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II. Nachrichten von mittelalterlichen Baudenkmälern 1 ).

1. Die Kirche zu Gadebusch,

vom
Herrn Archivar Lisch zu Schwerin
und
Herrn Paster Masch zu Demern.

Gadebusch ist einer von den Orten, welche in der Geschichte Meklenburgs bedeutendes locales Interesse haben, da dieser Ort eine der ältesten Residenzen der Herren und später noch der Herzoge von Meklenburg ist, ja vielleicht die älteste der historischen Residenzen der Linie Meklenburg 2 ). Die Kirche zu Gadebusch war schon früher vielfach besprochen; da nach sichern Nachrichten dieselbe sehr verfallen sein und eine bedeutende Reparatur in allen Theilen, namentlich in dem Fußboden und den Kirchenstühlen fordern sollte, so hielten die Referenten eine Untersuchung der Merkwürdigkeiten von Gadebusch für nothwendig und trafen am 2. Sept. 1837 in der Stadt zu


1) Die Jahresschriften des Vereins können nicht zum Zweck haben, die Baudenkmäler des Vaterlandes von ihrer kunstgeschichtlichen und künstlerischen Seite zum Gegenstande einer erschöpfenden und befriedigenden Darstellung zu machen: hoffentlich werden im Laufe der Zeit eigene Werke sich mit dieser Aufgabe befassen. Es kann hier nur die Absicht sein, das Versteckte vorbereitend ans Licht zu ziehen und der öffentlichen Aufmerksamkeit und Prüfung, bis zur dereinstigen wissenschaftlichen Bearbeitung, zuzuführen. — Was insbesondere die kirchlichen Gebäude betrifft, so sind unter denselben schon bekannt und viel besprochen die zu Ratzeburg, Schwerin, Güstrow, Doberan, Rostock und Neubranbenburg. Die Kapelle zu Althof ist im zweiten Bande unserer Jahrbücher zur Sprache gebracht. Andere dagegen wurden viel weniger beachtet und besprochen, als sie es verdienen. Ueber einige derselben folgen hier daher theils ausführlichere Mittheilungen, theils mehr Skizzenartige Notizen.
2) Schon im J. 11.81 ward die Burg Gadebusch von dem Sachsenherzoge Heinrich dem Löwen zerstört nach der Erzählung Arnolds von Lübeck (Arnoldi Lubec. Chron. Slav. II, cap. 33, §. 5.).
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sammen 1 ). Die gegenwärtigen Mittheilungen beschränken sich auf die noch vorhandenen Alterthümer der Kirche zu Gadebusch.

Die Kirche ist ein Oblongum und besteht aus zwei Theilen: dem Schiff und dem Chor; diese beiden Theile sind in jeder Hinsicht, in Größe, Styl, Wölbung, Dachwerk u. s. w. von einander verschieden 2 ).

Das Schiff im westlichen Theile ist im altdeutschen Rundbogenstyl (dem sogenannten byzantinischen) gewölbt und gehört in dieser Hinsicht zu den seltensten Gebäuden in Meklenburg. Das Schiff besteht aus einem regelmäßigen Oblongum, welches ein Hauptschiff in der Mitte und zwei gleich lange Seitenschiffe hat. Jedes Schiff hat vier Gewölbe; im Ganzen sind also zwölf Gewölbe vorhanden. Die Pfeiler, welche die Gewölbe tragen, sind Säulenbündel, die alle verschieden sind und verschiedenartige Kapitäler, mit Menschen= und Thierköpfen verziert, tragen. Die Hauptgurtbogen von Säule zu Säule sind Halbkreise. Die engen Fenster an der Südseite sind im Halbkreise gewölbt. Die einzige Hauptpforte zum Schiff, an der Südseite desselben, ist edenfalls mit verzierten Werkstücken in gebranntem Thon im Halbkreise gewölbt: auf drei Säulenpaaren mit Kapitälern stehen drei Bogen perspektivisch hintereinander; alle Säulen und Bogen sind verschieden verziert. Diese Pforte ist eins der merkwürdigsten Bauwerke in Meklenburg. Die Kirche hat im Westen kein Thurmgebäude als Anbau, sondern einen Thurm über dem Schiffe. Dagegen ist das Schiff im Westen durch eine Wand geschlossen. In dieser Mauer, in der Mitte des Hauptschiffes, ist ein großes Fenster in Form einer rundbogigen Rosette von Bronze, das Rosenfenster genannt, angebracht. Abgesehen von den alten Sagen über diese Rosette, als sei sie die Krone des in Gadebusch verehrten Götzen Radegast, wird das Fenster immer merkwürdig bleiben wegen der Erzcomposition, der großen Metallmasse und des Alterthums. Die Meinung des Pastors Hane zu Gadebusch, in der Monatsschrift von und für Meklendurg, S. 394, als sei das Fenster erst nach Anlegung der Königs=Kapelle und der Lützow=Kapelle


