; die Jahreszahlen mögen mitunter eine genauere Bestimmung und Vervollständigung erhalten können, jedoch würde dies der Gegenstand einer sehr umfangreichen Forschung werden müssen. Für die 22 ersten Aebte sind Kirchberg's Nachrichten Cap. 121, 125, 126, 129, 131, 133, 135, 139 und 144, die Forschungen in den Jahrb. II, S. 174 und die Urkunden des großherzogl. Archivs zum Grunde gelegt; für die folgenden Aebte die Urkunden und die Leichensteine.

Von Bedeutung ist die Nummer der Aebte, welche die Original=Inschriften angeben, Schröder jedoch ausläßt. Auch Kirchberg bezeichnet den zum zweiten Male gewählten Abt Gottfried als den 7ten und den Abt Heinrich als den 10ten. Durch diese Angaben und die Angabe der Regierungszeit der Aebte auf den Leichensteinen haben die Aebte selbst, namentlich wenn mehrere gleiches Namens auf einander folgten, leichter ermittelt und durch alle diese Forschungen die Leichenstein=Inschriften leichter gelesen werden können.

Die Aebte des Klosters Doberan.

Die Aebte des Klosters Doberan
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Die Aebte des Klosters Doberan
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Leichensteine auf den Gräbern der Aebte:

1) im Schiffe: ein Stein mit einem Bischofsstabe, dessen Stab mit Metall ausgelegt gewesen, dessen Krümmung gravirt ist; Umschrift:

Umschrift

(= Anno Domini MCCCXXXIX, XIV kalendas Maj (= April 17.) obiit dominus Martinus XXIV abbas in Doberan, cuius anima requies- cat in pace. Amen.)

In der Inschrift wird das Jahr M ° c c c °XXX°IX° = (1339) als das Sterbejahr des Abtes Martin angegeben. Der Abt Martin ward zuverlässig am 10. Mai 1337 gewählt (vgl. Jahrb. VII, S. 45). Hiedurch werden einige Dunkelheiten in den Schriftzügen beseitigt. Daher ist sicher XXX°IX° zu lesen, so daß der Abt Martin am 17. April 1339 gestorben ist.

Hiemit stimmt auch die Inschrift auf dem Leichensteine des nächstfolgenden Abtes überein, welcher nach einer Regierung von 22 Jahren im J. 1361 starb.

2) im Schiffe: ein Stein mit dem in einer Nische stehenden Bilde eines Abtes mit Stab und Buch in den Händen;

Umschrift:

Umschrift

(= Anno domini MCCCLXI, VIII idus Marcii (Mart. 8 ). obiit dominus Jacobus, XXV abbas in Doberan, qui huic ecclesiae XXII annis laudabiliter praefuit, cujus anima requiescat in pace. Amen.)

Man vgl. den Leichenstein des vorhergehenden 24sten Abtes Martin.

3) Schröder in Wismar. Erstl. S. 396 führt noch eine Leichenstein=Inschrift an, welche jetzt fehlt:

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Anno domini MCCCXCI dominus Godscalcus abbas in Dobran obiit in festo b. Lucae evan- gelistae (Oct. 18.), qui rexit abbaciam annis XXIII, quam tunc sponte resignavit, IIX annis deo fideliter serviens. Quaerite et orate deum pro eo.

Die Zeitrechnungen treffen zu. Der 25ste Abt Jacob † 1361; der 27ste Abt Martin regierte 1384 † 1389. Wenn also Gottschalk 23 Jahre Abt war, so legte er seine Regierung mit dem J. 1384 nieder; und wirklich erscheint er auch in Urkunden zuletzt 1383 und sein Nachfolger Martin zuerst im J. 1384.

Im großherzogl. Geh. u. Haupt=Archive zu Schwerin existirt eine Urkunde des Abtes "Gotschalk Hoppener ("abbet des munsters Dubbraan") von sunthe Angneten daghe drutteynhundert iar in deme vefteghesten" (1350) über den Ankauf des schon 1250 von dem Kloster gekauften Dorfes Benekenhagen und den Wiederverkauf einer Hufe desselben Dorfes an den Verkäufer. Diese Urkunde kann aber unmöglich ächt sein, da der Abt Gottschalk 1361 - 1384 regierte. Ueberdies sieht die Urkunde verdächtig aus. Das Pergament ist kein norddeutsches, sondern weiß durchsichtig, geglättet, und, wie es scheint, von einem Stück gebrauchten Pergaments abgeschnitten; es sind ferner keine Zeugen aufgeführt; endlich ist nicht, wie in der Urkunde verheißen ist, des "kloosters inghezeghel" angehängt, auch kein Abtssiegel, sondern ein gewöhnliches kleines, rundes Civil= oder Privat=Siegel mit einem Schilde, auf welchem 4 nach unten gekehrte Spitzen über einander stehen, und mit der Inschrift:

Inschrift

Uebrigens war Gottschalk Hoppener im J. 1354 (in crast. Gregorii) Unterkellermeister (subcellerarius), im J. 1358 (die Gorgonii) Gastmeister (magister hospitalis) des Klosters.

