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Die Kirche zu Ankershagen 1 )

bei Penzlin ist im hohen Grade interessant, da sie in dem seltenen Style gebauet ist, wie die Kirche zu Schlagsdorf bei Ratzeburg (vgl. Jahresber. VII, S. 63). Die Gewölbe werden nämlich von Pfeilern getragen, welche in der Mitte der Kirche stehen.

Die Kirche besteht aus einem viereckigen Chor und einem breiten, oblongen Schiffe.

Im Schiffe stehen in der Mitte vier Pfeiler, von denen der östlichste zwischen Schiff und Chor, also an der Grenze des Schiffes, steht; diese tragen nach jeder Seite hin 4 Gewölbe, so daß das Schiff mit seinen 8 Gewölben in zwei gleiche Schiffe neben einander getheilt wird.

Es ist aber an der Kirche ein zweifache Bauperiode zu unterscheiden. Der jetzige Zustand ist ohne Zweifel sehr alt; aber es ging diesem offenbar ein älterer vorauf, der noch in die Zeit des Rundbogenstyls fällt. Die eine Hälfte des Pfeilers, welcher zwischen Chor und Schiff steht, ist nämlich ein Säulenbündel, denen in dem Schiffe der Kirche zu Gadebusch (vgl. Jahresber. III, S. 125) ähnlich. Dieses Säulenbündel besteht nämlich aus 4 schlanken Säulen, in deren Zusammenfügungen 4 Säulchen stehen; das ganze Säulenbündel steht auf einer Basis, welche von unten auf aus Platte, Wulst,


1) Das Dorf Ankershagen hat von dem Gründer, dem Ritter von Anker, den Namen. Ein Ritter Eckhart von Anker (Eckhardus de Ankere miles) kommt 1248, 1266, 1282, 1283 im Gefolge der Fürsten von Werle vor. Außerdem kommt im 13. Jahrh. noch ein Otto und im 14. Jahrh. ein jüngerer Eckhart von Anker vor. Im 13. Jahrh. lebte die Familie sicher auf Ankershagen. In spätern Zeiten war Ankershagen ein Lehn der Familie Holstein. - Der Hof von Ankershagen, nahe bei dem Dorfe, heißt Wickenwerder (vgl. Jahrb. V, S. 139). Wickenwerder kommt schon in zwei Urkunden: vom 29. Aug. 1450 (Henneke Holste to Wickenwerdere, und vom 13. Julii 1467 (Clawes Holtste tome Wickenwerdere) vor. - Noch jetzt sind beim Hofe Burgwall, Vorburgplatz etc. . zu sehen.
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Platte, Hohlkehle und Platte besteht und sehr sauber profilirt ist. Diese alten Säulen waren sehr hoch und schlank; der letzte eben beschriebene Rest (der hinter der Kanzel, vor dem Altare steht,) ragt noch mit seinem Schafte weit in die jetzigen Gewölbe hinein. Eben so waren die Fenster nach einigen Resten sehr schön gegliedert; auch sie waren sehr hoch, denn die Anfänge ihrer Wölbung stehen jetzt höher als die Kirchengewölbe.

Dies Alles ist aber vernichtet. Man hat die Säulenbündel zu viereckigen Pfeilern umgeschaffen und nur die dem Chor zugewandte Hälfte des östlichsten Säulenbündels in seiner ursprürglichen Gestalt gelassen, die dem Schiffe zugewandte Hälfte aber zum Viereck umgebauet; man hat auf diese Pfeiler Spitzbogengewölbe gebauet und diese viel tiefer angesetzt; man hat endlich nach Westen hin eine andere Abtheilung der Gewölbe genommen und die Pilaster an den Wänden vor die Thüren und Fenstern gesetzt und diese dadurch mehrere Male zur Hälfte vermauert. Dies alles ist noch im strengen Spitzbogenstyle, also in früher Zeit ausgeführt. Der spitze Scheidebogen des Chors zwischen Chor und Schiff ist ebenfalls östlich vor den ersten Säulenschaft gesetzt. Diese unerhörte, beispiellose Umbauung des Innern der Kirche ähnelt der Verbauung des Aeußern der Kirche zu Klütz (vgl. unten).