1) Diese Untersuchung erschien nicht überflüssig, wenn auch das Freim. Abendbl. 1837, Nr. 857-860 eine kurze Geschichte und Beschreibung der Stadt Gadebusch und ihrer Alterthiimer enthält, da dieselbe sehr unkritisch zu sein schien. Und wirklich enthält diese Beschreibung auch von dem, was hier mitgetheilt ist, sehr wenig.
2) Nach dem Berichterstatter in Schröder's Pav. Meckl. S. 494 ist das Schiff mehr nach Nordost, als nach Osten gebauet, der Chor dagegen nach Osten, und "gleichsam mit Gewalt nach Osten gedrehet".
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angebracht, um bei der dadurch verringerten Zahl der schmalen Fenster mehr Licht in das Schiff zu bringen, hat sehr viel für sich; er meint hölzerne Sprossen seien für die Giebelwand zu schwach. Hiernach wäre das Fenster eine Arbeit des 15. Jahrhunderts. Unterhalb dieses Fensters sind in der westlichen Mauer noch drei Bogengewölbe zu sehen, welche jetzt zugemauert sind; vielleicht bildeten sie drei Thüren zu dem Schiffe und den beiden Nebenschiffen (gegenwärtig hat die Westseite keinen Eingang) oder es sind auch nur Traggewölbe.

Das Chor im östlichen Theile ist erhöhet und hat drei Gewölbe im Spitzbogen, welche auf achtseitigen Pfeilern ruhen; an jeder Seite ist ein Nebengang von zwei Gewölben. Hauptchor und Nebengänge laufen im östlichsten Gewölbe in der Tribune des Altars zusammen. "Die beiden Pfeiler, die das Schiff vom Chor absondern, sind, wie deutlich zu sehen, aus der Mauer gehauen."

Ueber die Erbauung der Kirche fehlt es an bestimmten Nachrichten. So viel ist aber nach dem Styl des Baues und der Geschichte des Fürstenhauses und der Stadt Gadebusch wohl außer Zweifel, daß das Schiff der Kirche aus der ersten Zeit des Christenthums in Meklenburg, wahrscheinlich noch aus dem 12. Jahrhundert stammt, also nach der Kapelle zu Althof wohl die älteste Kirche im jetzigen Großherzogthume Meklenburg=Schwerin ist; das Chor ist nach dem Baustyl wohl erst im 14. Jahrhundert angebauet, als in Gadebusch die Fürsten wieder häufiger residirten; in der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. war Gadebusch von dem aufblühenden Wismar etwas in den Hintergrund gedrängt.

Mitten vor dem Altar im hohen Chor liegt ein quer durchgerissener Leichenstein des Pastors Henning Schröder († 12. April 1406), mit ganz glatter Oberfläche im innern Felde. Er trägt nur folgende Umschrift, mit einer Lücke im Stein:

Umschrift

(d.i

Anno domini MCCCCVI feria secunda paschae obiit dominus Heimingus Schroder, canonicus

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ecc(lesiae Swerin)ensis 1 ) (?) et plebanus hujus ecclesiae. Orate pro eo.).

Im J. 1406 stand also das Chor schon.

Zu den ausgezeichnetsten Kunstwerten im Lande gehört das Schnitzwerk an den Außenseiten der Chorschranken zu beiden Seiten des Altars, vor welchen nach dem Altar hin Sitze angebracht sind. So sehr sie auch von Alter, Unverstand und Muthwillen mitgenommen sind, sind die Reste dennoch ausgezeichnet schön, namentlich die Rosetten, welche den berühmten Rosetten in der Kirche zu Doberan gar nichts nachgeben, vielmehr mit denselben völlig gleich sind, so daß sich diese Kunstwerke in beiden Kirchen in der Geschichte der Kunst wechselseitig unterstützen. Zu beiden Seiten des Durchganges durch die südlichen Einschränken zum Altar, der südöstlichsten Kirchthür gegenüber, ist in die äußern Wände der Seitenlehnen dieser Chorstühle das Wappen des verdienten Bischofs Johannes Preen von Ratzeburg 2 ) (1454-1461) geschnitzt: ein Schild mit drei neben einander stehenden Pfriemen, über welchen ein Bischofsstab hervorragt. Durch diesen Durchgang ist der Chorstuhl links vom Altar (vom Altar nach dem Schiffe hin gesehen) in zwei Theile getheilt. Der äußerste, östliche Theil rechts vom Durchgange trägt an der Außenseite der Chorschranken im Schnitzwerk ein Schild mit dem meklenburgischen Stierkopfe in Holz geschnitzt; jede Lehne dieses östlichsten Stuhls trägt an der innern Seite einen Schild, von denen der eine den Buchstaben k , der andere den Buchstaben h in großen gothischen Zügen in Holz geschnitzt zeigt. Dieser Stuhl ist also der fürstliche Kirchenstuhl. Die beiden Buchstaben k und h kommen an den Chorstühlen öfter vor und deuten ohne Zweifel auf fürstliche Personen, welche dieselben erbauet haben. Und da möchten sich kaum Andere finden, als die (1422) verwittwete Landesregentin (1423-1436) und Herzogin Katharina († 1438) und ihr älterer Sohn, der Herzog Heinrich IV., der Dicke (1436-1477). Hiernach möchten die Stühle wohl in den dreißiger Jahren des 15. Jahrhunderts gebauet sein, wenn nicht die beiden Buchstaben auf den Herzog Johann II. oder Hans 3 ) (1392-1417) und