4) vor dem hohen Chore: ein Stein mit dem Bilde eines Abtes, mit Stab und Buch in den Händen; Umschrift:

Umschrift
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(= Anno domini MCCCLXXXIX ipso die beati Seruacii episcopi (= Mai 13) obiit commenda- bilis pater dominus Martinus, hujus ecclesie abbas XXVII, qui per quinque annos deuote rexit abbaciam Doberanensem.)

5) im Schiffe: ein Stein mit dem Bilde eines Abtes mit Buch und Stab; Inschrift:

Inschrift

(= Anno domini MCCCCXX' VI [idus Maji] obiit dominus Johannes Plate, XXVIII abbas in Doberan. Orate pro eo.)

Der 28ste Abt war Johannes Plote, welcher in Urkunden 1390, 1396 und 1401 vorkommt. Der nächstfolgende Abt war Hermann, welcher 1415-1423 in Urkunden genannt wird. Johannes Plate kann also als Abt nicht 1420 gestorben sein, und doch scheint die Inschrift diese Jahreszahl zu enthalten. Vielleicht resignirte er vor seinem Tode. Sein Nachfolger war von 1403 oder 1404 bis 1424 Abt.

6) Schröder in Wism. Erstl., S. 397, führt noch eine Leichenstein=Inschrift an, welche jetzt fehlt:

Anno domini MCCCCXXVII, IV kal. Decemb. obiit venerabilis dominus Hermannus Bockholt abbas, qui per annos XX rexit abbatiam Doberanensem.

Hermanns Nachfolger, der Abt Berend, regierte 18 Jahre, 1424-1442; Herrmann muß also resignirt haben, oder es ist die Jahreszahl falsch gelesen und es muß XXIII statt XXVII heißen. Da aber Hermann nach den Urkunden bis 1423 oder 1424 Abt war und 20 Jahre regierte, so wird er ungefähr im J. 1404 Abt geworden sein.

7) vor dem hohen Chore: ein Stein mit dem Bilde eines Abtes mit Buch und Stab in den Händen; Umschrift:

Umschrift
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(= Anno domini MCCCCXL[II in] profesto beatae Agathae virginis (= Febr. 4) obiit commendabilis pater dominus Bernardus abbas XXX hujus ecclesiae, qui XVIII annis rexit abbaciam Doberanensem, cujus anima requiescat in pace.)

Die Umschrift ist in dem Namen des Abtes und in dessen Sterbejahr unleserlich. Schröder Wism. Erstl., S. 396, liest dominus Henricus mit dem Sterbejahre 1344. Dies ist aber nicht möglich, da 1339 - 1361 der Abt Jacob regierte; der Sterbetag, den Schröder angiebt (beatae Agathae virginis) und die sonstige Uebereinstimmung der Inschrift bei Schröder mit der vorstehenden giebt den Beweis, daß diese gemeint sei. Leider giebt Schröder die Zahl der Folge der Aebte nie an. Der 28. Abt war Johann Plate; auf ihn folgte, nach den Urkunden des Klosters, der Abt Hermann, welcher sicher 1415 - 1423 vorkommt. Nach diesem folgt unmittelbar und erscheint in den Urkunden öfter der Abt Berend 1424 - 1441. Dies ist also der 30ste Abt, welchen die Leichenstein=Inschrift hier meint. Da derselbe nun 18 Jahre regiert hat, so muß sein Sterbetag in das J. 1441 oder 1442 fallen; der folgende Abt Johann wird schon am Gregors=Tage 1441 genannt. Daher ist hier ohne Bedenken: d n mit Querstrich s . bernard 9 ergänzt.

Von der Jahreszahl ist noch etwas zu erkennen. Es steht ungefähr
m.ccccxlıııtt da. Dies muß nun in
m.ccccxlıı. in aufgelöset werden, wie auch dazu stehen scheint. Es könnte auch
m.ccccxlv. in gelesen werden; hiergegen streitet aber die Geschichte. Man kann bei der Lesung diese Zahl der (14) perpendikulairen Linien in Anschlag bringen und dann nach den Urkunden die Lesung feststellen. Da der folgende Abt Johann schon am Gregors=Tage 1441 vorkommt, so wird Bernhard im letzten Jahre seines Lebens resignirt haben.