Der quadratische Chor ist in sich regelrecht und alt, aus der Zeit des Uebergangsstyls, mit zwei schmalen, schräge eingehenden, leise gespitzten Fenstern in der Altarwand, ist also offensichtlich in sehr früher Zeit vor den Rundbogenbau vorgebauet, da er vor das Säulenbündel gelegt ist. Die Rippen des Chorgewölbes verlaufen sich zur Erde hin in eine mit zwei Flächen eines dreieckigen Prismas hervorstehende Rippe, welche an der Stelle des Kapitals abgekantet und durch einen kleinen Würfel mit den Rippen vermittelt ist (vgl. unten das Schiff der Kirche zu Schlön). Daß nur 2 Fenster in der Altarwand stehen und gestanden haben, beweiset, daß man sich des Styls nicht mehr klar bewußt war.

Unter dem angesetzten Thurmgebäude führt eine halb verbauete, schön geformte Pforte im strengen Spitzbogenstyle mit 3 Ecken und 3 Wulsten in die Kirche.

Der Altar besteht aus ziemlich gutem Schnitzwerk aus dem Ende des 15. Jahrh. In der Mitte steht ein Marienbild in Kranz und Glorie. Unten knieen die Schenker, Mann und Frau, die Frau mit dem Rohrschen oder Kirchbergschen (Karberg) Wappen; der Schild des Mannes, eines Ritters,

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ist nicht mehr erkennbar. Zu den Seiten des Marienbildes stehen Heiligenbilder.

Hinter dem Altare ist der Rest einer Darstellung der Dreieinigkeit von sehr alter und guter Schnitzarbeit angenagelt: Gott der Vater hält Gott den Sohn am Kreuze vor sich. Der obere Theil von Gott dem Vater und die Taube des Heiligen Geistes fehlen jetzt. Gott der Vater sitzt auf einem Stuhle mit graden Seitenlehnen, in dessen Vorderseiten ein schmaler Spitzbogen geschnitzt ist und auf denen 2 Löwen stehen. Auf einem solchen Sessel mit denselben eingeschnitzten Spitzbogennischen sitzen um das Jahr 1300 die Bischöfe auf ihren großen Siegeln, z. B. der schwerinsche Bischof Gottfried von Bülow (1300), in dessen Zeit oder etwas später diese alte Arbeit fallen dürfte.

Außerdem finden sich Epitaphien und Wappen der von Holstein, deren altes Lehn Ankershagen war, in der Kirche.

Der Bau der Kirche wird noch interessanter durch die darüber vorhandenen Urkunden. Die älteste Kirche, von der nur noch ein halber Säulenschaft und ein halbes Fenster vorhanden ist, fällt ohne Zweifel in die ersten Zeiten des Christenthums in Meklenburg und mag eine der frühesten Stiftungen des Klosters Broda (wohl noch aus dem 12. Jahrhundert) gewesen sein, welches das Patronat über diese Kirche hatte. Der Fürst Nicolaus von Werle versicherte nämlich in einer Urkunde vom 23. April 1273 dem Kloster das Patronat der Kirche (mit 4 1/2 Hufen), welche das Kloster seit der Einführung des Christenthums besessen habe (ecclesiam in Ankershagen, quam ecclesia Brodensis a prima plantatione 1 ) tenuit: Jabrb. III, S. 219; vgl. S. 27 u. 32). - Nach einer vom Herrn Pastor Sponholz zu Rülow im Allgem. meklenb. Volksbuch, 1842, S. 13 mitgeteilten Urkunde aus dem Archive des Klosters Broda zu Neu=Strelitz, weihete der Bischof Heinrich von Havelberg am 1. Mai 1266 die "neu gegründete Kirche" zu Ankershagen, welche der Ritter Eckhart von Anker mit 2 Hägerhufen dotirt habe und welche Filial der (nicht mehr existirenden) Pfarre Freidorf sein solle. Diese Bewilligung des competirenden Bischofes: "daß im Dorfe Ankershagen eine Kirche neu gegründet (in der Original=Urkunde wahrscheinlich: "de novo fundanda") werde", deren "Altar" der Bischof geweihet habe, deutet


1) Unter prima plantatio oder novella plantatio ist immer die Einführung des Christenthums und deutscher Ordnung zu verstehen.
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ohne Zweifel auf den innern Umbau der Kirche, wenigstens auf den Anbau des Chors, der auch schon vor das alte Säulenbündel vorgesetzt ist. Die alte Kirche war aber wahrscheinlich nicht so groß, als die jetzt noch stehende, da diese zu den größern Landkirchen Meklenburgs gehört, wie die Pfarre eine der reichsten im Lande ist.

Die Kirche zu Schwinkendorf.