1) Auch der Pfarrherr Johannes Swalenberg von Gadebusch, im J. 1864, war schwerinscher Domherr, obgleich die Pfarre im Sprengel des Bischofs von Ratzeburg lag.
2) Der Bischof Johannes Preen confirmirte 1458 eine ewige Messe in der Kirche zu Gadebusch; Masch Bisth. Ratzeburg S. 358. - 1437 war ein "Gerd Prenknape wonaftich to Godebus", nach einer Urkunde im Großherzogl. Archive. G. C. F. Lisch.
3) Vgl. Rudloff II, S. 570.
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dessen Gemahlin Katharina deuten, was allerdings viel Wahrscheinliches hat. Die Wappenschilde des Bischofs Johann Preen müssen jedoch später an die Stühle befestigt sein, da die Zeit seiner Regierung mit der Zeit fürstlicher Personen, die mit den Buchstaben k und h anfangen, nicht übereinstimmt. Jedoch mag die erstere Annahme, daß Heinrich IV. der Erbauer sei, die richtigere sein, da auch seine Gemahlin Dorothea in der Kirche begraben ist. — Der zweite südliche Stuhl links vom Durchgange trägt auf der Rückseite der Chorschranken einen geschnitzten Schild mit dem Buchstaben h . Auf den Lehnen des davor stehenden Stuhls stehen rechts und links zwei Schilde, der eine mit dem meklenburgischen Stierkopfe ohne Nasenring (kein Kopf eines Götzenbildes, wofür die Stierköpfe in der gadebuscher Kirche wohl oft angesehen sind), der andere mit der gadebuscher Linde: diese Schilde zeigen also getrennt die beiden Theile des gadebuscher Stadtwappens, und dieser Stuhl ist also wohl der alte Rathsherrenstuhl (Bürgemeisterstuhl).

An der rechten, nördlichen Seite des Altars steht ein gleicher Stuhl, jedoch ohne Trennung in zwei Theile. An der Rückwand steht ein Schild mit einem k , an der Außenwand der Lehne ein Schild mit einem h , an der Binnenwand der Lehne an der einen Seite ein Schild mit einem Stierkopfe, an der andern Seite ein Schild mit einer Linde. Diese Stühle sind also auch wohl Rathsherrenstühle.

In der Wand, der Lehne dieses letztern Stuhls gegenüber, steht ein kleiner Schrein mit hübschem alten Schnitzwerk.

Die Orgel, welche in der Mitte der Kirche, an der Scheidung zwischen Chor und Schiff, steht, ruht auf einem großen Bogen von gutem alten Schnitzwerk.

In den nördlichen und südlichen Wänden der Kirche, an den beiden östlichsten Pforten, hinter den Chorstühlen, sind zwei steinerne Weihkessel (im J. 1554 "Wigelsteine" genannt) eingemauert. Der Weihkessel an der nördlichen Pforte ist ein großer Kessel von Kalkstein in Gestalt und Verzierung der alten, viel besprochenen Taufbecken; der Weihkessel an der südlichen Pforte ist etwas kleiner, jedoch immer einem alten Taufbecken ähnlich.

Der Altarschrein 1 ) ist geschnitzt mit Architectur und Heiligenbildern und vergoldet, wie sich deren viele finden.


1) Außer dem Hochaltare hatte die Kirche im J. 1554 noch 18 Altäre.

G. C. F. Lisch.

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An der linken Seite der Kanzel an demselben Pfeiler steht noch ein alter Altar mit alten Altargemälden von entschiedener Schönheit. Die Bilder haben sicher Kunstwerth und verdienen die Betrachtung des Gebildeten und die Beurtheilung des Kunstkenners. Es herrscht in den Bildern eine Wahrheit, wie man sie selten in Bildern ähnlicher Art findet 1 ). Leider hat Knabenmuthwille die Pupillen mehrerer Augen ausgebohrt. Unter den Bildern steht zweimal das von Bülowsche 2 ) Wappen mit 14 goldenen Kugeln oder Byzanten im schwatzen Felde.