8) vor dem hohen Chore: ein Stein mit dem Bilde eines Abtes mit Stab und Buch in den Händen; Umschrift:

Umschrift

(= Anno domini MCCCCLXXXIX in profesto beati Benedicti abbatis (Mart. 20.) obiit venera-

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bilis pater et dominus Johannes Wilken, XXXIII abbas in Dobberan, qui rexit XXII annis. Orate deum pro eo.).

9) vor dem hohen Chore: ein Stein mit dem Bilde eines Abtes mit Stab und Buch in den Händen; Umschrift:

Umschrift

(= Anno domini MCCCCXCIX in die beati Johannis ante portam latinam (Mai 6.) obiit uenerabilis dominus Franciscus Meyne, XXXIV abbas in Dobberan, qui rexit X m annis. Orate deum pro eo.)

Das Sterbejahr (1499) ist ohne Zweifel richtig gelesen, auch die Reihenfolge des Abtes als des 34sten. Eben so ist das Sterbejahr des voraufgehenden 33sten Abtes Johannes Wilken († 1489) richtig gelesen. Zweifel erregt im Originale der vorstehenden Inschrift die Regierungszeit des Abtes Franz Meyne. Es steht da: xııı ; da jedoch die Buchstaben alle an einander hangen, so ist es zweifelhaft, ob ııı oder m zu lesen ist. Da aber das letzte ı lang hinuntergezogen ist ııj (hinuntergezogen) so ist wahrscheinlich m zu lesen, und dies ist dann die Endung der Zahl x m (= decem), da der Abt nur 10 Jahre regiert haben kann.

10) vor dem hohen Chore: ein Stein mit dem Bilde eines Abtes mit Stab und Buch; Umschrift:

Umschrift

(= Anno domini millesimo quingentesimo IIII

ipsa natiuitatis Mariae nocte (Sept. 8.) reuerendus pater dominus Hinricus Mutzel XXXVI abbas in Dobberan obiit, cujus anima cum deo viuat. Amen.)

Der Zuname des Abtes ist bei der äußerst geschnörkelten Schrift undeutlich: man kann, am wahrscheinlichsten, mutzel , vielleicht aber auch mukel lesen.

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3 u. 6?) in der Mitte des Schiffes: liegen zwei trapezoidische Leichensteine mit einem eingehauenen Bischofsstabe in der Mitte, jetzt ohne Inschrift. Vielleicht sind dies die Leichensteine der Aebte Gottschalk († 1391) und Hermann († 1427).

Leichensteine anderer Geistlichen.

Im nördlichen Seitenschiffe: ein Stein mit dem in einer Nische stehenden Priester, welcher den Kelch consecrirt; zu seinen Füßen steht ein Wappen mit einem schräge links bogenförmig gezogenen Bande, unter welchem 2 Lilien, über welchem eine ähnliche, unkenntliche Figur steht; die Umschrift ist nur an den Seiten und unten eingehauen:

Umschrift

(= Anno domini MCCCCLX . . . . .obiit honorabilis vir dominus Hermannus de Giwertze, plebanus in Nienborch, hujus ecclesie secretarius. Orate pro eo.)

Nach Schröder S. 397 war noch ein Leichenstein in der Kirche mit der Inschrift:

Anno domini MCCCCXXIII, V idus Julii obiit Nicolaus Dunnepeper, qui multum ornauit ecclesiam istam.

Unter dem Kreuzschiffe: ein Stein mit dem Relief=Bilde eines Predigers, zu dessen Füßen ein Wappen mit drei Köpfen steht; Umschrift:

ANNO . 1599 . DEN . 20 . SEPTEMB . IST . IN . GODT . DEM . HERN . SEHLICH . ENTSCHLAFFEN . M . HERMANNVS . KRUSE . DERO . SIELEN . GODT . GENADE . IST . ALHIE . ZV . DOBBERAN . PREDIGER . GOTLICHES . WORDES . GEWESEN . 35 . JHAR . SEINES.

um den Kopf folgt die Fortsetzung in 2 Zeilen:

ALTERS . 63 . JHAR . SEINER . HERKVMST . AVS . DER . GRAVESCHV . OLDENBORCH .

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Leichensteine weltlicher Personen.