Die Kirche zu Schwinkendorf bei Malchin schließt sich im Baustyl an die Kirche zu Ankershagen, indem sie dieselbe seltene Bauart hat. Sie war schon am Ende des 13. Jahrhunderts eine der älteren Kirchen der Gegend. Die Kirche besteht aus einem oblongen Schiffe und einem quadratischen Chore. Der Chor ist der ältere Theil; er ist mit Einem großen Gewölbe bedeckt. Obgleich die Fenster der Kirche sehr verbaut sind, so ist es doch unbezweifelt, daß jede der drei Seiten 3 schmale Fenster aus dem Uebergangsstyle hatte. Das Schiff ist ebenfalls gewölbt und zwar mit 6 Gewölben, an jeder Seite 3. Das Ausgezeichnete der Kirche besteht nun darin, daß die 2 Säulen, welche die Gewölbe tragen, in der Mitte des Schiffes stehen, wie in der Kirche zu Ankershagen (und zu Schlagsdorf bei Ratzeburg). Die Gewölbe sind sehr scharfe und spitze Sterngewölbe und die Säulen sind den Gewölberippen entsprechend geriefelt.

Die Kirche besitzt zwei Leichensteine:

1) des Dietrich von dem Werder, † 1589, mit dem sehr erhabenen Reliefbilde des Verstorbenen;

2) des Otto Hahn auf Hinrichshagen, † 1596. Sonst hat die Kirche nichts Merkwürdiges.

Die Kirche zu Schlön 1 )

bei Waren, an die Pfarre Ankershagen grenzend, hat, wie diese, ebenfalls einen merkwürdigen Bau. Die Kirche besteht aus Chor, Schiff und Thurm von gleicher Breite.

Der älteste Theil der Kirche ist das Schiff, welches im Uebergangsstyl aufgeführt ist. Das ganze Schiff bildet ein großes Viereck, welches mit einem einzigen hohen und


1) Der Ort Schlön ist sehr alt und war in den frühesten Zeiten der Hauptort einer Provinz, von dem das umherliegende Land den Namen hatte (Land Schlön); im J. 1260 ward vereinbart, daß die Pfarre Rittermannshagen zum Lande Schlön gehören solle (Ridermanshagen ad terram Zlone pertineat): vgl. Lisch Mekl. Urk. III, S. 104.
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schönen Gewölbe bedeckt ist. Dieses Gewölbe wird von einem schlanken, achteckigen Pfeiler getragen, der in der Mitte der Kirche unter dem Schlußstein des Gewölbes steht. Nach dem Ansehen des Ganzen könnte dieser Pfeiler zum Grundplan der Kirche gehören und ursprünglich sein; er erinnert an die Pfeiler der Kirche zu Ankershagen, welche in der Mitte der Kirche stehen und die Gewölbe tragen, und hat zu seinen Umgebungen etwas Eigenthümliches, das keineswegs sehr stört. Dennoch wird der Pfeiler in jüngern Zeiten zur Erhaltung des Gewölbes untergebracht sein. Denn nachdem die Kirche im J. 1628 abgebrannt war, stand sie über 25 Jahr wüste und ward erst um 1662 unter Strohdach gebracht, damit sie nicht ganz untergehe. Dennoch klagte man noch bis 1673 Jahre lang über die Baufälligkeit des "feinen Gewölbes", das den Einsturz drohe. Der Bau stammt ohne Zweifel mit dem Chor der Kirche zu Ankershagen aus derselben Zeit und von demselben Baumeister, denn die Gewölberippen verlaufen sich hier im Schiffe genau so, wie dort im Chor. In der Südwand des Schiffes stehen drei schmale, schräge eingehende Fenster aus der Zeit des Uebergangsstyls, mit einem Wulste in der äußern Ecke, das mittlere ist höher als die beiden andern; alle drei sind im Innern und Aeußern durch schöne Pilaster und Reliefbogen zu einem Ganzen verbunden. Die Fenster an der Nordseite sind vermauert. In gleichem Styl ist die Pforte am Westende der Südwand aufgeführt.

Der viereckige Chor ist im ausgebildeten Spitzbogenstyl erbauet, in jüngern Zeiten vorgesetzt und mit einem rundbogigen Gewölbe, ohne Zweifel einem Werke jüngerer Zeit, bedeckt. In jeder der drei Wände des Chors befindet sich ein dreigetheiltes, weites Spitzbogenfenster. Unten an der östlichen Ecke der Nordwand ist ein großer Mühlstein aus blaugrauem Granit und oben an der östlichen Ecke der Südwand ein kleiner Mühlstein aus röthlichem Granit bei der Aufführung des Gebäudes eingemauert. Nach der Sage soll ein Müller zu Plasten den Chor haben erbauen und diese Mühlsteine zum Andenken mit einmauern lassen.