Im Westende des Schiffes steht der große Taufkessel oder die Fünte, ein großes Bronzegefäß, mit sehr vielen aufgesetzten gegossenen Bildern. Von den Taufkesseln zu Schwerin, Bützow und Wismar ist keiner so reich ausgestattet, als dieser zu Gadebusch. Das Ganze ruht auf drei Engeln. Umher laufen über einander zwei Reihen von Figuren, in jeder Reihe unter elf Bogen; unter jedem Bogen steht jedoch nicht eine Figur, sondern am häufigsten eine ganze Gruppe von Figuren, eine Darstellung irgend einer biblischen Geschichte. Auf dem Reife zwischen den beiden Reihen der Figuren steht folgende Inschrift:

Ano. dni. m°. ccc°. l°. iste. fons. fusus. est. inhonoe. ihu. xpi. bte. marie. dirgis. sci. iacobi. dionisii. et. oim. scoru. orate. deu. p. dno. hinrico. coppelman. fundatore. cuius. aia requiescat. i. pace. ame.


1) Gleicher Meinung ist auch der Herr Landbaumeister Bartning zu Schwerin, ein competenter Mann, der früher die Kirche untersucht hat.
2) Im J. 1445 war, nach einer Urkunde im großherzogl. Archive, ein "Hinricus de Bulowe prester vicarius in der kerken to Godebush", ein Bruder Hartwigs von Bülow zu Gadebusch wohnhaft, beide Henneke's von Bülow Söhne. — Nach dem Inventarium von 1547 und der Visitation von 1554 hatten die von Bülow zwei Altäre in der Kirche zu Gadebusch: der eine (zu St. Magdalena) war ein Lehn der von Bülow zu Wedendorf und Pokrent, der andere ein Lehn der v. Bülow zu Raden. — G. C. F. Lisch.
Im ratzeburgischen Archive befinden sich zwei Urkunden, welche iiber die von den v. Bülow in Gadebusch gestifteten Vicarien sprechen, von denen ich aber nur das Rubrum angeben kann: 1309 Hinrici dni. Megap. confirmatio vicariae in Godebuz, fundatae per Bulowen, und: 1381 Literae illorum de Bulowe super vicaria in Godebuz. — G. M. C. Masch.
Auch der Bischof Gottfried von Bülow (1292-1314) war vor seiner Erhebung zum Bischofe Pfarrer zu Gadebusch (rector ecclesiarum in Gadebuz). Vgl. Rudloff II, S. 92, und Franck A. u. N. M. V, S. 98. — G. C. F. Lisch.
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(d. i.

Anno dommi MCCCCL iste fons fusus est in honore Jesu Christi, beatae Mariae virginis, sancti. Jacobi, Dionysii et omnium sanctorum. Orate deum pro domino Hinrico Coppelman fundatore, cuius anima requiescat in pace. Amen 1 ).

In der Reihe der Bilder ist unter der Jahrszahl ein knieender, betender Mann dargestellt, über welchem auf einem Bande eine Legende eingegraben ist: miserere. mei. deus. Vor ihm ist ein Schild gelehnt, auf welchem, gleich einem Monogramm oder einem Handzeichen, die gothischen Buchstaben und k kreuzweise künstlich verschlungen sind; hier bedeuten sie aber wohl sicher Heinrich Koppelmann.

Dieser Taufkessel zeigt zugleich, wem die Kirche zu Gadebusch geweihet war: Jesu, der Jungfrau Maria, dem Apostel Jacobus, dem Märtyrer und Bischof Dionysius und allen Heiligen. Die erstern und letztern waren ja überall Gegenstand der Verehrung, und so war die Kirche im Besondern dem St. Jacobus und St. Dionysius geweiht, oder noch specieller war es eine Jacobi=Kirche. Hiezu stimmt denn auch ein Ablaßbrief im großherzoglichen Archive, welcher zu Avignon im J. 1364 der Kirche zu Gadebusch:

"parrochiali ecclesie sanctorum Jacobi apostoli et Dionysii martiris et pontificis in Godebutse"

zur Zeit des Pfarrherrn Johann Swalenberg:

"Johannes Swalenberg 2 ), canonicus Zwerinensis et rector dicte ecclesie"

ertheilt ward. — Dieser Indulgenzbrief hat im Anfangsbuchstaben ein Miniaturbild in Wasserfarben mit drei Figuren: zuerst den St. Jacobus mit Hut und Stab, wie er einem knieenden Geistlichen die Hand aufs Haupt legt, und dann einen Heiligen, welcher sein eigenes abgeschlagenes Haupt in den Händen hält. Dies ist der St. Dio=


1) Im Abendblatte Nr. 858, S. 501, wo die Inschrift verstümmelt gegeben ist, steht auch tum dator statt fundator. Und grade dieses Wort konnte zu Untersuchungen auffordern. Es soll wohl den Geber, d. i. den Stifter bezeichnen; daher wird ihm auch der Titel: Herr gegeben und er selbst wird als schon verstorben aufgeführt. — Sonst möchte auch "fundator: Gießer" bedeuten können.
2) Derselbe Johannes Swalenberg war 1368-1374 Kanzler des Hergogs Albrecht; vgl. auch Rudloff II, S. 659.
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nysius 1 ), der kopflose Heilige, der sich im Altarschrein zu Gadebusch und über dem Chorstuhl rechts vom Altar auf einer eignen Tafel geschnitzt findet, und welcher nach Schröders Vorgange fälschlich für den Bischof Emmehard von Meklenburg gehalten ist; nach der Legende soll er nach seiner Enthauptung seinen Kopf 2000 Schritte fortgetragen haben.