Hinter dem Altare in dem südlichen Umgange vor einem alten Nebenaltare in einer Capelle ist das Erbbegräbniß der Axecow. Vor dem Altare liegen 4 axecowsche Leichensteine:

a. ein großer Stein: rechts steht die Figur eines Ritters, welcher in der Linken ein großes Schwert hält, rechts neben sich den axecowschen Schild hat; links steht eine betende Matrone. Die Arbeit ist gut. Umschrift:

Umschrift

(= Anno domini MCCCCXLV in vigilia beati Johannis baptiste (Junii 23.) obiit dominus Mathias Axecowe miles, huius ecclesie amicus. Eodem anno Michaelis (Sept 29.). obiit deuota domina Ghese, uxor eius, filia domini Heydenrici de Bibowe militis. Orate pro eis.)

Der Ritter Mathias Axecow stiftete schon im J. 1439 für sich, seine Vorfahren und seine nächsten Verwandten Seelenmessen 1 ) im Kloster Doberan und machte sein Testament am 25 März 1445 2 ).

Die Figur des Ritters hat auf dem Helme in der Mitte einen runden Federbusch und an jeder Seite eine aufrecht stehende Schere, in der alten Gestalt, wie eine Schaafschere; der Schild neben dem Ritter ist quer getheilt, unten mit einem Herzen, oben mit zwei aufrecht stehenden Scheren neben einander.

An den 4 Ecken des Leichensteines stehen Wappenzeichen: rechts neben dem Ritter: unten der axecowsche Schild, oben der axecowsche Helm, wie eben beschrieben; - links neben der Matrone: unten der von bibowsche Schild mit einem rechts schreitenden Hahn ohne Kissen, oben der bibowsche Helm: auf einem Helme ein schreitender Hahn auf einem viereckigen Brette oder Kissen mit einem runden Knopfe an jeder Ecke. Dies ist das erste Beispiel, daß der von bibowsche Hahn auf einem Kissen steht.


1) Vgl. Urk. Nr. XXXVII.
2) Vgl. Urk. Nr. XXXVIII.
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Dann liegen 3 ganz gleiche Leichensteine neben einander, jeder mit 2 Nischen, in deren jeder ein geharnischter Ritter mit geschlossenem Visir steht, alle mit dem Schwerte in der Hand und den axecowschen Schild neben sich. Diese 3 Leichensteine stammen alle aus derselben Zeit, aus dem 15. Jahrhundert, und sind ohne Zweifel später zugleich nachgelegt worden, vielleicht nach oder kurz vor dem Aussterben des Geschlechts.

Die Umschriften sind jetzt zum Theil unleserlich; die jetzigen Lücken sind mit Hülfe alter Entzifferungen in Schröder's Wismarschen Erstlingen S. 338 und 398 und nach Vergleichung der Originale ergänzt:

Umschrift

(= Hyr licht de olde Werner Axcow ridder vnde zyn wyf, her Diderik Clawen dochter. Hyr licht her Mathias Axcow vnde zyn wyf, des guden her Vrederyk Molteken dochter.)

Nach den Urkunden vom 2. Februar 1439 und 25. März 1445 waren die Ritter Werner Axecow und Grete die Aeltern des Ritters Mathias, welcher am 23. Junii 1445 starb. Im J. 1445 lebte der Ritter Mathias Axecow auf Neuhof, nachdem sein Vater, der Ritter Werner Axecow, schon gestorben war. Die Wittwe des Werner Axecow hieß 1445 Grete.

Umschrift

(= Hyr lycht her Johan van Axecow rydder vnde zyn wyf, her Ghodscalk Prenes dochter. Hyr licht her Werner Axcow rydder vnde zyn wyf, des guden Marquart van Stouen dochter.)

Der Ritter Johann v. Axecow war nach den Urkunden ein Bruder am 23. Junii 1445 gestorbenen Ritters Mathias.

Umschrift
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(= Hyr licht Mathias van Axcow, her Johans sone van Axecow des rydders. Hyr licht sin broder Clawes Axcow vnde sin wyf, Arndes dochter van Ghummern.)

Wappen und Jahreszahlen sind auf diesen 3 Leichensteinen nicht befindlich.

An der Wand über diesen Gräbern hangen mehrere, aus Holz geschnitzte alte axecowsche Wappen.