Von sehr hohem Interesse ist die jetzt sogenannte Königskapelle. Diese Kapelle ist am westlichsten Ende der Nordseite des Schiffes angebauet und durch Durchbrechung der Mauer mit der Kirche in Verbindung gesetzt. Sie ist jetzt sehr zerfallen und liegt im eigentlichen Sinne des Wortes wüst. Die Kapelle ist in zwei Gewölben im Spitzbogen aufgeführt und offenbar aus jüngerer Zeit. Nach dem Visitations=Protocolle von 1554 hieß sie früher die Marien=Kapelle und hatte zwei Altäre (Abendbl. a. a. S. 501). Nach allen Anzeichen, z. B. der Einrichtung der Kapelle, ist dieselbe nicht eine Begräbnißkapelle im gewöhnlichen Sinne des Wortes, sondern ursprünglich eine fürstliche Privatkapelle zur Abwartung des Gottesdienstes, später vorzüglich wohl zum Gedächtniß der verstorbenen Fürsten, gewesen, und von der Agnes, Herzogin von Meklenburg und Königin von Schweden, erbauet worden.

Diese Vermuthungen über die Bestimmung und Erbauung der Kapelle werden durch die, nach dieser Untersuchung später im großherzogl. Archive aufgefundene Fundations=Urkunde theils bestätigt, theils modificirt. Hiernach ward die Kapelle von der Königin Agnes gebauet vorzüglich zur Feier des Andenkens an ihren verstorbenen Gemahl, den König und Herzog Albrecht, im Allgemeinen aber zur Feier des Andenkens an die hingeschiedenen Fürsten Meklenburgs. Die von der Königin neu gebauete Kapelle war am 12. März 1423 vollendet, da sie an diesem Tage dotirt ward, und sollte am Sonntage Quasimodogeniti, am 11. Mai 1423, von dem Bischofe Johann von Ratzeburg eingeweihet werden. Sie war der Jungfrau Maria geweihet; in derselben waren zwei Altäre, an welchen die Fürstin drei Vikarien stiftete, deren Vikare


1) S. Dionysius — — Parisiis in eo loco, qui hodie dicitur Mons Martirum, obtruncatus est. Ferunt abscissum caput passus bis mille detulisse. (Diarium Sanctorum.) - Der heilige Dionysius kommt in Meklenburg öfter als Patron vor, so in der Kapelle zu Benin. S. Masch Gesch. des Bisthums Ratzeburg p. 482 no. 29.
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in Gadebusch ansässig sein sollten. An diesen Altären sollten die Vikare täglich die sieben Marienzeiten (groten tiden, horae canonicae) singen und jährlich zu bestimmten Zeiten das Andenken der Landesherren feiern. Die Vikarien wurden dotirt mit 30 lüb. Mark aus der Orbär der Stadt Rehna, mit 10 lüb. Mark aus der Kämmerei der Stadt Gadebudch und mit 15½ lüb.Mark aus vier Höfen des Dorfes Buchholz.

Die Urkunde ist abgedruckt in den Jahrbüchern, 1838, III, Urkunden=Sammlung, S. 239.

Bei den Visitationen von 1547 und 1554 hieß die Kapelle noch die Marien=Kapelle oder die Fürsten=Kapelle, und den einen Altar hatten die Franziskaner=Mönche (grawen monneke) inne.

Da in der ältesten Zeit mehrere fürstliche Personen zu Gadebusch lebten und starben, so ist es wahrscheinlich, daß sie auch hier begraben wurden. Dies muß denn aber in dem ältesten Theile der Kirche, in dem jetzigen Schiffe, geschehen sein. Von diesen Begräbnissen ist jetzt jedoch keine Spur vorhanden; möglich daß noch manches durch die Kirchenstühle bedeckt ist 1 ). Es sei hier nur von den Begräbnissen die Rede, welche in der gadebuscher Kirche und zwar in der Königs=Kapelle wirklich noch vorhanden sind. Nach allen Ueberlieferungen, freilich erst aus dem vorigen Jahrhundert, soll Albrecht, Herzog von Meklenburg und König von Schweden, in der Königs=Kapelle begraben sein. Dagegen spricht freilich, daß die Kapelle erst im J. 1423 erbauet ward, der König aber schon 1412 starb. Dennoch wird sein Leichenstein in der Kapelle gezeigt. Dies ist ein großer Stein mit eingelegten Messingplatten. In der Mitte liegt eine Messingplatte, in welche ein menschliches Bild in Lebensgröße eingravirt ist; dieses Bild scheint nach allen Umständen ein Frauenbild zu sein. Zu den Füßen der Figur ist rechts ein Wappenschild mit dem eingravirten meklenburgisch=schwedischen Wappen (drei Kronen, Stierkopf, quer getheilter gräflich=schwerinscher Schild und Greif) und links ein Wappenschild mit dem braunschweig=lüneburgischen Wappen, beide von Messing eingelassen. In den vier Ecken des Steins sind messingene Medaillons mit den eingravirten sinnbildlichen Thieren der Evangelisten befestigt. Leider fehlt die Inschrift, welche auf Messingplatten eingegraben und im Rande des Leichensteins


1) Manche fürstliche Personen, die nach dem Freimüth. Abendbl. a. a. O. S. 475 hier begraben sein sollen, z. B. Heinrich der Pilger, sind nach dem zuverlässigern Kirchberg zu Doberan begraben.
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befestigt war. Nach Hane's Bericht in der Monatsschrift etc. . a. a. O. S. 395 haben die Dänen im J. 1712 die Inschrift ausgebrochen. Nach einer mitgetheilten Untersuchung in Schröders Pap. Mekl. S. 494 (1739), aus einer Zeit, als die Inschrift noch vorhanden war, soll in derselben die Jahrszahl MCCCCXII gestanden haben; dagegen will Franck, nach seinem A. und N. Mekl. VII, S. 131, im J. 1711 noch deutlich die Jahrszahl 1430 gelesen haben: er deutet dieselbe auf die Legung des Steins über dem Grabe des Königs. Die Schlußsteine der beiden Gewölbe der Kapelle sind mit einer großen geschnitzten Rosette aus Helmbüschen verziert, in deren Mitte das alte colorirte Wappen der Königin steht: 1) drei goldene Kronen im blauen Felde, 2) ein schwarzer Stierkopf im goldenen Felde, 3) ein blauer Löwe im goldenen, mit rothen Herzen bestreueten Felde, 4) zwei goldene Leoparden in rothem Felde.

Nach allen diesen Verhältnissen ist die Kapelle und das besprochene Grab wohl ohne Zweifel das Begräbniß der Königin Agnes 1 ) († 1434, nicht 1436), einer gebornen Herzogin von Braunschweig. Es ist dabei immer möglich, daß ihr Gemahl, der König Albrecht, später, nach Erbauung der Kapelle oder nach ihrem Begräbniß, neben ihr beigesetzt worden ist 2 ).


1) In der doberaner Genealoaie und im deutschen Slagghert wird des Begräbnisses des Königs nicht erwähnt; Kirchberg und das doberaner Nekrologium reichen nicht so weit. Nur Chemnitz sagt:

"1433. Im selbigen jahr ungefähr ist Frau Agnes etc. . zu Gadebusch todes verfahren und daselbst neben ihrem höchstseligsten Herrn begraben worden".

2) So allgemein man auch in diesem Leichenstein den des Königs Albrecht erkennen will, so ist diese Aunahme doch sehr in Zweifel zu stellen, und meine ich ihn der Königin Agnes auf das entschiedenste vindiciren zu müssen. Das Bild auf der ciselirten Messingplatte ist offenbar ein weibliches, das Haupt ist mit einem Schleier umgeben, und von dem Mönchshabit, den Schröder, Pap. Mekl. p. 494, erblickt haben will, zeist sich keine Spur. Die Umschrift ist verloren, kann also nicht mehr entscheiden, aber die Wappenschilde sind auch entscheidend genug: rechts steht der Schild des Gemahls, aus den Bildern von Schweden, Meklenburg, Schwerin und Rostock zusammengesetzt, in Uebereinstimmung mit dem Siegel des Königs, das er 1409 gebrauchte, nur daß hier Rostock vor Schwerin steht. Links vom Bilde steht ein gleichfalls quadrirter Schild, der im ersten Felde zwei Löwen, gehend übereinander, und in jedem der übrigen drei Felder einen Löwen hat; daß dies aber das braunschweig=lüneburgische Wappen ist, und daß die Felder Braunschweig=Lüneburg, Eberstein und Homburg bezeichnen, ist bekannt genug; daß man es mit den Bereichen der lüneburgischen und homburgischen Löwen nicht allemal sehr genau nahm, zeigen unter andern die Münzen bei Rethmeier Br. Lün. Chron. I, p. 569. — Es möchte sich wohl schwerlich ein Beispiel aus alter Zeit finden, daß der Gemahl den Wappenschild seiner Gemahlin neben sich auf dem Leichenstein hätte, während das umgekehrte Verhältniß durchaus das gewöhnliche ist; daher kann denn dies Bild, selbst wenn auch das weibliche Ansehen der Figur noch viel (  ...  )
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An der westlichen Mauer der Kapelle vor dem Grabsteine steht noch der fürstliche Kirchenstuhl für vier Personen; die Brüstungen sind jung; das Uebrige alt, und theilweise, wie die Ueberdachung, mit schönem, altem Schnitzwerk verziert. Oben an den Lehnen sind zwei Heiligenbilder geschnitzt: rechts ein Marienbild, links ein Heiliger mit einem Lamm. Vorwärts an der Armlehne rechts ist eine große, gothische, durchbrochene Rosette eingeschnitzt in dem reinen Geschmack der doberaner Rosetten; darüber steht in Schnitzwerk nach innen ein Schild mit den schwedischen drei Kronen, nach außen ein Schild mit dem braunschweigischen Löwen.