Im südlichen Seitenschiffe liegt ein Leichenstein mit zwei gothischen Nischen in Umrissen; in jeder steht ein Ritter, mit einer Hand ein Schwert, mit der andern den Wappenschild der von Oertzen haltend, auf dem Haupte einen Helm mit zwei Federn. Die Arbeit ist nicht besonders gut. Unten in den Ecken steht zwei mal der von örtzensche Schild, oben in den Ecken zwei mal ein Helm mit den beiden ringhaltenden Armen. Die Umschrift lautet :

Umschrift

(= Anno domini MCCCLXXXVI obiit Hermannus de Ortzen armiger. Anno domini MCCCCXLIX in kalendis Julii (Julii 1) in terra sancta obiit Sifridus de Ortzen, sepultus in monte Syon apud minores.)

An einem Pfeiler an der Wand hängt ein altes, aus Holz geschnitztes von örtzensches Wappen, im Schilde und auf dem Helme mit den beiden ringhaltenden Armen.

Der Knappe Siverd oder Siegfried von Oertzen auf Roggow hatte schon Weihnacht 1431 den Entschluß zur Pilgerfahrt ins gelobte Land gefaßt, als er dem Kloster Doberan Schenkungen machte 1 ). Er kam aber erst im Jahre 1441 zur Reise, indem er am 4. März 1441 sein Testament machte und dem Kloster Doberan seine Urkunden und sein Geld in Verwahrung gab 2 ).

Im südlichen Seitenschiffe liegt ein schon sehr verwitterter Stein mit einer betenden weiblichen Figur in einer Nische; Umschrift:


1) Vgl. Urk. Nr. XXXV.
2) Vgl. Urk. Nr. XXXVI.
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Umschrift

(= Hic jacet deuota domina Helena juxta fratrem suum sepulta: sicut in vita dilexerunt se, ita etiam in morte non sunt separati: quorum animae requiescant in pace. Amen.)

Wer diese Helena und ihr Bruder sei, ist unbekannt. Der Stein liegt in der Nähe der von Oertzenschen Leichensteine. Die Schriftzüge deuten auf das 15. Jahrhundert.

In der Nähe liegt ein anderer, großer Stein, dessen Oberfläche aber ganz verwittert ist.

An der Pforte des südlichen Kreuzschiffes, der jetzigen Hauptpforte, liegt ein großer Leichenstein, 11' lang und 7' breit, mit zwei gothischen Nischen, in denen zwei Figuren in Umrissen stehen; die Arbeit ist sehr gut. Rechts steht ein geharnischter Ritter, vor sich mit der Rechten das Schwert, mit der Linken den moltkeschen Wappenschild mit drei Birkhühnern haltend; auf dem Haupte trägt er einen Helm mit einer Lilienkrone, über welche fächerartig sechs Pfauenbüsche hervorragen. Links steht eine betende Matrone mit gefaltenen Händen. Die Umschrift lautet:

Umschrift

(= Anno domini MCCCCXV in die [nativitatis] Mariae (Sept. 8.) │ obiit dominus Hinricus Moltke de Tutendorp miles, huius ecclesie amicus. Orate pro eo. │ Anno domini MCCCCXXXII obiit deuota domina │ Katherina uxor domini Hinrici Moltken, filia domini Hinrici Koluenacken. Orate pro eis.)

Um das Haupt der Frau liegt ein Band mit der Umschrift:

Umschrift

In den Ecken stehen 4 Wappenschilde: oben rechts neben dem Manne der moltkesche, links neben der Frau der bü=

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lowsche, unten umgekehrt rechts der bülowsche, links der moltkesche.

Im Predigergarten neben dem Pfarrhause liegt ein schöner Leichenstein, der neben der Kirche tief in der Erde gefunden und von dem wail. Präpositus Röper an seine jetzige Stelle gebracht ist. Die Darstellung ist dieselbe. Der Ritter hat ebenfalls den moltekeschen Wappenschild vor sich. Umschrift:

Umschrift

(= Anno domini MCCCXCI in die Laurencii (Aug. 10.) obiit Johannes Moltke de Nygenkerken. Anno domini MCCCLXXXVIII feria VI ante Michaelis (Sept. 25.) obiit Margareta Reventlo et Alheidis Kulen, uxores ejus.)

An den vier Ecken stehen die vier Evangelisten in Symbolen.

In dem nördlichen Theile des Umganges um den hohen Chor liegt ein Leichenstein mit einer gothischen Nische, in welcher ein bekleideter Ritter, ohne Helm, steht, mit dem Schwerte in den Händen und dem Wappenschilde der von der Lühe neben sich. Die Umschrift ist sehr verwittert und ausgesprungen, namentlich ist die Stelle wo der Name stand, ausgebrochen. In Schröder Wismar. Erstl. S. 396 wird die Inschrift also gelesen:

Post M bis duo CCC semel superadde
Martinus in festo Vicentii rem manifesto
Vir bonus Hinricus Dein sincerus amicus
Claustri decessit sub petra qui requiescit
               fiat cum pace. Amen.