Alles dies deutet ebenfalls unleugbar darauf hin, daß die Königin Agnes diese Kapelle habe erbauen und für sich einrichten lassen.

An der Nordwand dieser Kapelle hängt eine große Tafel mit zwei alten, gemalten Bildern in Lebensgröße neben einander auf derselben Tafel, welche Hane a. a. O. ohne Grund für elende Carricaturen aus neuerer Zeit hält. Links ist ein bejahrterer, bärtiger Fürst dargestellt, mit Fahne und Schild mit dem combinirten schwedisch=meklenburgischen Wappen und der Unterschrift: konick albrecht tho schweden, hertoch tho meklenborch, grave tho Schwerin und her tho rostock. Rechts steht ein jüngerer, bartloser Fürst


(  ...  ) weniger bestimmt sich zeigte, als es der Fall ist, nichts anderes als die K. Agnes darstellen sollen. Es sind nun zwar zwei Nachrichten vorhanden, welche die Jahrzahl des Leichensteins angeben. Schröder Pap. Mekl. p. 494 giebt Anno domini MCCCCXII an und Franck A. und N. Mekl. VII, p. 131 will deutlich 1430 gelesen haben; jedoch zwei unvereinbare Aussagen sind kein gültiges Zeugniß mehr; wahrscheinlich stand auf dem Bande über dem Kopf MCCCCXXX, und sexto kam in die zweite Hälfte, so daß also Franck richtig las, der Verf. der Schröderschen Nachricht aber sich durch die gewöhnliche Annahme dergestalt täuschen ließ, hier eine Bestätigung derselben zu erblicken; wie wenig ihm überdies zu trauen sei, zeigt die Angabe dessen, was er au dem Leichenstein der Herzogin Dorothea sah, der jetzt noch, 100 Jahr später, vollkommen lesbar ist.
Daß König Albrecht in Gadebusch begraben sei, ist allgemeine Angabe der meklenb. Historiker, die hier auch nicht in Zweifel gezogen werden soll; jedoch wo seine Gebeine ruhen, ist wohl sehr zweifelhaft: in dieser Kapelle höchst wahrscheinlich nicht, denn nach der Urkunde von 1423 hat Königin Agnes ene nige capellen buwen taten, welche erst Quasimodogeniti dieses Jahrs geweihet ward, worin Albrecht also, der 1412 starb, nicht begraben sein konnte. Ware aber von ihr die Leiche später hineingesetzt, so würde auch wohl die Bezeichnung dieser Stelle nicht unterblieben sein.

G. M. C. Masch.

Die Vermuthung, daß der König Albrecht in der Fürsten=Kapelle begraben sei, wird jedoch wohl zur Gewißheit durch die Anordnung der verwittweten Königin Agnes in der Fundations=Urkunde dieser Kapelle vom J. 1423, in welcher Sie den Vikaren dieser Kapelle befiehlt:
     "dat se dar na alle daghe effte vore vilige lesen scholen in der capellen vp deme graue".
Vgl. Jahrb. III, S. 243.

G. C. F. Lisch.

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mit dem dreischildigen meklenburgischen Wappen und der Unterschrift: albrecht hertoch tho meklenborch, grave tho schwerin und her tho rostock. Die Schriftzüge sind in den Unzialen des 16. Jahrhunderts geschrieben, also wohl renovirt. Hiernach ist der ältere Fürst: der König Albrecht III. von Schweden († 1412), und der jüngere Fürst: dessen Sohn, der Herzog Albrecht V., welcher zur Dotation der Fürsten=Kapelle durch seine Mutter Agnes seine Zustimmung gab und bald nach Einweihung derselben (11. Mai 1423) und seiner Vermählung (23. Mai 1423) noch in demselben Jahre 1423 starb. (Vergl. noch Schröders Pap. Mekl. S. 495.) Ein ähnliches Bild des Königs Albrecht III. und seines Vaters, Herzogs Anrecht II., findet sich als Miniaturbild vor der Original=Chronik des Ernst von Kirchberg im großherzogl. Archive.

Zu den Häupten des Leichensteins der Königin Agnes, zwischen demselben und dem fürstlichen Stuhl, ist das Begräbniß der Herzogin Dorothea († 1491), Gemahlin des Herzogs Heinrich 1 ) IV., gebornen Prinzessin von Brandenburg, des Kurfürsten Friederich I. Tochter, welche Gadebusch als Leibgedinge inne hatte. Auf dem Grabe liegt ein großer Leichenstein. Die in den Stein gehauene Umschrift lautet mit einigen Ueberschriften folgendermaßen:

Umschrift

(d. i.