Diese Lesung kann aber, sicher in Jahreszahl und Namen, nicht richtig sein. Nach wiederholten Studien ist noch zu lesen:

Umschrift
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Umschrift

d.i.

Po'st M duo CC domini
semel I superadde Martini
in profesto
Vincencii rem manifesto
vir bonus Hinricus
de Lu, sincerus amicus
claustri, decessit,
sub petra qui requiescit
feliciter cum pace. Amen.

Die Jahrszahl M c c c c = 1400 ist sicher gelesen. Eben so steht auf dem Steine sicher M art . . . und Vincēci; vor dem letztern Worte steht sicher festo und wahrscheinlich 6 pfesto = profesto, und vor diesem dem Anscheine nach i = in. Man muß dann den Tag des Heil. Vincentius annehmen, welcher am 6. Junii gefeiert ward; das profestum Vicentii war dann der 5. Junii; am 4. Junii ward die Translation des Heil. Martin gefeiert. Die Sache ist nicht ganz klar; es handelt sich um Einen Tag. Aber es mußte der Reim herauskommen, und so kann hier vielleicht die Nacht von S. Martini auf das Vorfest S. Vincentii gemeint sein, also 4/5 Junii.

Der Name

Inschrift

ist in Schröder sicher falsch gelesen; es muß ohne Zweifel

Inschrift

(Heinrich von der Lühe) gelesen werden.

Am Ende steht f'ıııt , vielleicht = feliciter?

In dem nördlichen Theile des Umganges seitwärts hinter dem Altare liegt ein Leichenstein mit einer stehenden, betenden Figur in weitem Gewande, mit vollem Haar, ohne Kopfbedeckung. Die Umschrift liegt in der Linie des umfassenden Spitzbogens um die Gestalt. Oben steht an jeder Seite ein Schild mit einem Wappen, wie Thorzinnen, welches in dem Schildfuße allerdings etwas klein gehalten ist. Die Umschrift lautet:

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Umschrift

(= Hie jacet dominus Hinricus de Wesere et [domina Ida uxor] ejus. Orate pro eis.)

Die Worte D N A . ID A . VXOR sind nicht klar mehr zu lesen; sie sind nach einer ältern Lesung in Schröder Wism. Erstl. S. 398 ergänzt und nach der Zahl der Buchstaben auch wahrscheinlich.

Der Leichenstein ist nicht unwichtig. Die Schriftzüge fallen in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts. Der Stein deckt also ohne Zweifel die Gruft des rostocker Bürgers Heinrich von Weser und seiner Gemahlin Ida. Dieselben: "discretus et honestus vir Hinricus et deuota vxor eius domina Ida, dicti de Wesera, burgenses ciuitatis Rostoc" legirten am 21. Julii 1304 dem Kloster Neukloster 20 Mark jährlicher Hebungen aus dem Dorfe Toldas; vgl. Lisch Mekl Urk II, S. 96. Wahrscheinlich werden sie sich dem Kloster Doberan eben so freundlich bewiesen haben. Im J. 1300 stiftete Heinrich von Weser, oder Klumpsülver, eine tägliche Messe in der Jacobikirche zu Wismar; vgl. Schröder P. M. S. 859. Eine ganze Familie von Weser zu Wismar wird in einem alten Testamente (aus dem 13. Jahrh.) in Burmeister's Alterth. des wismarschen Stadtrechts, S. 39, aufgeführt.

Auffallend und wichtig ist, das der Mann auf dem Leichensteine Herr (dominus), die Frau in der erwähnten Urkunde Frau (domina) genannt wird, Titel, welche sonst nur Rittergeschlechtern beigelegt werden. Es werden jedoch auch in alten Urkunden die Rathsherren von Rostock mit diesem Titel belegt. Bei dem Worte D N S. ist die Lesung ohne Zweifel richtig, da die Buchstaben völlig klar sind.

Die Bülowen=Kapelle.

Die Bülowen=Kapelle am nördlichen Seitenschiffe der Kirche zu Doberan ist ein sehr interessantes Denkmal der Vorzeit, Sie ist allgemein bekannt wegen der Inschrift, welche jetzt auf einem in derselben stehenden, wahrscheinlich aber jüngern, backofenförmigen Grabgewölbe steht:

Wieck D ue fel wieck, wieck wiet van my,
Ick scheer mie nig een Hahr um die.
Ick b ue n ein Meckelb oe rgsch Edelmann,
Wat geit die D ue fel mien Supen an.