Anno domini m. (cccc 2 ) xci in profesto fabiani obiit dorotea van godes gnaden gebaren eyn markgrevinne in brandenborch, hertoginne tho meklenborch, hertich hinricus nalaten wedewe to rene amme closter.)


1) Von einem "Hans", dessen Gemalin Dorolhea nach Schröder P. M. S. 494 gewesen sein soll, ist, wie dort behauptet wird, in der Inschrift nichts zu lesen.
2) In der Jahrszahl, welche auf den ersten Anblick stutzig macht, sind die Hunderte audgelassen; es ist hier schon die sogenannte mindere Zahl gebraucht. Bei Schröder a. a. O. ist MCCCXI gelesen, mit Ausnahme der ersten und letzten Ziffer falsch.
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Hiernach starb also die Herzogin Dorothea im Kloster Rehna am 19. Januar 1491.

In der Mitte des Leichensteins ist die Figur der Herzogin in Lebensgröße eingegraben. An ihrem rechten Arme liegt ein Band mit der Inschrift:

got. wes. gnedich. me. armen. sunderinnen.

Unten am Fuße links ist das Wappen der Herzogin eingegraben, ein vierfach getheilter Schild mit 1) dem brandenburgischen Adler, 2) dem meklenburgischen Stierkopfe, 3) dem schwerinschen quer getheilten Schilde, 4) dem rostocker Greifen 1 ).

An der östlichen Wand der Kapelle, dem Stuhle gegenüber, ist noch ein gewaltiger hölzerner Rahmen befestigt, auf welchem ein Stammbaum des meklenburgischen Fürstenhauses gesessen hat 2 ), nach der noch vorhandenen Ueberschrift:

— — — von anthirio bis auf den jetzigen regierenden landesfursten hern Ulrichen zu meklenburg zusamen verfasset und gezogen.

Dieses Werk ist unter dem Herzoge Ulrich von Güstrow (1579) verfertigt gewesen, welcher die Landesgeschichte und deren Denkmäler mit besonderer Vorliebe pflegte 3 ), und unter welchem viele ähnliche Werke verfertigt sind.

In der eben so großen ehemaligen Lützowen=Kapelle 4 ), jetzt holdorfer Kapelle (von dem holdorfer Kirchenstuhle),


1) Grade so ist auch ihr Siegel schon im J. 1474.
2) Nach dem Berichterstatter in Schröders P. M. S. 495 ist diese Genealogie "in Kupfer gegraben gewesen" und im dreißigjährigen Kriege von den Kroaten geraubt. Nach Franck VII, 412 ist es auf Pergament gemalt gewesen.
3) Als der Hauptmann Zinck im J. 1805 in der Nähe von Gadebusch mehrere Hünengräber aufdeckte, erhielt er auch von dem hochseligen Großherzoge Friederich Franz den Befehl, die fürstlichen Gräber in der Königs=Kapelle zu Gadebusch zu untersuchen. Nach den Acten ward nichts in denselben gefunden, als einige Knochenüberreste. Vgl. auch Freimüth. Abendbl. a. a. O. S. 501; von dem hier erwähnten "Leichensteine Heinrichs" ist in der Kirche keine Spur. — Als später die Kapelle restaurirt werden sollte, ward von dem Großherzoge im J. 1827 der jetzige Landbaumeister Bartning zu Schwerin mit der Veranschlagung und Begutachtung beauftragt. Derselbe zeichnete die Kapelle und alle merkwürdigen Gegenstände in derselben und überreichte dem erlauchten Beschützer der vaterländischen Geschichte diese Arbeiten, welche sich noch zu Ludwigslust befinden werden. Bei dieser Gelegenheit wurden auch die Ueberreste der Glasgemälde dem sichern Untergange entzogen; es ward aus verschiedenen Fenstern das meklenburgische Wappen gliicklich zusammengebracht und ebenfalls dem hochseligen Großherzoge überreicht. — Jetzt findet sich in der Kirche nur noch ein wohlerhaltenes M arienbild in dem Fenster über dem Altare.     G. C. F. Lisch.
4) Schon im J. 1466 heißt diese Kapelle die "Lutzowen capelle" in einer Urkunde im großherzoglichen Archive. - Zur Zeit der Reformation war diese Kapelle ein Lehen der von Lützow zu Lützow, Salitz und Gadebusch; jedoch hatten die Lützowen schon 1547 die Kelche herausgenommen unnd im J. 1554 war die Kapelle wüst.     G. C. F. Lisch.
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unmittelbar im Osten der Königs=Kapelle, ist keine weitere Spur von Alterthümern vorhanden, als in der Spitze der beiden Fenster alte Glasgemälde: in dem einen Fenster Reste des von Lützowschen Wappens (eine schwarze Leiter auf gelbem Grunde) und in dem andern ein bunter befiederter Helm, und außerdem einige kleinere, neuere Wappen auf Glas.