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Ick sup mit mienen Herrn Jesu Christ
Wenn du D ue fel ewig d oe sten m ue st
Un drinck mit oe m s oe et Kolleschahl,
Wenn du sitzt in der Hellenquahl.
Drum rahd' ich wieck, loop, r oe nn un gah,
Efft bey dem D ue fel ick to schlah.

Diese Inschrift steht gewiß nicht mehr an ihrer ersten Stelle und ist in der alten Orthographie durch die Umschreibungen mannigfach verändert.

Wichtiger ist die Kapelle durch die Wandgemälde, in Wasserfarben, welche die Gewölbe und die Wandflächen unter denselben bedecken. Die Gewölbekappen und Rippen sind mit Blumenranken, Lilien, Palmetten etc. geschmückt, von denen viele in gutem Style des Mittelalters gehalten und wegen der Seltenheit solcher alter Malereien zum Studium zu empfehlen sind. Die spitzbogigen Wandflächen unter den Gewölben enthalten Gemälde zur Geschichte der Familie von Bülow.

An der östlichen Hauptwand steht ein Crucifix, zu beiden Seiten Maria und Johannes, zu jeder Seite derselben ein Heiliger; hinter den Heiligen knieet dem Beschauer rechts ein Ritter mit dem v. Bülowschen Wappenschilde neben sich und der Inschrift

Inschrift

links eine Frau mit einem Schilde, auf welchem ein Bär mit einer Halsfessel (von Karlow) steht. Von dem Vornamen des Ritters sind nur noch die Buchstaben - eco zu erkennen; wahrscheinlich ist [god] eco , = Godefrid, zu ergänzen, ein der Familie von Bülow eigenthümlicher Vorname, und daher wahrscheinlicher, als [Lud] eco , welches überdies gewöhnlich nur in den Formen Lüdeke oder Lüdekin vorkommt. Wahrscheinlich sind die auf diesem Bilde dargestellten Personen die Stammältern des Geschlechts.

Zu den Seiten der beiden Fenster in der Nordwand stehen die 4 Bischöfe von Schwerin aus dem Hause von Bülow, welche alle in das 14. Jahrh. fallen.

Auf der westlichen Wand, der Hauptwand gegenüber, stehen 2 Heilige.

Die südliche Wand kirchenwärts scheint die gleichzeitige Geschichte zu berühren. Unter dem östlichen Bogen dieser Wand knieet ein Ritter zwischen Heiligen; die Inschriften sind undeutlich. Unter dem westlichen Bogen über der Thür steht ein Ritter und neben ihm die Inschrift:

Inschrift
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Dieser scheint der Gründer der Kapelle gewesen zu sein. Da die 4 Bischöfe in derselben dargestellt sind, so muß sie nach 1375 erbauet worden sein. Im 14. Jahrh. hatten die von Bülow die Vogtei Schwaan und die landesherrlichen Gerechtsame in der Abtei Doberan zu Pfande. Von diesen haben mehrere, welche mit der Abtei in Berührung kommen, den Namen Heinrich; es kommen z. B. vor: 1324 der Ritter Heinrich v. Bülow auf Ketelhotsdorf, welcher damals schon verheirathet war; vor 1387 war ein Ritter Heinrich von Bülow gestorben und hatte unter seinen Söhnen einen Heinrich.

Diese Zeilen sollen nur das bewahren, was sicher und ohne Schwierigkeiten noch zu erkennen und zu lesen ist. Es sind neben den Bildern überall noch Spruchbänder mit Inschriften angebracht; um diese zu entziffern, würde es jedoch längerer Zeit und besonderer Anstalten bedürfen.

Der Klosterbezirk.

Der Umfang des Klosters selbst wird noch durch die alte Klostermauer bezeichnet, welche noch steht. Aber das Kloster hatte noch außerhalb der Ringmauern unmittelbar zum Kloster gehörende Besitzungen und Anstalten und wahrscheinlich auch das alte Dorf Doberan, welches vor dem Kloster lag. Im Allgemeinen bildet der Haupttheil des jetzigen Fleckens Doberan, nämlich Kirche, Kloster und Kamp, den alten Klosterbezirk. Dieser wird jedoch in einer Urkunde vom 13. Jan. (oct. epiph.) 1350, durch welche die Herzoge Albrecht und Johann dem Kloster Doberan das höchste Gericht innerhalb der nachstehend beschriebenen Grenzen schenken, genau bezeichnet:

1) von der Brücke über den Bach, der aus dem Kŏlbruche (kŏlbràk) kommt,
(a ponte super rivulo a palude dicta Kolenbruch defluente posito),

d. i. von der Brücke an der südöstlichen Ecke Doberans, am südlichen Ende des Buchenberges, wo der Weg am Buchenberge entlang mit dem alten Wege nach Rostock einen rechten Winkel bildet, über den Bach, der aus den noch jetzt kŏlbràk genannten Gärten zwischen dem Buchenberge und dem Wege nach Cröplin oder dem Landkruge kommt;

2) grade aus bis zur Brücke über den Fluß, der die Räder der Mühle im Backhause treibt,

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(inde recto itinere progrediendo trans pontem fixum super rivo, qui se rotis molendini in domo pistrina (Backhaus, jetzt Mühle) iacentis superfundit),

d.i. an der südlichen Seite vom Kloster grade aus an den Gärten und Teichen am kŏlbràk entlang bis über die Brücke beim Landkruge, welche über den Fluß geht, der noch heute die alte Klostermühle oder die Backhausmühle treibt;

3) von dort innerhalb des Grabens, durch welchen das Freiwasser abzulaufen pflegt, welches sich in den Ziegelteich ergießt,
(deinde intra fossaturn per quod aqua libera dicta vrîwater decurrere consuevit, que stagno dicto tegheldîk se infundit),

d.i. innerhalb des Grabens für das Freiwasser, der sich kurz oberhalb der Brücke zur Cröpeliner Straße (Ortsbrücke d. i. Eckbrücke) von dem Bache abzweigt und durch den Ort Doberan vor der ersten Hinterreihe hinter der südwestlichen Häuserreihe am Kamp zieht, am Posthause vorbei unter der Brücke wegfließt in die noch heute Ziegelteich genannten Wiesen hinter dem Gasthofe zum Lindenhofe oder zwischen dem Kamp und dem Wege nach dem Heil. Damm, in welchen Wiesen in alten Zeit noch Teiche waren;

4) von dort grade aus um die Zäune des Ziegelhofes durch die Wiese, genannt die Walkmühlenwiese,
(exinde in directum circum sepes curiae laterariae per pratum dictum walkmolenwisch),

d.i. an den gegen Norden des Ortes belegenen Gärten des Posthauses und des Lindenhofes in der Nordseite des Kampes, welche Gärten noch häufig Ziegelschutt in der Tiefe zeigen, wo also die Ziegelei 1 ) für Kirche und Kloster gestanden hat, durch die Walkmühlenwiese, d. h. durch die Wiese, welche sich bis gegen die äußere, nordöstlich vor Doberan gelegene Mühle erstreckt, d. h. zwischen der Kirche und dem Kammerhofe hindurch;


1) In einer Amts=Beschreibung vom J. 1655 heißt es:

"Der gewesener Ziegelhoff, so vorm Kloster belegen gewesen, ist im Kriege abgebrandt, der Acker zum Cammerhoff geleget und auff der abgebrandten Stette eine geringe Schäfferey geleget."

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5) bis zur Ecke der Mauer hinter dem Schuhhause, bis um die Ostecke,
(ad conum sive angulum muri retro prope curiam sutrinam in parte orientali transeundo),

d. i. bis zu der nördlichsten Ecke der Klostermauer, der Nordseite der Kirche gegenüber, wo also innerhalb der Mauern das Schuhhaus des Klosters lag, und von hier nach Osten herumgehend bis an die nahe östliche Ecke der Klostermauer;

6) die Mauer des Klosters und die Zäune des Klosters entlang grade aus wieder bis zu der Anfangs genannten Brücke über den aus dem Kolbruch fließenden Bach,
(exhinc circum muros claustri Doberan ac sepes et septa ejusdem recta via ad pontem predictum positum super rivulo a Kolebruch eftluente redeundo),

d. i. an der Mauer des Klosters und am Buchenberge entlang bis zur Brücke am kŏlbràk, wo die Grenzbeschreibung anfing.

Der engere Bezirk des Klosters, in welchem es alle Gerichtsbarkeit hatte, umfaßte also grade das Kloster mit der Kirche und den jetzigen Kamp mit Zubehörungen und Umgebungen. Bis zu diesen Grenzen reichte noch bis zur Anlegung des Seebades ringsumher Wald.